Bericht MF 29.6.2015 - Ministerium der Finanzen - Sachsen
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Bericht MF 29.6.2015 - Ministerium der Finanzen - Sachsen
Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen des Landes SachsenAnhalt zu den Berichten über die IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, den Zinserlass sowie die Frage des KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben und daraus erwachsende Schlussfolgerungen Magdeburg, 29. Juni 2015 1 Gliederung Seite 1 Einleitung 3 2 Die Rolle des MF bezüglich der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH 4 Der Erlass von Nachzahlungszinsen bei der Firmengruppe Schloss Neugattersleben 9 4 KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben 16 5 Gesamtfazit 21 3 2 1 Einleitung In den vergangenen Tagen und Wochen sind mehrere Prüfungsmitteilungen des Landesrechnungshofs (LRH) immer wieder Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung eines Teils der Medienvertreter des Landes geworden. Das betrifft konkret die Prüfungsmitteilung „Aktuelle Entwicklungen bei der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH“ vom 28. Mai 2015, die Prüfungsmitteilung „Erlass von Nachzahlungszinsen bei der Firmengruppe Schloss Neugattersleben“ vom 19. Juni 2015 sowie die Prüfungsmitteilung „KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben“ vom 23. Juni 2015. Daraus entstand ein von einseitigen Informationen geprägtes Meinungsbild zum allgemeinen Themenbereich „IBG“ sowie – im Speziellen – zum Zinserlass für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben (SNG) und die Frage des Status eines kleinen und mittleren Unternehmens (KMU-Status) dieser Unternehmen. Die nunmehr zu allen Themen vorgelegten Prüfungsfeststellungen des LRH geben der Verwaltung die Möglichkeit, ihr Handeln darzustellen und nachträglich einer kritischen Prüfung und Bewertung zu unterziehen. Die bisherigen Berichterstattungen haben den Minister der Finanzen dazu veranlasst, eine eigenständige Untersuchung der Vorgänge Erlass von Nachzahlungszinsen bei der Firmengruppe Schloss Neugattersleben und KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben sowie aus Sicht von Herrn Minister Bullerjahn in seiner Vernehmung am 22. Juni 2015 im 14. Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) resultierenden Fragestellungen die Rolle des MF bezüglich der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH betreffend durch das Justiziariat des MF durchführen zu lassen. Finanzminister Bullerjahn hat daher am 24. Juni 2015 die Ministerialräte Schneider und Weber damit beauftragt, die benannten Vorgänge zu untersuchen und der Hausleitung des MF bis zum 29. Juni 2015 zu diesem Bericht zuzuarbeiten. Dafür wurden am 25./26. Juni 2015 an insgesamt 22 Personen konkrete schriftliche Fragestellungen mit der Bitte um Bericht bis zum 26. Juni 2015, 12.00 Uhr, übermittelt. Diese einmalige Verfahrensweise wurde gewählt, um der besonderen Bedeutung dieses Themenkomplexes Rechnung zu tragen und den am Verfahren beteiligten Personen die Möglichkeit einzuräumen, Sachverhalte aufzuklären und bereits stattgefundenen öffentlichen Positionierungen und Mutmaßungen ebenso öffentlich entgegen zu treten. In der folgenden Gesamtschau wird dargestellt, dass die Integrität der Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt stets gewahrt blieb und die getroffenen und öffentlich diskutierten Entscheidungen auf der Grundlage geltenden Rechts getroffen wurden. Unabhängig von dieser Stellungnahme wird sich das MF zu den vorliegenden Prüfungsmitteilungen des LRH schriftlich im üblichen Verfahren gegenüber dem LRH einzeln äußern. 3 Die Offenbarung der durch das Steuergeheimnis geschützten Verhältnisse der Betroffenen ist nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Abgabenordnung zulässig und darüber hinaus das zur Wiederherstellung des Vertrauens der Allgemeinheit einzig geeignete Mittel. Dies ist auch der Grund, warum MF den Weg dieses Berichts gehen konnte und musste. 2 Die Rolle des MF bezüglich der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH a) Zusammenfassung Die Umgestaltung der IBG im Jahre 2006 fand, mit Ausnahme der damaligen Fraktion DIE LINKE, breite Zustimmung im Landtag, im Kabinett sowie auch durch den Landesrechnungshof. In den Folgejahren lief die Arbeit der IBG ohne größere Kritik und es wurden durchaus Erfolge erzielt. Prüfungen seitens LRH und EU ergaben keine negativen Ergebnisse. Aus Sicht des MF bestand deshalb kein Handlungsbedarf (Tz. 1). Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Herrn von der Osten wurde von den Verantwortlichen schnell reagiert, erste Kündigungen wurden zügig ausgesprochen. Durch vertragliche Änderungen in der neuen Ausschreibung wurde dafür Sorge getragen, dass solche Verfehlungen künftig ausgeschlossen werden können (Tz. 2). b) Bericht Tz 1. Umgestaltung der IBG 2006 – 2007 und Geschäftsbetrieb Juli 2007- Mai 2013 Die wesentliche Grundsatzentscheidung für die Vorbereitung einer öffentlichen Ausschreibung des Beteiligungsmanagements traf das Kabinett unter Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer nach einer Kabinettsvorlage des damaligen Ministers der Finanzen, Prof. Dr. Paqué, im März 2006. Diese Grundsatz-Entscheidung wurde auch nach der Landtagswahl (26.03.2006) von niemandem in der neuen Koalition in Frage gestellt. Entsprechend dieses Kabinettsauftrages bereitete das MF die Umstrukturierung der IBG inkl. der öffentlichen Ausschreibung des Beteiligungsmanagements vor. Im Juli / August 2006 beauftragte das Kabinett das MF, ein Verhandlungsverfahren nach vorheriger europaweiter Ausschreibung durchzuführen (15.08.2006). Der damalige Präsident des LRH, Herr Seibicke, erklärte vor diesem Kabinettsauftrag in einer Sitzung des UA Rechnungsprüfung im Landtag (13.07.2006), dass gegen die vorgesehene Ausschreibung keine Bedenken bestünden. Im Ergebnis der Ausschreibung erhielt die Bietergemeinschaft um Herrn von der Osten den Zuschlag (22.05.2007). In einer gemeinsamen Sitzung von Wirtschafts- und Finanzausschuss des Landtages führte der Präsident des LRH aus, dass die vertraglichen Regelungen zur Vergütung des privaten Beteiligungsmanagers mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar seien (20.06.2007). In das Verfahren der Privatisierung hat Minister Bullerjahn nie eingegriffen. 