Richtlinien für die Verfahren vor dem Harmonisierungsamt

Transcription

Richtlinien für die Verfahren vor dem Harmonisierungsamt
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
WIDERSPRUCHSRICHTLINIEN
TEIL 2
KAPITEL 2
B. ÄHNLICHKEIT DER WAREN UND
DIENSTLEISTUNGEN
Endgültige Fassung: November 2007
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 1
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
INHALTSVERZEICHNIS
KAPITEL 2: VERWECHSLUNGSGEFAHR ............................................................................. 5
B.
ÄHNLICHKEIT DER WAREN UND DIENSTLEISTUNGEN ..................................... 5
I.
Grundsätze des Gerichtshofs und deren Anwendung in der Praxis .......................... 5
1.
Das Verhältnis zwischen der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen und
der Verwechslungsgefahr ..................................................................................... 5
1.1. Die Ähnlichkeit von Waren/Dienstleistungen ist eine unabdingbare
Voraussetzung für eine Verwechslungsgefahr................................................... 5
1.2. Auslegung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit in Bezug auf
Verwechslungsgefahr ......................................................................................... 6
1.3. Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit unabhängig von der Ähnlichkeit der Zeichen
oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke .............................................. 6
1.4. Es gibt eine „absolute“ äußere Grenze der Ähnlichkeit...................................... 6
2.
Beurteilung des Grads der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen in der
Praxis..................................................................................................................... 7
2.1. Vorgehensweise bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und
Dienstleistungen ................................................................................................. 8
2.2. Ausdrückliche Feststellung erforderlich.............................................................. 8
3.
Die Nizzaer Klassifikation und die Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen......... 9
II.
DAS RELEVANTE GEBIET ..................................................................................... 10
III.
Warenähnlichkeit: BEURTEILUNGSKRITERIEN .................................................... 12
1.
2.
Allgemeine Beurteilungsgrundsätze.................................................................... 12
Spezifische Ähnlichkeitsfaktoren für den Vergleich von Waren mit Waren ........ 13
2.1. Einleitung: Die Unterscheidung der Faktoren kann sich als schwierig
herausstellen .................................................................................................... 13
2.2. Art der Ware ..................................................................................................... 14
2.2.1. Allgemeine Überlegungen ...................................................................... 14
2.2.2. Die für die Bestimmung der Art der Ware maßgeblichen
Produkteigenschaften............................................................................. 16
2.2.3. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 18
2.3. Verwendungszweck.......................................................................................... 19
2.3.1. Definition................................................................................................. 19
2.3.2. Festlegung des richtigen Abstraktionsgrads .......................................... 19
2.3.3. Auswirkungen verschiedener Verwendungszwecke auf die Beurteilung
der Ähnlichkeit ........................................................................................ 20
2.3.4. Das Verhältnis insbesondere zwischen Art und Zweck ......................... 20
2.3.5. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 21
2.4. Verwendungsmethode...................................................................................... 21
2.4.1. Definition der Verwendungsmethode ..................................................... 21
2.4.2. Festlegung des richtigen Abstraktionsgrads .......................................... 21
2.4.3. Wann die „Verwendungsmethode“ ein wichtiger Faktor sein kann........ 22
2.5. Wie man die Faktoren Art – Verwendungszweck – Verwendungsmethode –
ordnungsgemäß auseinander halten kann ....................................................... 23
2.6. Einander ergänzende Waren............................................................................ 23
2.6.1. Grundsätze ............................................................................................. 23
2.6.2. Allgemeine Beispiele .............................................................................. 25
2.6.3. Zubehör, Accessoires............................................................................. 26
2.6.4. Komplementärer Charakter aufgrund von Verbrauchergewohnheiten .. 26
2.6.5. Hilfswaren, Nebenwaren ........................................................................ 26
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 2
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.6.6.
Verkaufsförderung durch Hersteller von Waren oder Erbringer von
Dienstleistungen ..................................................................................... 27
2.6.7. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 28
2.7. Konkurrierende Waren...................................................................................... 28
2.8. Vertriebskanäle, insbesondere gleiche Verkaufsstätten .................................. 29
2.8.1. Die wichtigsten Vertriebswege ............................................................... 29
2.8.2. Gleiche Vertriebswege – Bedeutung im Allgemeinen ............................ 29
2.8.3. Gleiche Verkaufsstätten – Bedeutung im Einzelnen .............................. 30
2.8.4. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 30
2.9. Das relevante Publikum, d. h. die aktuellen und potenziellen Abnehmer ........ 31
2.9.1. Der Begriff „Abnehmer“ .......................................................................... 31
2.9.2. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 33
2.10.
Regelmäßige Herkunft der Waren/Dienstleistungen.............................. 33
2.10.1. Regelmäßige Herkunft der Waren und Dienstleistungen....................... 33
2.10.1.1.Grundsatz.............................................................................................. 33
2.10.1.2.Erfordernis einer Branchenübung im Falle einer Ausdehnung der
Geschäftstätigkeit ................................................................................... 35
2.10.2. Ähnliche oder gleiche Herstellungsstätten/-methoden........................... 37
2.10.3. Verhältnis zu anderen Faktoren ............................................................. 38
3.
Warenähnlichkeit: Rohstoffe, Zubehör, Ersatz- und Einzelteile.......................... 38
3.1. Rohstoffe........................................................................................................... 38
3.2. Zutaten in Lebensmitteln .................................................................................. 39
3.3. Einzelteile, Bestandteile und Ausstattungen .................................................... 40
4.
Vergleich von Dienstleistungen untereinander ................................................... 40
4.1. Art der Dienstleistung ....................................................................................... 41
4.2. Einander ergänzende Dienstleistungen............................................................ 41
4.2.1. Ergänzender Charakter (Ähnlichkeit) bejaht .......................................... 41
4.2.2. Ergänzender Charakter (Ähnlichkeit) verneint ....................................... 42
4.3. Miteinander konkurrierende Dienstleistungen .................................................. 42
4.4. Das relevante Publikum.................................................................................... 42
4.5. Regelmäßige Herkunft...................................................................................... 43
5.
Vergleich von Waren und Dienstleistungen ........................................................ 43
5.1. Allgemeines ...................................................................................................... 43
5.2. Dienstleistungen, die üblicherweise ohne Erwerb der entsprechenden Ware
erbracht werden (und umgekehrt) .................................................................... 43
5.3. Unselbständige Nebenleistungen (DL, die üblicherweise nur zusammen mit der
Ware erbracht werden und umgekehrt)............................................................ 45
5.3.1. Waren und Dienstleistungen unähnlich.................................................. 45
5.3.1.1. Regelmäßige Herkunft der Waren und DL ist unterschiedlich ............... 45
5.3.1.1.1.Grundsatz............................................................................................. 45
5.3.1.1.2.Die Dienstleistungen Transport, Verpackung und Lagerung von Waren
................................................................................................................ 45
5.3.1.1.3.Andere Fälle ......................................................................................... 46
5.3.1.2. Gleiche regelmäßige Herkunft, aber Ware/Dienstleistung ist nicht Teil
des Kerngeschäfts.................................................................................. 46
5.3.2. Waren und Dienstleistungen (entfernt) ähnlich ...................................... 46
5.3.2.1. Installations-, Wartungs- und Reparaturdienste..................................... 46
5.3.2.2. Beratungsdienstleistungen ..................................................................... 47
5.3.3. Insbesondere Restaurantdienstleistungen und Lebensmittel ................ 48
IV.
VERGLEICH SPEZIFISCHER WAREN UND DIENSTLEISTUNGEN..................... 49
1.
2.
IT und Telekommunikation.................................................................................. 49
Ähnlichkeit von Einzelhandelsdienstleistungen untereinander und zwischen
Waren und Einzelhandelsdienstleistungen ......................................................... 51
3.
Schuhwaren, Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Handtaschen, Accessoires
............................................................................................................................. 52
3.1. Schuhwaren und Bekleidungsstücke sind ähnlich ........................................... 52
3.2. Kopfbedeckungen und Bekleidungsstücke sind ähnlich .................................. 53
3.3. Handtaschen und Bekleidungsstücke sind ähnlich .......................................... 53
3.4. Spezifische Accessoires zu Bekleidungstücken............................................... 53
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 3
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
4.
V.
VERHÄLTNIS DER FAKTOREN UNTEREINANDER ............................................. 55
1.
2.
VI.
Arzneimittel.......................................................................................................... 53
4.1. Arzneimittel untereinander................................................................................ 54
4.2. Arzneimittel und Kosmetika .............................................................................. 54
Dominierende Faktoren....................................................................................... 55
Wechselbeziehung .............................................................................................. 56
SCHLUSSFOLGERUNG.......................................................................................... 57
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 4
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
KAPITEL 2: VERWECHSLUNGSGEFAHR
B.
ÄHNLICHKEIT
DER
DIENSTLEISTUNGEN
WAREN
I.
GRUNDSÄTZE DES GERICHTSHOFS
ANWENDUNG IN DER PRAXIS
1.
Das Verhältnis zwischen der Ähnlichkeit von Waren und
Dienstleistungen und der Verwechslungsgefahr
1.1.
Die Ähnlichkeit von Waren/Dienstleistungen ist eine unabdingbare
Voraussetzung für eine Verwechslungsgefahr
UND
UND
DEREN
Soweit keine Identität der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen vorliegt,
bildet die Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit gemäß Artikel 8 Absatz 1
Buchstabe b) GMV eine unabdingbare Voraussetzung für das Vorliegen von
Verwechslungsgefahr. Der Gerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung
wiederholt mit der Ähnlichkeit der von den gegenüberstehenden Zeichen
erfassten Waren und Dienstleistungen befasst.
In dem Canon-Urteil hob der Gerichtshof hervor, dass die Waren/Dienstleistungsähnlichkeit eine unverzichtbare Voraussetzung für die
Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) GMV darstellt:
… selbst wenn eine Identität mit einer Marke besteht, deren
Kennzeichnungskraft besonders ausgeprägt ist, [ist] weiterhin der Beweis zu
erbringen, dass eine Ähnlichkeit zwischen den gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen besteht. (...) eine Verwechslungsgefahr [setzt] eine Identität
oder eine Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen
[voraus] (Canon, Rn. 22).
Bereits in dem Sabèl-Urteil hielt der Gerichtshof unter Bezugnahme auf die
siebte Begründungserwägung zur GMV Folgendes fest:
… das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr hängt „von einer Vielzahl von
Umständen ab, insbesondere (...) dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der
Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen“ (Sabèl, Rn. 22).
Hieraus folgt, dass in jedem Einzelfall der Grad der Ähnlichkeit der Waren und
Dienstleistungen festgestellt werden muss. Der Grad der Waren/Dienstleistungsähnlichkeit bildet zusammen mit dem Grad der
Zeichenähnlichkeit, dem Grad der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens
(Sabèl, Rn. 24) dem Grad der fachlichen Bildung und Aufmerksamkeit des
Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren/Dienstleistungen (Lloyd, Rn.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 5
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
26) sowie jedem sonstigen für den Fall relevanten Faktor die Grundlage für die
Beurteilung der Verwechslungsgefahr.
1.2.
Auslegung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit in Bezug auf
Verwechslungsgefahr
Die siebte Begründungserwägung zur GMV weist auch darauf hin, in welcher
Weise Waren/Dienstleistungsähnlichkeit ausgelegt werden sollte:
„Der Begriff der Ähnlichkeit ist im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr
auszulegen„.
Der Gerichtshof hat Verwechslungsgefahr wie folgt definiert:
... Daher liegt eine Verwechslungsgefahr (..) dann vor, wenn das Publikum
glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus
demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander
verbundenen Unternehmen stammen.
... (...) Dagegen ist das Bestehen einer solchen Gefahr ausgeschlossen,
wenn sich nicht ergibt, dass das Publikum glauben könnte, dass die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder
gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
stammen. (Canon Rn. 29, 30)
Die Bedeutung der gemeinsamen Herkunft (im weiten Sinne) für den Umfang
der Verwechslung zeigt an, welche Art von Ähnlichkeit hinsichtlich der zu
vergleichenden Waren und/oder Dienstleistungen erforderlich ist:
Die Berührungspunkte zwischen den Waren/Dienstleistungen müssen den
Eindruck erwecken, die Waren/Dienstleistungen stammten aus denselben
Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.
Siehe Rechtssachen T-85/02 CASTILLO / EL CASTILLO, Rn. 33 ff.; T-99/01
MYSTERY (Bildm.) / Mixery, Rn. 41, und C-106/03 HUBERT (Bildm.) / SAINTHUBERT 41.
1.3.
Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit unabhängig von der Ähnlichkeit der
Zeichen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Keinen Einfluss auf die Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit
haben der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen
sowie die Kennzeichnungskraft der älteren Marke.
1.4.
Es gibt eine „absolute“ äußere Grenze der Ähnlichkeit
Es ist eine „absolute“ Grenze zu ziehen zwischen ähnlichen
Waren/Dienstleistungen und nichtähnlichen. Dies bedeutet, dass ein und
dasselbe Paar von Waren/Dienstleistungen entweder stets außerhalb oder
stets innerhalb dieser äußeren Grenze liegen muss.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 6
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Die Festlegung einer äußeren Grenze ist aus verschiedenen Gründen
erforderlich:
Erstens besteht ein Bedürfnis an Rechtssicherheit.
Zweitens
kann
die
ältere
Marke
bei
fehlender
Waren/Dienstleistungsähnlichkeit nur unter den in Artikel 8 Absatz 5 GMV genannten
Voraussetzungen der GM-Anmeldung entgegen gehalten werden. Diese
Bestimmung gewährt bekannten Marken einen erweiterten Schutz. Die
Voraussetzungen dieses erweiterten Schutzes – unlautere Ausnutzung oder
Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Bekanntheit der älteren
Marke – lassen sich meist nur schwer nachweisen.
Drittens ist es wünschenswert, dass das Amt und die zuständigen Behörden
der Mitgliedstaaten die Waren und Dienstleistungen nach gleichen Maßstäben
beurteilen. In den beiden nachfolgend aufgeführten Situationen ist es für die
Markenämter der Mitgliedstaaten unabdingbar, eine „absolute“ äußere Grenze
der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit festzulegen. Dadurch ergibt sich auch
für das Amt die Notwendigkeit, eine solche klare Abgrenzung vorzunehmen:
Wenn das nationale Recht des Mitgliedstaats keinen erweiterten Schutz für
bekannte Marken vorsieht; Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a) der Marken-RL
überlässt es dem Ermessen des Mitgliedstaats, einen solchen Schutz
einzuführen.
Ferner kann sich ein Mitgliedstaat dafür entscheiden, einen solchen
erweiterten Schutz nur im Rahmen einer Nichtigkeits- und Verletzungsklage,
nicht jedoch im Widerspruchsverfahren, zu gewähren (so z.B. Deutschland).
Bei der Grenzziehung zwischen (entfernt) ähnlichen und unähnlichen Waren
und Dienstleistungen sind folgende Kriterien zu beachten:
Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit liegt vor, wenn das Publikum bei
unterstellter Markenidentität annehmen könnte, die Waren stammen aus
demselben oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.
Diese Prüfung steht im Einklang mit ähnlichen Ausführungen des Gerichtshofs
in seinem Urteil in der Sache Ideal Standard (in Rn. 16). Die Definition ergibt
sich aus der oben unter Abschnitt 1 vorgenommenen Auslegung des siebten
Erwägungsgrunds zur GMV. Ein zu enger Ansatz, bei dem von einer
geringfügigen Zeichenähnlichkeit ausgegangen wird, würde zu Schutzlücken
führen. Umgekehrt wäre bei einem breiteren Ansatz – mit unterstellter
Zeichenidentität und maximaler Kennzeichnungskraft der älteren Marke – eine
Abgrenzung zu Artikel 8 Absatz 5 GMV kaum mehr möglich. Wenn die ältere
Marke Bekanntheit genießt, geht das Publikum davon aus, dass beinahe alle
Waren/Dienstleistungen von demselben oder zumindest wirtschaftlich
miteinander verbundenen Unternehmen stammen.
2.
Beurteilung des Grads der
Dienstleistungen in der Praxis
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Ähnlichkeit
der
Waren
und
Seite 7
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.1.
Vorgehensweise bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und
Dienstleistungen
Die tatsächlichen Marktverhältnisse müssen ermittelt werden
Für die Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit ist auf die
tatsächlichen Marktverhältnisse abzustellen, d. h. auf die etablierten
Handelsbräuche der relevanten Branche. Diese Bräuche, insbesondere die
Handelsbräuche entwickeln sich dynamisch und ändern sich ständig.
Der Prüfer kann sich anhand des Vorbringens der Beteiligten ein Bild von den
jeweiligen Handelsbräuchen machen. Darüber hinaus sind bestimmte
Tatsachen allgemein bekannt und daher nicht mehr beweisbedürftig. Es kann
allerdings nur das berücksichtigt werden, was sich aus dem Vorbringen der
Beteiligten ergibt oder allgemein bekannt ist (vgl. Artikel 74 Absatz 1 GMV).
Der Prüfer sollte hinsichtlich der tatsächlichen Marktverhältnisse jegliche
Spekulationen unterlassen, insbesondere im technischen Bereich, IT-Bereich
oder in Bezug auf geschäftliche Dienstleistungen. Formulierungen wie: „Es ist
durchaus möglich, dass bestimmte Hersteller der Ware 1 auch in der
Herstellung der Waren 2 tätig sind“ und Wörter wie „vielleicht“ sind zu
vermeiden.
2.2.
Ausdrückliche Feststellung erforderlich
Verwechslungsgefahr kann nur dann bejaht werden, wenn in der
Entscheidung eine Ähnlichkeit der betreffenden Waren/Dienstleistungen
ausdrücklich
festgestellt
wurde.
Wird
festgestellt,
dass
die
Waren/Dienstleistungen ähnlich sind, so muss auch zu dem Grad der
Ähnlichkeit Stellung genommen werden.
Die Feststellung, ob Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit gegeben ist (und wenn
ja, zu welchem Grad), erfolgt in der Regel im Abschnitt „Ähnlichkeit der
Waren/Dienstleistungen“ der Entscheidung. In Grenzfällen kann die
Feststellung auch lediglich im letzten Prüfungsabschnitt, der umfassenden
Beurteilung, erfolgen (siehe unten, 4.2.2.d.).
Ferner muss die Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit auch
kohärent sein. Dies bedeutet insbesondere, dass Entscheidungen zum selben
Ergebnis kommen müssen, wenn dieselben Waren/Dienstleistungen in Rede
stehen.
In Grenzfällen (entfernte Ähnlichkeit / Unähnlichkeit) kann die Frage, ob und in
welchem Ausmaß Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit vorliegt, im Rahmen der
Ähnlichkeitsprüfung zunächst offen bleiben und erst im letzten Prüfungsschritt,
der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr, entschieden werden.
In solchen Fällen müssen die relevanten Faktoren für die Beurteilung der in
Frage stehenden Waren/Dienstleistungen im Rahmen der Ähnlichkeitsprüfung
dargelegt werden. Es ist zu prüfen, ob bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
Berührungspunkte zwischen den Waren/Dienstleistungen bestehen. So war im
Beispiel Kleidungsstücke (Kl. 25) und Parfümeriewaren (Kl. 3) hervorzuheben,
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 8
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
dass beide Waren unter der Kontrollverantwortung eines einzigen
Unternehmens hergestellt und auch zusammen verkauft werden können.
Erst im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter
Berücksichtigung des Grads der Zeichenähnlichkeit und der (ursprünglichen
oder durch Benutzung erhöhten) Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens
festzustellen, ob die Berührungspunkte zwischen den Waren ausreichend
sind, um Verwechslungsgefahr anzunehmen. Da es sich um eine
Voraussetzung der Verwechslungsgefahr handelt, muss bei dieser Beurteilung
zudem ausdrücklich festgestellt werden, dass und in welchem Ausmaß die
fraglichen Waren und Dienstleistungen ähnlich sind.
3.
Die
Nizzaer
Klassifikation
Waren/Dienstleistungen
und
die
Ähnlichkeit
der
Waren und Dienstleistungen dürfen nicht deswegen als ähnlich angesehen
werden, weil sie in derselben Klasse der Nizzaer Klassifikation genannt
werden. Nach Regel 2 Absatz 4 GMDV dient die Klassifikation der Waren und
Dienstleistungen ausschließlich Verwaltungszwecken. Sie hat daher keine
unmittelbare
Bedeutung
für
die
Beurteilung
der
Waren/Dienstleistungsähnlichkeit. Daher wurde in einem Fall das Argument
zurückgewiesen, wissenschaftliche Instrumente und Schalter, Sensoren und
Kontrollapparate seien deswegen als ähnlich zu betrachten, weil sie beide der
Klasse 9 angehören.
