Schwäbische Zeitung vom 27.07.2016

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Schwäbische Zeitung vom 27.07.2016
Mittwoch, 27. Juli 2016
Schwäbische Zeitung
Täter von
Untereschach im
Gefängnis attackiert
Kreistag beschließt
neues Radkonzept
53 Jahre alter Mann wurde
im Krankenhaus behandelt
Nacht zum 1. Juli in Untereschach
seine Frau und seine beiden Stieftöchter mutmaßlich getötet hat, ist in
der Justizvollzugsanstalt Ravensburg in Hinzistobel von einem anderen Häftling angegriffen und erheblich verletzt worden. Entsprechende
Informationen der „Schwäbischen
Zeitung“ haben die Staatsanwaltschaft und die Anstaltsleitung in Ravensburg jetzt bestätigt.
Es habe einen „Übergriff auf den
Beschuldigten gegeben“, sagte
Staatsanwalt Karl-Josef Diehl auf
Nachfrage. Ereignet hat sich der Angriff bereits wenige Tage nach der
Tat, nämlich am 6. Juli. Der 53 Jahre
alte Mann wurde im GefängnisKrankenhaus Hohenasperg mit Verletzungen im Gesicht stationär behandelt. Die Behandlung ist inzwischen abgeschlossen. Er sei nicht in
eine andere Justizvollzugsanstalt
verlegt worden, so Diehl.
Der Familienvater soll seine 37
Jahre alte Ehefrau und deren beiden
Töchter, 14 und 18 Jahre alt, aus Eifersucht mit einem Beil und einem Messer getötet haben. Die fünf Jahre alte
gemeinsame Tochter des Ehepaares
hatte die Tat, die die ganze Region erschütterte, überlebt und wird von einer Pflegefamilie betreut. Der Mann,
der die Tat gestanden hat, gilt als sui-
zidgefährdet, er stand deshalb in der
Untersuchungshaft unter besonderer Beobachtung. Der Leiter der JVA
Hinzistobel, Thomas Mönig, hat den
Angriff ebenfalls bestätigt. „Zum
Schutz des Gefangenen vor sich
selbst und vor Mitgefangenen waren
Sicherheitsmaßnahmen angeordnet“, so Mönig in einer Erklärung.
Wegen der „Suizidprophylaxe“ habe
man ihn allerdings nicht dauerhaft
von anderen Gefangenen trennen
können. Bei einem Hofgang mit einer
kleinen Gruppe sei es dann nach einem Streit mit einem anderen Insassen zu der Attacke gekommen.
Thomas Mönig glaubt nicht, dass
der Mann in einem anderen Gefängnis besser geschützt werden könnte.
Weil die Tat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt habe, könne es auch in
anderen Städten zu Anfeindungen
durch Mithäftlinge kommen, wenn
die Identität des Ravensburgers erst
durchgesickert sei.
Die Ermittler haben inzwischen
ihre kriminaltechnischen Untersuchungen in der Doppelhaushälfte in
Untereschach abgeschlossen. Die
Staatsanwaltschaft wirft dem Familienvater Mord in drei Fällen vor und
geht nach derzeitigem Stand von den
Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke aus.
Das Haus ist wieder freigegeben. Ein
Nachlassverwalter kümmert sich um
die Auflösung des Haushalts.
Ein Mithäftling hat beim Hofgang in
FOTO: DPA
der JVA zugeschlagen.
Die JVA Ravensburg mit ihren rund
480 Haftplätzen ist zuständig für:
männliche Gefangene im Alter
unter 24 Jahren, die nach dem
Erwachsenenrecht zu Freiheitsstrafe verurteilt sind; zu Jugendstrafe verurteilte junge, männliche
Gefangene, die vom Jugendstrafvollzug ausgenommen sind; erwachsene, männliche Strafgefangene aus der Region; männliche
Untersuchungsgefangene aus dem
Landgerichtsbezirk Ravensburg;
weibliche Untersuchungsgefangene
aus den Bezirken Ravensburg,
Konstanz und Hechingen.
Von Frank Hautumm
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RAVENSBURG - Der Mann, der in der
23
Bühnenbild und Deko benötigt Joan Baez nicht. Allein mit Gitarre und Stimme zieht die 75-Jährige das Publikum
FOTO: ANDY HEINRICH
in den Bann.
Die „Königin des Folk“ hält Hof
Joan Baez begeistert rund 3500 Besucher beim Open Air im Salemer Schloss
von „It’s All Over Now, Baby Blue“
mit ein.