4 Ab 1. Juli 2007 übernimmt Acceres (später in GoodVent umbenannt) die Managementaufgaben der IBG. Im weiteren Geschäftsbetrieb Juli 2007 bis Mai 2013 bestand eine klare Arbeitsteilung zwischen dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit (bzw. ab 2011 für Wissenschaft und Wirtschaft) (MW) und MF: Das MF übte die Gesellschafterrechte aus und das MW war und ist verantwortlich für das operative Geschäft. Es erfolgten auch keine Beanstandungen durch den Rechnungshof bei Prüfungen. Tz. 2 Konsequenzen nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Herrn von der Osten ab Juli 2013: Die Gesellschafterversammlung beauftragte den IBG-Geschäftsführer noch am 27. Juni 2013, die Laufzeit des Geschäftsbesorgungsvertrages mit der GoodVent und die Gesellschafter-Stellung der IBG in den Fonds um zwei Jahre bis 30. Juni 2016 zu verlängern. Am 10. Juli 2013 wurde dann der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens durch Herrn von der Osten in einem Artikel des „Handelsblatt“ bekannt. Die Rechtsanwaltskanzlei Orrick stellt hierzu im Ergebnis in einem Gutachten schwerwiegende Pflichtverstöße durch von der Osten fest, weil er bei Beteiligungsentscheidungen der IBG seine privaten Beteiligungen nicht offenlegte (17.7.2013). Als Konsequenz erfolgte der Beschluss der Gesellschafterversammlung zur außerordentlichen Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages mit der GoodVent durch die IBG und zum Ausschluss der GoodVent GbR aus den Fondsgesellschaften am 24. Juli 2013. Der weitere Ablauf stellt sich chronologisch wie folgt dar: Im Dezember 2013 fordert die EU eine neue Ausschreibung. Die EU-Kommission bringt zum Ausdruck, dass sie kein dauerhaftes Fonds-Management akzeptieren werde, dass nicht im Wege der Ausschreibung eingesetzt wurde (13.12.2013). Die Landesregierung fasst einen Beschluss zur übergangsweisen Rückführung des Beteiligungsmanagements auf die IBG und zur Ausschreibung des Fonds-Managements in 2014 (17.12.2013). Im Januar 2014 übernimmt die IBG das Beteiligungsmanagement sowie das Personal und die Geschäftsräume der GoodVent (01.01.2014). Am 11. Mai 2015 beschließt die Landesregierung schließlich eine gemeinsame Kabinettsvorlage MF/MW zur Privatisierung des Beteiligungsmanagements und beauftragt MF in Abstimmung mit MW den Finanz- und Wirtschaftsausausschuss des Landtages zu unterrichten. Dieses geschieht in einer gemeinsamen Sitzung des Finanz- und des Wirtschaftsausschusses am 17.06.2015. Im Ergebnis nehmen die Ausschüsse das Ausschreibungsverfahren zur Kenntnis. Das MF stellte während der gemeinsamen Beratung geplante StrukturVeränderungen vor. Die Palette der Änderungen reichte vom Umgang mit Interessenkonflikten bis zur Veränderung der Vergütungsstruktur. Um das Controlling zu verbessern, hat das MF vorgeschlagen, einen hauptamtlichen Geschäftsführer für die IBG zu bestellen und einen Beirat einzurichten. Dieses wird durch MW umgesetzt werden. 5 c) Ergebnisse der Befragungen des Justiziariats des MF zur Klärung offener Fragen aus dem IBG-Untersuchungsausschuss Gab es im MF im Jahre 2011 schriftlich fixierte Überlegungen zur Änderung des IBGBeteiligungsmanagement? Alle befragten Angehörigen der Abteilung 3 des MF (Abteilung für Vermögens- und wirtschaftspolitische Angelegenheiten) verneinten aus ihrem Kenntnisstand diese Frage. Warum hat der ehemalige Staatssekretär (StS) Dr. Geue ein Gespräch mit der IB und Herrn Hübner zur Schlossgruppe organisiert? Herr Klaas Hübner teilte zu der Frage, warum Herr Dr. Geue ein Gespräch mit der IB und Herrn Hübner zur Firmengruppe Schloss Neugattersleben organisiert hatte, mit, dass er Herrn StS Dr. Geue um eine Gesprächsvermittlung gebeten habe, um eine profunde Einschätzung zu erlangen, welches die Besonderheiten von landeseigenen Investitionsbanken und ihres Agierens (im Gegensatz zu anderen Geschäftsbanken) seien. Seinerzeit habe seine Firmengruppe in schwierigen Verhandlungen mit der IBBBerlin gestanden. Der damalige StS Dr. Geue teilte unter anderem mit, dass er den Gesprächstermin hergestellt habe, weil Herr Hübner ein Problem mit seinem Bankenkonsortium gehabt habe, insbesondere der Investitionsbank Berlin. Es sei um die Frage gegangen, ob die Investitionsbank aus dem Bundesland, aus dem die Unternehmensgruppe stammt, ein Interesse haben könnte, sich am Bankenkonsortium zu beteiligen, um den Erhalt der Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt zu sichern. Der Sprecher der Geschäftsleitung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt führte zum Inhalt des Gespräches unter anderem aus, dass dieses der Eruierung der grundsätzlichen Fördermöglichkeiten der Investitionsbank für Unternehmungen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben gedient habe. Es habe von Beginn an darüber Einigkeit geherrscht, dass ausschließlich Unternehmen gefördert werden können, die sich nicht in Schwierigkeiten befinden, und nur Förderprogramme in Frage kommen, welche für Nicht-KMU zur Verfügung stehen. Des Weiteren sei frühzeitig darüber Konsens erzielt worden, dass ein Einstieg der Investitionsbank mit Finanzierungshilfen zur Auftragsvorfinanzierung und für Investitionen erst nach erfolgreichem Abschluss der finanzwirtschaftlichen Restrukturierung und Auflösung eines sogenannten Haftungsverbundes von Unternehmen der Firmengruppe „Schloss Neugattersleben“ möglich sei. Derartige Abstimmungen würden im Vorfeld einer konkreten Finanzierungsentscheidung der Investitionsbank ein durchaus übliches Verfahren darstellen. 6 Warum hat Herr Rechtsanwalt Dr. Krohn (Kanzlei Orrick) das Land bei der ersten Privatisierung, der Auseinandersetzung mit Herrn von der Osten und der zweiten Privatisierung vertreten? Der Leiter der Abteilung für Vermögens- und wirtschaftspolitische Angelegenheiten (Abteilung 3) teilte hierzu unter anderem mit, dass Herr Dr. Krohn nach übereinstimmender Meinung in den jeweiligen Auswahlgremien das beste Angebot für die rechtliche Beratung in den Ausschreibungsverfahren abgegeben hat. In der Auseinandersetzung um eine fristlose Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages mit der GoodVent, so teilte der Abteilungsleiter 3 weiter mit, habe aufgrund des hohen Zeitdrucks kaum eine andere Wahl bestanden, als einen Anwalt mit fundierten Vorkenntnissen in den bestehenden Vertragsverhältnissen zu beauftragen. Angeblich freundschaftliche Beziehungen zwischen Herrn Dr. Krohn und Herrn Dr. von der Osten seien ihm erst in dessen Zeugenvernehmung im 14. PUA am 3. Juni 2015 bekannt geworden. Der Leiter des Referates für zentrales Beteiligungsmanagement des Landes, Unternehmen des öffentlichen Rechts (Referat 31) wies ergänzend darauf hin, dass die rechtliche Prüfung im Rahmen des Mandats nicht ausschließlich durch Herrn Dr. Krohn, sondern auch wesentlich durch Herrn Dr. Nolting-Hauff aus der Düsseldorfer Filiale der Kanzlei Orrick erfolgt sei. Ist ein früherer Mitarbeiter des Landesrechnungshofs, der dort die IBG bearbeitet hat, jetzt im MF mit der IBG betraut? Nach Auskunft der Abteilung 3 ist dieses der Fall. Der Bedienstete hat sich erfolgreich auf einen innerhalb der Landesverwaltung ausgeschriebenen Referentendienstposten im Referat 31 beworben. Er ist dort seit dem 1. Januar 2013 tätig. Warum ist das IBG-Engagement für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben ab 2006 sprunghaft angestiegen? Der Leiter der EU-Verwaltungsbehörde EFRE und ESF teilte dazu mit, dass in den 3 Projekten zur IBG (davon 1 im OP 2000-2006 und 2 im OP 2007-2013) lt. Datenlage efREporter im Jahr 2008 allenfalls beim Risikokapitalfonds (RKF) I (OP 2000-2006) eine Auffälligkeit gibt: Zum RKF-I wurde in 01-2008 die Bewilligungssumme um 11,8 Mio. EUR erhöht. