Fünfundzwanzig Jahre DRK-Hausnotruf. Eine Dokumentation.
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Fünfundzwanzig Jahre DRK-Hausnotruf. Eine Dokumentation.
Fünfundzwanzig Jahre DRK-Hausnotruf. Eine Dokumentation. 1. Auflage 2006 Deutsches Rotes Kreuz Generalsekretariat Autor Jörg Marx Inhalt Ziel und Vorgehen der Dokumentation 4 „Eine gewisse Stolpergefahr“ – erste Gehversuche des Hausnotrufs in Deutschland (1973 - 1980) 5 „Ein Sprung ins kalte Wasser“ – DRK-Kreisverbände wagen den ersten Schritt (1981 - 1983) 7 „Kein Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen“ – Zurückhaltung in Bonn (1984 - 1988) 17 „Aber auch keine Notrufsäule“ – zwischen Anspruch und Wirklichkeit (1989 - 1995) 29 „Die Feuerwehr musste das Schloss aufbrechen“ – vom Hausnotruf zum Serviceruf (1996 - 2002) 35 „Ungewöhnliche Methoden“ – Bundesmarketingkonzept macht dem Hausnotruf Beine (2003 - 2006) 43 Die technische Entwicklung des Hausnotrufsystems ging von Bosch aus Sebastian Seibt, Bosch Sicherheitssysteme 59 Ziel und Vorgehen der Dokumentation Aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des DRK-Hausnotrufs und des 100.000sten DRKHausnotrufkunden im Jahr 2006 wird die Geschichte des DRK-Hausnotrufs von der im Jahr 1973 beginnenden Vorgeschichte bis zu den Jubiläumsfeierlichkeiten im September 2006 dokumentiert. Die Dokumentation erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die 125 Etappen der Geschichte des DRK-Hausnotrufs haben vielmehr exemplarischen Charakter. Sie vermitteln einen Eindruck vom Wandel der mit dem Hausnotrufdienst verbundenen individuellen Bedürfnisse, sozialpolitischen Visionen, gesellschaftlichen Diskussionen, wissenschaftlichen Ergebnissen, technischen und wirtschaftlichen Lösungen. Die Geschichte des DRK-Hausnotrufs ist eine Erfolgsgeschichte, aber sie ist keine geradlinige Entwicklung. Für die Dokumentation wurden rund 5.000 Seiten Akten ausgewertet und die einschlägige Literatur gesichtet. Die jeweiligen Literaturangaben sind im Text angegeben. 25 Landes- und Kreisverbände, die ersten, die einen Hausnotrufdienst eingerichtet haben, wurden angeschrieben. Für Material und Auskunft bedanke ich mich bei Hanne Führer vom DRK-Kreisverband Dithmarschen, Gaby Göbig-Fricke vom DRK-Kreisverband Mainz, Erika Görge von der Firma Bosch, Dieter Goller vom BRK-Kreisverband Nürnberg, Stefan Hartig vom DRK-Kreisverband Rudolstadt, Elvira Kaulitzki und Linda Pilz vom BRK-Kreisverband Landshut, Konrad Segeler vom DRK-Kreisverband Münster, Michael Stein vom BRK-Kreisverband Würzburg, Anneke Vögele vom DRK-Kreisverband Böblingen sowie Petra Weingärtner und Irene Rückert vom DRK-Generalsekretariat. In der Dokumentation werden DM- Angaben durchgehend im Verhältnis 1: 2 in Euro umgerechnet und können zurückgerechnet werden. In den Akten finden sich an einigen Stellen widersprüchliche Zahlen, insbesondere im Hinblick auf die Teilnehmerentwicklung. Im Zweifelsfall werden die vorsichtigeren Zahlen und Schätzungen angegeben. Bei widersprüchlichen Angaben zur Datierung wird grundsätzlich auf das zeitnaheste Dokument mit Quellenangabe zurückgegriffen. Einige Werbematerialien konnten nicht eindeutig einem Verband und/oder einem Erscheinungsjahr zugeordnet werden. Die Dokumentation hält sich an den chronologischen Ablauf. Die Chronologie der DRK-Hausnotruf-Geschichte wird in sechs Phasen eingeteilt: (1.) In der Vorgeschichte 1973 bis 1980 dominiert die Suche nach einer technischen Lösung. (2.) Die Anfänge 1981 bis 1984 gestalten sich vor allem als finanzieller Kraftakt verschiedener Kreisverbände. (3.) Mit zunehmender Ausbreitung gerät der Hausnotruf 1984 bis 1988 in die gesellschaftspolitische Kritik. (4.) Der politischen Durchsetzung folgt 1989 bis 1995 das Verankern von Standards vor dem Hintergrund der Diskussion um die Pflegeversicherung. (5.) Unter dem Stichwort »Serviceruf« richtet sich der Fokus 1996 bis 2002 auf die Bedürfnisse der Hausnotrufteilnehmer. (6.) Die zunehmende Komplexität von Hausnotrufdiensten verlangt neue, vernetzte Formen der Organisation und des Informationsmanagements, wie sie das DRK-Bundesmarketingprojekt seit 2003 umsetzt. 25 Jahre Hausnotruf „Eine gewisse Stolpergefahr“ – erste Gehversuche des Hausnotrufs in Deutschland (1973 - 1980) Ausgangspunkt des Hausnotrufs in Deutschland ist das soziale Modell der Telefonkette. Die Umsetzung in ein technisches Modell scheitert anfangs an Stolperdrähten. Auch bieten „Zugschnur“ und „Beruhigungslampe“ keine erfolgversprechende Lösung. Geburtsort des ersten einsatzfähigen Hausnotruf- Systems für die Bundesrepublik wird 1979/80 das St. Willehad-Hospital in Wilhelmshaven, woran auch der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner seinen Anteil hat. 1973 In der Bundesrepublik werden erstmals Telefonketten für allein stehende Senioren organisiert. Sie bilden gewissermaßen das Urmodell für den Hausnotruf. Am St. Willehad-Hospital in Wilhelmshaven stellt der damalige Krankenhausdirektor Wilhelm Hormann 40 Teilzeitkräfte für die ambulante Außentätigkeit ein, die täglich bis zu 80 ältere und kranke Menschen versorgen. Um mobil zu sein, werden die Autos und Fahrräder der Mitarbeiter mit Funk ausgestattet. 1974 Am 28. März wird die bundesweit erste Sozialstation an einem Krankenhaus in Wilhelmshaven der Öffentlichkeit vorgestellt. 1975 Auf der Suche nach geeigneten Funktechnologien für den Wilhelmshavener ambulanten Dienst nimmt Wilhelm Hormann Kontakt mit der niederländischen Firma Nira auf, um für die Bundesrepublik erstmals ein Hausnotrufsystem zu entwickeln. Es beginnt ein Kampf um Geld und Funkfrequenzen. Durch Vermittlung des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner kommt in Bonn Bewegung in die Sache. 1977 Im Bonner Forschungsministerium kommt es zu ersten Gesprächen über die Entwicklung eines Hausnotruf- Systems. In Brühl bei Köln wird das Notrufgerät »Delta 7« mit 12 Teilnehmern getestet. Die Erfahrungen sind nicht gut: Das tragbare Notrufgerät ist verkabelt, und es besteht für den Teilnehmer „eine gewisse Stolpergefahr“. 25 Jahre Hausnotruf 5 Juli Wilhelm Hormann stellt am 18. Juli beim Bundesministerium für Forschung und Technologie einen Antrag für ein technisches Konzept eines Hausnotruf- Systems. Der Titel des Antrags: „Entwicklung, Errichtung und Erprobung eines Technischen Kommunikationssystems (Hausnot-Ruf) in Arbeitsteilung mit der AEG-Telefunken (Entwicklung der Nachrichtentechnischen Systembausteine) und dem St. Willehad-Hospital Wilhelmshaven als Anwender (Funktionale Entwicklung des Systems und dessen praktische Erprobung), basierend auf der langjährigen, umfangreichen Tätigkeit in diesem Bereich, Verbessern der Sozialen Dienste durch gesteigerte Effektivität, Schaffung von Sicherheit und dadurch Wiedermobilisierung der Familie zur Selbsthilfe, subsidiäre Unterstützung mit verbesserten, technischen Kommunikationsmitteln, Optimierung der Arbeitsbedingungen caritativer Hilfsorganisationen sowie Erleichtern und Verbessern der Nachbarschaftshilfe”. 1979 In einem weiteren Feldversuch von »Delta 7« mit 35 Teilnehmern in Neu-Isenburg wird der Einsatz eines mit dem Telefon verbundenen „kabellosen Notfallgeräts“ getestet. Statt Funk denkt man auch an Infrarot oder Ultraschall für die Notrufübertragung. Quittiert wird der Notruf mittels eines „gespeicherten Textes einer Tonbandkassette“. In der Zentrale arbeiten „vom Arbeitsamt zugewiesene und teilfinanzierte schwer behinderte und schwer vermittelbare Personen, in einem 14-tägigen Lehrgang geschult“. Die Teilnehmerkosten betragen umgerechnet 30 Euro im Monat oder 1.000 Euro Kaufpreis. März In Bonn wird der Wilhelmshavener Antrag bewilligt: Im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie wird im St. Willehad-Hospital ein Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der AEG ab März durchgeführt. Ziel ist es, „gesundheitlich Gefährdeten, insbesondere allein lebenden und älteren Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Möglichkeit zu geben, im Notfall schnell Hilfe herbeizuholen“. 1980 Vom 26. bis 27. Februar findet auf Wunsch des Bundesministeriums für Forschung und Technologie ein internationales Symposium über die »Probleme bei der Betreuung älterer, alleinlebender und behinderter Menschen« mit 120 Teilnehmern im St. Willehad-Hospital in Wilhelmshaven statt. Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen mit geplanten und bereits im Feldversuch erprobten Hausnotruf- Systemen. Berichtet wird über die Versuche mit der »Alarmanlage Nira« in England, mit dem System »Delta 7« in der Bundesrepublik und in Frankreich, über das in der Schweiz geplante System »Adia Santé«, über die Erfahrungen mit dem Sicherheitstelefon der Firma LM Ericsson in Schweden und Dänemark seit 1978 und über das Forschungsprojekt im Zusammenarbeit mit der AEG im St. Willehad-Hospital (vgl. Wilhelm Hormann, Hausnotruf-Systeme. Kommunikationstechnologie im Dienst am Menschen, Wilhelmshaven 1980). Während des Symposiums werden von der Firma AEG die ersten Prototypen einer Hausnotrufzentrale und einer Hausnotrufteilnehmerstation vorgestellt. Der mittelfristige Bedarf wird auf 1,5 Teilnehmer pro 1.000 Einwohner geschätzt. Einige Landes- bzw. Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes denken nun erstmals über den Einsatz von Hausnotruf- Systemen nach. Es gibt jedoch Vorbehalte wegen der hohen Investitionskosten und der ungesicherten Finanzierung. 6 „Ein Sprung ins kalte Wasser“ – DRK-Kreisverbände wagen den ersten Schritt (1981 - 1983) Technik ist das eine, Finanzierbarkeit das andere. Mögen die Apparaturen von damals heute monströs wirken, die Finanzzahlen waren es schon vor 25 Jahren. Dabei muss man in Rechnung stellen: 1981 liegt das Einkommen von 74 Prozent aller Haushalte allein lebender und älterer Frauen unter umgerechnet 700 Euro im Monat (bei den Männern sind es 49 Prozent), bei 42 Prozent sogar unter 500 Euro im Monat (bei den Männern sind es 21 Prozent). Der Regelsatz der Sozialhilfe beträgt umgerechnet 170 Euro plus Kosten der Unterkunft. An einen kostendeckenden Betrieb eines Hausnotruf- Systems ist da nicht zu denken. Die tatsächlich erhobenen monatlichen Teilnehmergebühren zwischen umgerechnet 36 und 55 Euro gehen an die Grenze. Die Kostenbeteiligung der Sozialhilfe ist damals auch noch offen und wird von den Sozialämtern sehr unterschiedlich (von regelmäßiger Ablehnung in Wilhelmshaven bis zu großzügiger Bewilligung in einigen bayerischen Landkreisen) gehandhabt. Trotz aller finanziellen Unwägbarkeit schultern einige DRK- Kreisverbände das Risiko und machen den ersten Schritt hin zu einem eigenen DRK-Hausnotruf- System. 1981 Das Hausnotruf-System der Firma AEG wird in einer Ausstellung während der Heidelberger Tagung »Hilfen für die Familie« innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes erstmals präsentiert. April In der Fachzeitschrift »Altenpflege« erscheint im April ein Beitrag „Funkbetätigte Alarmsysteme, Schutz älterer und behinderter Menschen“. Sarah Lomes, stellvertretende Direktorin der britischen »Disabled Living Foundation«, beschreibt darin die in England erprobten Systeme »Aid Call«, »Tye Security« und »Artella«. September Am 8. September meldet die »Berliner Morgenpost« anlässlich der Internationalen Funkausstellung in Berlin: „DRK will Patienten telefonisch behandeln und betreuen. Eine der sensationellsten Neuigkeiten zeigt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Übergang Halle 22/23: einen von der Firma AEG-Telefunken entwickelten 'Haus-Notruf'.“ Und das »Volksblatt-Berlin« berichtet am selben Tag: „Das neuartige Haus-Notrufgerät – in der Größe eines tragbaren Kassetten-Recorders – soll hilfsbedürftigen Menschen den Kontakt nach außen erleichtern.“ 25 Jahre Hausnotruf 7 Das Blatt zitiert Jörg-Michael Bornemann vom Berliner Landesverband: „Mit diesem neuen Notruf-System leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Kostendämpfung. Denn mit dieser Anlage brauchen alte, alleinstehende Menschen nicht mehr über die notwendige Zeit hinaus im Krankenhaus bleiben. So können sie in ihrer gewohnten Atmoshäre von ihrer Krankheit genesen, ohne auf schnelle Hilfe im Notfall verzichten zu müssen.“ Bornemann betont „die seelsorgerische Funktion des Notrufs“ und schließt mit den Worten: „Mit dieser neuen Technik wollen wir Humanität nicht erschlagen.“ Das DRK-Berlin ist nach Aussage der Firma Bosch der erste karitative Verband in Deutschland, der mit auf eine Zentrale aufgeschalteten Hausnotrufteilnehmerstationen (HTS831) beliefert wird. Nach Zeitungsberichten belaufen sich die Kosten pro Notrufgerät auf umgerechnet 1.500 Euro. 1982 wird dann die Hausnotrufzentrale in Vollversion mit Rechner beim Landesverband Berlin installiert, Kostenpunkt 75.000 Euro. Wiederum ein Jahr später nimmt der DRK-Hausnotrufdienst in Berlin offiziell seine Arbeit auf. Nach Unterlagen des DRK-Generalsekretariats wird ebenfalls im Jahr 1981 ein erster Modellversuch für dieses System im Landesverband Bayerisches Rotes Kreuz in Landshut gestartet. Die Resonanz, so berichtet drei Jahre später der Landshuter Oberbürgermeister Josef Deimer seinen bayerischen Kollegen, sei groß gewesen. Die Teilnehmer hätten sich hinterher „ein Leben ohne die Sicherheit des Haus-Notruf-Systems gar nicht mehr vorstellen“ können. 