30x2 SESSEL/STÜHLE - artelier collection
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30x2 SESSEL/STÜHLE - artelier collection
30x2 SESSEL/STÜHLE DROSCHL 30x2 SESSEL/STÜHLE 30x2 CHAIRS mit Vorworten von/with forewords by Peter Weibel und/and Ralph Schilcher sowie einem Essay von/ and an essay by Bazon Brock und 30 Seiten mit Beiträgen von/and 30 pages with contributions by Peter Noever sowie/as well as Friedrich Achleitner, Volker Albus, Ernst M. Binder, Franz Josef Czernin, Hermann Eisenköck, Max Gad, Hermann Glettler, Walter Grond, Franz Kaltenbeck, Wolfgang Lorenz, Markus Mittringer, Peter Pakesch, Rolf Sachsse, Ferdinand Schmatz, Heimo Steps, Rudolf Taschner, Manfred Wolff–Plottegg und 30 Fotos sowie 2 Ausstellungsfotos von /and 30 photos plus 2 exhibition photos by Michael Schuster mit Sesseln/Stühlen von/with chairs designed by Heiner Blum, Herbert Brandl, EVA & ADELE, Peter Friedl, Jakob Gasteiger, Franz Graf, G.R.A.M., Markus Huemer, IRWIN, Michael Kienzer, Peter Kogler, Zenita Komad, Brigitte Kowanz, Hans Kupelwieser, Thomas Locher, Rudi Molacek, Christian Philipp Müller, Flora Neuwirth, Tobias Rehberger, Werner Reiterer, Gerwald Rockenschaub, Eva Schlegel, Michael Schuster, Hartmut Skerbisch, Gustav Troger, Peter Weibel, Hans Weigand, Markus Wilfling, Erwin Wurm, Heimo Zobernig und einer Covergestaltung von/and cover design by Manfred Erjautz LITERATURVERLAG DROSCHL Graz/ Austria 2008 Herausgeber/Editor: Ralph Schilcher – Artelier Collection VORWORT DES KURATORS In Evolutionsstufen gesprochen kam das Sitzen nach dem Liegen und vor dem Laufen. Glücklicherweise kann man stehend nicht sitzen. Sitzen unterstützt aber das Standvermögen. Denn Stehvermögen beweist, der nicht umfällt, am allerwenigsten beim Sitzen. Sitzenbleiben hingegen macht nicht gerade glücklich, denn es bedeutet Versagen bei schulischen Leistungen und ist gewissermaßen die Vorstufe zum Überbleiben, das, was man sich am allerwenigsten wünscht. „Bleib sitzen“, sagt man zu Menschen, wenn man sie behandelt wie Hunde, denen man einfach einen Ort zuweist. „Platz“ ist die Kurzfassung von „Bleib sitzen“. Sitzen bedeutet also Raum einnehmen und Stehen bedeutet Raum verteidigen. Sitzen ist daher eine friedliche Tätigkeit und ein Beitrag zur Kultur. Sitzen bedeutet, gegen den Krieg zu sein, denn der Krieg ist eine Sache des Marschierens. Deswegen gibt es Sit Ins und Sitzstreiks als Formen des Pazifismus und des Widerstands gegen Autoritäten. Sitzen, da es weder Stehen noch Marschieren ist, ist der Eckpfeiler einer Zivilgesellschaft, so wie das Militär das Reich des Marschierens und Stehens ist. Wer sitzt, ist genauso wenig faul wie derjenige, der liegt, sondern wer sitzt, der denkt. Sitzen gehört also zur Geschichte der Kultur und nicht nur zur Geschichte der Psychologie, des Designs oder der Evolution. Die Aufgabe des Designs ist es, das Sitzen deutlich vom Stehen und Stellen zu unterscheiden, denn das Wort Stuhl gehört bedauerlicherweise zu den Nominalbildungen des Verbs „stehen“ und bedeutet eigentlich „Gestell“. Stuhl kommt also von „Gestell“, „gestanden“, „Ständer“. Deswegen muss der Stuhl ein Gestell sein, das sich scharf abgrenzt vom Stehen. Auf Schwedisch bedeutet „stol“ das Gleiche wie das englische „stool“, aber das russische „stol“ bedeutet „Tisch“ oder „Thron“, den Hochsitz des Fürsten oder des Richters, von dem sich auch der „Lehrstuhl“ ableitet. Die Sitzhaltung ist also von feudaler Herkunft und verrät weltliche und geistliche Macht. Ab dem 16. Jahrhundert wurde das Sitzen eine bürgerliche Einrichtung der Zivilisation. In der Demokratie ist der Stuhl gewissermaßen „zu Stuhle“ gekommen, das heißt „mit etwas fertig geworden“, nämlich mit dem Statussymbol der Herrschaft, wie es auch in dem Wort „gesetzt“ zum Ausdruck kommt, oder in dem noch schöneren Ausdruck: „zur Ruhe setzen“. Wer sitzt, ruht in sich selbst, ist zu sich gekommen, ist zur Ruhe gekommen. Der Stuhl ist also der Tempel der Meditation, des Denkens, des Friedens und der Zivilgesellschaft. Die zahlreichen Variationen von Stuhltypen, die KünstlerInnen zum 60. Geburtstag von Ralph Schilcher gemacht haben, sind also nicht nur eine Hommage an den mutigen Sammler 1 CURATOR’S FOREWORD In terms of evolutionary stages, sitting came after lying and before running. Luckily one cannot sit while standing. Sitting however does support the ability to stand up for oneself. Then showing a bit of backbone and being able to stand up for oneself demonstrates that you are not a pushover, least of all when sitting. Having to sit the same class again in school, however, is not an enjoyable thing, since it means you’ve failed academically and is effectively the preliminary stage to being left over, which is the very last thing you want. “Stay sitting,” they say to people when they treat them like dogs, assigning them to their place. “Take your place” is another way of saying “Stay sitting”. Hence sitting means taking a place and standing means defending a place. Sitting is thus a peaceful activity and a contribution to culture. Sitting means being anti-war, because war involves marching. This is why there are sit-ins and sit-down strikes as forms of pacifism and of resistance to authority. Sitting, being neither standing nor marching, is the cornerstone of a civil society, just as the military is the domain of marching and standing. A sitting person is no more lazy than the recumbent person, except that a sitting person is a thinking person. Sitting therefore belongs to the history of culture and not to the history of psychology, of design or of evolution. The purpose of design is to differentiate “sitzen”, sitting, clearly from “stehen”, standing, and “stellen”, putting: unfortunately in German the word “Stuhl”, chair, belongs to the noun formations of the verb “stehen”, to stand, and actually means “Gestell,” frame. Hence “Stuhl” derives from “Gestell”, “gestanden” (stood), “Ständer” (a stand). Thus a chair must be a frame that is strictly distinguished from standing. In Swedish, “stol” means the same as the English “stool”, however the Russian “stol” means “table” or “throne”, the raised seat of the sovereign or judge, from which the term “academic chair” is also derived. So sitting posture has its origins in feudalism and bespeaks earthly and spiritual power. From the 16th century onwards sitting became a middle-class institution of civilisation. In democracy the chair in a manner of speaking came “zu Stuhle” as they say in German, meaning it got over being the status symbol of authority, as is also expressed in the word “gesetzt” – sedate – or in the even finer expression: “zur Ruhe setzen”, to calm someone down. A sitting person is at rest and calm, has found himself, is at peace with himself. The chair is thus a temple of meditation, of thought, of peace and civil society. The many variations of types of chair that artists have made for Ralph Schilcher’s 60th birthday are not just a homage to the bold collector and efficient producer, innovative gallery-owner and gifted und effizienten Produzenten, innovativen Galeristen und begnadeten Drucker, sondern auch eine Hommage an den Stuhl und dessen Zukunft als Kulturgerät