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 97 Tsd. EUR ausgehend von der Vorgenehmigung noch nicht an die IBG ausgezahlt. Einen Grund der Bewilligungserhöhung könne er nicht ersehen – weder aus den erfassten Projektdaten noch aus der Datenablage in der EUVerwaltungsbehörde beim MF (EU-VB). Was noch auffällt, sei, dass vor allem im Jahr 2008 die als an die IBG ausgezahlt deklarierten Mittel auffällig in der Höhe schwanken. Von 151,3 Mio. EUR zu 151,1 Mio. EUR zu 133,6 Mio. EUR und dann wieder zu 157,3 7 Mio. EUR. Das könnten Fehleintragungen sein oder Rückführungen der IBG. Genaues sei nur aus Projektakten des MW zu erfahren. Das MF wird Informationen vom MW einholen. Die 2 Projekte der Förderperiode 2007-2013 wurden im November 2008 erstmalig bewilligt und seien bis Ende 2011 nicht in den bewilligten Höhen verändert worden. Änderungen beim Finanzplanansatz (Erhöhung um 15 Mio. EUR davon 6 Mio. EFRE) sind erst 2012 mit der Halbzeitevaluierung erfolgt. Ein Referent in der Abteilung 3 führte dazu aus, dass das starke Anwachsen der Engagements der IBG für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben im Aufsichtsrat erst im Jahre 2010 auf seine Frage nach sogenannten Klumpenrisiken bekannt geworden sei. Eine regelmäßige Information über neue Engagements der IBG erfolgte nicht, dieses zu kontrollieren sei nicht Aufgabe des Aufsichtsrats gewesen. Hierfür sei das Bewilligungsgremium da gewesen. Es sei nicht zutreffend, dass der Aufsichtsrat Beteiligungszusagen regelmäßig zugestimmt habe. Nur bei Erhöhung der ursprünglichen Finanzierung über ein bestimmtes Limit habe der Aufsichtsrat das zustimmende Votum des Beteiligungsausschusses absegnen müssen. Warum wurde der IBG-Wirkungskreis – erst Sachsen-Anhalt, später Mitteldeutschland – „schwammiger“ formuliert? Der Abteilungsleiter 3 teilte hierzu mit, dass er diese Frage nicht beantworten könne. Der in den Beteiligungsgrundsätzen und auch der Satzung der IBG verankerte Wirkungskreis wurde und wird vom MW festgelegt. Ein weiterer Referent in der Abteilung 3 führte hierzu aus, dass der IBG-Wirkungskreis erweitert worden sei, um sich gemeinsam mit dem Land Sachsen und deren Fördergesellschaft Risiken von Engagements im Großraum Halle-Leipzig teilen zu können. Wurde der Finanzausschuss über die beabsichtigte Einsetzung eines Geschäftsführers informiert? Alle Befragten, die sich zu dieser Frage äußerten, teilten mit, dass der Finanzausschuss in seiner gemeinsamen Sitzung mit dem Wirtschaftsausschuss am 17. Juni 2015 über den Einsatz eines vollzeitbeschäftigten Geschäftsführers informiert wurde. d) Fazit im Lichte der von Minister Bullerjahn am 25. Juni 2015 veranlassten Prüfung Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Herrn von der Osten wurde von den Verantwortlichen schnell reagiert, erste Kündigungen würden zügig ausgesprochen. Durch vertragliche Änderungen in der neuen Ausschreibung wurde dafür Sorge getragen, dass solche Verfehlungen ausgeschlossen werden können. 8 Warum das IBG-Engagement für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben in 2006 angestiegen und warum der IBG-Wirkungskreis erweitert worden ist, ist durch das MW zu beantworten. Dieses wird nachgefragt beim MW. Die Motivation von Herrn Dr. Geue für die Vermittlung eines Gespräches zwischen der IB und Herrn Hübner war die Wahrung von Landesinteressen; insbesondere der Erhalt von Arbeitsplätzen. 3 Der Erlass von Nachzahlungszinsen bei der Firmengruppe Schloss Neugattersleben a) Zusammenfassung Der Erlass von Nachzahlungszinsen war rechtmäßig. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung waren – entgegen der vom LRH geäußerten Auffassung - im Rahmen der Prüfungen der insgesamt 35 Unternehmen der Schlossgruppe Neugattersleben gegeben. Der LRH verkennt die Bedeutung der Regelung des BMFSchreibens zur tatsächlichen Verständigung (Tz. 1). Die Voraussetzung einer erschwerten oder kaum möglichen Sachverhaltsermittlung lagen vor (Tz. 2). Die Annahme, dass das MF mit der Begründung, der Erlass der Nachzahlungszinsen sei die Umsetzung einer tatsächliche Verständigung, von seiner bisherigen Begründung abgewichen sei, wird nicht geteilt (Tz. 3). b) Bericht Tz. 1 Bedeutung des BMF-Schreibens zur tatsächlichen Verständigung Der LRH verkennt die Bedeutung der Regelung des BMF-Schreibens zur tatsächlichen Verständigung. Es ist zwischen der Frage der rechtlichen Zulässigkeit und der Frage der Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung zu unterscheiden. Die Annahme des LRH, es sei wegen einer fehlenden schriftlichen von den Beteiligten unterzeichneten Vereinbarung von keiner wirksam zustande gekommenen tatsächlichen Verständigung auszugehen, ist unzutreffend. Einer besonderen Form, insbesondere der Schriftform, bedürfen tatsächliche Verständigungen nicht, selbst wenn eine schriftliche Niederlegung und die Unterzeichnung durch die Beteiligten aus Gründen der Nachweisbarkeit sinnvoll erscheinen mögen (Urteile des BFH vom 31. Juli 1996, XI R 78/95, BStBl II 1996, 625 und vom 20. September 2007, IV R 20/05). Jedenfalls kann die Nichteinhaltung der Schriftform nicht als Indiz für einen fehlenden Bindungswillen herangezogen werden. Lediglich für den umgekehrten Fall – einer vorhandenen schriftlichen Vereinbarung – hat die Rechtsprechung des BFH die Schriftform als Indiz für den Bindungswillen der Beteiligten gewertet (Beschlüsse des BFH vom 12. März 2009, IV B 22/08, und vom 21. Juni 2000, IV B 138/99). 9 Tz. 2 Voraussetzung einer erschwerten oder kaum möglichen Sachverhaltsermittlung Die Voraussetzung einer erschwerten oder kaum möglichen Sachverhaltsermittlung lag vor. Im Zuge der Beendigung der Betriebsprüfungen für mehrere Jahre von 35 Unternehmen des Konzerns Schlossgruppe Neugattersleben wurden zur Vermeidung von jahrelangen Rechtsstreitigkeiten aus folgenden Gründen Nachzahlungszinsen erlassen: • Bei dem geprüften Konzern handelt es sich um einen besonders gelagerten Fall, der in dieser Form nicht im Fokus des BMF-Schreibens zur sog. tatsächlichen Verständigung steht. Während der Prüfungen ergaben sich steuerrechtlich äußerst schwierig zu beurteilende Sachverhalte mit Wechselwirkungen in der Firmengruppe. Es mussten weit über 100 Prüfungsfeststellungen beurteilt werden, die in ihrer Komplexität zu steuerlich wechselseitigen Auswirkungen bei 35 Firmen für mehrere Jahre, mehrere Steuerarten und bei mehreren, bei unterschiedlichen Finanzämtern erfassten, Steuerpflichtigen führten. • Wegen der zwischen der Finanzverwaltung, den Unternehmen und deren Steuerberatern bestehenden Meinungsverschiedenheiten ergab sich die Frage, wie in vernünftiger Weise Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können. Denn aufgrund der Betriebsprüfungen mussten ca. 750 Bescheide für die Firmen des Konzerns erlassen werden. Wegen der wechselseitigen Auswirkungen von Sachverhalten im Gesamtfirmenverbund und der damit einhergehenden steuerlichen Auswirkungen auf jeweils mehrere Steuerpflichtige, für die jeweils unterschiedliche FÄ – z.T. in mehreren Bundesländern – zuständig waren, war es in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, dahingehende Einzelverständigungen zu erzielen. • Eine Betriebsprüfung ist erst mit Bestandskraft der Änderungsbescheide abgeschlossen, so dass auch die im Nachgang zur Schlussbesprechung erforderlichen Erörterungen, mittels derer die hier in Rede stehende tatsächliche Verständigung erzielt wurde, noch den Betriebsprüfungen zuzurechnen sind. • In Anbetracht des Umstands, dass die zum damaligen Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre dauernden Prüfungen abgeschlossen werden mussten, war es zielführend, den Gesamtkomplex „tatsächliche Verständigungen über eine Vielzahl von Einzelfragen mit unüberschaubarem Gesamtergebnis“ letztendlich auf eine einzige Betrachtungsgröße zu konzentrieren, die nicht diese Wechselwirkung hatte. Zu diesen Einzelfragen gehörten, im Rahmen der Betriebsprüfungen umfangreich dokumentierte Sachverhalte mit steuerlichen