371/1999 TAMRON (Kl. 9) / AMRON (Kl. 9) (EN).
Ungeachtet von Regel 2 Absatz 4 GMDV ist jedoch zu beachten, dass die
Klasseneinteilung zum Teil denselben Kriterien folgt, die auch bei der
Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zu beachten sind. In
solchen Fällen können Waren oder Dienstleistungen, die derselben Klasse
angehören, durchaus ähnlich sein.
In ihrer Abhandlung „Guide to the Nice Agreement concerning the international
classification of goods and services“ (veröffentlicht im Jahr 2000, siehe S. 25)
schreibt Jessie N. Marshall wie folgt:
Was die Klassenüberschriften betrifft, so ist deren Struktur nicht uniform.
Einige Überschriften decken andere mit ab und enthalten alle Waren der
Klasse. So ergeben sich alle in Klasse 5 enthaltenen Waren aus dem ersten
Satz „pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie
Präparate für die Gesundheitspflege“.
Ferner können auch die Grenzen zwischen einzelnen Klassenüberschriften
unscharf sein. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Papierwaren (Papier, Pappe
und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen
enthalten sind) und Druckereierzeugnissen in Klasse 16. Siehe Marshall,
S. 89.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die Nizzaer
Klassifikation Kriterien folgt, die auch für die Beurteilung der Ähnlichkeit von
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 9
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Belang sein können. Dies wird durch die folgenden Beispiele aus dem
Lehrbuch von Marshall verdeutlicht:
Klasse 1: Funktion [d. h. ein Aspekt der „Art“]
… Waren sind von Klasse 1 umfasst, wenn ihre Funktion und nicht eine
bestimmte Verwendungsart der Waren auf ihren chemischen Eigenschaften
beruht (S. 1 ff.)
Klasse 3: Verwendungszweck
Alle Mittel für die Körper- und Schönheitspflege (ausgenommen für
medizinische Zwecke) und allgemeine Putz- und Poliermittel sind in Klasse 3
enthalten. Viele Waren können, je nachdem, ob sie für die Körper- und
Schönheitspflege oder für andere ganz spezifische Zwecke eingesetzt
werden, in Klasse 3 und in eine weitere Klasse eingeordnet werden. (S. 14)
Klasse 18: Art, Verwendungszweck
Die meisten aus Leder hergestellten Waren werden in Klasse 18 eingeordnet,
sofern sie nicht einem Zweck dienen, der besser einer anderen Klasse
zugeordnet wird. (S. 101)
Klassen 20 und 21: Sonstige Waren – kein Anzeichen für Ähnlichkeit
Diese Klassen werden oftmals miteinander verwechselt, da beide zuweilen als
„Sammelklasse“ oder Klasse der sonstigen Waren bezeichnet werden. … jede
Klasse nur sonstige Waren aus bestimmten Werkstoffzusammensetzungen
umfasst. (S.108)
Klasse 32: konkurrierende Waren
… die Einreihung von Bier in diese Klasse beruht auf seiner Einstufung als
Alternative zu alkoholfreien Getränken. (S. 159)
II.
DAS RELEVANTE GEBIET
Das Gebiet, in dem die ältere Marke Schutz genießt, ist auch für die
geografische Reichweite des Vergleichs maßgeblich. Dies ist insofern von
Bedeutung, als nationale Verbrauchergewohnheiten oder Handelsbräuche
einen Einfluss darauf haben können, in welcher Weise eine bestimmte Ware
in dem maßgeblichen Gebiet hergestellt, vertrieben oder benutzt
(Verwendungsmethode) wird.
T-169/02 NEGRA MODELO / MODELO (EN).
Gemäß der Praxis der Widerspruchsabteilung sollten die Unterschiede
zwischen den nationalen Märkten bei dem Vergleich der Waren und
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 10
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Dienstleistungen berücksichtigt werden. Die Ähnlichkeitsprüfung kann also für
verschiedene Gebiete zu verschiedenen Ergebnissen führen.
Dieser Ansatz verstößt nicht gegen das einheitliche europäische
Verbraucherleitbild. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist auf einen
durchschnittlich
informierten,
aufmerksamen
und
verständigen
Durchschnittsverbraucher
abzustellen
(EuGH
Lloyd,
Rn.
26).
Staatsanghörigkeit oder Wohnsitz spielen dabei keine Rolle.
Die
Berücksichtigung
nationaler
Verbrauchergewohnheiten,
wie
beispielsweise Trinkgewohnheiten (z. B. in Deutschland die Gewohnheit, Wein
mit Mineralwasser zu mischen), ist mit dem Kriterium des durchschnittlich
informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers
vereinbar. Ließe das Amt in einem Fall, bei dem das ältere Recht eine ältere
nationale
Marke
ist,
die
nationalen
Verbrauchergewohnheiten
unberücksichtigt, könnte es im Hinblick auf diesen Mitgliedstaat nicht
ordnungsgemäß beurteilen, ob Verwechslungsgefahr vorliegt. Wenn das Amt
bei
seiner
Entscheidung
nicht
von
den
tatsächlichen
Verbrauchergewohnheiten ausginge, könnte es anders entscheiden als die
jeweiligen Behörden oder Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats, die ihren
Entscheidungen die nationalen Verbrauchergewohnheiten zu Grunde legen.
Eine solche Praxis liefe dem Ziel zuwider, widersprüchliche Entscheidungen
nationaler und gemeinschaftlicher Stellen insoweit zu vermeiden, als ein und
dasselbe Gebiet betroffen ist.
Nationale Gewohnheiten können sich auch auf die Wahrnehmung der Waren
und Dienstleistungen durch die Verbraucher auswirken und somit deren
Aufmerksamkeit verändern, ein Aspekt, der normalerweise erst bei der
umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist.
Beispiel:
In der Entscheidung 1999-2001 Blû (Kl. 33) / BLU (Kl. 32) (EN) wurde
festgestellt, dass die Verbraucher insbesondere in Deutschland, wo
Mixgetränke sehr beliebt sind, alkoholische und alkoholfreie Getränke
miteinander mischen. Auch die Vertriebskanäle der beiden Produkte, d. h.
alkoholische Getränke (außer Biere) und „Mineralwasser, kohlensäurehaltiges
Wasser und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtsaftgetränke und
Fruchtsäfte“, wurden in Bezug auf Deutschland als ähnlich betrachtet. Beide
Produktkategorien werden in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften in
räumlicher Nähe und in denselben Regalen angeboten. Darüber hinaus ist es
in Deutschland nicht unwahrscheinlich, dass ein Hersteller von „alkoholischen
Getränken (außer Bieren)“ auch die von der anderen Marke erfassten Waren
herstellt.
In R 36/2002-3 Lindenhof/LINDERHOF (Bildm.) (DE) nahm die Kammer
hingegen für das relevante deutsche Gebiet nur eine geringfügige Ähnlichkeit
zwischen Schaumwein („Sekt“) und insbesondere Fruchtsäften und
Mineralwässern an. Diese geringfügige Ähnlichkeit sei trotz der großen
klanglichen Ähnlichkeit der beiden Marken nicht hinreichend, um eine
Verwechslungsgefahr zu begründen.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 11
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Bestätigt durch das Urteil vom 15. Februar 2005 in Rechtssache T-296/02, Rn.
49 bis 59.
III.
WARENÄHNLICHKEIT: BEURTEILUNGSKRITERIEN
1.
Allgemeine Beurteilungsgrundsätze
In dem Canon-Urteil hat der Gerichtshof zu den einzelnen Kriterien der
Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit Stellung genommen:
... (...) Zu den Faktoren, die das Verhältnis zwischen den Waren oder
Dienstleistungen kennzeichnen gehören
insbesondere
deren
Art,
Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander
konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen
(Rn. 23).
Die Verwendung von „insbesondere“ weist darauf hin, dass es sich um eine
lediglich
beispielhafte
Aufzählung
handelt.
Die
Waren/Dienstleistungsähnlichkeit kann nicht von im Voraus festgelegten und
allgemein definierten Kriterien abhängen, die auf jeden Einzelfall mit gleicher
Wirkung anzuwenden wären. Zusätzlich zu den vom Gericht aufgezählten
können auch andere Faktoren für den Fall relevant sein.
Die Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit hat auf objektiver
Grundlage zu erfolgen. Objektiv bedeutet jedoch nicht, dass die Grundlage
abstrakt oder inhärent sein müsste. Vielmehr kommt es in erster Linie auf eine
wirtschaftliche Betrachtungsweise an.
In dem Canon-Urteil hob der Gerichtshof hervor, dass bei der Beurteilung der
Ähnlichkeit der Waren alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind, die
das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen.
Die wichtigsten Faktoren sind nachfolgend aufgeführt und werden weiter unten
im Text in der aufgeführten Reihenfolge behandelt:
[Canon-Faktoren:]
Art (Beschaffenheit, Funktionsweise, Erscheinungsbild, Wert usw.)
Verwendungszweck (beabsichtigte Nutzung): ähnlicher oder gleicher
Verwendungszweck
Nutzung
Eigenart als einander ergänzende Waren/Dienstleistungen
Eigenart
als
miteinander
konkurrierende
/
austauschbare
Waren/Dienstleistungen: Befriedigung gleicher oder ähnlicher Bedürfnisse
[mögliche weitere Faktoren:]
Vertriebswege: gleiche oder
Gleichheit der Verkaufsstätten
relevante Verkehrskreise
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
ähnliche
Vertriebskanäle;
insbesondere
Seite 12
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
regelmäßige Herkunft der Waren/Dienstleistungen: Art des Unternehmens, bei
dem die Kontrollverantwortung für die Herstellung der Waren liegt;
insbesondere Produktionsbetrieb und -methode.
Der Prüfer muss in jedem Einzelfall bestimmen, welche erheblichen Faktoren
und entsprechenden Merkmale das Verhältnis zwischen den Waren oder
Dienstleistungen kennzeichnen und welches Gewicht jedem der erheblichen
Faktoren beizumessen ist.
Der Hauptzweck des Vergleichs der Waren/Dienstleistungen ist nicht die
abstrakte
Festlegung
aller
Eigenschaften
der
fraglichen
Waren/Dienstleistungen. Vielmehr kommt es auf Übereinstimmungen der
Faktoren an, die das Verhältnis der beiderseitigen Waren/Dienstleistungen
kennzeichnen, wie z. B. Art, Verwendungszweck, Nutzung. Somit können die
erheblichen Faktoren und Merkmale, die Ware A oder Dienstleistung B
kennzeichnen, unterschiedlich sein, abhängig von den Waren und
Dienstleistungen, mit denen diese zu vergleichen sind.
Dabei wird es häufig zu Überschneidungen der Faktoren in dem Sinne
kommen, dass bei Vorliegen eines Faktors in der Regel auch die anderen
erfüllt sind. Auf diese Frage ist am Ende der Behandlung eines jeden Faktors
einzugehen. Am Ende der Warenähnlichkeitsprüfung erfolgt dann eine
zusammenfassende Darstellung unter der Überschrift „maßgebliche Faktoren“.
Um die Einheitlichkeit und Transparenz der Entscheidungen zu gewährleisten,
werden die Prüfer angewiesen, die oben aufgeführten Begriffe (Art,
Verwendungszweck,
usw.)
zu
verwenden
und
gleichbedeutende
Formulierungen nur mit einem klaren Hinweis darauf, dass es sich um solche
handelt. So könnte man den „Verwendungszweck“ auch als „Bestimmung“
oder „zu befriedigende (Verbraucher-)Bedürfnisse“ bezeichnen. Die
Verwendung dieser Begriffe könnte aber zu Verwirrung hinsichtlich der
Bedeutung des Faktors führen. Die gehäufte Verwendung ein und desselben
Konzepts könnte zudem als ein Hinweis auf einen hohen Ähnlichkeitsgrad
angesehen werden, da ja dem Anschein nach eine größere Anzahl Faktoren
übereinstimmt: „Der Verwendungszweck, die Bestimmung und die befriedigten
Bedürfnisse sind gleich“. Diese Formulierung enthält aber eine simple
Wiederholung ein und desselben Konzepts, und diese Wiederholung sollte
sich in keiner Weise auf den Ausgang der Falls auswirken.
2.
Spezifische Ähnlichkeitsfaktoren für den Vergleich von Waren
mit Waren
2.1.
Einleitung: Die Unterscheidung der Faktoren kann sich als schwierig
herausstellen
In den folgenden Abschnitten wird der Versuch unternommen, die
verschiedenen Faktoren für die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen
zu definieren und zu erläutern. Jedoch wird anerkannt, dass es Fälle gibt, in
denen eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Faktoren schwierig zu
ziehen sein wird. Dies gilt insbesondere in Bezug auf „Art“,
„Verwendungszweck“ und „Verwendungsmethode“. Siehe unten die Tabelle in
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 13
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Abschnitt 2.5. Wenn der Prüfer auf solche Schwierigkeiten stößt, sollte er/sie
keine großen Anstrengungen unternehmen, um die Faktoren zu
unterscheiden, sondern sollte sie vielmehr gemeinsam behandeln. In solch
einer Situation könnte er/sie zum Beispiel erklären, dass die verglichenen
Waren die gleiche Art und den gleichen Zweck haben, indem er die
spezifischen Tatsachen angibt, auf denen diese Erkenntnis beruht.
Neben Kapitel 8 über die Wechselbeziehung der verschiedenen Faktoren
sollten bei der Abgrenzung auch die abschließenden Anmerkungen über
deren relative Bedeutung am Ende der Erörterung jedes Faktors weiterhelfen.
2.2.
Art der Ware
2.2.1.
Allgemeine Überlegungen
(i) Hauptkriterien für die Festlegung der „Art“
Die Art einer Ware/Dienstleistung kann anhand verschiedener Kriterien
bestimmt werden, zum Beispiel:
-
Zusammensetzung,
Funktionsweise,
Beschaffenheit (z. B. flüssig/fest),
Erscheinungsbild (Gestaltung).
Diese Kriterien werden unten unter in Abschnitt 2.2.2 erläutert.
(ii) Wirtschaftliche Betrachtungsweise
Wie alle Faktoren der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit muss auch die
Beschaffenheit einer Gruppe von Waren/Dienstleistungen in Bezug auf andere
Waren/Dienstleistungen aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise beurteilt
werden.
Beispiele:
Ware der GM- Merkmale der Waren
Anmeldung.
Tatsächlich
Wirtschaftlich
Speiseeis
Beide:
Speiseeis:
(„Eiscreme“)
gefrorenes
Lebensmittel; Eis zur
Wasser
Kühlung:
Hilfsware
zur
Konservierung
von Lebensmitteln
Speiseeis
gefrorenes
Beide Waren sind
(„Eiscreme“)
Wasser
./. süße Nahrungsmittel
Zubereitungen
aus Mehl
Ware der älteren Marke
Eis zur Kühlung
Konditorwaren, Brötchen,
Kekse
Im ersten Beispiel Speiseeis / Eis zur Kühlung gibt es eine Überschneidung in
der Zusammensetzung der Waren, d. h. beide bestehen (teilweise) aus
gefrorenem Wasser. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist dies jedoch
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 14
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
offensichtlich irrelevant. Worauf es ankommt ist, dass es sich bei einem um
ein Nahrungsmittel handelt und bei dem anderen nicht. Daher sind sie ihrer Art
nach nicht ähnlich.
Auch im zweiten Beispiel kommt es nicht auf die Zusammensetzung an. Der
Umstand, dass es sich bei beiden um süße Nahrungsmittel und typische
Nachtische
handelt,
führt
dazu,
dass
sie
bei
wirtschaftlicher
Betrachtungsweise ihrer Art nach als ähnlich anzusehen sind. Siehe BK
795/1999-1 (Allegro / ALLEGRO):
Zu vergleichen sind „Speiseeis“ mit – insbesondere – „Konditorwaren“,
„Brötchen“ und „Biskuits“. Zwar ist Speiseeis gefroren, es fällt aber, wie
Konditorwaren, unter süße Nahrungsmittel.… [Art der Ware].
(iii) Wörterbucheinträge können Hilfe leisten (müssen aber nicht unbedingt)
Wenn sich die Art der Ware nicht schon aus dem Warenverzeichnis ergibt,
können Wörterbucheinträgen zusätzliche Informationen entnommen werden.
955/1999 SUPERFLAM (Kl. 9) / EUROFLAM (Kl. 9, 11) (FR)
Da es aber nur auf die in wirtschaftlicher Hinsicht erheblichen Faktoren
ankommt, sollte sich der Prüfer nicht allein auf Angaben in Wörterbüchern
verlassen, wie es die Beschwerdekammer in der Beschwerdesache
R 152/2000-3 DIPPIN’DOTS / dippin’dots (Bildm.) (EN) (Rn. 24) getan hat:
Die Kammer führte wie folgt aus:
Die angefochtene Entscheidung ist widersprüchlich im Hinblick auf die
Behandlung der Waren der Anmeldung „ice“ und „ices“, beide in Klasse 30.
Während sie „ices“ als identisch mit „ice creams and edible ices“ und ähnlich
mit „frozen yoghurts; novelty frozen water beads; frozen dessert products“
betrachtet, verneint sie bei „ice“ Ähnlichkeit mit den Waren des
Widersprechenden und begründet dies mit Unterschieden in der Art und dem
Verwendungszweck … Die Kammer nimmt hier Bezug auf das englische
Wörterbuch „The New Shorter Oxford Dictionary“, Ausgabe von 1993,
demzufolge „ice“ die Einzahl von „ices“ bildet und unter anderem folgende
Bedeutungen hat „(An) ice cream“ or „Icing for cakes“ [(eine) Eiscreme oder
Kuchenglasur]. Daraus folgt, dass „ice“ in der Anmeldung mit den von den
älteren Marken erfassten „ice creams and edible ices“ identisch ist.
Dieses Beispiel macht deutlich, wie gefährlich es sein kann, sich
ausschließlich auf Angaben in Wörterbüchern zu verlassen. Angesichts der
Tatsache, dass sowohl „ices“ als auch „ice“ im Warenverzeichnis aufgeführt
waren, ging die Widerspruchsabteilung völlig zu Recht davon aus, dass mit
„ices“ auf Speiseeis [edible ice] Bezug genommen wird, wohingegen mit „ice“
Eis für Kühlzwecke gemeint war (beide Arten von Eis fallen unter Klasse 30
der Klassifikation von Nizza). Die Widerspruchsabteilung hat daraus zu Recht
geschlossen, dass sich die Waren nach Art und Verwendungszweck
unterscheiden.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 15
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Oberbegriff bedeutet noch nicht,
dass die Waren ihrer Art nach ähnlich sind.
Die Tatsache dass die Waren/Dienstleistungen einem gemeinsamen weit
gefassten Oberbegriff zugeordnet werden können, bedeutet nicht mehr, als
dass sie ihrer Art nach entfernt ähnlich sind. Ein solcher weit gefasster
Oberbegriff ist zum Beispiel Nahrungsmittel [foodstuffs for human
consumption].
Siehe 1210/1999 COCOPOPS (Kl. 30) / COCO (Kl. 31) (EN): In dieser
Entscheidung wurde festgestellt, dass die Waren frisches Obst einerseits
sowie Kaffee, Mehl und Brot andererseits ihrer Art nach verschieden sind. Ein
weiteres Beispiel bildet die Sache 2339/2001 LA VIE CLAIRE (Bildm.) / La Vie
Claire (Bildm.) (EN): „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild sind Nahrungsmittel
tierischer Herkunft. Orangen, Mandarinen, Zitronen, Trauben und alle Arten
von Frischobst, Zwiebeln, grünes Gemüse und Gemüse sind ebenfalls
Nahrungsmittel. Diese geringfügige Übereinstimmung schließt noch nicht aus,
dass sie ihrer Art nach unterschiedlich sind.“ Nur wenn der gemeinsame
Oberbegriff hinreichend eng gefasst ist, kann dies für eine identische oder
ähnliche Art sprechen.