und moralische Anstalt. Es gibt keinen Kinofilm und kein Theaterstück ohne einen Stuhl, nicht einmal Konzerte kommen ohne einen Stuhl aus. Die bedeutendste aller Kulturrequisiten ist der Stuhl. Schilcher hat daher Stühle gesammelt, als Beitrag zur Kultur und gegen den Krieg, und eine Ausstellung von Stühlen angeregt, um dem Stuhl seinen gebührenden Platz als zentrale Requisite in der Geschichte der Kultur zu sichern. Nachdem er sich sein Leben lang zwischen Stühle gesetzt hat, wird er sich sicherlich auch in Zukunft nicht zur Ruhe setzen, wie dieses Projekt beweist. printer, but also a homage to the chair and its future as a cultural implement and moral institution. There could be no cinema films and no theatre plays without a chair, not even a concert could be managed without a chair. The chair is the most important of all cultural requisites. Schilcher has therefore collected chairs as a contribution to culture and against war, and initiated an exhibition of chairs in order to guarantee the chair its rightful place as a central requisite in the history of culture. After a life of sitting between two chairs he will certainly not be settling into a sedentary lifestyle in the future, as this project demonstrates. Peter Weibel Peter Weibel VORWORT DES HERAUSGEBERS 14 private Umzüge und noch mehr Büro- und Geschäftswechsel haben bei mir in meinem Lager eine Menge Möbel, insbesondere Sessel/Stühle angehäuft. Nicht gesammelt, sondern eher angesammelt. Einmal wollte ich sie entsorgen. Da meinte der Polyartist Jörg Schlick, dass ich dies nicht machen, sondern weiter ansammeln sollte. Es würde ihm da schon eine tolle Skulptur einfallen. Leider verließ er uns all zu früh und so musste ich für den inzwischen weiter angewachsenen Berg von Sesseln/Stühlen eine andere Idee finden. Ich gewann Peter Weibel als Kurator für dieses Projekt. Anlässlich meines 60. Geburtstages suchten wir die Sessel/ Stühle aus, von denen zumindest je 2 gleiche Exemplare vorhanden waren. Es waren ca. 30 Paare und 30x2 sind ja dann auch 60! Oder auch 2x30. Ein rundes Projekt – ein runder Geburtstag. 30 befreundete Künstler wurden eingeladen, je einen zugelosten Sessel/ Stuhl zu be-, ver-, umarbeiten. So steht je einem Originalsessel/stuhl ein zweiter, ein Künstlersessel/stuhl gegenüber. Ein Buch entstand dazu, 30 Seiten Foto und 30 Seiten Text von, über, zu und mit Sesseln/Stühlen aus verschiedensten Blickwinkeln. Das sind dann zusammen wieder 60 Seiten. Und so kann ich mich nun wahlweise auf oder zwischen mehrere Sessel/ Stühle setzen, mich festsetzen, zur Ruhe, zur Arbeit oder zu Tische setzen, mich mit Jemand oder Niemand zusammen- oder auseinandersetzen, den Vorsitz führen oder den Sessel unter meinem Hintern wegziehen lassen, an- oder aussitzen, am Sessel kleben oder mich vom Sessel erheben. Oder einfach nur sitzen! 3 Ralph Schilcher EDITOR’S FOREWORD After 14 private relocations and even more changes of office and establishment, a large heap of furniture, particularly chairs and armchairs, has amassed in my store room. Not intentionally collected: rather, accumulated. Once I wanted to get rid of them. Then the polyartist Joerg Schlick suggested that instead of getting rid of them I should carry on accumulating. He would then come up with a great sculpture. Unfortunately he passed away from us much too soon and so I had to think of something else to do with my growing mountain of upright and easy chairs. Peter Weibel agreed to be curator of the project. On the occasion of my 60th birthday we chose the upright and easy chairs of which there were at least 2 identical examples. There were about 30 pairs and 30x2 does after all make 60! Or 2x30 too. A well-rounded project for a round birthday. 30 of my artist friends were invited each to work on, work up or rework a randomly assigned chair. So for each original chair there is a second, artist’s chair alongside it. An accompanying book was developed, 30 pages of photographs and 30 pages of text of, about, concerning and with chairs from a huge variety of perspectives. All together that once again makes 60 pages. And so I can now choose to sit on one, or between several, easy or upright chairs, settle in, sit myself down at rest at work or at table, I can address the chair or pass the chair with or without someone else being there, hold the chair or have the chair pulled out from under me, sit in or sit out, stick it out in my seat or rise from my seat. Or just simply sit! Ralph Schilcher GESTÄNDNISSE EINES TAPFEREN Der Anlaß, mich zum zigsten ZINNSOLDATEN Male auf die Programmatik „Stehen – Liegen – Sitzen“ [siehe nachfolgenden Auszug aus: Dietmar Spielmann/Richard Kampfmann (Hg.): SitzLast StehLust. Plädoyer für das Arbeiten im Stehen, Berlin 1993, S. 91-100.] einzulassen, entstand durch eine Besonderheit unseres „Lustmarschs durchs Theoriegelände“. Das Ausstellungsterritorium war weder in den bespielten Museen, Kunstvereinen oder Theatern noch etwa in den multifunktionellen Raumgefügen wie dem ZKM in Karlsruhe groß genug, um in ihnen wie im Englischen Garten die Bewegungsprogrammatik „Lustmarsch“ realiter auszuführen. Wir führten als Synthese von blockierter Vorwärtsbewegung, dem Spazierenstehen, und der ebenso unmöglichen Bildung von Picknickhockerei respektive Massenlagerung von Publikum à la Pipilotti Rist in einer Kirche von Venedig (Biennale Venedig 2005), das Spazierensitzen als olympische Disziplin ein. „Auf Hockern mir nach“, hieß dann das Kommando wie bei einer Kavalkade der Dadaisten im Cabaret Voltaire, die möglich wurde, weil Richard Huelsenbeck verkündet hatte, er habe herausgefunden, DADA hieße Steckenpferdchen, und die Dadaisten seien demzufolge Kavalleristen im stehenden Kinderzimmergalopp. Das Spazierensitzen im Theoriegelände führte in die Kunstrezeption Tugenden der politischen Lenker und Geisteshaltungen der religiösen Denker ein. Helmut Kohl, der Siegfried, der die zerstreuten Glieder des europäischen Schwertes mit Hilfe einer Glüheinrichtung zur Einheit fügte, die mit D-Markkohle beheizt statt mit Holzkohle befeuert wurde, empfahl das Aussitzen. In unserem Falle also das Aussitzen von Nicht-Verstehen und Perplexität – sehr nahe an der Strategie Za-Zen der Buddhisten, dem Sitzen in Versunkenheit, das heißt, nachdem der Versuch gelungen ist, in den Boden zu versinken (auf Dauer gestellt ist das die Hockergrabstellung). Die berühmteste Metapher in der Tradition von Feuerbach und Marx hieß, die Hegelsche Philosophie vom Kopf auf die Füße zu stellen. Davor war es auch eine Metapher für das lebendig begraben werden; mit dem Kopf nach unten aufgehängt zu werden, war eine Folter und Maßnahme im Strafvollzug. Ich habe von 1959 bis 1963/64 viele Vorträge im Kopfstand gehalten. Daß es bei dieser Haltung Parallelen zum Yoga gibt, wurde mir erst später bewußt. Ich wollte vor allem die Metapher des auf dem Kopf-Stehens wörtlich nehmen, und das ging nur, wenn man dabei auch redete. Man muß dabei auf jegliche 5 CONFESSIONS OF A BRAVE TIN What triggered off my interest SOLDIER in the objectives of “Stehen – Liegen – Sitzen” / “Standing – Lying – Sitting” [please see the following extract from Dietmar Spielmann/ Richard