Bewertungsfragen wie - Firmenwertermittlungen - Verrechnungspreise - verdeckte Gewinnausschüttungen sowie verdeckte Einlagen im Konzern, die in verschiedenen Finanzämtern zu betrachten waren. Deshalb kam nur noch die – auch durch die Dauer der Prüfungen beeinflusste – Höhe der Zinsen, die sich zum damaligen Zeitpunkt auf weniger als 200 TEUR beliefen, in Betracht. Da zudem keine Zusage über einen festen Betrag erfolgte, sondern über den in Abhängigkeit vom festgestellten Sachverhalt sich zukünftig ergebenden Zinsbetrag auf einvernehmlich unstrittig festzusetzende Steuern, handelt es sich de facto sehr wohl um eine 10 Verständigung auf Sachverhaltsebene, die lediglich mit dem Mittel eines Erlasses umgesetzt wurde. Im Übrigen wird aus dem o.G. ersichtlich, dass ein vergleichbares Ergebnis durch eine Vielzahl von – unbestritten zulässigen – Einzelverständigungen erzielbar gewesen wäre, wenn die Komplexität des Gesamtsachverhalts dies zugelassen hätte. Tz. 3 Kein Begründungswechsel in der Argumentation des MF Die Annahme, dass das MF mit der Begründung, der Erlass der Nachzahlungszinsen sei die Umsetzung einer tatsächliche Verständigung, von seiner bisherigen Begründung abgewichen sei, trifft nicht zu. Schon in dem vom LRH zitierten Vermerk vom 7. Juni 2013 zur Erlasszusage wird ausgeführt, dass die Firmengruppe ihr Einverständnis zu anderen Prüfungsfeststellungen erteilt habe, die langjährige Rechtsstreitigkeiten mit ungewissen Ausgang und hohem Prozessrisiko nach sich gezogen hätten. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass eine tatsächliche Verständigung unter anderem einem effektiven Verwaltungsvollzug, dem Rechtsfrieden sowie der Rechtssicherheit dienen soll. Die abgeschlossene tatsächliche Verständigung hat dieses Ziel erreicht und nicht zu einem finanziellen Schaden für das Land geführt. Durch die Bearbeitung von nun vermiedenen rd. 500 Rechtsbehelfen bei einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von 15 – 20 Stunden wären allein an Personalkosten mindestens 400 Tsd. Euro angefallen. Dabei sind Kosten für Gerichtsverfahren und Prozessrisiken sowie die Schäden durch mögliche Insolvenzen und Folgeinsolvenzverfahren noch nicht einmal berücksichtigt. c) Ergebnisse der Befragungen des Justiziariats des MF zur Klärung des Lebenssachverhaltes Erlass von Nachzahlungszinsen Ist von einem Vorgesetzten zu irgendeinem Zeitpunkt, zum Beispiel bei einem vom Landesrechnungshof als Parallelgespräch bezeichneten Termin, eine Erwartungshaltung im Hinblick auf die Entscheidung über den Zinserlass geäußert worden? Herr Minister Bullerjahn stellte fest, dass es keine Weisung gegenüber Bediensteten seines Geschäftsbereiches gegeben habe. Er habe auch keine Erwartung in dieser Hinsicht geäußert oder anderweitig zum Ausdruck gebracht. Weiterhin teilte er mit, dass er an keinen Parallelgesprächen teilgenommen habe. Zu einem früheren Zeitpunkt im Frühjahr 2011 hätten sich Herr Klaas Hübner und sein Vater mit einer Gesprächsbitte an ihn gewandt. Gegenstand dieses Gespräches sei die Dauer der Betriebsprüfung mehrerer Unternehmen der Schlossgruppe, die sich bereits drei Jahre hingezogen hätten, gewesen. Das Ziel von Herrn Hübner und seinem Vater sei gewesen, eine Beschleunigung des Verfahrens zu erwirken. Ihrer Bitte, einen Kontakt zur Oberfinanzdirektion zu vermitteln, habe er entsprochen. Die Höhe von Steuer- oder Zinsforderungen hätten zu diesem frühen Zeitpunkt seines Wissens noch gar keine Rolle spielen können. Mit den Herren Hübner habe er in der Folge ausschließlich privaten Kontakt gehabt. Über anhängige Prüfungs- oder Steuerverfahren sei dabei nicht 11 gesprochen worden. Weiterhin habe er seinen damaligen Staatssekretär Dr. Geue gebeten, sich mit Vertretern der OFD und der Unternehmensgruppe zu treffen. Er und nach seinem Ausscheiden Staatssekretär Felgner hätten die in der Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofs thematisierten Gespräche geführt. Über den Inhalt der Gespräche sei er nicht informiert worden. Herr StS Felgner teilte unter anderem mit, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Weisung oder Erwartungshaltung gegenüber Bediensteten im Geschäftsbereich des MF im Hinblick auf die Entscheidung über den Zinserlass geäußert habe. Im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner fachaufsichtlichen Aufgaben habe er an einem Gespräch mit Herrn Klaas Hübner (unter weiterer Teilnahme des jetzigen Abteilungsleiter 4 sowie des jetzigen Referatsleiters 45) am 07. Dezember 2012 teilgenommen. In diesem Gespräch sei es zum gegenseitigen Informationsaustausch zum Stand der Betriebsprüfung der Firmengruppe Schloss Neugattersleben und zum Ablauf des weiteren Verfahrens gekommen. Weitere Gespräche mit Herrn Klaas Hübner habe er dazu nicht geführt. Der damalige StS Dr. Geue teilt mit, dass seines Wissens das Thema Zinserlass in den Gesprächen mit der Firmengruppe, an denen er in den Jahren 2011 und 2012 beteiligt gewesen sei, keine Rolle gespielt habe. In den Gesprächen sei es allein um Verfahrensfragen rund um die Betriebsprüfungen in der Firmengruppe und nicht um konkrete Betragsfragen, wie bei einem Zinserlass, gegangen. Herr StS Richter war mit dem Vorgang mit Ausnahme der Freigabe der Akten an den Landesrechnungshof nicht befasst. Der Abteilungsleiter 4 und der Referatsleiter 45 teilten mit, an drei sog. „Parallelgesprächen“ beteiligt gewesen zu sein. Am 27.06.2011 habe ein Gespräch zu den laufenden Betriebsprüfungen stattgefunden, in dem Herr Hans Hübner insbesondere die Frage der Unternehmensbewertung thematisierte. Da der Gesprächsinhalt dieses Termins vorab nicht bekannt war, wurde dies nur zur Kenntnis genommen. Weitere Gesprächsteilnehmer seien Herr Dr. Geue und Herr Klaas Hübner gewesen. Auch in einem Gespräch am 03.08.2011 (Teilnehmerkreis über die Beamten hinaus Herr Dr. Geue und Herr Klaas Hübner) sei nur eine Sachstandsdarstellung, diesmal durch Herrn Klaas Hübner, zur Kenntnis genommen worden. In dem Gespräch am 07.12.2012 (diesmal Teilnehmerkreis über die Beamten hinaus: Herr Felgner sowie Herr Klaas Hübner) wurde nochmals erläutert, dass an den Feststellungen der Betriebsprüfungen festgehalten wird. Außerdem wurde der weitere Verfahrensablauf erläutert. Der Abteilungsleiter 4, der Referatsleiter 45 sowie der Referatsleiter 43 teilten mit, dass ihnen gegenüber von einem Vorgesetzten zu keinem Zeitpunkt eine Erwartungshaltung im Hinblick auf die Entscheidung über den Zinserlass geäußert worden sei. 12 Herr Klaas Hübner teilte mit, dass es von ihm die Forderung gegenüber Dritten nach einer politischen Einflussnahme nicht gegeben habe. Ist die Entscheidung zum Zinserlass fachlich vertretbar? Die Abschnitte a) und b) dieses Kapitels beruhen auf den Berichten des Leiters der Abteilung für Steuern (Abteilung 4), des Leiters des Referates 45 sowie des Leiters des Referates 43 zu den Fragen des Justiziariats, ob die Rechtsauffassung des LRH zutrifft, dass die getätigte Entscheidung zum Erlass der Zinsen auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung durch die OFD Magdeburg beruht. Falls nicht, wurde gefragt, worin die Entscheidung ihre rechtliche Begründung findet. Weiterhin wurden durch das Justiziariat die Vorsteher(in) der Finanzämter Staßfurt, Bitterfeld-Wolfen sowie Magdeburg ebenfalls befragt, ob aus ihrer Sicht (des FA) die