Gesichter der textilen Welt - Reutlinger General
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Gesichter der textilen Welt - Reutlinger General
Ausgabe 4 Oktober 2010 • Eine Sonderveröffentlichung des Reutlinger General-Anzeigers Gesichter der textilen Welt Umwelttechnik: Bei Avat liegen Ingenieure richtig Informationstechnologie: In Las Vegas steuert ein Spectra-PC Ihr ihr Glück Solarenergie: MHH hat Power für den großen Sprung GEA-Wirtschaftsmagazin Wer Marke ist, hat ein Gesicht Die Textilindustrie in der Region Neckar-Alb hat Gewicht. Mögen die Strukturkrisen vergangener Jahrzehnte die Zahl der Unternehmen und die ihrer Beschäftigten reduziert haben – die Branche hat unverändert eine große Bedeutung – erst recht in der Region Neckar-Alb. Allein die Konzentration im Wäschebereich gibt ihr hier ein Alleinstellungsmerkmal weit über Deutschland hinaus. Leuchttürme wie Hugo Boss, Marc Cain, Mey und im textilen Maschinenbau Stoll, Mayer & Cie und Groz-Beckert spielen eine hervorragende Rolle auf der internationalen Bühne. Die hohen Investitionen der Unternehmen, gerade in der jüngsten Zeit, sind ein eindrucksvoller Beleg für den festen Glauben an die Zukunft. Längst hat sich in der Textilindustrie neben Wäsche und Bekleidung ein anderes, starkes Standbein etabliert: die technischen Textilien. Ihre Anwendungsfelder scheinen unbegrenzt. Ob in der Autoindustrie, in der Medizinbranche oder Umwelttechnologie – überall stiften veredelte Textilien einen hervorragenden Nutzen. Das Innovationstempo ist eindrucksvoll. Im Verbund mit den Hochschulen gelingen Projekte, die weit über Europa hinaus ihre Spuren hinterlassen. Wenn die IHK Reutlingen sich erfolgreich, wie vor wenigen Tagen entschieden wurde, im Clusterwettbewerb der Landesregierung mit dem Projekt einer Innovationsagentur einbringt, und in diesem Kontext sich zutraut, in Europa das Zentrum für technische Textilien werden zu können, will das schließlich etwas heißen. Wer auch als Region eine Marke darstellen möchte, braucht solche Erfolge. Eindruckvoll, wie auch Unternehmen ganz anderer Branchen die größte Wirtschafts- und Finanzmarktkrise der Nachkriegszeit weggesteckt haben: Joma Polytec, Avat, Spectra, MHH Solartechnik und Solcom. So unterschiedlich sie in ihrer Aufgabenstellung sind, gemeinsam ist ihnen das Markenbewusstsein. Erfreulich auch für den Beobachter, dass zur Marke immer auch sogenannte Soft Skills wie Nachhaltigkeit, guter Umgang mit Mitarbeitern und dergleichen gehören. Der Facharbeitermangel wird diese Seite stärken und manche negative Entwicklung, die sich im Globalisierungswettbewerb auftat, ausgleichen. Franz Pfluger 3 4 GEA-Wirtschaftsmagazin Inhalt Hugo Boss Die eigenen Stores sind das Fenster zur Marke .....................................6 Marc Cain Die Kollektion ist der Star........................................8 Joma Polytec Entwicklungspartner der ganz Großen .......10 Mey Es muss einem wohl sein in seiner Haut.................................................................12 Stoll Im Herz der US-Modewelt..................................14 Spectra Eine Marke wird verankert...................................16 Speidel Das Herz schlägt in Bodelshausen..................20 Elmer & Zweifel Konsequent nachhaltig...........................................22 MHH Systemhaus für Sonnenkraft ...............................24 Mattes & Amann Kompetenz durch Tradition...............................26 Sassa Sassa setzt auf »Shop-in-Shop«.......................28 Solcom Der Erfolg begann mit einem Versprechen...........................................30 Hochschule Reutlingen Textiles Know-how von der Faser bis zum Handel............................32 Avat Bei uns sind Ingenieure am richtigen Platz........................................................34 Standortagentur Engmaschiges Netzwerk........................................36 Südwesttextil Fasern auf dem Vormarsch – Allianz geschmiedet..............................................40 Andreas Tilp »Wir brauchen eine Klägerindustrie«.........42 IHK Reutlingen »Demografische Perspektive ist dramatisch« .............................................................44 Interview Dr. Stefan Engelhard »Wir können in Europa Zentrum für technische Textilien werden«....................18 Portät Prof. Dr. - Ing. Michael Ernst »Das war ein Zeichen des Himmels«.........38 Kolumne Man kann die Seele nicht durch die Sinne heilen .............................................46 Titelbild: Gesichter der textilen Welt Gestaltung: Achim Goller Impressum Sonderveröffentlichung/Advertorial-Magazin des Reutlinger General-Anzeigers für die Region Neckar-Alb Ausgabe 3/April 2010 Verleger/Geschäftsführer: Valdo Lehari jr. Leitung, Koordination: Franz Pfluger Anzeigen: Stephan Körting Grafische Konzeption: Achim Goller Layout, Satz, Gestaltung: Achim Goller Herausgeber: Reutlinger General-Anzeiger Verlags-GmbH + Co. KG Persönlich haftende Gesellschafterin: Reutlinger General-Anzeiger Verlags GmbH, Burgstraße 1–7, 72764 Reutlingen Druck: DNA, Druckzentrum Neckar-Alb, Reutlingen GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Die Hugo Boss Stores sind das Fenster zur Marke tion. Und schneller werden müssen heute alle Markenhersteller, ob im Luxus- und Premiumsegment oder im preisaggressiven Bereich«, so Lahrs weiter. Direkter Draht zum Endkunden Kundennähe, Ausbau des eigenen Einzelhandels, Markendifferenzierung und Internationalisierung stehen bei der Hugo Boss AG im Fokus der Wachstumsstrategie Von Xaver Baumann Die Ziele, die sich der Vorstandsvorsitzende der Hugo Boss AG, Claus-Dietrich Lahrs, gesetzt hat, haben es in sich: Ein Wachstum des Umsatzes auf 2,5 Milliarden Euro und eine EbitdaMarge von 20 Prozent bis zum Jahr 2015. Um diese Ziele zu erreichen, wurden in jüngster Zeit die Strukturen im Unternehmen fundamental verändert und Prozesse neu aufgestellt. Fest steht: Der Vorstand will die Erfolgsgeschichte, die in den Siebzigern begann fortsetzen und für die Zukunft schreiben. Schließlich gehört die Hugo Boss AG seit Jahren zu den Weltmarktführern im gehobenen Bekleidungssegment. Dabei hat die Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 die Umsetzung der geplanten Veränderungen offenbar beschleunigt, jedoch nicht initiiert. Hugo Boss ist gestärkt aus dem Krisenjahr hervorgegangen und hat die Weichen für zukünftiges Wachstum schon gestellt, sagt der Chef und sagt auch sofort, wo es langgeht und wie die Herausforderung angenommen wird: »Im Fokus der Wachstumsstrategie stehen Kundennähe, Ausbau des eigenen Einzelhandels, Markendifferenzierung und Internationalisierung.« Das Lifestyle-Unternehmen am Fuße der Schwäbischen Alb steht nicht nur für Mode und Lifestyle, sondern auch für Innovation. Hinter Kundennähe stehen eine klare Orientierung am Verbraucher und ein schnelleres Reagieren auf Marktveränderungen, hatte Claus-Dietrich Lahrs schon auf der Bilanzpressekonferenz im Frühjahr gesagt. Durch neue Auslieferzyklen soll die Verkaufsfläche kontinuierlich mit neuer Ware versorgt werden, um dem Kunden gleich bleibende Kaufanreize zu bieten. »Der Markt verlangt von uns, dass wir näher an der Saison agieren und den Kunden besser verstehen.« Um dies zu erreichen, werden die Entwicklungs- und Verkaufszeiträume der Kollektionen im Showroom verkürzt. Bisher lagen zwischen Idee und Auslieferung einer Kollektion 50 Wochen. Ziel sind zukünftig 38 Wochen. Der Vorstandsvorsitzende: »Bisher haben wir beispielsweise im Juli 2010 entschieden, was wir im Winter 2011 in die Läden bringen wollen. Wenn wir jetzt 12 Wochen gewinnen, können wir wichtige Abverkaufsinformationen der Spiegelsaison, also dem Winter 2010, in die Entwicklung der neuen Kollektion einfließen lassen. Das erlaubt uns, die Folgesaison zielgenauer anzugehen.« Im gehobenen Segment für Premium- und Luxusgüter ist Hugo Boss mit diesem Geschäftsmodell in einer Vorreiterrolle. Die Qualität ist dabei weiterhin oberste Prämisse. Die Position als Premiummarke will man beibehalten und sieht da auch keinen Widerspruch zum forcierten Tempo. Im Gegenteil. »Das schnellere Reaktionsvermögen basiert auf der Optimierung der Vorlaufzeiten. Prozessschritte, die heute nacheinander ablaufen, beginnen zukünftig parallel. Wir führen Kreative und Produktentwickler früher zusammen, Qualität beginnt bereits in der Entwicklung und entsteht nicht erst in der Produk- Der Ausbau des eigenen Einzelhandels soll gezielt Wachstumspotentiale in Zukunftsregionen erschließen, aber er bietet für Hugo Boss auch die Chance, mit dem Endkunden in direkten Kontakt zu treten. Dieser Weg fördere das Verständnis für die Belange der Einzelhandelspartner und ermögliche eine weltweit stringente Inszenierung der Markenwelten. Für Europa wird ein Teil des Sortimentes zukünftig in sogenannten Core-buys zentral definiert. Damit sichert Hugo Boss eine einheitliche Aussage in allen Läden. Ein gewisser Teil wird weiterhin individuell geordert und deckt damit lokale Besonderheiten ab. »Die Hugo Boss Stores sind ein Fenster zur Marke und ermöglichen dem Kunden, die Markenwelt zu erleben«, heißt es. Wichtige Neueröffnungen in 2010 sind die Hugo Boss Stores in Frankfurt am Main und Kopenhagen sowie die Boss Black und Boss Orange Stores in Shanghai. Durch eine klare Differenzierung sollen die Marken im Portfolio weiter voneinander abgegrenzt werden. Die Kernmarke Boss präsentiert sich mit vier verschiedenen Linien. Boss Black bietet klassisch moderne Business- und Abendmode sowie Sportswear, sowohl für Männer als auch für Frauen. Die Luxuslinie Boss Selection bietet Herrenbekleidung in einer Kombination aus anspruchsvollem Design, exklusiven Materialien und mit der Tailored Line auch Schneiderkunst auf höchstem Niveau. Durch einen eigenständigen Auftritt soll die Linie künftig noch deutlicher von Boss Black unterscheidbar sein. Die golforientierte sportliche Boss Green Kollektion gibt es seit diesem Jahr ebenfalls für Frauen. Boss Orange hat sich mit seinem neuen Logo deutlich von Boss Black abgegrenzt und eigenständig positioniert. Die Kollektion bietet relaxte Freizeitmode für Männer und Frauen. Die Marke Hugo richtet sich an männliche und weibliche Trendsetter und steht für Avantgardekollektionen. Für Schnelligkeit in der Logistik sorgt unter anderem das neue hochmoderne Distributionszentrum, Vis-a-vis des Hauptsitzes in Metzingen, das neue Maßstäbe in Europa setzt. Die Kennzahlen sind beeindruckend: 20 Meter Gebäudehöhe beinhalten 110 000 Quadratmeter Nutzfläche, 37 Kilometer Fördertechnik können täglich 100 000 Teile Hängeware umschlagen und auf der 22 000 Quadratmeter großen Dachfläche erzeugt eine der leistungsfähigsten Fotovoltaik-Anlagen Deutschlands jährlich 1 Million Kilowattstunden und spart damit 540 Tonnen Treibhausgas Kohlendioxid. Das Distributionszentrum bündelt die weltweite Logistik für Hängeware und bewältigt neben hohen Volumina auch eine hohe Komplexität. Hugo Boss ist mit einer Marktpräsenz von 6 100 Verkaufspunkten in über 110 Ländern ein stark international ausgerichtetes Unternehmen. Die Region Asien/Pazifik hatte 2009 einen Umsatzanteil von 10 Prozent, dieser soll bis 2015 mit 21 Prozent mehr als verdoppelt werden, wobei insbesondere China im Fokus der weiteren Expansion steht. Hier hat Hugo Boss mit einem bisherigen großen Wholesalepartner ein Joint Venture geschlossen, um vor allem auch mit eigenen Läden zu expandieren. Daneben eröffnet der Konzern kontinuierlich Shops in Eigenregie im asiatischen Raum. Hugo Boss sieht sich mit den bereits realisierten und weiteren geplanten Maßnahmen für die Zukunft gut aufgestellt. Claus-Dietrich Lahrs blickt positiv nach vorne: »Hugo Boss ist zurück 7 Fotos: Boss 6 mit einem abverkaufstarken Produkt und wirklich guten Kollektionen. Und mit dem neuen Geschäftsmodell stellen wir prozessorientiert sicher, dass unsere Wachstumsprognose für die kommenden Jahre auf einem starken Fundament steht«. Hat große Ziele für Hugo Boss, Vorstandsvorsitzender Claus-Dietrich Lahrs Hugo Boss-Store in Kopenhagen 8 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Die Kollektion ist der Star Mit einem vierstöckigen Neubau und einem neuen Factory Outlet bekennt sich Marc Cain zum Standort Bodelshausen. Über 40 Millionen Euro wurden in den letzten drei Jahren investiert. delshausen an Platznot. Inzwischen sind wir neben dem Hauptgebäude auf fünf weitere Gebäude in der Umgebung verteilt. Platznot ist immer auch eine Wachstumsbremse, daher wurde es höchste Zeit dieser Zersplittung Einhalt zu gebieten«, erzählt Schlotterer. Um dem enormen Wachstum des Unternehmens und den daraus resultierenden Herausforderungen gerecht zu werden, schlägt er daher ein weiteres, wichtiges Kapitel in der bemerkenswerten Unternehmensgeschichte auf: 2008 bis 2010 wurden über 40 Millionen Euro in die Errichtung des Factory Outlets und ein neues, 12 000 Quadratmeter großes Produktions- und Verwaltungsgebäude mit modernster Einrichtung und Maschinen investiert. Im Juli wurde das offizielle Richtfest des neuen Firmengebäudes gefeiert. Das Gebäude wird demnächst komplett bezugsfertig sein. Dort sollen alle Arbeitsbereiche von der Fertigung über das Design, Werbung, Interior bis hin zum Vertrieb unter einem Dach vereint werden. Neubau mit Penthouse Von Stefanie Kaiser Bodelshausen, die südlichste Gemeinde des Landkreises Tübingen. Die Wirtschaft des Ortes ist geprägt von der schon fast einmal weltberühmten Textilindustrie der Schwäbischen Alb. Dort übernimmt Helmut Schlotterer vor 37 Jahren die Strickwarenfabrik seines Vaters und baut das im italienischen Carpi, bei Bologna, gegründete Modeunternehmen Marc Cain zu einer international erfolgreichen Marke auf. Jeder im Umkreis kennt den Namen Marc Cain und die exklusive Mode für die er steht. Marc Cain ist aber nicht nur in Bodelshausen ein Begriff – mittler- Helmut Schlotterer weile ist das Unternehmen in 57 Ländern weltweit vertreten. Von London bis Hongkong tragen Stores den Namen Marc Cain. Insgesamt 102 Stores werden in der kommenden Saison in Eigenregie und im Franchisesystem geführt. Zudem wird die Marke in 216 Shop in Stores und über 1 000 weiteren, gehobenen Fachhandelsgeschäften auf der ganzen Welt verkauft. Vom Stammsitz Bodelshausen aus betreut die Marc Cain GmbH das internationale Geschäft. Die Marke mit umfangreicher Produktion in Deutschland ist bis heute wichtigster Arbeitgeber in der Region geblieben. Oft wird Helmut Schlotterer gefragt, warum er dem deutschen Standort treu bleibt und es ihn mit seinem Unternehmen nicht schon längst in die großen Modemetropolen der Welt, wie Mailand oder Paris gezogen hat. Seine Antwort: »Für uns ist es von unschätzbarem Wert, die Produktion am deutschen Firmensitz in Bodelshausen zu haben. Hier werden die Innovationskraft, technische Kreativität und das Qualitätsniveau der Marc Cain Kollektionen begründet und sichergestellt. In Bodelshausen arbeiten hochqualifizierte Mitarbeiter mit herausragendem Know -how. Das ist unser Wohnzimmer, hier fühlen wir uns zu Hause.« Die Investitionen in das bereits eröffnete Factory Outlet und die Errichtung des neuen Verwaltungs- und Produktionsgebäudes betrachtet er als Statement für eine erfolgreiche Zukunft von Marc Cain und als ein klares Bekenntnis zum Heimatstandort. Dort sieht man seit einiger Zeit, in der eher ländlichen Umgebung, zwei strahlend weiße Gebäude hervorblitzen. Eines davon ist das neue Factory Outlet in der Industriestraße, welches im Oktober 2008 eröffnet wurde. Hiermit setzte Helmut Schlotterer einen wichtigen Meilenstein in der erfolgreichen Firmengeschichte von Marc Cain und für die Region Bodelshausen. Einkaufserlebnis im Factory Outlet »Der bisherige Fabrikverkauf passte schon lange nicht mehr zum exklusiven Image und zur Erwartung der Kundschaft. Mit dem neuen Outlet wollten wir ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis für unsere Kundinnen schaffen.« Genau das ist Helmut Schlotterer gelungen. Die im exklusiven Marc Cain Interior Design gestaltete, 700 Quadratmeter große Verkaufsfläche bietet genügend Raum für die Präsentation der hochwertigen Kollektionen der beiden Labels Marc Cain Collections und Marc Cain Sports. Das integrierte Fashion Café mit überdachter Außenterrasse läd zum Verweilen ein und sorgt zudem für ein entspanntes Einkaufserlebnis. Mit dem neuen Factory Outlet hat Marc Cain hohe Maßstäbe gesetzt, doch es geht noch weiter. Durch den internationalen Erfolg ist das Unternehmen in den letzten Jahren rasant gewachsen: »Seit Jahren leiden wir am Firmensitz in Bo- Der vierstöckige Neubau mit Penthouse erstrahlt in unmittelbarer Nähe zum bereits bestehenden Hauptgebäude des Unternehmens. Mit Hilfe eines zweistöckigen Verbindungsbaus werden beide Bauten miteinander verknüpft. Das modern und edel gestaltete Gebäude mit einer hochwertigen Außenfassade aus weißem Alucobond und Glas, einem lichtdurchflutetem Atrium mit 13 Meter hohem Glasdach und einer begrünten Dachterrasse bietet genügend Platz für alle Mitarbeiter. Weiteres Extra: der integrierte Showroom mit Catwalk für Modenschauen, Präsentationen oder sonstige Events. Das neuartig gestaltete Restaurant mit großer Gartenterrasse und moderner Café Bar bildet den passenden Rahmen für erholsame Pausen und neue Ideen. Ideale Voraussetzungen für komfortables und kreatives Arbeiten, sagen die Mitarbeiter. Das neue Gebäude verfügt jedoch nicht nur über ein attraktives Design es bietet dem Unternehmen vor allem auch genügend Platz für die eigene Fertigung und Produktion am Firmenstandort. Marc Cain ist nahezu einer der letzten großen Bekleidungshersteller, der in Deutschland Neues Hauptverwaltungsgebäude in Bodelshausen im Dreischichtbetrieb 24 Stunden werktags strickt, bedruckt und ausrüstet. Die hochmoderne Strickerei verfügt über einen Maschinenpark mit über 100 Flach- und Rundstrickmaschinen. Der neue Platz ermöglichte die Erweiterung des Rundstrickmaschinenparks wodurch nun beispielsweise innovative und superfeine Jaquardgestricke erstellt werden können. Desweiteren sind die textile Ausrüstung sowie die Druckerei mit Inkjetund Schablonendruck hervorzuheben. Mit den besonderen Inkjet-Druckmaschinen für Einzelteile können nahezu alle Materialien und Endverarbeitungsprodukte bedruckt werden. Von Leder und Seide, über Taschen und Schuhe, bis hin zu Shirts, Röcken und Kleidern – sogar Pailletten sind kein Problem. Durch die Produktion und Entwicklung im eigenen Haus können innovative Designs direkt umgesetzt werden. Die Qualität wird dabei durch Einhaltung der hauseigenen, strengen Qualitätsnormen, wie beispielsweise Maßhaltigkeit, Schrumpfwerte, Pillingverhalten und Farbechtheiten gesichert. Bevor ein neuer Stoff in die Kollektion aufgenommen werden kann, muss er vorab unterschiedlichste Laborprüfungen bestehen. Im hauseigenen Labor werden sämtliche Zutaten, Stoffe und Leder untersucht und im Anschluss entsprechend ausgerüstet. Diese Nachbehandlung garantiert eine hohe Farbechtheit, Formbeständigkeit und die Waschbarkeit nahezu aller Marc Cain Produkte. Genau diese stehen bei Marc Cain getreu der Unternehmensphilosophie: »die Kollektion ist der Star« ganz klar im Fokus. Marc Cain Collections und Marc Cain Sports 9 Herbst/WinterKollektion 2010/2011 Fotos: MC Farben, Materialien, Schnitten und Drucken weiterentwickelt. Dabei bleibt Marc Cain seinem Stil jedoch immer treu. Seit Ende Mai sind bereits die ersten Themen der neuen Marc Cain Herbst/ Winter-Kollektionen 2010 in den Läden erhältlich: Ein glamouröser und tougher Powerlook für starke Frauen. Leder zeigt sich facettenreich, der Pelz wird jung und feiert sein Comeback. Drucke und Farben sind inspiriert von der Natur und Tierwelt. Rockige Nieten- und Kettendetails verbunden mit glamourösen Spitzenapplikationen unterstreichen die Weiblichkeit. Jeggings, Leggings und schmale Röhren setzen das Bein in Szene und als absolutes Highlights des Winters: Overkneeboots in allen Variationen. Diese Kollektion setzt sich aus den beiden Labels Marc Cain Collections und Marc Cain Sports zusammen. Marc Cain Collections, das Kernlabel des Unternehmens, reflektiert den Zeitgeist mit eigenem Stil und Klasse. Marc Cain Sports ist Casual- und Leisurewear: trendig, sportlich, voller Lebensfreude. Seit über drei Jahrzehnten werden die Marc Cain Kollektionen von Creative Director Karin Veit verkörpert, die maßgeblich für den Erfolg der beiden Labels verantwortlich ist und immer wieder neue Maßstäbe setzt. Jede Saison aufs Neue werden die Kollektionen gemäß den aktuellen Trends mit neuen Marc Cain Factory Outlet 10 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin 11 Entwicklungspartner der ganz Großen Sogenannte Bilderbuchgeschichten gibt die Region Neckar-Alb immer wieder her: Beispiel Joma Polytec in Bodelshausen. Da schaut dann auch ein Ministerpräsident Stefan Mappus mal vorbei. Von Xaver Baumann Bilderbuchgeschichten gibt es auch für Erwachsene. Sogar für Ministerpräsidenten. Eine heile Welt trotz Stürmen, Spitzenleistungen auf wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet, und natürlich der Charakter von Menschen, gehören zu den Merkmalen und zum Mix solcher Geschichten. Stefan Mappus, der mit Stuttgart 21 und einer angeschlagenen Landesbank natürlich auch Probleme am Hals hat, fühlte sich jüngst im schwäbischen Bodelshausen daher sichtlich wohl, als er zur Präsentation des neu gebauten Unternehmenssitzes der Joma Polytec die Gastrede hielt. Der seltene Anlass war gegeben, auf die schwäbischen Tugenden wie Mut, Innovationsgeist und Anpacken das hohe Lied zu singen. Die beiden Geschäftsführer Alexander und Dr. Hans-Ernst Maute sowie das Gründerehepaar Katharine und Johannes Maute vernahmen es mit gebührendem Stolz. Die Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft zollten Respekt. Wenn ein Unternehmen mit 328 Beschäftigten in die stärkste Krise nach dem Zweiten Weltkrieg hineingeht und mit 329 herauskommt – was will man mehr. Die Schlussfolgerung, die Familien geführten Unternehmen stehen im Gegensatz zu manch einer großen Aktiengesellschaft, ist an diesem Tag schnell gezogen. Halten Familien auch noch über Generationen zusammen, was auch im Schwäbischen nicht immer gelingt, ist das fast eine Rezeptur gegen manche Unbill der Globalisierung und der Stürme im Wettbewerb. Der Ministerpräsident sieht in der 13-Millionen Euro-Investition ein grandioses Signal für die Region Neckar-Alb und für die Belegschaft. »Mit solchen Leistungen behauptet sich der Südwesten im Wettbewerb des 21. Jahrhunderts.