1984 ist es dann so weit: In Landshut startet der BRK-Hausnotrufdienst. Schlagzeilen der Lokalpresse um die Eröffnung der DRK-Hausnotrufzentrale Dithmarschen 1982-1984 8 25 Jahre Hausnotruf 1982 Das Hausnotruf-System der Firma AEG wird mit dem Frankfurter Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet. März Am 15. März wird im Bayerischen Roten Kreuz Bezirksverband Schwaben mit Unterstützung der „Kartei der Not“, einer Einrichtung der Augsburger Allgemeinen Zeitung, erstmals für eine Region ein Hausnotruf-System mit 30 Teilnehmern im Modellversuch eingerichtet. Die Anlage kostet umgerechnet 125.000 Euro, jede Teilnehmerstation 2300 Euro. Nach Ablauf des Modellversuchs am 31.03.1983 liegen die Teilnehmerkosten bei umgerechnet 36 Euro im Monat. Juli Der Kreisverband Dithmarschen bereitet die Einrichtung einer DRK-Hausnotrufzentrale in Heide vor. „Wir wollen mit 30 oder 40 Geräten anfangen“, erklärt der stellvertretende Kreisvorsitzende Franz-Josef Böning der Lokalpresse. Neben Finanzierungsanträgen bei Kreis und Land stellt der Kreisverband im Juli beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit einen Antrag auf Modellförderung für den ländlichen Bereich. Die Kosten für den geschätzten Gesamtbedarf von 200 Teilnehmern belaufen sich auf umgerechnet 414.000 Euro. September 25 Jahre Hausnotruf Am 10. September wird im DRK-Generalsekretariat zu Hausnotruf-Systemen eine Liste von „Bedenken und offenen Fragen“ erstellt. Darin heißt es: „Technik kann keine Lösung oder Ersatz für fehlende zwischenmenschliche Kontakte sein. Wir beobachten mit Sorge die zunehmende Technisierung sozialer Hilfsangebote. Eine Zunahme der finanziellen Belastungen auf dem Sozialhilfe-Sektor kann weder für die Wohlfahrtsverbände noch für die öffentlichen Träger ein verfolgenswertes Ziel sein. […] Die Notrufsysteme sind nur in Verbindung mit anderen Hilfsangeboten (ambulante soziale Dienste, Notfalldienste u.a.) sinnvoll. Notrufsysteme sind in gewissem Maß unpersönlich und damit dem methodischen Vorgehen in der Sozialarbeit abträglich. Erfahrungen in 120 Städten der USA haben gezeigt, dass 35 - 80 Prozent der Teilnehmer die Systeme nicht akzeptieren (lt. Prof. L. Lowy, Boston, auf dem XII. Internationalen Kongress für Gerontologie 1981 in Hamburg).“ Bedenken bestehen auch wegen der hohen Investitions-, Betriebs und Personalkosten. Die Investitionskosten für die Zentrale werden mit umgerechnet 8.500 bis 80.000 Euro, für die Teilnehmerstation mit 1.300 bis 2.000 Euro angegeben. 9 Die Bundespost lässt durch das Marktforschungsinstitut »Socialdata« den Bedarf und die Einsatzmöglichkeiten von Hausnotruf-Systemen untersuchen. Das Deutsche Rote Kreuz wird zu „Experten-Gesprächen“ am 16. und 17. September in Nürnberg sowie am 28. und 29. September in Köln eingeladen. Die Bundespost möchte das Komfort-Telefon »alpha« als ein weiteres Angebot in diesem Bereich auf den Markt bringen. Im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung in Baden-Württemberg wird am 23. September ein weiterer Modellversuch mit wissenschaftlicher Begleitforschung im Kreisverband Pforzheim/ Enzkreis gestartet. Bis Ende Dezember werden 17 Teilnehmer angeschlossen. Die monatlichen Kosten für jeden Teilnehmer betragen umgerechnet 43 Euro. Erste Planskizze aus dem Jahr 1982 zur Einrichtung des Hausnotrufdienstes im DRK-Kreisverband Mainz-Bingen 10 25 Jahre Hausnotruf November Im November nimmt der Kreisverband Starnberg ein Hausnotruf-System in Betrieb. Bei erheblicher Fluktuation sind bis Juni 1983 39, bis Januar 1984 131 Teilnehmer in Starnberg angeschlossen: Das Durchschnittsalter ist 74 Jahre. Fünf Prozent der Teilnehmer sind Sozialhilfeempfänger. Bei 30 Prozent der Teilnehmer wurde ein Heimplatz gespart. Der kostendeckende Preis je Teilnehmer würde bei umgerechnet 76 Euro liegen, der tatsächliche erhobene Teilnehmerbeitrag beträgt 48 Euro. 1983 Ende Januar nehmen 21 Personen am Probelauf des Hausnotruf-Systems ANT (bis dahin AEG) im Kreisverband Pforzheim/Enzkreis teil. Die monatlichen Teilnehmerkosten betragen umgerechnet 45 Euro zuzüglich der einmaligen Installationskosten in Höhe von 24 bzw. 32 Euro (ab September 1983) an die Deutsche Bundespost. Bis Ende Mai werden im dortigen Modellversuch 15 medizinische Notrufe und 200 „Sozialrufe“ wie Gesprächswünsche, Ratsuche und Hilfeersuchen ausgelöst: „Dass der Notruf nicht selten auch für diese Anliegen benutzt wird, war für das DRK eine unerwartete Erfahrung“, heißt es im Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung. Als Kommunikationsmittel sei das Hausnotruf-System aber zu teuer, so das Fazit. Auf dem Markt erhältliche Telefonvarianten wie das »Alpha-Telefon« (umgerechnet 350 Euro) oder das Telefon für Behinderte der Firma Vitaphon (607 Euro) seien für diesen Zweck besser geeignet und ausreichend. Es wird aber betont, dass „die Einsatzmöglichkeiten steigen, wenn das Hausnotrufsystem in ein leistungsfähiges Netz ambulanter Dienste und Nachbarschaftshilfen eingebunden ist.“ Weiter heißt es im Bericht: „Die Frage, ob durch den Hausnotruf die Gefahr besteht, dass soziale Beziehungen eher gelockert werden, kann verneint werden.“ Im Gegenteil würde das Hausnotruf-System familiäre und nachbarschaftliche Beziehungen entlasten. „Man ist eine ständige Sorge los und dadurch in den Beziehungen freier.“ Ein weiteres Ergebnis der wissenschaftlichen Begleitforschung: „Die durch das Hausnotrufsystem effektiv ersparten Heimaufenthalte betragen im Modellversuch im Durchschnitt pro Teilnehmer und Jahr 1,9 Monate. [Dies ergibt] eine Ersparnis von Sozialhilfeaufwendungen von ca. 18.000 DM pro Jahr bei 20 Teilnehmern.“ Die kostendeckenden Teilnahmegebühren von umgerechnet 65 Euro im Monat seien aber von den Teilnehmern in der Regel nicht aufzubringen. Die Kosten müssten durch öffentliche Mittel und Spenden gesenkt werden. 25 Jahre Hausnotruf 11 Den Bedarf von Hausnotruf-Systemen korrigiert der Bericht gegenüber Berechnungen im Wilhelmshavener Forschungsprojekt drastisch nach unten: „Der Bedarf dürfte mittelfristig bei 0,25 bis 0,5 Teilnehmern pro tausend Einwohner liegen.“ (vgl. R. Weeber und H. RossbachLochmann, Hausnotruf. Modellversuch zur Einführung eines Hausnotrufsystems im Enzkreis und der Stadt Pforzheim. Bericht über die wissenschaftliche Begleitung, Stuttgart 1983) März/ April Im Frühjahr werden Hausnotruf-Systeme in den Kreisverbänden Mainz-Bingen (03.03.), Nürnberg-Stadt (15.03.), Böblingen (01.04.), München (15.04.) und Kreuznach (27.04.) eingerichtet und in Betrieb genommen. In der Rettungsleitstelle Mainz-Bingen wird das „Telefon-Notrufsystem für ältere und behinderte Menschen“ in einem von der Landesregierung mit umgerechnet 115.000 Euro unterstützten Pilotprojekt in Betrieb genommen. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt in Rheinland-Pfalz übernimmt auch die ersten Werbemaßnahmen für den Hausnotrufdienst. Die Broschüre »Im Alter sicher daheim« wird landesweit verteilt. Die Einrichtung der Zentrale in Mainz kostet umgerechnet 93.000 Euro, jedes Teilnehmergerät nochmals 2.300 Euro. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten sind ein Jahr später, im März 1984, 31 Teilnehmer an die Mainzer Notrufzentrale angeschlossen. Die Nürnberger Notrufzentrale, die auch die Kreisverbände Erlangen, Fürth und Nürnberger Land versorgt, startet mit zehn Teilnehmern. Bereits im Juni sind 30 Teilnehmer aufgeschaltet. Die Teilnehmerkosten liegen bei umgerechnet 45 Euro im Monat. Direkter Vorläufer des Hausnotrufdienstes in Nürnberg war die im Dezember 1980 gestartete „Telefon-Notfallversorgung“, ein wöchentlicher Anrufdienst für Senioren (monatlicher Beitrag umgerechnet 18 Euro). Eine der ersten Hausnotrufteilnehmerinnen in Böblingen heißt Käthe Drobeck. „I gebs nemme her“, lautet ihr Fazit schon nach wenigen Tagen. Die Lokalzeitungen machen den Satz zur Schlagzeile der Berichterstattung über den DRK-Hausnotruf in Böblingen. 12 25 Jahre Hausnotruf Juni Im Juni sind neben den neun DRK-Hausnotrufen mit insgesamt rund 170 Teilnehmern weitere sechs Hausnotrufdienste in der Bundesrepublik in Betrieb: • Nach dem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der AEG nimmt das St. Willehad-Hospital bereits im Mai 1981 seinen Hausnotrufdienst in Wilhelmshaven offiziell auf. Die monatlichen Teilnehmerkosten betragen umgerechnet 31 Euro. • Der größte Hausnotrufdienst mit 200 Teilnehmern wird seit August 1982 vom Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe im Auftrag der Stadtverwaltung in einem zweijährigen Modellversuch organisiert. Die monatliche Teilnehmergebühr beträgt in Frankfurt am Main umgerechnet 63 Euro. • Der Transport- und Rettungsdienst der Firma Münstermann betreibt in Gießen seit Oktober 1982 einen Hausnotrufdienst. • Im November 1982 richtet der Arbeiter-Samariter-Bund seine ersten beiden Hausnotrufdienste in Köln mit 25 und in Wiesbaden mit 39 Teilnehmern ein. Die Teilnehmerkosten belaufen sich auf umgerechnet 32 bzw. 51 Euro im Monat. In Köln übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen zu 90 Prozent die Finanzierung der Zentrale und der Teilnehmerstationen. • Der Caritasverband startet seinen ersten Hausnotrufdienst im Januar 1983 in Mönchengladbach. Erster Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Mainz-Bingen 13 DRK-Präsident Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein bei der Eröffnung der DRK-Hausnotrufzentrale in Dithmarschen August Im August werden im Probebetrieb die ersten Teilnehmer an die Hausnotrufzentrale des Landesverbands Berlin angeschlossen. Bis Ende 1984 gibt es in Berlin 110 Teilnehmer. Die Kosten für die Einrichtung des Hausnotrufs in Berlin belaufen sich auf umgerechnet 210.000 Euro und werden aus Mitteln der Klassenlotterie Berlin bestritten. Die monatlichen Teilnehmergebühren betragen umgerechnet 45 Euro. Am 22. August gibt DRK-Präsident Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein den Startschuss für den Notrufdienst im Kreisverband Dithmarschen. „Ein Sprung ins kalte Wasser“ sei das gewesen, berichtet später eine Mitarbeiterin in der Rotkreuz-Zeitung. Die Lokalpresse in Dithmarschen berichtet: „Bei Hertha Markmann in Nesserdeich in der Nähe von Lunden ist der erste Hausnotruf eingerichtet worden. Sie ist die erste Teilnehmerin im Kreis Dithmarschen. Günter Drossard vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und Dieter Lüdemann von der das Gerät produzierenden Firma schlossen die Sendeeinheit in Größe eines Schuhkartons an. Den Netzstecker in die Steckdose und den zweiten Stecker an den von der Post vorbereiteten Anschluss – und schon stand die Verbindung in die Heider Zentrale. Hertha Markmann ging anschließend durchs Haus und probierte die neue Anlage aus. Sogar als sie sich in der Küche befand, war noch Sprechkontakt mit der Notrufeinrichtung in Heide möglich. Die Auslösung funktionierte auch von der ersten Etage aus. Sogar im Garten könne man sich bis zu einem Umkreis von 100 Metern aufhalten, erklärte Drossard, und trotzdem reagiere bei Auslösung des Funkfingers die Station im Haus.” Auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) im Bundestag, antwortet der Parlamentarische Staatssekretär Rawe am 31. August: „Soweit der Bundesregierung bisher Berichte über Versuche mit Hausnotrufanlagen vorliegen, ist zu erkennen, dass derartige Systeme die Situation hilfsbedürftiger Menschen verbessern können. Die Bundesregierung ist daher bestrebt, die Weiterentwicklung der technischen Einrichtungen mit dem Ziel einer Verbilligung zu unterstützen und das Interesse der als Träger in Frage kommenden Verbände und Organisationen an der Nutzung solcher Systeme zu fördern. […] Die Übernahme der teilnehmerbezogenen Kosten eines Hausnotrufsystems kann als Leistung der Sozialhilfe in Betracht kommen, wenn der Hilfesuchende zur Gewährleistung seiner Sicherheit auf ein solches Hilfsmittel angewiesen ist und auch die maßgebenden Einkommens- und Vermögensvoraussetzungen vorliegen.“ (BT-Drucksache 10/341 vom 02.09.1983) 14 25 Jahre Hausnotruf Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Böblingen um 1983 Oktober In Würzburg wird am 1. Oktober die Hausnotrufzentrale im Altenheim Dr. Dahl eingerichtet. „Gesucht werden Männer und Frauen zur ehrenamtlichen Mitarbeit in der Hausnotrufzentrale“, heißt es in einem Aufruf. Und weiter: „Wir erwarten von Ihnen eine abgeschlossene Sanitätsausbildung oder eine Schwesterhelferinnenausbildung. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sollen Montag bis Donnerstag von 18:30 bis 6:00 Uhr, am Freitag von 18:30 bis 8:00 Uhr, am Samstag von 8:00 bis 18:30 Uhr und von 18:30 bis 8:00 Uhr, am Sonntag von 8:00 bis 18:30 Uhr und von 18:30 bis 6:00 Uhr die Bedienung der Hausnotrufzentrale übernehmen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter erhalten eine kleine finanzielle Anerkennung.“ Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Bad Kreuznach um 1983 25 Jahre Hausnotruf 15 November In einem Schreiben des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit vom 21. November wird der Rechtsstandpunkt bestätigt, dass eine Übernahme der Teilnehmerkosten für das Hausnotruf-System nach dem Bundessozialhilfegesetz grundsätzlich möglich ist. Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Böblingen um 1983 Flyer (Innenteil) des DRK-Hausnotrufdienstes Bad Kreuznach um 1983 16 25 Jahre Hausnotruf „Kein Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen“ – Zurückhaltung in Bonn (1984 - 1988) Die ersten Hürden der Finanzierung sind genommen. Immer mehr DRK-Kreisverbände und Landesverbände bieten den Hausnotruf an. Damit gerät der Hausnotruf nun aber auf die politische Bühne. Und die Frage nach der gesamtgesellschaftlichen Bewertung rückt in den Fokus. Der Rückzug des Sozialen wird von Kritikern befürchtet. Auch im DRK stellt man die Frage: „Wollen wir technokratische Ausgestaltung oder zwischenmenschliche Beziehungen stärken?“ Das Bonner Generalsekretariat argumentiert, der Hausnotruf schließe „ein schwaches Glied der Rettungskette“, und gibt dem DRK-Hausnotruf mit einer »Rahmenkonzeption« grundsätzlich Rückendeckung. Gegenüber weitergehenden Forderungen einiger Landesverbände aber hält sich das Generalsekretariat zunächst bedeckt – bis 1988 der erste Flyer auf Bundesebene erscheint. 