Entscheidung zum Zinserlass fachlich vertretbar gewesen sei. Die Vorsteherin des Finanzamtes Staßfurt sowie der Vorsteher des Finanzamtes Bitterfeld-Wolfen teilten im Wesentlichen mit, dass eine eigene Prüfung der Erlassvoraussetzungen nach der zentralen Prüfung durch die OFD nicht notwendig und mit dem Erkenntnisstand der Finanzämter auch nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre. Der Vorsteher des Finanzamtes Magdeburg führte aus: „Isoliert betrachtet, dürfte bei dem vom Rechnungshof dargestellten Sachverhalt ein Erlass nur schwer rechtlich zu begründen sein. Hier wird es wesentlich darauf ankommen, einen sehr komplexen Lebenssachverhalt in eine Gesamtschau zu stellen, die ein gerechtes Gesamtergebnis widerspiegelt. Dann wird auch der Sinn der tatsächlichen Verständigung zu vermitteln sein. … Aus Sicht des Prüfungsamtes wurde ein Gesamtergebnis gefunden, welches von meinem Haus als gerecht empfunden wird. Sachverhalten, wie den vorliegenden, ist fast immer innewohnend, dass sie nie vollständig aufklärbar sind. … Die eingesetzten Betriebsprüfer hatten jedenfalls nicht das Gefühl, im Ergebnis zugunsten des Steuerpflichtigen angewiesen oder unangemessen beeinflusst worden zu sein.“ Im Auftrag von Herrn Klaas Hübner stellt die BDO-AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu der Fragestellung unter anderem fest, dass sie keine Gründe identifizieren könne, die ausdrücklich für eine ermessensfehlerhafte Entscheidung der Finanzämter sprechen. Im Übrigen sei ein Erlass von Zinsen und Abgaben nicht unüblich und nach den Erfahrungen der BDO-AG eine häufig von den Finanzämtern ergriffene Maßnahme, um unbillige Härten zu vermeiden. Zusätzlich wird auf die in diesem Zusammenhang verwaltungsökonomischen Gründe hingewiesen. Ursprünglich sei es Empfehlung der BDO-AG an die Gesellschaften gewesen, gegen alle aus den Betriebsprüfungsfeststellungen resultierenden Festsetzungen Einspruch und ggf. Klage zu erheben. Da die Gesellschaften auf eine gütliche Einigung mit der Betriebsprüfung bestanden hätten, sei in Aussicht gestellt worden, dass ein Zinserlass unter der Voraussetzung in Frage komme, dass keine weiteren Einwendungen erhoben werden. 13 Trifft es zu, dass eine mangelnde Kommunikation bezüglich des Erlassvorganges zwischen MF und der OFD einerseits sowie den Finanzämtern andererseits stattgefunden hat? Falls nein, wie war die Kommunikation ausgestaltet? Der Leiter der Abteilung 4, der Leiter des Referates 45 sowie der Leiter des Referates 43 verneinen den Vorwurf einer mangelnden Kommunikation übereinstimmend. Es hätten laufend Informationsgespräche zwischen den Finanzämtern und der OFD stattgefunden. Die Handlungen der OFD seien transparent erfolgt und wären den beteiligten Sachbearbeitern der Finanzämter in einer ausführlichen Besprechung erläutert worden. Des Weiteren sei die Entscheidung der OFD danach durch eine schriftliche Verfügung bekanntgegeben worden. Der Vorsteher des Finanzamts Bitterfeld-Wolfen teilte unter anderem mit, dass es keinen Grund gäbe, die Kommunikation zwischen der OFD und dem Finanzamt zu beanstanden und berichtet, dass die beteiligten Finanzämter im gesamten Verlauf des Verfahrens mehrfach zu Besprechungen eingeladen worden seien und dorthin auch Vertreter entsandt hätten. Ebenso seien die Vertreter der OFD – wie auch sonst üblich – zur telefonischen Auskunft und Abstimmung bereit gestanden. Die Vorsteherin des Finanzamtes Staßfurt verweist in diesem Zusammenhang auf eine gemeinsame Besprechung am 22.05.2013 zur Gewährleistung einer einheitlichen Bearbeitung der Vorgänge der drei Finanzämter. Der Vorsteher des Finanzamtes Magdeburg weist unter anderem darauf hin, dass sein Finanzamt in keinem Fall des Prüfungsvorganges mit der Erhebung der Steuern und steuerlichen Nebenleistungen befasst gewesen sei und es insoweit keinen Kommunikationsbedarf gegeben habe. Trifft es zu, dass in den Finanzämtern die Entscheidung zum Zinserlass bei allen Bediensteten auf Unverständnis gestoßen ist? Dass die Entscheidung zum Zinserlass bei allen Bediensteten auf Unverständnis gestoßen sei, weisen alle Vorsteher zurück. Der Vorsteher des Finanzamtes Magdeburg weist allerdings unter anderem darauf hin, dass in jedem Finanzamt ein Erlass auf Unverständnis und Widerspruch stoße, da er dem elementaren Ziel einer Einnahmeverwaltung zuwider laufe. Insoweit fühlten seine Betriebsprüfer den Wert ihrer Arbeit gemindert. Es sei aber auch festzuhalten, dass dieses generelle Verhaltensmuster im vorliegenden Fall im üblichen Rahmen geblieben sei. Trifft es zu, dass die getätigte Entscheidung zum Erlass der Zinsen mangelhaft dokumentiert wurde? Falls ja, wird um Begründung hierfür gebeten. Falls nein, bitte getätigte Dokumentation begründen. Der Leiter der Abteilung 4, der Leiter des Referates 45 sowie der Leiter des Referates 43 tragen hierzu übereinstimmend vor, dass der Rechnungshof in seiner Prüfungsmitteilung festgestellt habe, dass die Dokumentation, die zu der Erlasszusage im Rahmen der „Tatsächlichen Verständigung“ geführt hat, nicht ausreichend sei. Diese Feststellung sei zumindest teilweise richtig. Es sei zutreffend, dass ein Protokoll einer 14 tatsächlichen Verständigung nicht gefertigt wurde. Obwohl ein solches nicht zwingend erforderlich gewesen sei, hätte es aus Beweisgründen gefertigt werden sollen. Wie der Rechnungshof jedoch auch festgestellt habe, fänden sich in den geprüften Akten Dokumente (Mail-Verkehr mit den betroffenen Ämtern), die das Ergebnis der Verständigung widerspiegeln. Den Schluss, den der LRH hieraus ziehe, dass es sich hierbei lediglich um die Zusage der Prüfung des Erlasses handelt, gehe fehl. Der Erlass habe erst ausgesprochen werden können, nachdem die Prüfungsfeststellungen in entsprechende Bescheide Eingang gefunden haben. Die Einigung wurde jedoch bereits erzielt, da die Umsetzung der tatsächlichen Verständigung nur auf diese Art und Weise erfolgen konnte. Dem Rechnungshof sei zuzustimmen, dass die erfolgte Dokumentation und die daraus folgende Information der beteiligten Ämter (gemeinsame Besprechung) nicht alle Fragen abschließend klären konnte und somit Rückfragen entstanden. Diese hätten das Gesamtergebnis nicht beeinträchtigt, sind aber in zukünftigen Verfahren zu vermeiden. d) Fazit im Lichte der von Minister Bullerjahn am 25. Juni 2015 veranlassten Prüfung Der Zinserlass für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben beruht nicht auf einer Weisung durch die Hausleitung des MF, wie auch der Landesrechnungshof feststellt. Durch die tatsächliche Verständigung wurde eine Betriebsprüfung abgeschlossen und es kam zur Änderung von ca. 750 Bescheiden und einem steuerlichen Mehrergebnis von über 2 Millionen Euro. Der Zinserlass erfolgte rechtmäßig zur Umsetzung der tatsächlichen Verständigung, welche verwaltungsökonomisch geboten war. Es wurden rund 500 Rechtsbehelfe vermieden. Die sogenannte Firmengruppe Schloss Neugattersleben besteht aus einem Verbund von 57 Personen und Gesellschaften, die bei mindestens sieben verschiedenen Finanzämtern steuerlich geführt werden. Die Rechtsauffassung des Landesrechnungshofes, der Zinserlass sei fachlich nicht vertretbar, geht fehl und lässt offen, wie mit dem Lebenssachverhalt hätte umgegangen werden sollen. Aufgrund der Komplexität des Falles, die auch der LRH nicht verkennt, war auch die getroffene