Von Julia Freyda
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SALEM - Die Bühne der Joan Baez reduziert sich auf das Wesentliche: Die
Musik und die Stimme der „Königin
des Folk“. Genau das haben die rund
3500 Besucher beim Salem-OpenAir am Montagabend erwartet und
auch knapp zwei Stunden ohne Unterbrechung von der 75-Jährigen bekommen.
Um kurz nach 20 Uhr betritt Joan
Baez die Bühne. Nach einer knappen
Begrüßung greift sie sofort in die Saiten ihrer Gitarre, legt mit „Farewell
Angelina“ los. Nach „God is God“
und „There But For Fortune“ scheint
die Amerikanerin mit dem Publikum
warm geworden zu sein. Nachdem
ihre Bandmitglieder Dirk Powell und
Gabriel Harris zu ihr gestoßen sind,
kündigt sie „Silver Dagger“ an. „Das
Lied habe ich 1959 gelernt, damals
waren Sie noch gar nicht geboren“,
sagt Baez ins überwiegend ältere Publikum, das mit Lachen reagiert. „So
finde ich immer heraus, wer Englisch
spricht“, witzelt die 75-Jährige. Ihr
Publikum in Salem hat sie spätestens
ab diesem Punkt im Griff. Bereitwillig stimmen die Zuhörer im Refrain
Lob für Flüchtlingspolitik
Wer am Montagabend von Joan Baez
eine politische Botschaft zur aktuellen Lage mit Terror und Unruhen in
Europa erwartet hat, der wurde enttäuscht. Dass Donald Trump aus ihrem Land stamme sei eine Schande,
dessen Flüchtlingspolitik ein Grauen, die in Europa hingegen, die das
Gegenteil von Trumps sei, lobt Baez
ausdrücklich. Das Publikum applaudiert kräftig, aber die politische Aktivistin lässt den restlichen Abend
die Liedtexte für sich sprechen und
den Besuchern Raum für die Interpretation. Zum Ausdruck bringt sie
in den kurzen Einleitungen zu ihren
Liedern aber ihre Dankbarkeit für ihr
eigenes Glück und den Appell an
Mitmenschlichkeit. Etwa auch beim
Lied „Deportee“. Dieses handelt von
mexikanischen Flüchtlingen, die
beim Rücktransport in ihr Land mit
dem Flugzeug abgestürzt sind, aber
in Medienberichten stets nur als „deportees“ zusammengefasst würden.
„Das Lied soll ihnen Namen geben“,
sagte Baez.
An Klarheit hat Joan Baez in ihrer
Stimme trotz des Alters wenig verloren, vielleicht etwas an Höhe. Hinzugekommen ist im Gesang aber ein
leicht rauchiger Ton, der etwa bei
„Swing Low, Sweet Chariot“ voll zum
Tragen kommt – vor allem, als auch
die Gitarre schweigt und Baez nur
mit ihrer Stimme wirkt.
Doch nicht nur die altbekannte
Stimme der „Königin des Folk“ gefiel
dem Publikum. Auch Sängerin Grace
Stumberg glänzte mit kraftvollen
Passagen. Sein Multitalent an Instrumenten bewies Dirk Powell, der
mühelos etwa zwischen Klavier,
Banjo, Ziehharmonika, Gitarre und
Violine wechselte. Percussionist
Gabriel Harris, Sohn von Baez und
Ex-Mann David Harris, verdiente
sich ordentlichen Applaus für sein
Solo bei „Darling Corey“. Mit „Gracias a la Vida“ kündigte Baez ihren Abschied für den Abend an. Doch das
begeisterte Publikum entlockte ihr
noch fünf Zugaben. Darunter das von
den Zuhörern wohl lang ersehnte
„Sag mir wo die Blumen sind“ und
„Blowin In The Wind“ – im Einklang
mit dem Chor des beseelten Publikums.
FRIEDRICHSHAFEN (flo) - Einstimmig hat der Kreistag am Dienstag das
neue Radverkehrskonzept für den
Bodenseekreis verabschiedet. Es soll
als Grundlage dienen, um ein ambitioniertes Ziel zu erreichen: Bis 2025
soll der Anteil des Radverkehrs am
Gesamtverkehr von derzeit 13 auf 22
Prozent steigen.
Eines stellte der passionierte Radfahrer und Landrat Lothar Wölfle am
Dienstag klar: „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir Individualfahrten mit dem Kraftfahrzeug vermeiden, wenn das Radwegeangebot
stimmt.“ Damit es stimmt, sollen die
„Baulastträger“ – Bund, Land und der
Bodenseekreis mit seinen 23 Gemeinden – in den kommenden Jahren
rund 58 Millionen Euro in die 1100 Kilometer Radwege am See investieren. Gut zwei Jahre haben die Spezialisten der Kreisverwaltung zusammen mit dem Kölner Planungsbüro
VIA an einem neuen Radverkehrskonzept gefeilt. Besonderes Augenmerk liegt auf dem sogenannten Alltagsnetz mit seinen 623 Kilometern,
an das alle Orte mit mehr als 500 Einwohnern angeschlossen sind. Aufgepeppt werden sollen aber auch die
Strecken, die überwiegend von Freizeitfahrern benutzt werden.