Kampfmann (ed.): SitzLast StehLust. Plädoyer für das Arbeiten im Stehen. Berlin 1993. pp 91-100] for the umpteenth time, was a peculiarity we experienced during our “Walk of Desire through the Terrain of Theory“. However, neither the available exhibition site at the relevant museums, art associations or theatres, nor at multi-functional spatial complexes, like that of the ZKM in Karlsruhe, was spacious enough to demonstrate the real objectives of the “Walk of Desire“ - movement. We created a synthesis of blocked forward movement which we called stationary walking, combined with a further impossible formation of a picnic session or mass public accumulation à la Pipilotti Rist in a Venetian church (Biennale Venice, 2005), thus establishing ‘sedentary walking’ as an Olympic discipline. The commando ’follow me on stools’ which imitated the dadaist calvacade performed at the Cabaret Voltaire, was realised as a result of Richard Huelsenbeck’s declaration that he had discovered that DADA really meant ’hobby-horse’ and that the Dadaists were in fact cavalry men doing a stationary gallop through a nursery. The sedentary walk through the Terrain of Theory was an introduction to the art reception of political leaders’ virtues and of the mentality of religious thinkers. Helmut Kohl, who, like Siegfried, unified the dispersed parts of the European sword by using a welding device which was heated by the German Mark instead of charcoal, advised us to sit and wait. In our case, that meant waiting for non-comprehension and perplexity to disappear – similar to the Buddhist Za-Zen strategy of sitting on the ground immersed in thought. That is, if the experiment was successful, you would then sink into the ground (if that posture was permanent, it would become a squatting burial position). The most famous metaphor in Feuerbach’s and Marx’s tradition turned Hegel’s philosophy upside down. Before that, it was also a metaphor for being buried alive; to be hanged with your head downwards was a torture measure executed in penal systems. From 1959 to 1963/64, I held many lectures standing on my head. Later on I realised that this posture bore similarities to Yoga. It was my intention to take the metaphor ‘upside down’ literally and that was only possible if my lectures were given accordingly. While doing this, one has to Bewegung verzichten, so daß man vollständig auf den eigenen Stand fixiert ist. Man kann nur noch mit dem Körper denken und wenn man es richtig beherrscht, hat man das Gefühl, als verfüge man total über seinen Körper. concentrate fully on one’s posture, thus avoiding any other movements. You can then only think by means of your body, and if you do it right, you feel as if you gain full control over your body. STILL GESTANDEN, STILL GELEGT Unsere Nationalhymnen sind eine Musikkategorie, die für das stehende Singen und Hören entwickelt worden ist. Auch die kirchliche Bekenntnismusik ist eine Art Stehmusik. Gemeinschaft wird nicht durch die Sitzenden gebildet, sondern im Wesentlichen durch die Stehenden, die füreinander einstehen. Dahinter verbirgt sich das alte Modell der lebenden Mauer, also die nebeneinander stehenden Männer mit der Waffe in der Hand. Die Bewegungsform der Stehenden ist die Phalanx, ein in sich stehender Verband, der sich als Ganzes bewegt. Das war die überlegene griechische Kampftechnik, die den Athenern den Sieg gebracht hat. Jeder stand in der Reihe starr, die Reihen wurden nicht geöffnet, kurz – es war eine Stehformation in Bewegung. Das Motiv des Einstehens und Eingestehens ist von ungeheurer Bedeutung; man braucht ja nur die etymologischen Wörterbücher aufzuschlagen und die Begriffsgeschichte von Einstand, Eingeständnis, Ständeordnung etc. nachzulesen. Im Hinblick auf die Vermittlung von Wissen kennen wir in der Antike die Symposien, wo man in der Regel die liegende Haltung bevorzugte. Im Liegen sind wir aber am extremsten gefährdet, weil die Reaktionszeiten am längsten sind und der Liegende ruhig gestellt ist bis hin zum Verlust des Situationsbewußtseins. Die Schüler des Aristoteles, die Peripatetiker, tauschten sich im Gehen aus, doch ansonsten wurde im universitären Bereich bis heute mehr oder weniger gesessen. Im Sitzen sind Menschen im höchsten Maße der Suggestivität von Außen ausgesetzt. Die Absenzen von Konzertgängern sind notorisch. Die Auditorien von Kunstpädagogen versinken regelmäßig in dem berüchtigten Museumsschlaf. Die Reaktionen eines Vortragspublikums auf einen überlegenen Fachmann führen zur Duldungsstarre. Kein Poptitan käme auf die Idee, sein Konzept vor einem sitzenden Publikum zu geben. Die Ereignisarenen der Begeisterungsgemeinschaften müssen stuhllos bleiben. Ermüdung durch Stehen wird durch den Körperwald kompensiert. Aber zumeist wird gar nicht gestanden, sondern Bewegtheit im Erlebnis wird in Körperbewegung bis hin zur ekstatischen Entgrenzung umgesetzt. Der Begriff Stehkonferenz zeigt aber, daß es auch produktiv sein kann, wenn sich eine konferierende Gruppe nicht zu stark in eine Situation einlebt STANDING UP, LYING DOWN Our national anthems belong to a music category which was developed for singing and listening while standing upright. The same applies to church music - also a kind of ‘standing’ music. However, communities are not formed by people sitting down, but rather by people standing, that is, people who literally stand together and stick up for each other. This image can be associated to the ancient meaning of a living wall in the sense of armed men standing side-by-side. The movement pattern of people standing together is represented by the phalanx, a standing troop moving as one. That movement pattern is known to have been the superior Greek fighting technique by which the people of Athens won their battles. Every single warrior stood firmly within his file and thus the files remained closed – it was a kind of standing formation on the move. The motive of standing up for and admitting something is of tremendous importance; one only has to search for the history of certain German words such as ‘Einstand’ (start, first time), ‘Eingeständnis’ (confession, admission) or ‘Ständeordnung’ (corporative system) in etymological dictionaries to grasp their significance. In the ancient world, the term symposion suggested that teaching was mainly done in a lying posture. But we are extremely vulnerable when in a horizontal position because reaction times are very long and moreover, the person who is lying down is in a state of complete calm and in danger of losing his or her situative consciousness. Aristotle‘s pupils, the Peripatetics, led their discussions while walking about, but on the other hand, students at universities used to be more or less sedentary, and still are up to the present day. People are extremely vulnerable to external suggestiveness while in a sedentary position; the mental absence of concert visitors is a well-known fact. People listening to art teachers tend to fall asleep and sleep the notorious ‘museum sleep’. The reactions of yesterday’s audience to a superior expert can lead to a state of rigid endurance. No pop idol would ever dream of entertaining a sedentary audience. The event arenas of enraptured communities must stay chairless. Fatigue caused by standing is compensated by a forest of bodies. But people seldom stand still; they rather experience corporal movement to the point of unleashed ecstasy. 