Vereinbarung zu den Zinsen eine Frage des Sachverhaltes, die unter den Regelungsgehalt der tatsächlichen Verständigung fällt. Es trifft zu, dass die getätigten Entscheidungen zum Zinserlass zur Umsetzung der tatsächlichen Verständigung besser hätten dokumentiert werden sollen. Die Steuerverwaltung wird zukünftig grundsätzlich Protokolle über die tatsächliche Verständigung anfertigen. Schlussendlich haben sich die Vorsteherinnen und Vorsteher der Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt mit folgendem Schreiben an Minister Bullerjahn gewandt: „…Mit Bestürzung haben wir das Zerreden unserer guten Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion in der letzten Zeit zur Kenntnis nehmen müssen. Die aktuellen Darstellungen in der Presse sind nicht zutreffend. Zwischen der Finanzämtern und der Oberfinanzdirektion bestand stets ein offenes, vertrauensvolles, konstruktives und sachliches Verhältnis, im dem politisch motivierte Einflussnahmen nicht vorkamen. … Es 15 ist nicht wahr, dass die Bediensteten der Finanzämter über die Behandlung des Falles empört sind. Wir sind vielmehr empört über die Darstellung in der Presse.“ 4 KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben a) Zusammenfassung Die KMU-Eigenschaft war für die Beteiligungsentscheidung der IBG der im Prüfbericht des Landesrechnungshofes genannten drei Unternehmen in Höhe von 5,25 Millionen Euro zugunsten der Firmengruppe Schloss Neugattersleben nicht von entscheidender Bedeutung. Die KMU-Eigenschaft wurde im Beteiligungsausschuss der IBG dennoch eingehend diskutiert. Es wurde davon ausgegangen, dass unabhängig von dem KMUStatus der Unternehmen Mittel aus den Altfonds (Innovationsfonds und Risikokapitalfonds I) auch zur Förderung von größeren Unternehmen, also Nicht-KMU, genutzt werden können (Tz. 1). Die Förderung von Unternehmen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben als Nicht-KMU war unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als ein außergewöhnlicher Fall gut vertretbar (Tz. 2). Die Meldepflichten der Finanzbehörden wurden beachtet (Tz. 3) und die wirtschaftlichen Folgen des Engagements waren positiv (Tz. 4). b) Bericht Tz. 1: Relevanz der KMU-Eigenschaft für die Beteiligungsentscheidung In der Prüfungsmitteilung des LRH vom 23. Juni 2015 wird insbesondere kritisiert, dass auch nach der Aberkennung des KMU-Status durch die Finanzverwaltung Ende 2010 und der Kenntnisnahme des Ministeriums der Finanzen mit Bericht vom 21. Juni 2011 weitere Beteiligungen an Unternehmen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben durch die IBG eingegangen worden sind. Begründet wird dies damit, dass der KMUStatus in den Beteiligungsgrundsätzen für Stille Beteiligungen als eine Voraussetzung für die Beteiligung der IBG an Unternehmen benannt wurde. Die Kritik des LRH betrifft damit unter anderem in erster Linie die Stillen Beteiligungen der IBG an folgenden Unternehmen der SNG: Lacont Umwelttechnik GmbH (2,0 Mio. €, Dez. 2011), A-tec Anlagen- und Behältertechnik GmbH (2,0 Mio. €, Mai 2012) und Rohrco Rohranlagenbau GmbH (1,25 Mio. €, Mai 2012). Im Beteiligungsausschuss der IBG (geführt durch MW) wurde die Relevanz der KMUEigenschaft eingehend diskutiert. Laut Protokoll des Beteiligungsausschusses vom 3. Mai 2015 wurde davon ausgegangen, dass unabhängig von dem KMU-Status der Unternehmen Mittel aus den Altfonds (Innovationsfonds und Risikokapitalfonds I) auch zur Förderung von größeren Unternehmen, also Nicht-KMU, genutzt werden können. 16 In der 45. Aufsichtsratssitzung der IBG am 7. Mai 2012 hat der Aufsichtsrat die Beteiligungen an den Unternehmen aus wirtschafts- und technologiepolitischen Gründen genehmigt. Tz. 2 Förderung von Unternehmen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben als Nicht-KMU unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als außergewöhnlicher Fall gut vertretbar Sinn und Zweck der Beteiligungsgrundsätze ist es, dem Beteiligungsmanagement (damals GoodVent) und den Gremien der IBG (insbesondere dem Beteiligungsausschuss) einen Handlungsrahmen für die Beteiligungsentscheidungen vorzugeben. Daher wurde die GoodVent im § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages zur Beachtung der Beteiligungsgrundsätze verpflichtet. Insbesondere bei schon bestehenden Beteiligungen bedarf es jedoch zum Erhalt des Vermögens des Landes einer Möglichkeit, im Einzelfall von den Beteiligungsgrundsätzen abzuweichen. Die seinerzeitigen Befassungen im Beteiligungsausschuss und im Aufsichtsrat legen sehr nahe, dass diese mit ihrer Empfehlung/Entscheidung zur Finanzierung der Beteiligungen aus dem Innovationsfonds bzw. Risikokapitalfonds I zugleich auch einer Abweichung von den Beteiligungsgrundsätzen zugestimmt haben. Die Mittel für die Stillen Beteiligungen wurden aus dem Innovationsfonds bzw. Risikokapitalfonds I ausbezahlt. Der Risikokapitalfonds I wurde aus Strukturfondsmitteln der Strukturfondsperiode 2000 bis 2006 finanziert und im Jahr 2009 abgerechnet. Daher handelt es sich bei den im Jahr 2012 aus Rückflüssen von Strukturfondsmitteln finanzierten Beteiligungen um nationale Mittel. EU-Mittel wurden nicht eingesetzt. Die Stillen Beteiligungen entsprachen nach Angaben der IBG hinsichtlich Vergütung, Rückzahlung, Kündigungsrechten, Informations- und Kontrollrechten, Nachrangigkeit und den gestellten Sicherheiten den in der IBG üblichen Konditionen. Diese Kriterien wurden durch die EU-Kommission herangezogen, um zu beurteilen, dass es sich bei den Stillen Beteiligungen der IBG um ein beihilfefreies Instrument handelt. Somit ist nach erster vorläufiger Einschätzung auch eine Förderung von SNGUnternehmen als Nicht-KMU möglich gewesen und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als ein außergewöhnlicher Fall gut vertretbar. Letztendliche Bewertungen für den Bericht an den Landesrechnungshof sind durch das MW als zuständiges Ressort für die IGB zu treffen. Auf die gleichgelagerte Möglichkeit in der Anwendung der Bürgschaftsrichtlinien, von denen der Finanzminister Ausnahmen zulassen kann, ist hinzuweisen. Tz. 3 Meldepflichten der Finanzbehörden beachtet Nach § 31a AO sind die Finanzbehörden verpflichtet, den auszahlenden Stellen Tatsachen mitzuteilen, die für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich sind. Eine Mitteilungspflicht an die Investitionsbank Sachsen-Anhalt ist in der BP-Kartei enthalten, eine Mitteilungspflicht an 17 die IBG nicht. Entsprechend wurde auch im Fall der Firmengruppe Schloss Neugattersleben verfahren. Tz. 4 Wirtschaftliche Folgen des Engagements der IBG positiv Die IBG-Beteiligungen an den Unternehmen der SNG konnten Anfang 2015 im zweistelligen Millionenbereich erfolgreich zurückgeführt werden. Ein wesentlicher Baustein für dieses positive Ergebnis waren die von der IBG im 1. Halbjahr 2012 ausgereichten Beteiligungen i. H. v. 5,25 Mio. €. Ein Verzicht auf die im Jahr 2012 durchgeführte Umschuldung hätte aller Voraussicht nach die Insolvenz der Unternehmen der SNG im Haftungsverbund zur Folge gehabt. Mit dem finanziellen Engagement der IBG im Jahr 2012 wurde die Konsolidierung der SNG sowie die Sicherung einer großen Anzahl von Arbeitsplätzen erreicht. Die Banken mussten hingegen auf 70 % ihrer Forderungen (24,5 Mio. €) verzichten. Ein vom LRH vermuteter Schaden ist daher zurückzuweisen. Das Gegenteil ist der Fall. Durch das