« Neues Firmenareal Gewürdigt wird auch eine Unternehmenskultur, die die Arbeitnehmer in Entscheidungen mit einbezieht, auch wenn der Ministerpräsident Vokabeln wie Gewerkschaft und Betriebsrat nicht in den Mund nimmt. Ein nicht alltägliches Bekenntnis machen Alexander und Hans-Ernst Maute mit dem Hinweis, ein ökumenischer Gottesdienst mit der Belegschaft auf dem Betriebsgelände folge in den nächsten Tagen. Anspruch der Gesellschafter ist es, eine Personalpolitik mit Kontinuität und gegenseitigem Respekt zu führen. Es gibt eine goldene Regel im Haus: Jeder Mitarbeiter hat den Anspruch, binnen 48 Stunden mit Hans-Ernst Maute ein Vieraugengespräch führen zu können. Ein Unternehmer braucht Standpunkte Alexander Maute, zuständig im Unternehmen für die technische Seite, präsentiert Joma Polytec als einen stabilen, zuverlässigen und berechenbaren Partner. Dem sichtbaren Bekenntnis zum Standort an der Grenze der beiden Landkreise Tübingen und Zollernalb fügt er eine Standpunkthaftigkeit der Gesellschafter hinzu. Die immer wieder zu haben, gehöre zum Unternehmer als wichtiges Charakteristikum, formuliert er in seiner Rede. In diesem Kontext gibt es einen Seitenhieb für jene Unternehmensberater, die immer schnell dem Zeitgeist folgen. Einmal wird auf teuren Seminaren die Philosophie hin zum Kerngeschäft empfohlen, um nur kurze Zeit später das Gegenteil, die Diversifikation, als Heilsrezept anzuraten. Gut, dass Joma Polytec nicht jeden Trend mitgemacht hat. Mit ihren Standbeinen Kunststofftechnik für Automotiv und Medizin sowie Fensterbau ist das Unternehmen sich treu geblieben. Kunststoffteile für die Computerindustrie hat man beispielsweise bewusst nie gefertigt. Der Ministerpräsident greift die Standhaftigkeit auf und macht das Kompliment: »Gute Kapitäne starten gegen den Wind.« Ministerpräsident Stefan Mappus (links) und die Geschäftsführer von Joma Polytec Dr. Hans-Ernst Maute (rechts) und Alexander Maute Joma Polytec definiert sich heute als technologisch führender Anbieter von Kunststofflösungen für die Autoindustrie, als Hersteller von Komponenten der Medizintechnik und Fensterrahmen. Zu den vier Produktionsschwerpunkten zählen Spritzgieß- und Montagetechnik, Medizinreinraumtechnik, Extrusion und hydromechanische Pumpentechnologie. Die Geschäfte laufen besser als erwartet. Umsätze und Ertrag wurden schon kurz nach der Krise nach oben korrigiert. Wurden 2009 circa 54 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, sollen es in diesem Jahr um die 60 Millionen Euro werden. Alexander Maute kündigte an, künftig auch Kunststoffteile in Asien herzustellen. Die Kunden wünschten eine Produktion vor Ort. Mittler zwischen Politik und Wirtschaft Wie so oft liegt das Geheimnis des Erfolgs in der Innovationskraft. Joma Polytec versteht sich nicht nur als Zulieferer, sondern definiert sich klar als Entwicklungspartner der Industrie. Im Automobilbereich gehören Daimler, Porsche, BMW, Audi und Volkswagen zu den Kunden. Mitte der 90er-Jahre hatte Joma Polytec eine neue Ölpumpe für BMW für die Formel I entwickelt und gebaut. Spätestens 2006 gehört das schwäbische Unternehmen bei Vakuumpumpen zur Welt- spitze. »Wir haben viel entwickelt. Wir haben den Finger am Puls«, unterstreicht Alexander Maute. Es ist das Resultat der Arbeit vieler Ingenieure. Früchte trägt auch die Zusammenarbeit mit der Hochschule in Reutlingen. Als ein Beispiel für eine »bahnbrechende« Neuerung wird die Fertigung Temperatur resistenter und Gewicht sparender Kunststoffe angeführt. Sie werden mit Strahlenvernetzung hochveredelt. Entwickelt wurde diese Technologie mit der Beta-Gamma-Service GmbH & Co. KG, Europas größter Dienstleister für Bestrahlungen. Nur angedeutet, weil angeblich noch nicht im Stadium der Präsentationsreife, wurde ein weiteres überaus Erfolg versprechendes Engagement auf dem Gebiet der Medizintechnik. Ein Joint Venture mit einer MedizinTechnikfirma ist in Bodelshausen in Gründung. Die Region Neckar-Alb, die auf diesem Gebiet punkten will, freut sich. Die Unternehmerfamilie ist ohne Frage auch Vorbild in der Übernahme gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung. Zudem ist sie Ratgeber, Impulsgeber und Mittler zwischen Politik und Wirtschaft. So sieht es der Ministerpräsident. Auch der US-Botschafter in Deutschland, Philip D. Murhy, der jüngst zu Besuch war, konstatierte Ähnliches. Zum Hintergrund gehört auch, dass Hans-Ernst Maute Ehrensenator der Universität Tübingen und damit natürlich Förderer ist. Eberhard Schaich, ehemaliger Rektor der Universität, hatte vor zwei Jahren bei der Ernennung zum Eh- Fotos: Jürgen Meyer rensenator von ethischen Grundsätzen des Gewürdigten gesprochen – die auch im Alltag gelebt werden. Hervorgehoben wurde auch seine Rolle des Türöffners und Netzwerkers. Maute ist auch seit 2005 Vizepräsident der IHK Reutlingen. Der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger hatte treffend ihm aber auch noch die Botschaft mit auf den Weg gegeben: »Die Ehre ist gut, schwerer wiegt aber die Verpflichtung.« Selbst entwickelt: Roboteranlage 12 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin 13 Es muss einem wohl sein in seiner Haut »Wir müssen die Marke schärfen mit all Arbeitsplätze für über 200 Näherinnen in Lautlingen Fotos: AG den Werten, die uns zur Verfügung stehen«, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung des Wäscheherstellers Mey, Joachim Hahn. Qualität, Attraktivität, Innovation und Nachhaltigkeit Joachim Hahn Von Xaver Baumann Ein geflügeltes Wort steht ganz am Anfang des Gesprächs: »Es muss einem wohl sein in seiner Haut« Joachim Hahn, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Mey GmbH & Co. KG mit Sitz im schwäbischen Albstadt-Lautlingen, tauscht aber sehr schnell und geschickt das Wort »Haut« mit »Wäsche« – und schon ist er mittendrin im sogenannten »Markenkern« des namhaften Herstellers von Bodywear, um den sich die Begriffe Qualität, Innovation, Attraktivität und Nachhaltigkeit drehen wie Planeten um die Sonne. Während in China die Textilfertigung aufgrund von Lohnsteigerungen schon nach Bangladesh auswandert, textile Billigketten in Deutschland bei den eigenen Mitarbeitern auf öffentlichen Druck hin die Löhne erhöhen müssen, philosophiert der Firmenchef im Gespräch mit dem GEA-Wirtschaftsmagazin unaufgeregt über das Thema »Nachhaltigkeit«, das immer mehr den Zeitgeist prägt und bei nicht wenigen Konsumenten sich als ein Kriterium beim Kauf von Wäsche herausgebildet hat. Für Mey ist das gut, nicht nur, weil die Bevölkerung ein Thema neu gewichte, sondern weil der schwäbische Textilhersteller schon immer die Orientierung an der Qualität praktiziert und im besten Sinne nachhaltig gewirtschaftet habe. Die Kommunikation darüber ist wichtig, räumt er ein, weil die Nachhaltigkeit eines Produktes, im Gegensatz zur Attraktivität, nicht sofort sichtbar sei. Aber, einmal erfahren, wisse der Kunde, woran er sei. Qualität entsteht bei dem Wäschehersteller, der zwischenzeitlich in der vierten Generation in Familienbesitz ist, in den eigenen Fertigungsstätten. In Albstadt-Lautlingen, im benachbarten Bitz auf der Alb und in Dormettingen entwickeln und fertigen 420 Mitarbeiter Tag- und Nachtwäsche für Frauen und Tagwäsche für Herren, insgesamt werden über 800 Menschen beschäftigt. Hahn ist zutiefst überzeugt: »Wir müssen das Produkt und seine Komponenten selber machen und sehen von Zukäufen fast komplett ab. 90 Prozent der Stoffe fertigen wir selber. Wir werden das Know-how auf jeden Fall behalten.« In den eigenen Betrieben in Portugal und in Ungarn wird ein Teil der Wäsche konfektioniert. Beispielsweise wird ein Büstenhalter, der aus über 40 Teilen bestehen kann, in Ungarn komplettiert. »Qualität kann man nicht befehlen« »Qualität kann man auch nicht einfach befehlen«, meint Hahn beim Rundgang durch den sehr geordneten und durchstrukturierten Betrieb. »Wenn jeder nur seinen Stiefel ableistet und sich morgens fragt, wann er rauskommt, wird das nichts.« In diesem Kontext spricht er von sozialer Nachhaltigkeit im Umgang mit den Beschäftigten. Er erwähnt helle, freundliche Arbeitsräume, flexible Arbeitszeitmodelle, auf die vor allem Frauen Wert legen, Ergonomie gehören zum Markenkern. der Arbeitsplätze von 220 Näherinnen, Firmenrestaurant und Schwimmbad. Mey ist auch im Arbeitgeberverband. Das heißt, die Bezahlung der Mitarbeiter erfolgt nach Tarif oder mitunter auch darüber. Die Folge: Bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen hat Mey kein Problem. Die Fluktuation unter der Belegschaft ist sehr gering. Immer wieder kommen Chefeinkäufer nach Albstadt-Lautlingen. Sie schauen sich die Produktion an. Beispielsweise werden bis zu 200 verschiedene Garne – einschließlich der verschiedenen Stärken – eingesetzt. Weit über 100 Rundstrickmaschinen machen aus Garnen Stoffe. Hahn ist beispielsweise stolz auf die langjährigen Beziehungen zu den Lieferanten in Peru. Auch hier zahlt sich Nachhaltigkeit für die Firma aus: Nicht jedem Preissprung an den Rohstoffbörsen muss er sich beugen. Neben Baumwollgarnen werden auch Polyamide und Elastane verarbeitet. Bis zu drei Garnen werden in der Unterwäsche verwendet. Auch in der Verarbeitung liegt eine Kunst: 18 bis 50 Nadeln sind bei den Strickmaschinen auf einem englischen Zoll untergebracht. »Das alles müssen sie gut komponieren«, erläutert der Vorsitzende der Geschäftsführung und macht deutlich, dass zu diesem alles noch viel mehr kommt. In einem weiteren Arbeitsschritt sorgen sogenannte Schrumpfkalander dafür, dass der Stoff kompaktiert wird. Schließlich darf die Wäsche nicht schon beim ersten Waschen massiv einlaufen. Später kommen Stofflege- und Schneidemaschinen zum Einsatz. Mey ist ein vollstufiger Betrieb – bis auf das Waschen und Färben wird alles selber gemacht. An einem großen Tisch sitzen acht Frauen bei der Produktentwicklung für die Kollektion Herbst 2011 – Designerinnen, Ingenieurinnen, Schnitttechnike- Magdalena Neuner rinnen und die Produktmanagerin. Entwürfe aus Papier hängen an der Wand. Einiges wird verworfen. Neues entsteht. Die Kreativleute müssen das Lebensgefühl der Menschen aufnehmen. »Vielleicht haben wir in dem Punkt in der Region nicht die besten Voraussetzungen dazu. Aber unsere Leute gehen ja auch raus zu den Metropolen«, urteilt Hahn. Die eigene Vorstellung sei nicht alles. Bekleidungsstile ändern sich schnell und mit einem Hinterherlaufen erfülle man die Aufgabe nicht. Aktuell sei ein Trend zu mehr Lässigkeit. Im Dessousbereich gebe es mehr Ausschmückungen. Und auch die Männer bewegen sich – hin zu mehr Farbe. »Wir müssen die Marke schärfen mit all den Werten, die uns zur Verfügung stehen.« »Wir haben uns gut behauptet« Sind die Prototypen fertig, kommen sie ins Musterlager. Von jedem Teil der Kollektion werden 80 Teile produziert. Verkaufsleiter, Handelsvertreter, bestimmte Kunden und die Konfektionsfilialen sind die ersten, die den Zugriff darauf haben. Auch der Qualitätsbegriff habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt, sagt Hahn. Dazu gehöre heute der Tragekomfort, die Stimmigkeit der Schnitte, die Perfektion der Materialien. Eigenschaften wie physische Haltbarkeit und Langlebigkeit genügten heute nicht mehr. Was stellt der Fasermarkt zur Verfügung, was gibt es an Stricktechnologien, sind Fragen, die beantwortet werden müssen. Neue Stoffe ermöglichten wiederum ein neues Design. Geht es um Nähtechnologie und Schadstoffprüfung, wird mit Instituten zusammengearbeitet. Vom Textilinstitut Hohenstein hat Mey für neue Serien die bekleidungsphysiologische Testnote eins bekommen. Mey ist ausschließlich fachhandelsorientiert. Zirka 3 500 Kunden werden bedient. 95 Prozent der Wäsche werden in Europa verkauft. Der aktuelle Geschäftsverlauf gestaltet sich erfreulich. Die kleine Delle beim Umsatz von minus 3,5 Prozent in 2009 auf 65 Millionen Euro wird bereits in diesem Jahr wieder ausgebügelt. 70 Prozent des Umsatzes wird mit Wäsche, 30 Prozent mit Dessous erwirtschaftet. Schwarze Zahlen hat das Unternehmen auch in starken Investitionsjahren 2008/09, – zehn Millionen Euro wurden investiert –, geschrieben. »Wir haben uns gut behauptet«, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung und unterstreicht die Leistung mit dem Hinweis, dass in Deutschland in den Jahren 1998 bis 2008 zwar der Absatz in Stückzahlen gleich, der Umsatz zu Verkaufspreisen bei Damenwäsche von 1,67 Milliarden auf 1,05 Milliarden Euro. zurückgegangen sei. Unterstützt wird der Verkauf durch ein Marketing, mit dem Mey schon viele Preise gewonnen hat. Zuletzt in 2009, als das Unternehmen als den »Best Brand Award« aufgrund einer repräsentativen Verbraucherumfrage erhielt. Bekannte Persönlichkeiten wie Magdalena Neuner, Cosma Shiva Hagen, Uschi Obermaier, Frank Schätzing oder Pascal Hens lassen sich in einer Kampagne in Mey-Wäsche ablichten. »Jetzt sehen Sie, warum wir mit all diesen Werten und Zielen für uns ein Unique Selling Proposition (USP = Alleinstellungsmerkmal) in Anspruch nehmen«, meint der Joachim Hahn nicht unbescheiden. 14 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Im Herz der US-Modewelt Der Strickmaschinenhersteller Stoll eröffnete in 2008 in der US-ModeMetropole New York ein »Fashion & Technology Knitting Center«. Mitten im geschäftigen Garment District, Manhattan, präsentiert das Reutlinger Unternehmen eigene Kollektionen sowie die neuesten Maschinen. Von Joachim Baier Mitten in Manhattan, New York, schlägt das Herz der amerikanischen Modewelt. Der sogenannte Garment District, zwischen der 6th und 8th Avenue sowie zwischen der 34. und 40. Straße gelegen, gilt als Mekka für Shopping-Begeisterte. Unter anderen ist dort Macy’s, das mit knapp 200 000 Quadratmetern weltweit größte Kaufhaus, zu finden. Designer-Teams aller Couleur arbeiten im District Tür an Tür: Ralph Lauren, Calvin Klein, Tommy Hilfiger, Oscar de la Renta, Donna Karan oder Nicole Miller, nahezu alle wichtigen Labels sind mit ihren »Showrooms« und »Flagstores« vertreten. Jörg Hartmann, Leiter Fashion & Technology beim Strickmaschinenhersteller Stoll, ist regelmäßig mittendrin in Manhattans geschäftigem Moderummel. Seit dem 1. April 2008 präsentieren die Reutlinger auf rund 700 Quadratmetern an der 39. Straße ihre eigenen Kollektionen und natürlich das, wofür sie eigentlich bekannt sind: Strickmaschinen. Für Hartmann macht die Mischung aus Mode und Maschinen durchaus Sinn. Im »Fashion & Technology Knitting Center« sollen amerikanische Textil-Designer das Stricken wieder lernen. Die meisten Modemacher in den USA, so erzählt Hartmann, würden lange schon ohne große Nähe zur eigentlichen Produktion arbeiten und hätten dadurch viel technisches Know- how eingebüßt. Er sagt, »wir bringen die verlorene Strickkultur zurück«. Der Garment District entwickelte sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zum produktiven und kreativen Zentrum der amerikanischen Modein- Stoll-Center in Manhattan Fotos: Stoll dustrie. 1910 wurden laut Statistik 70 Prozent der Frauenkleider und 40 Prozent der Männerkleider auf dem gesamten US-Markt in der Stadt gefertigt. Aber die Blütezeit von New Yorks einst größtem Industriezweig ist lange vorbei. Im Zuge der Globalisierung verlagerte sich die Textil-Produktion mehr und mehr nach Asien, wo die Lohnkosten deutlich niedriger waren. In vielen früheren Kleiderfabriken haben sich inzwischen andere Branchen angesiedelt. Bürogebäude, Lokale, Läden, Galerien und Theater dominieren das Straßenbild. Aber noch immer ist Manhattans Mode-Industrie eine bedeutende Branche, in der 2008 rund 45 000 Menschen beschäftigt waren. Seit den 1990er-Jahren gibt es zudem verstärkt kommunalpolitische Anstrengungen, den lokalen Wirtschaftszweig zu fördern und die Vitalität des Garment Districts zu verbessern. Das Motto: Design to inspire Die New Yorker Stoll-Dependance befindet sich im Erdgeschoss eines Jugendstilgebäudes aus den 1920er-Jahren. Durch die Schaufenster können Passanten direkt die Arbeit an den Strickmaschinen beobachten. Der Eingangsbereich mündet in einen weitläufigen Showroom, in dem eigene, allerdings unverkäufliche Kollektionen prä- sentiert werden. Hartmann spricht gerne von »gläserner Entwicklung«, wenn er das Konzept des Fashion-Centers erklärt. »Design to inspire – wir machen Design, um die Modewelt zu inspirieren«, zitiert der Chefdesigner das Leitmotto des Strickmaschinen-Herstellers. Die Räume werden auch für Modeschauen und andere Veranstaltungen genutzt. Die StollTochter in Manhattan beherbergt zudem das nach eigenen Angaben weltweit größte Strickmuster-Archiv. Die Sammlung stehe auch firmenfremden Designern für ihre Recherchen zur Verfügung, betont Hartmann. Im Haus werden zudem Führungen und Strick-Workshops angeboten. Hartmann bedauert, dass etliche amerikanische Designer während ihres Studiums keinerlei Erfahrungen mit Strickmaschinen machen würden. Viele junge Modeschöpfer seien geradezu »ausgehungert« nach Einblicken in eine echte Produktionsumgebung, hat er beobachtet. Stoll will dem kreativen Nachwuchs das Know-how des Strickens wieder vermitteln und arbeitet auch eng mit den New Yorker Hochschulen zusammen. »Wenn Mode-Designer nicht wissen, was mit einer Flachstrickmaschine möglich ist, wie sollen sie dann entsprechende Muster entwickeln«, sagt Hartmann. Er schätzt im Übrigen, dass ganz allgemein nur etwa 30 Prozent der technischen Möglichkeiten einer Stoll-Strickmaschine überhaupt genutzt würden. »Wir wollen zeigen, was man kreativ mit Stricken machen kann und was dabei die Qualitätsmerkmale sind.« Stoll hatte schon seit vielen Jahren eine Vertriebs-Tochter in den USA. Mit ausschlaggebend für die Eröffnung des Fashion-Centers in Manhattan war die Tatsache, dass etliche der asiatischen Großkunden eigene Designer-Teams in der amerikanischen Mode-Metropole sitzen haben. Die chinesischen Hersteller lassen ihre Jörg Hartmann Kollektionen in den USA entwerfen, denn der amerikanische Modemarkt kennt eigene Stil-, Schnitt- und Farb-Vorlieben. »Etwa 40 Prozent der Strickwaren aus China gehen in die USA«, erklärt Hartmann. »Es darf nicht sein, dass der Ausbildungsstand der Designer in Amerika vorgibt, was in China gestrickt wird.