7 und dadurch der Gefahr potentieller Seßhaftigkeit begegnet. Vor allem im japanischen Geschäftsleben werden in erster Linie Stehkonferenzen abgehalten. Zu den morgendlichen Besprechungen stehen alle von ihren Arbeitstischen auf, kommen dann zusammen und besprechen sich im Stehen. Wer aktiv sein Territorium ausfüllt, statt nur einen Gummibaum oder die Kinderschuhe seines Erstgeborenen aufzustellen, sichert sich sein Aktionszentrum vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit, mit anderen darin gemeinsam vorzukommen. Allerdings hat diese Art der Auseinandersetzung auch einen Nachteil: Beim Sitzen sind die Menschen mehr oder weniger alle auf einer Blickebene, während sich bei der Stehkonferenz, vor allem aufgrund unterschiedlicher Beinlängen, die Augenkontakte nicht mehr auf einer Höhe befinden. Dadurch kann es leicht zu mißverständlichen Äußerungen oder kompensatorischen Redeeinsätzen kommen; der Blick nach oben ist eben noch immer der zu einer Autorität. Die Möbeleinrichtung von Büros sollte vor allem das eigene Stehvermögen trainieren. Es muß dazu animieren, daß Arbeit wieder gemessen wird in einer Leistung, die der Körper erbringt, wenn er etwa eine Last von hier nach dort befördert. Seit mehr als fünfzig Jahren wird in unseren Büros in diesem Sinne nicht mehr gearbeitet, weil der Körper nichts leistet, sondern nur die Psyche. Erst wenn man Büromöbel und Einrichtungen daraufhin konzipiert, daß das Stehen wieder eine aktive Form der Positionierung ist und die Entwicklung des Standvermögens gefördert wird, dann kommt es auch wieder zu einer ausdauernden konzentrierten geistigen Arbeit. Denn die sitzende Arbeit ist ja deswegen so ermüdend, weil ihr kein körperliches Äquivalent entspricht. Ein lebendiger Gedanke muß verkörpert werden. Spätestens Friedrich Nietzsche, der ständig gegen das müde Sitzfleisch polemisierte, hat an vielen Stellen seiner Schriften betont, daß alles verkörpert werden sollte, daß alles Embodyment sein muß. Sozialverbände, wie sie Firmen darstellen, sind im Grunde Begeisterungsgemeinschaften. Firmenführung bedeutet demnach, die gebündelten Energien solcher Gemeinschaften auf Ziele auszurichten. Gegen eine derartige Diktatur des Sitzfleisches ist die Initiative der rhetorischen Vermittlung von sozialer Gemeinsamkeit gerichtet, denn der Rhetor darf nicht sitzen. Die direkte Art des Miteinanders in der sozialen Rhetorik wird durch das Stehen gefördert, ist auf Bewegung und ein Ausschreiten im Raum ausgerichtet. Genau das verhindert die herkömmliche Struktur des Büros. In 9 The term Stehkonferenz / standing conference illustrates the fact that a negotiating group’s productivity can be augmented by not getting accustomed to a certain position and thus exposing itself to potential sedentariness. Standing conferences are particular popular in Japanese business life, where everyone stands up from their desks to meet for morning talks and discussions. People who actively occupy their own territories instead of just putting a rubber tree or their first born child’s shoes on display, secure their centre of action, especially with regard to the possibility of being there with others. However, that kind of confrontation also has a disadvantage. Whilst people who are seated face each other more or less on the same visual level, they are on different levels when attending a standing conference due to varying body heights. This could in turn lead to misinterpretations and compensatory talks; after all, looking up to someone still has an authoritative connotation. Office furniture should ideally help to build up stamina. Work should once more be measured by the physical strain it takes to transport a burden from one place to another. For more than 50 years now, office work has not been performed in the physical sense of the word, but rather on a mental level. People can only learn that standing up is an active form of self-positioning if office equipment and furniture is designed to enhance stamina and meet the requirements of persistent mental concentration. Sedentary work is only so tiring because it has no corporal equivalent. Lively thought should be embodied. Like others before him, Friedrich Nietzsche repeatedly attacked the tiring notion of sitting patiently and often emphasized in his writings that everything should be embodied, should become Embodyment. Basically, social bodies like companies are communities of enthusiasm. To be a company manager therefore means to understand how to focus the concentrated energy generated by those communities on certain targets. This can only be done by launching an initiative for the rhetoric communication of social mutuality against the dictatorship of constant sitting; after all, speakers are not meant to sit down either. The direct nature of mutual understanding inherent to social rhetoric is enhanced by standing and focuses on movement and striding up and down within a spatial enclosure. And exactly that phenomenon is restricted by standard office structures. At those work places known to us as offices, technical developments have brought forth two significant revolutions. One of them was the discovery of the typewriter that forced its operators to use it while chained to the same place – and for the first time admitting women to den Arbeitsräumen, die wir Büros nennen, haben technische Entwicklungen zwei große Revolutionen hervorgerufen: das eine war die Erfindung der Schreibmaschine, die ihre Betätiger – und hier wurde zum ersten Mal Frauen Zugang zu Bürotätigkeiten gewährt – zwang, an einem Ort und im Sitzen die Maschine zu bewegen. Das gesamte restliche Comptoir-Personal hockte währenddessen auf Misericordien von erhöhten Sitzböcken mit Anlehnmöglichkeit, arbeitete also an Stehpulten. Zur selben Zeit machten die höheren Chargen aus Supervisionsgründen eine kontinuierliche Bewegung durch die Arbeitsräume. Die Frauen wurden als erste im Büro zum Sitzen verdonnert, symbolhafter Ausdruck ihrer niederen Position - nicht nur in der bürokratischen Hierarchie. Sie waren lediglich Reagens auf die Vorgaben der Maschinen und Vorgesetzten und konnten selber gar nicht aktiv werden. Die zweite große technische Revolution, die das Büro erreichte, wurde durch die Mikroelektronik eingeleitet. Eine der Errungenschaften dieser Revolution war das drahtlose Telefon. Mit diesem kabellosen Sprechapparat wird fast jeder im Stehen oder in einer Schaukelbewegung telefonieren, die nicht sehr fern von einer gewissen Krankheitserscheinung kasernierter Tiere im Zoo ist - dem Hospitalismus. Zumindest wird er den inneren Impuls verspüren, sofort stehend zu kommunizieren. Warum? Weil er über die akustische Wahrnehmung seinen Gesprächspartner vor sich sieht und in einem lebendigen Austausch sofort kommunikativer Teil des sozialen Miteinanders und Interaktionsmodells wird. Das Sitzen zeichnet sich durch eine auch physiologisch bedingte Art der Sedierung, des Stillstellens aus. Im Prozeß der sitzenden Entspannung verliert der Sitzende jegliche Form der Aktivität. Die modernen Bürosessel hatten wenigstens versucht, mit ihrer Kompressionsfederung mobiler zu machen, und der Sitzende wurde hin und wieder mal ein bißchen in die Höhe katapultiert. Das ist aber nicht weitgehend genug gelungen. Mit der Einführung der Stehmöbel in die Büros sollte das nun in einem hohen Maße möglich werden. Gegenüber der Verhocktheit des Sitzfleischungeheuers in den normalen Verwaltungen und Bürokratien ist die Aktivierung durch das Erlebnis der gemeinsamen Orientierung auf die Anwesenheit des Anderen notwendig, sonst wäre Soziales kaum faßbar. Auch in Bezug auf das daran anzubindende sportliche Equipment ist darauf zu achten, daß Stehen und Gehen miteinander verknüpft werden. Früher gab es das so genannte Laufband, wo man auf der Stelle stand, aber lief. Das hat sich an vielen Sportübungsgeräten (z.B. dem Walker) weiterentwickelt. 