Der Anteil der Kreisstraßen am
Gesamtnetz beträgt 270 Kilometer.
Wie Peter Gwiasda vom Planungsbüro VIA erläuterte, müsse der Kreis
in den nächsten Jahren rund 10 Millionen zahlen, um das neue Konzept
umzusetzen. „Handlungsbedarf entlang der Kreisstraßen besteht insbesondere beim Neubau von Radwegen“, sagte Gwiasda.
Einig war sich der Kreistag, dass
dieses Geld sehr gut angelegt wäre.
CDU-Mann Edgar Lamm (Uhldingen) lobte ein „ambitioniertes Konzept“ und freute sich, dass der Kreis
und Kommunen „an einem Strang
ziehen“. Frank Amann von den Freien Wählern erkannte eine „hervorragende Arbeitsgrundlage für die Baulastträger“. Jetzt müsste das Konzept
aber auch umgesetzt werden. Der
Grüne Helmut Faden sprach von einem „Meilenstein in der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur“, Michael Wilkendorf (SPD) nannte das
Konzept „schlüssig und gut durchdacht“. Ob die Stelle eines Radverkehrskoordinators eingerichtet werden solle, stellte Hans-Peter Wetzel
(FDP) infrage. Roland Biniossek hält
diesen Posten dagegen für absolut
notwendig.
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Kreis bietet Übernahme an
Die Erfolgsmarke
Kreistag steht hinter der Wirtschaftsförderung
Südmail gibt eine weitere Auflage der Briefmarke „Vierländerregion Bodensee“ heraus
FRIEDRICHSHAFEN (af) - Nach dem
Austritt von Tettnang aus der Wirtschaftsförderung des Bodenseekreises (WFB) bietet der Landkreis allen
an der Gesellschaft beteiligten Städten und Gemeinden an, deren Anteile zu übernehmen. Das hat der Kreistag mit einer Gegenstimme von
Hansjörg Bär (FW) und einer Enthaltung von Karl-Josef Aicher (Grüne) –
beide sind auch Tettnanger Gemeinderäte – gestern beschlossen. Der
Kreis will damit einer weiteren Erosion in der Gesellschaftsstruktur
entgegentreten und die Wirtschaftsförderung als Kreisaufgabe stärker
verankern.
Der Befreiungsschlag, den der
Tettnanger Gemeinderat gegen die
Empfehlung von Bürgermeister Bruno Walter gewagt hat, dürfte sich
über kurz oder lang als wenig zielführend erweisen. Unisono hält
nämlich der Kreistag an der Wirtschaftsförderung als Kreisaufgabe
fest und will die finanziellen Lasten
auf mehrere Schultern verteilt wissen. Wer also seine Stammanteile an
den Kreis abgibt, ist künftig eben
über die Kreisumlage mit dabei. Tettnang als viertgrößter Gesellschafter
der WFB trägt aktuell 36 332 Euro pro
Jahr zum Budget bei.
„Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet“, auf diesen Nenner brachte es CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Hornung. Er hält das
Vorgehen der Stadt Tettnang für
schädlich und befürchtet einen Do-
minoeffekt. Man könne sich nicht
einfach auf Kosten anderer von dieser Gemeinschaftsaufgabe loskaufen, so Hornung. Von „Kirchturmdenken“ und „Entsolidarisierung“
sprach FW-Fraktionsvorsitzender
Frank Amann. Für den Bürgermeister von Heiligenberg ist Wirtschaftsförderung kein Rosinenpicken, sondern Mannschaftssport. „Wir brauchen die Wirtschaftsförderung“, sagte Christa Hecht-Fluhr (Grüne). Sie
wünscht sich allerdings wie ihre Vorredner, eine inhaltliche Debatte. Enttäuscht von dem Auszug Tettnangs
zeigten sich auch SPD und FDP. „Wir
brauchen in der Wirtschaftsförderung nicht weniger, sondern mehr
Kreis“, sagte Roland Biniossek (Linke). Eine Lanze für den Tettnanger
Gemeinderat brach nur Manfred
Härle. Der Salemer Bürgermeister
trauert immer noch der WFB-West
nach. Äußerst nachtragend erwies
sich Hansjörg Bär als er daran erinnerte, dass der Landrat bei einer
Zunftmeisterversammlung Tettnang
wegen der Diskussion um die WFB
„in unqualifizierter Weise diskriminierte“. Außerdem habe er Gesprächsangebote des Gemeinderats
abgeschlagen. „Ich hatte nie eine Einladung, und den Geschäftsführer hat
man wieder ausgeladen“, konterte
Wölfle, der außerdem nicht verstehen kann, dass ein ehemaliger Zunftmeister so wenig Humor hat. In der
Fasnet dürfe man schließlich manche Wahrheiten deftiger sagen.