« Obama-Familie kaufte ein Ein guter Geschäftspartner ist auch Calvin Klein, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite seinen Sitz hat. Der Modemacher schickt regelmäßig seine Designer ins Haus, um auf den Maschinen Musterideen oder Entwürfe zu testen. Die neueste Strickmoden-Kollektion von »Calvin Klein Collection« sei komplett bei Stoll gemustert worden, ist Hartmann stolz. Und er verrät, dass sogar die Präsidentenfamilie Obama eine Es gehört zusammen: Stoll-Flachstrickmaschinen und Stoll-Kollektionen 15 der gemeinsam entwickelten Premium-Kollektionen geordert habe. »Ohne die Nähe unserer Strickmaschinen zu den Design-Abteilungen der großen Marken würden deren Produkte ganz anders aussehen«, glaubt Hartmann und findet, »das ist eine perfekte Symbiose«. Das »Fashion & Technology Center« hat weiterhin die Aufgabe, Informationen darüber zu sammeln, was aktuell am US-Modemarkt nachgefragt wird. »Alles, was wir technologisch anbieten, was Neuheitswert schafft, raffinierte Schnittformen ermöglicht, ist auch gut für den Absatz.« In Shanghai betreibt der Strickmaschinenhersteller bereits seit 2003 ein Kundenzentrum. Und auch am Standort Reutlingen sind regelmäßig internationale Delegationen großer Modelabels oder Textilproduzenten zu Gast. Wie Hartmann verrät, interessieren sich Designer, Einkäufer und Produktmanager für Schulungen bei Stoll. In Reutlingen entstehen pro Saison zwei Kollektionen pro Jahr mit je 50 bis 60 Teilen. Auch bei der Tochter in Shanghai werden eigene Kollektionen entworfen, die speziell auf die asiatischen Märkte zugeschnitten sind. Kürzlich war sogar eine Abordnung aus dem Londoner Saint Martins College of Art and Design in Reutlingen zu Gast, eine der weltweit renommiertesten Kaderschmieden für Modeschöpfer. Mit der Hochschule kooperiert Stoll seit Jahren. Saint Martins habe nun Interesse am Kauf einer Strickmaschine angemeldet, erzählt Hartmann. Er ist zufrieden, wenn er weiß, dass künftige Designer-Generationen schon während des Studiums mit Stoll-Maschinen in Berührung kommen. »Made in Germany hat immer noch weltweit Bedeutung«, ist der 49-jährige Chefdesigner überzeugt. Er sieht Stoll inzwischen auch als anerkannten Marktführer in Sachen Strickmode-Kompetenz. »So bekommen wir Respekt. Und am Ende Aufträge.« 16 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin 17 Eine Marke wird verankert Industrie-PCs von Spectra findet man an den ungewöhnlichsten Orten. Beispielsweise in den Spielsalons von Las Vegas oder auf Kreuzfahrtschiffen. Blick in die Produktionshalle Von Veit Müller Was haben ein Passagier, der von einem Luxusliner mit Zuhause telefoniert, ein Besucher des Mercedes Benz-Museums in Stuttgart, der sich bewegte Bilder auf einem Monitor anschaut, und ein Tourist, der sein Glück an einem Spielautomaten in Las Vegas versucht, gemeinsam? Die Antwort: Sie stehen vor einem Computer des Reutlinger Unternehmens Spectra Computersysteme GmbH. Sehen können die Leute den Rechner in der Regel nicht, er arbeitet im Hintergrund, still und leise. Er stellt die Telefonverbindung via Satellit her, setzt die Museumsapplikationen und den Spielautomaten in Bewegung. »Wir fertigen keine normalen PCs, wie sie im Büro oder zuhause verwendet werden. Wir sind zuständig für all die Fälle, wenn Computer bestimmte Aufgaben zu erledigen haben und wenn sie sehr robust sein müssen«, erklärt Spectra-Geschäftsführer Harald Lang das Aufgabengebiet seines Unternehmens. »Wir sind eine Industrie-PC-Firma. Das ist unsere Kernkompetenz«, erklärt Lang und liefert Anschauungsunterricht. Beispiel Kommunikationstechnik. Hier beliefert Spectra einen weltweit operierenden Schiffsausrüster. Diese Firma hat eine spezielle Software entwickelt, mit der Sprachtelegramme sehr kompakt übertragen werden können. Diese Software läuft auf der äußerst robusten Spectra PowerBox und ermöglicht so dem Schiffspersonal wie auch den Passagieren, wesentlich kostengünstiger telefonieren (voice over IP) zu können als mit der herkömmlichen Satellitentelefonie. Diese Boxen, die jeweils bis zu 32 Telefonleitungen bedienen, werden auch im zivilen Bereich von Militärschiffen installiert. Lang: »Wir liefern unseren Auftraggebern derzeit 150 solcher Boxen im Monat. Wobei die Stückzahlen eher steigend sind.« So benötigt allein ein Kreuzfahrtschiff rund 250 Boxen. Beispiel Automobilproduktion. Spectra lieferte in der Vergangenheit in alle Fertigungslinien eines großen Automobilherstellers Computer mit Touchscreen – zur Steuerung der Kuka-Roboter, die Scheiben in Fahrzeuge einkleben oder die Isolierstoffe in Autotüren einbringen. Den Namen des Unternehmens will er nicht nennen – das ist Kundenwunsch. Beispiel Kino, Flughafen und Praxen. Spectra stattete 200 Kinos in der Schweiz mit PCs aus, die in der Lobby Kinoplakate anzeigen oder Trailer der Filme laufen lassen. Im Flughafen in Münster-Osnabrück laufen die Anzeigeterminals mit Spectra-Rechnern. Auch im Wartezimmer-TV für Ärzte ist Spectra vertreten. In den Praxen laufen auf Bildschirmen Filme und spezielle Informationen ab, die von Spectra-Rechnern eingespeist werden. Marktanteil von zehn Prozent erreicht Der große Vorteil von Spectra ist, dass das Unternehmen die PCs auftragsbezogen auch in kleiner Stückzahl fertigen kann. Dabei ist der Industrie-Computer-Hersteller, wie die Beispiele zeigen, so breit aufgestellt, dass er nicht vom Kon- junkturverlauf einzelner Branchen abhängig ist. Inzwischen hat der Computerspezialist deutschlandweit einen Marktanteil von zehn Prozent erreicht. »Wir sind in nahezu allen Branchen vertreten«, sagt Lang. Mit Erfolg hat das mittelständige Unternehmen seine spezielle Nische entdeckt. »Unsere Stückzahlen liegen zwischen 1 und 1 000. Das ist die große Chance für unser Wachstum«, beschreibt Lang die Position von Spectra, denn bei solchen Stückzahlen »lohnt es sicht nicht nach Fernost zu gehen«. Spectra bleibt im Land und setzt auf Qualität. Das Unternehmen, das 2008 von Echterdingen ins Gewerbegebiet Reutlingen-Nord umgezogen ist, hat heute 70 Mitarbeiter. Dazu kommen noch sechs Beschäftigte in der Schweiz (Egg) und drei weitere in Österreich (Wels). Im neuen Stammhaus in Reutlingen sitzt zudem noch die Tochterfirma ICP Deutschland GmbH (mit sechs Mitarbeitern), die sehr erfolgreich Computerkomponenten verkauft. Lang: »Die Firma ist eigenständig, wir nutzen aber gemeinsam die gleichen Ressourcen.« Der Umsatz von Spectra lag 2008 bei 16,8 Millionen Euro. Nach dem kleinen Zwischentief von 2009, verursacht durch die weltweite Finanzkrise, rechnet Lang für 2010 mit einem Umsatz von 18 Millionen Euro, »wir liegen jetzt bereits bei 40 Prozent über dem Vorjahr«. Das ist aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Die Zeichen stehen auf Expansion. In den kommenden Jahren will Spectra die 30Millionen-Euro-Marke beim Umsatz knacken. Dabei soll auch die Schaffung einer eigenen Marke mit neuem Schriftzug und Logo helfen. Entdecken kann man dies bereits im Fernsehen. Spectra ist ins Sponsoring eingetreten und unterstützt den Bundesligisten VfB Stuttgart. Schriftzug und Logo erscheinen so bei TV-Übertragungen im Hintergrund auf der LED-Bande. Mit Schicht etablieren. Fünf offene Stellen gibt es bereits, aber laut Lang ist es schwer, Leute mit technischen Sachverstand und Organisationstalent zu finden, die zudem gerne persönliche Verantwortung übernehmen. Dem Unternehmen blieb deshalb teilweise nichts anderes übrig, als für manche Positionen Quereinsteiger einzustellen, die betriebsintern weitergebildet werden. Mittelständler sind oft standfester Auf dem Arbeitsmarkt »tun sich die meisten Mittelständler mit dem Nachwuchs noch schwerer als die Großindustrie, weil diese sehr häufig mit allerlei Vorteilen und mit angeblicher Sicherheit des Arbeitsplatzes lockt, dabei ihren »Brand Name« erfolgreich einsetzt und die Mittelständler sozusagen der Chancen beraubt«, meint Lang. bar weitergehen. In den kommenden Jahren soll das Firmengebäude in Reutlingen und das Gelände mit einer Investitionssumme von mehreren Millionen Euro erweitert werden. »Wir wollen unsere Marke, die wir schon sind, noch fester in der breiten Öffentlichkeit verankern.« Schon frühzeitig hat Lang, Jahrgang 1946, seine Nachfolge geregelt. Er will nach eigener Aussage noch drei bis fünf Jahre in der Firma bleiben, dann sollen Prokurist Jürgen Rauscher wie auch seine Tochter Claudia Lang die Firma übernehmen. Lang selbst ist in Schwäbisch Hall geboren. Mit fünf zog er mit seiner Familie unter die Achalm, weshalb er sich, wie er sagt, auch als Reutlinger fühlt. Den Spectra-Umzug von Echterdingen ins Kirchentellinsfurter Industriegebiet ganz in der Nähe der Manz Automation AG bezeichnet er daher auch als »back to the roots«. Lang studierte an der Uni Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik. Damals, als er das Studium als Diplom-Ingenieur Harald Lang und Jürgen Rauscher (von rechts) Handfertigung bei Spectra Aktionen wie diesen will Spectra den Bekanntheitsgrad steigern. Rund 500 000 bis 600 000 Euro gibt das Unternehmen jedes Jahr für Marketing aus. Bei der geplanten Expansion gibt es allerdings einen »Wachstumshemmer«, wie Lang es nennt. Das ist der Personalmangel. »Wir suchen seit einem Jahr einen stellvertretenden Produktionsleiter«, berichtet Lang. Aber der Markt ist leer. Auch möchte Spectra in Zukunft eine zweite Kleine Serie – viele Varianten Was dabei aber häufig vergessen werde, sei die Tatsache, dass die Mittelständler, wenn es darum gehe, Krisen durchzustehen, viel standfester seien. Die Großen setzten in solchen Situationen dann mal kurz Leute frei oder schickten sie in den Vorruhestand. Lang: »Sie werden dabei noch staatlich unterstützt, während der Mittelständler von diesen Hilfen gar nichts sieht.« Davon abgesehen, wird die Erfolgsgeschichte von Spectra auch nach außen hin deutlich sicht- Fotos: Gerlinde Trinkhaus abschloss, gab es in diesem Bereich in Deutschland noch wenig Jobs. Deshalb stieg er in die industrielle Computer- und Messtechnik ein. Von der staatlichen Material- und Prüfungsanstalt in Stuttgart wechselte er schließlich zur Deutschlandvertretung einer englischen Firma für Messtechnikprodukte mit integriertem Rechner. Im Jahr 1982 machte er sich dann selbstständig und gründete die Spectra Computersysteme GmbH. Eine Entscheidung, die sich gelohnt hat. 18 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Umsetzung neuer Ideen sein. Mit ihr wollen wir eine stärkere Internationalisierung erreichen. Da gibt es noch Schwächen. Einzelne Projekte haben wir schon gefahren, die ganz gut ankamen. Hier werden wir mehr tun. Wir wünschen uns mehr Kooperationen mit Partnern. Gibt es eine eigene Gesellschaft? Engelhard: Der Betrieb hat einen eigenen Geschäftsführer. Der soll unter anderem entsprechende Arbeitskreise etablieren. Es ist kein Geheimnis, dass es etwas Entsprechendes in der Region Rhone-Alpes in Frankreich gibt. Wir sind ja in das Vier-Regionen-Projekt der Landesregierung gut eingebunden. Dort hat man gute Erfahrungen gemacht. Wer macht denn alles technische Textilien in der Region? Engelhard: Das lässt sich genau nicht sagen, weil Foto: Trinkhaus Interview: Dr. Stefan Engelhard, Leiter Innovation und Umwelt bei der IHK Reutlingen, begründet den Antrag für den Clusterwettbewerb des Landes Cluster Technische Textilien Neckar-Alb Artecs GmbH »Wir können in Europa Zentrum für technische Textilien werden« Die Region Neckar-Alb ist im textilen Sektor europaweit eine beachtliche Größe. Bei der Fertigung von Wäsche sogar die Nummer eins in Deutschland. Seit einigen Jahren erobern technische Textilien den Markt. Viele Unternehmen schaffen zwischenzeitlich hier eine beachtliche Wertschöpfung. Mit dem Status quo können sich die Teilnehmer natürlich nie zufrieden geben. Aus diesem Grund beteiligt sich die IHK Reutlingen am Clusterwettbewerb der Landesregierung. Ein Ergebnis steht schon fest: die IHK Reutlingen ist dabei, 200 000 Euro Fördergelder sind möglich. Ziel ist die Einrichtung einer Innovationsagentur. Mit Dr. Stefan Engelhard, Leiter »Innovation und Umwelt« bei der IHK Reutlingen, sprach Franz Pfluger. Die IHK hat sich mit Erfolg am Landeswettbewerb zur Stärkung der regionalen Cluster beworben. Mit was gehen Sie da rein? Engelhard: Wenn man den Standort NeckarAlb betrachtet, und wenn wir schauen, mit was wir uns abgrenzen vom nördlichen Partner, dann kommt man sehr schnell auf Biotechnologie, Medizintechnik und vor allem auf Textil. Da hat die Region eine ganz große Stärke. Mit dieser Zu- kunftsfähigkeit können wir uns klar profilieren. Dass wir stark im Maschinenbau und bei der Elektronik, Werkzeugbau und Automotive sind, lassen wir hier mal beiseite. »Wir wollen mit der Innovationsagentur neue Märkte erschließen« Warum machen Sie denn die starke regionale Abgrenzung zu Stuttgart? Engelhard: Wir dürfen doch schauen, wo unsere Stärken liegen. Im textilen Bereich sind wir besser aufgestellt als die Region Stuttgart. Im Wäschebereich haben wir 60 Prozent der Herstellung in Deutschland. Da gibt es Benchmarks, wo die anderen schlicht nicht mithalten können. Nehmen Sie nur das Outlet in Metzingen – das ist das Outlet-City schlechthin. Und - Hugo Boss, Trigema, Camazo, Marc Cain haben Vertriebskonzepte vorgelegt, die beispielhaft sind und nachgeahmt werden. Was stand denn bei Ihrem Antrag im Vordergrund? Engelhard: Zwei Ansätze gibt es. Einmal die technischen Textilen – die machen beim textilen Umsatz in Deutschland bereits 45 Prozent aus. Wir in der Region liegen etwas darunter, weil wir noch eine hervorragende Bekleidungsindustrie haben. Die technischen Textilien sind deshalb so interessant, weil sie in viele andere Bereiche hinwirken. Sie bilden quasi eine Querschnittstechnologie. Andere Branchen werden durch ihre Anwendung wettbewerbsfähiger. Wir haben diesbezüglich einen hohen Anspruch. Ich behaupte, wir können das Zentrum für technische Textilien in Europa werden. Wir werden das nicht im jedem Segment erreichen. Aber in bestimmten Bereichen ist das machbar. Wer setzt das um, die IHK, die Standortagentur ReutlingenTübingen-Zollernalb? Engelhard: Wir wollen eine so genannte Innovationsagentur etablieren. Sie soll helfen, neue Märkte für technische Textilien zu erschließen. Die Agentur bietet eine Menge an Dienstleistungen an, die Organisation von Veranstaltungen, Presseaussendungen, Weiterbildung, Vermittlung von Förderprogrammen und Kontaktvermittlung, um nur das Wesentliche zu benennen. Sie wird eine Plattform für die Generierung und Buck GmbH & Co. KG Carl Meiser GmbH & Co. KG CHT. R. viele Betriebe auf mehreren Standbeinen stehen. Aber – circa 35 Betriebe sagen von sich, dass sie von Haus aus technische Textiler sind. Andere definieren sich anders, auch wenn sie stricken, weben, spinnen, um die Funktionen aus der Textilbranche zu benennen. Zirka 100 Unternehmen dürfen es insgesamt sein, die textile Technologien einsetzen. Sie alle unterstützen den Projektantrag. Für die Anlauffinanzierung habe ich zwischenzeitlich 30 Partner. Wenn wir die Förderung vom Land in Höhe von 200 000 Euro erhalten würden, könnten wir loslegen. Die unterschiedlichsten Projekte selbst brauchen dann aber noch ihre separate Finanzierung. Nennen Sie doch mal einige Unternehmen! Engelhard: Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einige vergesse: Mattes + Ammann, Fuchshuber Techno-Tex, Eschler Textil, Faiss-Textil, Jotec mit Medizinapplikationen in Kooperation mit Tetec, Filterhersteller Küfner, Villforth, DigelStricktechnik, Seiz, Groz-Beckert, Rökona, Textilchemie Dr. Petri um nur einige zu nennen. Da sind doch Schmuckstücke darunter. Sie alle sind in einem der drei Hauptbereiche tätig: Schutztextilien, Medizintextilien und Automobiltextilien. Beitlich GmbH Coats Thread Germany GmbH Erbe Elektromedizin GmbH Paten für neue Märkte und Produkte Eschler Textil GmbH Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei Albstadt e.V. Faiss-Textil GmbH FONG'S Europe GmbH Fuchshuber TECHNO-TEX GmbH Gebr. Conzelmann GmbH & Co. KG LISA TEX GmbH Groz-Beckert KG H. Stoll GmbH & Co. KG Hochschule Albstadt-Sigmaringen IHK-Netzwerk Automotive J. C. Kauffmann Sohn KG JAXIDA Cover Lederinstitut Gerberschule Reutlingen Memminger-Iro GmbH NMI - Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen Reutlinger Research Institute rökona Textilwerk GmbH Ohne die Einbeziehung von Wissenschaft und Forschung gewinnt man heutzutage doch keinen Wettbewerb mehr? Engelhard: Richtig ist – wir brauchen auch eine starke Integration über Hochschulprojekte. Zunächst gehen wir natürlich vom Bedarf der Unternehmen aus – ich denke, das ist ganz normal. Mit wem am Ende die Betriebe zusammenarbeiten, ob mit dem Spitzeninstitut Textil- und Verfahrensinstitut in Denkendorf, mit dem Institut in Hohenstein, den Fachhochschulen Reutlingen und Albstadt-Sigmaringen, dem Naturwissenschaftlichen Medizinischen Institut (NMI) in Reutlingen oder mit Forschungsinstituten in der Schweiz oder in den USA, spielt am Ende für uns keine Rolle. Es gibt natürlich einige Projekte in der Region, über die ich aber im Interesse der Betriebe nichts sagen darf. Roma Strickstoff-Fabrik Sebastian Wochner GmbH & Co. KG SOMA GmbH & Co. KG Stadt Albstadt Tajima GmbH Textildruck Heinrich Mayer GmbH Traugott Baumann KG tvb GmbH Weber & Heusser GmbH & Co. KG Es gab bei dem Antrag noch eine zweite Schiene? Engelhard: Wir haben sogenannte Paten für neue Märkte und neue Produkte gesucht. Wir haben Arbeitskreise gebildet. Die haben sich beispielsweise mit Abstandsgestricke und Abstandsgewirke beschäftigt. Es gibt einen Arbeitskreis filigrane Bauwerke und neue Baumaterialien. 19 Oder – Wäsche mit Wirkstoffen für Patienten ist ein anderes Projekt. Wer beispielsweise Neurodermitis hat, könnte künftig eine bestimmte Funktionswäsche tragen. Da gibt es viele Fragen und für die Antworten brauchen wir natürlich viele Partner, nicht zuletzt einen aus der Zulassungsbehörde im Gesundheitswesen. Ein Pate managt das jeweilige Projekt. Die IHK Reutlingen hat auch die Zuständigkeit für Enterprise Europe Network? Engelhard: Das ist ein Zusammenschluss von 400 Partnern in Europa. Es geht auch hier um eine Vernetzung über die verschiedenen Technologien. Wir wollen Partnerschaften über die Grenzen hinweg aufbauen. Die IHK erhält hier Gelder aus Brüssel. Ich bin hier Ansprechpartner. Auch hier kann ich mit exzellenten Beispielen aufwarten. Das Unternehmen Albnano aus Burladingen baut die kleinste Heizung der Welt. Angeblich hat sich Seat schon dafür interessiert. Ein anderes Beispiel kommt aus den Backstuben. Damit frisch gebackene Brötchen auf dem Blech nicht kleben, wird derzeit immer noch Mehl gestreut. Ein Abstandsgewirke, das beschichtet ist, erfüllt diese Funktion deutlich besser. Man muss den Mehlstaub nicht einatmen. Bei dem Projekt gibt es auch Kontakte mit einem französischen Unternehmen. Netzwerke oder Cluster sind ja nichts Neues in der Region. Die gibt es doch bisher schon. Engelhard: Selbstverständlich. Wir haben in der Region Neckar-Alb zirka 70 Textilbetriebe (über 20 Mitarbeiter) mit fast zehntausend Beschäftigten. Aber, zu einem Cluster gehören natürlich auch beispielsweise die Hersteller von Textilmaschinen, Zulieferer wie Groz-Beckert oder der Hersteller von chemischen Hilfsmitteln CHT Beitlich. Es gibt sogar Logistikunternehmen, die sich auf die Textilindustrie spezialisiert haben. Es geht also nicht nur um die Zusammenarbeit auf einer horizontalen Branchenebene, sondern auch um die bessere Vernetzung auf vertikaler Ebene. Nehme ich das alles zusammen ist der Cluster Textil mit 220 Betrieben und 15 000 Mitarbeitern einer der wichtigsten Sektoren in unserer Region. Hätten Sie das Projekt auch ohne eine Förderung durch die Landesregierung und EU durchgezogen? Engelhard: Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Mal bei den Siegern sind.. Aber – ich muss zugeben: einen Plan B hatten wir nicht. Die älteste Industrie der Welt hat mit der Region Neckar-Alb einen guten und verlässlichen Standort, In dieser Meinung fühlen wir uns bestätigt. Das Land Baden-Württemberg kann sich mit einem textilen Cluster gut schmücken. 