jedenfalls als vertretbar einzuordnende Engagement der IBG in dem ungewöhnlichen Fall wurde ein erheblicher finanzieller Schaden abgewendet. Alternative Szenarien werden vom Landesrechnungshof nicht aufgezeigt. c) Ergebnisse der Befragungen des Justiziariats des MF zur Klärung KMU-Status der Firmengruppe Schloss Neugattersleben Seit wann waren Sie über die Aberkennung des KMU-Status informiert und welche Maßnahmen haben Sie nach der Aberkennung getroffen? Der damalige StS Dr. Geue teilte unter anderem mit, dass ihm im Rahmen eines umfassenden Vorbereitungsvermerks zu einem ersten Gespräch mit Herrn Klaas Hübner vom 21. Juni 2011 die Nichtanerkennung der Firmengruppe als KMU seitens der Finanzverwaltung vom 1.1.2008 zur Kenntnis gebracht worden sei. Dieses Thema habe im Gespräch mit Herrn Hübner keine Rolle gespielt. Er habe auch nicht davon ausgehen können, dass eine so lange zurückliegende Entscheidung der Leitung des Ministeriums, insbesondere dem Minister, noch nicht bekannt war. Dementsprechend habe er keinen Anlass gehabt, im Nachgang zu seinem Gespräch den Minister hiervon gesondert zu informieren. Im Auftrag von Herrn Klaas Hübner nimmt die BDO-AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Themenkomplex KMU-Status unter anderem wie folgt Stellung: „Aufgrund der vorstehend beschriebenen Unschärfe lässt das Schreiben der Betriebsprüfung vom 15. Oktober 2010 keinerlei Rückschlüsse auf den KMU-Status der Gesellschaften ab dem 31. Januar 2008 zu. Der KMU-Status ist jedes Kalenderjahr aufs Neue zu prüfen. Insofern können wir die Auffassung des Landesrechnungshofes, dass es durch die Finanzbehörden zu einer Aberkennung des KMU-Status aller Gesellschaften der Firmengruppe ab dem 1. Januar 2008 weder zeitlich noch sachlich nachvollziehen und halten sie für falsch.“ Auch im folgenden habe der KMU-Status für in Rede stehende Gesellschaften der Firmengruppe Schloss Neugattersleben nicht verneint werden können: „Im Ergebnis kann für die Gesellschaften der Firmengruppe … der KMU-Status 18 nicht verneint werden, solange keine Rechtssicherheit über die Fragen eines „dominanten Einflusses einer Gruppe von gemeinsam handelnden natürlichen Personen“ und einer „teilweisen Tätigkeit in demselben Markt oder benachbarten Märkten“ vorliegt. Auch wenn nach der inzwischen ergangenen EuGH-Entscheidung vom 27. Februar 2014 in der Rechtssache C-110/13 eine Gruppe gemeinsam handelnder Personen zu bejahen sein könnte, muss nach unsere Auffassung insbesondere eine Zusammenrechnung im o.g. Sinne unterbleiben, wenn die Gesellschaften im Einzelfall in unterschiedlichen Märkten tätig sind…“. Der Sprecher der Geschäftsleitung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt teilte unter anderem mit, dass der KMU-Status für die Firmengruppe Schloss Neugattersleben im Hause der Investitionsbank bereits ab April 2009 nicht mehr anerkannt worden sei. Diese Einschätzung sei durch das MW mitgetragen worden. Ab diesem Zeitpunkt seien Förderungen an Unternehmungen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben nur im Rahmen von solchen Förderprogrammen bewilligt worden, bei denen die KMUEigenschaft keine Fördervoraussetzung ist, bzw. seien die für nicht KMU-Unternehmen reduzierten Fördersätze gewährt worden. Die Investitionsbank habe bei Bewilligungen von Förderungen ab April 2009 in ihren Entscheidungsvorlagen an die für Förderungen der Investitionsbank zuständigen Entscheidungsträger die Einordnungen der betreffenden Unternehmen als Nicht-KMU dargestellt. Soweit neben der Investitionsbank auch die IBG Finanzierungen für die betreffenden Unternehmen gewährt habe, habe die IB auf den dortigen Entscheidungsprozess keinen Einfluss genommen und sei auch nicht eingebunden gewesen. Der Abteilungsleiter 3, der Referatsleiter 31 und der Leiter des Referates Bürgschaften und Finanzierungshilfen (Referat 34) teilten mit, dass sie erst im Zuge des Prüfberichts des LRH über die Aberkennung des KMU-Status durch die Finanzverwaltung informiert worden seien. Der Leiter des Referates 34 teilte zur Förderung der Firmengruppe Schloss Neugattersleben (SNG) unter anderem weiter mit: „Die IBG-Beteiligungen an den Unternehmen der SNG konnten Anfang 2015 im zweistelligen Millionenbereich zurückgeführt werden. Ein wesentlicher Baustein für dieses positive Ergebnis waren die von der IBG im 1. Halbjahr 2012 ausgereichten Beteiligungen … Dadurch konnten die Unternehmen/Arbeitsplätze der SNG gefestigt, die Werthaltigkeit der Bestandsbeteiligungen gesichert und die Exit-Strategie weiterverfolgt werden. Der KMUStatus der Einzelunternehmen bzw. der Gruppe war in diesem Zusammenhang von untergeordneter Bedeutung, da eine Ausreichung EU-rechtlich auch an Nicht-KMU vertretbar war und es keine Alternative zu den Ende 2011 bzw. Anfang 2012 im BTA getroffenen Entscheidungen gab. Sofern die IBG in diesem Zeitraum keine Beteiligungen ausgereicht hätte, hätte dieses zur Insolvenz der gesamten SNG führen können, einhergehend mit dem Verlust von hunderten von Arbeitsplätzen und dem Totalausfall der IBG-Beteiligungen im zweistelligen Millionenbereich, da stille bzw. offene Beteiligungen, anders als Kredite, nicht mit Sicherheiten unterlegt sind. Rückforderungen analog den Regelungen im Zuschussgeschäft sind ebenfalls nicht möglich.“ 19 Ein Referent aus der Abteilung 3 teilte unter anderem zum Themenkomplex mit, dass der nach Ansicht des Finanzamtes Magdeburg I fragliche KMU-Status nicht Gegenstand der Diskussionen im Aufsichtsrat der IGB gewesen sei. Er sei durch den Geschäftsführer erwähnt aber als beherrschbar dargestellt worden. Bereits zurückgezahlte Fördergelder der EU seien frei von Restriktionen und aus diesem Grund für die Förderung weiterhin verwendbar gewesen. Dieser Sachverhalt sei ihm erst im Sommer 2010 bekannt geworden. Von einer Aberkennung des KMU Status durch das FA Magdeburg als feststehende Tatsache sei nie gesprochen worden. Bei der Förderung im Juni 2011 habe es sich nicht um eine herkömmliche Investition, sondern um eine Zahlung an die Schlossgruppe gehandelt, um die finanzierenden Banken zu veranlassen, der Aufhebung des Haftungsverbundes zuzustimmen. Dass ein solcher Verbund bestand, sei im Aufsichtsrat bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Eine Zustimmung des Aufsichtsrates zu seiner Begründung habe es nie gegeben. Zwei Gesellschaften des Verbundes hätten so hohe negative Ergebnisse erwirtschaftet, dass dadurch alle anderen Gesellschaften und damit ca. 1100 Arbeitsplätze gefährdet gewesen seien. Er habe gegenüber seinem damals zuständigen Abteilungsleiter nach jeder Sitzung Bericht erstattet, der ihm zugesagt habe, die Hausleitung regelmäßig zu informieren. Herr StS a.D. Dr. Stegmann führt dazu aus, er habe regelmäßig Gespräche mit Abteilungsleitern zu Themen aus deren Zuständigkeitsbereich geführt. Er könne nicht ausschließen, dass das Thema IBG bei diesen Gesprächen nicht behandelt wurde. Detailfragen, wie KMU-Status von Unternehmen, seien ihm aber nicht erinnerlich. d) Fazit im Lichte der von Minister Bullerjahn am 25. Juni 2015 veranlassten Prüfung Die Förderung von Unternehmen der Firmengruppe Schloss Neugattersleben als NichtKMU war rechtmäßig und geboten; sie hat viele Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt gesichert. Letztendliche Feststellungen erfolgen durch das MW. Trotzdem wird angeregt, folgende