Beispiele:
- Milcherzeugnisse als Unterkategorie von Nahrungsmitteln: „Zur Art der
streitigen Waren [d. h. Kondensmilch und Käse] ist ... festzustellen, dass ihr
Ausgangsstoff Milch ist, so dass sie zur Kategorie der Milcherzeugnisse
gehören ... Die maßgeblichen Verkehrskreise ... gehen … davon aus, dass ...
[die Erzeugnisse] zur selben Warengattung gehören“ (siehe Urteil des EuG
vom 4. November 2003 in Rechtssache T-85/02, „Castillo“, unter
Randnummer 33).
- Alle Sorten von destillierten Spirituosen (alkoholische Getränke) sind
untereinander ähnlich.
2.2.2.
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
(v)
Die für die Bestimmung
Produkteigenschaften
der
Art
der
Ware
maßgeblichen
Zusammensetzung (Rohmaterialien, Bestandteile, Endprodukte),
Funktionsweise,
Beschaffenheit (z. B. flüssig/fest),
Erscheinungsbild (Gestaltung),
Wert.
Für die Bestimmung der Art der Ware sind diejenigen Kriterien erheblich, die
in Bezug auf die anderen Waren oder Dienstleistungen die Aufmerksamkeit
eines aktuellen oder potenziellen Abnehmers auf dem Markt auf sich lenken.
Ihr Gewicht hängt von der betreffenden Ware ab. Das entscheidende Kriterium
kann zum Beispiel sein
- die Zusammensetzung: Alkohol in alkoholischen Getränken (die Form der
Flasche ist in der Regel von geringer Bedeutung) oder, umgekehrt,
- das Erscheinungsbild: Spielzeug (die Zusammensetzung ist meist
unbedeutend).
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 16
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
(i) Zusammensetzung (Rohmaterialien, Bestandteile) von Waren
Eine identische oder ähnliche Zusammensetzung ist als solche noch kein
Hinweis darauf, dass die Waren gleicher Art sind. Nahrungsmittel
beispielsweise können durch ihre Zusammensetzung gekennzeichnet werden,
müssen aber nicht. Beim Vergleich von Speiseeis mit Konditorwaren wurde
trotz einer unterschiedlichen Zusammensetzung Ähnlichkeit bejaht, vor allem
weil es sich bei beiden um Nachspeisen handelt.
Im unten dargestellten Fall ist dies jedoch anders, da es sich bei den Waren
einerseits um Hauptgerichte und andererseits um Nachspeisen und Zutaten
handelt; eine Ware ist tierischen, die andere pflanzlichen Ursprungs:
Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild sind Nahrungsmittel tierischer Herkunft.
Orangen, Mandarinen, Zitronen, Trauben und alle Arten von Frischobst,
Zwiebeln, grünes Gemüse und Gemüse sind ebenfalls Nahrungsmittel. Diese
geringfügige Übereinstimmung schließt noch nicht aus, dass sie ihrer Art nach
unterschiedlich sind.
2339/2001 LA VIE CLAIRE (Bildm.) / La Vie Claire (Bildm.)
Ebenso ist Speisefett nicht von der gleichen Art wie Petroleum-Schmieröle
und Fette, obwohl beide eine Fettgrundlage enthalten. Speisefett wird im
Zusammenhang mit der Zubereitung von Gerichten zum menschlichen
Verzehr verwendet, wohingegen Öle und Fette in Verbindung mit Maschinen
verwendet werden.
Allgemein gesagt lässt sich aus einer ähnlichen oder identischen
Zusammensetzung noch nicht auf eine identische oder ähnliche Warenart
schließen, wenn die Rohstoffe, aus denen sich die Waren zusammensetzen,
variieren und austauschbar sind. Ein solcher Schluss ist nur dann
gerechtfertigt, wenn die Zusammensetzung für die Ware prägend ist. Dies ist
in der Regel der Fall, wenn die Ware aus einem wertvollen oder seltenen
Material besteht.
(ii) Funktionsweise
Zu den verschiedenen Funktionsweisen eines Produkts gehören die
mechanische – mit oder ohne Antrieb/Motor –, optische, elektrische,
biologische oder chemische Funktionsweise.
Der Art nach ähnlich:
Magnetische, elektronische und optische Träger und Halbleitergeräte (Kl. 9),
die alle digitalisierte Schrifttypen und Druckfonts in Klasse 9 beinhalten, sind
Magnetbändern (Kl. 9) ähnlich. Sie gehören derselben Gattung an, da es sich
bei allen um Träger handelt.
1623/2002 PRADO et al. / PRADO (EN); der Entscheidung 1298/2001
WAITEC (Bildm.) / Wytek (Bildm.) (EN) ist jedoch nicht zu folgen.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 17
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Bieger für Druckplatten (Kl. 7) und Maschinen zur Herstellung von
Kartonschachteln und ähnlichen Produkten (Kl. 7).
R0610/2000-4 PROFORM / PLAFORM (EN)
Waschmaschinen, die mit (chemischem) Waschmittel funktionieren und
neuartige Waschmaschinen, die mit Magnetwellen reinigen
(iii) Beschaffenheit (z.B. flüssig oder fest)
Die Beschaffenheit kann ein wichtiger Teilfaktor der „Art“ sein, muss es aber
nicht
notwendigerweise.
Entscheidend
sind
die
tatsächlichen
Marktverhältnisse.
Joghurt beispielsweise wird sowohl als Nahrungsmittel als auch als Getränk
(Flüssigjoghurt) vermarktet. Diese Waren sind daher von derselben Art.
(iv) Erscheinungsbild
Bei bestimmten Waren kommt nicht der Zusammensetzung, Funktionsweise
oder Beschaffenheit, sondern der äußeren Erscheinung die überwiegende
Bedeutung zu.
Beispiel:
Für bestimmte Spielwaren kann es von nachrangiger Bedeutung sein, ob sie
aus Plüsch, Pappmaché, Holz, Blech oder aus einem sonstigen Material sind
(es sei denn, bestimmte Sicherheitsstandards für Kleinkinder sind
einzuhalten). Was für den Käufer wichtig sein könnte, ist eine attraktive
Gestaltung.
2628/2001 JAKO-O (Bildm.) / JOCKO (DE), die Entscheidung wurde von der
BK aus anderen Gründen aufgehoben.
(v) Wert (Preis) der Ware oder Dienstleistung
Goldschmuck – Modeschmuck.
Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werden Ohrringe aus Gold und
beispielsweise Ohrringe aus Kunststoff aufgrund ihres unterschiedlichen
Werts als verschiedene Waren betrachtet.
Ähnlichkeit kann aber aufgrund anderer Kriterien zu bejahen sein. Daher sollte
die Unterscheidung nach hochpreisigen und alltäglichen Waren nur mit
Vorsicht als Abgrenzungskriterium verwendet werden, da der Hersteller der
einen Ware durchaus auch die andere Ware anbieten kann.
2.2.3.
Verhältnis zu anderen Faktoren
Es kann Überschneidungen zwischen dem Kriterium „Art“ und den Kriterien
„Verwendungszweck“
und
„Verwendungsmethode“
geben.
Die
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 18
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Verwendungsmethode ergibt sich oft unmittelbar aus der Art und dem
Verwendungszweck.
2.3.
Verwendungszweck
2.3.1.
Definition
Verwendungszweck bedeutet die beabsichtigte Verwendung der Waren und
Dienstleistungen und nicht jede zufällige Verwendung. Der Begriff ist
gleichbedeutend
mit
der
(wirtschaftlichen)
Funktion
der
Waren/Dienstleistungen. Er gibt an, welches Bedürfnis (Verbraucher)
befriedigt oder welches Problem (Geschäftskunden) gelöst wird. Anstelle von
Verwendungszweck kann man auch – in Anlehnung an den französischen
Begriff „destination“– von der „Bestimmung“ der Ware oder Dienstleistung
sprechen, wobei dieser Begriff sowohl die beabsichtigte Verwendung als auch
das angesprochene Publikum umfasst.
2.3.2.
Festlegung des richtigen Abstraktionsgrads
Es ist manchmal schwierig, den richtigen Abstraktionsgrad für den
Verwendungszweck zu bestimmen.
Nahrungsmittel beispielsweise werden definiert als „jede Substanz, die
Nährstoffe wie zum Beispiel Kohlenhydrate, Proteine und Fette enthält, die
von einem lebenden Organismus aufgenommen und in Energie und Gewebe
umgewandelt werden können“ (siehe Collins elektronisches Wörterbuch).
Die Tatsache, dass Nahrungsmittel von einem lebenden Organismus „in
Energie und Gewebe umgewandelt werden“, stellt einen grundlegenden
Verwendungszweck dar (ebenso, wie die Aufnahme eine grundlegende
Verwendungsmethode
darstellt).
Da
die
Faktoren
„Art“
und
„Verwendungszweck“ (sowie „Verwendungsmethode“) in dem Canon-Urteil
einzeln und ohne Hierarchie aufgezählt wurden, müssen sie als voneinander
unhängig betrachtet werden. Daher stellt es eine rein logische Tatsache dar,
dass für die Bestimmung der „Art“ verwendete Fakten nicht erneut die
Grundlage für die Analyse des Faktors „Verwendungszweck“ (oder
„Verwendungsmethode“) bilden können. Wenn ein grundlegender
Verwendungszweck (und eine grundlegende Verwendungsmethode) Teil der
Definition der Art einer Ware sind, müssen daher der „Verwendungszweck“
(und die „Verwendungsmethode“) im Sinne des Canon-Urteils auf einem
höheren Abstraktionsgrad beurteilt werden, damit diese Faktoren nicht
überflüssig werden.
Beispielsweise sollte im Falle von Essig der Verwendungszweck nicht als
„menschlicher Verzehr“ (was zur Art gehört) definiert werden, sondern als
„alltägliches Würzmittel“. Vgl. die Tabelle unten in Abschnitt 2.5.
Das EuG hat offenbar in der Rechtssache T-85/02, „Castillo“, dieselbe
Auffassung vertreten. In Bezug auf die Art der Waren Kondensmilch und Käse
geht das Gericht davon aus, dass diese Waren zur selben Warengattung
gehören (Rn. 33). Andererseits stellte das Gericht zwischen diesen Waren
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 19
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
hinsichtlich ihres Verwendungszwecks und/oder ihrer Nutzung nur
geringfügige Ähnlichkeit fest. Es führte wie folgt aus: „Ihr gemeinsamer
Verwendungszweck als Zutat in Speisen ist für fast alle Lebensmittel
kennzeichnend“ (Rn. 34). Somit bestätigte das EuG, dass zur Art einer Ware,
beispielsweise Lebensmittel, gehörende Sachverhalte nicht auch die
Grundlage für die Beurteilung des Verwendungszwecks dieser Ware bilden
können.
2.3.3.
Auswirkungen
verschiedener
Beurteilung der Ähnlichkeit
Verwendungszwecke
auf
die
Wenn eine der beiden Waren einen sehr spezifischen Zweck hat, kann dies
ein deutlicher Hinweis auf Verschiedenartigkeit sein, wie im Falle der Waren in
eine Hämodialysemaschine integrierte Fachsoftware und Multimediasoftware.
713/1999 ALTRA LINK (Kl. 9) / ULTRALINK (Kl. 9, 38) (EN)
2.3.4.
Das Verhältnis insbesondere zwischen Art und Zweck
Wenn die Art unterschiedlich ist, aber der Zweck gleich, wird die Ähnlichkeit
häufig bejaht, wie die folgenden drei Beispiele zeigen.
Beispiel 1: Waren, die in der Küche verwendet werden in Kl. 21 / Tischbesteck
(Kl. 8)
Die folgenden Waren in Klasse 21 Waren, die in der Küche verwendet
werden, sind ähnlich mit den Waren in Klasse 8, nämlich Tischbesteck, „...
obwohl sie anderer Art sind und vielleicht hinsichtlich des Gebrauchs
unterschiedlich sind. Tatsächlich sind sie alle Hilfsmittel, die normalerweise
verwendet werden, um Aufgaben durchzuführen, die mit Haushaltszwecken
zusammenhängen, insbesondere Kochen, oder die in der Kombination mit und
zur selben Zeit wie das Tischbesteck verwendet werden... Sie werden von den
gleichen Unternehmen hergestellt und über die gleichen Vertriebskanäle
verkauft und richten sich an die gleichen Kundenkreise“.
R 0478/2001-3 CUCINA & Co (Bildm.) / La CUCINA (Bildm.)
Beispiel 2: Schuhwaren / Kleidung
Trotz ihrer verschiedenen Art wurde aufgrund des übereinstimmenden Zwecks
Ähnlichkeit bejaht:
Schuhwaren, Schuhe und Stiefel dienen im Grunde demselben Zweck, wie die
genannten Bekleidungsstücke: Sie sind dazu bestimmt, von Menschen
getragen zu werden, und zwar sowohl als Schutz vor den Elementen als auch
als Modeartikel.
T-115/02 „a“ (Bildm.) / „a“ (Bildm.)
Beispiel 3: Pharmazeutische Substanzen / Pflaster
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 20
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Die Waren „pharmazeutische und Substanzen für die Gesundheitspflege;
Arzneimittel; Pillen“ sind Arzneimittel oder Substanzen, die für die
Behandlung, die Prävention oder die Milderung der Symptome von
Krankheiten oder Unfallverletzungen verwendet werden. Pflaster sind
Klebestreifen, die gewöhnlich für verschiedene Arten von Wunden verwendet
werden. Materialien zum Bandagieren sind therapeutische oder schützende
Materialien, die für das Verbinden von Wunden oder für das Binden
gebrochener Gliedmaßen verwendet werden. Obwohl alle dieser Waren eine
andere Art als die gegnerischen Waren aufweisen, haben sie einen ähnlichen
Verwendungszweck d. h. die Heilung von Krankheiten, Behinderungen oder
Verletzungen. 2940/2000 APEX / APEX (EN)
2.3.5.
Verhältnis zu anderen Faktoren
Der Verwendungszweck ist ein wichtiger Faktor. Da er die beabsichtigte
Nutzung der Ware oder Dienstleistung definiert, ist es der leichteste Weg für
einen Kunden, eine Ware/Dienstleistung zu bestimmen. Auf dem Zweck
basierend, ist es auch möglich zu bestimmen, wer die tatsächlichen und
potenziellen Kunden sind, d. h. wer das maßgebliche Publikum ist.
Wenn der Zweck ähnlich ist und die Waren/Dienstleistungen in derselben
(ordnungsgemäß berechneten) Preiskategorie liegen, werden die
Waren/Dienstleistungen gewöhnlich im Wettbewerb zueinander stehen und
wesentliche Überschneidungen im maßgeblichen Publikum, d. h. bei den
aktuellen und potenziellen Abnehmern, aufweisen.
Außerdem hängt die Verwendungsmethode
Beschaffenheit und dem Zweck der Waren ab.
2.4.
Verwendungsmethode
2.4.1.
Definition der Verwendungsmethode
gewöhnlich
von
der
Die Verwendungsmethode bestimmt, wie die Ware verwendet wird, um ihren
Zweck zu erreichen. Sie kann gewöhnlich hergeleitet werden aus
der Funktionsweise einer Ware, d. h. der Art und
aus der Funktion, die die Waren oder Dienstleistungen im Markt erfüllen
(befriedigtes Bedürfnis oder gelöstes Problem) d. h. aus ihrem
Verwendungszweck.
Die Verwendungsmethode ergibt sich deshalb häufig direkt aus der Art und
dem Verwendungszweck und hat dann per se keine oder wenig Bedeutung in
der Ähnlichkeitsanalyse.
2.4.2.
Festlegung des richtigen Abstraktionsgrads
Ebenso, wie der Faktor Art durch einen grundlegenden Verwendungszweck
definiert werden kann (siehe oben unter Abschnitt 2.3.2.), kann eine
grundlegende Verwendungsmethode auch für den Faktor Art mitbestimmend
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 21
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
sein. In dem weiter oben unter „Verwendungszweck“ erörterten Beispiel wird
die Art von Nahrungsmitteln unter anderem als eine Substanz definiert, die
Nährstoffe enthält (Zusammensetzung), die von einem lebenden Organismus
aufgenommen werden können (grundlegende Verwendungsmethode). Es
sollte offensichtlich sein, dass diese grundlegende Verwendungsmethode den
getrennten Faktor Verwendungsmethode nicht definieren kann, weil
andernfalls dieser Faktor keine vom Faktor Art unabhängige Bedeutung hätte.
Beispielsweise kann im Falle von Essig die Verwendungsmethode deshalb
anhand der Art und Weise definiert werden, wie Essig für das Würzen von
Speisen verwendet wird. Vgl. die Tabelle unten in Abschnitt 2.5.
2.4.3.
Wann die „Verwendungsmethode“ ein wichtiger Faktor sein kann
Ungeachtet
der
Erläuterung
in
Abschnitt
2.4.1
kann
die
Verwendungsmethode, unabhängig von der Art und dem Zweck, wichtig sein,
wenn sie die Waren charakterisiert:
Ähnlichkeit bejaht:
„Pharmazeutische Zubereitungen zur medizinischen Behandlung der Haut
oder der Haare können die Form von Cremes oder Lotionen haben. Beide
Warenpaare haben die gleiche Verwendungsmethode wie Kosmetik, die
ebenfalls Cremes und Lotionen umfasst.“
1981/2002, VITANOV/NOVA VITA (Bildm.) (EN)
Selbst wenn die Verwendungsmethode die Vergleichswaren charakterisiert
und sie für beide Waren identisch ist, wird diese Tatsache allein jedoch nicht
ausreichend sein, um Ähnlichkeit zu bejahen.
Ähnlichkeit verneint:
reiben – hinein schütten
Während „Poliermittel“ grundsätzlich dazu bestimmt sind, metallene
Gegenstände durch Reiben zum Glänzen zu bringen, und damit zum Teil eine
ästhetische Funktion haben, dienen die in der Markenanmeldung genannten
Waren („Abfluss-Reinigungsmittel für die Metall verarbeitende Industrie,
ausgenommen Textilhilfsmittel und Hilfsmittel“) in erster Linie dazu,
Entsorgungsrohre für Abfälle der Metall verarbeitenden Industrie durch
Einschütten und anschließende Auflösung von Metallrückständen zu reinigen
und von Verstopfungen zu befreien, was von einem Nutzzweck zeugt.
T-126/03– ALADIN / ALADDIN, Rn. 85
Verhältnis zu anderen Faktoren:
Die Verwendungsmethode ergibt sich häufig unmittelbar aus der Art und dem
Verwendungszweck und ist daher in der Regel kein sehr wichtiger Faktor.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 22
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.5.
Wie
man
die
Faktoren
Art
–
Verwendungszweck
–
Verwendungsmethode – ordnungsgemäß auseinander halten kann
Wie in den beiden vorstehenden Abschnitten über „Verwendungszweck“ und
„Verwendungsmethode“ dargelegt, ist es zuweilen schwierig, den richtigen
Abstraktionsgrad für diese beiden Faktoren zu bestimmen, um die Anwendung
derselben Tatsachen wie für die Beurteilung des Faktors „Art“ zu vermeiden.
In der Tabelle wird die obige Erörterung zusammengefasst.
Als Beispiel dient die Rechtssache St. Hubert. Es standen sich folgende
Waren gegenüber: „Speisefette“ (graisses alimentaires) und „Essig, Soßen“
(vinaigre, sauces).
Faktor
Art
Vorgeschlagene
Definition
des
Faktors
Die Art der Ware
(einschließlich
eines
grundlegenden
Zwecks
und
einer
grundlegenden
Verwendungsmethode)
Vorgeschlagene Anwendung Anwendung durch EuG
der Definition des Faktors
Nahrungsmittelzusätze
Lebensmittel
Definition von Lebensmittel:
jedes Material, Substanz
usw.,
die
als
Nahrung
verwendet werden können
Definition von Nahrung:
jede Substanz, die Nährstoffe
wie
zum
Beispiel
Kohlenhydrate, Proteine und
Fette enthält, die vom einem
Lebensmittel
lebenden
Organismus
aufgenommen
[grundlegende Verwendungsmethode] und in Energie und
Gewebe
umgewandelt
werden
können
[grundlegender Verwendungszweck]
(Definitionen aus Collins,
elektronisches Wörterbuch)
Zweck
Wofür die Ware Alltägliches
Würzmittel Der
„menschliche
verwendet
(spezieller Zweck)
Verzehr“
d. h.
der
werden soll
grundlegende
Zweck
und die grundlegende
Verwendungsmethode
(Teil der „Art“)
Verwendungsmethode
Wie die Ware Eine Flasche hin und her Alltägliches Würzmittel
verwendet wird, bewegend oder einen Löffel für Lebensmittel d. h.
um ihren Zweck hin und her bewegend
spezieller Zweck
zu erreichen
2.6.