20 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Das Herz schlägt in Bodelshausen Der Wäschespezialist Speidel stärkt sein Stammwerk und baut auf starke Tochtergesellschaften im Ausland. Erfolg hat das Unternehmen mit zeitlosen »Basics«, mit Trendkollektionen und einer Premiummarke. Von Christoph Ströhle Das geschieht auch nicht alle Tage und ist deswegen auch bemerkenswert: Die Speidel GmbH in Bodelshausen, namhafter Produzent von Damenunterwäsche, hat in den vergangenen Jahren Millionen Euro ins schwäbische Stammwerk investiert und sogar einen Teil der Zuschneiderei aus Ungarn hierher zurückgeholt. Produktionsprozesse wurden dabei optimiert, die Leistungsfähigkeit erhöht. Bei der CAD-gestützten Erstellung von Schnittlagenbildern wird nun weniger Stoff benötigt – der voll automatisierte Zuschnitt erlaubt exakteste Schnittführungen, erläutern im Gespräch mit dem GEA-Wirtschaftsmagazin Geschäftsführer Günter Speidel und Gisela Geißler. In der Abteilung Zuschneiderei, die wieder komplett hier arbeitet, sind 20 Menschen beschäftigt. In der hauseigenen Musternäherei werden seit September wieder Modenäherinnen ausgebildet. Die Stoffe für die gesamte Produktion werden zu hundert Prozent im 2009 erweiterten Bodelshausener Werk gestrickt. So gesehen muss einem um den Standort Deutschland nicht bange werden. Neue Modethemen acht Mal im Jahr In Bodelshausen schlage das Herz des Unternehmens, betont Günter Speidel. Hier entwickeln Material- und Design-Spezialisten die neuen Stoffqualitäten und Kollektionen. Hier sind außerdem das Fertigwarenlager, die Logistik, die Verwaltung und der 2007 neu eröffnete Fabrikverkauf angesiedelt. Unternehmer Günter Speidel legt Wert auf eine hohe Wertschöpfung, will, wie er sagt, »so viel wie möglich im Unternehmen selber machen«. Die Wäsche wird daher ausschließlich von hundertprozentigen Tochtergesellschaften in Ungarn und Rumänien konfektioniert. »Es bringt nur Vorteile, wenn man das selbst in die Hand nimmt«, sagt er. »Zwar ist der Aufwand größer, doch sichern wir uns den direkten Zugriff auf die Technik, die Termine und die Qualität. So können wir flexibler auf den Markt reagieren.« 60 000 bis 65 000 Wäscheteile konfektionieren die Speidel Hungária in Szombathely (die ungarische Tochter wurde 1989 eingerichtet) und die Speidel Romania in Focsani (das Werk in Rumänien besteht seit zehn Jahren) täglich. Schwerpunkt sind die sogenannten »Basics«, Lingerie-Produkte, die ganzjährig sofort ab Lager lieferbar sind. Seit 2008 werden diese zum Teil aus zertifizierter Bio-Baumwolle hergestellt. Darüber hinaus bietet Speidel acht Mal jährlich neue Modethemen und ist seit drei Jahren mit der Premiumkollektion »Sylvia Speidel – Lingerie Pure« erfolgreich am Markt. Diese Wäscheartikel sind exklusiv im Fachhandel und in Wäsche-Fachabteilungen erhältlich. »Für mich und mein Team ist jede Kollektion eine neue Herausforderung mit dem Ziel, aktuelle modische Trends mit höchstem Tragekomfort und Funktionalität zu entwickeln, und das zu einem guten Preis«, sagt Sylvia Speidel. Die Ehefrau des Geschäftsführers gibt als Chefdesignerin seit 1980 die kreative Linie vor und will mit Blick auf ihre Kundinnen vor allem eines: Wohlgefühl vermitteln. So entstand jüngst die Produktlinie »in shape«, die das Unternehmen im November auf den Markt bringt. Nachdem Anfang des Jahres die Idee geboren war, dauerte es nur drei bis vier Monate, bis Stoffe entwickelt, Modelle entworfen und produktionsreif ausgearbeitet, sowie das Marketingkonzept erstellt waren. »Die Serie wird gut ankommen«, ist sich Günter Speidel sicher und verweist auf den Shaping-Effekt der leicht modellierenden Wäsche. »So etwas gab es bisher nur in festeren Qualitäten, im Miederbereich. Bei der Wäsche ist das etwas vollkommen Neues«, sagt er. Factory-Outlet in Bodelshausen Wir bleiben auf Wachstumskurs Die Resonanz bei einschlägigen Messen, ob in Berlin oder Paris, war beachtlich, etliche der 1300 Handelskunden haben die neuen Produkte bereits bestellt. Nachdem der Fachhandel in den vergangenen Jahren stetig geschrumpft ist, sind Handelskonzerne wie Kaufhof oder Karstadt, aber auch der Versandhandel heute wichtige Abnehmer. Zwanzig Prozent der Ware gehen in den Export, überwiegend in Nachbarländer, aber auch nach Russland, Finnland, Malta oder Italien. Über die Hälfte des Absatzes machen die Basics aus, die Trendkollektionen kommen auf dreißig bis vierzig Prozent Anteil, Mieder auf rund zehn Prozent. Das 1952 von Hans und Rosa Speidel gegründete Unternehmen hat zudem auch die Finanz- und Wirtschaftskrise trotz allgemeiner Konsumflaute gar nicht zu spüren bekommen. Und auch beim Blick zurück in die Vergangenheit, als eine textile Strukturkrise der anderen folgte, bleibt das Urteil ausgesprochen positiv. Den Strukturwandel in der Branche in den 1970erJahren hat die Speidel GmbH gut überstanden – nicht zuletzt, weil sie sich auf die Herstellung von Damenunterwäsche im mittleren Preissegment spezialisierte. Mit 37 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftete das Unternehmen 2009 sogar ein leichtes Plus von drei Prozent und einen ordentlichen Überschuss. »So wie sich der Markt derzeit darstellt, werden wir auch in Zukunft unseren Bestand haben«, meint Geschäftsführer Günter Speidel, der den Betrieb gemeinsam mit seinen Geschwistern Hans-Jürgen Speidel und Gisela Geißler seit 1990 in zweiter Generation führt. Ohne Einschränkung bekennt er sich zum Produktionsstandort Bodelshausen. Insgesamt zählt das Familienunternehmen heute über 700 Beschäftigte, davon 170 im Ort. Mit den Zahlen in diesem Jahr ist der Firmenchef zufrieden. »Wir bleiben auf Wachstumskurs«, erklärt Günter Speidel, wobei er ein stetiges, nachhaltiges Wachstum meint. Das Ergebnis unterm Strich müsse stimmen – »und dass wir insgesamt stabil dastehen«. Studien der GfK attestieren dem Unternehmen seit Jahren steigende Marktanteile. Mit dem Aufbau und der Platzierung weiterer Basic-Serien bei wichtigen Abnehmern will das Unternehmen auch künftig für eine gut ausgelastete Produktion sorgen. Die innovative Entwicklung neuer Stoffe soll die Produkte im Wäschemarkt weiter festigen. »Wichtigster Faktor bleibt dabei unser Anspruch an Design und Qualität«, sagt Günter Speidel. Neue Produktlinie »in Shape« Fotos: Speidel 21 22 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Konsequent nachhaltig »Wir setzen in jedem Punkt kompromisslos auf Ökologie und Qualität«, sagt Geschäftsführer Stelzer, »das reicht von den Zutaten, die wir verwenden, bis zum Etikett und Nähgarn«. Aber auch soziale Aspekte zählen: faire Löhne, Gesundheitsvorsorge, Unfallschutz-Richtlinien – Kinderarbeit ist völlig ausgeschlossen. Das ist nur möglich, wenn der Weg der Ware vom Baumwollfeld bis zur Konfektion transparent und nachvollziehbar bleibt. Die Textilfertigung sei inzwischen sehr undurchsichtig, »da gibt es Licht und Schatten nebeneinander«, bedauert der Geschäftsführer. Er unterstreicht, »uns ist es wichtig, dass wir sauber arbeiten, und da muss man beim Rohstoff anfangen«. Elmer & Zweifel bezieht Bio-Baumwolle ausschließlich aus Ländern, die besonders hohe Standards einhalten. Indien, Syrien oder die Türkei sind aus der Lieferantenkartei gestrichen, weil sie den Anforderungen nicht gerecht wurden. Seit 2005 kaufen die Bempflinger ihre Bio-Baumwolle in Kirgistan. Der Kontakt kam durch die Kooperation mit der schweizerischen Nichtregierungs-Organisation »Helvetas« zustande, die das Öko-Projekt in dem zentralasiatischen Land initiierte. »Wir kaufen den Bauern dort praktisch ihre gesamte Produktion ab – das waren allein im vergangenen Jahr rund 85 Tonnen«, betont der Geschäftsführer. Die Baumwollspinnerei und Weberei Elmer & Zweifel hat sich auf Bio-Textilien spezialisiert. Der Rohstoff kommt zum Großteil aus Kirgistan, wo vor fünf Jahren ein Projekt für den Anbau von Bio-Baumwolle startete. Von Joachim Baier Rückgriff auf 155-jähriges Wissen Eines der höchstgelegenen Baumwoll-Anbaugebiete der Erde liegt im Dreiländereck zwischen Kirgistan, Usbekistan und Tadschikistan. Im relativ milden Klima des Ferghana-Tals wird seit Jahrtausenden intensiv Landwirtschaft betrieben. Der Fluss Syrdarja macht die weite Ebene fruchtbar. Im Jahr 1995 startete im kirgisischen Teil des Tals ein ökologisches Landwirtschaftsprojekt, dem sich mittlerweile mehr als 650 Bauern angeschlossen haben. Sie produzieren Bio-Baumwolle nach zertifizierten Standards, in diesem Jahr rund 150 Tonnen. Die Ware geht fast ausschließlich nach Bempflingen, importiert von der Baumwollspinnerei und Weberei Elmer & Zweifel. Das Traditionsunternehmen setzt seit 15 Jahren auf ökologisch nachhaltige Textilproduktion. Verbraucher setzen auf Öko-Prädikate Immer mehr Verbraucher verlangen Textilien, die frei von chemischen Zusätzen hergestellt sind. Und auch der Bedarf an Rohstoffen mit Öko-Prädikat steigt. Bio-Baumwolle erlebt seit einigen Jahren einen Boom: Zu Beginn der 1990er-Jahre wurden weltweit etwa 2 000 Tonnen jährlich produziert. Zehn Jahre später waren es knapp 7 000 Tonnen. Nach Schätzung der USOrganisation »Organic Excange« (OE) lag die Gesamtproduktion im vergangenen Jahr bereits bei über 175 000 Tonnen. Der Handel habe in 2009 weltweit 4,3 Milliarden US-Dollar mit Textilien aus Bio-Baumwolle umgesetzt, informiert die OE. Die Experten glauben, dass der Markt für den textilen Rohstoff in den kommenden Jahren zwischen 20 und 40 Prozent wächst. Die Firma Elmer & Zweifel setzt seit 1995 auf die Verarbeitung von BioBaumwolle. Zunächst wurden Bettwäsche, Handtücher oder Babypflege-Artikel hergestellt. »Wir wollten erst einmal Erfahrungen sammeln, um später richtig ins Geschäft zu kommen«, erläutert Geschäftsführer Roland Stelzer. Nach der Testphase kam 2003 die erste eigene Kollektion »Cotonea« auf den Markt, die inzwischen ein Viertel des Gesamtumsatzes abdeckt. Die Textilien sind zu 100 Prozent aus Bio-Baumwolle hergestellt und zum Großteil mit dem »Best«-Zertifikat des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft (IVN) ausgezeichnet. »Das sind die strengsten Richtlinien weltweit«, betont Stelzer. »Die Bio-Baumwolle ist ein knappes Gut«, stellt Johannes Brenner fest, Vertriebsleiter bei Elmer & Zweifel. Das Unternehmen verbindet mit dem Engagement für Bio-Textilien auch ein konsequentes Nachhaltigkeits-Konzept. Für Brenner, der aus Bio-Baumwolle niemals einen Wegwerfartikel herstellen würde, setzt Nachhaltigkeit eine hohe Qualität voraus, damit die Produkte eine möglichst lange Lebensdauer haben. Roland Stelzer Elmer & Zweifel verarbeitet zwischen 200 und 250 Tonnen Bio-Baumwolle pro Jahr, rund 55 Prozent des Umsatzes werden mit ökologischen Textilien erwirtschaftet. Das Unternehmen ist international aufgestellt, der Exportanteil liegt bei 20 Prozent. Überwiegend wird aber nach Deutschland sowie in europäische Länder geliefert. Zum Spektrum gehören neben BioTextilien auch Erzeugnisse für die industrielle Anwendung, beispielsweise Gewebe für Poliertücher oder textile Trägerschichten für Klebebänder. Weiterhin produziert das Unternehmen Textilien für die Medizin, etwa Gaze für Kompressen und Tupfer, außerdem Windeln oder Bettunterlagen für den Pflegebereich sowie Säcke, Schnüre oder Rebgaze für Landwirtschaft und Gemüsebau. An dem Öko-Projekt in Kirgistan beteiligen sich mittlerweile mehr als 650 Bauern. Ihre Zahl nehme ständig zu, ist Stelzer zufrieden. In diesem Jahr sollen bereits 150 Tonnen Bio-Baumwolle produziert werden. 2007 besuchte der Geschäftsführer erstmals die Region, um mehr über die Bedingungen vor Ort zu erfahren. Er sprach mit rund 60 Landwirten und empfand die Menschen als sehr herzlich, neugierig und offen. »Die Bauern haben in aller Regel relativ kleine Höfe, im Schnitt kaum ein Hektar groß«, schildert der Textilunternehmer die Verhältnisse. Elmer & Zweifel blickt auf 155-jähriges Wissen in der Baumwoll-Verarbeitung zurück. Die Bauern in Kirgistan sollen von dem Know-how der Bempflinger profitieren und dadurch ihre Anbau- und Erntemethoden kontinuierlich verbessern. Allerdings hat Stelzer die Behörden in Kirgistan als ausgesprochen schwerfällig erlebt. Es sei nicht einfach, die bürokratischen Hürden etwa beim Export zu überwinden. Und er bedauert, »die Startvoraussetzungen für die Menschen sind dort einfach schwierig«. Dennoch hält der Unternehmer am Projekt fest – solange die Qualität der Bio-Baumwolle stimmt. Die Zusammenarbeit soll den Landwirten auch Mut machen und Perspektiven eröffnen. Elmer & Zweifel wurde im Jahr 1855 gegründet. Von Beginn an stand die Baumwollspinnerei und Weberei für eine soziale und nachhaltige Wirtschaftsweise. In dieser Tradition sieht sich der jetzige Firmenchef Roland Stelzer, der ein Nachkomme der Familie Elmer ist. Gelebtes ökologisches Bewusstsein drückt sich auch am Standort Bempflingen aus, wo Energie mit Wasserkraftwerk und Solaranlage erzeugt wird. Das Firmengelände, das ein Wasserturm aus dem Jahr 1907 schmückt, ist in den vergangenen 50 Jahren zum Biotop gewachsen: Naturbelassene Streuobstwiesen. Feuchtgebiete für Frösche und Reptilien. Mittendrin ein schönes Factory-Outlet, in dem der Endkunde Biotextilien unter der Marke »Vivena« kaufen kann. Wasserturm auf dem Firmengelände Baumwollpflückerinnen in Kirgistan Factory-Outlet in Bempflingen Fotos: Gerlinde Trinkhaus/AG 23 24 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Systemhaus für Sonnenkraft auch in Deutschland noch einen höheren Marktanteil holen können«, sagt Günter Haug. Dieser Anteil liegt derzeit bei ein bis zwei Prozent. Der Aufbau eines Vertriebsbüros in Nordostdeutschland soll für mehr Präsenz in der Fläche sorgen. Bislang ist das Unternehmen vor allem in Süddeutschland und in Nordrhein-Westfalen stark. Die Exportquote ins benachbarte Ausland liegt bei zehn Prozent. Mit jährlichen Wachstumsraten von 30 bis 80 Prozent hat die MHH Solartechnik GmbH ihren Umsatz zuletzt kontinuierlich nach oben geschraubt. Der Tübinger Politik unterschätzt erneuerbare Energien Firmensitz wird zur internationalen Drehscheibe für den Handel mit Photovoltaikanlagen ausgebaut. Von Christoph Ströhle Als die MHH Solartechnik GmbH vor neunzehn Jahren gegründet wurde, war an den Handel mit Photovoltaikanlagen noch nicht zu denken. »Es gab einige wenige Idealisten, die sich für viel Geld damals und wenig finanziellen Nutzen in Form einer Einspeisevergütung solche Anlagen auf die Dächer bauten«, sagt Günter Haug, Geschäftsführer des Tübinger Großhandelsunternehmens, das seit 1991 Solartechnik installierte. »Erst mit dem Hunderttausend-DächerProgramm und dem Erneuerbare-EnergienGesetz im Jahr 2000 kam Schwung in die Bran- Günter Haug Kreuzeiche-Stadion mit MHH-Solardach Fotos: MHH che.« Zahlreiche kleinere Anlagen und auch Vorzeigeprojekte wie die 2002 in Betrieb genommene Photovoltaikanlage auf dem Dach des Reutlinger Kreuzeiche-Stadions – damals eine der größten Anlagen dieser Art in Baden-Württemberg – realisierte das Unternehmen in diesen Jahren. Die Sonnenkraft-Pioniere der MHH blieben der Solartechnik treu, verlegten sich allerdings – vor dem Hintergrund rasant steigender Umsätze – 2006 ganz auf den Handel mit Modulen beziehungsweise Systemkomponenten. »Als Systemhaus sind wir heute Partner für das Fachhandwerk«, sagt Haug, der seit zehn Jahren die Geschäfte im Unternehmen führt. Als einer der größten Anbieter in Deutschland hat MHH 2009 Solarstromanlagen mit einer Leistung von fast 60 Megawatt an ihre Kunden ausgeliefert. Mit der Strommenge aus dieser Anlagenleistung, sagt Haug, könnte man rechnerisch alle Tübinger Privathaushalte komplett solar versorgen. Die fast 100 Mitarbeiter, die MHH vorwiegend am Firmensitz in Tübingen beschäftigt, haben im vergangenen Jahr rund 168 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Für 2010 wird mit rund 200 Millionen Euro Umsatz gerechnet. Vertriebsteams mit insgesamt 24 Beschäftigten arbeiten in München, Nürnberg und Duisburg. Seit 2008 verfügt das Unternehmen zudem über eine französische Niederlassung in Toulouse. »Unser Ziel ist es, ein Netzwerk von Großhändlern aufzubauen«, sagt Günter Haug. »Bis in zwei Jahren wollen wir in allen maßgeblichen Photovoltaikmärkten Europas präsent sein.« Der- zeit laufen Vorbereitungen für den Einstieg in den italienischen und den britischen Markt. Als künftige Zentrale und Drehscheibe eines solchen Netzwerks werde auch der Standort Tübingen von dieser Expansion profitieren, erklärt der Geschäftsführer und stellt für Anfang kommenden Jahres bereits erste Neueinstellungen dort in Aussicht, »vor allem im Vertrieb und im Marketing«. Expansion in der Neckaraue Da der Firmensitz in Tübingen-Lustnau zu klein ist, hat MHH das freigewordene Produktions- und Verwaltungsgebäude des Automobilzulieferers Modine im Tübinger Gewerbegebiet Neckaraue übernommen und bündelt dort zum Jahresbeginn 2011 seine Kräfte. So wird unter anderem auch das Lager in Dußlingen dorthin umziehen. In Verhandlungen mit der Stadt Tübingen hat sich das Unternehmen zudem eine Kaufoption für das angrenzende Grundstück an der Bundesstraße 27 gesichert. »So können wir das Gebäude bei Bedarf erweitern«, sagt Haug. Die Weichen im Unternehmen, das seit zehn Jahren profitabel ist, sind also auf Wachstum und Expansion gestellt. Starker Partner im Rücken ist dabei der BayWa-Konzern, der die MHH Solartechnik im Januar 2010 als hundertprozentige Tochter übernommen hat. Der Konzern will mit erneuerbaren Energien mittelfristig eine Milliarde Euro Umsatz machen. »Wir denken, dass wir Haug legt Wert darauf, die Fachhandwerker, die das Unternehmen beliefert, umfassend zu beraten: über die Produkte, die, wie er sagt, ausschließlich Qualitätsprodukte sind und von führenden Markenherstellern stammen (darunter die deutsche Schott Solar, die japanischen Konzerne Mitsubishi und Kyocera, Hyundai aus Korea und die norwegische REC). Außerdem greift die MHH in ihrem zwei Mal jährlich aufgelegten Seminarprogramm grundsätzliche Themen auf, geht auf Planung, Finanzierungs- und Versicherungsfragen ein, erörtert Gesetzesneuerungen, Verkaufs- und Wirtschaftlichkeitsaspekte. Das so vermittelte Know-how komme letztlich auch den Endkunden zugute, meint Haug – also Eigentümern von Einfamilienhäusern, an die die MHH über das Fachhandwerk knapp jede zweite Photovoltaikanlage ausliefert, Landwirten, die meist besonders große Flächen zur Verfügung haben, sowie Gewerbe- und Industriebetrieben. Die Montagesysteme, die MHH selbst entwickelt, gehen vorkonfektioniert an die Kunden raus, sodass der Installateur für die Dachmontage der Module weniger Zeit braucht. »Die Fachhandwerker sehen das positiv. Dass Zeit und Kosten gespart werden können, ist für sie ein gutes Verkaufsargument«, sagt MHH-Marketingleiterin Tanja Senghas. Und weil sich das exklusiv vertriebene Montagesystem MHHnovotegra auf Schrägdächern bestens bewährt hat, arbeiten die Entwickler im Unternehmen mit Hochdruck daran, die Produktlinie auf Flachdächer auszuweiten. Sämtliche Komponenten werden in Deutschland hergestellt. In den Reutlinger Werkstätten der Bruderhaus-Diakonie sichern die Fertigung von Gleichstrom-Hauptschaltern und die Vorkonfektionierung von Einzelteilen des Montagesystems Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. An die saisonalen Schwankungen, die das Geschäft mit der Sonnentechnik mit sich bringt, haben sich Haug und seine Mitarbeiter längst gewöhnt. Jeweils zum Jahresanfang wird die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz gekürzt. Das führt dazu, dass die Nachfrage nach Modulen zum Jahresende meist sprunghaft ansteigt, während im ersten Quartal mit niedrigerer Einspeisevergütung und widrigen Wetterverhältnissen die Umsätze einbrechen. »Das ist eine Schwierigkeit für die ganze Branche«, sagt Haug. Im ersten Fall kann das verfügbare Material schon mal knapp werden, im anderen kommt es zu Preisdruck und schwierigen Konkurrenzverhältnissen. Die Sonderdegression zum 1. Juli 2010 hat zusätzlich Unruhe in die Branche gebracht. Trotz stabiler Geschäftsbeziehungen und fester Lieferkontingente konnte das Tübinger Unternehmen nicht jeden Kundenwunsch befriedigen. »Wir spielen da gegenüber unseren Kunden mit offenen Karten«, sagt Haug. »Wenn wir keine Chance sehen, das Material zum gewünschten Termin zu liefern, sagen wir es lieber gleich. Dann hat der Kunde immer noch die Möglichkeit, es vielleicht woanders zu besorgen.