Das Recht des VOB-Vertrages Teil 18/18: Streitigkeiten

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Das Recht des VOB-Vertrages Teil 18/18: Streitigkeiten
In unserer Rechtsrubrik nimmt unser Rechtsexperte zu häufig auftretenden Rechtsproblemen der VOB Stellung. In jedem Teil kommentiert
er einen Paragraphen der VOB/B.
VOB
Baurecht
Das Recht des VOB-Vertrages
Teil 18/18: Streitigkeiten
Rechtsanwalt Dr. Uwe Diehr,
Kanzlei Leinen & Derichs
§ 18 VOB/B regelt gerichtliche und außergerichtliche Streitigkeiten aus VOB/B-Bauverträgen.
I. Gerichtsstand für gerichtliche
Streitigkeiten aus dem Bauvertrag (§ 18 Nr. 1 VOB/B)
Nach § 18 Nr. 1 S. 1 VOB/B richtet sich die
örtliche Zuständigkeit des Gerichts (Gerichtsstand) für Streitigkeiten aus dem
Bauvertrag nach dem Sitz der für die Prozessvertretung des Auftraggebers zuständigen Stelle, wenn die Voraussetzungen
für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach
§ 38 ZPO vorliegen (Prorogationsbefugnis)
und wenn nichts anderes vereinbart ist.
Das gilt für Verträge mit öffentlichen und
privaten Auftraggebern gleichermaßen .
Prorogationsbefugt, das heißt wirksam ein Gericht als örtlich zuständig zu
vereinbaren sind gemäß § 38 Abs. 1 ZPO
grundsätzlich nur Kaufleute, juristische
Personen des öffentlichen Rechts und
öffentlichrechtliche Sondervermögen (An­­­­­­
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stal­­­­ten, Körperschaften oder etwa Stiftun­
gen des öffentlichen Rechts). Prorogationsbefugnis besteht ausnahmsweise
auch, hat mindestens eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand nicht in Deutschland. Dann muss die Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich abgeschlossen
oder, falls sie mündlich getroffen wurde,
schriftlich bestätigt werden (§ 38 Abs. 2
ZPO). Ferner sind Privatpersonen unter
den Voraussetzungen des § 38 Abs. 3 ZPO
prorogationsbefugt, nämlich wenn eine
Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich
und schriftlich nach Entstehen der Streitigkeit geschlossen wurde (§ 38 Abs. 3 Nr.
1 ZPO) oder wenn entweder die im Klagewege in Anspruch zu nehmende Partei
nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb
der Bundesrepublik verlegt oder dieser
im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist (§ 38 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
II. Klärung von Meinungsverschiedenheiten bei Verträgen mit
Behörden (§ 18 Nr. 2 VOB/B)
§ 18 Nr. 2 VOB/B regelt ein Verfahren zur
außergerichtlichen Streitbeilegung bei
Meinungsverschiedenheiten aus Bauverträgen, bei denen eine Behörde Auftraggeber ist.
1. Schlichtungsverfahren (§ 18 Nr. 2
Abs. 1 VOB/B)
a) Anrufung der der auftraggebenden
Stelle vorgesetzten Behörde (§ 18 Nr. 2
Abs. 1 S. 1 VOB/B)
Entstehen bei Bauverträgen mit Behörden
Meinungsverschiedenheiten soll der Auftragnehmer die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen,
das heißt die Meinungsverschiedenheit
und seine eigene Auffassung vortragen.
Die Anrufung ist formlos. Sie sollte aber
zur besseren Information der übergeordneten Stelle der auftraggebenden Behörde und zur Hemmung der Verjährungsfrist
des im Antrag geltend gemachten Anspruchs (vgl. § 18 Nr. 2 Abs. 2 S. 1 VOB/B)
schriftlich formuliert werden. Eine Frist
hierfür besteht nicht. Die Anrufung kann
jederzeit nach Vertragsschluss bis zum
Ende des Gewährleistungszeitraums erfolgen. Die Anrufung der übergeordneten
Stelle ist freiwillig. Ein rechtlicher Zwang
hierfür besteht nicht, so dass der Auftragnehmer auch ohne Anrufung gleich ein
gerichtliches Verfahren, beispielsweise
durch Erhebung einer Zahlungsklage in
Gang setzen kann.