FRIEDRICHSHAFEN (flo) - Aufgrund
der riesigen Nachfrage wird „Südmail“ eine neue Auflage der erfolgreichen Briefmarke „Vierländerregion Bodensee“ herausgeben. Seit Ende 2013 wurde die Marke 600 000
Mal verkauft, ab heute sind weitere
250 000 Stück erhältlich.
„Die Briefmarke ist wirklich sehr
gut gelaufen. Viele Kunden haben
uns auf eine Neuauflage angesprochen und diesem Wunsch kommen
wir gerne nach“, sagte Thomas Reiter, der Geschäftsführer von „Südmail“, am Dienstag bei der feierlichen Enthüllung.
Präsentieren ein schönes Stück Heimat (von links): Andreas Querbach,
Geschäftsführer der Schwäbischen Zeitung in Friedrichshafen, Dörte
Grenzow, Prokuristin der Bodensee Standort Marketing GmbH, Benedikt
Otte, Chef der Wirtschaftsförderung Bodensee, und Thomas Reiter, Geschäftsführer von Südmail.
FOTO: GUNNAR M. FLOTOW
Die Erstauflage von 600 000
Exemplaren, die Ende des Jahres 2013
auf den Markt kam, ist inzwischen
ausverkauft. Das kleine Stück Heimat, welches das Logo der Vierländerregion trägt, wird ab Mittwoch,
27. Juli, in einer Neuauflage von
250 000 Stück in den mehr als 270
Südmail-Verkaufsstellen angeboten.
Im Internet kann die Briefmarke
ebenfalls bestellt werden unter der
Adresse www.suedmail.de.
Werbung in ganz Deutschland
„Die Briefmarke ist wirklich ein toller Werbeträger“, betont Thomas
Reiter. Südmail und auch die Bodensee Standort Marketing GmbH sind
überzeugt, dass die Briefmarke die
Regionenmarke „Vierländerregion
Bodensee“ hervorragend transportiert – und dass eben gerade der starke regionale Bezug der Grund für
den großen Erfolg ist. Ziel der
Regionenmarke „Vierländerregion
Bodensee“ ist eine gemeinsame Marketing- und Kommunikationsoffensive, um der Vierländerregion ein aussagekräftiges, starkes Gesicht nach
innen und außen zu geben. 70
Prozent der Südmail-Sendungen
bleiben in der Region, 30 Prozent
werden nach ganz Deutschland verschickt.
Thomas Reiter freut sich auf den
Verkaufsstart – und denkt auch
schon über die aktuelle Auflage hinaus: „Mal schauen, wann wir die
Million knacken werden.“
Kalenderblatt
Mittwoch, 27. Juli
Tagesspruch: Geburtstage sind
Erntetage deines bisherigen Lebens.
Geburtstage sind Beweis für die
Vergangenheit, Momentaufnahme
der Gegenwart und Hoffnung für die
Zukunft. (Hermann Lahm, geboren
1948)
Außerdem & Sowieso: Geburtstag
hat man nur einmal. Der Rest sind
Startbahnmarkierungen auf dem Weg
zu den Sternen. (Siegfried Wache,
Luftfahrzeugtechniker und Autor)
Aus der Bibel: Unser Leben währt
siebzig Jahre, und wenn es hoch
kommt, sind es achtzig. Das Beste
daran ist nur Mühsal und Beschwer,
rasch geht es vorbei, wir fliegen
dahin. (Psalm 90,10)
Namenstage: Rudolf, Pantaleon, Rolf,
Natalie
Heute vor 52 Jahren (1964): Die
Bundesbank gibt die ersten Banknoten im Wert von 1000 Mark, den
höchsten von ihr emittierten Nennwert, aus. Abgebildet sind ein Männerporträt von Lucas Cranach dem
Älteren und der Limburger Dom.
Das halbstündige TV-Journal läuft
von Montag bis Freitag zwischen 18
Uhr und 24 Uhr und ist auf dem
Kabelkanal S23 im Netz von Kabel
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