« »Faktisch gebremst« sieht Haug die noch junge Solarbranche durch die beschlossene Laufzeitverlängerung für Atommeiler und das Energiekonzept der Bundesregierung. »Da wird ein klarer Konfrontationskurs in Richtung der erneuerbaren Energien gefahren«, kritisiert er. »Das Potenzial und die Geschwindigkeit, mit der die erneuerbaren Energien eingeführt werden können, werden von der Politik immer noch unterschätzt oder kleingeredet.« Haug verweist darauf, dass an einzelnen Werktagen im Sommer schon jetzt 15 Prozent der erzeugten Strommenge in Baden-Württemberg von Photovoltaikanlagen stammen, an Wochenenden sogar bis zu 20 Prozent. Installation ... der Solarmodule MHH-Fachseminar 25 26 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Kompetenz durch Tradition schungsprojekten bei uns Tradition«, betont Larsen-Mattes. Neben der Zusammenarbeit mit dem ITV Denkendorf und dem Forschungsinstitut Hohenstein sitzt auch die Technische Universität Stuttgart im Boot. Die Firma »Mattes & Ammann« ist ein Traditionsunternehmen. Seit 60 Jahren fertigt der Betrieb auf der Schwäbischen Alb Maschenstoffe und ist bis heute ein Familienbetrieb. 37 Jahre lang führte Klara Mattes das Unternehmen, das sie nach dem Tod ihres Vaters und seines Kompagnons übernommen hatte. 1982 kam ihr Sohn in die Firma, Christoph Larsen-Mattes, dem sie fünf Jahre später die Geschäfte überließ. Über der schweren Eingangstür des Fachwerkbaus thronen die beiden Wappen der Familien Mattes und Ammann, die die Firma 1951 gründeten. Natürlich hat das Unternehmen das Angebot über die Jahre stark ausgearbeitet. Schon in den 70ern begann Klara Mattes, technische Textilien zu produzieren. »Damit hat sie die Firma auf das Gleis der Zukunft gesetzt«, sagt Larsen-Mattes rückblickend. Christoph Larsen-Mattes ist der Chef der Mattes & Ammann GmbH & Co. KG. Zudem steht er dem baden-württembergischen Netzwerk Allianz Faserbasierter Werkstoffe vor. »Man darf kein Gefangener eigener Gedanken sein«, sagt er. Von Carina Stefak »Früher bin ich rausgegangen und habe verkündet: ›Mein Name ist Mattes, ich habe schöne Stoffe‹. Heute kommen die Leute zu uns«, sagt Christoph Larsen-Mattes, geschäftsführender Gesellschafter der Mattes & Ammann GmbH & Co. KG (Messstetten-Tieringen). »Wir sind Anlaufstelle am Markt«, da legt der Unternehmer großen Wert darauf. Natürlich habe es Jahre gedauert, die Produktion zu dem zu machen, was sie heute ist. »Mit den Kunden zu entwickeln ist die beste Art, ein Produkt zu machen. Dazu muss er aber das Ziel im Auge haben«, findet Larsen-Mattes. Leider höre man oft nur ein simples »macht mal«. Mit solchen ungenauen Anweisungen ist wenig anzufangen. Man investiert Zeit, Manpower und nicht zuletzt Geld – aber vielleicht umsonst. Heute arbeite man mehr zusammen, vernetzte sich – immer mit dem Ziel, effizienter und somit erfolgreicher zu arbeiten. Nach außen sichtbar wird dies in den verschiedensten Clustern, die es in Baden-Württemberg und in der Region Neckar-Alb gibt. Beispielsweise ist der Unternehmer nicht nur Mitglied im Cluster-Netzwerk »Allianz faserbasierter Werkstoffe«, sondern auch dessen Vorsitzender. Das Netzwerk arbeitet eng mit dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf und dem Forschungsinstitut Hohenstein zusammen. Wenn Institutionen aus Forschung, Lehre und Industrie sich zusammenschließen, trägt das in der Regel die besten Früchte. Vorteil des Clusters ist für Christoph LarsenMattes die sogenannte Vertikalisierung: »Wenn Christoph Larsen-Mattes und Werner Moser Mitarbeiterin in Forschungslabor »Der Markt in Europa ist uns genug« Mitarbeiter an einer Rundstrickmaschine Sie immer in Ihrer eigenen Welt leben, dann sind Sie auch ein Gefangener Ihrer Gedanken«, veranschaulicht er. »Die Vertikalisierung macht andere Welten zugänglich.« Gemeint sind Einblicke in die Arbeitsabläufe anderer Unternehmen, die das eigene beliefern oder die das eigene Produkt weiterverarbeiten. »Dabei ist mir der persönliche Kontakt sehr wichtig. Denn wenn sich Menschen treffen, die einen artverwandten Gedankengang haben, »kann das nur positiv sein«. In einem Cluster bemühe man sich um eine Sache, bei der man gemeinsam sicher sei, was man erreichen möchte. Einer muss wissen, was der andere tut Werner Moser, Prokurist und Verkaufsdirektor, konkretisiert anhand zweier Projekte, welche Entwicklungen Cluster-Themen sein können. »Oft gibt es ein Schnittstellenproblem: Wir beziehen Garne von einem Hersteller. Auf seinem Weg durch die Produktionskette wird es mit verschiedenen Mitteln präpariert – damit es sich leichter spinnen lässt, damit es besser auf der Maschine läuft.« Der Veredler wäscht das Garn. Dafür muss er genau wissen, »was er runterwaschen soll«. Stichwort Schnittstelle: Einer muss wissen, was der andere tut und wenn ein Glied in Fotos: Mattes & Amann der Kette seine Arbeitsabläufe optimiert, dann muss der Nächste davon erfahren. Denn der Kunde will am Ende ein präparationsfreies, sauberes Textil – aber dafür brauchen wir die gesamte Lieferkette. Wenn es sein muss, bis nach Asien, wo die Biobaumwolle herkommt.« Garnhersteller, Veredler und Vermascher – alle haben ein großes Know-how. Aber eben nur auf ihrem jeweiligen Gebiet. »Und wenn man nicht miteinander spricht, funktioniert überhaupt nichts.« Ein weiteres Cluster-Projekt wäre eine Entwicklung, die »Mattes & Ammann« im Zuge eines Forschungsprojekts mit dem IVT in Denkendorf gemacht hat: die elektromagnetische Abschirmung von Schlafzimmern. »Dazu gehört von der Matratze über die Bettdecke bis hin zum Schlafanzug alles«, zählt Moser auf. »Wir haben mit einem Kunden einen besonderen Matratzenstoff kreiert und dafür ein spezielles Garn entwickelt: silberummanteltes Polyamid. Gut vermascht wirkt der Stoff dann wie eine Art faradayscher Käfig und schirmt gegen elektromagnetische Strahlung ab. Nicht immer führt eine Entwicklung oder Forschungsarbeit wie diese direkt zu einem neuen Produkt und jeder Menge Aufträge, mit denen sich Geld verdienen lässt. Aber oft resultiert aus der Auseinandersetzung mit einer Aufgabe und dem dadurch angeeigneten Wissen etwas Neues, das durchaus ankommt am Markt. So war es auch mit dem silberummantelten Polyamid, das zwar »ein tolles Produkt«, aber auch sehr kostspielig ist. »Deshalb haben wir die Faser weiterentwickelt«, sagt Moser – »und eine ganz neue kreiert: einen Baumwollsilberfaden. Diesen könne man gut im Matratzenstoff verarbeiten, weil Silber überdies antibakteriellen Schutz verspricht, auf rein natürlicher Basis. Das ist beispielsweise wichtig für Menschen, die unter Neurodermitis leiden. »Durch unser neu erworbenes Know-how haben wir letztlich ein Produkt entwickelt, das sich doch noch verkaufen lässt«, erklärt Moser. Manchmal kommt der Erfolg also später, aber er kommt. Damit das so bleibt, ist man stets am Puls der Zeit. Dazulernen und immer noch ein bisschen mehr Kompetenz erlangen, lautet die Devise. Auch deshalb ist »die Beteiligung an ForFirmensitz in Tieringen Die Kundenliste von »Mattes & Ammann« ist lang. Sitzbezüge in den ICEs, Innenverkleidungen der C-Klasse, eines Baufahrzeugs, einer Yacht oder sogar eines Mähdreschers – die unterschiedlichsten Branchen sind vertreten. Und wie steht’s aktuell um die Geschäfte? »Wir haben im September diesen Jahres die höchste Produktionsmenge erreicht, seit es diese Firma gibt«, verkündet Christoph Larsen-Mattes stolz. »Und das schon im Folgejahr der Krise!« Vorher hat die Firma jährlich 60 Millionen Euro umgesetzt. 2009 waren es 45 Millionen. Für 2010 wird ein Umsatz von 55 bis 60 Millionen Euro erwartet. Das Unternehmen mit 275 Mitarbeitern produziert im Jahr 40 Millionen Quadratmeter Stoff, den sie unter anderem in Länder liefert, aus denen der Rest der Welt Textilien bezieht: China und Indien. Wo will dieses Unternehmen noch hin? Larsen-Mattes bleibt bescheiden: »Wir wollen nicht globalisieren, wollen nur Europa. Das ist uns genug.« Mattes & Amann liefert Sitzbezüge für den ICE 27 28 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Sassa setzt auf »Shop-in-Shop« Lange Jahre lieferte die Sassa Mode GmbH in Bad Urach ihre Wäsche und Miederwaren anonym an den Bekleidungsfachhandel und Warenhäuser. Seit zwei Jahren vermarktet das Unternehmen seine Kollektionen unter der Marke Sassa. Mit Erfolg. Von Elisabeth Weidling »In den ersten zwanzig Jahren unserer Unternehmensgeschichte wusste kaum eine Kundin, dass die Miederwaren und Wäsche, die sie kaufte, von Sassa kommt«, erklärt Jochen Röhrer, einer der beiden Geschäftsführer der Sassa Mode GmbH. Sein Vater gründete 1989 den Wäschespezialisten in Bad Urach. »Wir waren ein im Handel anerkannter, aber für die Endverbraucherin namenloser Lieferant.« Das ändert sich momentan. Zunehmend rückt die Bad Uracher Firma ihre eigene Handschrift in den Fokus. Vor zwei Jahren ging sie mit dem Label Sassa auf den Markt. Das soll nun bekannter werden durch eigene Sassa-Verkaufsflächen im Einzelhandel, sogenannten Shop-inShops. Bereits 30 Shops betreibt Sassa deutschlandweit. Hintergrund des Konzepts der Shop-in-Shops ist die Entwicklung im Textileinzelhandel. Der Wettbewerb hat sich verschärft, insbesondere Discounter beziehen ihre Billigware zu Dumpingpreisen. Weil Miederwaren ein technisch aufwendiges Produkt sind, war die Wäschebranche bisher davon nicht so stark betroffen. Doch das hat sich geändert, erklärt Jochen Röhrer. »Es wird deswegen wichtiger, profiliert mit eigenem Label am Markt agieren zu können«, stellt er fest. Das Design von Sassa spricht eine große Bandbreite von Verbraucherinnen an. Der Showroom in Bad Urach zeigt das ganze Spektrum: Von eleganten Spitzen-BHs über modische Blumenmuster auf hochwertigen Stoffen bis hin zu unifarbenen Basics für jeden Tag oder funktionellen Miedern. Die Kundin erhält eine hohe Qualität zu einem günstigen Preis von zumeist maximal 20 Euro. Außerdem sind viele der BHs auch in größeren Cups erhältlich – offensichtlich ein Manko zahlreicher anderer Marken. Rudolf Röhrer setzte Maßstäbe Gemeinsam mit Alex Kerschbaumer hat Jochen Röhrer die Geschäftsführung inne. Sein 72jähriger Vater, Rudolf Röhrer, sitzt noch im Aufsichtsrat und ist Gesellschafter. Vor seinem Unternehmergeist hat der Sohn Respekt. »Er ist damals wirklich ein großes Risiko eingegangen. Im Alter von 50 Jahren hat mein Vater seinen gesamten Besitz verpfändet, um eine eigene Firma hochzuziehen.« Als Prokurist und Einkäufer in der Miederwarenbranche brachte er das nötige Know-how mit. Tag und Nacht arbeitete Rudolf Röhrer für seine Firma, die er nach seiner Tochter benannt hat. Sein Einsatz zahlte sich aus. Heute Designerinnen bei der Arbeit Von links: Alexander Kerschbaumer, Joachim Schölpple, Jochen Röhrer und Guido Wirtz gehört Sassa zu den Top 20 der europäischen Miederwaren-Anbieter und ist bei bedeutenden Kunden vertreten. Zu den größten zählen Karstadt, Otto, C&A und Metro. Regional bedeutende Kunden sind zum Beispiel die Modehäuser Zinser und Breuninger. Seit seiner Gründung ist das Unternehmen gewachsen – auch international. In neun europäischen Ländern sind Vertriebstochterfirmen entstanden. Weltweit verkauft die Sassa-Gruppe 13 Millionen Teile im Jahr. Das Krisenjahr 2009 habe die Firma »ohne Kurzarbeit, Entlassungen oder sonstige Einschnitte überstanden«. Der Umsatz sei auf dem Niveau von 2008 geblieben. Für 2010 erwartet Jochen Röhrer ein Plus, da der Konsum merklich anziehe und die Auftragseingänge vielversprechend seien. In Bad Urach entwerfen vier Designerinnen Kollektionen, machen Schnitte, verbessern Passformen. Sie gehören zu den 70 Mitarbeitern, die im deutschen Hauptquartier beschäftigt sind, drei davon Auszubildende. Die Hierarchien sind flach, Teamarbeit wird großgeschrieben. Die Sassa Mode GmbH ist in einem imposanten Gebäude untergebracht, das fünf Mal durch Anbauten vergrößert wurde. Auf 8 000 Quadratmetern befinden sich neben dem Design auch Management, Vertrieb, Verwaltung, Logistik und das Lager. Lager und Vertrieb bilden das Herz der Firma. Bei Sassa lautet die Devise: »Never out of stock« – niemals Nullbestand. Der UnterwäscheSpezialist kann schnell auf Nachfrage reagieren. Vor allem weniger modische Artikel sind in großem Umfang vorrätig. Die Sassa Mode GmbH ist ein »Produzent ohne Produktion«. Wie bei Miederwaren üblich liegen die Fertigungsstätten in Fernost. »Mit unseren Produktionspartnern in China und Indonesien arbeiten wir bereits seit Jahrzehnten zusammen. Wir setzen auf Nachhaltigkeit, nicht auf Dumping-Preise«, unterstreicht Alex Kerschbaumer. Schnelle Reaktion auf die Nachfrage Der Zukunft des Unternehmens sehen die beiden Geschäftsführer Jochen Röhrer und Alex Kerschbaumer optimistisch entgegen. »Wir gehen davon aus, dass die aggressiven Billiganbieter ihre Wachstumsgrenze erreicht haben. Die Stunde für eine erfolgreiche Vermarktung unseres Labels hat geschlagen.« Die Abverkaufszahlen der Sassa Shop-in-Shops bestätigten, dass der eingeschlagene Kurs richtig sei, bemerkt Verkaufsleiter Guido Wirtz. Er ist gleichzeitig Pressesprecher des Unternehmens. »Wir leben in Präsentation in Bad Urach 29 einem digitalen Zeitalter«, ergänzt er. Im Bekleidungshandel würden Online-Geschäfte immer wichtiger, auch weil die Zahl der Einzelhändler sinke. »Nicht Bücher, nicht CDs, nicht Musikdownloads sind der größte Markt im Internet, sondern Textilien.« Auch Sassa ist im Internet bei Amazon erhältlich. Wichtig sei die schnelle Reaktion auf die Kundenwünsche. Immer noch wolle die Kundin Unterbekleidung auch weiter direkt sinnlich erfahren, ist Guido Wirtz überzeugt. Bis Ende nächsten Jahres sollen deswegen 50 weitere Shop-in-Shops von Sassa bundesweit eröffnen. Die Marke Sassa erobert den Bekleidungshandel. Fotos: Gerlinde Trinkhaus/Sassa 30 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Der Erfolg begann mit einem Versprechen In einem hart umkämpften Marktsegment erfolgreich zu sein, ist ein schwieriges Unterfangen. Man begegnet Konkurrenz, Vorurteilen, hohen Ansprüchen und zeitweise auch erschwerenden, wirtschaftlichen Bedingungen. Die Solcom Unternehmensberatung GmbH, Projektdienstleister aus Reutlingen, hat sich dieser Aufgabe gestellt und sie gemeistert. Von Katharina Salanga 1994 als Einzelunternehmen von dem heute geschäftsführenden Gesellschafter Dipl.-Kfm. Thomas Müller gegründet und 1997 im Zuge der Professionalisierung in die Rechtsform der GmbH umfirmiert, setzte sich das Unternehmen von Beginn an als Ziel, sich von der Masse abzuheben: Das Geschäftsmodell implizierte hohe Servicequalität, kein Binden an Fixkosten oder Angestelltenverhältnisse, sondern vielmehr die Vision, IT-Dienstleistungen durch hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte für jede Position, jede Technologie, jede Branche und im Vergleich zum Marktumfeld zu extrem niedrigen Kosten anzubieten. Die Vision kam an und so konnten mit namhaften Konzernen wie der Daimler AG oder der Metallgesellschaft AG von Anfang an attraktive Kunden für die Dienstleistung der »externen Projektunterstützung« gewonnen werden. Schritt für Schritt arbeitete man an einem kontinuierlichen Auf- und Ausbau sowohl der technischen Werkzeuge, die die tägliche Arbeit unterstützen und professionalisieren sollten, als auch der einzelnen Abteilungen und Managementebenen. Durch diese Maßnahmen erzielte das Unternehmen nicht nur eine Verbesserung im Hinblick auf Produktivität und Effizienz, sondern schuf in gleichem Maße eine Vielzahl an Arbeitsplätzen u. a. in den Bereichen Backoffice, Recht, Vertrieb, Marketing und Personal. Und heute? Im Jahre 2010 ist Solcom laut der Lünendonk-Marktsegmentstudie einer der zehn führenden Dienstleister in Deutschland für die Vermittlung von externen Spezialisten, agiert an mehr als 50 Projektstandorten in über 25 Ländern und erwirtschaftet im Jahr 2010 einen Jahresumsatz von circa 40 Mio. €, wobei die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des Unternehmens bei über 30 Prozent liegt. Zum Portfolio gehört neben der externen Projektunterstützung vorwiegend im 'State of the Art' Technologiesegment – also die Unterstützung der kundenseitigen Entwicklungsabteilungen im Bereich der absoluten Hochtechnologie – mittlerweile ebenso auch der Geschäftszweig des Third Party Managements. Diese neu erschlossene Dienstleistung bietet dem Kunden die Option, die Konsolidierung, Beschaffung und Steuerung externer Mitarbeiter und geringvolumiger Lieferanten in die Hände eines spezialisierten, externen Anbieters zu geben, um auf diesem Wege flexibel auf Herausforderungen des Lieferantenmanagements reagieren zu können sowie nachhaltig Kosten zu senken. Eine weitere erfolgreiche Entwicklung verdeutlicht der repräsentative Kundenstamm, zu welchem sich renommierte Unternehmen wie Alstom, Audi, BASF, Bertelsmann, Hugo Boss, Commerzbank, EnBW, SAP, Siemens, Vattenfall und viele weitere zählen lassen. Geschwindigkeit, Präzision und Marktübersicht Dass diese Differenzierungsstrategie auch im daily business Bestand hat, verdeutlicht Thomas Müller im Gespräch über sein Unternehmen. »Eine unserer zahlreichen Bewährungsproben bestand in einer Projektanfrage, welche komplexe Datenbanktechnologie innerhalb eines Mobilfunkprojektes zum Gegenstand hatte. Der Haken daran: Der Starttermin wurde auf binnen der nächsten 15 Stunden angesetzt, ansonsten würde das gesamte Projekt kippen.« 31 Thomas Müller, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, setzte sich von Beginn an das Ziel, sich von der Masse abzuheben Hinsichtlich der bei Solcom definierten Zielvorgabe, dass spätestens 48 Stunden nach Kundenanfrage die ersten passenden Kandidaten angeboten werden, ist es notwendig, diese Werte mit Leben zu füllen. Gepunktet wird hierbei jedoch nicht nur mit Geschwindigkeit, sondern auch mit einem hohen qualitativen Anspruch. Solcom hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte ausschließlich mit exakt dem Experten zu besetzen, welcher zu einhundert Prozent die Anforderungen des Kunden erfüllt. »Aufgrund der extremen Schnelllebigkeit im Bereich der Informationstechnik ist es sogar für Großkonzerne sehr schwierig, in allen Themen ausreichendes Wissen in den internen ITAbteilungen vorzuhalten – vor allem bei neuen Technologien, zu deren Einsatz Unternehmen oft vom Markt gezwungen werden, da z. B. der Support für die alte Infrastruktur nicht mehr gewährleistet wird oder die Kompatibilität mit anderen Technologien innerhalb einer hochkomplexen IT-Umgebung nicht mehr gegeben ist. Hier besteht die Problematik darin, Spezialisten zu finden, welche sich bereits bis in die Tiefe damit auseinandergesetzt haben und genau an diesem Punkt kommt unsere Dienstleistung zum Einsatz«, so Müller. Solcom besetzt mit Experten »Ein weiteres Szenario, bei welchem wir Hilfestellung leisten können, ist der Fall, dass bei einem Kunden lediglich temporäres Know-how erforderlich ist: Es gibt eine Vielzahl von Situationen, in denen ein Unternehmen für kurze Zeit einen erhöhten Bedarf an externen Spezialisten hat. Dies kann zum Beispiel eintreten, wenn eine neue Software eingeführt wird oder eine große Anzahl an Mitarbeitern in einer neuen Technologie geschult werden soll.« Diese hochqualifizierten Mitarbeiter stellt Solcom den Unternehmen kurzfristig zur Verfügung. Die Einhaltung eines solchen Versprechens erfordert ein reibungsloses Zusammenspiel aller Fachabteilungen, fundiertes Wissen über die sich beständig ändernden Gegebenheiten des IT-Marktes und vor allem bedeutet dies, sich auch Herausforderungen immer wieder zu stellen. »Auch wenn wir in den letzten Jahren zahlreiche Erfolge in verschiedenster Hinsicht erzielen konnten, so wollen wir uns darauf nicht ausruhen. Sowohl fachlich als auch persönlich beständig zu wachsen, ist bei uns oberster Grundsatz.« Tor zur Wirtschaft: Solcom unterstützt Unternehmen weltweit durch hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte Fotos: Solcom Und wie ging die zeitkritische Anfrage aus? »Wir konnten erfolgreich besetzen«, lächelt Müller, »im geforderten Zeitrahmen.