25 Jahre Hausnotruf 1984 Rund zwanzig DRK-Kreis- und Landesverbände bieten mittlerweile den Hausnotrufdienst an. Januar Aus der Fachabteilung für Sozialarbeit des Generalsekretariats stammt ein Beitrag »Haus-Notruf-Systeme« in der Zeitschrift »Forum« (1/84): „Die Diskussion um 'für und wider' von NotrufSystemen ist im Zusammenhang mit der allgemeinen Diskussion um die Grenzen technologischer Entwicklung einerseits und einer grundlegenden Wandlung von Werten andererseits zu sehen. Von ihrer Konstruktion her bedingen Notruf-Systeme als 'conditio sine qua non' die familiäre, nachbarschaftliche oder professionelle Hilfe. Technische Innovation und mit ihr wirtschaftliches Wachstum sind an bisher nicht gekannte Grenzen gestoßen. Diese bewirken, dass bei ihrem Erreichen ein Umschlagen in das direkte Gegenteil der Absicht stattfindet. Die Ziele (Werte) dieser Gesellschaft, wie Leistung, Erfolg, Fortschritt, Sicherheit u.a. sind von großen Teilen der Bevölkerung in Ziele (Werte) wie Zufriedenheit, Glück, Mitmenschlichkeit, Frieden u.a. gewandelt worden. In diesem Zusammenhang erfahren Notruf-Systeme ihre grundlegende Bewertung. Für die Fortentwicklung sozialer Arbeit sind zwei Feststellungen und eine Frage bzw. deren Beantwortung wichtig: (1.) Sozialpolitische Gesichtspunkte müssen neben den wirtschaftlichen Aspekten gleichrangig beim Ausbau von Hilfesystemen beachtet werden. (2.) Dem Ausbau ambulanter Hilfen (z.B. Pflegedienste, Fahrdienste, Essen auf Rädern) und der Stützung der nachbarschaftlichen Hilfe wird ein Vorrang eingeräumt. Und die Frage: Wollen wir technokratische Ausgestaltung oder zwischenmenschliche Beziehungen stärken?“ 17 Februar Am 6. Februar 1984 nimmt die BRK-Notrufzentrale in Landshut mit fünf Teilnehmern ihren Dienst für den Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz auf. Die Einrichtung der Zentrale kostete umgerechnet 18.500 Euro, jedes Teilnehmergerät 2.250 Euro. 10.000 Euro wurden über die Ludwig-Straßer-Stiftung finanziert. Die übrigen Kosten trägt der BRKKreisverband. Die monatliche Teilnehmergebühr beträgt in Landshut 45 Euro. 1981 war bereits ein erster Modellversuch in Landshut durchgeführt, das System im Jahr zuvor bei der Niederbayernschau vorgestellt worden März 1982 hatte Landshut neben den Städten Coburg und Schweinfurt den Landeswettbewerb »Behindertenfreundliche Gemeinde« gewonnen. Am 21. September des Vorjahres hatte der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß das Preisgeld von umgerechnet 15.000 Euro im Münchner Cuvilliés-Theater überreicht. Im März nun beschließt der Ältestenrat der Stadt Landshut den Gewinn in voller Höhe dem BRKHausnotrufdienst in Landshut zur Verfügung zu stellen. Flyer für den DRK-Hausnotrufdienst um 1984 Im März nimmt DRK-Präsident Dr. Geiger öffentlich Stellung zum Hausnotruf: „Schnelle und gezielte Hilfe für in Not geratene Menschen ist eine der wesentlichen Aufgaben des Roten Kreuzes. Der Rettungsdienst in unserem Land hat sich in den letzten Jahren zu einer modernen und wirkungsvollen Einrichtung entwickelt […]. Ein schwaches Glied der Rettungskette aber war und ist die Notfallmeldung […]. Eine neuartige technische Einrichtung, das sogenannte Hausnotrufsystem, schließt zumindest bei Notfällen in der Wohnung die Lücke. Für kranke, ältere und behinderte Menschen, die in vielen Fällen auf sich selbst gestellt allein in ihrer Wohnung leben ist dieser 'elektronische Schutzengel' der ständige Kontakt zum Roten Kreuz, von dem zu Recht erwartet wird, dass es innerhalb von Minuten zur Stelle ist, wenn es gilt, Menschenleben zu retten. Es kann daher keine Frage sein, dass es Aufgabe des Roten Kreuzes sein muss, diese technische Einrichtung, wenn finanziell irgend möglich, vorzuhalten und sich darum zu bemühen, sie möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen. Es wird ihnen damit Sicherheit gegeben. Wahrlich eine Aufgabe des Roten Kreuzes; es gilt, ein Angebot, eine Möglichkeit der Technik zum Wohle des Menschen einzusetzen. Dass dadurch der Kontakt zum Hilfebedürftigen vielfach erst entsteht, und dass es uns dadurch oft erst möglich wird, auch andere Dienste des Roten Kreuzes anzubieten, ist ein Grund mehr zur Hoffnung, dass möglichst bald und von möglichst vielen Kreisverbänden das Hausnotrufsystem eingeführt wird.“ 25 Jahre Hausnotruf 18 April Die Auswertung einer Befragung des Generalsekretariats zu den Erfahrungen von sieben Kreisverbänden (mit jeweils 25 bis 131 Teilnehmern) mit dem Hausnotrufdienst ergibt im April, „dass das Haus-Notruf-System positiv aufgenommen wurde. Technische Probleme wurden nicht ersichtlich – es gab vielmehr das Gefühl der Sicherheit, wobei der Sprachkontakt große psychologische Bedeutung hat.“ Die Anschaffungskosten für eine Teilnehmer-Station werden mit umgerechnet 2.000 bis 2.300 Euro angegeben, die monatlichen Teilnehmergebühren variieren in den befragten Kreisverbänden zwischen umgerechnet 33 und 55 Euro. Nacht- und Wochenendschichten in den Zentralen werden meistens von geschulten ehrenamtlichen Helfern übernommen, die für eine Schicht umgerechnet sieben Euro erhalten. Mai In einer Stellungnahme vom Mai meldet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bedenken gegen die Förderung von Hausnotruf-Systemen an. „Es wird befürchtet, dass Hausnotrufsysteme zu sehr als technisches Instrument zur Verhinderung von Heimaufnahme eingeführt werden. […] Der Einsatz von Hausnotrufsystemen erscheint allgemein nur dann sinnvoll, wenn eine entsprechende Infrastruktur qualifizierter, sozialer Dienste vorhanden ist. Daher wird unbedingt darauf zu achten sein, dass die Einrichtung von Hausnotrufsystemen nicht als Argument dafür genutzt wird, die Wichtigkeit von ambulanten sozialen Diensten zum Erhalt der Selbständigkeit alter Menschen in Frage zu stellen und die Finanzierung bereits bestehender sowie den Ausbau weiterer Dienste zu vernachlässigen. Hausnotrufsysteme dürfen keineswegs als Alibifunktion dienen, um notwendige stationäre und ambulante Hilfen zu verweigern.“ Auch das Kuratorium Deutsche Altershilfe und die Aktion Sorgenkind äußern Befürchtungen, dass der Hausnotruf als technisches Hilfsmittel zu unpersönlich und dem bisherigen methodischen Vorgehen in der Sozialarbeit abträglich sein könnte. Am 12. Mai startet die »Dithmarscher Landeszeitung/Brunsbütteler Zeitung« die »DLZ/BZ-Aktion Leben retten«: „Mit dieser Aktion soll älteren Menschen, Behinderten und Kranken in Dithmarschen, die sich in einer besonderen Notsituation befinden, geholfen werden. […] Es geht um den Anschluss der zu helfenden Personen an das sogenannte Haus-NotrufSystem, das von einer Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes Dithmarschen in Heide aus für den gesamten norddeutschen Raum gesteuert und bedient wird. Dafür ist die Anschaffung eines Not-Telefons, das wir in Zusammenhang mit unserer Aktion 'Leben retten' in Zukunft der Einfachheit halber DLZ/BZ-Telefon nennen möchten.“ Bis Ende Juli berichtet die Dithmarscher Landeszeitung jeden Samstag auf einer ganzen Seite über den Hausnotruf. Die Aktion, mit Sonderkonten, Sammelbüchsen und Sachspenden von Geschäftsleuten, läuft bis November weiter. 25 Jahre Hausnotruf 19 Juni Juli Im Juni dreht ein Team der ARD im Auftrag des Deutschen Hilfswerks »Aktion Ein Platz an der Sonne« in der DRK-Hausnotrufzentrale Heide im Kreisverband Dithmarschen. Im Juli erscheint der »Erfahrungsbericht. 1 Jahr Hausnotruf« des Kreisverbands Böblingen. Hier sind inzwischen 32 Teilnehmer angeschlossen: 25 Frauen, vier Männer und drei Ehepaare. Im ersten Jahr wurden fünf medizinische Notrufe und 800 Sozial- und Testrufe ausgelöst. Durch die Finanzierung der Zentrale über Firmenspenden konnte die monatliche Teilnehmergebühr von umgerechnet 55 Euro auf 47 Euro gesenkt werden. 27 Teilnehmer sind Selbstzahler, drei Teilnehmer erhalten Spendenmittel des DRK, so dass sie monatlich nur 30 Euro selber tragen müssen, für zwei Teilnehmer übernimmt das Sozialamt die Kosten. Wegen der Teilnehmerkosten ist das Fazit des Berichts zurückhaltend. Bereits in der Mitgliederzeitung »rotkreuz-aktiv« hatte es im März geheißen: „So groß das Echo und die Zustimmung im Kreis Böblingen auch sind, so gibt es doch ein Problem beim Hausnotruf, und das sind die Kosten.“ Wie der Pforzheimer Abschlussbericht hält auch der Böblinger Erfahrungsbericht einen Bedarf von 0,25 bis 0,5 Teilnehmer pro tausend Einwohner realistischer als die im St. Willehad-Hospital prognostizierten 1,5 Prozent. Zudem, so bemerkt abschließend der Bericht: „Wichtig für die Frage des Bedarfs ist die absolute Anzahl der alten Menschen. Sie steigt jedoch bis 1990 kaum an.“ Durch Preissenkungen der Hersteller und eine gezielte Spendenaktion kann in Böblingen die monatliche Teilnehmergebühr ab Dezember 1985 auf umgerechnet 37 Euro gesenkt werden, im Juli 1986 durch Zuschüsse des Landkreises nochmals auf 29 Euro. September Erfahrungsbericht des DRK-Hausnotrufdienstes Böblingen 1984 20 Vom 20. bis 21. September findet im Bonner Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes die erste Arbeitstagung »Haus-Notruf« auf Bundesebene statt. Pläne zur Finanzierung eines Hausnotruf-Systems durch die Rahmenvereinbarung mit einer privatrechtlichen Dienstleistungsgesellschaft (»Stöckl-Konzept«) stoßen mehrheitlich auf Ablehnung. 25 Jahre Hausnotruf November Vom 22. bis 23. November findet in der DRK-Bundesschule MeckenheimMerl eine zweite Arbeitstagung »Haus-Notruf« statt. Tagesordnungspunkte sind der Entwurf einer »Rahmenkonzeption« und die Überarbeitung einer bereits im Generalsekretariat ausgearbeiteten »Arbeitshilfe für den Haus-Notruf-Dienst«. Hausnotruf-Flyer der DRK-Kreisverbände Nienburg und Ennepe-Ruhr um 1984 1985 Am 10. Januar wird die »Rahmenkonzeption« zum Hausnotrufdienst vom DRK-Präsidium verabschiedet und erscheint als Broschüre. Darin heißt es zusammenfassend: „Die Entscheidung für oder gegen die Einrichtung eines Haus-Notruf-Dienstes kann nur vor Ort zusammen mit den Hilfesuchenden getroffen werden. […] Eine Ausweitung der sozialen Kommunikationsmittel durch den Haus-Notruf-Dienst für alte, kranke und behinderte Menschen ist zwar denkbar, birgt aber die Gefahr, dass diese technischen Mittel dem einzelnen die Verantwortung für seine Mitmenschen abnimmt. Die bisherigen Erfahrungen haben aber auch gezeigt, dass der Haus-Notruf im Rahmen einer gut organisierten Nachbarschaftshilfe in Verbindung mit anderen ambulanten sozialen Diensten älteren und behinderten alleinlebenden Personen helfen kann, besser in den Alltag der Mitmenschen einbezogen zu werden. So kommt nicht nur der Sicherheitsaspekt zum Tragen, sondern es wird mehr Lebensqualität für alleinlebende Personen durch zwischenmenschliche Kontakte und Abbau von Ängsten erreicht. Auch eine Überlastung von Angehörigen, Nachbarn oder ehrenamtlichen Helfern durch ständige Präsenz kann damit begegnet werden. Kontakte zwischen Menschen werden damit freier gestaltet. Eine oft mit Pflegebedürftigkeit einhergehende Isolierung kann teilweise aufgehoben werden. […] Das technisch Machbare kann kein Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen und Zuwendung sein, sondern stellt eine wertvolle Kommunikationshilfe dar. Im Hinblick auf mögliche weitere Entwicklungen dieses Systems wird man bereits heute Grenzen markieren müssen, und zwar dort, wo Fragen des Datenschutzes berührt werden. Der Einsatz von Haus-Notruf-Systemen kann nicht eine totale technische Überwachung, die die volle Einbeziehung des persönlichen Lebens- und Freiraums zur Folge hat, bedeuten.“ 25 Jahre Hausnotruf 21 Rahmenkonzeption zum DRK-Haus-Notruf-Dienst aus dem Jahr 1985 In der zusammen mit der »Rahmenkonzeption« herausgegebenen »Arbeitshilfe für den Haus-NotrufDienst« wird von einem Bedarf von 40 Teilnehmerstellen pro 100.000 Einwohner ausgegangen. Das entspricht 24.000 Teilnehmergeräten für die damalige Bundesrepublik. „Eine Steigerung des Bedarfs orientiert sich am Bekanntheitsgrad dieser Hilfe. Dagegen sind die noch sehr hohen Kosten der Anlagen und ihrer Finanzierung sowie die Scheu vor der Technik Grund für viele Betroffene, sich nicht dem HausNotruf-System anzuschließen.“ Als „unabdingbare Voraussetzung“ wird in der »Arbeitshilfe« „die Einbindung in bereits bestehende ambulante soziale und/oder sozialpflegerische Dienste“ betont. Dazu heißt es weiter: „Die bisherige Erfahrung zeigt, dass die Notrufe, die ausgelöst werden, nur zu einem geringen Teil Notfälle im medizinischen Sinne sind. Vielmehr vermischt sich diese Art von Notrufen mit sozialen und kommunikativen Anliegen der Teilnehmer.“ Hausnotruf-Flyer des DRK-Kreisverbands Rhein-Neckar/ Heidelberg um 1985 22 25 Jahre Hausnotruf April Die Presseabteilung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie meldet am 3. April in einer Presseinformation: „Hausnotrufsystem bewährt sich im Alltag.