Einander ergänzende Waren
2.6.1.
Grundsätze
Waren (oder Dienstleistungen) ergänzen einander (= sind komplementär),
wenn es einen so engen Zusammenhang zwischen ihnen gibt, dass die eine
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 23
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, und nicht
lediglich eine Hilfs- oder Zubehörware darstellt. Ist diese Voraussetzung erfüllt,
so spricht dies zugunsten von Ähnlichkeit. Bei dem Verbraucher kann nämlich
der Eindruck entstehen, die Herstellung der fraglichen Waren liege in der
Verantwortung desselben Unternehmens. Dieser Eindruck ist sogar noch
wahrscheinlicher, wenn die Waren auch zusammen angeboten werden.
Beispiel: Raucherartikel / Filterzigaretten. Diese Waren sind ihrer Art nach
verschieden.
Nichtsdestoweniger sind sie ähnlich, weil die sich gegenüber stehenden
Waren auch einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Sie richten sich nicht nur an
dieselben Endverbraucher, Raucher, sondern ergänzen sich auch, da sie
beide für den Nikotingenuss verwendet werden. Dieser komplementäre
Charakter ist ziemlich stark, da der Gebrauch von Filterzigaretten
komplementäre Artikel erfordert, die für das Anzünden der Zigaretten
verwendet werden können. Deshalb werden die betreffenden Waren von den
Verbrauchern in der Regel zusammen und gleichzeitig gekauft. Zudem
werden sie in denselben Verkaufsstätten angeboten und zum Teil über
dieselben Vertriebskanäle in den Verkehr gebracht. Heutzutage bringen einige
Hersteller von Filterzigaretten unter ihrer Zigarettenmarke auch Feuerzeuge
und Streichhölzer auf den Markt.
500/2000 BOSS (Bildm.) / Baldessarini HUGO BOSS (Bildm.) (EN).
Aus der Tatsache, dass es Unternehmen gibt, die einander ergänzende
Waren, wie Raucherartikel und Filterzigaretten, unter ein und derselben Marke
auf den Markt bringen, kann zu Recht auf eine gemeinsame Herkunft solcher
Waren geschlossen werden.
Daraus folgt, dass allein die Tatsache, dass die Waren einander ergänzen,
genügen kann, um Warenähnlichkeit, sogar einen hohen Grad an Ähnlichkeit,
zu bejahen. Dieser Faktor ist von Bedeutung, wenn die Faktoren Art (im
Beispiel oben Feuerzeug – Zigaretten), Verwendungszweck (Anzünden –
Rauchen) und Verwendungsmethode (auf einen Knopf drücken – inhalieren)
voneinander abweichen und die Waren nicht im Wettbewerb zueinander
stehen sind (ein Feuerzeug kann man nicht rauchen).
Einander ergänzende Waren haben in der Regel dieselben Vertriebskanäle
und Kunden.
Die Praxis der Widerspruchsabteilung im Hinblick auf komplementäre Waren
lässt sich auch anhand der Entscheidung 1051/2002 DODIPETTO / dodie
(Bildm.) (EN) erläutern:
Allein aus der Tatsache, dass die weit gefasste Formulierung der älteren
Marken Waren für Babys umfasst [allgemeine Waren in Kl. 3, nicht auf Babys
beschränkt, ebenso „Babyflaschen, Saugflaschen“] und dass sowohl die
letzteren Waren als auch Kleidung für Babys zumindest manchmal in den
gleichen Verkaufsstätten gefunden werden können, kann nicht der Schluss
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 24
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
gezogen werden, die fraglichen Waren ergänzten einander und seien daher
ähnlich.
2.6.2.
Allgemeine Beispiele
Einander ergänzende Waren
Handtaschen – wurden basierend auf der folgenden Argumentation als
ergänzende Waren zu Bekleidungsstücken, Schuhwaren betrachtet:
Zwischen Handtaschen in Klasse 18 und Bekleidungsstücken und
Schuhwaren in Klasse 25 besteht insoweit ein enger Zusammenhang, als die
Verbraucher erstere möglicherweise als Accessoires für Kleidung und sogar
Schuhe betrachten (z. B. Damenhandtaschen). Auch wenn es nicht üblich ist,
dass Handtaschen unmittelbar von Kleidungsproduzenten hergestellt und auf
den Markt gebracht werden, kann durchaus davon ausgegangen werden,
dass ein beachtlicher Teil des Publikums diese Waren als „einander
ergänzende Accessoires“ betrachtet, da Handtaschen mit der Kleidung und
den Schuhen abgestimmt werden und sie zudem von denselben oder von
miteinander verbundenen Herstellern vertrieben werden. Darüber hinaus
können die fraglichen Waren in denselben Geschäften gekauft werden.
2008/2000 WANNABE (Bildm.) / WANNAGO (Bildm.)
Weitere Beispiele für einander ergänzende Waren sind beispielsweise
Handtücher und Schwimm- und Strandartikel, da sich diese insoweit
ergänzen, als beide normalerweise für den Strand oder das Schwimmbad
benutzt werden.
435/2001 LORIS / FLORIS (EN).
Gürtel (Kl. 25) und Schuhe (Kl. 25):
1481/2002 ROHDE / DANRHO (Bildm.) (DE)
Hardware – Software
554/2002 QUANTUM / QUANTUM (EN)
Computer / maschinenlesbare Datenträger
398/2002 COMCONNECT / ComConnect (DE)
Rostschutzmittel – Farben, Firnisse, Lacke
1496/2002 CASACOLOR / CAPACOLOR (DE)
(ii) keine einander ergänzenden Waren
Wenn nur ein loser Zusammenhang besteht, ist nicht damit zu rechnen, dass
das Publikum die fraglichen Waren miteinander in Verbindung bringt:
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 25
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
elektrische Kabel und Software wurden nicht deswegen als ähnlich betrachtet,
weil sie zum Betrieb desselben Maschinentyps beitragen.
922/1999 RADIFLAM (Kl. 9) / FLAM (Kl. 9, 42) (EN)
2.6.3.
Zubehör, Accessoires
(i) Komplementarität und Ähnlichkeit bejaht
Kosmetika und Seifenschalen, kosmetische Behältnisse.
611/1999 VERI (Kl. 3, 21) / VERITÉ (Kl. 3) (ES)
Behältnisse für Uhren und Armbanduhren ergänzen sich.
1850/2001 T (Bildm.) / T (Bildm.) (EN)
Brillenputzlösungen, Gestelle und Zubehör, insbesondere Brillenetuis und
Brillenketten sowie Brillenputztücher im Vergleich zu Kontaktlinsen.
1475/2002 CONTINUA / CONTINUA (EN)
(ii) Ähnlichkeit verneint
Maniküretuis (Kl. 8) und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege (Kl. 3)
1479/2002 BARATTI / Mario Barutti (DE)
Behälter zur Aufbewahrung von Getränken, insbesondere Getränkeflaschen
(Kl. 21) und bestimmte alkoholische und alkoholfreie Getränke in Klasse 32
und 33 (unterschiedliche Herkunft, unterschiedliche Verbraucher)
50/2002 la bamba (Bildm.) / BOMBA (Bildm.) (DE)
2.6.4.
Komplementärer Charakter aufgrund von Verbrauchergewohnheiten
Eine wichtige Rolle für die Bejahung eines komplementären Charakters
können auch Verbrauchergewohnheiten spielen, die häufig von Traditionen
und regionalen Bräuchen beeinflusst sind. So wurde entschieden, dass die in
bestimmten Mitgliedstaaten verbreitete Gewohnheit, Bier und Schnaps
zusammen zu trinken, als ein Indiz für Warenähnlichkeit zu werten sei.
982/1999 GIRAF (Kl. 33) / GIRAF GOLD (Kl. 32) (EN)
2.6.5.
Hilfswaren, Nebenwaren
Bestimmte Waren können in Bezug auf einzelne Waren oder Dienstleistungen
als Hilfs- oder Nebenwaren betrachtet werden. Eine derartige Überlegung
reicht in der Regel nicht aus, um Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit
anzunehmen.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 26
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Waren und Dienstleistungen ergänzen sich nicht. In der Regel besteht keine
Ähnlichkeit zu den Hauptwaren/-dienstleistungen. Es folgen einige Beispiele
aus den Klassen 9, 16 und 38.
(i) Klassen 9, 16, und 38 Waren und Dienstleistungen
Zwischen Finanzdienstleistungen und Waren in Klasse 9 und 16 besteht keine
Ähnlichkeit, da es sich bei diesen Waren lediglich um Hilfsmittel und demnach
um unselbständige Nebenwaren handelt, die bei der Erbringung von
Finanzdienstleistungen Unterstützung leisten. Allein aufgrund der Tatsache,
dass Finanzdienstleistungen unter Zuhilfenahme von Software und
Datenträgern erbracht werden, kann keine Ähnlichkeit dieser Waren und
Dienstleistungen angenommen werden.
188/2002 FOCUS / FOCUS TV (Bildm.) (DE)
Es besteht keine Ähnlichkeit zwischen Versicherungs- und Finanzgeschäften
(Kl. 35) sowie Waren in Kl. 9 und Dienstleistungen in Klasse 38, insbesondere
Datenverarbeitungsgeräte
und
Computer,
Computerprogramme;
Kommunikationsdienstleistungen und Datenübertragung durch den Computer,
wissenschaftliche und industrielle Forschung; Computer- Programmierung:
Die Waren und Dienstleistungen in Kl. 9 und 38 sind lediglich Hilfsmittel und
sind ihrer Art nach verschieden.
R 518/2000-1 EUROPAY 6000 / EUROPAY (EN),
(ii) Insbesondere Waren in Klasse 16
Es besteht keine Ähnlichkeit zwischen Organisation und Veranstaltung von
Ausstellungen sowie Papier, Druckereierzeugnissen und anderen Waren in
Klasse 16.
1444/2001 BLUMENTAL / Blumen Worldwide (Bildm.) (EN).
Es besteht auch keine Ähnlichkeit zwischen Transport; Verpackung und
Lagerung von Waren sowie Veranstaltung von Reisen und Magazinen,
Veröffentlichungen
(Kl. 16) 2515-2000 NATURA (Bildm.) / Natura Comfort (Bildm.) (EN).
2.6.6.
Verkaufsförderung durch Hersteller von Waren oder Erbringer von
Dienstleistungen
Zwischen Artikeln, die zum Zwecke der Verkaufsförderung eingesetzt werden,
und den beworbenen Waren/Dienstleistungen besteht keine Ähnlichkeit. Eine
solche Verkaufsförderung sollte vielmehr als Werbung betrachtet werden:
Keine Ähnlichkeit zwischen Veranstaltung und Durchführung von Reisen und
Lederwaren, Bekleidungsstücke, Spiele, Sportartikel. Zur Bejahung einer
Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen reicht noch nicht aus, dass
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 27
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
der Erbringer einer Dienstleistung gewöhnlich gratis Waren an seine Kunden
verteilt.
R 72/2000-1 (EN) THE GREY LINE (Kl. 39) / GREYLINE (Kl. 18, 25, 28) (EN)
Ähnliches gilt wenn ein Hersteller von Waren oder ein Erbringer von
Dienstleistungen Waren wie z. B. T-Shirts, CDs, Geldbörsen usw. zu Zwecken
der Verkaufsförderung verteilt.
2.6.7.
Verhältnis zu anderen Faktoren
Der Eigenart als einander ergänzende Waren ist dann das größte Gewicht
beizumessen, wenn sich die fraglichen Waren hinsichtlich ihrer Art und ihrem
Verwendungszweck
(und
demnach
auch
regelmäßig
in
ihrer
Verwendungsmethode) unterscheiden und in nicht im Wettbewerb miteinander
stehen. In einem solchen Fall kann Warenähnlichkeit allein aufgrund der
Tatsache angenommen werden, dass die fraglichen Waren einander
ergänzen.
Wenn sich die Waren ergänzen, liegen in der Regel auch gleiche
Vertriebskanäle vor.
2.7.
Konkurrierende Waren
Waren konkurrieren miteinander, wenn sie an dieselben Abnehmerkreise
gerichtet
sind,
und
wenn
aufgrund
einer
übereinstimmenden
Zweckbestimmung eine Ware durch die andere ersetzt werden kann. Man
spricht dann auch davon, dass die Waren wirtschaftlich austauschbar sind.
Beispiel: Die Waren Tapeten (Kl. 24) und Tapeten aus textilem Material
(Kl. 27) einerseits und Farben andererseits konkurrieren miteinander und sind
ähnlich, während die Waren Webstoffe, insbesondere Wandbehänge (Kl. 24)
einerseits und Farben andererseits nicht miteinander konkurrieren und
unähnlich sind.
1496/2002 CASACOLOR / CAPACOLOR (DE)
Konkurrierende Waren liegen oftmals in derselben Preiskategorie, was aber
nicht notwendigerweise der Fall sein muss. So stehen die bereits oben
erwähnten Vergleichswaren Goldschmuck und Modeschmuck in Konkurrenz
zueinander, obwohl sich ihr Preis (und Wert) stark unterscheiden kann.
In den meisten Fällen bestehen bei miteinander konkurrierenden Waren
jedoch nur geringe Unterschiede im Preis, wenn dieser ordnungsgemäß
berechnet wird. Kaffeefilter aus Papier stehen in Konkurrenz mit Filtern aus
Kunststoff oder Metall, da sie ihrer Größe, Form und Funktion nach ähnlich
sind, denselben Zweck erfüllen und der Preisunterschied für den
Durchschnittsverbraucher kaum ins Gewicht fällt, was nicht zuletzt an der
längeren Haltbarkeit der Kunststoff- bzw. Metallfilter liegt. Letztere können sich
sogar gemessen an ihrer Haltbarkeitsdauer als günstiger als Papierfilter
erweisen.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 28
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
44/1999 TELIA (Kl. 21) / Teeli (Kl. 21) (EN)
Die miteinander konkurrierenden Waren richten sich an dieselben aktuellen
und potenziellen Verbraucher.
45/1999 FLORA (Kl. 32) / LORA DI RECOARO (Kl. 32, 33) (EN)
Ein erheblicher Teil der relevanten Verkehrskreise ist mit beiden Warenarten
vertraut und ist es gewohnt, bei gleichwertigen oder austauschbaren Waren
davon auszugehen, dass sie aus demselben Unternehmen stammen.
T-99/01 MIXERY (Kl. 32) / MYSTERY (Kl. 29, 30, 32) (DE)
Verhältnis zu anderen Faktoren:
Ein Konkurrenzverhältnis liegt in der Regel dann vor, wenn die Waren
denselben Verwendungszweck haben und in derselben Preiskategorie liegen.
2.8.
Vertriebskanäle, insbesondere gleiche Verkaufsstätten
2.8.1.
Die wichtigsten Vertriebswege
Verkauf direkt an den Kunden. Es gibt keine zwischengeschaltete Person
zwischen dem Unternehmen und dem Kunden. Verkauf von Brot in der
örtlichen Bäckerei, die ihr eigenes Brot herstellt.
Verkauf durch unabhängige oder abhängige Agenten direkt an einzelne
Kunden oder Unternehmen.
Einzelhandel: Verkauf von Waren, die von anderen hergestellt wurden.
Verkauf organisch angebauter Kräuter an ein lokales Lebensmittelgeschäft.
Großhandel: Verkauf eines breiten Sortiments von Waren verschiedener
Unternehmer an Einzelhändler: Der Verkauf neuartigen Haustierzubehörs an
Großhändler, welche die Waren an eine Vielzahl von Tiergeschäften,
Tierkliniken und andere Händler weiterverkaufen, ist ein Beispiel für den
Verkauf an Groß- und Zwischenhändler.
Multi-Level-Marketing (Strukturvertrieb): Verkauf sowohl direkt an den Kunden
als auch an Weiterverkäufer.
2.8.2.
Gleiche Vertriebswege – Bedeutung im Allgemeinen
Werden die Waren über die gleichen Vertriebswege auf den Markt gebracht,
so kann dies vom Verbraucher dahingehend verstanden werden, dass die
Waren demselben Marktsegment angehören und von ein und demselben
Hersteller stammen könnten.
1471/1999 KALZAN (Kl. 5) / QANZA (Kl. 5) (DE),
1466/1999 FLORIDA SUN (Kl. 32) / FLORIDA SUN (Kl. 32) (EN).
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 29
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.8.3.
Gleiche Verkaufsstätten – Bedeutung im Einzelnen
Der folgende Auszug aus einem WIPO-Dokument fasst zusammen, welches
Gewicht identischen oder ähnlichen Verkaufsstätten beizumessen ist.
Das Kriterium gleicher Verkaufsstätten ist nur von untergeordneter Bedeutung,
da heutzutage in Supermärkten, Drogeriemärkten und Warenhäusern eine
Vielzahl verschiedener Waren angeboten wird. Bei der Beurteilung der Frage,
ob die Verbraucher im Hinblick auf die Waren eine gemeinsame Herkunft
annehmen, darf der alleinigen Tatsache, dass die Waren in gleichen
Vertriebsstätten verkauft werden, keine entscheidende Bedeutung
beigemessen werden.
Etwas anderes gilt, wenn die Waren ausschließlich oder häufig in
Spezialgeschäften verkauft werden. Wenn die Waren in den gleichen
Spezialgeschäften angeboten werden, wird der Verbraucher geneigt sein, eine
gemeinsame Herkunft der Waren anzunehmen und umgekehrt eine
gemeinsame Herkunft auszuschließen, wenn die Waren gewöhnlich in
verschiedenen Geschäften verkauft werden.
(WIPO Introduction to Trademark Law and Practice, The Basic Concepts,
A WIPO Training Manual, Genf 1993 (2. Ausgabe), Nachdruck 1998,
Punkt 6.2.1.)
Umgekehrt können unterschiedliche Verkaufsstätten gegen die Ähnlichkeit der
Waren sprechen, wie im Beispiel Rollstühle und Fahrräder, 1138/2002
PANTHER (Bildm.) / Panther (EN):
Hinsichtlich der Vertriebskanäle der sich gegenüberstehenden Waren kann
festgestellt werden, dass die Waren der älteren Marke in speziellen
Fahrradgeschäften oder Kaufhäusern, die Sportartikel anbieten, verkauft
werden. Die Vertriebskanäle für die Waren der angefochtenen Anmeldung
bestehen hingegen aus dem Fachhandel für Krankenhausbedarf sowie aus
Spezialgeschäften, in denen Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen
verkauft werden.
Handelt es sich bei den Verkaufsstätten um Supermärkte, Kaufhäuser,
Einkaufszentren usw., wird dem Verbraucher bewusst sein, dass die
betreffenden Waren von einer Vielzahl unabhängiger Unternehmen stammen.
Nur wenn die betreffenden Waren in derselben Abteilung derartiger Geschäfte
angeboten werden, wird dies für die Ähnlichkeit der Waren sprechen, da
homogene Waren üblicherweise zusammen zu finden sind.
76/1998 NEGRITELLE (Kl. 30) / LOS NEGRITOS (Kl. 5, 29, 30) (EN),
1117/1999 CHATELDON (Kl. 32) / CHATELDON (Kl. 33) (EN).
2.8.4.
Verhältnis zu anderen Faktoren
Wenn die Vertriebskanäle unterschiedlich sind, ist meist auch das jeweilige
Publikum unterschiedlich.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 30
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.9.
Das relevante Publikum, d. h. die aktuellen und potenziellen
Abnehmer
2.9.1.
Der Begriff „Abnehmer“
Das relevante Publikum, d. h. die aktuellen und potenziellen Abnehmer der
streitigen Waren und Dienstleistungen, stellt einen weiteren Faktor dar, der bei
der Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zu behandeln ist, auch
wenn dies vom Gerichtshof nicht ausdrücklich erwähnt wird.
Überschneidungen der Abnehmerkreise allein begründen noch keine
Ähnlichkeit, da dieselben Abnehmer Bedarf an Waren und Dienstleistungen
verschiedenster Art und Herkunft haben können. Der Umstand, dass
Fernsehgeräte, Autos und Bücher an dieselben Abnehmerkreise gerichtet
sind, nämlich das breite Publikum, ist für die Ähnlichkeitsprüfung ohne Belang.