« 32 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Textiles Know-how von der Faser bis zum Handel zester Zeit zum Stillstand bringen sollen. Bei dem Forschungsprojekt wird zudem geklärt, inwieweit die Eigenschaften des Oberstoffs, einer Zwischenmembran und eines Innenfutters oder die chemische Ausrüstung der verwendeten Garne die vorzeitige Alterung des Materials verhindern können. »Wir wollen ein neues, sichereres Produkt entwickeln«, betont die Fakultätsleiterin. Von der Kooperation profitieren alle: Die Unternehmen durch ein neues Produkt, die Hochschule durch Drittmittel, mit denen Mitarbeiter bezahlt und neue Geräte angeschafft werden können, und nicht zuletzt auch die Studenten. »Solche Projekte sind im Hinblick auf unsere MasterProgramme wichtig, denn die Studierenden sollen in die Forschung eingebunden werden«, erklärt Angela Maier. Entscheidend für die Jungakademiker ist der direkte Bezug ihrer wissen- Die Textilbranche in Deutschland gilt als eine der innovativsten Branchen überhaupt. Davon profitiert auch die Fakultät Textil & Design an der Hochschule Reutlingen, die für die Industrie ein gefragter Forschungspartner ist. Von Joachim Baier Textilien spielen in allen möglichen Lebensbereichen eine zunehmend wichtige Rolle. Dank moderner Produktionsverfahren und neuen Verbundmaterialien ist Kleidung multifunktional geworden. So sorgen Wasser abweisende, Dampf durchlässige oder Hitze resistente Gewebe für zusätzlichen Komfort und Sicherheit. Der technische Fortschritt hat der Branche aber auch neue Geschäftsfelder erschlossen: In der Medizintechnik, im Agrarbereich, im Baugewerbe, im EnergieSektor oder im Fahrzeug- und Flugzeugbau sind die sogenannten technischen Textilien auf dem Vormarsch. So besteht etwa der neue Airbus A380 zu insgesamt 30 Prozent aus KohlefaserVerbundstoffen, also aus technischen Textilien. Und der größte US-Flugzeughersteller will in seinem neuesten Riesenvogel, der Boeing 787, sogar bis zu 50 Prozent Faserverbundwerkstoffe einsetzen. »Der Textilbereich hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, von der klassischen Bekleidung hin zu funktionalen Textilien«, stellt Professor Harald Dallmann, Vizepräsident der Hochschule Reutlingen, fest. In kaum einem Feld Berarbeitung eines Frottiergewebes auf einer Jacquard-Maschine wird so intensiv an Neuerungen getüftelt: Allein in Deutschland gibt es 17 Institute und Forschungseinrichtungen. Die Textilindustrie sei derzeit eine der innovativsten Branchen, meint der Wissenschaftler. Während asiatische Textilproduzenten hauptsächlich Massenware herstellen, wird hierzulande der Fokus auf die Entwicklung technischer Textilien und textiler Verbundstoffe gelegt. Im Jahr 2007 waren rund 36 Prozent der Textilunternehmen mit Forschung und Entwicklung beschäftigt, im Jahr 2000 waren es nur 25 Prozent gewesen. Kooperation mit Betrieben der Region Auch die Hochschule Reutlingen mit ihrer Fakultät für Textil & Design, die aus der 1855 gegründeten Webschule hervorgegangen ist, profitiert vom Wandel und der Innovationsfreudigkeit der Branche. Noch bis Anfang der 80er-Jahre stand die klassische Textiltechnologie mit Spinnerei, Weberei, Wirkerei und Veredlung im Mittelpunkt der Studieninhalte. Aktuell gibt es die Bachelor- und Masterstudiengänge in den Bereichen Textil-Design/Modedesign, Textiltechnologie /Textilmanagement, Transportation Interior Design (Konzeption und Gestaltung von FahrzeugInnenräumen) sowie International Fashion Retail (Textilhandel). Mit diesem Spektrum ist die Fakultät inzwischen so breit aufgestellt, wie keine andere Hochschule hierzulande. »Wir decken von der Faser bis zum Handel den kompletten Textilbereich ab«, unterstreicht Professorin Angela Maier, die Leiterin der Fakultät. Zurzeit werden drei neue Professorenstellen besetzt. Die Fakultät Textil & Design ist schon immer für namhafte Textilunternehmen und Bekleidungshersteller ein wichtiger Know-how-Träger und auch Partner bei der Forschung. Die Fakultät bekommt regelmäßig für ihre Studierenden Projektaufträge direkt von der Industrie. Hugo Boss in Metzingen, Marc Cain in Bodelshausen, der Reutlinger Strickmaschinen-Hersteller Stoll, Jacquard-Maschine der Industrienadel-Spezialist Groz-Beckert aus Albstadt und viele mehr arbeiten eng mit den Reutlingern zusammen. Darüber hinaus kooperiert die Fakultät mit verschiedenen Instituten und wissenschaftlichen Einrichtungen. Ein beispielhaftes Projekt der Fakultät ist die Entwicklung verbesserter Schnittschutzhosen in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg. Weitere Projektpartner sind die Firma Rökona aus Tübingen, Produzent technischer Textilien, die Firma Thurner Gartenund Forsttechnik aus Ammerbuch-Entringen, die Waldarbeiter-Schutzbekleidung herstellt, die Sozialversicherung für den Gartenbau in Kassel sowie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Fachgruppe Forsten. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird vom Bundesforschungsministerium mit insgesamt 260 000 Euro gefördert. Ziel ist die Verbesserung der Schutzhosen, die bei Unfällen mit Motorsägen Verletzungen verhindern sollen. Wissenschaftler hatten festgestellt, dass die in den Schnittschutzhosen verwendeten Materialien altern und dadurch ihre Eigenschaften verändern können. »Es passieren trotz der Schnittschutzhosen immer wieder Unfälle«, berichtet Angela Maier und meint, »es ist nun unsere Aufgabe, die Ursachen zu untersuchen«. Zentraler Aspekt sind die sicherheitswirksamen Einlagen der Schnittschutzhosen, welche eine Kettensäge durch Verstopfen des Ritzels in kür- 33 nuar 2011 vorlegen. Der Studiengang dauert acht Semester, die Vorlesungen werden in Deutsch und Englisch gehalten. Insgesamt sind über 500 Studenten im Wintersemester 2010/11 eingeschrieben. Absolventen bekommen Jobs Bekleidungshersteller entwickeln inzwischen monatlich neue Kollektionen, und die sollen zeitnah in die Läden kommen. »Die textile Kette bis zum Laden zu kontrollieren und zu steuern, das ist eine Kompetenz, die heutzutage gefragt ist«, weiß Bug. Der neue Studiengang soll genau dieses Wissen vermitteln. Der Wissenschaftler ist überzeugt, »der Bedarf nach Retail-Experten ist da, sowohl im Textilhandel als auch in der Industrie, die zunehmend auf eigenen Retail setzt«. Fakultätsleiterin Dekanin Angela Maier unterstreicht, »wir bilden Wissenschaftler aus, die keine Scheuklappen haben. Die Textilbranche ist ein weites Feld und unsere Absolventen bekommen während ihres Studiums von der Produktion bis zur Vermarktung ein umfassendes, praxisbezogenes Wissen vermittelt«. Gefragt sind die Wissenschaftler ohnehin, in der Textil- und Bekleidungsindustrie, im Textilmaschinenbau, in der Forschung, bei Verbänden - ja selbst bei Automobilherstellern, bei deren Zulieferern oder in der Luftfahrtindustrie. Flachstrick-Maschine schaftlichen Arbeit zur Praxis in den Unternehmen. »In diesem Verbund aus Forschung und Lehre lernen die Studenten relativ viel und sie können Netzwerke in die unterschiedlichsten Branchen hinein knüpfen«, sagt Harald Dallmann. Seit diesem Wintersemester wird an der Hochschule Reutlingen der Bachelor-Studiengang International Fashion Retail angeboten. Dabei handelt es sich um ein international ausgerichtetes betriebswirtschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt Textilhandel. »Wir haben für 18 Studienplätze insgesamt 184 Bewerbungen bekommen«, ist Professor Peter Bug, Studiendekan an der Hochschule Reutlingen, sehr zufrieden mit der Resonanz auf den neu gestarteten Studiengang. Für das Sommersemester 2011 müssen die Bewerber ihre Unterlagen bis spätestens 15. Ja- Qualitätssicherung Fotos: Gerlinde Trinkhaus 34 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Bei uns sind Ingenieure am richtigen Platz Reutlingen ein. Das Unternehmen unterstützt Mechatronik-Studierende bei der Finanzierung ihres Studiums. Den Erfolg dieser Partnerschaft führt der Leiter des Kooperationsmodells, Prof. Wolfgang Frühauf, insbesondere auf die enge Vernetzung des Studienbereichs Mechatronik mit Avat und weiteren Unternehmen zurück, vor allem aber auf die dadurch erreichte Win-Situation für alle beteiligten Partner. 70 hoch qualifizierte Mitarbeiter arbeiten bei Avat in Tübingen. Auch in der Wirtschaftskrise ist Avat kräftig gewachsen. Frank Ganssloser: Spitzenleute müssen spannende Jobs nicht in Stuttgart suchen. Von Hans Jörg Conzelmann »Bei uns sind Ingenieure am richtigen Platz«, sagt Armin Zabel von der Geschäftsleitung der Tübinger Avat Automation GmbH. Am richtigen Platz bedeutet: In einem attraktiven Umfeld gibt es Entwicklungsmöglichkeiten auf Gebieten mit Wachstumsmärkten und Zukunftschancen, noch dazu in einer Region mit hohem Freizeitwert. Das Schöne daran: Avat sucht Ingenieure – Automatisierungstechniker, Elektroniker, Regel- und Steuerungstechniker, Informatiker und andere Spezialisten. Manche dürften sich freuen: »Um eine interessante Ingenieursstelle zu bekommen, muss man nicht nach Stuttgart fahren. Wir haben derzeit 10 hochqualifizierte Positionen offen.« Geschäftsführer und Firmengründer ist Dipl.- Ing. Frank Ganssloser. Er startete 1988 als Ingenieurbüro und gründete 1993 Avat. Bereits damals stand die Entwicklung von Gasmotoren- Steuerungen für Blockheizkraftwerke im Vordergrund. 2010, also 22 Jahre nach seinem Start, hat Ganssloser Motorsteuerungen für über 5 Gigawatt Stromerzeugerleistung (das entspricht 4 Großkraftwerken) in die ganze Welt geliefert. Derzeit arbeiten für ihn 70 hochqualifizierte Mitarbeiter in interdisziplinären Teams: Die meisten davon sind Ingenieure verschiedener Fachrichtungen, Informatiker und Naturwissenschaftler. Dass der Chef jeden kennt und jeder den Chef, Persönliche Entwicklung durch »Mitarbeiter im Dialog« Biogasanlage in Eningen - automatisiert von Avat Die Nachfrage nach Ingenieuren ist groß: Unternehmenschef sieht Ganssloser als unbedingten Vorteil an: »Wir sind ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen – agil, hochflexibel und unabhängig.« Hauptanliegen des expandierenden Unternehmens sind die Effizienzerhöhung bei der Energieerzeugung, die Reduzierung von Kohlendioxid und von Schadstoff-Emissionen sowie die Nutzung regenerativer Energieformen. Zum Einen entwickelt und produziert Avat Motormanagementsysteme für große Gasmotoren. Zum Anderen tritt Avat als Partner von Stadtwerken auf, betreut regionale Versorger und Anlagenbauer. Die Avat-Ingenieure realisieren für öffentliche und gewerbliche Auftraggeber pfiffige Automationskonzepte – ganz-heitlich, durchgängig und her- Dipl-Ing. Frank Ganssloser in der Avat-Testfactory mit virtuellen Motoren Foto: Gerlinde Trinkhaus 35 stellerunabhängig. Dabei zieht sich die sinnvolle Nutzung erneuerbarer Energieformen wie ein roter Faden durch das Unternehmen. Ein Leitbild lautet: »Unsere Umwelt ist uns wichtig und wir betrachten sie als ein schützenswertes Gut. Mit unseren Aktivitäten leisten wir einen umfassenden und nachhaltigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz sowie zur Schonung der endlichen Ressourcen.« Für Avat spielt die »dezentrale Energieerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung« eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Mit ihren innovativen Motormanagement-Systemen für BHKW-Gasmotoren ist das Tübinger Unternehmen eines der weltweit führenden bei dieser Technologie. Bei der Erbringung von Ingenieurleistungen steht für Avat die ganzheitliche, Gewerke übergreifende Betrachtung der Aufgabenstellung im Vordergrund. Die Ingenieure sind darauf spezialisiert, durchgängige, ebenen- und systemübergreifende Gesamtkonzepte zu entwerfen - technisch durchdacht, in sich schlüssig und unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimiert. Prag steht eine Kläranlage, deren Energiezentrale auf die Planung von Avat zurück geht. Das Knowhow für das Netzleitsystem der Gasversorgung in Heilbronn kommt ebenso aus Tübingen wie die Klärschlamm-Trocknungsanlage in Ravensburg. Die thermische Klärschlammverwertung an deren Ende verwertbares und volumenreduziertes Granulat steht, geht derzeit in Mannheim in Betrieb. Die Vorteile sind zukunftsweisend: Die Vergasung stellt ein geschlossenes thermisches Verfahren ohne Sonderabfälle dar, außerdem hat der Betreiber eine gesicherte Verwertungslösung mit langfristig stabilen Kosten zur Verfügung. Als persönlichen Vorteil für Ingenieure, aber auch fürs Unternehmen, sieht Armin Zabel den Standort Tübingen: kurze Anfahrtswege, eine attraktive Infrastruktur in der »Doppelstadt Reut- Individuelle Entwicklungsmöglichkeiten gehören zum Kerngebiet des Avat-Personalmanagements. Eigene Ziele und die der Firma werden im regelmäßigen Prozess abgeglichen und angepasst. Das beginnt am ersten Arbeitstag, an dem »Neue« über Tätigkeitsfelder, Geschäftspartner und Kunden informiert und durch den Betrieb geführt werden. Dazu gibt es einen individuellen Einarbeitungsplan. Intern wird die Weiterentwicklung des Mitarbeiters durch ein ständig weiterentwickeltes Programm »Mitarbeiter im Dialog« unterstützt. Zusätzlich stehen erfahrene externe Berater der Personalentwicklung im Rahmen eines persönlichen Coaching-Programms zur Verfügung. »Wichtigster Motor auf dem Weg zum Er- Steigende Nachfrage nach Biogasanlagen Beispiel Biogasanlagen: Aufgrund der komplexen Verfahren wird eine optimierte Mess- und Regelungstechnik benötigt. Avat strebt von Beginn an eine möglichst lückenlose Erfassung der gesamten Prozesskette von der Substratzusammensetzung bis hin zum erzeugten Produkt an. Die gewonnenen Messdaten ermöglichen es, die Effektivität des Prozesses einzuschätzen und ihn zu verändern, wenn er suboptimal zu verlaufen droht. Ganssloser: »Hohe Qualität und Verlässlichkeit sind unser Anspruch, die Zufriedenheit unserer Kunden der Maßstab.« Wer denkt schon beim Baden in den Limes-Thermen oder beim Saunieren in Bad Wildbad an die Tübinger Firma Avat? Dabei bliebe dort das Wasser kalt, hätte Avat nicht ein Automatisierungskonzept entworfen, um die Heizwerke zu optimieren. Für die Stadtwerke Rottenburg entwickelte Avat ein Verbundleitsystem für Gas, Wasser, Strom und Wärme; in der 1,2-Millionen-Einwohner-Stadt Mitarbeiter im Kundengespräch lingen- Tübingen«. Avat unterhält starke Kontakte zu den Universitäten München und Stuttgart. Die Mitarbeiter sitzen dennoch nicht im Elfenbeinturm: Die Nähe zum Anwendungsbereich zeichnet das Arbeitsfeld der Avat-Ingenieure aus. »Wir bieten Arbeitsplätze, die den einzelnen fordern, aber auch fördern.« Um Nachwuchs zu generieren, ging Avat unter anderem eine Mechatronik- Industriepartnerschaft mit der Hochschule Fotos: Avat folg sind unsere motivierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«, sagt Zabel. Dabei ist freilich ein hohes Maß an Teamgeist gefragt: Neben hoher fachlicher Qualifikation ist aufgrund der internationalen Ausrichtung auch die Fähigkeit gefordert, in vernetzten, interkulturellen Teams denken und arbeiten zu können. Fazit: »Engagierte Kollegen und attraktive Arbeitsplätze in einem zukuftssicheren Unternehmen motivieren zu Höchstleistungen.« 36 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Engmaschiges Netzwerk Die Region Neckar-Alb sucht verstärkt den Weg auf das internationale Parkett. Die Standortagentur Reutlingen-Tübingen-Zollernalb hat dabei eine wichtige Aufgabe Medizin und Medizintechnik sind in der Region ein Standortvorteil Von Marion Schrade Die Böden waren karg, das Klima rau. Entsprechend begrenzt waren die Bewirtschaftungsmöglichkeiten der Bauern auf der Schwäbischen Alb vor ein paar hundert Jahren. Viele von ihnen bauten ihre Existenz auf die Schafzucht – und legten damit den Grundstein eines Wirtschaftszweigs, der zu den ältesten in der Region NeckarAlb zählt. Aus Schafwolle und den Erträgen des ebenfalls traditionellen Flachsanbaus ließ sich etwas machen: Weber und Stricker verarbeiteten das Material in Handarbeit, bis die industrielle Revolution in Gestalt einer Spinnerei 1828 nach Reutlingen kam. Bis heute haben sich schwäbische Textilunternehmen am hart umkämpften internationalen Markt behauptet. Mode-Labels wie Hugo Boss und Marc Cain, Hersteller von Funktions- und Sportbekleidung wie Trigema oder Erima und Wäsche-Spezialisten wie Mey sind weltweit ein Begriff. Allein im Zollernalbkreis haben 50 Bekleidungshersteller ihren Sitz, insgesamt beschäftigen 220 Textilunternehmen in der Region Neckar Alb 15 000 Mitarbeiter. Dass Textilien nicht unbedingt mit Mode zu tun haben müssen, be- legt die wachsende Anzahl derjenigen Unternehmen, die sich in einer zukunftsweisenden Nische etabliert haben: circa 60 Firmen in der Region produzieren technische Textilien und damit für ein Marktsegment mit enormen Wachstumschancen: Deutschland ist aktuell Weltmarktführer für technische Textilien, gefolgt von den USA und China. Im Jahr 2010 rechnen Branchenexperten mit einem Umsatzwert von 106 Milliarden Euro für technische Textilien weltweit. Die jährliche Wachstumsrate wird mit 3,8 Prozent prognostiziert. Historisch gewachsene Strukturen »techtex«, wie die Produkte im Fachjargon genannt werden, sind im Alltag ständig präsent: In funktioneller Schutz- und Arbeitskleidung, in der Innenausstattung von Kraftfahrzeugen, in Bandagen und Operationstextilien. Aber auch dort, wo man sie nicht auf den ersten Blick vermuten würde: Technische Textilien werden beispielsweise Botschafter der Region: (von links) Lars Sunnanväder, Geschäftsführer LS Medcap GmbH, Hechingen, Dr. Paul-Stefan Mauz, Leitender Oberarzt UKT, Tübingen, Andrea Diewald, Projektmanagerin Standortmarketing, IHK Reutlingen und Prof. Dr. Harald Dallmann, Vizepräsident der Hochschule Reutlingen auch für leichte Dachkonstruktionen als Geotextilien im Deichbau, in Luftfiltersystemen, im Flugzeug- und im Straßenunterbau verwendet. Warum ein Großteil der Spezialisten in der Region Neckar-Alb sitzt, hat zum einen historische Gründe: Die Textilwirtschaft findet eine Infrastruktur vor, die seit der Industrialisierung kontinuierlich aus der Tradition erwachsen ist. Textilmaschinenbauer bilden die Grundlage der Produktion. Forschungseinrichtungen, darunter das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut an der Universität Tübingen (NMI), liefern wissenschaftliche Hintergründe. Hochqualifizierte Fachleute für Design, Entwicklung, Produktmanagement und Marketing werden an den Hochschulen vor Ort ausgebildet. Differenzierte Studiengänge setzen ganz gezielt Schwerpunkte. In Reutlingen werden die Fachrichtungen International Fashion Retail, Transportation Interior Design,Textil-/Modedesign, Textiltechnologie und Textilmanagement angeboten. An der Hochschule Albstadt-Sigmaringen können Studierende zwischen Bekleidungstechnik, Textil- und Bekleidungsmanagement, Textile Produkttechnologie und Technische Textilien wählen. Der zweite Aspekt, der die Entwicklung und Produktion von technischen Textilien in der Region Neckar-Alb zum Leuchtturmprojekt macht, ist eine singuläre wirtschaftliche Konstellation: In direkter Nachbarschaft hat sich seit dem 19. Jahrhundert eine weitere Branche prächtig entwickelt. Hechingen hat sich in den vergangenen Jahren zum Hightech-Standort entfaltet, der mittlerweile – in Anlehnung ans berühmte »Silicon Valley« – international als »Medical Valley« bekannt ist. In Hechingen und im benachbarten Tuttlingen stellen rund 470 Unternehmen medizintechnische Produkte her. Die Universitätsklinik Tübingen ist ein wichtiger Partner – sowohl was Forschung und Entwicklung als auch Erprobung in der Praxis betrifft. Deutschlandweit weist die Medizintechnikbranche jährliche Umsatzsprünge von sieben bis acht Prozent auf und ist damit ein ebenso vielversprechender Zukunftsmarkt wie der »techtex«-Sektor. Steigern lässt sich der Erfolg beider Wirtschaftszweige dann, wenn sie, bildlich gesprochen, auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden: Es gibt Schnittstellen, an denen sich Nischenprodukte für spezifische Anwendungsbereiche entwickeln lassen. Ein Beispiel ist der »stoma-belt« der Tübinger rökona Textilwerk GmbH, eine Bandage für Patienten mit künstlichem Darmausgang. Fotos: Standortagentur Derartige Vernetzungen zweier Zukunftsmärkte in direkter Nachbarschaft sind ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt – auch auf internationalem Parkett. Deshalb rührt die Standortagentur Tübingen-Reutlingen-Zollernalb GmbH seit einiger Zeit verstärkt die Werbetrommel für ihre beiden Leuchtturmbranchen. Fachpräsentationen im Ausland sollen die Aufmerksamkeit potenzieller Investoren und Kooperationspartner in Richtung Neckar-Alb lenken. Botschafter werben für die Region Entsprechend hoch steigen Dr. Wolfgang Epp, Geschäftsführer der Standortagentur, und Projektleiterin Andrea Diewald ein: Sie reisen ausschließlich in wirtschaftsstarke europäische Metropolen – bisher stellten sie den Standort Neckar-Alb mit seinen Vorzeigeprojekten Technische Textilien und Medizintechnik in Wien, Zürich, Stockholm, Eindhoven und Mailand vor. Begleitet werden sie von »Botschaftern der Region«, wie Wolfgang Epp sagt: Barbara Bosch war als Reutlinger Oberbürgermeisterin und Aufsichtsratvorsitzende der Standortagentur in Wien. Unternehmer Lars Sunnanväder, gebürtiger 37 Schwede, zeigte seinen Landsleuten in Stockholm die Stärken des »Medical Valley« auf, an dessen Entwicklung er als Gründer mehrerer namhafter Medizintechnik-Firmen wie Maquet, Joline und Jotec einen nicht unwesentlichen Anteil hatte. Referenten wie Dr. Paul-Stefan Mauz von der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Tübingen, Professor Harald Dallmann von der Fakultät Textil & Design der Hochschule Reutlingen und Henning Eichhorn von der rökona Textilwerk GmbH in Tübingen gehen fachlich in die Tiefe. Entsprechend ausgesucht ist das Publikum: Eingeladen werden ausgewählte Fachleute, Multiplikatoren und potenzielle Investoren. »So geht unsere Botschaft gleich an die richtige Adresse – ohne Streuverluste«, sagt Wolfgang Epp, dessen erklärtes Ziel es ist, Menschen und Märkte zusammenzubringen. Bei schwäbischen Spezialitäten und Metzinger Wein werden Grundsteine für Kooperationen gelegt: Nach den Vorträgen ergeben sich Gespräche zwischen Referenten und Firmenvertretern, die für die Unternehmen der Region Neckar-Alb entscheidende Türöffner zu neuen Märkten sein können. Rund 220 Kontakte haben sich nach den fünf Auslandspräsentationen ergeben, die von der Standortagentur gepflegt werden – beispielsweise über einen regelmäßigen Newsletter. Dass sich im Oktober vergangenen Jahres 30 Textilunternehmer aus der Türkei auf der Suche nach Kooperationspartnern ein Bild vor Ort machten, ist ebenfalls ein Verdienst der Standortagentur. Das Interesse der Fachwelt ist geweckt, der Weg für internationale Schulterschlüsse geebnet. Hier endet die Einflussnahme der Standortagentur, Wirtschaftsförderung gehört nicht zu ihren Aufgaben. Das gute Image der Region, das im Idealfall zur internationalen Marke wird, wollen Epp und seine Mitarbeiter weiterpflegen – die nächsten Reiseziele sind Paris und die Türkei. Epp ist optimistisch: »Dieser Weg ist richtig. Wir werden uns mit unseren Stärken weitere Zielmärkte erschließen.