“ Auf der Landesgeschäftsführertagung am 16. April wird erstmals angeregt, ein Bundesmarketingkonzept für den DRK-Hausnotruf zu entwickeln, allerdings wird der Vorschlag im Generalsekretariat abgelehnt. Broschüre des Kreisverbands Darmstadt zum DRK-Hausnotrufdienst Juli Im Juli bieten insgesamt 49 DRK- Kreis- und Landesverbände den Hausnotruf-Dienst an: • im Landesverband Baden Württemberg der KV Aaalen, KV Böblingen (zusammen mit dem KV Calw, KV Heilbronn, KV Reutlingen, KV Rottweil, KV Stuttgart und KV Zollernalb), KV Esslingen (zusammen mit KV Nürtingen), KV Göppingen, KV Heidelberg, KV Karlsruhe, KV Ludwigsburg, KV Pforzheim, KV Rems-Murr, KV Schwäbisch Hall, KV Tauberbischofsheim und KV Tübingen; • beim Bayerischen Roten Kreuz der KV Landshut, KV Nürnberg-Stadt, KV Regensburg, BV Schwaben, KV Starnberg und KV Würzburg; • der Landesverband Berlin; • im Landesverband Hessen der KV Darmstadt-Stadt (zusammen mit dem KV Groß-Gerau), KV Dieburg (zusammen mit dem KV DarmstadtLand) und KV Odenwaldkreis; • im Landesverband Niedersachsen der KV Nienburg; • im Landesverband Rheinland-Pfalz der KV Bad Kreuznach und der KV Mainz-Bingen; • der Landesverband Saarland; • im Landesverband Schleswig-Holstein der KV Heide-Dithmarschen (zusammen mit dem OV Krempe, OV Niebüll, KV Pinneberg, OV Ratzeburg und KV Segeberg) und der KV Neumünster; • im Landesverband Südbaden der KV Bühl, KV Konstanz, KV Waldshut und KV Baden-Baden; • im Landesverband Westfalen-Lippe: KV Ennepe-Ruhr (zusammen mit KV Altena, KV Arnsberg, KV Borken, KV Iserlohn, KV Soest). 25 Jahre Hausnotruf 23 In 28 DRK- Kreis- und Landesverbänden ist das Hausnotruf- System ANT (bis 1983 AEG) im Einsatz. Das System Digifon Knorr-Bremse wird in zehn Kreisverbänden, das System Adarma in sechs Kreisverbänden, das System Siemens SM 40 in drei Kreisverbänden, das System Linsoy und das System CCS-Sicherheitstechnik jeweils in einem Kreisverband eingesetzt. Die Anschaffungskosten für die Zentrale schwanken je nach System und Ausstattung zwischen umgerechnet 4.000 und 16.000 Euro, die Kosten einer Teilnehmerausrüstung zwischen 1.200 und 2.300 Euro. September 1986 Oktober 24 Auf der Landesgeschäftsführertagung am 24. September wird mehrheitlich die Empfehlung ausgesprochen, der neu gegründeten »Bundesarbeitsgemeinschaft Haus-Notruf-Systeme « des Frankfurter Verbandes für Alten- und Behindertenhilfe nicht beizutreten, weil sie fachlich nicht in der Lage sei, die Interessen der Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen zu vertreten. DRK- Kreis- und Landesverbände bieten den Hausnotruf-Dienst an. April Am 1. April wird im Kreisverband Münster der Hausnotrufdienst „als flankierende Maßnahme zur ambulanten Versorgung durch die Sozialstation“ eingerichtet. Die Notrufe müssen zunächst den 100 Kilometer langen Umweg über die Hausnotrufzentrale in Gevelsberg gehen. Im Juni 1990 bekommt Münster schließlich eine eigene Zentrale. Ende 1987 sind 43 Teilnehmer in Münster angeschlossen. Für sie beträgt die monatliche Teilnehmergebühr umgerechnet 27 Euro. Juni In Landshut übernimmt der örtliche Lions-Club die Patenschaft und damit die monatliche Miete von umgerechnet 35 Euro für zwei Hausnotrufteilnehmerstationen. Die Anschaffungskosten von je 2.250 Euro trägt das BRK. Zwei Jahre nach dem Start des Landshuter Hausnotrufdienstes sind inzwischen 37 Teilnehmer angeschlossen worden. Dank der Patenschaft können nun ein Ehepaar, 56 und 57 Jahre alt und beide körperlich schwer behindert, sowie eine 85-jährige gehbehinderte Frau auf die Landshuter Hausnotrufzentrale aufgeschaltet werden. Auf der Fachtagung Hausnotruf-Dienst vom 8. bis 10. Oktober im Bonner Generalsekretariat wird von verschiedenen Landesverbänden angeregt, ein Faltblatt zum Hausnotrufdienst auf Bundesebene herauszugeben. So zum Beispiel vom Landesverband Schleswig-Holstein: „Wir halten es für sehr dringlich, auf Bundesebene ein Faltblatt zu entwickeln und entsprechend in das Vertriebsverzeichnis aufzunehmen. Der Haus-Notruf-Dienst als unlösbarer Bestandteil der ambulanten sozialen Dienste sollte also auch entsprechend durch eine einheitliche Unterlage dargestellt werden.“ 25 Jahre Hausnotruf Flyer für den DRK-Hausnotrufdienst um 1986 1987 Bundesweit wird die Gesamtzahl der Hausnotrufanschlüsse auf 7.000 geschätzt. 163 DRK-Kreis- und Landesverbände bieten den Hausnotruf-Dienst an. Die monatlichen Teilnehmergebühren liegen in den einzelnen Kreisverbänden bei umgerechnet 22 bis zu 56 Euro. Dazu heißt es: „Eine Teilnahme am Hausnotruf-Dienst scheitert häufig an der Höhe der Gebühren.“ Beim DRK-Landesverband Baden-Württemberg wird eine »Projektgruppe Hausnotruf« gebildet, „um technische Entwicklungen sowie sozialhilferechtliche und andere Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen und darauf Einfluss nehmen zu können“ März Auf der Fachtagung Hausnotruf-Dienst vom 24. bis 26. März in Nürnberg wird das Faltblatt für den DRK-Hausnotruf auf Bundesebene inhaltlich vorbereitet. 1988 Mitte Januar wird das erste Faltblatt des DRK-Generalsekretariats zum Hausnotruf-Dienst »Hilfe in Rufnähe« mit einer Auflage von 50.000 Stück aufgelegt. Bereits im Juni ist die erste Auflage vergriffen. Kritik kommt vom Landesverband Nordrhein: „Dem Tenor nach beschreibt das Faltblatt den Hausnotrufdienst als einen eigenständigen Basisdienst der sozialen Arbeit, der durch andere Betreuungsmaßnahmen lediglich eine Ergänzung erfährt. Mit der hier implizierten Auffassung, dass ein technisches Hilfsmittel Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, kann sich der DRK- Landesverband Nordrhein nicht einverstanden erklären. Wir sind vielmehr der Auffassung, dass das Hausnotrufsystem eine Ergänzung bzw. flankierende Maßnahme zu den eigentlichen Basisdiensten der sozialen Arbeit wie Nachbarschaftshilfe, Alten- und Krankenpflege und Besuchsdienst sein kann.“ 25 Jahre Hausnotruf 25 Februar Seit Februar testet die Hausnotrufzentrale des DRK Hamburg den sogenannten Temex-Anschluss der Bundespost. Der Temex-Feldversuch erstreckt sich auf Betriebsversuchsgebiete in der gesamten Bundesrepublik. Temex (Telemetry Exchange) ist ein Dienst zur Übertragung von „Fernwirkinformationen“ und steht für Messen, Regeln, Steuern und Überwachen aus der Distanz. Dieser Dienst erlaubt es etwa Versorgungsunternehmen, Gas- und Wasserzähler via Fernsprechleitung abzufragen. Auch für die Übertragung von Notrufen verspricht die Bundespost eine interessante Alternative gegenüber herkömmlichen Möglichkeiten. Hierfür nutzt die Post das bestehende Netz auf bislang brach liegenden Frequenzen oberhalb des Sprachbandes. Das Telefonieren wird durch dieses neue Angebot, das je nach Umfang zwischen umgerechnet 1,50 und neun Euro kosten soll, nicht beeinflusst. Auch Münster ist Temex-Standort. Das Amt für Wirtschaftsförderung zeigt sich an einer Beteiligung des Hausnotrufdienstes des Kreisverbands interessiert. Auf einer Temex-Tagung in Siegen am 12. September 1990 erteilt der Hausnotrufbeauftragte des Kreisverbands aber eine Absage: „Für die Qualität des Hausnotrufdienstes sind andere Aspekte als das Tempo der Signalübertragung weit wichtiger.“ Der Hausnotruf sei in erster Linie kein „technisches Netz“, sondern ein „Kommunikationsnetz“. Die Stadt Münster gründet daraufhin den temexgesteuerten „Stiftungs-Notruf“ für städtisch-stiftungseigene Altenwohnungen. Am 22. Mai 1993 schreiben die »Westfälischen Nachrichten«: „Pech mit der Post“. Der TemexDienst wird bundesweit ersatzlos gestrichen. Die Zeitung fragt: „Übernimmt DRK die TemexAnschlüsse?“ Erstes Faltblatt des DRK-Generalsekretariats zum Hausnotrufdienst 1988 26 April Im April feiert der Kreisverband Böblingen das fünfjährige Bestehen seines Hausnotrufdienstes. Aus diesem Anlass erscheint die Broschüre »5 Jahre Hausnotruf. Erfahrungen mit einem neuen Dienst«. In den vergangenen vier Jahren ist die Teilnehmerzahl in Böblingen von 32 auf 107 Teilnehmer, 96 Frauen und 11 Männer, gestiegen. 105 der Teilnehmer sind in dieser Zeit wieder ausgeschieden: 31 durch Umzug in ein Pflegeheim, 30 durch Tod, 30 durch Übergabe an andere Kreisverbände, 12 durch Kündigung, zwei durch andere Umzüge. 1987 wurden in Böblingen 4.302 Notrufe bearbeitet, 28-mal der Notarzt, 59-mal der Rettungsdienst und 68-mal Bezugspersonen benachrichtigt. 68 Prozent der Notrufe waren regelmäßige Proberufe. Broschüre des DRK-Kreisverbands Böblingen anlässlich des fünften Hausnotruf-Jubiläums und Rückblick auf die Presseberichterstattung 27 Dezember Am 5. Dezember berichtet die »Frankfurter Rundschau« über den Hausnotruf und meldet: „Die Arbeitsgemeinschaft Haus-Notruf-Dienst, in der bundesweit mehr als 100 gemeinnützige Träger vereinigt sind, fordert, dass die gesetzlichen Krankenkassen sich finanziell an dem Service beteiligen. Er sei, so der Vorsitzende Arthur Stern, ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen.“ Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft würden pro Teilnehmer im Durchschnitt vier Krankenhaustage im Jahr gespart. Ausgeweitet auf alle 9,1 Millionen Bundesbürger über 65 wäre dies eine Kostenersparnis von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Dafür wären Investitionen in das Hausnotrufsystem von jährlich 150 Millionen Euro notwendig. „Ein eingesparter Krankenhaustag deckt die Gebühren für sechs Monate“, zitiert die Frankfurter Rundschau Arthur Stern. Mai Mitarbeiter vom Hausnotrufdienst des Kreisverbands Dithmarschen sind am 10. Mai zu Gast im von Wolf-Dieter Hermann moderierten Frühstücksfernsehen des Privatsenders SAT 1. Juni Ende Juni wird die Gesamtzahl der Hausnotrufanschlüsse in der Bundesrepublik auf 10.000 geschätzt. Hausnotruf-Flyer des Bayerischen Roten Kreuzes 1988 Plakat des Hausnotrufdienstes Ennepe-Ruhr 1988 28 25 Jahre Hausnotruf „Aber auch keine Notrufsäule“ – zwischen Anspruch und Wirklichkeit (1989 - 1995) Grenzen fallen. Neue Realitäten werden sichtbar. Das Denken in Gegensätzen macht dem Denken des Sowohl-als-auch Platz. Technik und Soziales sind nicht länger Feinde. Es zeigt sich, dass der Hausnotruf die richtige Antwort auf viele Fragen ist, die in der Diskussion um die Pflegeversicherung aufgeworfen werden. Das DRK will in dieser aufgeregten Diskussion um Kostendämpfung die Standards von Hausnotrufdiensten sichern. Das sei keine Sache organisierter Interessenspolitik. Es gehe nicht um Interessen, sondern um die qualitative Entwicklungs- und Zukunftsfähigkeit des Hausnotrufs. Durch Verbundsysteme wächst die Zahl der Notrufteilnehmer in der Bundesrepublik rasch auf über 100.000. In den Neuen Bundesländern hingegen fehlen anfangs noch die Telefone. Doch auch hier entstehen nun die ersten DRK-Hausnotrufzentralen. 1989 Zum fünfjährigen Bestehen des Hausnotrufs im Kreisverband Dithmarschen erscheint in der Rotkreuz-Zeitung ein Beitrag. Nach fünf Jahren sind 400 Teilnehmer im Alter von 40 bis 97 Jahren an die Notrufzentrale angeschlossen. 12.194 Notrufe wurden bearbeitet, davon 50 Prozent „soziale Notrufe“ und 18 Prozent „medizinische Notrufe“. 1990 Bundesweit ist die Gesamtzahl der Hausnotrufanschlüsse auf geschätzte 16.000 gestiegen. Zweite Auflage des Hausnotruf-Flyers vom DRK-Generalsekretariat 1989 Skizze des DRK-Kreisverbands Münster zum Hausnotrufdienst 25 Jahre Hausnotruf 29 Juni Das Bundessozialgericht entscheidet mit seinem Urteil (3 RK 39/89) vom 26. Juni: Hausnotrufsysteme sind keine Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung. Die Kosten können im Rahmen der Vorschriften des Sozialgesetzbuches nicht übernommen werden. Das Bundessozialgericht weist aber darauf hin, dass sich im Hinblick auf die sich in Diskussion befindliche Pflegeversicherung möglicherweise eine andere Rechtsbeurteilung ergibt. Die Spitzenverbände der Krankenkassen schließen sich dem Urteil in einem Treffen am 27. Juni an. Der Hausnotruf kann damit auch weiterhin nur sozialhilferechtlich finanziert werden. 1991 Die Hausnotruf-Firma Knorr (die später mit der schwedischen Firma Attendo, 2005 wiederum mit der englischen Firma Tunstall fusioniert, heute mit jährlich 250.000 Hausnotrufgeräten der weltweit größte Hersteller) legt der damaligen Gesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt eine Kostenvergleichsberechnung vor, der nach der Hausnotruf in Verbindung mit ambulanter Versorgung durchschnittlich umgerechnet 630 Euro kostet. Der Durchschnittssatz einer Heimunterbringung liegt hingegen bei durchschnittlich 1750 Euro. Somit ergibt sich nach dieser Rechnung ein Einsparungspotenzial von bis zu 5,78 Milliarden Euro. Im Bereich der Krankenhausversorgung wird das Einsparungspotenzial des Hausnotrufs mit 500 Millionen Euro beziffert. Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Münster 1990 März 30 Das im März 1983 mit 10 Teilnehmern gestartete Hausnotruf-Pilotprojekt im Kreisverband Mainz-Bingen hat sich zu einem Verbundsystem entwickelt, dem sich inzwischen 23 weitere Kreisverbände angegliedert haben. Am 19. März wird die fast 84-jährige Käthe Wilbert als 1.000ste Teilnehmerin des DRK-Hausnotrufdienstes in Mainz begrüßt. Die Lokalpresse berichtet unter der Schlagzeile „1000 Mal auf Nummer Sicher“. 1992 Die Gesamtzahl der Hausnotrufanschlüsse ist auf 26.000 gestiegen. Mit rund 13.000 Hausnotrufteilnehmern hat das DRK einen Marktanteil von 50 Prozent. Oktober Das DRK arbeitet mit Datum vom 23. Oktober eine Stellungnahme an das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung aus, in der sich die Wohlfahrtsverbände dafür aussprechen, den Hausnotrufdienst in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufzunehmen. 1993 Am 6. Juli veröffentlicht das DRK erstmals bundesweite „MindestStandards Haus-Notruf-Dienst“. 25 Jahre Hausnotruf Dezember Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Pflegeversicherung gründen der Arbeiter-Samariter-Bund, der Malteser-Hilfsdienst und die JohanniterUnfall-Hilfe am 10. Dezember in Köln den »Bundesverband HausnotrufDienst – Interessengemeinschaft der Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen«. Das DRK lehnt eine Interessengemeinschaft in einer „organisatorisch geregelten Form“ ab und befürwortet lediglich eine „lose Zusammenarbeit“. Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Coburg 1994, Außen- und Innenseite 1994 Der Kreisverband Pforzheim startet mit 170 Teilnehmern im Mai einen Feldversuch mit dem Geborgenheitstelefon »TT90Samariter« der Firma »Telelarm security« (Tochter der schwedischen »Telealarm«, einem Ableger der schwedischen Staatspost). Das Notrufsystem verfügt über einen separaten Service-Ruf, der nicht die Notrufleitung belegt. Zudem kann das Notrufsystem mit diversen Zusatzeinrichtungen wie Einbruch- und Brandmeldern und sogar einem computergesteuerten Tabletten-Spender gekoppelt werden. Für Aufsehen sorgt vor allem aber der Notruf-Finger RL90. „Der kleine leichte Funktaster wird durch sein ansprechendes Design am häufigsten in Verbindung mit einem Armband gebracht und wie eine Uhr am Handgelenk getragen“, heißt es im Ergebnisbericht. Für das Pressefoto hält die heutige SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ute Vogt den neuen Funkfinger in die Kamera. September 25 Jahre Hausnotruf Im September wird die DRK-Hausnotrufzentrale Rudolstadt mit sechs Teilnehmern in Betrieb genommen. Vier Wochen später sind es bereits 15, zum Jahresende 25 und ein Jahr später 56 Teilnehmer. Nach Jena und Nordhausen ist Rudolstadt der dritte Kreisverband in Thüringen, der den Hausnotruf anbietet. Im November 1997 werden die Kreisverbände Jena, Schleiz, Greiz und Meiningen in Rudolstadt aufgeschaltet. 1998 betreut die Hausnotrufzentrale in Rudolstadt insgesamt 160 Teilnehmer. 31 Der Aufbau des DRK-Hausnotrufs in den Neuen Bundesländern gestaltet sich schwierig: „Das DRK der DDR war zum einen zentralistisch organisiert gewesen, vom Generalsekretariat über die Bezirks- und Kreiskomitees hinunter zu den Grundorganisationen in den Betrieben, in den Gemeinden und im Gesundheitswesen. Zum anderen hatte das DRK der DDR keinen Sozialen Dienst gehabt. Es gab den Krankentransport, die Blutspende, die Aus- und Fortbildung, die AG Junge Sanitäter, das Jugendrotkreuz, den Wasserrettungs- und Bergrettungsdienst sowie den Katastrophenschutz, aber keinen Sozialen Dienst. Die größte Schwierigkeit war aber das fehlende Telefonnetz. Oft gab es nur ein oder zwei Telefone in einem Dorf oder nur ein Telefon auf zwei Aufgänge eines Wohnblocks. Das DRK in Rudolstadt hat sich dann um Telefonanschlüsse für potenzielle Kunden gekümmert. Es kam aber nicht selten vor, dass, wenn der Anschluss dann gelegt war, die Leute plötzlich keinen Hausnotruf mehr wollten.“ (Stefan Hartig vom Kompetenz-Zentrum des DRK Rudolstadt) Dezember 1995 32 In einer Stellungnahme vom 16. Dezember begrüßt es der »Bundesverband Hausnotruf-Dienst«, den Hausnotruf in den Pflegehilfsmittelkatalog des § 78 SGB XI aufzunehmen, kritisiert aber den vorliegenden Entwurf: Der „Gedanke des Hausnotrufdienstes als eigenständigem Segment der ambulanten sozialpflegerischen Versorgung“ werde reduziert auf „eine allein technisch orientierte 'Notrufsäule' für den Fall 'Leben oder Tod'“. Auch das DRK kritisiert den Entwurf. Einen pflegerischen Notfall könne es nicht geben, weil: „Ein plötzlich auftretender Pflegefall ist eher unwahrscheinlich. […] Der Begriff 'Pflegenotstand' sollte im Zusammenhang mit dem Haus-Not-Ruf nicht verwendet werden.“ In einem Gutachten zum Hausnotruf in Nordrhein-Westfalen werden die folgenden Empfehlungen gegeben (vgl. »Hausnotruf-Dienste in Nordrhein-Westfalen, Bestandsaufnahme, Konzeptionen, Empfehlungen«, herausgegeben vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1995): • „Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Konzeption und Arbeitsweise von Hausnotruf-Diensten ist ein umfassendes Verständnis von risikohaften Lebenslagen sowie von Krisen- und Notfallsituationen. Die eigentliche Aufgabenstellung von HausnotrufDiensten ist eine bedarfsadäquate Krisenintervention für alte, chronisch kranke und behinderte Menschen, wobei dem Leitprinzip jeder ambulanten Krisenintervention 'Richtige Hilfe zum richtigen Zeitpunkt ohne Wartezeiten und Verzögerungen' eine hohe Bedeutung zukommt.“ 25 Jahre Hausnotruf • • • „Hausnotruf-Dienste sollen in Zukunft im Verbund ambulanter Versorgung eine vermittelnde und koordinierende Funktion im Sinne eines 'Dreh- und Angelpunktes' übernehmen. […] Aufgabe der Hausnotruf-Dienste sollte es sein, die Koordinierung und Vernetzung verschiedener Hilfeformen und -angebote gezielt zu fördern. Nicht eine additive Aneinanderreihung von Angeboten aus dem Spektrum medizinischer, pflegerischer und psychosozialer Hilfen, sondern Qualifizierung und Vernetzung eines wirkungsvollen Verbundsystems von begleitenden und unterstützenden Hilfen sind das Ziel.“ „[A]uf eine möglichst einheitliche Konzeptentwicklung bei allen Trägern von Hausnotruf-Diensten [ist] hinzuwirken. Innerhalb des Konzeptes sollte besonderer Wert auf die Organisation und Personalausstattung der Hausnotruf-Zentrale gelegt werden. Die Zentrale muss als eigenständige Einrichtung etabliert werden, damit sie als Anlauf- und Bündelungsstelle für unterschiedliche Bedarfe fungieren sowie die Kooperation verschiedener Dienste und Hilfen des ambulanten Versorgungssystems anregen und absichern kann.“ „[B]ei der Planung und Förderung zukünftiger Hausnotruf-Dienste [ist] großer Wert auf eine ausreichende Personalausstattung zu legen. Nur durch professionelles, qualifiziertes Personal kann gewährleistet werden, dass sich Hausnotruf-Dienste an den spezifischen Bedarfen alter, kranker und behinderter Menschen orientieren und Dienstleistungen fachkompetent, verbindlich und kontinuierlich anbieten.“ 25 Jahre Hausnotruf März Am 24. März schließt das DRK mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen den Vertrag über die zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten mit Hausnotrufgeräten nach § 78 Abs. 1 SGB XI. April Seit 1. April gewährt die am 1. Januar in Kraft getretene Pflegeversicherung („Gesetz zur sozialen Absicherung der Pflegebedürftigkeit, Pflegeversicherungsgesetz - PflegeVG“) Leistungen für die häusliche Pflege. In „Produktgruppe 52, Pflegehilfsmittel zur selbständigen Lebensführung / Mobilität“ des Pflegehilfsmittelverzeichnisses werden Hausnotruf-Systeme aufgeführt. Die Hausnotrufleistungen im Rahmen der Pflegeversicherung betragen für den Erstanschluss umgerechnet 10,23 Euro einmalig und für die Grundleistung 17,90 Euro im Monat. „Es droht die Gefahr, dass Kunden nur noch eine Minimalleistung erhalten, die keine wirkliche Sicherheit bietet“, kommentiert die Fachpresse. Anspruch und Wirklichkeit der Hausnotrufdienste würden in Zukunft auseinanderklaffen. Es drohten „Horrorszenarien“ (vgl. Hubertus Rosery, »Technik allein schafft keine Sicherheit«, in: Forum Sozialstation, Nr. 78 / Februar 1996, S. 22-25). 33 34 Dezember Zum 31. Dezember gibt es über 100.000 Hausnotrufteilnehmer in Deutschland, davon 36.000 beim DRK. Das DRK ist damit größter Hausnotrufanbieter vor der Johanniter-Unfall-Hilfe (15.000), dem Malteser-Hilfsdienst (12.000) und dem Arbeiter-Samariter-Bund (10.000), gefolgt von der Firma Vitakt (9.000), der Caritas (4.000), der Diakonie (4.000) und der Firma Sonotel (2.000). 16.000 Hausnotrufteilnehmer werden von kommunalen Trägern versorgt. 1996 Die DRK-Landesverbände Nordrhein und WestfalenLippe bewerben sich um die Teilnahme am vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen ausgeschriebenen Modellprojekt »Vom Haus(not)ruf zum Serviceruf« Das Projekt startet verspätet erst 1997. Einige Kreisverbände, die vom Ministerium nicht berücksichtigt werden, müssen im Hinblick auf Fördermittel gemachte Einstellungen wieder rückgängig machen. September Nachdem der »Bundesverband Hausnotruf-Dienst – Interessengemeinschaft von Wohlfahrtverbänden« seinen Gesellschaftervertrag am 12. September geändert hat, beginnen erneute Beitrittsverhandlungen mit dem DRK. Die Arbeiter-Wohlfahrt tritt dem Bundesverband bei. Das DRK-Generalsekretariat hält an seinen Bedenken gegen die Form der Interessengemeinschaft als BGB- Gesellschaft fest, betont aber die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit auf informeller Ebene. Dezember Das Generalsekretariat lässt im Dezember einen Fernsehbeitrag über den DRK-Hausnotruf produzieren. 25 Jahre Hausnotruf „Die Feuerwehr musste das Schloss aufbrechen“ – vom Hausnotruf zum Serviceruf (1998- 2002) Die Bedürfnisse der Hausnotrufteilnehmer rücken in den Fokus. Eine neue Altersgeneration ist »herangewachsen«. 15 Jahre sind eine Generation. Mit anderen Lebenserfahrungen verändern sich Alter und Altern. Und die älteren Menschen haben im Vergleich zum Anfang der 80er Jahre mehr Geld: 1998 stehen den 65- bis 70-Jährigen durchschnittlich umgerechnet 2.234 Euro als „ausgabefähige Einkommen und Einnahmen“ pro Haushalt und Monat zur Verfügung, den über 70-Jährigen 1.833 Euro. Der Anspruch an das eigene Leben im Alter ist gestiegen. Es geht um Lebensqualität bis ins hohe Alter. Der Hausnotruf wird zum Serviceruf, der Hausnotrufteilnehmer zum selbstbewussten Hausnotrufkunden. 1997 Aus einem Beschwerdebrief an die AOK in Berlin vom 16. März: „Sehr geehrte Frau S., beim Einrichten der Hausnotrufanlage der Firma S. durch den Pflegedienst der Firma V. wurde meiner Mutter, Frau Elisabeth B., zugesichert, dass rund um die Uhr sich ein Mitarbeiter der Firma V. um den Notruf aus Hamburg kümmert und dann, mit dem vorhandenen Schlüssel, ihr zur Hilfe eilen würde. Da die Firma V. bisher bei einem Notruf mehrmals nicht erreichbar war und ich dann in Berlin und Brandenburg gesucht werden musste oder die Feuerwehr musste das Schloss aufbrechen (Schaden ca. 500.- DM) bin ich der Meinung, dass der Vertrag S.-V. nicht als Notruf funktioniert. Ich bitte Sie darum, die Firma S. zum 31.3.97 aus dem Vertrag zu entlassen. Als Alternative habe ich schon ein Gespräch mit dem DRK Berlin geführt und Frau V. wird am 20.3.97 meine Mutter besuchen. Ich möchte Sie darum bitten, die 35,- DM monatlich ab 1.4.97 an das DRK Berlin zu überweisen. Den Rest der Gebühr zahlt dann meine Mutter selbst an das DRK. Mit freundlichen Grüßen, Lothar B.“ 1998 Der Hausnotrufdienst des Kreisverbands Münster sieht sich mit einem Problem konfrontiert. Neugeräte wurden angeschafft, aber immer mehr Teilnehmer wollen „ein Hausnotrufgerät mit einem Armband statt des Funkfingers an der Kordel“, wie es im Jahresbericht heißt. Und weiter: „Die technische Entwicklung im Bereich der Hausnotrufgeräte hat in den letzten fünf Jahren einen Riesensprung gemacht. Wurden früher die vergleichsweise großen Handsender nur widerwillig oder auch gar nicht akzeptiert, werden die heutigen armbanduhrähnlichen Handsender doch konsequent getragen. Aktuelle Verbesserungen am Armband selbst, z.B. Stretchmaterial zum Überstreifen des Armbands, sind bei unseren Vertragspartnern angemahnt und bei anderen Anbietern zum Teil schon auf dem Markt. Diese 'Umrüstung' kommt aus betriebswirtschaftlicher Sicht natürlich viel zu früh.“ 25 Jahre Hausnotruf 35 April 36 Am 16. April begrüßt der Kreisverband Dithmarschen seine 2000. Notrufteilnehmerin mit Blumen. Die Lokalpresse berichtet. Der 1983 mit zwei Teilnehmern gestartete Hausnotrufdienst war bis 1994 auf 1.220 Teilnehmer angewachsen. Mittlerweile ist er bis nach Niedersachsen vorgedrungen und der größte Anbieter in Schleswig-Holstein. 1997 bearbeitete die Zentrale 52.000 Alarmmeldungen, davon 500 medizinische Notrufe. Juni Zwei Monate später, am 23. Juni, geht wieder ein solcher medizinischer Notruf bei der Hausnotrufzentrale in Heide ein. „Blinde Rentnerin in letzter Minute aus Rauchfalle gerettet“, titelt die Zeitung. Und weiter: „Der Aufmerksamkeit der Nachbarin und dem Hausnotrufsystem verdankt sie ihr Leben.“ November Im November erscheint eine »Rahmenempfehlung: Beschreibung der einzelnen Leistungspakete im Hausnotruf« vom Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung (ISPO) in Saarbrücken. Das ISPO unterscheidet darin vier Angebote, die mit dem Hausnotruf verbunden sein können: • das „Grundleistungspaket“ bzw. „Pflegeversicherungspaket“, • das „Standard-Leistungspaket“, • das „Komfortpaket“ und • der „Zusatzleistungskatalog“. (Vgl. ISPO, »Arbeitshandbuch Hausnotruf. Rahmenvorschlag des zentralen Qualitätszirkels im Modellversuch 'Hausnotruf als Fullservice'«, Saarbrücken, Endfassung November 1998) 1999 Unter Federführung des DRK erarbeitet der »Arbeitskreis Technik« des »Bundesverbandes Haus-Notruf-Dienstes« einen „gemeinsamen Mindeststandard HND – technischer Bereich“. Basis bilden die 1993 erarbeiteten „Mindest-Standards Haus-Notruf“ des DRK. Der Entwurf wird am 21. Juni allen Landesverbänden vorgelegt. 25 Jahre Hausnotruf 2000 Flyer für den DRK-Hausnotrufdienst Böblingen um 2000 Hausnotruf-Flyer des DRK-Landesverbands Baden Württemberg um 2000 Nach Abschluss des Nordrhein-Westfälischen Modellprojekts »Vom Haus(not)ruf zum Serviceruf« (vgl. Clemens Adam u.a., »Vom Hausnotruf zum Serviceruf. Abschlussbericht der Wissenschaftlichen Begleitung des Modellprogramms des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen«, Dortmund 1999) erscheint eine Informationsbroschüre. Darin heißt es: „Die meisten Haus(not)ruf-Dienste in Nordrhein-Westfalen bieten mehr als schnelle Hilfe im Notfall. Auf dem Programm stehen Serviceleistungen wie Information und Beratung zu kulturellen Veranstaltungen und Vermittlung von weiteren Dienstleistungen wie Essen auf Rädern, Fahrdienste, Fußpflege.“ (vgl. Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie, »Tipp. Hausnotruf. Verlässlicher Service auf Knopfdruck«, Düsseldorf 2000). Als Preisorientierung für das nach der ISPO-Empfehlung gestaffelte Angebot werden für das „Grundleistungspaket“ umgerechnet 17,90 Euro, für das „Servicepaket“ 30 bis 40 Euro, für das „Komfortpaket“ 40 bis 60 Euro genannt. Insgesamt gibt es nach Angaben des Bundesverbands Hausnotruf mittlerweile 190.000 Hausnotrufanschlüsse in Deutschland. Etwas mehr als ein Prozent der über 65Jährigen haben somit einen Anschluss. In anderen Ländern Europas liegt die Quote bei bis zu 10 Prozent. Deutschland ist damit in Sachen Hausnotruf eher ein „Entwicklungsland“. Von den 1,3 Millionen pflegebedürftigen, zu Hause betreuten Menschen sind nur 35.000 (2,7 Prozent) an ein Hausnotrufsystem angeschlossen. Durch ein verbessertes Marketingkonzept könnten zehn Prozent der über 65-Jährigen prinzipiell erreicht werden, was einem Marktpotenzial von 1,6 Millionen Teilnehmern entspricht (vgl. Elisabeth Weitzel und Jürgen Constien, »Hausnotruf ermöglicht mehr Sicherheit zu Hause«, in: Pro Alter 1/2002, S. 60-65). Nach Angaben des Bundesverbands Hausnotruf hat das DRK mit 72.000 Teilnehmern den größten Marktanteil im Hausnotrufdienst, gefolgt von der JohanniterUnfall-Hilfe (32.599), dem Malteser-Hilfsdienst (21.694), dem Arbeiter-Samariter-Bund (12.000), der ArbeiterWohlfahrt (5.500), der Caritas (3.000) und der Diakonie (3.000). Bei den privaten Anbietern ist die Firma Vitakt mit 19.000 Anschlüssen der größte Hausnotruf-Anbieter, gefolgt von der Firma Sonotel (7.000) und dem SOSService-Ruf (3.000). Etwa 10.000 Anschlüsse werden von einzelnen kommunalen Anbietern betreut. 25 Jahre Hausnotruf 37 An der Umfrage des »Strategischen Fragebogens« des DRK beteiligen sich 167 von 529 Kreisverbänden (bereinigte Rücklaufquote: 40,6 Prozent). Innerhalb der 122 Aufgabenfelder des DRK kommt der Umfrage zufolge dem Hausnotrufdienst zentrale Bedeutung zu: • 83 Prozent der Kreisverbände sind im Hausnotrufdienst aktiv. • In der Zielgruppe ältere Menschen wird das höchste Entwicklungspotenzial gesehen (47 Prozent). • Nach der ambulanten Pflege wird im Hausnotruf das höchste Entwicklungspotenzial gesehen. • 28 Prozent der Kreisverbände, die im Hausnotrufdienst aktiv sind, erwirtschaften mit diesem Aufgabenfeld einen Überschuss. • 41 Prozent der Kreisverbände, die den Hausnotruf anbieten, geben an, mehr als 60 Prozent Marktanteil zu haben. • 78 Prozent der Kreisverbände, die einen Hausnotrufdienst betreiben, schätzen die Zufriedenheit ihrer Teilnehmer hoch bzw. sehr hoch ein. März An einer Umfrage des Generalsekretariats zum Einsatz von Hausnotrufgeräten (Stichtag: 31. März) beteiligen sich 153 Kreisverbände in 13 Landesverbänden (Rücklaufquote: 42,4 Prozent). Nach dieser Umfrage • betreiben 32,7 Prozent der Kreisverbände eine eigene Hausnotrufzentrale, • sind 44 Prozent der Mitarbeiter hauptberuflich, 17 Prozent nebenberuflich und 39 Prozent ehrenamtlich tätig, • werden vor allem Geräte der Herstellerfirmen Telealarm (45,5 Prozent) und Bosch (30,6 Prozent) eingesetzt, • liegt das Verhältnis von ausgelösten Alarmen zu eingeleiteten Maßnahmen etwa bei 5:1 (21,9 Prozent eingeleitete Maßnahmen), • sind zwei Drittel der DRK-Hausnotrufkunden Selbstzahler, nur vier Prozent beziehen Leistungen nach dem BSHG, rund 30 Prozent erhalten die Kosten von den Pflegekassen erstattet, • erheben 68 Prozent der Kreisverbände für die Grundleistung einen Monatsbeitrag von umgerechnet 17,90 Euro, 21 Prozent von bis zu 35 Euro und drei Prozent darüber, • liegt das Durchschnittsalter der DRK-Hausnotrufteilnehmer bei 78 Jahren, die Durchschnittsverweildauer bei 26 Monaten. Mai 38 Am 21. Mai überreicht Konrad Segeler, Hausnotrufbeauftragter des Kreisverbands Münster, Blumen an Elfriede Pawlikowski. Sie ist die 1000. Teilnehmerin am Hausnotrufsystem des Kreisverbands. Binnen zehn Jahren hat sich die Zahl der Teilnehmer von 232 im Jahr 1991 auf 1.080 am Jahresende 2000 verfünffacht. Die Zahl wächst in den kommenden Jahren bis 2005 nochmals auf 1.600 Hausnotrufteilnehmer. 25 Jahre Hausnotruf Im gleichen Zeitraum hat sich bis 2000 die monatliche Teilnehmergebühr in Münster von umgerechnet 35 Euro auf 17,90 Euro halbiert. Im Jahresbericht zeigt Segeler auf, wohin der Trend beim Hausnotruf gehen wird: „Es ist ein langer Weg im Haus-Notruf von der Gedankenwelt der Notfallrettung von 'Opfern' zum HausServiceruf mit Betonung auf Dienstleistungen, die eine Notfallrettungsmaßnahme einschließen, jedoch im Zentrum vor allem die täglichen Bedürfnisse der 'Kundschaft' sehen. […] Zum 'Service' der DRK-Hausnotrufzentrale muss auch die Kooperation mit den ambulanten Pflegediensten gehören.“ Beim Hausnotruf schreibt man im Jahr 2000 'Kunden' und 'Service' immer noch in Anführungsstrichen. Hausnotruf-Flyer des DRK-Landesverbands Thüringen 2002 25 Jahre Hausnotruf 39 2002 Der Verein »Selbständig Wohnen Heidelberg« und die Firma Antenna Deutschland kommen in einer Befragung von 266 Teilnehmern des DRK-Hausnotrufs Heidelberg zu dem Fazit: „Wenige Teilnehmer nutzen die Technik regelmäßig und wenn, dann meist nur zur 'Hintergrundsicherung'.“ (vgl. Hans Peter Tewes, »Die Tragehäufigkeit ist niedrig«, in: Häusliche Pflege 1/2003, S. 26-29). Nur 44 Prozent der befragten Teilnehmer geben bei der Befragung an, den Notruf im Verlauf des letzten Jahres „ein- bis zwei Mal“ ausgelöst zu haben. 47 Prozent geben an, den Hausnotruf „fast nie“ zu benutzen, 16 Prozent „eher selten“, nur sieben Prozent „meistens“. Bei der Nutzung dominiert eindeutig die „Notruforientierung“. Als auslösendes Ereignis werden an erster Stelle Stürze (33 Prozent) genannt, gefolgt von Problemen mit Herz-Kreislauf (18 Prozent) und Schwindelanfällen (15 Prozent). 36 Notrufe wurden „aus Versehen“ ausgelöst. Nur bei 32 Notrufen ging es um Einsamkeit und Ängste (9), Ratsuche (6), Gespräch und Kontakt (5), Probleme mit der Versorgung (5) und Pflege (3) oder kleinere Reparaturen (4) 50 Prozent der Befragten nehmen keine weiteren Dienste in Anspruch. Nur eine Minorität wünscht sich mit dem Hausnotruf verknüpfte Dienstleistungen. 38 Prozent der Teilnehmer wollen lediglich eine Absicherung im Notfall. 24 Prozent kreuzen „Sicherheit im Hintergrund“ an. Neun Prozent wollen zusätzliche Information und Beratung, acht Prozent die Erweiterung ihres Hilfenetzes. Für einen Einkauf-Bringdienst, eine Einkauf-Begleitung, einen Reiseservice für Behinderte oder ähnliche Angebote nach dem „Pizza-ServiceModell“ sprechen sich nur einzelne Teilnehmer aus. „Ein zusätzliches großes Geschäft ist hier also nicht zu machen“, schlussfolgert die Studie. „Dies schließt aber die Möglichkeit mit dem Hausnotruf sinnvoll kombinierter Angebote keineswegs aus.“ Denn immerhin finden 18 Prozent der Befragten das Angebot einer Doppeltaste (Hausnotruf und Serviceruf) praktisch. Und elf Prozent interessieren sich für Zusatzgeräte wie Rauchmelder oder Einbruchsalarm-Melder. 40 25 Jahre Hausnotruf Dafür, dass die Nutzpotenziale des Hausnotrufs nur selten ausgeschöpft werden, führt die Studie im Wesentlichen drei Gründe an: • Mit längerer Dauer des Anschlusses ist tendenziell eine geringere Nutzung verbunden. Vielen langjährigen Hausnotrufteilnehmern ist das Angebot Hausnotruf nicht mehr präsent. Das Gerät liegt vergessen in einer Schublade. • Der Hausnotruf wird von langjährigen Teilnehmern als rein medizinisches Notfallgerät betrachtet. Sie sind äußerst unsicher und wissen häufig nicht mehr, wie das Gerät funktioniert. • Das Hausnotrufsystem als solches hat eine beruhigende Wirkung und erzeugt ein Gefühl der Sicherheit. Hingegen wird das Tragen des Funkfingers häufig als lästig empfunden. Die Studie stellt die Frage, ob für die nächste Altersgeneration das Handy eine bessere Alternative bietet. Die Heidelberger Studie erbringt eine Reihe weiterer empirischer Ergebnisse, die allerdings in keinem Zusammenhang mit der Nutzungshäufigkeit stehen: • Der Hausnotruf wird häufig auf Fremdinitiative hin durch Angehörige und Familie (29 Prozent), Freunde und Nachbarn (18 Prozent) oder ambulante Dienste und Sozialstationen (12 Prozent) installiert. Nur bei 29 Prozent wurde die Einrichtung des Hausnotrufs allein durch die Betroffenen veranlasst. • Ausschlaggebend für die Installation des Notrufgeräts war bei 43 Prozent ein Schlüsselerlebnis wie Sturz (42 Prozent) oder Schlaganfall (10 Prozent). Weitere Motive sind Krankheiten, Schwindelanfälle, Operationen oder Rollstuhlabhängigkeit. • Der typische Nutzer des Hausnotrufs ist weiblich, älter als 80 Jahre und lebt allein in der eigenen Wohnung. Die Hälfte hat Angehörige in der Nachbarschaft oder im gleichen Ort. Die Pflegestufe II oder III sind bei den Nutzern eher selten. 34 Prozent der Befragten sind in die Pflegestufe I eingestuft. In einem Bericht an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend heißt es, dass Hausnotrufdienste, obwohl primär Unterstützungsangebote für Notfälle, in der Praxis vor allem auch für Beratung und Information genutzt werden. Sie sind damit de facto ein wichtiges telefonisches Beratungsangebot für ältere Menschen. Notrufdienste würden sich inzwischen „explizit als Vermittler und Anbieter von allgemeinen Dienst- und Serviceleistungen [begreifen], so dass sich der Hausnotruf zunehmend zum Serviceruf entwickelt.“ Der Anteil medizinischer Notrufe bei Hausnotrufdiensten würde in der Literatur mit drei bis unter zehn Prozent angegeben, der Anteil von Anrufen mit dem Zweck der Alltagsbewältigung liege bei bis zu 90 Prozent (vgl. Thomas Görges u.a., »Erkundung des Bedarfs für ein bundeseinheitlich erreichbares telefonisches Beratungsangebot für ältere Menschen. Bericht an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Justus-Liebig-Universität Gießen 2002). 25 Jahre Hausnotruf 41 April Am 1. April startet das mit 2,5 Millionen Euro geförderte EU-Projekt »Locomotion« (Locationbased mobile phones applications for independent living of disabled and elderly citizens) unter Beteiligung des DRK-Kreisverbands Nürnberg-Stadt. Weitere Partner des Projekts sind Cellguide Ltd (Israel), Universidad Politécnica de Madrid (Spanien), Barnsley District Gen. Hospital (Großbritannien), University of Edinburgh (Großbritannien), LocatioNet Systems 2000 Ltd (Israel) und Société Française de Radiotéléphone S.A. (Frankreich). Die Laufzeit des Projekts beträgt 30 Monate; es endet am 30.09.2004. Aus der Kurzbeschreibung des Projekts: „Viele ältere oder behinderte Menschen sind unnötig an ihre häusliche Umgebung gebunden. Sie könnten sich freier und selbstbewusster bewegen, wenn damit verbundene Risiken minimiert werden könnten. Sei es das Risiko sich zu verirren, vorübergehend desorientiert zu sein, ärztliche oder medikamentöse Hilfe zu brauchen oder nur das Risiko, vor all diesen Dingen Angst zu haben. Das Projekt »Locomotion« will mit der Entwicklung und Erprobung intelligenter Lokalisationstechnologien (Advanced Global Positioning System [AGPS]) dazu beitragen, die Mobilität dieser Menschen zu verbessern und sie so länger am sozialen Leben Teil haben zu lassen.“ Im Rahmen des Projekts ist der Kreisverband NürnbergStadt für den Praxistest des Global Positioning Systems verantwortlich. Vom 9. bis 10. April veranstaltet das DRK-Generalsekretariat in Berlin eine Arbeitstagung »Offene und Ambulante Altenhilfe«. Bei der Bestandsaufnahme der Angebote kommt dem DRK-Hausnotruf eine zentrale Bedeutung zu. August 42 Vier Jahre nach dem 2.000. Notrufteilnehmer feiert der Kreisverband Dithmarschen im August seinen 4.000 Teilnehmer. Mittlerweile laufen täglich bis zu 200 Notrufe in der Hausnotrufzentrale in Heide auf, die mit insgesamt 20 Mitarbeitern rund um die Uhr besetzt ist. Nicht nur Senioren und Behinderte zählen zu den Hausnotrufkunden, auch Tankstellen, der Nationalpark Wattenmeer, Gerichte und Klärwerke. Und die Ärzte des Kreises Plön stellen ihren Bereitschaftsdienst ebenfalls über das DRK Dithmarschen sicher. 25 Jahre Hausnotruf „Ungewöhnliche Methoden“ – Bundesmarketingkonzept macht dem Hausnotruf Beine (2003 - 2006) Drei Jahre nach dem Start wurde den „ungewöhnlichen Methoden“ des DRK-Bundesmarketingprojekts Erfolg bescheinigt. Der Hausnotrufdienst hat sich zu einem immer komplexeren Geschäftsfeld entwickelt. Der mobile Hausnotruf ist nur ein Beispiel. Neue technische Entwicklungen müssen geprüft, neue Qualitätsstandards entwickelt werden. Mit neuen technischen Entwicklungen öffnet sich der Hausnotruf neuen Kundenkreisen. Der Manager mit Herzschwäche hat aber andere Bedürfnisse als das reisefreudige Seniorenehepaar. In dieser Situation entwickelt das Bundesmarketingprojekt geeignete Angebote, sichert deren Qualität, sorgt für den Informationsfluss, organisiert individuelle Beratung über eine neue bundeseinheitliche Servicerufnummer und vernetzt alle DRK-Aktivitäten rund um den Hausnotruf. Festschrift des DRK-Kreisverbands Mainz-Bingen zum 20-jährigen Jubiläum des Hausnotrufdienstes 25 Jahre Hausnotruf 43 2003 Im März feiert die Notrufzentrale des Kreisverbands Mainz-Bingen 20jähriges Jubiläum. Der Festakt findet am 30. September im Mainzer Staatstheater statt. Die Festrede hält die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Malu Dreyer. „Ein Modell, das Vorbildfunktion hat“, so die Ministerin in ihrem Grußwort zu der vom Kreisverband herausgegebenen Festschrift. Und weiter: „Die Anschlusszahlen haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben entwickelt, während die Preise stabil geblieben sind.“ In Zahlen ausgedrückt: Nachdem die Hausnotrufzentrale in Mainz, der sich mittlerweile 32 weitere Kreisverbände angeschlossen haben, den 1.000 Hausnotruf-Teilnehmer im März 1991 begrüßt hatte, stiegen die Teilnehmerzahlen 1993 auf 1.296, 1995 auf 1.839, 1997 auf 2.200, 1999 auf 3.844, 2001 auf 6.512 und liegen 2003 bei 9.105 Teilnehmern. Der Trend wird weiter anhalten. 