b) Aussprache, schriftlicher Bescheid
(§ 18 Nr. 2 Abs. 1 S. 2 VOB/B)
Ruft der Auftragnehmer die vorgesetzte Stelle zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten an, soll ihm gemäß § 18
Nr. 2 Abs. 1 S. 2 VOB/B von dort Gelegenheit zur mündlichen Aussprache gegeben
werden. Die angerufene Stelle soll den
Auftragnehmer möglichst innerhalb von
zwei Monaten nach Anrufung schriftlich
bescheiden. Der Bescheid muss dem Auftragnehmer nach § 130 ff. BGB zuge-hen.
Neben einer Antwort auf die zwischen
Auftragnehmer und Auftraggeber aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten soll
der schriftliche Bescheid auf die Rechtsfolge gemäß § 18 Nr. 2 Abs. 1 S. 3 VOB/B,
nämlich auf die Anerkenntniswirkung des
Unterlassens eines rechtzeitigen schriftlichen Einspruchs gegen den Bescheid
hinweisen.
c) Einspruch des Auftragnehmers gegen den Bescheid, Anerkenntniswirkung
bei Unterlassen des rechtzeitigen schriftlichen Einspruchs des Auftragnehmers
(§ 18 Nr. 2 Abs. 1 S. 3 VOB/B)
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LG Rostock, BauR 1997, 696; OLG Stuttgart,
BauR 1999, 683; OLG Frankfurt, BauR 1999,
789.
OLG Nürnberg, BauR 1977, 20.
BGH, ZfBR 1999, 85.
OLG Frankfurt, VersR 1982, 759.
OLG Zweibrücken, BauR 1980, 482; OLG
Düsseldorf, NJW-RR 1986, 1061.
2. Hemmung der Verjährung (§ 18 Nr. 2
Abs. 2 VOB/B)
Mit Eingang der schriftlichen Anrufung
bei der dem Auftraggeber vorgesetzten
Stelle, ist der Lauf der Verjährung des im
Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens geltend gemachten Anspruchs (und auch nur dieses Anspruchs)
gehemmt (§ 18 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB/B).
Die Hemmung endet drei Monate nach
Zugang des schriftlichen Bescheides der
vorgesetzten Behörde bzw. nach schriftlicher Mitteilung einer der Parteien, das
Verfahren nicht weiter betreiben zu wollen (§ 18 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 VOB/B).
III. Einschaltung einer staatlich
anerkannten Materialprüfungsstelle (§ 18 Nr. 3 VOB/B)
Gemäß § 18 Nr. 3 S. 1 1. Hs. VOB/B kann jede
Partei des Bauvertrages bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von
Stoffen und Bauteilen, für die allgemein
gültige Prüfungsverfahren bestehen, und
über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit
der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungsverfahren nach vorheriger Benachrichtigung der
anderen Vertragspartei die materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen. Welche
Materialprüfungsstelle anzurufen ist, richtet sich nach den streitigen technischen
Fragen. Über das Vorhandensein von
staatlichen oder staatlich anerkannten
Materialprüfungsstellen erteilen z.B. die
zuständigen Industrie- und Handelskam-
V. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
wonach der Gerichtsstand in keiner Beziehung zu einer Partei des Bauvertrages oder
zum Bauvorhaben steht, ist unwirksam .
Unwirksam gemäß § 305 c Abs. 1 BGB
ist eine Gerichtsstandsklausel, wonach
unabhängig von der Höhe des Streitwerts
das örtlich zuständige Amtsgericht anzurufendes Gericht sein soll .
Einen genaueren Überblick kann man
sich in dem Nachschlagwerk Diehr/Knipper, Wirksame und unwirksame Klauseln
im VOB-Vertrag, Vieweg 2003, verschaffen.
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BGH, SFH 8.3 Blatt 1.
BGH, ZfBR 1999, 85.
OLG Celle, BauR 1995, 556.
BGH, LM § 317 BGB Nr. 7; BGHZ 43, 374.
BGH, VersR 1963, 390; BB 1968, 316.