« 38 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin 39 Hochschule Albstadt-Sigmaringen Die Hochschule für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in Albstadt und in Sigmaringen hat drei Schwerpunkte: • Fakultät 1: Engineering in Albstadt • Fakultät 2: Business and Computer Science an beiden Standorten • Fakultät 3: Life Sciences in Sigmaringen Foto: Gerlinde Trinkhaus Porträt: Prof. Dr.-Ing. Michael Ernst. Er lehrt an der Fachhochschule Albstadt-Sigmaringen »Das war ein Zeichen des Himmels« Von Xaver Baumann Ob es wirklich ein Zeichen des Himmels war? Michael Ernst war gerade 17 Jahre alt und saß im Anprobenzimmer eines Ateliers in Stuttgart. Die Chefin der Frommlett-Modelle öffnete einen ihrer Schränke und eine Vielzahl von Stoffballen fielen dem jungen Mann vor die Füße. »Das ist ein Zeichen des Himmels«, entfuhr es der außergewöhnlichen Dame. Ab dieser Sekunde hatte Ernst mit seinem nicht gewöhnlichen Berufswunsch den Ausbildungsplatz in der Tasche. In Stuttgart im Schneiderhandwerk eine Stelle zu bekommen, war damals gar nicht so einfach. Ganz abgesehen davon musste man auch noch zum Vornähen kommen. Michael Ernst ist 1972 in Stuttgart geboren. Dort besuchte er das KeplerGymnasium. Nachdem er das Einser-Abitur in der Tasche hatte, begann er zum Erstaunen seiner Umgebung die Schneiderlehre auf dem Killesberg in der Hauptmannsreute. Mit 14 Jahren hatte er zuhause eine Nähmaschine gesehen und darauf losgelegt, wie er im Gespräch mit dem GEA-Wirtschaftsmagazin erzählt. Auch als die ersten Versuche nicht sonderlich erfolgreich waren, blieb er dieser Profession treu, weil ihn das Textile schlichtweg faszinierte. »Das hat sofort gepasst«, meint Ernst, heute Professor an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und Studiendekan für die textilen Studiengänge Textile Produkttechnologie Technische Textilien, Bekleidungstechnik sowie Textil- und Bekleidungsmanagement. Die außergewöhnliche Begegnung mit der Dame hat er heute noch gut in Erinnerung. Außergewöhnlich war auch die Arbeit mit den bunten Stoffen. »Die Freiheit, die wir dort hatten, war unvergleichlich. Immer wurden individuelle Sachen gemacht, die Persönlichkeit stand im Vordergrund«, schwärmt der Professor noch heute. Er konnte viele Entwürfe einbringen, die alle realisiert worden sind. Und viel Schnitttechnik hat er gemacht. Zweieinhalb Jahre dauerte die schöne Zeit. Es folgte die vorgezogene Prüfung. Dann hatte Ernst noch ein halbes Jahr als Geselle gearbeitet. Immer wieder Entwürfe, Schnittkonstruktionen, Produktionen und Anproben. Das war mehr als eine Schneiderlehre, weiß er heute. Die Belegschaft war sehr kunstbegeistert. »Wir haben damals auch zusammen Konzerte und Theaterveranstal- tungen besucht.« Kein Wunder, wenn die Beziehungen heute noch tragen. Auch wenn man gemeinhin sagt, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, resümiert Ernst: »Das war eine sehr schöne Zeit.« Anstrengendere Jahre folgten. Der Weg zur Meisterprüfung stand offen, war aber dann doch nicht von Ernst eingeschlagen worden. Frau Sonja Knittel, die an der Berufsschule CAD-Lehrgänge gegeben hat, empfahl das Studium an der Hochschule in Albstadt. Der Entschluss, Bekleidungstechnik zu studieren, war dann schnell gefasst. In den Jahren 1994 bis 1998 wurde eifrig gebüffelt und Praxissemester absolviert. Der Lohn war das Diplom. »Ich habe alles mit Begeisterung gemacht«, erzählt Professor Ernst . Von den Entwürfen hat er aber bis heute nicht die Finger gelassen. Nebenher machte er später Abendmode bei Lezzar und Enwürfe und Schnittechnik für kleinere Firmen. »Ich habe alles mit Begeisterung gemacht« Noch wusste Ernst nicht, wo er ankommt. Immer wieder stand die Frage im Raum, gibt es noch etwas anderes. Die Fühler wurden ausgestreckt und die Beziehung zum Institut für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf gefunden. Eine Diplomarbeit wurde geschrieben, die mit Bekleidung nichts zu tun hatte. »Das Alterungsverhalten von technischen Nadelfilzen« war das Thema. Gut ein halbes Jahr später wurde das Studium Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Stuttgart aufgenommen und in 2001 mit Diplom abgeschlossen. Die Promotion folgte im Jahr 2005 und beschäftigte sich mit »Innovative Filtermedien mit Elektretbeschichtung«. Es geht dabei unter anderem um textile Filter, die im Automotive-Bereich und in Reinräumen zum Einsatz kommen. Über Beschichtung und Aktivierung mittels Corona- und Plasmatechnolgie wurde erfolgreich versucht, Produkte mit elektrostatischen Abscheidemechanismen auszurüsten. Mit aufgebaut und geleitet hat er in Denkendorf auch das Kompetenzzentrum Medizintextilien, bei dem es unter anderem um Barrieretextilien im OP-Bereich, Kompressionstextilien und Wundauflagen ging. Die Hochschule ist Mitglied der 2005 gegründeten Hochschulregion Tübingen-Hohenheim mit der Universität Hohenheim und der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie den Hochschulen Nürtingen-Geislingen, Hochschule Reutlingen und Rottenburg. Das Ziel dieser Vereinigung ist, bei Projekten in der Infrastruktur, Verwaltung, Forschung und Lehre enger zu kooperieren. Neben der Möglichkeit eines herkömmlichen Studiums bietet die Hochschule auch ein kombiniertes Studium in den Bereichen »Maschinenbau« und »Kommunikations- und Softwaretechnik« an, wobei mit Unternehmen aus der Region eng kooperiert wird (sogenanntes »Albstädter Modell«: 2 Jahre verkürzte Berufsausbildung, 2 1/2 Jahre verkürztes Bachelor-Studium). Im Bereich »Betriebswirtschaft« besteht am Standort Sigmaringen eine ähnliche Kooperation mit der Kreissparkasse Sigmaringen - Hohenzollerischen Landesbank. Die Hochschule ist seit mehreren Jahren Mitglied im Verbund Internationale Bodensee-Hochschule und bietet derzeit an beiden Standorten zusammen 18 moderne praxisorientierte Studiengänge mit Bachelor und Master-Abschlüssen an. Internationalisierung erfährt die Hochschule Albstadt-Sigmaringen durch 30 Partnerhochschulen weltweit. 2006 wurde Ernst, der bereits seit 2000 Vorlesungen an der Hochschule gegeben hatte, zum Professor berufen. Im Bereich technische Textilien, dem viele Unternehmen in Region Neckar- Alb seit einigen Jahren einen neuen Stellenwert beimessen, kennt Ernst sich aus. In zahlreichen Vorlesungen hat er sich mit den unterschiedlichsten Fragestellungen und Lösungen beschäftigt und unterschiedlichste Projekte mit der Industrie wie zum Beispiel zum Thema Barrieretextilien, Textile Abstandsstrukturen und Schutzbekleidungssysteme für den Katastrophenschutz bearbeitet. Insbesondere hat es ihm auch die CAD und insbesondere die 3D CAD angetan: Bei der virtuellen Simulation von Bekleidung aber auch bei technischen Ab- Pattern Kurs für die Industrie ecbp/ ETGAMA, Addis Ababa, Ethiopia 2009 wicklungsvorgängen für technische Textilien. Mehr als ein Steckenpferd sind ihm die Reisen in das ferne Ausland. Nicht um Urlaub zu machen, nein. In Südafrika und Äthiopien gibt der Gastprofessor immer wieder mal Unterricht – in Kapstadt schon im vierten Jahr als adjunct professor. Weitergereicht werden Kenntnisse auf den Gebieten der Technischen Textilien, technische Bekleidungssysteme sowie industrielle Fertigungstechnik, Konstruktion, CAD. Träger der Projekte ist die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit. Gegenbesuch aus Südafrika war 2009 in Deutschland . Es wurden Messen, das Institut Hohenstein, Empa St. Gallen und Unternehmen wie Hugo Boss in Coldrerio und Walter Knoll in Herrenberg besucht. In Shanghai und Hongkong sieht sich Prof. Michael Ernst demnächst wieder einige Textilbetriebe an. »Das Know-how unbedingt halten« Von den Strukturkrisen in der Textilindustrie will er nicht viel wissen. Die gibt es auch in den anderen Branchen, relativiert er. Deutschland sei im hochwertigen Bekleidungsbereich und insbesondere bei technischen Textilien und in vielen Nischen wettbewerbsfähig. Viele der Absolventen der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, die heute in der Automobilbranche, in der Medizinbranche, im Textil- und Bekleidungsmanagement und in den Wirtschaftswissenschaften anpacken, bestätigten diese Erkenntnis. Mit Netzwerken, wie es sie in der Region Neckar-Alb gibt, könne man Kräfte bündeln und voranschreiten. Bei den Vorbereitungen für den Hochschulplan 2012 sei der Studiengang Textile Produkttechnologie - Technische Textilen entstanden, den er maßgeblich mit aufbaut. Ein kurzes aber entschiedenes Plädoyer für Fachkräfte folgt: »Wir brauchen gute Leute, die Wissen umsetzen und anwenden können und praktische Fertigung beherrschen. Nur wer Qualität liefert und flexibel ist, wird sich behaupten können. Wenn Unternehmer sagen, ich verlagere alles, ich gebe alles aus der Hand, ist die Gefahr, die Kontrolle zu verlieren sehr groß und ein Zurück nicht leicht - insbesondere wenn es dann keine qualifizierten Fachkräfte mehr geben wird«. GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin Fasern auf dem Vormarsch – Allianz geschmiedet Foto: ITV Denkendorf 40 Ob als Lichtbeton, Luftfilter oder medizinisches Implantat: Textile Fasern sind in vielen Branchen zum wichtigen Partner für neue Produkte geworden. Die Allianz Faserbasierter Werkstoffe Baden-Württemberg trägt dieser Entwicklung Rechnung und will mit Kooperationen die Querschnitttechnologie stärken. Von Christoph Ströhle Innovation findet nicht nur innerhalb von Branchen statt. Vielmehr können sich so unterschiedliche Wirtschaftszweige wie die Textilindustrie, der Flugzeugbau oder die Medizintechnik auch gegenseitig befruchten. Querschnitttechnologie nennt man das. Der Verein »Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg« (AFBW), der sich im vergangenen Jahr in Stuttgart formiert hat, will innovative Entwicklungen und Anwendungen gezielt anstoßen und als branchenübergreifendes Netzwerk den Dialog und den Wissenstransfer von Unternehmen, Wissenschaft und Politik stärken. Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer und AFBW-Vorstandsmitglied Dr. Markus H. Ostrop ist überzeugt: »Wir werden damit die Innovationen in unserer Industrie deutlich vorantreiben.« Gemeinsam mit den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF), den Hohensteiner Instituten und dem Landesverband der Industrie hat Ostrop die Clusterbildung initiiert. Viele der Mitgliedsfirmen des Verbands Südwesttextil haben sich in den vergangenen Jahren zu Hightech-Betrieben entwickelt. Sie produzieren verstärkt technisch anspruchsvolle Textilien mit komplexen physikalischen, chemischen oder funktionellen Eigen- Die Allianz beziffert die wirtschaftliche Bedeutung der Querschnitttechnologie mit etwa 350 Unternehmen, die 45 000 Arbeitnehmer beschäftigen und ein geschätztes Umsatzvolumen von acht bis neun Milliarden Euro erzielen. Unternehmen wie Rökona (Tübingen) und Mattes & Ammann (Meßstetten), Freudenberg Vliesstoffe, einzelne Industrie- und Handelskammern sowie Forschungseinrichtungen die bereits Mitglieder der Allianz sind, die nach Ostrops Wunsch rasch weiter wachsen soll. Zuschuss von der Landesregierung Dr. Markus H. Ostrop schaften: Airbags, Luftfilter und Inkontinenzprodukte, Flugzeugsitze oder Feuerschutzanzüge. Zur Zielgruppe des Clusters zählen bewusst auch solche Betriebe, die faserbasierte Materialien durch unterschiedlichste Verfahren an der Oberfläche veredeln. Mobilität, Bauwesen und Innenarchitektur sollen als Themen- und Forschungsfelder der AFBW ebenso eine Rolle spielen wie etwa Gesundheit und Wellness, Produktionstechnik oder Maschinenbau. Für den Aufbau des landesweiten Netzwerks hat das Wirtschaftsministerium in Stuttgart dem Verein 194 000 Euro als Zuschuss bewilligt. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Strukturfonds für regionale Entwicklung (EFRE). In seiner Eröffnungsrede beim letztjährigen ClusterForum in Stuttgart hob Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) hervor, dass Innovation und Kooperation Schrittmacher für mehr Wachstum und Beschäftigung seien. Er sprach von überdurchschnittlichen Kompetenzen in wichtigen Zukunftsfeldern, über die die Unternehmen in Baden-Württemberg verfügten. »Wir können die gewaltigen Chancen vor allem dann noch mehr und noch besser nutzen, wenn die Akteure eines Clusters über die jeweiligen engen Branchen- und Technologiegrenzen hinweg zusammenarbeiten«, appelierte der Minister an die Teilnehmer. Wissenschaftliche Studien belegen, dass der wirtschaftliche Erfolg gerade von mittelständischen Unternehmen wesentlich höher ist, wenn sie sich vernetzen. So fand das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) 2008 heraus, dass 70 Prozent der Wachstumschampions unter den kleinen und mittleren Unternehmen in Europa auf eine enge Einbindung von Netzwerkpartnern im Innovationsmanagement setzen. Ziel der AFBW ist es, solche Kooperationen innerhalb strategischer Allianzen anzubahnen und durch Veranstaltungen, die Schaffung einer Plattform für vorwettbewerbliche Produktentwicklungen und die Einwerbung von Fördermitteln tatkräftig zu unterstützen. Ein erster Cluster-Workshop unter dem Motto »Faserbasierte Werkstoffe – aus der Tradition in die Zukunft« fand diesen Juli im Stuttgarter Haus der Wirtschaft statt, gemeinsam veranstaltet vom Steinbeis-Europa-Zentrum und der AFBW. Professor Dr. Heinrich Planck vom DITF in Denkendorf stellte dabei Ziele und Ausrichtung des neuen Netzwerkes vor. Chancen für neue Entwicklungen sah er in allen Stufen der Wertschöpfung, von thermoplastischen Elastomeren bis hin zu funktionalisierten Kunststoffen zur Herstellung hochwertiger Bauteile für viele Industrien und den Maschinenbau. Dr. Klaus Jansen vom Berliner Forschungskuratorium Textil skizzierte die Zukunftsperspektiven und neuen Märkte für faserbasierte Werkstoffe. Zuvor hatte Anne Masson für einen Blick über den Tellerrand gesorgt und von Mission und Strategie, Methoden und Erfahrungen des Clusters Technische Textilien Rhone- Alpes (Techtera) berichtet. In der sich anschließenden Podiumsdiskussion wurden Bedenken zerstreut, wonach jedes Netz- Funktionalisierte Oberflächen schützen Textilien vor Wasser und Schmutz. Foto: Hohenstein Institute Gewirkte Gefäßprothese, entwickelt im Bereich Biomedizintechnik am ITV Denkendorf Foto: ITV Denkendorf werk auch Risiken bietet. Christoph Larsen-Mattes, Vorsitzender der AFBW und Geschäftsführer von Mattes & Ammann, hob neue Kontakte als Mehrwert für sein Unternehmen hervor. Vertrauen sei die Grundlage dafür und ganz im Sinne eines unternehmerischen Risikos zu sehen. Sein Unternehmen sei offen für neue Ideen und setze auf die Technologie der Fasern, sagte Dr. Dietmar Völkle von der Diehl Aircabin GmbH (Laupheim) und stellte neue Anwendungsgebiete der faserbasierten Werkstoffe im Kabinenbau der Luftfahrt vor. Angestrebt wird eine textile Haptik im Flugzeuginnenraum, mit Materialien, die allen Anforderungen in Sachen Sicherheit und Brandschutz standhalten. Eine offizielle Auftaktveranstaltung für das Cluster ist für Februar 2011 geplant. Ostrop hofft auf einen regen Austausch. Ein Airbus aus Metall käme nicht in die Luft In mehreren Broschüren unter dem Titel »Textile (R)Evolution« hat das Forschungskuratorium Textil die enorme Bandbreite möglicher Anwendungen für funktionelle Hochleistungstextilien zusammengestellt. Neben historischen Hintergründen und dem aktuellen Stand der Technik werden darin auch künftige Entwicklungspotenziale in den verschiedensten Lebensbereichen aufgezeigt. Tenor: Es gibt kaum ein Material, das so vielfältig einsetzbar ist wie Textilien. So präsentierte das Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf (ITV), ein Teil des DITF, zusammen mit der RUD-Gruppe im Jahr 2008 eine textile Schneekette für PKW. Der geforderte Grip und die lange Lebensdauer wurden mit einer neu entwickelten Faser erreicht. Textile Implantate sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Bei der Therapie von Leistenbrüchen ist der Einsatz von HermienNetzen mit jährlich rund einer Million Implan- 41 tierungen bereits Standardmethode. Gebräuchlich sind zudem kettengewirkte Gefäßschläuche aus Polyester für nicht mehr funktionstüchtige Blutgefäße oder Geflechte (Stents), die in ein bestehendes Gefäß eingesetzt werden, um es auszudehnen. Eine textileingefasste Hornhaut für das Auge befindet sich derzeit noch im Entwicklungsstadium. Anschauliches Anwendungsbeispiel ist auch der Airbus A 380. Das zurzeit größte Verkehrsflugzeug der Welt käme – wäre es ganz aus Metall gebaut – vollgetankt und mit 525 Passagieren nicht in die Luft, sagt der Leiter des Hohenstein Instituts für Textilinnovation, Professor Dr. Stefan Mecheels: »Er fliegt mit Hilfe der Textilindustrie, weil nämlich Teile des Rumpfes und der Tragflächen aus kohlefaserverstärktem Kunststoff bestehen. Dadurch werden etwa 30 Prozent an Gewicht eingespart, aber auch Treibstoff.