2005 sind bereits 10.877 Teilnehmer an die Hausnotrufzentrale in Rheinland-Pfalz angeschlossen. Im Frühjahr 2006 sind es dann fast 14.000 Hausnotruf-Teilnehmer. Im zurückliegenden Jahr 2002 wurden in der Mainzer Hausnotrufzentrale 149.604 Alarme ausgelöst. Daraus resultierten 11.653 Rettungseinsätze (2.520 medizinische Notfälle, 8.140 Stürze, 993 sonstige Notfälle) und 6.577 eingeleitete Maßnahmen (549-mal Hausarzt verständigt, 5.211-mal Bezugspersonen informiert, 817-mal Sozialstation verständigt). Ein anderes Beispiel für die Entwicklung des DRK-Hausnotrufs in den vergangenen beiden Jahrzehnten: Im Juni berichten die »Nürnberger Nachrichten« über die Notrufzentrale des BRK Nürnberg, die vor zwanzig Jahren, am 15.03.1983, als eine der ersten DRK-Notrufzentralen mit zehn Teilnehmern startete. Im August 1995 hatte die Zeitung über die 3.750. Teilnehmerin des Nürnberger Hausnotrufs berichtet. Der durchschnittliche Zuwachs an BRK-Notrufteilnehmern in Nürnberg und Umgebung lag damit damals bei über 80 Prozent pro Jahr. 2003 sind es bereits 27.000 Menschen, die von der Nürnberger Zentrale mit dem BRK-Notrufdienst versorgt worden sind. Aktuell gibt es in Nürnberg inzwischen 1.050, in den angeschlossenen Regierungsbezirken Ober- und Mittelfranken 2.710 Teilnehmer. Der jüngste Teilnehmer ist ein 18 Monate altes Mädchen, der älteste ist 105 Jahre alt. Pro Jahr werden im Betreuungsgebiet der Nürnberger BRKNotrufzentrale 50.000 Alarmrufe ausgelöst, in 24 Stunden bedeutet dies bis zu 250 Rufe. Die monatlichen Teilnehmerkosten konnten in Nürnberg von umgerechnet 45 Euro im Jahr 1983 um ein Drittel – gestiegene Einkommen und Inflation unberücksichtigt – auf 30 Euro reduziert werden. 44 25 Jahre Hausnotruf Juni Das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes veranstaltet vom 2. bis 3. Juni in Göttingen eine Fachtagung zum Thema »DRK-Hausnotruf (und Mahlzeitendienste): Marktführer sein und bleiben?« mit 75 Teilnehmern. Damit reagiert das Generalsekretariat auf Forderungen der Kreisund Landesverbände, die in einer von der Unternehmensberatung Rosenbaum & Nagy präsentierten Umfrage unter den DRK-Kreisverbänden zum Ausdruck kommt: • Die Kreisverbände wünschen sich für den Hausnotruf ein zentral gesteuertes Marketing nach Vorbild der deutschlandweiten Werbung für Blutspenden. • Sie wünschen sich einen Service der Marktbeobachtung und -analyse sowie die Bereitstellung von Informationen zur technischen und sonstigen Entwicklung des Hausnotrufs. • Sie befürworten eine Arbeit am Image des Hausnotrufs mit einem bundeseinheitlichen Erscheinungsbild. Drei Wochen später, vom 23.-25. Juni, trifft sich erstmals die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf«, die von DRK-Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil im Berliner Generalsekretariat begrüßt wird. Ziel der Projektgruppe ist es, Qualitätsstandards und Marketingmaßnahmen für den DRK-Hausnotruf auf Bundesebene zu entwickeln. Die wissenschaftliche Begleitung übernimmt Prof. Dr. Hans-Christian Walter vom Fachbereich Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften der Technischen Fachhochschule Berlin. Der Projektgruppe haben sich Vertreter aus 11 (später 13) Landesverbänden angeschlossen. Die Schirmherrschaft hat DRK-Vizepräsidentin Gräfin Soscha zu Eulenburg übernommen. Juli 25 Jahre Hausnotruf Im Juli-Heft der Stiftung Warentest erscheint unter dem Titel »Selbstständig und sicher« ein Testbericht zu Hausnotruf-Anbietern in Hamburg. Der DRK-Kreisverband Hamburg-Nord landet bei zwei Testanrufen der Stiftung Warentest nur auf einem hinteren Platz, erhält bei der persönlichen Beratung und Geräteeinweisung allerdings die zweitbeste Note. 45 August Der Landesverband Baden-Württemberg mit seinen 34 Kreisverbänden bietet seit dem 1. August die neue Dienstleistung »DRK-MobilRuf« an. Mit einem GPS Handy der Firma Benefon kann der Teilnehmer die DRK-eigene Mobilruf-Zentrale »Call-Us« mit Sitz in Stuttgart-Bad Cannstatt erreichen. Die Nachfrage nach ortungsfähigen Handys steigt. Zur gleichen Zeit plant die DRK Service GmbH ab 1. März 2004 ein Pilotprojekt mit dem mobilen Notrufsystem »Mobile Care«, das auf GSM-Basis in Verbindung mit TDRP-Peilung geortet werden kann. Innerhalb des DRK wird der Wunsch laut, sich im Bereich des mobilen Notrufs mit seinen verschiedenen, noch in der Pilotphase befindlichen Ortungsverfahren auf Bundesebene deutlicher zu positionieren. Oktober DRK- Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg -Zeil unterstreicht am 31. Oktober in einer Empfehlung an alle Kreis- und Landesverbände die Notwendigkeit, ein mobiles Notrufsystem im DRK einzuführen. November Die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf« trifft sich vom 5. bis 7. November zur zweiten Arbeitstagung im Berliner Generalsekretariat. Flyer des Landesverbands Baden Württemberg für den 2003 gestarteten DRK-MobilRuf 46 25 Jahre Hausnotruf Dezember Eine Umfrage der Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf« zum Bekanntheitsgrad des Hausnotrufs in der Bevölkerungsgruppe über 65 Jahre kommt zu folgenden Ergebnissen: • 60 Prozent der Befragten kennen den Hausnotruf. • 56 Prozent der Befragten äußern Interesse am Hausnotruf. • 49 Prozent der Befragten würden einen monatlichen Beitrag von 18 Euro für den Hausnotrufdienst zahlen, nur 17 Prozent einen Beitrag von 28 Euro und höher. • 47 Prozent der Befragten bevorzugen das Armband als Handsender, nur 20 Prozent den traditionellen Funkfinger. Buswerbung des BRK-Kreisverbands Landshut im 20. Jubiläumsjahr des Hausnotrufdienstes 2004 25 Jahre Hausnotruf 47 2004 „20 Jahre Hilfe auf Knopfdruck“, titelt die Landshuter Lokalpresse. Die Landshuter BRK-Hausnotrufzentrale, die im Februar 1984 mit fünf Teilnehmern gestartet war, betreut inzwischen 270 Teilnehmer. Weil aber immer noch viele Menschen den Hausnotrufdienst nicht kennen, tragen die Landshuter Stadtbusse im Jubiläumsjahr das Logo des BRK-Hausnotrufdienstes. Januar Vom 21. bis 23. Januar findet das dritte Treffen der Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf« in Berlin statt. Die Ergebnisse der drei Projekttreffen werden in einem 100seitigen Arbeitspapier festgehalten, das zudem das weitere Vorgehen der Projektgruppe festlegt. Dazu heißt es im Arbeitspapier: „Das Marketingkonzept ist langfristig im Sinne eines Strategiekonzepts ausgelegt und nicht an eine einzelne Werbemaßnahme gebunden.“ Einige Ergebnisse sind: Flyer des DRK-Hausnotrufdienstes Böblingen 2004 48 • Im Bereich der Vertriebsorganisation wird eine bundesweite TelefonServicenummer eingerichtet. Beratungszentren werden organisiert, ein CRM (Customer Relationship Management)-System etabliert und Schulungskonzepte für Kundenberater umgesetzt. • Im Bereich des Produkts Hausnotruf sollen die Qualitätskriterien weiter entwickelt werden. Überlegt wird ferner, das Hausnotruf- System in Mobiltelefone zu implementieren und mit Serviceleistungen zu einem zentralen Kommunikationsinstrument zu erweitern, das auch jüngere Zielgruppen anspricht. • Im Bereich bundeseinheitlicher Werbung wurden Agenturen in die Entwicklung von Lösungen einbezogen. Ein erster Kreativvorschlag liegt von fünf Agenturen vor. Ein Konzept für eine bundesweite Werbekampagne wird erarbeitet und umgesetzt. 25 Jahre Hausnotruf Februar Am 17. Februar 2004 berichtet der WDR in seinem Fernsehprogramm über die Entwicklung des mobilen Notrufs auf Handy-Basis. Anlass ist die Präsentation des »Mobile Care« Systems auf der »Altenpflege & HealthCare« Messe in Hannover. Das Fazit des Berichts lautet: Zusätzliche Entwicklungsschritte in Richtung auf eine Gesamtlösung im mobilen Notruf seien noch notwendig. Die EU erwarte aber bereits bis zum Ende des Jahres erste ausgereifte Lösungen. Auf der Landesgeschäftsführertagung am 19. und 20. Februar in Berlin wird die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf« beauftragt, auch den mobilen Hausnotruf zu untersuchen. Im Protokoll heißt es: „In der Diskussion wird deutlich, dass bei den bereits vorhandenen Systemen Probleme nicht hinreichend ausgeschlossen werden können. […] Grundsätzlich bestehen bei Mobilrufsystemen möglicherweise erhebliche Haftungs- und Imagerisiken.“ Mai Die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept Hausnotruf« bildet die Arbeitsgruppe Technik, um mögliche Mobilruflösungen zu bewerten. Die Arbeitsgruppe trifft sich zum ersten Mal vom 4. bis zum 5. Mai im Berliner Generalsekretariat, um einen Überblick der Marktsituation zu gewinnen. Sie kommt vorerst zu folgenden Ergebnissen: • Der bestehende Hausnotruf mit seinen stationären Geräten wird auch in Zukunft von wesentlicher Bedeutung sein. • Es wird zusätzlich nach mobilen Notruflösungen gesucht, bei denen unterschiedliche Geräte je nach Anforderung des Kunden zum Einsatz kommen. Dazu wird ein Feldversuch auf Bundesebene mit verschiedenen Geräten im Kreisverband Fallingbostel durchgeführt. Die Notrufzentrale des Kreisverbands dort besitzt eine Ortungssoftware. Weitere Arbeitstreffen der Gruppe finden im Juni und Dezember statt. Zwei Besuche beim Flugdienst des DRK in Bonn sowie beim »SOS-Call« in Stuttgart sollen Möglichkeiten und Grenzen der GPS-Ortung ausloten. September Die DRK-Hausnotrufzentrale Rudolstadt in Thüringen begeht im September ihr zehnjähriges Jubiläum. Die lokale Presse berichtet. Mittlerweile sind 365 Teilnehmer aus sechs Kreisverbänden auf die Computeranlage in der Breitscheidstraße aufgeschaltet. Der jüngste Teilnehmer ist 26, der älteste 101 Jahre alt. 5.634 Alarmauslösungen werden in Rudolstadt bearbeitet. Zwei Jahre später, im Juni 2006, verzeichnet die Hausnotrufzentrale Rudolstadt bereits 542 Teilnehmer aus 23 Kreisverbänden. 25 Jahre Hausnotruf 49 Dezember Seit dem 1. Dezember ist der Hausnotrufdienst des Kreisverbands Dithmarschen auch für 1.300 Teilnehmer zuständig, die bisher von der DRK-Zentrale im Krankenhaus Hamburg-Rissen betreut worden sind. Damit versorgt die Hausnotrufzentrale in Heide nun 6.300 Hausnotrufteilnehmer. „Nicht nur Kliniken, Banken und Energieversorger schließen sich zusammen oder kooperieren. Auch unser Wohlfahrtsverband sucht nach Wegen sinnvoller Kooperation“, kommentiert Hanne Führer vom Kreisverband Dithmarschen in der Dithmarscher Landeszeitung. 2005 Am 13. April findet im Rahmen der Fachmesse »Altenpflege und ProPflege« in Nürnberg eine Veranstaltung »25 Jahre Hausnotruf« statt. Der geistige »Vater des Hausnotrufs«, Wilhelm Hormann, ehemaliger Verwaltungsleiter des St. Willehad-Hospitals in Wilhelmshaven, berichtet über die Beweggründe und die Entstehung des Hausnotrufsystems: „Der Hausnotruf ist kein Zufallsergebnis, sondern eine logische, fast selbstverständliche Konsequenz des von mir seit 1971 entwickelten Führungskonzepts 'Erst der Sinn, dann der Gewinn'. Sinn war es, und ist es heute noch: Transfer der alten christlichen Soziallehre in die Gegenwart, in Betriebe, Krankenhäuser und Heime zu bringen. Daneben Kenntnisse aus Technologie und Managementwissen der Wirtschaft, der Industrie, in diese Überlegungen einzubeziehen. […] Ich erkannte damals schnell, dass der Hausnotruf eine viel größere Dimension besaß und herkömmliche Strukturen verändern würde, und zwar nach dem Prinzip der dezentralisierten Kommunikation, bestimmte Informationen zu zentralisieren und Aktionen hingegen zu dezentralisieren, ein inzwischen allgemeines Delegationsprinzip in der Industrie.“ Juni Im Juni erscheint die erste Ausgabe des Seniorenmagazins »Gut leben«, in dessen Mittelpunkt der DRK-Hausnotruf steht. Herausgeber Ralph Hoffert von der Zentrale in Herten setzt bewusst auf die Vermittlung des Hausnotrufs und weiterer Serviceangebote des DRK über ein "Kundenmagazin", das ein positives Lebensgefühl im Alter vermittelt und eine neue und zeitgemäße Ansprache der primären Zielgruppe der Senioren, aber auch ihrer jüngeren Angehörigen ermöglicht. Die erste Ausgabe wird im Kreis Recklinghausen und den aufgeschalteten Kooperationspartnern in Witten, Gevelsberg, Castrop-Rauxel und Gelsenkirchen an die Hausnotrufnutzer und in Arztpraxen, Apotheken, Friseursalons und weiteren geeigneten Orten verteilt. Im DRK-Fachmagazin »Rotes Kreuz« erscheint im gleichen Monat der erste Bericht über das bundesweite Marketing für den DRK-Hausnotruf (vgl. Hans-Christian Walter, »Hausnotruf macht den Anfang«, in: Rotes Kreuz 6/2005, S. 52-53). 50 25 Jahre Hausnotruf Die erste und die aktuelle, dritte Ausgabe des DRK-Hausnotruf-Kundenmagazins »Gut leben«. In der dritten Ausgabe stand TagesschauChefsprecher und DRK-Botschafter Jan Hofer für das Titelfoto und ein interessantes Gespräch rund um das Alter(n) zur Verfügung. November Das Internetportal www.drk.de/marketingprojekt.de geht im November online. Unter dem Slogan »Lange gut leben« starten die ersten Hausnotruf-Werbekampagnen im Rahmen des Bundesmarketingkonzepts, die auch die neue bundeseinheitliche Servicerufnummer 0180 365 0180 bekannt machen. Zum Beispiel: • in Schleswig-Holstein: In einer Weihnachtsaktion »Kunden werben Kunden« werden 10.000 Plakate geklebt, 10.000 Exemplare der Zeitschrift »Gut leben« und 150.000 Flyer verteilt, zudem 50.000 Streichholzpackungen, 12.500 Taschentuchpäckchen und 10.000 Kugelschreiber. Zudem werden 3.500 Multiplikatoren wie Ärzte, Apotheker, aber auch Friseure angeschrieben. Auf den Autos der DRK-Mitarbeiter kleben 500 Aufkleber. 25 Werbespots gehen über die Radiosender. Die Kreisverbände verzeichnen im Laufe ihrer Kampagne einen Zuwachs an Neukunden von bis zu 450 Prozent (in Flensburg). • in Thüringen: Im Zuge einer am 1. Dezember gestarteten Werbekampagne in Thüringen werden bis zum 31. März 2006 136 Neuanschlüsse im Landesverband realisiert. • im Landesverband Nordrhein: Auf der Jahrestagung am 10. Februar 2006 nimmt der Landesverband eine Auswertung seiner im November gestarteten Pilotphase vor: In den Kreisverbänden Düsseldorf, Rheinberg und Mühlheim wurden Radiospots bei lokalen Sendern geschaltet. Parallel wurde in Printmedien geworben sowie Flyer und Plakate gestreut. Eine Messung der Wirkung im Einzelnen ist schwierig, eine Steigerung der Neuanmeldungen aber deutlich erkennbar, wobei die Kombination der Radiowerbung mit anderen Werbeträgern entscheidend scheint. 