In vielen Fällen sind ein oder beide Warenpaare an das breite Publikum
gerichtet, unterscheiden sich aber im Verwendungszweck. Solche Umstände
sprechen gegen Ähnlichkeit.
So wurden Reisetaschen und Behältnisse für Zeicheninstrumente als
unähnlich betrachtet, da sie sich trotz eines übereinstimmenden Publikums
ihrem Verwendungszweck nach unterscheiden und in unterschiedlichen
Situationen verwendet werden.
1031/1999 STARTER (Kl. 16) / STARTER (Kl. 18) (EN)
Während eine Überschneidung der Abnehmerkreise noch keine Ähnlichkeit
begründen kann, sprechen sehr unterschiedliche Abnehmerkreise stark gegen
eine Ähnlichkeit. Wenn absolut sicher wäre, dass zwei unterschiedliche
Abnehmerkreise niemals mit beiden Marken gleichzeitig konfrontiert werden,
wären Verwechslungen ausgeschlossen. Jedoch lässt sich dies in der Praxis
nie mit absoluter Sicherheit feststellen. Auch wenn es äußerst
unwahrscheinlich ist, dass die beiderseitigen Waren (oder Dienstleistungen)
beide von ihren potenziellen Käufern bei gewöhnlichem Ereignisablauf
angetroffen werden, kann der Käufer der jeweiligen anderen Ware,
insbesondere ein Geschäftskunde, dennoch gewisse Kenntnisse der
tatsächlichen Marktverhältnisse in Bezug auf beide Waren haben. Dennoch ist
solch eine Situation ein starker Hinweis auf die Unähnlichkeit der
Waren/Dienstleistungen.
713/1999 ALTRA LINK (Kl. 9) / ULTRALINK (Kl. 9, 38) (EN)
Unterschiedliche Abnehmerkreise können existieren, wenn die Waren beider
Verzeichnisse entweder nur an Verbraucher oder nur an Geschäftskunden
gerichtet sind. Unterschiede können auch dann vorliegen, wenn das eine
relevante Publikum aus Verbrauchern und das andere aus Geschäftskunden
besteht. Es sollte jedoch beachtet werden, dass sogar dann, wenn das
Zielpublikum nur aus Geschäftskunden besteht, dieses auch als
Endverbraucher auftritt. Deshalb ist die
Unterscheidung zwischen
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 31
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Endverbrauchern und Geschäftskunden nicht absolut, sondern es gibt
Überschneidungen.
Die folgenden Warenpaare sind Beispiele für weit auseinander liegende
Zielgruppen.
-
Verbraucher
Empfängnisverhütungsmittel und Prostatamedikamente;
Fahrräder
1138/2002 (EN) PANTHER (Bildm.) / Panther
-
Rollstühle
und
Geschäftskunden
Insektizide und Lösungsmittel für die Lackindustrie (die jeweiligen Abnehmer
sind auf verschiedenen Marktebenen tätig).
877/1999 SOLVENON (Kl. 1) / SOLVENAL (Kl. 5) (EN),
-
Verbraucher – Geschäftskunden
Poliermittel für den Haushaltsgebrauch einerseits und, Reinigungsmittel für die
Metall verarbeitende Industrie andererseits.
456/2002 ALADDIN / ALADIN (EN)
Behältnisse
für
Kontaktlinsen
und
chirurgische,
medizinische,
zahnmedizinische und Veterinärapparate und Instrumente, künstliche Glieder,
Augen und Zähne; orthopädische Artikel; Nahtmaterialien in Klasse 10:
„Behältnisse für Kontaktlinsen sind kleine Objekte, die für die Aufbewahrung
und den Schutz von Kontaktlinsen verwendet werden. Die Endabnehmer
dieser Waren sind die Durchschnittsverbraucher. Die Waren des
Widersprechenden [chirurgische, medizinische, zahnmedizinische und
Veterinärapparate und Instrumente, künstliche Glieder, Augen und Zähne;
orthopädische Artikel; Nahtmaterialien in Klasse 10 ] richten sich hingegen an
Chirurgen, Allgemeinärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Die Waren der
Anmeldung werden meist bei Optikern verkauft. Keine der Waren des
Widersprechenden ist mit den Waren der Anmeldung ähnlich.“
2940/2000 APEX / APEX (EN)
Unterschiedliche Preiskategorien sind nur dann von entscheidender
Bedeutung, wenn sich die Waren/Dienstleistungen an völlig verschiedene
Kundenkreise
wenden.
In
einem
solchen
Fall
werden
die
Waren/Dienstleistungen zudem über verschiedene Vertriebskanäle auf den
Markt gebracht. Die Käufer niedrigpreisiger Waren/Dienstleistungen sind
meist auch über die hochpreisigen Produkte informiert und werden daher
vermuten, dass der Hersteller/Erbringer sein Produktsortiment erweitert hat.
Zudem erwerben die Käufer hochpreisiger Waren auch niedrigpreisige Waren.
Je nach Einzelfall können unterschiedliche Preiskategorien also für die
Ähnlichkeitsprüfung relevant sein oder auch nicht.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 32
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
2.9.2.
Verhältnis zu anderen Faktoren
Bei unterschiedlichen Vertriebskanälen, wie zum Beispiel bei verschiedenen
Fertigungsstufen (z. B. Rohstoffe – Fertigprodukte) bestehen nur geringe
Überschneidungen der Abnehmerkreise.
2.10.
Regelmäßige Herkunft der Waren/Dienstleistungen
2.10.1. Regelmäßige Herkunft der Waren und Dienstleistungen
Gleiche regelmäßige Herkunft: Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit möglich
2.10.1.1.Grundsatz
Die WIPO schlägt für die Warenähnlichkeitsprüfung folgendes vor:
Waren sind in der Regel ähnlich, wenn sie unter einer identischen Marke zum
Verkauf angeboten werden und das Publikum geneigt ist, ihnen dieselbe
Herkunft beizumessen.
Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu
berücksichtigen, einschließlich die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und
die Vertriebskanäle, aber vor allem die regelmäßige Herkunft der Waren und
die regelmäßigen Verkaufsstätten.
(WIPO, Introduction to Trademark Law & Practice, Punkt 6.2.1.)
Der Gerichtshof hat die regelmäßige Herkunft der beiderseitigen
Waren/Dienstleistungen zwar nicht als relevantes Ähnlichkeitskriterium
erwähnt, dem siebten Erwägungsgrund zur GMV und der Definition der
Verwechslungsgefahr durch den Gerichtshof lässt sich aber entnehmen, dass
der regelmäßigen Herkunft der Waren im Rahmen der Ähnlichkeitsprüfung
besondere Bedeutung beizumessen ist.
Wie bereits oben unter B II 4.1. ausgeführt, ist nach dem siebten
Erwägungsgrund zur GMV „der Begriff der Ähnlichkeit […] im Hinblick auf die
Verwechslungsgefahr
auszulegen“.
Der
Gerichtshof
definiert
Verwechslungsgefahr als „Gefahr, dass das Publikum glauben könnte, dass
die betreffenden Waren oder Erzeugnisse aus demselben Unternehmen oder
ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen“
(Canon, Rn. 29). Die Berührungspunkte zwischen den Waren und
Dienstleistungen müssen demnach dergestalt sein, dass sie dem Publikum
nahe legen, die Waren stammten aus denselben oder aus wirtschaftlich
miteinander verbundenen Unternehmen.
Aus der Definition der Verwechslungsgefahr durch den Gerichtshof folgt, dass
die im öffentlichen Bewusstsein gleiche regelmäßige Herkunft der
Vergleichswaren, also die Herkunft aus denselben oder wirtschaftlich
miteinander
verbundenen
Unternehmen,
ein
starkes
Indiz
für
Warenähnlichkeit darstellt.
1195/1999 DELI / DELI CHEF (EN)
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 33
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Das oben gesagte gilt jedoch nur unter den folgenden zwei Einschränkungen:
Das Kriterium der regelmäßigen Herkunft ist noch nicht dadurch erfüllt, dass
bei einzelnen wenigen Unternehmen (wie zum Beispiel großen
Unternehmensgruppen, die für eine breite Palette von Waren und
Dienstleistungen verantwortlich sind) die Herstellung beider Waren oder die
Erbringung beider Dienstleistungen festgestellt werden kann. Vielmehr ist es
von Belang, dass die Waren/Dienstleistungen regelmäßig in der betreffenden
Branche angeboten werden, da nur ein solches regelmäßiges Angebot die
Verkehrsauffassung beeinflussen kann. Die Tatsache, dass eine
Unternehmensgruppe Medikamente, Kaffee und Schokolade herstellt, führt
nicht zu einer auf die gemeinsame Herkunft zurückzuführenden Ähnlichkeit all
dieser Waren, weil die Waren von verschiedenen, dieser Gruppe
angehörenden Unternehmen, deren Zugehörigkeit zu der Gruppe dem
Abnehmer möglicherweise nicht einmal bekannt ist, hergestellt werden
können. Stellt das Unternehmen der Gruppe jedoch Kaffee und Schokolade
unter derselben Geschäftsbezeichnung her, kann die gemeinsame Herkunft
ein Element sein, weil dies darauf hindeuten könnte, dass diese Produkte –
unabhängig davon, ob dieses Unternehmen einer Unternehmensgruppe
angehört – tatsächlich eine gemeinsame Herkunft haben. Wie bereits oben
erwähnt ist die Verkehrsauffassung bei der abschließenden umfassenden
Beurteilung zu berücksichtigen.
Auch bei Handelsmarken ist das Kriterium der regelmäßigen Herkunft
irrelevant. Handelsmarken werden häufig zur Kennzeichnung von Waren
verwendet, die untereinander unähnlich sind und von verschiedenen
Herstellern stammen.
Das Gericht erster Instanz hat bestätigt, dass die regelmäßige Herkunft für die
Warenähnlichkeit von Bedeutung sein kann.
In der Rechtssache ELS/ILS (T-388/00) machte das Gericht die folgenden
Ausführungen:
Hierzu ist festzustellen, dass es für die Dienstleistungen Entwicklung und
Durchführung von Korrespondenzkursen nützlich und üblich ist, Lehrbücher
und Druckereierzeugnisse, nämlich Arbeitsbücher für Schüler/Studenten,
Kataloge, Unterrichtshandbücher, gedruckte Anleitungen sowie Karten und
Broschüren für Schüler/Studenten, die Englisch als Zweitsprache erlernen
wollen, zu verwenden. So geben Unternehmen, die Kurse aller Art anbieten,
den Schülern diese Waren häufig als begleitendes Lehrmaterial (Rn. 55).
Ähnliche Ausführungen machte
MYSTERY/Mixery (T-99/01):
das
Gericht
in
der
Rechtssache
Die Beschwerdekammer [hat] festgestellt, dass die Biere und die übrigen
Getränke, insbesondere in der Abfüll- und der Vermarktungsphase, aus
denselben Unternehmen stammen und nebeneinander verkauft werden
könnten und dass sie die gleiche Bestimmung hätten. (…) Die
Beschwerdekammer ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 34
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
die betreffenden Waren der Klasse 32 ähnelten (Rn. 40, Hervorhebung
hinzugefügt).
Die Berücksichtigung der regelmäßigen Herkunft darf nicht in dem Sinne
falsch verstanden werden, dass die Prüfung der Verwechslungsgefahr und der
Ähnlichkeit in der Weise auf den Kopf gestellt wird, dass dem Ergebnis einer
Prüfung vorgegriffen wird, die auf einer Zahl von Faktoren beruhen soll (Art,
Verwendungszweck usw.), welche für die Wahrnehmung der regelmäßigen
Herkunft durch das relevante Publikum maßgeblich sein sollten. Vielmehr ist
das Kriterium der regelmäßigen Herkunft vor allem dann bedeutsam, wenn
sich eindeutig feststellen lässt, dass die regelmäßige Herkunft der
Waren/Dienstleistungen nach Auffassung des Publikums gleich oder
verschieden ist.
Beispiel 1: Bekleidungsstücke und Schuhwaren
Viele Hersteller und Designer entwerfen und produzieren beide Waren. Dies
gilt insbesondere für Boutique-Ketten, in denen meist sowohl Schuhwaren als
auch Bekleidung unter derselben Marke angeboten werden.
R 634/2001-1 „a“ (Bildm..) / „a“ (Bildm.) (EN),
2001/2002 PANAMA JOE'S GRILL-CANTINA-BAR / PANAMA JACK (EN).
Beispiel 2: IT, Telekommunikation und Video
Die Kontrollverantwortung eines einzigen Unternehmens für verschiedene
Waren und Dienstleistungen zeigt sich besonders deutlich in der IT-Branche,
die seit Anfang der 90er-Jahre aus der Telekommunikations- und
Videoindustrie hervorgegangen ist. Dies gilt im Allgemeinen auch für die
Bereiche IT und Elektrotechnik, insbesondere auf dem Gebiet der
Unterhaltungs- und Hauhaltselektronik. Die Waren und Dienstleistungen sind
daher ähnlich.
507/2002 T Flexitel / FLEXITEL (DE) (IT - Telekommunikation),
192-2002 Delta Access (Bildm.) / DELTA (DE) (Haushaltselektronik),
398/2002C ComConnect/comconnect (DE) (Elektrotechnik).
Beispiel 3: Unterhaltungsindustrie
Im Hinblick auf die vielfachen Verflechtungen in der Unterhaltungsindustrie
muss dabei davon ausgegangen werden, dass Hersteller von Videokassetten
auch mit Unternehmen wirtschaftlich verbunden sind, die Videokassetten
verkaufen oder vermieten.
1355-2001 Prinz Dracula / Dracula (DE)
2.10.1.2.Erfordernis einer Branchenübung im Falle einer Ausdehnung der
Geschäftstätigkeit
Das Bestehen einer Branchenübung ist dann von entscheidender Bedeutung,
wenn ein Hersteller seine Geschäftstätigkeit auf angrenzende Märkte
ausdehnt, z. B. von Kleidung auf Kosmetika. In solchen Fällen muss geprüft
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 35
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
werden, ob eine solche Ausdehnung der Geschäftstätigkeit in der jeweiligen
Branche üblich ist, oder ob sie nur in Ausnahmefällen vorkommt.
Beispiele, für Branchen, in denen eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf
andere Bereiche üblich geworden ist:
Brauereien stellen häufig auch alkoholfreies Bier her.
45/1999 FLORA (Kl. 32) / LORA DI RECOARO (Kl. 32, 33) (EN),
Schuhe – Handtaschen
2008/2000 (EN) TJ’s (Schuhe) / TJ Collection (Handtaschen),
1440/2000 (EN) Giorgio (Schuhe) / Giorgio (Handtaschen).
Beispiele, in denen eine Ausdehnung des Geschäftsfelds (noch) nicht üblich
ist:
Internetdienste – Inhalt
Das Vorhandensein von Verflechtungen zwischen Anbietern von InternetDienstleistungen und Anbietern von Inhalten (beispielsweise vertikale
Integration, wie im Falle von AOL Time Warner oder Vivendi Universal) würde
es ermöglichen, Inhalte, z. B. Filme, und Telekommunikationsdienstleistungen
als ähnlich zu betrachten, wenn derartige Verflechtungen branchenüblich
wären. Es ist jedoch noch nicht klar, ob sich diese Tendenz stabilisieren wird.
Dies ist ein Beispiel für sich ändernde Branchenübung.
Deshalb
betrachtet
die
Widerspruchsabteilung
derzeit
Telekommunikationsdienstleistungen
und
Inhalte,
die
über
das
Telekommunikationsnetz verbreitet werden, als unähnlich. Dies zeigt sich
anhand des folgenden Falles:
Herstellung audiovisueller Produktionen für Fernsehen, Kino und Rundfunk
(Kl. 41) und Telekommunikation (Kl. 38). Die Telekommunikationsunternehmen sorgen für die Verbreitung solcher Produktionen; dies genügt
aber noch nicht, um Ähnlichkeit der Dienstleistungen anzunehmen. Aufgrund
ihrer unterschiedlichen Art und ihres unterschiedlichen Zwecks
(Kommunikation / Unterhaltung) sind diese Dienstleistungen unähnlich.
1305-2001 TELENOR CTMA / TNE TELENORDEST (EN)
Schmuck - Hoteldienstleistungen
Das Beispiel von Bulgari in Italien, das sowohl Waren als auch
Dienstleistungen anbietet, begründet noch keine Handelsübung.
Schließlich ist es ausreichend, wenn ein beachtlicher Teil der
Waren/Dienstleistungen von demselben Unternehmen oder von wirtschaftlich
miteinander verbundenen Unternehmen angeboten werden. Dies kann zum
Beispiel der Fall sein, wenn die regelmäßige Herkunft der fraglichen Waren
nur im hochpreisigen Marktsegment identisch ist, beispielsweise bei Kleidung
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 36
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
und Kosmetika. In solchen Fällen wird eine lediglich entfernte Waren/Dienstleistungsähnlichkeit bestehen, wenn viele andere Ähnlichkeitsfaktoren
verschieden sind, wie es im Beispiel Kleidung und Kosmetika der Fall ist.
1642/2002 EVOLUTION (Bildm.) / Evolution the World of Sacred Device (EN)
2.10.2. Ähnliche oder gleiche Herstellungsstätten/-methoden
Wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob das Publikum davon
ausgeht, dass die betreffenden Waren von denselben oder von wirtschaftlich
verbundenen Unternehmen stammen, kann dennoch auf einen gemeinsamen
Ursprung geschlossen werden, wenn der Ort oder das geografische Gebiet
der Produktion der Waren oder die Zeit oder die Methode der Fertigung gleich
sind.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in dem Canon-Urteil auf den
Herstellungsort ausdrücklich Bezug nimmt und darauf hinweist, dass es für die
Verneinung der Verwechslungsgefahr nicht reicht, lediglich nachzuweisen,
dass für das Publikum keine Verwechslungsgefahr in Bezug auf den Ort
besteht, an dem die betreffenden Waren oder Dienstleistungen hergestellt
oder erbracht werden (Canon, Rn. 29). Diese Feststellung darf umgekehrt
aber nicht dahingehend verstanden werden, dass der Ort der Herstellung kein
starker Hinweis darauf sein kann, dass die fraglichen Waren/Dienstleistungen
dieselbe Herkunft haben.
Waren können trotz verschiedener Herstellungsorte ähnlich sein. Dies gilt zum
Beispiel für Bücher und elektronische Medien (miteinander konkurrierende
Waren, Bücher werden durch elektronische Medien ersetzt). Beide Waren
werden von Verlagshäusern vertrieben, und die Inhalte unterscheiden sich
nicht.
Beispiele für Herstellungsstätten:
Gleiche Herstellungsstätten
Verschiedene Chemikalien: Firnisse, Lacke, Farbstoffe und Beizen werden
normalerweise von denselben Produzenten hergestellt, meist spezialisierten
Chemieunternehmen,
Rentolin/RENOLIN, R 0837/2001-3 (EN)
Verschiedene Herstellungsstätten
Videofilmkassetten; Produktion von Filmen für Lichtspieltheater und
Fernsehanstalten usw. / Steh- und Laufbildkameras; Fernsehaufnahme- und
Fernsehaufzeichnungsgeräte (relevante Waren und Dienstleistungen in dem
Canon-Urteil des Gerichtshofs).
Es
wird
erneut
darauf
hingewiesen,
dass
übereinstimmende
Herstellungsstätten zwar einen Hinweis auf eine gemeinsame regelmäßige
Herkunft darstellen, aber umgekehrt unterschiedliche Herstellungsstätten nicht
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 37
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
ausschließen, dass die Waren aus denselben oder wirtschaftlich miteinander
verbundenen Unternehmen stammen.
Beispiele für Herstellungsmethode:
Gleiche Herstellungsmethode
Gürtel (Kl. 25) und Schuhe (Kl. 25):
1481/2002 ROHDE / DANHO (Bildm.) (DE)
Verschiedene Herstellungsmethoden
Pharmazeutische Erzeugnisse unterscheiden sich hinsichtlich
Herstellungsmethode von Windeln und Windeln für Inkontinenz.
ihrer
R 0807/2000-3 DEMARA / DEMAR ANTIBIOTICOS, S.A. (EN)
2.10.3. Verhältnis zu anderen Faktoren
Dieser Faktor ist hauptsächlich von Bedeutung, wenn sich im öffentlichen
Bewusstsein die regelmäßige Herkunft ohne detaillierte Beurteilung der
anderen Faktoren sicher feststellen lässt und die Übereinstimmungen dem
Publikum eindeutig bekannt sind.