11 the realm of office work. All other office staff had desks that were mercifully equipped with higher wooden benches they could lean on, thus they worked at standing desks. At the same time, higher officials would be continually on the move from one work area to the other, supervising the staff. Women were the first to be condemned to a permanent seated posture in offices as an outward sign of their inferior rank – not only within bureaucratic structures. They were classified as mere reagents to the requirements of their machines and superiors and were thus not allowed to take independent action. The second important technical revolution to reach the office was initiated by microelectronics. One of the accomplishments of that revolution was the wireless phone. During a call with a wireless phone, almost everybody makes rocking movements while standing; those symptoms are apparently related to a disease known as hospitalism from which animals may suffer due to long confinement, e.g. in a zoo. That person will at least feel the need for immediate standing communications. Why? Probably because acoustic perception casts an image of that conversation partner on his or her mind’s eye, thus enabling the communicative actor to participate in social connections and interactions immediately. Being sedentary is also a psychological kind of sedation or immobilisation. During the process of sedentary relaxation, all forms of activity are abandoned. Until now, modern office chairs have at least endeavoured to achieve more mobility by compressed suspension systems and they now and then catapult their users upwards. But this process has not been as comprehensive as it should have been; it could however be put widely into practice by introducing standing furniture into office areas. As opposed to the stubborn posture of the sedentary office beast in common administration and bureaucracy structures, mobilisation results from the experience of mutual orientation towards the presence of others; social behaviour is not otherwise comprehensible. With regard to related sports equipment, additional care should be taken that standing and walking are linked to one another. In the past, the so-called treadmill enabled running in a standing position; this has been further developed on equipment like the walker. Saving space by standing was once propagated by the Viennese Association for the Promotion of Vertical Burials; it proposed burying corpses in an upright position. This type of vertical burial was a novelty at the time and has probably been shelved since then. However, in professional life, standing does not mean being set in concrete, since every change of status requires the Durch Stehen Platz zu sparen, das wurde z.B. in Wien vom Verein zur Förderung der Senkrechtbestattung propagiert, der vorschlug, die Toten künftig im Stehen zu begraben. Diese Art der Senkrechtbestattung hat keinerlei Vorbilder und ist wohl auch schon wieder ad acta gelegt worden. Aber im Arbeitsleben bedeutet Stehen nicht, einzementiert zu sein, denn zu jedem Stand gehört auch die entsprechende Fläche für den Standwechsel; Stehen und Gehen beanspruchen einen entsprechend dimensionierten Raum, so daß in dieser Hinsicht kaum gespart werden kann; mit der zeitlichen Ökonomie verhält es sich hingegen anders, wie das Beispiel Stehkonferenz in Japan oder die höhere Konzentration durch körperlichen Ausgleich nahelegt. Von regelrechten Raum- und Zeitspar-Möbeln könnte man allerdings bei dem Stehimbiß-Design sprechen. Hier werden die Speisenden auch zu einer ganz anderen Haltung erzogen: Während sich die Tischhöhe beim Sitzenden etwa am Ellenbogen bemißt, sind die Stehtische meist auf Brusthöhe angehoben, so daß sich der Essende nicht beugen muß. Da das Stehen auch eine ganz andere Form der Selbst-Exponierung und der sozialen Kommunikation bedingt, entscheiden Stehmöbel letzten Endes auch über das Gelingen von den immer beliebter werdenden Stehempfängen und -partys. Derartige Eigentümlichkeiten auf die Bühne, auf die agora, den großen Platz oder den Kasernenhof zu übertragen, bedeutet eine Anleitung zu geben, wie man eine Art von Initiativkraft herausbilden kann: Angefangen von der simplen Neugierde bis hin zu der mitreißenden Begeisterung der „Bewegung“ und der enthusiasmierenden Art der Gemeinschaftsbildung. Bei der Möblierung eines Steh-Ambientes wird natürlich auch die Tradition der Säule bzw. die Kultur der Ständer und Stelen eine Rolle spielen. Die Gestalt der Säule ist abgeleitet einerseits aus der anthropomorphen Gestalt, also aus der Ähnlichkeit zum stehenden Menschen, andererseits aus der Analogie zum Baumstamm. Eine Zeichnung, die aus dem 18. Jahrhundert datiert, zeigt in einem Wald wie zufällig in einem Viereck gewachsene Bäume, deren Kronen nach innen zusammengezogen sind, so daß die vier Baumstämme die Säulen bilden und die Kronen das Dach. Die andere Herleitung ist die griechisch-römische, wo die Säule aus der Analogie zur Menschengestalt entwickelt wird. Deswegen heißt das Oberteil der Säule auch Kapitell: Caput ist das Haupt. Die Schaftformen standen anfangs noch primär auf monolithischen Steinen – ein Stein wie ein Körper. Erst später hat man sie aus technischen Gründen in Trommeln zerlegt, da Transport und Bearbeitung einzelner Säulenscheiben einfacher war. Die wohl stärkste 13 appropriate space. Standing and sitting require an accordingly dimensioned room, so you can hardly cut costs in that respect, although it may be possible to reduce time expenditure, as the Japanese example of compensating higher concentration by physical activity suggests. However, snack bar furniture can indeed be referred to as being space and time saving. At snack bars, people having meals are forced to adopt a completely different posture than normal. The tables there are designed for standing meals and their tops are thus adjusted to breast height instead of elbow height so that people do not have to bend down to eat. Since standing means adopting a completely different attitude to self-exposure and social communication, furniture design can determine whether increasingly popular standing receptions and parties are successful or not. To transfer such peculiarities to a stage, to