25 Jahre Hausnotruf 51 Dezember Der DRK-Hausnotruf verzeichnet zum 31. Dezember bundesweit 98.300 Hausnotrufanschlüsse. Die Gesamtanzahl aller Hausnotrufanschlüsse in Deutschland wird auf 350.000 geschätzt. Bundesweite Flyermotive 2005. 52 25 Jahre Hausnotruf 2006 März Am 30. Januar berichtet das Wirtschaftsmagazin »Profile« des Bayerischen Fernsehens über Hausnotrufsysteme. Vom 29. bis 31. März tagen die Arbeitsgruppen des »Bundesmarketingkonzepts Hausnotruf« im Berliner Generalsekretariat. Die einzelnen Kreis- und Landesverbände präsentieren erste Ergebnisse aus der Pilotphase des Bundesmarketingprojekts (vgl. auch das Interview »Auf Erfolgskurs« mit Hanne Führer, Leiterin der Abteilung Ambulante Dienste im Kreisverband Dithmarschen, und Michael Hendricks, Hausnotruf-Fachberater im Kreisverband Niederrhein, in: Rotes Kreuz 3/2006, S. 1819). Die Teilnehmer diskutieren ferner die Einbettung des Bundesmarketingkonzepts in die »Strategie 2010plus« des DRK. Dazu Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil (in: »Rotes Kreuz« 3/2006, S. 2427): „Um die Profilbildung erreichen zu können, brauchen wir ein wesentlich höheres Maß an Koordination unserer Arbeit. Das DRK muss als starker Verband insgesamt handlungsfähig sein.“ Auf der Tagung werden die Ergebnisse einer vom Generalsekretariat in Auftrag gegebenen Marktstudie »Neue Konzepte für Notrufsysteme« vorgestellt. Der Hausnotruf-Markt bietet demnach aktuell 14 klassische und 36 mobile Endgeräte. „Mobiler Notruf ist die Zukunft“, so das Fazit der Studie. Und: „Aufgrund der Technik ist 100prozentig zuverlässige Ortbarkeit noch nicht machbar.“ Um die Entscheidungsvielfalt für Senioren zu wahren, wird das DRK den mobilen Serviceruf mit unterschiedlichen Endgeräten ohne direkte Ortung einführen. Dazu wird das DRK in den kommenden Monaten nochmals verschiedene Endgeräte testen, darunter ein spezielles Seniorenhandy. Damit ist das DRK der erste Wohlfahrtsverband, der ein Seniorenhandy testet. 25 Jahre Hausnotruf Weihnachtskampagne 2005 des DRK-Stadtverbands Herten mit einem variierten Motiv des Bundesmarketingprojekts Hausnotruf 53 Mai Juli Die Arbeitsgruppe »Technik« des »Bundesmarketingkonzepts Hausnotruf« tagt am 14. Mai nochmals im Berliner Generalsekretariat. Die Testphase des mobilen DRK-Servicerufes wird durch eine qualitative Untersuchung begleitet, deren Konzeption vorgestellt und diskutiert wird. Ein Beispiel für die Altersstruktur und Anschlussdauer von DRK-Hausnotrufteilnehmern: Im Kreisverband Böblingen sind im Juli 849 Teilnehmer an den Hausnotruf angeschlossen (gegenüber 107 Teilnehmern im Jahr 1988). Neun Teilnehmer sind älter als 100 Jahre, 144 Teilnehmer älter als 90 Jahre. Zusammen sind das 18,1 Prozent aller Teilnehmer. 442 Teilnehmer bzw. 52,1 Prozent sind zwischen 80 und 89 Jahren alt. 70 bis 79 Jahre sind 188 Teilnehmer bzw. 22,2 Prozent und nur 65 Teilnehmer bzw. 7,7 Prozent sind jünger als 70 Jahre. Länger als zehn Jahre an den Hausnotruf angeschlossen sind 24 Teilnehmer bzw. 2,8 Prozent, fünf bis zehn Jahre 143 Teilnehmer bzw. 16,8 Prozent. Der kontinuierlich wachsende Zugang an Teilnehmern in den letzten Jahren spiegelt sich auch in der Anschlussdauer wider, die nicht allein durch vorzeitiges Ausscheiden erklärt werden kann (durchschnittliche Anschlussdauer 36,5 Monate): bis fünf Jahre 9,3 Prozent, bis vier Jahre 11,4 Prozent, bis drei Jahre 14,4 Prozent, bis zwei Jahre 17,7 Prozent, bis ein Jahr 27,6 Prozent. Flyer des DRK-Bundesmarketingprojekts Hausnotruf für Urlaubskampagnen 2006 54 25 Jahre Hausnotruf Am 5. Juli verabschiedet die Bundesregierung den bereits im August 2005 vorgelegten »Fünften Altenbericht: Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft«. Im Kapitel „Chancen der Seniorenwirtschaft“ wird dem Hausnotruf zukunftsfähiges Entwicklungspotenzial bescheinigt: „Die Haus-Notruf-Systeme werden erweitert und verwandeln sich zu einem Serviceruf, der auch zur Kontaktvermittlung und zur Vermittlung von Dienstleistungen genutzt werden kann.“ Die neuen Altersgenerationen seien zunehmend offen dafür, ihre selbständige Lebensführung durch die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zu unterstützen. Dabei kann bei den über 50-jährigen Deutschen zurzeit zwischen vier Nutzertypen unterschieden werden: „erfahrene Vorreiter“ (35 Prozent), „gedanklich Offene“ (32 Prozent) „ältere Neueinsteiger“ (14 Prozent) und die „Verweigerer“ (19 Prozent). Der Bericht sieht Chancen vor allem für Handylösungen. 43 Prozent in der Altersklasse 60 - 69 Jahre und 24 Prozent in der Altersklasse 70 -79 Jahre verwendeten 2002 ein Handy. Dazu die Sachverständigenkommission: „Mit einem den Bedürfnissen der Älteren entsprechenden Geräteangebot und einem Zusatzangebot an Information und Beratung für die neue Zielgruppe können in diesem Bereich noch unausgeschöpfte Potenziale aktiviert werden.“ 25 Jahre Hausnotruf 55 August September 56 Die Arbeitsgruppen des »Bundesmarketingkonzepts Hausnotruf« treffen sich erneut am 3. August, um Einzelheiten zur Einführung des mobilen DRK-Servicerufes abzustimmen. Unter dem Titel »Perspektiven im Alter. Hausnotruf und vernetzte Angebote für Senioren« lädt das DRK-Generalsekretariat am 28. und 29. September zum zweitägigen Bundeskongress nach Berlin ein. Der Kongress steht unter der Schirmherrschaft von DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters und findet im Berliner Hotel »Maritim proArte« statt. Auf der Rednerliste stehen prominente Namen wie der von Prof. Dr. Ursula Lehr und Prof. Dr. Rita Süssmuth. Im Rahmen des öffentlichen Festakts begrüßt Frau Dr. med. Bergmann-Pohl vom Landesverband Berlin offiziell den 100.000sten DRK-Hausnotrufkunden. 25 Jahre Hausnotruf 25 Jahre Hausnotruf 57 Das erste Hausnotrufgerät: die HTS831 Die technische Entwicklung des Hausnotrufsystems ging von Bosch aus Die Geburtsstunde des Hausnotrufs Erste Prototypen eines Hausnotrufgerätes 1980 vorgestellt Wilhelm Hormann, damaliger Verwaltungsdirektor des St. Willehad Hospitals in Wilhelmshaven, hatte bereits 1973 die Idee eines Notrufsystems, welches für Patienten einfach zu handhaben war und gleichzeitig schnellstmögliche Hilfe garantierte. Sein Ziel war es, Patienten früh aus dem Hospital nach Hause entlassen zu können, ohne dass diese im Bedarfsfall auf medizinische Hilfe verzichten mussten. Es sollte ein Gerät entstehen, das einfach zu bedienen ist und durch Knopfdruck eine Sprechverbindung zu einer rund um die Uhr besetzten Zentrale herstellt. Und da ein Krankenhaus immer mit medizinisch ausgebildetem Personal besetzt ist, sollte auch die Notrufzentrale in diesem installiert werden. Mit seiner Idee des Hausnotrufs trat Wilhelm Hormann an die damalige AEG-Telefunken AG (heute: Bosch Sicherheitssysteme) aus Backnang heran. Die Entwicklung des ersten Hausnotrufgerätes erfolgte im Rahmen eines Forschungsauftrages durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie im März 1979. Im Rahmen des Symposiums über die „Probleme bei der Betreuung älterer, alleinlebender und behinderter Menschen“ am 26. / 27. Februar 1980 in Wilhelmshaven konnten bereits die ersten Prototypen einer Hausnotruf- Zentrale und sowie der Hausnotruf-Teilnehmerstation vorgestellt werden. Ostermann, Leiter der Entwicklungsabteilung von AEG-Telefunken in Backnang, erläuterte die Funktion des Hausnotrufsystems „St. Willehad“ folgendermaßen: 25 Jahre Hausnotruf „Das Ziel des Haus-Notruf-Systems ist es, das Gefühl der Sicherheit eines möglicherweise hilfebedürftigen Menschen im gewohnten häuslichen Bereich zu stärken, ohne ihn dauernd personell zu begleiten oder ihn durch technische Einrichtungen unter Beobachtung zu stellen. Er soll vielmehr auch in der durch Krankheit oder Gebrechen veränderten Lebenssituation frei und unbeobachtet leben können". 59 Das erste offizielle Pressebild vom Hausnotruf – AEG vermarktet die HTS831 Im Falle einer unerwartet auftretenden Notsituation soll dem Hausnotrufteilnehmer aber ein Gerät zur Verfügung stehen, mit dessen Hilfe er entweder durch eigene Handlung oder, falls er nicht mehr in der Lage sein sollte, auch automatisch einen Notruf aussenden kann, der zur Hilfeleistung führt und ihm Unterstützung gibt. Dieses Gerät sollte nun - bei einfacher Bedienung - an jedem Ort des häuslichen Bereiches - zu jeder Tages- und Nachtzeit - mit hoher Zuverlässigkeit - und aus jeder Position den Notruf aussenden können. Sogar im Falle plötzlicher Bewusstlosigkeit kann durch Aktivitätskontrollen, die sich in vorgegebenen Zeitabständen durchführen lassen, automatisch ein Notruf ausgesendet werden. Der Notruf geht direkt an die Notrufzentrale. An diese Zentrale werden hohe Anforderungen gestellt: - unbedingte Erreichbarkeit (24 Stunden) - lückenlose und automatische Protokollierung aller Notrufe und der daraufhin veranlassten Maßnahmen sowie 60 - schnelle und umfassende Informationsbereitstellung über - Identität des Hilfesuchenden - Lebens- bzw. Krankheitssituation - Maßnahmen- und Verhaltenskatalog für das Personal der Notrufzentrale“ Die damals vorgestellten Prototypen der Teilnehmerstationen HTS831 und die AEG-Zentrale waren in der Lage, die vielfältigen Anforderungen zu erfüllen. Mit dem bereits integrierten modularen Aufbau der Geräte konnte man auch auf unterschiedliche Situationen in den Wohnungen vor Ort reagieren. Sogar für die Übertragung medizinischer Messwerte, der heutigen Telemedizin, wurden bereits damals die Grundlagen gelegt. 1983 wurde das Hausnotrufsystem mit dem „Innovationspreis der deutschen Wirtschaft ´82“ ausgezeichnet. Dieser Preis wird seit 1980 ausgeschrieben und ist damit weltweit die älteste Auszeichnung dieser Art. Schirmherr ist der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie. 25 Jahre Hausnotruf Modernste Technik von heute – die aktuelle Teilnehmerstation von Bosch: die HTS3100. Der Hausnotruf hat sich inzwischen zum Haus-ServiceRuf entwickelt. Er wird hauptsächlich von älteren und hilfsbedürftigen Menschen genutzt, die den Wunsch haben, möglichst lange selbstständig in den eigenen vier Wänden zu leben. Die Bedienung der Teilnehmerstation ist ganz einfach. Die beleuchteten Tasten haben gut fühlbare Symbole, die es auch sehbehinderten Menschen erleichtern, die richtige Taste zu finden. Mit einem kleinen Funksender kann direkt der Kontakt zur Hausnotrufzentrale hergestellt werden. Der Funksender kann um den Hals, an der Kleidung oder am Handgelenk getragen werden. In der Hausnotrufzentrale werden alle erforderlichen Daten des Hausnotrufteilnehmers angezeigt (Adresse, Angehörige, evtl. Medikamente, Art der Behinderung, uvm.) und eine Sprechverbindung aufgebaut. In der Hausnotrufzentrale wird umgehend entschieden, welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Handelt es sich um einen medizinischen Notfall, wird umgehend der Rettungsdienst informiert. In anderen Fällen erfolgt die Hilfeleistung durch den DRK-Bereitschaftsdienst oder durch Angehörige oder Nachbarn. Eine Schlüsselhinterlegung beim DRK-Bereitschaftsdienst ist möglich. Die Zentrale hält die Sprechverbindung so lange aufrecht, bis Hilfe eingetroffen ist. 25 Jahre Hausnotruf Eine wichtige Ergänzung zum Hausnotrufsystem bilden Funkmelder Ein Funk-Rauchmelder erkennt frühzeitig den bei einem Brand entstehenden Rauch. Die Bewohner werden durch einen lauten Signalton gewarnt und gleichzeitig sendet die Teilnehmerstation einen Alarm an die Hausnotrufzentrale. Auf Sicherheit muss auch im Badezimmer nicht verzichtet werden. Mit einer fest an der Wand installierten Funkfliese kann ganz einfach Alarm ausgelöst werden. Der Funk-Bewegungsmelder kann auch als Einbruchmeldeanlage genutzt werden. Zum Schutz von dementen Personen kann der Funk-Kontaktmelder verwendet werden. Der Hausnotruf wird häufig zu einem Serviceruf erweitert. So können über das Hausnotrufgerät zum Beispiel Fahrdienste, Menüservice oder Pflegedienste bei der Hausnotrufzentrale angefordert werden. 61 Haus-ServiceRuf von Bosch im Wandel der Zeit Frost & Sullivan vergibt „Competitive Strategy Leadership Award 2006“ – Bosch für Haus-ServiceRuf-Systeme ausgezeichnet Bosch Sicherheitssysteme GmbH hat für seine Leistungen im europäischen Markt für Hausnotrufsysteme von der Unternehmensberatung Frost & Sullivan den „Competitive Strategy Leadership Award 2006“ erhalten. Damit wurde Bosch für die Umsetzung seiner innovativen Strategie in der bestehenden Wettbewerbslandschaft ausgezeichnet. Für die Bewertung hat Frost & Sullivan Marktfaktoren anhand festgelegter Kriterien wie Marktwachstum, Korrelation zwischen Umsatz und Investition oder Durchdringung neuer Märkte analysiert und quantifiziert sowie Haus-ServiceRufExperten und -Benutzer befragt. Bosch entwickelt seit Anfang der 80er Jahre Haus-ServiceRuf-Teilnehmerstationen und Leitstellen-Managementsysteme. Insbesondere älteren und behinderten Menschen wird damit ein weitestgehend selbstständiges Leben im eigenen Heim ermöglicht mit der Sicherheit, immer Kontakt zu einer Hilfe leistenden Stelle zu haben. Anfang 2003 übernahm Bosch die Estafette Holding B.V., ein Haus-ServiceRufUnternehmen mit eigenen Vertriebsgesellschaften in den Benelux-Ländern und Deutschland. 62 Seit 2004 dehnt Bosch seine Präsenz auf weitere europäische Länder aus, um die Märkte noch besser zu erschließen und den Bedürfnissen der zunehmenden Zahl älterer Menschen in Europa Rechnung zu tragen. Seit 1980 nutzen eine Million Teilnehmer den Hausnotruf. Zu dieser Entwicklung hat Bosch wesentlich beigetragen. Bosch Sicherheitssysteme GmbH bekommt den „Competitive Strategy Leadership Award 2006“ von Frost & Sullivan. 25 Jahre Hausnotruf