3.
Warenähnlichkeit: Rohstoffe, Zubehör, Ersatz- und Einzelteile
3.1.
Rohstoffe
Die Tatsache, dass eine Ware für die Herstellung einer anderen verwendet
wird, begründet in der Regel noch keine Warenähnlichkeit, da die Waren
hinsichtlich Art, Verwendungszweck und Abnehmerkreise große Unterschiede
aufweisen können. Rohstoffe sind eher zur industriellen Verarbeitung
bestimmt und nicht zum privaten Verbrauch. Dies wurde in folgenden Fällen
festgestellt: Häute und Felle zu Bekleidungsstücken sowie Edelmetalle zu
Schmuckwaren.
46/1999 OXYDO (Kl. 25) / OXYDO LAMBFURS (Kl. 18) (EN),
452/1999 ECO-PEL (Kl. 25) / ECOPEL (Kl. 18) (DE),
149/2001 Arcadia (Bildm.) (Kl. 14) / Arcadia (Kl. 14),
1190/1999 FOUR SEASONS (Kl. 25) / 12 SEASONS (Kl. 24, 25) (EN).
Das endgültige Ergebnis hängt aber von den besonderen Umständen des
Einzelfalls ab, wie zum Beispiel vom Grad der Verarbeitung des Rohstoffs,
wenn es sich bei diesem um die Basiskomponente der Fertigware handelt,
oder vom Ausmaß, in dem sich der Rohstoff im Endpreis der Fertigware
niederschlägt. Auch der Umstand, dass die Marke des Vorprodukts auf der
Fertigware erscheint („begleitende Marke“) kann von Bedeutung sein. Je
bestimmender der Rohstoff für die Fertigware ist, desto eher ist
Warenähnlichkeit anzunehmen.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 38
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
3.2.
Zutaten in Lebensmitteln
Der Praxis der Widerspruchsabteilung zufolge begründet allein die Tatsache,
dass eine Zutat für die Herstellung einer anderen Ware verwendet wird,
generell noch keine Ähnlichkeit zwischen der Zutat und der Ware, da
hinsichtlich der Faktoren Art, Verwendungszweck und Abnehmerkreise
üblicherweise große Unterschiede vorliegen können.
1955/2001 HAPPY / HAPI (EN) (für das Verhältnis von Eiern zu Eiscreme; und
von Kaffee, Kakao, Zucker, Honig zu Eiscreme),
1926/2001 EARTHGRAINS (Bildm.) / EURO GRAIN (EN) (für das Verhältnis
von Brot zu Mehl),
241/2001 CANDY CASTLE (Bildm.) / CANDY CARL (EN) (für das Verhältnis
von Zucker, Honig, Melassesirup zu Konditorware).
Allerdings kann zumindest ein geringer Grad an Ähnlichkeit bestehen, soweit
es sich bei der Zutat um eine Hauptzutat des Fertigerzeugnisses handelt.
Die Widerspruchsabteilung geht nicht so weit wie einige Entscheidungen der
Beschwerdekammern, denen zufolge bei fast allen Nahrungsmitteln stets von
einem zumindest geringen Ähnlichkeitsgrad auszugehen ist (siehe oben in
Abschnitt 5.2.2.b. (i)).
1955/2001 HAPPY / HAPI (EN) (für das Verhältnis von Milch, Milchprodukten
zu Eiscreme).
Die Dritte Beschwerdekammer nimmt bereits dann einen gewissen Grad der
Ähnlichkeit an, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass eine Zutat in einer
Fertigware enthalten ist. Nach dieser Logik können beispielsweise Kaffee,
Tee, Kakao, Zucker als ähnlich mit Eiscreme oder Konditorwaren betrachtet
werden.
R 152/2000-3 DIPPIN’S DOTS / DIPPIN’DOTS (Bildm.) (EN),
R 253/2000-3 SELZ SODA (Bildm.) / SELZ (EN).
Die gleiche Kammer hat zudem ihre Beurteilung auch auf ein anderes, weiter
gefasstes Kriterium gestützt, nämlich den Umstand, dass bestimmte
Nahrungsmittel häufig miteinander kombiniert werden. Obwohl es sich um
verschiedene Waren handelt, würden sie in Restaurants und Supermärkten
meist zusammen angeboten (z. B. Essig und Zucker).
Die Erste Kammer scheint einen ähnlichen Ansatz zu verfolgen: In der
Beschwerdesache R 160/2002-1 O SOLE MIO! / Sole Mio (Bildm.), bejahte sie
eine Ähnlichkeit zwischen Mehl und Getreidezubereitungen, Brot, Backwaren,
Salz, Speiseölen und Fetten einerseits und Pizza andererseits. Die Waren
seien ähnlich, da es sich um Grundnahrungsmittel handele und erstere zudem
die Hauptzutaten einer Pizza darstellten.
Gemäß dem in diesen Entscheidungen der Beschwerdekammern gewählten
Ansatz müsste bei Nahrungsmitteln generell von einer zumindest gewissen
Ähnlichkeit untereinander ausgegangen werden. Die Widerspruchsabteilung
meint aber, dies sei mit den vom EuGH aufgestellten Grundsätzen
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 39
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
unvereinbar. Sie wird daher ihren Entscheidungen weiterhin den oben
dargelegten Ansatz zu Grunde legen.
3.3.
Einzelteile, Bestandteile und Ausstattungen
Die Ausführungen zu Rohstoffen lassen sich zum Teil auch auf verschiedene
Einzelteile, Ausstattungen und Bestandteile übertragen, aus denen sich
Industrieerzeugnisse wie Maschinen oder Anlagen zusammensetzen. Allein
die Tatsache, dass eine bestimmte Ware ein Einzelteil einer
zusammengesetzten Ware bildet, begründet noch keine Ähnlichkeit. Dies
wurde zum Beispiel im Falle von Ventilbetätigern und hydraulischen
Maschinenwerkzeugen festgestellt.
693/1999 MAS (Kl. 6, 7, 8, 9) / aMAX (Kl. 7, 9) (EN),
865-2001 i-scan / High-Scan (DE).
Einzelteile werden jedoch häufig von demselben Unternehmen hergestellt
und/oder verkauft, das auch das Endprodukt herstellt und sich an dieselben
Abnehmerkreise richtet, beispielsweise im Falle von Ersatzteilen. Je nach Art
der betreffenden Ware, kann das Publikum Einzelteile als vom „OriginalHersteller“ stammend oder als unter seiner Kontrolle hergestellt betrachten,
was für Warenähnlichkeit spricht.
Im Allgemeinen können in jedem Einzelfall verschiedene Faktoren zu
beachten sein. So ist zum Beispiel der Umstand, dass das Einzelteil
selbständig verwendet oder verkauft wird, oder es von herausragender
Bedeutung für die Funktion der Maschine ist, ein Indiz für Ähnlichkeit.
In Bezug auf Landfahrzeuge und Reifen wurde trotz der Verschiedenheit der
fraglichen Waren aufgrund ihrer Nähe und ihres ergänzenden Charakters ein
geringer Grad der Ähnlichkeit angenommen. Andererseits gelangte die
Widerspruchsabteilung in der Entscheidung 199/1999 CUPPER (Kl. 12) /
COOPER (Kl. 12) (EN) zu dem Ergebnis, dass Fahrzeuge und Reifen zwar
einander ergänzende Waren darstellen, die Endabnehmer jedoch von einer
unterschiedlichen Herkunft und unterschiedlichen Märkten ausgingen.
Zwischen Fahrzeugen und Reifen bestehe ein sehr geringer Grad der
Ähnlichkeit. Um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen, müssten die Zeichen
daher identisch oder zumindest sehr ähnlich sein.
4.
Vergleich von Dienstleistungen untereinander
Für den Verglich von Dienstleistungen untereinander gelten grundsätzlich
keine anderen Kriterien als bei dem Warenvergleich. Bei der Anwendung
dieser Kriterien muss jedoch den Unterschieden zwischen Waren und
Dienstleistungen, insbesondere der Unkörperlichkeit der Dienstleistungen,
Rechnung getragen werden.
Im Folgenden wird eine Reihe von Beispielen aufgeführt, die zeigen, wie die
verschiedenen Ähnlichkeitsfaktoren in der Praxis der Widerspruchsabteilung
angewendet werden.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 40
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
4.1.
Art der Dienstleistung
Die Art kann insbesondere als die Art und Weise definiert werden, in der die
Dienstleistung erbracht wird.
Die folgenden Beispiele erläutern mehrere spezifische Konzepte zur
Anwendung des Kriteriums der Art auf Dienstleistungen.
-
Dienstleistungen, die unter dieselbe Kategorie fallen
Financial Management ist von derselben Art wie Business Management, da
beide Management-Dienstleistungen sind. Andererseits haben sie
verschiedene Zwecke: „financial“, bzw. „business“.
1621/2002 EUROHYPO/EUROHYPO (EN)
-
Art, die von der „Zusammensetzung“ der Dienstleistung definiert wird
Die Dienstleistungen Produktion von Fernsehprogrammen und Unterhaltung
sind ähnlich, da letztere Fernsehunterhaltung beinhaltet, die das Ergebnis
mehrerer unterschiedlicher aber komplementärer Aktivitäten ist, die allgemein
von Drehbuchautoren, Schauspielern, Kameraleuten, Leuchttechnikern,
Regisseuren, Maskenbildnern usw. erbracht werden. Der Begriff
Unterhaltungsproduktion umfasst alle diese Dienstleistungen.
R 1226/2000-1 TV GEO/GEO (Bildm.) (EN)
4.2.
Einander ergänzende Dienstleistungen
4.2.1.
Ergänzender Charakter (Ähnlichkeit) bejaht
Versicherungen
sind
komplementäre
Dienstleistungen
zu
Bankdienstleistungen, die von Banken selbst oder anderen Finanzinstituten
erbracht werden könnten. Außerdem ist es nicht ungewöhnlich, dass
Versicherungsgesellschaften auch Bankaktivitäten durchführen, und der
Finanzmarkt von heute ist durch eine Integration von Banken und
Versicherungsgesellschaften gekennzeichnet, zum Beispiel infolge von
Fusionen und Übernahmen. Die breite Öffentlichkeit, die normalerweise die
Dienstleistungen für verschiedene Zwecke in Anspruch nimmt, wird die
Aktivitäten miteinander in Verbindung bringen, da sie vom gleichen
Unternehmen und sogar in den gleichen Räumlichkeiten erbracht werden.
R 38/2000-1 ADVANTA (Bildm.) / ADVANTAGE (Bildm.) (EN),
2507/2001 BAMB (Bildm.) / BAM (EN).
Die Veranstaltung von Reisen (Kl. 39) ist eine ergänzende Dienstleistung zu
Verpflegung in Restaurants und zeitweilige Unterbringung in Hotels (Kl. 42).
Das Reisen umfasst notwendigerweise Unterkunft und Verpflegung. Darüber
hinaus bieten Reisebüros diese Dienstleistungen meist „zusammengeschnürt“
in Form von Pauschalreisen an.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 41
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
1356-2000 atlas (Bildm.) / ATLASREISEN, 1357-2000 atlas (Bildm.) /
ATLASREISEN (Bildm.) (beide EN)
Baudienstleistungen (Kl. 37) und Entwerfen von Hotels (und/oder Geschäften)
für die Unterhaltung von Gästen und Freizeitangebote für Gäste (Kl. 42)
ergänzen einander.
1469-1999 INTER HOTEL (Bildm.) / DEUTSCHE INTERHOTEL (EN)
4.2.2.
Ergänzender Charakter (Ähnlichkeit) verneint
Unterrichts- und Unterhaltungsdienstleistungen und Verlagswesen ergänzen
sich nicht, da die Berührungspunkte zwischen ihnen nicht stark genug sind:
Unterrichts- und Unterhaltungsdienstleistungen können zwar auch die
Herausgabe von Lehrbüchern oder Unterhaltungsmaterial als Teil der
Hauptdienstleistungen beinhalten, jedoch begründet dies noch keine
Ähnlichkeit der fraglichen Dienstleistungen. Druckerzeugnisse erscheinen in
vielen verschiedenen Bereichen.
712/2001 GRUPO TELEKOM (Bildm.) / TELEKOM (Bildm.) (EN)
4.3.
Miteinander konkurrierende Dienstleistungen
Die
Dienstleistungen
Herausgabe
von
Digitalund
Analogaufzeichnungsträgern
mit
bestimmten
Informationen
und
Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften
(beide in Kl. 41) sind ähnlich, da Verlage ihre Veröffentlichungen nicht nur in
Papierform, sondern auch in digitaler und analoger Form anbieten.
1198/2002 MicroFocus (Bildm.) / FOCUS (DE)
4.4.
Das relevante Publikum
Aufgrund der nur geringen Überschneidungen der relevanten Abnehmerkreise
wurden die Dienstleistungen Versicherungs- und Finanzdienstleistungen
(Kl. 36) als lediglich entfernt ähnlich betrachtet zu Herausgabe von
Multimedia-Chipkartensystemen (Kl. 42) und Chipkarten, Magnetkarten,
Strichcodeträgern,
Strichcodekarten
(Kl. 9).
Die
Herausgabe
von
Chipkartensystemen richtet sich unmittelbar an Geschäftskunden, nicht an die
privaten Abnehmer, von denen hauptsächlich Versicherungs- und
Finanzdienstleistungen in Anspruch genommen werden. Geschäftskunden
wiederum sind aufmerksamer und erkennen, dass Versicherungs- und
Finanzunternehmen gewöhnlich keine Karten-Dienstleistungen anbieten oder
Karten selbst herstellen. Gleichwohl überschneiden sich die relevanten
Abnehmerkreise geringfügig, da Geschäftskunden auch als Privatleute
handeln, also als private Endabnehmer.
2066/2001 DENCARE / DentCard (Bildm.)(DE)
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 42
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
4.5.
Regelmäßige Herkunft
Autopflege ist gegenüber Verpackung und Lagerung von Waren unähnlich.
Dem Durchschnittsverbraucher ist bewusst, dass es sich um zwei völlig
verschiedene Branchen handelt; er wird die Dienstleistungen daher nicht
derselben Herkunft zuordnen.
757-2000, SMART / SMARTRAIL (EN)
5.
Vergleich von Waren und Dienstleistungen
5.1.
Allgemeines
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen können
die Grundsätze, die bei dem Vergleich von Waren mit Waren bzw.
Dienstleistungen mit Dienstleistungen zur Anwendung kommen, entsprechend
herangezogen werden.
Es bestehen zahlreiche Unterschiede zwischen Waren und Dienstleistungen.
Ihrer Art nach sind Waren und Dienstleistungen stets unähnlich. Waren sind
Handelsartikel und -güter oder Immobilien. Ihr Verkauf beinhaltet meist die
Übertragung des Eigentums an der beweglichen Sache oder der Immobilie.
Dienstleistungen sind hingegen unkörperlich.
2607/2000 ENVIROMET, ECOMET / EnviroMed (EN)
Güter und Dienstleistungen können sich aber ergänzen: so z. B.
Wartungsdienstleistungen in Bezug auch die jeweiligen Waren.
Dienstleistusngen und Waren können auch demselben Zweck dienen und
daher
miteinander
konkurrieren.
So
kann
zum
Beispiel
das
Fahrzeugleasinggeschäft, eine Finanzdienstleistung, als in Konkurrenz zur
Ware Fahrzeuge stehend betrachtet werden.
Daraus folgt, dass unter bestimmten Umständen Ähnlichkeit zwischen Waren
und Dienstleistungen bejaht werden kann.
Zwei spezifische Kategorien können unterschieden werden: Dienstleistungen,
die üblicherweise selbständig von den entsprechenden Waren erbracht
werden, und umgekehrt Dienstleistungen, bei denen dies nicht angenommen
werden kann.
5.2.
Dienstleistungen, die üblicherweise ohne Erwerb der entsprechenden
Ware erbracht werden (und umgekehrt)
Ein Handelsbrauch kann festgestellt werden, wenn dieselben Unternehmen
üblicherweise Dienstleistungen unabhängig davon erbringen, ob der jeweilige
Kunde auch die entsprechenden Waren erworben hat (oder umgekehrt). Das
bedeutet, dass die es sich bei den Dienstleistungen im Verhältnis zu den
jeweiligen Waren nicht um bloße Nebendienstleistungen handelt, wie zum
Beispiel die Reparatur und Wartung von Maschinen durch den Hersteller der
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 43
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Maschine. Ein solcher Handelsbrauch spricht stark für das Vorliegen von
Ähnlichkeit.
Beispiele:
-
Gesundheits- und Schönheitspflege / Kosmetika
1546-2001 Megadent / MENTADENT (DE)
Filmvermietung / belichtete Filme; Dienstleistungen eines Optikers /
Brillen,
Sonnenbrillen;
Vermietung
von
Verkaufsautomaten
/
Verkaufsautomaten
1355-2001 Prinz Dracula (Bildm.) / Dracula (DE)
Waren und Dienstleistungen, welche die Unternehmen unabhängig
voneinander
anbieten:
Informationstechnologie(IT)
und
Telekommunikationsgeschäft, z. B. Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung,
Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten (Kl. 9) sind der
Dienstleistung Telekommunikation (Kl. 38) ähnlich.
Den Entscheidungen 507/2002 FLEXITEL / T --- Flexitel (Bildm.) (DE) gegen
1936/2002 WELCOME / WELCOME Real Time (EN) und 1642/2002 evolution
(Bildm.) / EVOLUTION The World of Sacred Device (EN) ist nicht zu folgen.
Siehe aber Abschnitt 8.4., in dem dargelegt wird, dass Waren und
Dienstleistungen des Bereichs IT und Telekommunikation nicht allein
deswegen anderen (nicht IT- oder Telekommunikations-) Waren ähnlich sind,
weil sie gemeinsam benutzt werden.
Bestimmte Dienstleistungen, deren Gegenstand in der Herstellung einer Ware
besteht; Beispiel: Verlagswesen / Bücher: Die Dienstleistung Verlagswesen
steht mit den Waren Büchern in einem engen Zusammenhang. Ohne
Veröffentlichung könnte ein Buch nicht auf dem Markt erscheinen. Die
Haupttätigkeit besteht in der Veröffentlichung von Büchern. Die
Unterscheidung zwischen der Ware Bücher und der Dienstleistung
Verlagswesen erfolgt in erster Linie aus Klassifizierungsgründen. Auf dem
Markt sind sie eindeutig ähnlich.
1252/2001 NOVIA / NOVIA (Bildm.) (EN)
Siehe auch 507/2002 FLEXITEL / T --- Flexitel (Bildm.) (DE):
Druckereierzeugnisse (Kl. 16) / Veröffentlichung und Herausgabe von
bestimmten Handbüchern, Broschüren für Unterrichtszwecke (Kl. 41), und
1837-2001 LE MERIDIEN (Bildm.) (Kl. 16) / MERIDIANI (Kl. 41) (EN) und
1252-2001 NOVA (Kl. 16) / NOVA (Bildm.) (Kl. 41) (EN):
Ähnlichkeit
zwischen den Waren Druckereierzeugnisse und Veröffentlichung von
Druckereierzeugnissen, da es sich um das Kerngeschäft von
Verlagsgesellschaften handelt.
-
Weitere Beispiele:
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 44
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Baumaterial und Kundenservice im Hinblick auf den Verkauf von
Gebäuden und Baumaterial: ähnlich
9/2001 JAM (Kl. 19)(Bildm..) / JM (Bildm.) (Kl. 35)(EN)
-
Mode-Design; Mode-Informationen und Bekleidungsstücke:
1522/1999 LILLYWHITES (Bildm.) Kl. 25 / LILLY (Kl. 42) (EN)
Siehe auch: 2374/2001 CITY DESK (Kl. 42) / citi (Bildm.) (Kl. 9) (EN),
1865/2001 VORTEC (Bildm.) (Kl. 9) / VARTEC (Kl. 38) (EN).)
5.3.