the main square, the agora, or to barrack yards, means to provide instructions for generating a kind of initiative force. Ranging from simple curiosity to passionate sentiments for the ‘movement’ and the enthusiastic kind of community creation. There is no doubt that the traditional and cultural significance of the column and the pillar will play an important part in furnishing standing ambiences. The column’s shape is on the one hand derived from an anthropomorphic shape, i.e. its similarity to the upright human body; on the other hand from its analogy to the tree trunk. A sketch dating from the 18th Century depicts four trees in a wood which, quasi coincidentally, have grown to form a rectangle and whose treetops lean inwardly creating a kind of roof, whilst the tree trunks represent supporting columns. The other analogy stems from Antiquity, from the Greco-Roman architectural style, in which the column was developed from its similarity to the human body. That is why the top part of a column is called capital: caput means head. Originally, shaft forms were based on monolithic rocks – a rock like a body. Later on, they were divided into segments for technical reasons, since it was easier to move and to work on single column sections. Thus, the column or pillar provided one of the most impressive transferences of an architectural corpus to the human body and its bearing; the saying “he stands like a pillar” reflects that phenomenon. As a logical result, the caryatids developed from the analogy of column and human being, because no matter whether I choose a pillar or a human body to serve as an architectural element, the carrier function is the significant factor. A fine example is the Erechtheum on the Acropolis where they were introduced during the 5th Century BC (the Caryatids’ Balcony). Übertragung eines architektonischen Körpers auf den Menschen und seine Haltung geht von der Säule aus: „Er steht wie eine Säule“. Die Karyatiden sind logische Entwicklungen aus der Analogie zwischen Säule und Mensch, denn ob ich nun eine Säule darstelle oder direkt den Menschen als Träger, beide Male geht es um eine zu tragende Last. Am Erechtheion auf der Akropolis sind sie im 5. Jahrhundert v. Chr. eingeführt worden. Im hellenistischen Griechenland, etwa um 170 v. Chr., also nachdem sich die Römer durchgesetzt hatten, kommt die abgebrochene Säule als Grabstein bzw. als Epitaphstele auf. Eine ungefähr Dreiviertel hohe Säule, oben abgebrochen als Zeichen des abgebrochenen Lebens. Auf solchen Mementosteinen für das Leben eines Verstorbenen bleibt der Kopf weg. Bei seiner architektonischen Inszenierung La presenza del passato (Venedig, 1980) hat Hans Hollein den abgebrochenen Säulenschaft umgekehrt, von oben nach unten gehängt. Das ist wohl das beste Beispiel für eine zeitgenössische Thematisierung von Säule in Menschenanalogie, denn der Witz bei dem Holleinschen Eingang war, daß man nur unter der abgebrochenen Säule durchgehen konnte, und in dem Augenblick, wo der eintretende Betrachter unter der abgebrochenen Säule stand, ergänzte er sie wieder. Jeder der eintrat, um die Ausstellung zu sehen, stellte die ursprüngliche Bedeutung der Säule wieder her. Entstanden ist die Steinsäule aus der Holzbauweise; die ganze Ornamentik wurde aus der Umsetzung von Holz in das Material Stein entwickelt. Beispielsweise erinnern die Guttae und Mutuli an die ursprünglichen Metallnägel und -köpfe im Holzgebälk; als dies umgesetzt wurde von Holz in Stein, hat man das als Ornamentalform übernommen. Aber ganz sicherlich ist der Übertragungseffekt auf die menschliche Haltung allein deswegen in der griechischen Tradition am stärksten, weil in der Säule die Analogie zum Menschenkörper gemeint war. Im Hinblick auf das soziale Leben stellt sich für den Menschen die Frage nach dem eigenen Stand und der Bedeutung seines Standes. Im Stand trägt er auch das gesamte soziale Gebäude, denn die Institutionen sind ja standhafte Formen des Sozialen. Und Standhaftigkeit ist an die Behauptung der Position am Ort gebunden. Vermutlich läßt sich eine solche Metaphorik bereits an den Pfahlbauten festmachen: da wurde die Säule als Pfahl in den Boden gerammt und bildete das Postament des Unsichtbaren; Gründungen, die wie die Säule auf die Vertikale ausgerichtet waren. Bekanntestes Beispiel ist Venedig. Bei den Griechen bilden die Säulen dann das Postament des Sichtbaren. 15 Around 170 BC, that is, after the Roman Conquest, the broken pillar appears in Hellenistic Greece as a gravestone or as a stele bearing an epitaph. It is a pillar or column with its upper part broken off at about three-quarters of its length, representing the interruption of life by death. The same applies to the memento stones where the head of the deceased person is missing. In his architectural installation La presenza del passato (Venice, 1980), Hans Hollein turned the shaft of the column around and hung it upside down. That is probably one of the best examples of how contemporary art dealt with the column and its analogy to the human body. The crux of Hollein’s entrance installation was that the visitors, who had to walk through it, automatically passed underneath the broken pillar, instantaneously completing it. So everyone who came to see the exhibition contributed to restoring the column’s original function. The stone pillar and all its ornaments were developed from a wooden construction, for example, the guttae and mutuli remind us of the original metal nails and nailheads used in woodwork. The ornamental style was adopted during the transformation phase from wood to stone. But the impact on the human posture is most certainly the strongest in Greek tradition because the column was meant to be an analogy of the human body. With regard to social life, individuals are in search of their status and its importance within the community. Since institutions represent a statical form of social life, every person bears the entire social construction by virtue of his or her status. And constancy is maintained by its connection to any location. That metaphor probably relates to pile dwellings which were built by driving long piles into the ground creating an invisible pedestal. A foundation based on vertical columns; Venice being the most famous example. In Greek architecture however, columns formed the pedestal of the visible. The column was then replaced by the pillar which was much simpler to build than the column. Since the Romanesque period, columns have no longer played any great part in major construction work, like for example in the order of intersections; pillars had to replace columns due to necessary adaptations to their arrangement order, which did not correspond to that of Christian longitudinal constructions originating from the ancient Basilica style, at least as far as intersections are concerned. The same applies to portal walls. By following a structural reorientation towards the pillar, the original analogy to the shape of the human body faded somewhat, in spite of the fact that the pillar represents one of the basic principles of Christian iconography still Die Säule wurde vom Pfeiler weitgehend verdrängt, weil