« Etliche weitere Beispiele textiler Anwendungen zeigt noch bis zum 21. November eine Sonderausstellung im Maschenmuseum in Albstadt-Tailfingen (Wasenstraße 10; geöffnet ist mittwochs, samstags und an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr). Dekoratives ist dort zu sehen, wie die Licht leitenden Betonwaschtische der Robatex GmbH (Stolberg) – fein verteilte, eingegossene Glasfasern sorgen für die gewünschte Lichtleitung, die nach Bedarf farbig moduliert werden kann. Und es findet sich Nützliches, wie Teile des Rotorflügels einer Windkraftanlage. Verstärkte Textilfasern tragen auch hier mit ihren spezifischen Eigenschaften zu Effizienz und Zuverlässigkeit der Rotoren unter größter Belastung bei. Selbst bei einem Brückenbauprojekt können textile Werkstoffe zum Einsatz kommen, wie die Firma Groz-Beckert in Albstadt- Lautlingen anhand eines derzeit realisierten Objekts verdeutlicht. Die rund 60 Tonnen schwere Brückenplatte und die Bewehrung werden verstärkt mit 1 400 Quadratmetern gewirktem Gelege, das aus Glasfaserbündeln besteht und mit Epoxidharz imprägniert ist. Rostfrei, wie es heißt. RUDmatic Soft Spike: Patentierter Reifenüberzug auf Textilbasis - eine Entwicklung des ITV Denkendorf und der RUD-Gruppe Foto: RUD PR 42 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin »Wir brauchen eine Klägerindustrie« Von Carina Stefak »Anleger und Banken verhandeln selten auf Augenhöhe«, sagt Rechtsanwalt Andreas Tilp. Dieses strukturelle Ungleichgewicht rührt seiner festen Auffassung nach daher, dass beide Parteien verschiedene Kenntnisstände zur Materie haben. »Banken haben gegenüber einzelnen Kapitalanlegern einen riesigen Erfahrungsvorsprung – für sie ist der Handel mit Wertpapieren schließlich Tagesgeschäft«, hebt er im Gespräch mit dem GEA-Wirtschaftsmagazin hervor. Banken müssten eigentlich unterscheiden zwischen Kunden, die ihre Geld als Altersvorsorge anlegen möchten und solchen, die vor allem Gewinn machen möchten. Kosten und Risiken müssten transparent werden, Anleger vor unseriösen Angeboten geschützt werden. Der Knackpunkt der Sache ist, wie so oft, ein Interessenskonflikt, unterstreicht der Experte im Anlagerecht. Auch, wenn ein Berater für seinen Kunden das Meiste herauszuholen verspreche, so schaue er immer auch auf seine Provision. »Und im Zweifel empfiehlt er jenes Zertifikat, das ihm selbst am meisten bringt«, erklärt der Rechtsanwalt und weist auf die politische Diskussion um die umstrittenen Beratungsprovisionen hin, die europaweit geführt wird. Auch Verbraucherschützer schalten sich ein und fordern eine Umstellung auf reine Honorarberatung – ohne Provisionen. Die Realität zeige, dass man davon noch weit entfernt sei. Für jede Menge Wirbel in der Branche sorgten in den vergangenen Jahren sogenannte versteckte »Kickback-Zahlungen«, mit denen die Banken viel Geld verdienten – das sie zu Lasten der Anleger ohne deren Wissen abgezwackt haben. Allein in der Kanzlei Tilp gingen weit über 500 solcher Fälle mit einer durchschnittlichen Schadenssumme von 100 000 Euro über die Schreibtische der Anwälte. »Kickback-Zahlungen« sind Rückvergütungen, die die Bank kassiert, obwohl sie ihr nicht zustehen. Wie funktioniert das? Die beratende Bank empfiehlt zum Beispiel dem Kunden bestimmte Fondsanteile, für die er Ausgabeaufschläge an die Fondsgesellschaft bezahlt. Davon führt diese einen Teil an die Bank zurück, in Form einer Provision. Die Bank habe also ein nicht unerhebliches Interesse, dem Kunden genau diese Beteiligung zu empfehlen – ohne dass dieser davon etwas ahne, so Tilp. »Nach deutschem Recht steht diese Zuführung dem Kunden zu.« Seine Kanzlei hat 2006 das »Kickback-Urteil« erstritten, in dem der Bundesgerichtshof festlegt, dass alle Provisionszahlungen und Rückvergütungen, die die Bank für ihre Empfehlung erhält, dem Kunden offengelegt werden müssen. Seitdem häufen sich naturgemäß die Klagen. Warum für Beratung nicht bezahlen? Die Finanzkrise hat es gezeigt – bei Anlagegeschäften kann man sich ganz schön die Finger verbrennen. Die Kirchentellinsfurter Kanzlei Tilp Rechtsanwälte kämpft für einen erleichterten Zugang zum Recht damit für geprellte Anleger Rechthaben und Rechtkriegen nicht zweierlei bleiben. Um die Gesetzgebung zu umgehen, sichern sich manche Banken ab. »Die Deutsche Bank beispielsweise lässt den Kunden ein Formular unterschreiben, in dem er sich bereit erklärt, dass die Bank solche Zuführungen behalten darf«, erklärt Tilp. Der Kunde unterschreibt – und soll seine Ansprüche los sein. »Wahrscheinlich, wie so oft, ohne große Ahnung, was er da eigentlich abnickt«, meint Tilp. Er macht deutlich: »Der Kunde ist bis heute nur deshalb nicht bereit, für eine Beratung zu bezahlen, weil die Banken ihm jahrzehntelang erzählt haben, dass sie umsonst sei. Man hat ihm die Kosten stets verschwiegen und hintenrum abkassiert.« Banken wie die Quirin Bank dagegen kehrten alle versteckten Zahlungen an den Kunden aus. Am Ende lassen sie sich von ihm eine Provision bezahlen, für die Beratung. »Dieses Modell gefällt mir, aber es hat sich bisher in Deutschland nicht durchgesetzt«, relativiert Tilp. Damit das »Hintenrum«, wie Tilp es nennt, für die Banken nicht mehr so einfach ist, wurde zum 1. Januar im Wertpapierhandelsgesetz die gesetzliche Pflicht verankert, Beratungsgespräche zu protokollieren. Diese Protokolle sollen für den nötigen Durchblick sorgen. Sie dienen zum Schutz des Kunden, eigentlich. In Wahrheit »versuchen die Banken, durch das Ausfüllen des Protokolls und durch das Unterzeichnen des Anlegers eine optimale Beweissituation für sich selbst zu schaffen.« Schwammige Formulierungen und allenfalls grobe Risiko-Klassifizierungen stiften viel Verwirrung. Die Papierflut überfordere den Kunden, er wolle die Formalien vom Tisch haben – und unterschreibe. Wenn der Kunde das tut, bestätigt er, dass das Protokoll vollständig und richtig ist. Später etwas anderes zu beweisen sei dann schwierig. Aber wer muss eigentlich wem was beweisen? Grundsätzlich muss der Kunde darlegen, dass die Bank ihre Pflichten verletzt hat. Bei einer Umkehr der Beweislast müsste hingegen das Geldinstitut sicherstellen, dass es richtig beraten hat. Andreas Tilp setzt sich für einen Kompromiss nach amerikanischem Vorbild ein: »In den USA müssen beide Parteien, Kläger und Beklagter, ihre Unterlagen zum Sachverhalt dem Gericht vorlegen.« Auf dieser Grundlage wird dann geprüft, wie es letztlich wirklich gewesen ist«, sagt Andreas Tilp. Steht also fest, dass die Bank falsch beraten hat, fragt sich der Anleger, ob er Anspruch auf Schadensersatz hat – und im Zweifelsfall auch, wie lange noch. Bisher galt für Schadensersatzansprüche im Wertpapierbereich die dreijährige Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Das hat sich nun geändert. Seit 5. August 2009 beginnt eine dreijährige Frist erst an dem Tag, an dem der Verbraucher Kenntnis darüber erhalten hat, dass er falsch beraten wurde. Allerdings gilt diese Regelung nur für Beratungen, die ab diesem Datum getätigt wurden. Ansprüche aus Wertpapierkäufen die davor getätigt wurden, sind spätestens drei Jahre nach Kaufdatum verjährt und die Schadensersatzansprüche damit hinfällig. Fahrlässig oder mit Vorsatz gehandelt? Einen Hoffnungsschimmer gibt es für geprellte Anleger dennoch: Die relevante Frage: hat die Bank nur fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt? In einem ebenfalls von der Kirchentellinsfurter Kanzlei erstrittenen Urteil des BGHs vom Mai 2009 heißt es nämlich: Wenn feststeht, dass eine Bank falsch beraten hat, dann muss sie beweisen, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt hat. »Ist dies der Fall, gilt die kurze dreijährige Verjährungsfrist nicht und im Prinzip kann man dann die letzten 30 Jahre schadensersatzrechtlich aufrollen«, erklärt Andreas Tilp. Bleibt es dagegen bei der Fahrlässigkeit, gilt die dreijährige Frist wie gehabt. Den Weg zu Gericht muss am Ende jeder selbst bestreiten. Viele private und institutionelle Geschädigte schrecken davor jedoch zurück. Ein langwieriges Procedere, hohe Kosten und nicht zuletzt das strukturelle Kräfteungleichgewicht halten viele davon ab, zu klagen. An dieser Stelle bringt Andreas Tilp zwei entscheidende Instrumente ins Spiel: Prozesskostenfinanzierer, die dem Anleger das Risiko der Gerichtskosten abnehmen und sogenannte Erfolgsgebühren, die den Anwalt im Falle eines Siegs am erstrittenen Erfolg beteiligen. Verliert er, sieht er keinen Cent. Darüber hinaus fordert Tilp nach amerikanischem Vorbild: »Wir brauchen endlich Sammelklagen!« In Deutschland gibt es diese (bisher) nicht. »Wir brauchen in Deutschland eine Klägerindustrie, als Gegenstück zur Schädigerindustrie!« Durch Sammelklagen werden die Rechtsansprüche vieler gebündelt und kostengünstig verfolgt. Letztlich würden dadurch auch die Gerichte entlastet. Die Gerichtskosten in Deutschland sind mit die höchsten in Europa. Fachanwalt für Finanzrecht – ein krisensicherer Job? »Unser Bereich ist ein boomender Zweig«, erklärt Tilp. »Jeden Tag werden neue Produkte kreiert, die aus meiner Sicht nur ein Ziel haben: Den Kunden zu schröpfen.« Andreas Tilp, der in seiner Kanzlei drei neue Anwälte eingestellt hat, bringt deshalb ernsthaft die Frage an, ob es eine faire Finanzdienstleistungsindustrie überhaupt geben kann. Fotos: Gerlinde Trinkhaus 43 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin rationen bereits gefolgt sind, hält Herrmann für überzogen. Nicht nur wegen der dramatisch hohen Abbrecherquoten an den Hochschulen und Universitäten, sondern auch wegen des Ungleichgewichts der Abschlüsse. Im internationalen Vergleich tun sich Fragen auf, was die Gleichbehandlung betrifft. »Viele Abschlüsse, die bei uns normale berufliche Abschlüsse sind, werden im Ausland bereits wie Collegeoder Bachelor-Abschlüsse bewertet.« Herrmann: »Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.« Walter Herrmann (links), Landrat Thomas Reumann (Mitte) und Sozialministerin von Baden-Württemberg, Monika Stolz, im Gespräch mit Auszubildenden bei Wafios Fotos: WA 44 »Demografische Perspektive ist dramatisch« »Egal, ob wir heute einen Fachkräftemangel haben oder nicht, wir werden ihn bekommen«, sagt Walter Herrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Reutlingen. Er ist zuständig für die Aus- und Weiterbildung. Von Hans Jörg Conzelmann Die demografische Perspektive ist dramatisch. Die Zahl der Schulabgänger wird in den nächsten Jahren abnehmen, die der Bewerber für eine betriebliche Ausbildung deshalb auch. Bereits in diesem Jahr berichteten viele Unternehmer, der Andrang an Bewerbern für das jetzt gestartete neue Ausbildungsjahr 2010 sei spürbar zurückgegangen. Die Prognose laut Statistischem Landesamt für das Jahr 2015: Die Gesamtzahl der Grundschüler in der Region Neckar-Alb nimmt um 20 Prozent ab, die der Hauptschüler um 33 Prozent. Ingesamt wird die Region Neckar-Alb 18 Prozent weniger Schüler haben als jetzt. Der Rückgang ist stärker als im Landesdurchschnitt: In ganz Baden-Württemberg sind es 15 Prozent weniger Schüler als heute. Konkurrenz zur beruflichen Ausbildung sieht Herrmann im Studium. Immer mehr Schülerinnen und Schüler wechseln direkt nach der Grundschule in die Gymnasien oder später in die Beruflichen Gymnasien oder Vollzeitschulen. Man kann davon ausgehen, dass Jugendliche mit entsprechenden Abschlüssen dann – zumindest in der Mehrzahl – auch studieren wollen. Die Hochschulen im Land, auch in der Region, bauen derzeit ihre Kapazitäten aus. »Und sie werden sicher bestrebt sein, diese Kapazitäten in absehbarer Zeit auszulasten«, prophezeit Herrmann. Den allseitigen politischen Appell zur akademischen Laufbahn, dem zahlreiche Schülergene- Höheres Eintrittsalter in das Berufsleben Die Neigung zum Studium führt zum höheren Eintrittsalter ins Berufsleben. Und die Studenten kommen möglicherweise mit zu hohen Erwartungen in die Betriebe. Dennoch soll derjenige studieren, der weiß, warum und der eine klare Perspektive vor Augen hat. »Trotzdem muss klar werden, welche Chancen junge Leute in Betrieben haben«, fordert Herrmann. Der Jugend räumt er umso größere Chancen ein, je weniger Bewerber auf dem Markt sind. Denn die Zahl der Konkurrenten sinkt. Was bedeutet das für die Betriebe? Der Anteil der Auszubildenden mit Abitur liegt seit Jahren zwischen 12 und 15 Prozent. Wenn aber die meisten Abiturienten ein Studium anfangen, fehlen immer mehr Bewerber in der betrieblichen Aus- bildung. Die Zahl der Schulabgänger, auch die mit mittlerem Bildungsabschluss, die direkt in die betriebliche Ausbildung wechseln, sinkt. Der Wettbewerb um diese Bewerberinnen und Bewerber wird daher unter den Betrieben zunehmen. Und das ist auch gut so, findet Herrmann: »Die Unternehmen müssen die Qualität und das Image ihrer qualifizierten Ausbildung weiter ausbauen, sie müssen ihre Attraktivität für junge Menschen deutlich machen und unter Beweis stellen.« Herrmanns Ratschlag an die Betriebe: »Werben Sie für sich, wo immer es geht.« Wichtig sei der Gang in die allgemeinbildenden Schulen, um frühzeitig künftige Nachwuchskräfte kennenzulernen und ihnen Chancen aufzuzeigen. Die IHK Reutlingen unterstützt dabei ihre Mitglieder. 1997 hat die IHK eine regionale Lehrstellen-Initiative ins Leben gerufen, an der sich Handwerkskammer, Agentur für Arbeit und Schulen beteiligen. Das Ziel war von Anfang an: 45 »Für Schüler und Jugendliche Perspektiven aufzeigen, was in der betrieblichen Ausbildung in der Region Neckar-Alb möglich ist.« 2004 startete die IHK zusätzlich die Kampagne »Wirtschaft macht Schule – machen Sie mit!« Das Angebot richtet sich an Unternehmen und Schulen gleichermaßen. Die eigens eingerichtete IHK-Servicestelle »Wirtschaft macht Schule« bringt Vertreterinnen und Vertreter aus Schulen mit Betrieben zusammen. Reutlinger Modell gutes Beispiel Leuchtendes Beispiel für eine gelungene Kooperation sei das »Reutlinger Modell«, eine Kombination aus einer Facharbeiterausbildung zum Industriemechaniker und einem Studium an der Hochschule Reutlingen im Studiengang Maschinenbau. Innerhalb der ersten beiden Jahre absolviert der Schüler die komplette FacharbeiterAusbildung zum Industriemechaniker in einem Ausbildungsbetrieb inklusive Berufsschul-Blockunterricht an der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule. Die gesamte Studiendauer ist nur geringfügig länger als bei einem reinen Hochschulstudium, da das vorgeschriebene Vorpraktikum durch die Facharbeiterausbildung entfällt und das Praxissemester in zwei Blöcken in den Semesterferien geleistet werden kann. »Das ist eine sehr gute Perspektive für Abiturienten.« Zusätzlich wird der zweite Bildungsweg frührerer Jahre wieder aktiviert. Die Bildungslandschaft in der Region ist dadurch vielfältiger geworden: an der Beruflichen Schule in Rottenburg wurde vor zwei Jahren eine neue Wirtschaftsoberschule eingerichtet. Wer einen mittleren Bildungsabschluss sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem kaufmännischen Beruf hat, kann dort das Abitur machen. Ähnliches gibt es für technische Berufe in Balingen. »Es werden hier Wege aufgemacht für Menschen mit mittlerer Reife und Berufserfahrung.« 46 WWW.HANDWERK.DE GEA-Wirtschaftsmagazin WWW.HWK-REUTLINGEN.DE Kolumne: Philosophisches zur Mode Oscar Wilde: Man kann die Seele nicht durch die Sinne heilen Korrektur am Ich Die Philosophie der Kleider ist die Philosophie des Menschen. Im Kleid steckt die ganze Anthropologie. Zwar sind die Kleider nicht in erster Linie Bedeckung der Scham; aber sie sind Korrekturen am menschlichen Ich. Der Mensch, der sich kleidet, macht sich damit zu einem Stück Welt. Der Akt des Kleidens besagt eine Abwendung vom Selbst, ein Sich-verstellen-als-Welt. Gerhardus Leeuw Verwandlung Kleider, glückselige Erfindung! Nur Kleider machen das, was Tugend und Verdienste, Redlichkeit und Liebe zum Vaterlande vergebens unternehmen. Nunmehr ist mir nichts so lächerlich als ein ehrlicher Mann in einem schlechten Anzug; Eine ängstliche Bemühung bringt ihn in dreißig Jahren zu der Hochachtung nicht, zu welcher er durch ein prächtiges Kleid in vierundzwanzig Stunden gelangen kann. Gottlieb Wilhelm Rabener Das Kleid macht den Mann Dass das Kleid den Mann mache, gilt in gewissem Maße auch für den Verständigen. Das russische Sprichwort sagt zwar »Man empfängt den Gast nach dem Kleide und begleitet ihn nach seinem Verstande«, aber der Verstand kann doch den Eindruck dunkeler Vorstellungen von einer gewissen Wichtigkeit, den eine wohl gekleidete Person macht, nicht verhüten, sondern allenfalls nur das vorläufig über sie gefällte Urteil hintennach zu berichtigen den Vorsatz haben. Immanuel Kant Theater der Eitelkeiten Bevor die Mode noch nicht die Massen erreicht hatte, war vertikale soziale Migration weniger möglich und üblich als im 20. und 21. Jahrhundert. Verbunden mit dem sozialen Status war die fest reglementierte Verwendung von Standestrachten. Jeder spielte seine soziale Rolle in den Kleidern, die seiner Rolle entsprachen. Heute haben die großen Formen der Geselligkeit mit ihren Empfängen, ihren Festen immer einen mehr oder weniger maskierenden Spielcharakter, wo es Auftritte, Inszenierungen, große Posen, Selbstpräsentationen, ein Theater der Leidenschaften und Eitelkeiten gibt. Eugen Fink Stil des Konsums Der Mode-Mythos ist die verklärende Erzählung der Mode-Werbung; sie will glauben machen, der Anbieter der Mode verkaufe mit dem Gut gleichzeitig ein Metagut, z. B. Pralinen mit »Liebesfüllung« oder Jeans mit Jugendlichkeit. Das Konsumgut Zigarette birgt die Metagüter Freiheit und Abenteuer: damit wird Zigarettenkonsum (Lifestyle) als Mittel zur Erlangung der Metagüter Freiheit und Abenteuer dargestellt. Lifestyle wird als Lebenskunst vermarktet: der nach Freiheit strebende Mensch begnügt sich unter Umständen mit dem Konsum einer Zigarette. Lifestyle – im Jargon der Werbung – darf jedoch nicht einfach mit Lebensstil übersetzt und gleichgesetzt werden, sondern ist schlicht ein »Stil des Konsums«, der keine notwendige Bedingung für die Lebenskunst darstellt. Wilhelm Schmid Tod und Geburt Dieser Wechsel der Stile birgt das Verschwinden der alten und das Emporkommen der neuen Mode, wie der Leib – platonisch gedacht – Tod und Geburt erfährt und nicht wie die Seele unsterblich ist. Auf die Mode übertragen »stirbt« ein Stil der Mode, wenn ein neuer geboren wird. »Die Mode ist tot, es lebe die Mode« lautet die Überschrift eines Kapitels, das die Mode in der Postmoderne untersucht. Der Designer, als Gebärender, ist wie als Henker für die Neuerschaffung der neuen Mode und damit indirekt für den Tod der alten verantwortlich. Die neue Mode verdrängt und »tötet« durch ihre umgreifende Präsenz die alte. Der »Mord« der neuen Mode an der alten Mode ist unumgänglich, denn die Zyklen der Mode und ihr Wechseln haben einen autopoietischen Charakter erlangt. Weder der Designer noch der einzelne Konsument sind in der Lage, die Zyklen der Mode, deren Geburt und Tod zu stoppen. Jean Baudrillard Pseudo-Katharsis In modernen Gesellschaften beabsichtigen die Vermarkter von Konsumprodukten die freigewordenen Sinn-Lücken mit Metagütern zu besetzen. Konsumaffine, kompensatorische Ersatzhandlungen, verschaffen jedoch nur scheinbare Katharsis, weil sie nicht nachhaltig von Affekten reinigen, sondern diese überlagern. Die Pseudo-Katharsis des Konsums ist eine Symptombekämpfung und keine Therapie. Eine Person mit einem schwach ausgeprägten Selbstbewusstsein wird dieses durch exklusive Markenprodukte allenfalls vorübergehend, jedoch nicht dauerhaft stärken. Eine Katharsis, hier: eine nachhaltige Reinigung oder Entladung, beispielsweise von der Angst der Inferiorität, muss durch die psychische Tiefe eines Indivuums erfolgen, da man nicht die Seele durch die Sinne heilen kann. Oscar Wilde *Roman Meinhold: Der Mode-Mythos: Lifestyle als Lebenskunst. Königshausen & Neumann.Würzburg 2005 Sie finden uns in der Seitenstraße, der Hauptstraße und sogar in der Milchstraße. Das Handwerk ist nicht nur einer der größten Wirtschaftsbereiche Deutschlands, sondern auch einer der innovativsten. Jedes Jahr entwickeln fast 1 Million Handwerksbetriebe mehr als 150.000 Innovationen, die uns das Leben erleichtern und verschönern.Vom Spreizdübel bis zum Picosatelliten.Wer so viel erfindet, erfindet vor allem eins immer wieder neu: sich selbst. Überzeugen Sie sich: www.handwerk.de Statistikservice für Textiler Aus welchen Ländern importiert Deutschland die meisten Miederwaren? Was kostet Nachtwäsche aus China? Wie hoch ist die Ausfuhr von Damenpullis nach Russland? Die Antworten auf diese umfangreichen Fragen liefert im Handumdrehen das Datenportal der Textilverbände Gesamtmasche und Südwesttextil. Nichts ist zeitraubender und ärgerlicher als sich mühsam und zäh aus unterschiedlichsten Quellen Daten herausfiltern zu müssen. Und wenig ist überzeugender als im Geschäftsleben mit fundiertem Zahlenmaterial zu arbeiten. Mit Hilfe dieser modernen, komfortablen und benutzerfreundlichen Internetplattform lassen sich individuelle Auswertungen über eine riesige Datenmenge erstellen – schnell und einfach. Import- und Exportbilanzen der textilen Branche, Konjunkturdaten und Geschäftsklimaindex werden per Mausklick in anschaulichen Grafiken präsentiert, können archiviert und als Excel-Tabellen ausgedruckt werden. Die einfache und intuitive Menüführung unterstützt den Benutzer beim Erstellen seiner individuellen Statistiken. Und dies auf Basis von monatlich aktualisierten Daten. 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