Maßnahmen zu ergreifen: Schaffung von mehr Rechtssicherheit: Zukünftig sollte durch das MW aus hiesiger Sicht zur Vermeidung ähnlich gelagerter Fälle im Regelwerk der IBG die Möglichkeit geschaffen werden, bei Verwendung von Mitteln aus dem Innovationsfonds oder des Risikokapitalfonds I von den Beteiligungsgrundsätzen in besonders begründeten Einzelfällen im Landesinteresse abzuweichen. Die Entscheidungskompetenz über derartige Einzelfälle sollte dem Aufsichtsrat vorbehalten sein. Erweiterung der Mitteilungspflichten der Steuerverwaltung zu KMU: Die Steuerabteilung wird gebeten zu prüfen, ob eine Mitteilungspflicht an die IBG in die BPKartei aufgenommen werden kann, um zukünftig divergierende Einschätzungen zwischen der IBG und der IB aufgrund einer unterschiedlichen Informationsgrundlage zu vermeiden, die es in den vorgenannten Beteiligen bezüglich KMU-Status nicht gab. Weitere Überprüfungen: Über die bereits von der EU-Verwaltungsbehörde vorgenommenen Überprüfung der aktiven Beteiligungen der IBG aus dem 20 Risikokapitalfonds II ist eine Überprüfung der vom Landesrechnungshof weiteren genannten und aller übrigen aus dem Innovationsfonds und dem Risikokapitalfonds I seit 2009 (Abrechnung des RKF I) finanzierten Beteiligungen auf die Kriterien KMUStatus und Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) zu veranlassen. Die Ergebnisse dieser Überprüfung bleiben abzuwarten. 5 Gesamtfazit Nach der ausführlichen Untersuchung der drei Themenbereiche in dieser Stellungnahme in Auswertung der vorliegenden LRH-Prüfberichte und der Aussagen der befragten Personen sind keine erheblichen Mängel feststellbar. Bei einer detaillierten Betrachtung der Abläufe ist jedoch zu erkennen, dass zukünftig transparentere Entscheidungen in den aufgeführten Themenbereichen herbeigeführt werden sollten. Tatsächliche Verständigungen werden zukünftig grundsätzlich schriftlich dokumentiert. Dies verbessert die Transparenz des Verwaltungshandelns und erhöht die Rechtssicherheit der getroffenen Entscheidung. Ferner wird derzeit geprüft, ob ein rechtlich zulässiger Austausch von im Besteuerungsverfahren gewonnener Informationen zum KMU-Status von Unternehmen stattfinden darf. Zudem sollte zukünftig beim Eingehen einer Landesbeteiligung an einem Unternehmen unter Abweichung von den Beteiligungsrichtlinien eine entsprechende Dokumentation der Gründe erfolgen. Im Vorfeld sollte das für das operative Geschäft der IBG zuständige MW im Regelwerk der IBG die Möglichkeit schaffen, in begründeten Ausnahmefällen in besonderem Landesinteresse diese Abweichung auch ausdrücklich zu ermöglichen. Jenseits dieser aus der Stellungnahme entwickelten Konsequenzen für das künftige Verwaltungshandeln sind auf Grundlage dieses Berichtes keine Gründe ersichtlich, gegen einzelne beteiligte Personen dienstrechtliche Maßnahmen zu eröffnen. Alle handelnden Personen haben im Rahmen der gesetzlichen Regelungen agiert und keine rechtswidrigen Entscheidungen herbeigeführt. Außerdem ist in allen Erklärungen deutlich geworden, dass es keine politische Einflussnahme auf Entscheidungen gab. Entsprechende Vorwürfe wurden bzw. werden erhoben, weil voreilig und ohne eine eingehende Untersuchung durch Teile der Medien und durch einige Abgeordnete bereits frühzeitig eine öffentliche Vorverurteilung des Verwaltungshandelns stattgefunden hat. Der dadurch entstandene Schaden ist immens. Insbesondere auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Steuerverwaltung hat dadurch großen Schaden genommen. Die in einer öffentlichen Kampagne gegen das Ministerium der Finanzen und die nachgeordneten Bereiche, zuvorderst aber gegen Minister Jens Bullerjahn, wiederholt veröffentlichte Kritik, dass zugunsten eines befreundeten Unternehmers mit politischem Druck rechtswidrig Vorteile verschafft wurden, entbehrt jeglicher Grundlage und ist damit unbegründet. Bei der im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehenden Frage, inwiefern vorliegend eine politische Einflussnahme der Hausleitung des MF gegeben ist, stellt der LRH zu 21 Recht selbst in seiner Prüfungsmitteilung fest, dass eine solche Beeinflussung nicht nachweisbar ist. Die im Raum stehenden Mutmaßungen einer politischen Einflussnahme sind von allen am Verfahren beteiligten Personen schriftlich eindeutig zurückgewiesen worden. Die Auffassung, die bloße Teilnahme eines Ministers oder eines Staatssekretärs an Gesprächen als Einflussnahme zu werten, ist falsch. Vielmehr sollten politisch Verantwortliche ansprechbar sein für Anregungen, Fragen und Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmerinnen und Unternehmern, Abgeordneten, Vereinen und Verbänden. Deutlich wird diese Aufgabe durch die Anzahl der Kontaktaufnahmen. Allein seit Januar 2015 ist Minister Bullerjahn in 108 Fällen auf Angelegenheiten aus dem Aufgabenbereich seines Ressorts angesprochen worden, so beispielsweise auf Förderungen aus den bekannten STARK-Programmen, Liquiditätshilfe für Kommunen, die Förderung von Vereinen, auch auf konkrete Steuerfälle und Unterstützungen von Unternehmen. Im Zusammenhang mit der aktuellen öffentlichen Diskussion stellt sich derzeit allerdings die Frage, wie zukünftig mit diesen umfangreichen Gesprächs- und Handlungsnachfragen umzugehen ist. Die Entscheidungsträger in den verschiedenen Ebenen der Verwaltung Sachsen-Anhalts werden zukünftig noch reiflicher abwägen, ob in Fällen mit Ermessensspielraum eine im Rahmen der Gesetzgebung noch vertretbare wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung oder aber eine rechtlich absolut sichere Entscheidung, die sich jedoch im Zweifelsfall zu Ungunsten des Steuerpflichtigen, der Unternehmen und damit auch der Arbeitsplätze auswirkt, getroffen wird. Auch die Vorsteherinnen und Vorsteher der Finanzämter des Landes Sachsen-Anhalt beklagen in diesem Zusammenhang das öffentliche Inabredestellen einer guten Zusammenarbeit der Ämter mit der Oberfinanzdirektion. Ein weiterer wichtiger Aspekt der öffentlich geführten Diskussion ist die Verletzung des Steuergeheimnisses. Was in dem vorliegenden Fall an vertraulichen Informationen in der öffentlichen Debatte stand, ist mit dem Steuergeheimnis nach § 30 AO nicht vereinbar. Eine Kultur der Verletzung rechtlicher Grundsätze ist nicht hinnehmbar! Die zwingend gebotene Wahrung des Steuergeheimnisses brachte das Finanzministerium in den vergangenen Wochen in die Situation, auf die einseitig öffentlich gewordenen Prüfungsfeststellungen des Landesrechnungshofes reagieren zu müssen und dabei gleichzeitig das Steuergeheimnis zu wahren. Kein Mensch möchte seine steuerliche Situation, die er im Vertrauen auf das Steuergeheimnis auf Grund seiner gesetzlichen Verpflichtung der Steuerverwaltung offenbart hat, in den Medien diskutiert sehen. Durch die Veröffentlichung von wesentlichen Inhalten der vertraulichen Prüfungsmitteilung des LRH ist zudem der öffentliche Eindruck entstanden, dass die rechtliche Auffassung des Rechnungshofs die einzig richtige und vertretbare ist. Mit der vorliegenden Stellungnahme trägt das MF nun dazu bei, ein Gesamtbild darzustellen. Prüfungen des Landesrechnungshofes gehören in Sachsen-Anhalt seit nunmehr 25 Jahren zur Normalität und tragen auch dazu bei, die Qualität der Verwaltungsarbeit stetig zu verbessern. Eine sachliche und effektive Kontrolle unserer Arbeit ist ausdrücklich erwünscht! 22