Unselbständige Nebenleistungen (DL, die üblicherweise
zusammen mit der Ware erbracht werden und umgekehrt)
nur
Wenn die Dienstleistungen lediglich als Nebenleistung zu den Waren erbracht
werden – oder die Waren als Nebenleistung zu den Dienstleistungen – lässt
sich eine Ähnlichkeit schwieriger begründen, da das Publikum den Hersteller
der Waren nicht als eigenständigen Dienstleistungserbringer wahrnimmt und
umgekehrt. In solchen Fällen ist ein hoher Grad der Zeichenähnlichkeit
und/oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke erforderlich, um
Verwechslungsgefahr anzunehmen.
5.3.1.
Waren und Dienstleistungen unähnlich
5.3.1.1. Regelmäßige Herkunft der Waren und DL ist unterschiedlich
5.3.1.1.1.Grundsatz
Die Waren und DL sind unähnlich, wenn sie üblicherweise nicht von
denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
vertrieben bzw. erbracht werden.
82/2002
EN
CUBIX (Kl. 16 Spielkarten)
224/2002
EN
PIA (Kl. 9 Computer)
831-2002
EN
SEAT (Kl. 12 Kraftfahrzeuge)
UBIX
(Kl.
41
Unterhaltung)
PIAS (Kl. 35 Buchhaltung
und Lohn- und Gehaltsabrechnungen)
SKY-SEAT
(Kl.
41
Unterhaltung; sportliche
und kulturelle Aktivitäten)
5.3.1.1.2.Die Dienstleistungen Transport, Verpackung und Lagerung von
Waren
Im Hinblick auf die Dienstleistungen Transport, Verpackung und Lagerung von
Waren und Waren in den Klassen 9, 25, 29 und 32 wurde Ähnlichkeit verneint.
Diese Dienstleistungen werden von spezialisierten Fuhrunternehmen erbracht,
deren Tätigkeit nicht die Herstellung und den Verkauf von Waren umfasst.
297-2000
EN
FRUTTAVIVA
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
et
al FRUTA VIVA JUVER
Seite 45
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
743-2000
780-2000
1075-2000
EN
EN
EN
2850-2000
EN
2019-2001
EN
2061-2001
EN
(Kl. 29,32)
CHIP SET (Kl. 39)
EAR (Bildm.) (Kl. 9)
RAINHA et al (Bildm.)
(Kl. 25)
SPORT
AUTHORITY
(Kl. 39)
IKKS COMPANY et al.
(Kl. 25)
IDE (Bildm.) (Kl. 39)
(Kl. 39)
CHIP (Bildm.) (Kl. 9)
EAR (Bildm.) (Kl. 37)
REINA DECO (Bildm.)
(Kl. 39)
THE
SPORTS
AUTHORITY (Kl. 25)
KKS (Bildm.) (Kl. 39)
IDEM (Kl. 9)
5.3.1.1.3.Andere Fälle
Wenn die Tatsache, dass die Waren und Dienstleistungen zusammen
angeboten werden, rein zufällig ist, wie im Falle von Promotionsartikeln oder
Werbegeschenken, sind die Berührungspunkte nicht stark genug. Daher
wurde im Falle von Reisetaschen und Dienstleistungen eines Reisebüros
Ähnlichkeit verneint.
964/1999 THE GREY LINE (Kl. 39) / GREYLINE (Kl. 18, 25, 28) (EN)
(bestätigt durch R 72/2000-1 (EN)
5.3.1.2. Gleiche regelmäßige Herkunft, aber Ware/Dienstleistung ist nicht Teil
des Kerngeschäfts
Beurteilt man die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, so ist es
wichtig, das Kerngeschäft der Unternehmen zu berücksichtigen, die die
jeweiligen Waren und Dienstleistungen vertreiben bzw. erbringen.
Zum Beispiel besteht das Kerngeschäft von Werbeagenturen darin, für andere
Unternehmen Werbedienstleistungen zu erbringen. Selbst wenn die fraglichen
Waren in den Anzeigen erscheinen, ist dies unzureichend für die Annahme
von Ähnlichkeit, da Werbedienstleistungen sich ihrer Art nach von der
Herstellung von Waren fundamental unterscheiden. Das Gleiche gilt in den
Fällen, in denen Werbedienstleistungen mit Waren der Klasse 9 verglichen
werden, die als ein Medium für die Werbung verwendet werden können.
1621/2002 EUROHYPO/EUROPHYPO (EN)
Außerdem begründet die Tatsache, dass die meisten Unternehmen sich auf
Werbung oder andere verkaufsfördernde Instrumente verlassen, um das
Geschäft zu stimulieren, keine Ähnlichkeit zwischen diesen Instrumenten und
den beworbenen Waren. Der Grund ist, dass Unternehmen, die sich mit der
Förderung
ihrer
Waren
befassen,
gewöhnlich
keine
Verkaufsförderungsleistungen für Dritte anbieten.
5.3.2.
Waren und Dienstleistungen (entfernt) ähnlich
Dienstleistungen, die in Verbindung mit Waren erbracht werden
5.3.2.1. Installations-, Wartungs- und Reparaturdienste
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 46
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Im Verhältnis von Waren zu ihrer Installation, Wartung und Instandsetzung,
könnte Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen angenommen werden,
wenn es auf dem relevanten Marktsektor für den Hersteller der Waren üblich
ist, auch solche Dienstleistungen zu erbringen.
In solchen Fällen könnte Verwechslungsgefahr insbesondere dann zu bejahen
sein, wenn die Zeichen identisch oder sehr ähnlich sind, und/oder die ältere
Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft besitzt.
-
Waren in Klasse 9
Datenverarbeitungsgeräte und Computer und deren Teile sind ähnlich zu
Installation und Reparatur elektronischer Geräte.
1629-2001 EXPRESSO (Kl. 37) / XPRESSO (Bildm.) (Kl. 9)
Zum Verhältnis von Installationsdienstleistungen und Waren der Klasse 9
siehe auch:
461-1999 LIS (Kl. 9) / LIS (Kl. 37) (EN),
780-2000 EAR (Bildm.) (Kl. 9) / EAR (Bildm.) (Kl. 37) (EN),
1095-2001 ADCO (Kl. 9) / ADCON (Kl. 37) (EN) ),
1775-2001 NOHMI (Kl. 9) / NOMI (Bildm.) (Kl. 37) (EN),
352/2002 CALIFORNIA (Kl. 12) / CALIFORNIA EXCLUSIVE (Kl. 37) (EN).
1671/2002 ACOME (Bildm.) / ocom (EN) Reparaturdienstleistungen und
Datenverarbeitungsgeräte, Computer: Berührungspunkte bejaht.
Installation, Wartung und Instandsetzung von Wasserreinigungsapparaten und
Installationen ähnlich Wasserbehandlungsapparate und Installationen
1800/2002 CRISTAL / CLASSIC CRYSTAL (Bildm.) (EN);
Ein weiteres Beispiel für Wartung: 40/2002 CALL ONE / ALL ONE (EN).
Für das Verhältnis von Fahrzeugen und Teilen davon (Kl. 12) zu
Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (Kl. 37) siehe R 969/2000-1 (EN) SCLASS (Kl. 12) / S TYPE (Kl. 37): ähnlich.
Möbel und Installation von Möbeln sind ähnlich, 873/2002 space / space 2
(Bildm.) (DE)
Waagen; insbesondere industrielle Anzeigeterminals für Waagen Kl. 9:
Es ist im Bereich industrieller Ausrüstung üblich, dass der Hersteller oder ein
mit ihm verbundenes Unternehmen die Wartung und Instandhaltung
übernimmt. Installation, Wartung und Instandsetzung werden normalerweise
vom Hersteller dieser sehr spezifischen und empfindlichen Geräte oder von
Fachunternehmen erbracht, die auf die Marke des Herstellers verweisen
können, wenn es notwendig ist, den beabsichtigten Zweck einer
Dienstleistung anzugeben. Deshalb sind die Waren und Dienstleistungen
ähnlich. Siehe R 344/2001-3 LYNX / LYNX (Bildm.) (EN).
5.3.2.2. Beratungsdienstleistungen
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 47
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Beratungsdienstleistungen sind ein weiteres Beispiel, bei dem Ähnlichkeit
zwischen Waren und Dienstleistungen unter ähnlichen Voraussetzungen
angenommen werden kann, wie sie für die Dienstleistungen der Wartung,
Installation und Instandsetzung gelten.
Beispiele:
1800/2002 (EN): Beratungs- und Informationsdienstleistungen bezüglich der
Installation, Wartung und Instandsetzung von Apparaten zur Wasserreinigung
und Installationen und Geräte zur Wasseraufbereitung und Installationen.
1390/2001 (focus (Bildm.) / FOCUS) (Kl. 7, 37) (FR) Beratungsdienstleistungen bezüglich Installation, Wartung und Instandsetzung von
Maschinen / Laser-Cutter.
(bb) Waren, die in Verbindung mit Dienstleistungen vertrieben werden
In einigen Fällen kann Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen
bejaht werden, wenn die Waren für die Erbringung der Dienstleistung von
entscheidender Bedeutung sind. Dann existiert eine komplementäre
Beziehung zwischen den Waren und Dienstleistungen. So ist
Unterrichtsmaterial von zentraler Bedeutung für die UnterrichtsDienstleistungen. Dies wurde als starkes Indiz für Ähnlichkeit betrachtet.
1207/1999, ILS (Kl. 9, 16, 41) / ELS INTERNATIONAL (Kl. 35, 41) (EN), durch
R 75/2000-3 (EN) bestätigt, und im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Waren und
Dienstleistungen auch von dem EuG bestätigt.
Weiteres Beispiel:
Lieferung von Reiseinformationen / Hör- und Videokassetten, CDs,
Laserdiscs, Filme, Computer-Software und CD-ROMs; Zeitschriften, Bücher,
Zeitungen, Rundschreiben und andere gedruckte Veröffentlichungen: Es
wurde ein „ein gewisser Grad an Ähnlichkeit“ zwischen diesen spezifischen
Dienstleistungen und den Waren festgestellt, da diese auch spezifische Waren
umfassen, die mit Reiseinformationen zusammenhängen, und die Waren als
ausdrücklich für die Lieferung solcher Informationen bestimmt betrachtet
werden könnten.
880/2001 TIME / TIM (Bildm.) (EN)
5.3.3.
Insbesondere Restaurantdienstleistungen und Lebensmittel
Hierbei handelt es sich um ein Beispiel für die Auswirkungen nationaler
Verbrauchergewohnheiten oder Handelsusancen auf die Ähnlichkeit von
Waren und Dienstleistungen sowie den Grad dieser Ähnlichkeit.
- Ein durchschnittlicher Grad der Ähnlichkeit besteht, wenn die Lebensmittel
unabhängig von den Restaurantdienstleistungen angeboten werden und nicht
bloß eine Nebenleistung zu diesen Dienstleistungen darstellen. Zu den
selbständig angebotenen Nahrungsmitteln zählen auch fertig zubereitete
Speisen zum Mitnehmen. Je nach Mitgliedstaat können die unabhängig von
den Restaurantdienstleistungen angebotenen Nahrungsmittel auch bestimmte
verarbeitete oder unverarbeitete Nahrungsmittel wie zum Beispiel
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 48
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Konditoreiwaren, Speiseeis (verarbeitet) oder Fleisch (unverarbeitet)
umfassen, da Konditoreien, Bäckereien, Eisdielen und Metzgereien ihre
Waren auch zum Verzehr in einem angeschlossenen Schnellimbiss oder Café
anbieten können. In ähnlicher Weise haben Brauereien, z. B. in Spanien oder
Deutschland, traditionell ihre eigenen Restaurants.
- Andererseits besteht bei reinen Hilfswaren nur eine entfernte Ähnlichkeit.
Zu solchen Hilfswaren zählen etwa halbbehandelte Nahrungsmittel wie
Marmeladen, konserviertes und gekochtes Obst und Gemüse sowie
bestimmte Getränke wie zum Beispiel Kaffee. Die Frage, ob eine
Verwechslungsgefahr bejaht werden kann, hängt von den anderen Faktoren
ab, insbesondere dem Grad der Zeichenähnlichkeit und dem Grad der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke.
- Schließlich gibt es eine Kategorie von Lebensmitteln, bei denen keinerlei
Ähnlichkeit mit Restaurantdienstleistungen gegeben ist. Hierzu gehören
bestimmte Grundnahrungsmittel oder unverarbeitete Lebensmittel wie zum
Beispiel Eier, Mehl, Salz sowie bestimmte Getränke, beispielsweise
üblicherweise
alkoholfreie
Getränke.
Diese
Waren
sind
Restaurantdienstleistungen nicht ähnlich, da, selbst wenn sie mit identischen
Marken gekennzeichnet sind, beim Verbraucher nicht der Eindruck entsteht,
dass Bewirtungsbetriebe für ihre Herstellung verantwortlich seien.
Siehe die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer in den Rechtssachen
R 536/2001-3 und R 674/2001-3 NEGRA MODELO / MODELO (EN), bestätigt
durch das EuG (T-169/02) im Hinblick auf „Dienstleistungen im
Zusammenhang mit Bars, Restaurants und Nachtclubs“ und „Sirupen, Bier,
alkoholfreien Getränken und nichtalkoholischen Getränken“:
„33 Diese Dienstleistungen sind nicht absolut unähnlich, wie die
Widerspruchsabteilung erklärt hat, sondern sind in weitem Sinne ähnlich mit
„Sirupen, Bier, alkoholfreien Getränken und nichtalkoholischen Getränken“ in
Klasse 32 des älteren Rechts. Der Widersprechende argumentiert zurecht,
dass es trotz der Tatsache, dass Bier an anderen Orten als Bars, Restaurants
und Nachtclubs konsumiert werden kann, sicherlich schwierig sein wird, eine
Bar, ein Restaurant oder einen Nachclub zu finden, wo kein Bier vermarktet
und konsumiert wird. Daher könnten gewisse Berührungspunkte zwischen den
zu vergleichenden Dienstleistungen und Waren bestehen, da nicht
ausgeschlossen werden kann, dass Brauereien oder Hersteller
nichtalkoholischer Getränke ihre Produkte – gekennzeichnet mit demselben
Zeichen oder Logo wie ihre Getränke – in ihren eigenen Restaurants oder
Bars anbieten.
IV.
VERGLEICH
SPEZIFISCHER
DIENSTLEISTUNGEN
1.
IT und Telekommunikation
WAREN
UND
Waren und DL aus dem Bereich IT und Telekommunikation d. h. in der Regel
Waren und Dienstleistungen in Klassen 9 oder 38 wie zum Beispiel Computer
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 49
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
(Kl. 9) oder Telekommunikationsdienstleistungen (Kl. 38) sind untereinander
ähnlich siehe oben, Abschnitt 2.9.1.1.1).
Häufig werden Widersprüche auf solche Waren und Dienstleistungen gestützt,
und der Widersprechende argumentiert, dass die angefochtenen Waren darin
enthalten seien oder dass diese Waren zur Erbringung der angefochtenen
Dienstleistungen erforderlich seien.
Wenn Waren/Dienstleistungen aus dem Bereich IT und Telekommunikation
mit anderen Dienstleistungen verglichen werden, spielt es keine Rolle, ob für
die
Erbringung
der
anderen
Dienstleistungen
IToder
Telekommunikationstechnologien zum Einsatz kommen. Zwischen der
Dienstleistung Suchdienste für gewerbliche Schutzrechte und IT- und
Telekommunikationsdienstleistungen besteht somit nicht allein deswegen
Ähnlichkeit, weil für erstere elektronische Datenbanken verwendet werden.
Die Dienstleistungen sind ihrer Art nach unterschiedlich und dienen
verschiedenen Zwecken. Deshalb werden die Verbraucher nicht erwarten,
dass diese Dienstleistungen dieselbe Herkunft haben, wie die IT- und
Telekommunikationsdienstleistungen, die in diesem Zusammenhang
verwendet werden können. Sie sind deshalb unähnlich.
Die bloße Tatsache, dass Waren oder Dienstleistungen aus dem Bereich IT
und Telekommunikation auf gewisse Weise mit anderen Waren oder mit der
Erbringung anderer Dienstleistungen verbunden werden, begründet noch
keine Ähnlichkeit.
1668/2000 T (Bildm.) (DE) (Kl. 9, 16, 36, 38, 41, 42 usw.) / iti (Bildm.) (Kl. 42),
2095/2001 pia (Bildm.) (DE) (Kl. 35, 41, 42) / PIA (Kl. 9, 35, 42).
Wenn Telekommunikationsdienstleistungen mit Waren verglichen werden, für
die unter Verwendung solcher Dienstleistungen geworben wird, muss
zwischen den Telekommunikationsmedien und den über diese Medien
verbreiteten Inhalten unterschieden werden. Das Geschäft eines
Netzbetreibers besteht darin, Inhalte zu übertragen, und nicht darin, die Waren
herzustellen, deren Förderung der Hauptgegenstand dieser Inhalte ist (z. B.
Waren der Kl. 3 wie Parfums im Falle der Dienstleistung eines E-MailDienstes). Deshalb besteht zwischen diesen Dienstleistungen und Waren
keine Ähnlichkeit.
1073-2001 SECRET PLEASURES (Kl. 3) / PRIVATEPLEASURES.COM
(Kl. 38) (EN)
Ferner besteht zwischen Apparaten für die Übertragung oder Reproduktion
von
Klängen
oder
Bildern
(Kl. 9)
und
Ausbildungsund
Schulungsdienstleistungen keine Ähnlichkeit.
996/2001 TELIA/TELENIA (EN)
Die ausführliche Diskussion in Bezug auf den Vergleich von Instandsetzung,
Wartung et al. von Motorlandfahrzeugen (Kl. 37) und elektronische
Datenbanken et al. (Kl. 9) stimmt mit den oben genannten Grundsätzen
überein.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 50
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Elektronische Datenbanken und technische Dokumentation hängen nicht mehr
als irgendein anderes Produkt oder eine andere Dienstleistung mit der
Fahrzeugindustrie zusammen. Die bloße Tatsache, dass der Verkauf, die
Miete oder die Instandhaltung von Automobilen die Verwendung von
Datenbanken oder die Veröffentlichung von Katalogen oder Handbüchern
beinhalten können, kann die Öffentlichkeit nicht zu der Meinung veranlassen,
dass solche Waren und Dienstleistungen den gleichen Ursprung haben. Ihre
Art ist eindeutig unterschiedlich, und sogar wenn die Waren und
Dienstleistungen im Verkauf, der Instandhaltung und der Miete von
Kraftfahrzeugen verwendet werden, sind sie lediglich Hilfswaren zur
Hauptgeschäftstätigkeit.
Außerdem
beauftragen
Unternehmen
der
Fahrzeugindustrie gewöhnlich Fachunternehmen mit der Entwicklung
elektronischer Instrumente und der Veröffentlichung begleitender und
technischer Veröffentlichungen. Daraus folgt, dass die Waren und
Dienstleistungen eher an die Industrie selbst als an die Käufer des
Endprodukts gerichtet sind. Deshalb sind die Endbenutzer nicht nur
verschieden, sondern sie sind auch auf verschiedenen Marktebenen tätig.
Außerdem ist es selbstverständlich, dass Informationstechnologie und
Veröffentlichungsanwendungen nicht im Wettbewerb mit dem Verkauf, der
Instandhaltung und der Miete von Automobilen stehen und dass sie nicht über
die gleichen Vertriebskanäle angeboten werden. Sogar wenn der Käufer von
Automobilen technisches Material oder Promotionsmaterial als Ergänzung
zum Hauptprodukt erhält, ist er nicht daran interessiert, von welchem
Unternehmen die kreative Arbeit ausgeführt wurde, und er wird dieses nicht
mit dem Hersteller des Fahrzeugs verwechseln, genauso wenig wie er zum
Beispiel den Verleger einer spezialisierten Autozeitschrift mit dem Hersteller
der Autos verwechseln wird, auf die solch eine Veröffentlichung verweist.
469-2001 LEX et al. / LEX-COM (EN)
2.
Ähnlichkeit von Einzelhandelsdienstleistungen untereinander
und zwischen Waren und Einzelhandelsdienstleistungen
In der Mitteilung Nr. 03/01 des Präsidenten des Amtes vom 12. März 2001
wird ausdrücklich auf das Problem eingegangen, das entsteht, wenn sich
Einzelhandelsdienstleistungen und die in den betreffenden Geschäften
verkauften Waren gegenüber stehen.