OLG Zweibrücken, BauR 1995, 291; OLG
Düsseldorf, BauR 1995, 706; OLG Celle,
BauR 1999, 262; OLG Düsseldorf, BauR
2002, 484.
12 OLG Köln, ZIP 1989, 1068; KG, BauR 2000,
1092.
13 Für das Gegenteil: LG Frankenthal, NJW
1997, 203.
IV. Keine Befugnis des Auftragnehmers zur Arbeitseinstellung
(§ 18 Nr. 4 VOB/B)
Gemäß § 18 Nr. 4 VOB/B ist der Auftragnehmer nicht berechtigt, bei Streitfällen die
Arbeiten einzustellen. Dies gilt nicht nur
hinsichtlich der in § 18 Nr. 2 und 3 VOB/B
geregelten Meinungsverschiedenheiten,
sondern für sämtliche Streitigkeiten aus
dem Bauvertrag zwischen den Bauvertragsparteien, es sei denn, dem Auftragnehmer steht ein Zurückbehaltungsrecht
zu, zum Beispiel wenn der Auftraggeber
zu Unrecht die geschuldete Vereinbarung
eines neuen Preises gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B
verweigert , oder der Auftragnehmer zur
Arbeitseinstellung z.B. gemäß § 16 Nr. 5
Abs. 5 VOB/B wegen Zahlungsverzugs des
Auftraggebers (vgl. Teil 16/18) berechtigt
ist .
Stellt der Auftragnehmer die Arbeiten
zu Unrecht ein, leiten sich die Rechte des
Auftraggebers aus den sonstigen vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere aus
§ 5 Nr. 4 VOB/B (vgl. Teil 5/18) und § 8 Nr. 3
VOB/B (vgl. Teil 8/18) her.
tis 3/2006 39 Baurecht
mern und Handwerkskammern Auskunft.
Die Durchführung der Untersuchung ist
grundsätzlich freiwillig. Wird aber eine Klage auf einen von einer Materialprüfungsstelle zu begutachtenden Sachverhalt
gestützt und wurde das Verfahren nach §
18 Nr. 3 VOB/B nicht durchgeführt, ist die
Klage auf entsprechende Einrede des Prozessgegners hin als zurzeit unbegründet
abzuweisen .
Nach § 18 Nr. 3 S. 1 2. Hs. VOB/B ist die
Entscheidung der Materialprüfungsstelle
für die Bauvertragsparteien verbindlich,
sofern die Benachrichtigung des Gegners
nicht unterblieben ist und ihm rechtliches
Gehör gewährt wurde.
Unter gleichen Voraussetzungen ist
auch ein nachfolgend mit der selben Meinungsverschiedenheit befasstes Gericht
an die Tatsachenfeststellungen der Prüfungsstelle gebunden, es sei z.B. denn,
dass das Ergebnis offenbar unrichtig ist
, sich also ein Fehler der Fest-stellungen
dem Sachkundigen und unbefangenen
Beobachter aufdrängt .
Die Kosten des Verfahrens nach § 18
Nr. 3 VOB/B trägt der unterliegende Teil (§
18 Nr. 3 S. 2 VOB/B). Der unterliegende Teil
ist der Vertragspartner, dessen Behauptungen sich durch die Feststellungen der
Prüfungsstelle sich nicht bestätigt haben.
VOB
Will der Auftragnehmer die Entscheidung
der dem Auftraggeber unmittelbar vorgesetzten Stelle nicht akzeptieren und
gegen sich gelten lassen, muss er innerhalb von drei Monaten nach Eingang des
Bescheides schriftlich Einspruch beim
Auftraggeber erheben. Der Versuch zur
Beilegung der Meinungsverschiedenheit
ist dann folgenlos gescheitert.
Legt der Auftragnehmer keinen, keinen rechtzeitigen oder keinen schriftlichen Einspruch ein, obwohl er auf die
Rechtsfolgen hingewiesen wurde, gilt die
Entscheidung der vorgesetzten Stelle als
vom Auftragnehmer anerkannt (§ 18 Nr.
2 Abs. 1 Satz 3 VOB/B). Die Entscheidung
der vorgesetzten Stelle ist dann inhaltlich
von den Parteien des Bauvertrages zu befolgen.