der vom Bauaufwand viel einfacher zu handhaben ist als die Säule. Auch die großen zentralen Bauaufgaben seit der Romanik ließen sich nicht mehr, wie zum Beispiel die Ausweisung der Vierung, durch Säulen zeigen, sondern die Ableitung aus dem basilikalen Bau im christlichen Longitudinalbau macht es notwendig, den Rhythmus der Säulen zumindest im Hinblick auf die Vierung durch Pfeiler zu ersetzen; gleiches gilt für die Portalwände. Diese Umorientierung im Bauen auf den Pfeiler hat dann die ursprüngliche Analogie zur Menschengestalt etwas verblassen lassen, obwohl der Pfeiler als Grundmotiv in der christlichen Ikonographie der sakralen Architektur immer noch vorkommt: „Auf diese Steine will ich bauen“ - damit sind natürlich nicht einfach nur die Grundsteine gemeint, sondern das sind die Pfeiler, die Vierungspfeiler. In der Moderne gab es die Umsetzung des Pfeilerprinzips in die gesamte Architekturhülle in Gestalt der Stahlträger. Allerdings sieht man den Stahlträgern nicht an, daß sie tragende Säulen, bzw. Pfeiler sind, weil sie sich über den gesamten Baukörper erstreckt haben. Das grundlegende Gefühl, was denn eine Säule in Analogie zur Menschengestalt ausmacht, das haben die Architekten verloren, weil sie die Säule nicht mehr als Menschengestalt aufzufassen wußten. Dadurch kommt es dann zu vollkommen unproportionalen und völlig unangemessen gestalteten Säulen. Wenn man in der Moderne nach Beispielen einer Säulenarchitektur sucht, dann findet man nur noch die gegossene Betonröhre, die völlig unproportional ist und deren Querschnitt zu ihrer Höhe keine Beziehung mehr hat, deren Leib auch nicht mehr durch Kannelierungen strukturiert ist. DENKEN MIT DEM KNIE Die Griechen haben aus dem Standmotiv sämtliche Aussagen über die eigene Gattung, also über das menschliche Geschlecht hergeleitet; denn Genus kommt von „genu“, dem Knie. Wenn der Krieger getroffen wurde, brach er zuerst im Knie zusammen und deswegen wurde in der archaischen Plastik bis ungefähr 510 v. Chr. als einzig anatomisches Detail das Knie von den Bildhauern bearbeitet. Das ist das Besondere an dieser frontalstatuarischen Jünglingsgestalt, die den Gott anlacht und nur entweder ein Bein steif vorstellt – den Kontrapost gab es noch nicht – oder die Arme entsprechend einer Gehbewegung hält. Das war zu der Zeit alles noch anatomisch unwichtig. Nur das Knie war interessant: Der Sitz der menschlichen Lebenskraft ist das Knie, weil es das Aufrechtstehen des Kriegers ermöglicht. Wenn das Knie zusammenbricht, kann ein Mensch nicht mehr stehen. 17 present in sacred architecture. “On these stones I shall build” – does not merely relate to corner stones, but rather to pillars, to intersection pillars. In Modernity, steel beams reflecting the pillar principle were employed throughout the entire architectural envelope. However, their function as a supporting element does not really catch the eye because they are part of the whole construction. Architects have lost the intuitive feeling of what makes a column look like a human body because they are no longer able to envisage the column as a human shape. Therefore, they tend to create columns with no proportional equilibrium whatsoever. Amongst the column architecture of Modernity, we discover the cast concrete pipe; a totally unproportional construction with a cross-section that has no relation to its length and whose corpus does not have a fluted surface. THINKING WITH YOUR KNEES The Greeks derived all kinds of traditions and knowledge about their own people, thus about mankind in general, from the standing theme; Genus (people) comes from genu meaning ‘knee’. When a warrior was wounded, his knees gave way first; that is why the knee was the only anatomic detail developed by archaic sculptors up to about 510 BC. That special feature belonged to the frontal stance of the standing youth who, smiling at some god, either advances one leg stiffly – contrapposto had not yet been invented – or raises his arms as if he was walking. At that time, the statuette’s anatomy was not important, what counted was the knee. It was believed to be the seat of human power because it enabled the warrior to stand upright. If his knees were to give way, that man would not be able to stand up straight. Kyrill (Bazon): In the scriptorium, the orthodoxy of correct writing develops methodically alongside the orthopaedy of a healthy posture. Method (Joseph): We shall become our own teachers and physicians in the spinal school. Kyrill (Bazon): In der Schreibstube entfaltet sich methodisch die Orthodoxie des richtigen Schreibens mit der Orthopädie der gesunden Haltung. Method (Joseph): In der Rückenschule werden wir zu Lehrern und Ärzten unserer selbst. Von dieser Ableitung des Aufrechtstehens kommen auch im heutigen Sinne unendlich viele anthropologische Behauptungen, die in der Orthopädie und verschiedenen medizinischen Spezialdisziplinen eine Rolle spielen: weil uns die Aufrichtung von der vorverwandtschaftlichen Primatenart, die noch auf vier Beinen ging, die Aufrichtung der Wirbelsäule, bis heute Probleme bereitet. Die ganze Metaphorik des aufrechten Ganges, des starken Rückens oder der Charakterschwäche als Rückgratlosigkeit – all das stammt aus jenem Motiv der Aufrichtung. Als der Mensch von den Bäumen herunterstieg, mußte er sich in der Steppe aufrichten. Dies ermöglichte den Fernblick zur Erkennung potentieller Feinde. Und das war der Grund, so gewisse Anthropologen oder Evolutionstheoretiker, weshalb sich die Aufrechtstellung durchgesetzt hat. Dieser Moment des Stehens mit frei gewordenen Händen als Erhöhung des Menschen aus der Tierexistenz ist geradezu das Kennzeichen des Anthropos. Auch die Würde des Einzelnen wurde ja im Stehen repräsentiert, bevor er auf den Thron gesetzt wurde, der dann ebenfalls erhöht war. Als der Herrscher saß, mußten alle anderen ihr Aufrechtstehen aufgeben und vor ihm auf die Knie fallen; das heißt zu dieser Form der Herrschaftsikonographie gehört das Beugen des Rückens und das Herabsinken auf den Boden, das Zurück in die Tierhaltung. Oder die Untergebenen mußten sich ganz auf den Boden legen, wie zum Beispiel vor imaginierten Göttern. So betrachtet, ist es eine kulturpolitische Besonderheit der Griechen, daß sie ihren Kouros dem Gott in völlig aufrechter Haltung entgegenschreiten lassen. Sein archaisches Lächeln ist die Bekundung der Annäherung, nicht der Unterwerfung, sondern der Anerkennung des Gottes. Der Kouros lächelt archaisch in der Sicherheit, seinen Gott zu sehen. Dieses archaische 19 Numerous anthropological statements may have been derived from that interpretation of upright standing which still play a part in orthopaedics and in various other medical disciplines. It may be possible to trace them back to our prehistoric ancestors, who, being used to running around on all fours, developed spinal problems still prevalent to the present day, as a result of adaptation to the upright gait. The whole imagery of the upright gait, the strong back, or a weak character as being spineless – all of them originate from the theme of erecting the bent spine. When homo sapiens’ ancestors finally climbed down from the trees, they were forced to stand