Was Konflikte zwischen Dienstleistungen und Waren anbelangt, ist das Amt
der Ansicht, dass zwar abstrakt gesehen eine „Ähnlichkeit" zwischen im
Einzelhandel verkauften Waren und Einzelhandelsdienstleistungen nicht von
der
Hand
zu
weisen
ist,
die
Verwechslungsgefahr
zwischen
Einzelhandelsdienstleistungen einerseits und bestimmten Waren andererseits
jedoch gering ist, außer bei Vorliegen besonderer Umstände, etwa wenn die
jeweiligen Marken identisch bzw. beinahe identisch und im Markt gut
eingeführt sind. Dabei sind natürlich jeweils die Umstände des Einzelfalls zu
berücksichtigen.
Die Mitteilung ist abrufbar unter
http://oami.europa.eu/de/office/aspects/communications/03-01.htm.
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 51
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
In Anbetracht der obigen Ausführungen muss beurteilt werden, ob im
konkreten Fall die „besonderen Umstände“ vorliegen, die das Amt zu der
Annahme veranlassen, dass im Bewusstsein der Verbraucher möglicherweise
eine Verwechslungsgefahr besteht.
Hinsichtlich der Frage der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind
die folgenden Grundsätze anzuwenden:
Erstens: Einzelhandelsdienstleistungen, die im Warenverzeichnis nicht auf
den Verkauf bestimmter Waren beschränkt sind, sind den Waren, die zum
Verkauf im Einzelhandel geeignet sind, nicht ähnlich.
Zweitens: Einzelhandelsdienstleistungen, die auf den Verkauf bestimmter
Produkte beschränkt sind, sind diesen Waren ähnlich.
Drittens: Zwischen Einzelhandelsdienstleistungen, die auf den Verkauf
bestimmter Waren beschränkt sind, und anderen, nicht umfassten Waren
besteht grundsätzlich keine Ähnlichkeit.
Viertens: Zwischen Einzelhandelsdienstleistungen, die im Verzeichnis nicht
auf
den
Verkauf
bestimmter
Waren
beschränkt
sind,
und
Einzelhandelsdienstleistungen im Allgemeinen oder auf den Verkauf
bestimmter Waren bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen besteht Identität
oder Ähnlichkeit.
Fünftens: Die Frage, ob Einzelhandelsdienstleistungen, die auf bestimmte
Waren beschränkt sind, und Einzelhandelsdienstleistungen, die auf andere
bestimmte Waren beschränkt sind, untereinander ähnlich sind, hängt von den
jeweiligen Umständen ab.
Je allgemeiner und vager ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ist, desto
umfassender wird der Schutzumfang sein. Bei der Erörterung der Ähnlichkeit
von Waren und Dienstleistungen bietet eine unspezifische Formulierung wie
„Einzelhandelsdienstleistungen“ – zumindest unter dem Aspekt der Ähnlichkeit
– einen umfassenden Schutzumfang.
Allein aus der Feststellung, dass zwischen den Dienstleistungen und den
Waren Ähnlichkeit besteht, kann jedoch noch nicht auf das Vorliegen einer
Verwechslungsgefahr geschlossen werden. Diese hängt von weiteren
Faktoren ab.
3.
Schuhwaren,
Bekleidungsstücke,
Handtaschen, Accessoires
3.1.
Schuhwaren und Bekleidungsstücke sind ähnlich
Kopfbedeckungen,
Die Erste Beschwerdekammer entschied:
Schuhwaren, Schuhe und Stiefel dienen im Grunde demselben Zweck, wie die
genannten Bekleidungsstücke: Sie werden von Menschen zum Schutz vor
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 52
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Umwelteinflüssen aber auch als Modeartikel getragen. Sie sind daher häufig in
denselben Abteilungen großer Kaufhäuser und in denselben Geschäften zu
finden. Kunden, die auf der Suche nach Kleidungsstücken sind, gehen davon
aus, dass in derselben Abteilung oder demselben Geschäft auch Schuhwaren
angeboten werden. Ferner bieten zahlreiche Hersteller und Designer beide
Waren an. Dies gilt insbesondere für Boutique-Ketten, in denen meist sowohl
Schuhwaren als auch Bekleidung unter derselben Marke angeboten werden.
R 634/2001-1 „a“ (Bildm.) / „a“ (Bildm.) (EN).
3.2.
Kopfbedeckungen und Bekleidungsstücke sind ähnlich
Die Waren der GM-Anmeldung „Kopfbedeckungen“ sind ihrer Art nach mit den
Waren „Bekleidungsstücke“ der älteren Marke identisch oder diesen
hochgradig ähnlich. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Bekleidungsstücke, die
Schutz vor Wind und Regen bieten sollen. Darüber hinaus bieten
Kopfbedeckungen nicht nur Schutz gegen Wettereinflüsse, sondern werden
auch als Modeartikel getragen, der zur Kleidung passen soll, und aus diesem
Grund manchmal als ergänzende Artikel zur Kleidung gewählt wird. In dieser
Hinsicht sind also nicht nur die Endkunden der fraglichen Waren identisch,
sondern auch ihr Verwendungszweck. Zudem sind die Vertriebskanäle der
fraglichen Waren manchmal identisch, und sie werden häufig in denselben
oder zumindest eng zusammen gehörenden Verkaufsstätten und Abteilungen
angeboten.
Unter
Berücksichtigung
all
dieser
Faktoren,
sind
„Kopfbedeckungen“ und „Bekleidungsstücke“ als ähnlich zu betrachten.
845/2000 M. Lorenzo (Bildm.) / (Bildm.) (EN)
3.3.
Handtaschen und Bekleidungsstücke sind ähnlich
Handtaschen können als Accessoires zu Bekleidungstücken betrachtet
werden. Siehe oben, unter 5.2.5.b.
3.4.
Spezifische Accessoires zu Bekleidungstücken
In einem Fall absoluter Identität der Zeichen, können Waren in Kl. 26, wie
Knöpfe, Schnallen, Ösen, Scheiben oder Nieten, Verwechslungsgefahr
begründen, wenn die ältere Marke für Bekleidungsstücke und Schuhwaren in
Kl. 25 geschützt ist, da es sich bei den Waren in Kl. 26 im Verhältnis zu den
Waren der älteren Marke um Accessoires handelt, und die Marke des
Anmelders in den daraus resultierenden Kleidungsstücken oder Schuhen
sichtbar bleiben kann. Selbst wenn das fertige Produkt eine andere Marke
trägt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verbraucher, der das
Fertigprodukt in einem Geschäft sieht, die Verantwortung für das gesamte
Erzeugnis dem Widersprechenden zuschreibt.
R 267/1999-1 ZANELLA / ZANELLA (IT)
4.
Arzneimittel
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 53
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
4.1.
Arzneimittel untereinander
Zwischen spezifischen Arzneimitteln und anderen Arzneimitteln wird generell
Ähnlichkeit bejaht.
Meist sind mehrere, wenn nicht gar alle, Ähnlichkeitskriterien erfüllt:
Art: spezifische chemische Erzeugnisse
Verwendungszweck: ganz allgemein: Heilung / Behandlung.
Vertriebskanäle: insbesondere Apotheken.
Regelmäßige Herkunft: pharmazeutische Industrie, die eine breite Palette von
Arzneimitteln mit verschiedenen therapeutischen Indikationen herstellt; dies ist
den Verbrauchern bekannt.
Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hilft keiner der relevanten Faktoren
in der Phase des Kaufes – der Patient legt ein Rezept vor, und der Apotheker
entnimmt das Erzeugnis aus einem Schrank, in dem alle Arzneimittel in
alphabetischer Reihenfolge aufbewahrt werden – bei der Unterscheidung von
Erzeugnissen mit unterschiedlichen Angaben. Obwohl keine Identität der
Waren vorliegt, ist der Grad der Ähnlichkeit so hoch, dass dies die
Verwechslungsgefahr nicht verringern kann.
- Auch bei anderen Arzneimitteln ist der Grad der Ähnlichkeit hoch, wenn
eindeutige medizinische Indikationen vorliegen. Ein geringerer Grad der
Ähnlichkeit sollte nur bei Waren in Betracht gezogen werden, die nicht
notwendigerweise über Apotheken vertrieben werden (z. B. Vitaminpräparate).
Ein weiterer relevanter Faktor besteht darin, ob es sich bei beiden
Erzeugnissen um Tabletten handelt, oder ob es sich bei einem der
Erzeugnisse um Tabletten, beim anderen um Cremes handelt.
- In: 2538-2001 MENT / MENTIS (FR), Empfängnisverhütungsmittel /
Arzneimittel
zur
Verbesserung
der
Gedächtnisleistung,
wurde
Verwechslungsgefahr verneint.
4.2.
Arzneimittel und Kosmetika
Nach Auffassung der Widerspruchsabteilung besteht eine gewisse, wenn auch
geringfügige, Ähnlichkeit zwischen den allgemeinen Kategorien. Auch die
Dritte Beschwerdekammer hat Ähnlichkeit zwischen Arzneimitteln und
bestimmten Körperpflegemitteln bejaht. Siehe R 433/2002-3 TEI-FU / TAIFUN.
Die
„Körperpflegemittel“
der
Anmeldung,
insbesondere
Parfums,
Kölnischwasser, Kosmetika und Deodorants können von denselben oder
ähnlichen Unternehmen hergestellt werden, wie Arzneimittel und
Pharmazeutika. Obwohl medizinische Waren meist von Pharmaunternehmen
hergestellt werden, ist es eine Tatsache, dass Unternehmen, deren
Kerngeschäft auf dem Gebiet der Körperpflegemittel liegt, heutzutage sowohl
medizinische als auch nichtmedizinische Erzeugnisse herstellen. Darüber
hinaus werden die beiderseitigen Waren zum Teil über dieselben
Vertriebskanäle und Verkaufsstätten vertrieben (z. B. Apotheken, in denen
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 54
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
auch nichtmedizinische Erzeugnisse verkauft werden oder Drogerien, in
denen medizinische Erzeugnisse erhältlich sind).
Demgegenüber hat die Erste Beschwerdekammer im Falle der sich
gegenüberstehenden Waren Gesundheitsprodukte, Kosmetika einerseits und
Arzneimittel andererseits Warenähnlichkeit verneint:
Gesundheitsprodukte, Kosmetika und Parfums sind unähnlich, da sowohl die
Verwendungsart als auch die relevanten Verbraucher, an die sie sich richten,
unterschiedlich sind. Zudem werden sie meistens in verschiedenen
Geschäften verkauft. Gesundheitsprodukte, Kosmetika und Parfums sind in
Lebensmittelgeschäften,
Supermärkten
und
Parfümerien
erhältlich,
wohingegen Arzneimittel nur in Apotheken erhältlich sind. Wenn sie im selben
Geschäft verkauft werden, befinden sie sich in verschiedenen Regalen.
R 0984/2001-1 Gry / GRY (EN)
Werden bestimmte Arzneimittel verglichen, so können diese in Bezug auf
Kosmetika im Allgemeinen oder bestimmte Kosmetika gänzlich unähnlich sein.
Eine kohärente Praxis gibt es diesbezüglich noch nicht. In einigen Fällen
wurde Ähnlichkeit zwischen bestimmten Arzneimitteln und bestimmten
Kosmetika bejaht:
Pharmazeutische Zubereitungen zur Behandlung medizinischer Zustände der
Haut oder der Haare können in Form von Cremes oder Lotionen verabreicht
werden. Beide Warenpaare werden in derselben Weise verwendet wie
Kosmetika, die auch Cremes und Lotionen umfassen.
1981/2002 VITANOV / Nova Vita (Bildm.) (EN)
V.
VERHÄLTNIS DER FAKTOREN UNTEREINANDER
1.
Dominierende Faktoren
Die Besonderheiten jedes Falles können dazu führen, dass ein spezieller
Faktor überwiegt. Wie oben angeführt gibt es Faktoren, die in Abhängigkeit
von den Umständen des Falles mehr oder weniger wichtig sind.
Daher sollte bei dem Vergleich von Waren und Dienstleistungen berücksichtigt
werden, welche Bedeutung die verschiedenen Faktoren im konkreten
Einzelfall haben. Den verschiedenen Faktoren ist also nicht in allen Fällen das
gleiche Gewicht beizumessen, sondern vielmehr sollte ihre spezifische
Bedeutung im Rahmen jedes einzelnen Falles bestimmt werden.
Im Allgemeinen wird das Gewicht jedes Faktors von der Auswirkung
abhängen, die er auf den Ursprung der betreffenden Waren und
Dienstleistungen haben kann. Faktoren, die eindeutig nahe legen, dass die
Waren/Dienstleistungen von dem gleichen Unternehmen oder von
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 55
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen oder nicht, sollten vor
Faktoren Vorrang haben, die nur von sekundärer Bedeutung zu sein scheinen.
R 433/2000-1 Arthur (Bildm.) / Arthur (Bildm.) (EN),
R 0232/2000-4 S ORLANDO (Kl. 29, 30) / Orlando (Kl. 31) (EN),
199/2000 Three Stars / Three Stars (EN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen sind alle
relevanten Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen
kennzeichnen.
Starke Faktoren sind im Allgemeinen
-
der Verwendungszweck,
-
die Art bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise.
Umgekehrt sind die folgenden Faktoren im Allgemeinen von geringerer
Bedeutung, da sie dieses Verhältnis selten kennzeichnen:
die Verwendungsmethode: viele verschiedene Waren können in
gleicher Weise benutzt werden: z.B. werden sowohl Arzneimittel als auch
Nahrungsmittel/Getränke durch den Mund aufgenommen, sie sind aber nicht
ähnlich. Kinderwagen und Einkaufswagen werden in der gleichen Weise
geschoben, und doch sind sie nicht ähnlich.
die Vertriebskanäle: die Verkaufsstätten sind im Allgemeinen ein
schwacher Faktor; sie sind aber dann von Bedeutung, wenn die fraglichen
Waren in Spezialgeschäften oder in denselben Abteilungen in Supermärkten
verkauft werden.
Unterschiedliche Vertriebskanäle und eine nur geringe Überschneidung der
relevanten Abnehmerkreise können ein Indiz gegen Ähnlichkeit darstellen.
2.
Wechselbeziehung
Oftmals ist ein Faktor nicht nur für die direkte Auswirkung nützlich, die er auf
die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen haben kann, sondern auch
weil er als Hinweis darauf dienen kann, dass ein weiterer Faktor in stärkerem
Ausmaße wichtig oder einschlägig ist.
Dies geht beispielsweise aus dem Urteil des EuG in der Rechtssache
CASTILLO hervor. Bei der Beurteilung der Art der Waren Kondensmilch und
Käse stellte das EuG fest, dass diese Waren zur selben Warengattung
gehören
(Rn.
33).
Aus
den
Unterschieden
hinsichtlich
ihres
Verwendungszwecks und ihrer Verwendungsmethode leitete das Gericht her,
dass die Waren kaum austauschbar sind und deshalb nicht miteinander
konkurrieren (Rn. 35). Vielmehr ergänzen die Waren einander, da sie ein und
derselben Warengattung angehören und als Bestandteile eines allgemeinen
Sortiments von Milcherzeugnissen angesehen werden können, die
möglicherweise dieselbe betriebliche Herkunft haben (Rn. 36).
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 56
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
Allgemein gesagt, gibt der Verwendungszweck (beabsichtigte Verwendung)
Auskunft über die Abnehmer der Waren; anhand des Verwendungszwecks der
Waren und des Preises lässt sich bestimmen, ob die Waren im Wettbewerb
miteinander stehen; der Ort und die Methode der Herstellung können auf eine
Herkunft aus demselben oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen
Unternehmen hinweisen usw.
R 0818/2000-1 Grand Trianon / Trianon (FR)
Aber es gibt keine strikten Regeln. Wenn die Waren denselben
Verwendungszweck haben und ihr (ordnungsgemäß berechneter) Preis
ähnlich ist, stehen sie häufig im Wettbewerb miteinander, z. B. Kaffeefilter aus
Papier und Kaffeefilter aus Metall. Jedoch ist dies nicht immer so, wie das
Beispiel von Dienstleistungen eines Kinos und Bowling-Dienstleistungen zeigt.
Deshalb wurden die oben genannten Ähnlichkeitsfaktoren getrennt erörtert.
Der Prüfer muss am Ende der Prüfung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit
eine Gesamtabwägung dieser Faktoren vornehmen, um den Grad der
Ähnlichkeit insgesamt zu bestimmen.
Außerdem kann den verschiedenen Faktoren
unterschiedliches Gewicht beizumessen sein:
je
nach
Fall
ein
Die Waren können ihrer Art nach ähnlich sein, aber völlig
unterschiedliche Vertriebswege haben. Es mag zwar für ein Unternehmen
aufgrund der gleichen oder sehr ähnlichen Eigenschaften der Waren (d. h. der
Art) ein Leichtes sein, auch die jeweils anderen Waren zu produzieren, doch
wird es davon absehen, wenn es große Schwierigkeiten hat, einen Weg zu
den Kunden zu finden.
Beispiel: Fensterglas – Brillengläser.
Umgekehrt können die Waren zwar ihrer Art nach völlig verschieden
sein, z. B. aus Kunststoff, Holz oder Glas und unterschiedliche
Produktionsanlagen (oder wirtschaftliche Verbindungen mit anderen
Unternehmen) erfordern. Gleichwohl können beide Warenarten unter der
Kontrolle ein und desselben Unternehmens hergestellt werden, wenn sie
dasselbe Produktdesign, denselben Verwendungszweck und dieselben
Vertriebswege aufweisen.
Beispiel: Für bestimmte Spielwaren kann es von nachrangiger Bedeutung
sein, ob sie aus Plüsch, Pappmaché, Holz, Blech oder aus einem sonstigen
Material sind (es sei denn, bestimmte Sicherheitsstandards für Kleinkinder
sind einzuhalten). Was für den Käufer wichtig sein könnte, ist eine attraktive
Gestaltung. JAKO-O (Bildm.) / JOCKO 2628/2001 (DE) (aus anderen Gründen
aufgehoben). Siehe oben, unter 5.2.b.(iv).
VI.
SCHLUSSFOLGERUNG
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 57
Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
In dem Canon-Urteil hob der Gerichtshof hervor, dass eine
Verwechslungsgefahr nur dann vorliegen kann, wenn das Publikum glauben
könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben
Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander
verbundenen Unternehmen stammen. Daher ist Ähnlichkeit zu verneinen,
wenn nach Abwägung der verschiedenen Faktoren nicht damit zu rechnen ist,
dass das Publikum die fraglichen Waren und Dienstleistungen derselben
Herkunft zuordnet.
Bevor ein solcher Schluss gezogen wird, muss jedoch dem Grundsatz
Rechnung
getragen
werden,
dass
bei
der
Beurteilung
der
Verwechslungsgefahr alle Faktoren relevant sind und miteinander in
Wechselbeziehung stehen. Daher darf die Prüfung der Verwechslungsgefahr
nur dann aufgrund fehlender Warenähnlichkeit abgebrochen werden, wenn
das Ergebnis auch bei unterstellter Zeichenidentität und maximaler
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht anders ausfiele. Hierauf
muss in der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen werden.
So wurde festgestellt, dass zwischen Bier und Elektronik keine auch noch so
geringe Ähnlichkeit besteht, sodass die Prüfung ohne Zeichenvergleich
abgebrochen werden konnte. Entsprechendes wurde für Ausstellungen und
Bekleidungsstücke festgestellt.
353/1999 POLAR (Kl. 32) / POLAR (Kl. 9) (EN),
904/1999 BOULEVARD (Kl. 25) / Bvd. PEDRALBES (Kl. 41) (EN),
2618/2001 Diane (Kl. 5) / Diana (Kl. 3, 5) (EN),
1531/2001 Lloyd’s (Kl. 18, 25) / Euro Lloyds (Kl. 36) (ES).
Wenn jedoch aufgrund der festgestellten Berührungspunkte bei dem Publikum
der Eindruck entstehen könnte, die Waren und Dienstleistungen stammten
aus denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen,
muss der Grad der Ähnlichkeit festgestellt und die Prüfung fortgesetzt werden.
Wie bereits ausgeführt wurde (siehe oben IV.4.2.2.4.), muss eine solche
Feststellung ohnehin getroffen werden, und zwar entweder am Ende der
Warenähnlichkeitsprüfung oder im Rahmen der abschließenden Beurteilung
der Verwechslungsgefahr.
1999-2001 Blû (Kl. 33) / BLU (Kl. 32) (EN).
Widerspruchsrichtlinien, Teil 2, Kapitel 2B
Seite 58