upright in the steppe, thus being able to view distant targets and detect potential enemies. According to anthropologists and evolution theorists, that is the reason why the upright posture became permanent. That moment of standing upright with free hands, seen as an act of human liberation from their animal existence, is a symbol of anthropos par excellence. Individual dignity was once demonstrated by a standing posture way before people began sitting on elevated thrones. When a sovereign was seated, all his attendants and subjects had to abandon their standing posture and fall on their knees before him; the bowing of the back and sinking to the floor, similar to the domestication of animals, were actions inherent to that kind of royal iconography. Or subalterns had to prostrate themselves, like before imagined gods. Seen from that angle, it is a political peculiarity of ancient Greek culture, that the kouros was allowed to stride toward his god in a fully upright position. His archaic smile heralds not subjection, but approach and the acceptance of his god. The kouros is smiling inwardly in his certainty of beholding his god. That smile is thus not directed toward a partner statuette, but toward his inclusion in a mythological religious dogma. The kouros is the one who walks upright in his cultural world, for whom the gods fulfil the desire for eternal life; it is an idea that differs from the Christian resurrection. Royal iconography provides us with numerous examples that the upright stance hardly existed until well into the 18th Century, for example, the subservient beadle, sneaking about hunch-backed, his face half-hidden or just tilted slightly upwards, whilst an honest upright person always shows his face. There is a connection between that idea of honesty and the possibility of face-toface perception. The images of Christ in the Byzantine iconographic tradition, for example, are based on the principle of the en face image. Completely en face means perfectly flat, thus to look directly into someone’s face. Lächeln ist nicht auf einen Partner der Statue ausgerichtet, sondern auf die Einbeziehung in die mythologische Glaubensbehauptung. Der Kouros ist derjenige, der in seiner kulturellen Welt aufrecht geht, für den die Götter die Sehnsucht nach Unsterblichkeit erfüllen. Das ist eine andere Vorstellung als das christliche Auferstehungskonzept. In der Ikonographie der Herrschaft ist das Aufgeben der Aufrichtigkeit bis ins 18. Jahrhundert hinein vielfältig belegt, zum Beispiel als das Bütteln, das katzenbuckelartige Herumschlawinern, das Gesicht halb zum Boden oder schräg nach oben gerichtet, während der aufrechte Mensch immer sein Gesicht darbietet. Zu der Aufrichtigkeit gehört auch die Möglichkeit, en face wahrzunehmen; die Darstellungen von Christus in der byzantinischen Tradition sind beispielsweise solche Begründungen der en face-Darstellung. Vollkommen en face heißt vollkommen plan, also ein direktes ins Gesicht sehen. Durch die Aufrechtstellung kommt es zu einer ganz entscheidenden evolutionären Leistung im Hinblick auf die sinnliche Vermittlung von Welt: Es ist die Vorherrschaft des Gleichgewichtsorgans, was eine strikte Ausrichtung auf Vertikalität und Horizontalität bedingt. Wenn wir Kultur als das Kontrafaktische begreifen, das sich im rechten Winkel ausdrücke, den es in der Natur nicht gäbe, dann ist das falsch. Denn der rechte Winkel ist tatsächlich durch unser Gleichgewichtsorgan ein Naturresultat. Im Grunde kann man die Kulturen danach unterscheiden, ob sie Aufrichtigkeit, also Frontalität, Aufrechtstehen zu ihrer Generalmaxime machen oder durch die Aufgabe der vertikalen Dimension primär verschiedene, in sich zurückgeschwungene Formen ausgebildet haben. Der Japaner macht bis heute noch den Diener bis in die Horizontalität, was aber kein Katzbuckeln bedeutet. Ein japanisches Sichverbeugen ist eben kein Rückenbeugen im Sinne einer Charakterschwäche, sondern im Sinne einer Bestätigung der Ordnung selber, denn auch der Herrscher verneigt sich. Das ist das Besondere, daß sich sogar der höhergestellte Partner in diesem Ritual der Begrüßung seinerseits verneigt. Das ist ein großer Unterschied zu unseren Traditionen. Diese strikte Vertikalität, die Rechtwinkligkeit als Kulturleistung, bedingt also ein anderes Koordinatengefüge im Häuserbau oder im Straßenbau. Zum Aufrechtstehen gehört wahrscheinlich auch die Entwicklung des Begriffs der „geraden Linie“. Daß die Griechen die Geometrie entwickelt haben, dürfte ziemlich stark mit dieser Art von Bedeutung der Aufrichtigkeit, wie 21 The upright posture generated an essential evolutionary achievement with respect to the sensual perception of environment. It is the hegemony of the vestibular system that determines the strict orientation to verticality and horizontality. If we were to perceive culture as something counterfactual that expressed itself in a right angle which did not exist in nature, it would be wrong, because a right angle is actually a natural result of our equilibrioception. Basically, cultures can be distinguished by whether they act on the general maxim of honesty, that is frontality and standing up straight, or if, by abandoning the vertical dimension, they have developed various different, retrogressive ornamental shapes. Today, the Japanese still bow almost horizontally, but that gesture by no means signalizes servility. The Japanese way of bowing is not the equivalent of back bending in the sense of a weak character, but it rather confirms social standards, since the sovereign also makes a bow. Therefore, the extraordinary thing about this phenomenon is that even the superior party makes a bow in the greeting ritual. What a big difference to our traditions! That strict verticality, the rightangle as a cultural achievement, determines a different grid of coordinates in house or road construction. The development of the ‘straight line’ is probably a constituent of the upright standing posture. Having said this, it is very likely that geometry, which was also developed by the Greeks, has a lot to do with the meaning of uprightness, depicted by the kouros, and is thus connected to standing as a basic function of human life. The contrapposto (counterpoise) began with the images of the archaic youth, the kouros, breaking with the closed leg posture. As a result, body weight was shifted onto the support leg, whilst the free leg was advanced and the hips slightly twisted, resulting in an axial rotation of the back supported by an extremely muscular torso. A further important characteristic is the rocking posture, whereby body weight is shifted from toe to heel and vice versa. The whole range of those muscular movements can be referred to in instruction books for boxers and other similar sports. In all wrestling and boxing sports, the active standing posture is a vital part of training, since the opponent has to be thrown off balance. East Asian standing techniques are interesting because they are quite different. The opponent’s impetus is absorbed and accelerated, so he is forced to topple. In comparison, European concepts of standing aggression focus on strengthening the aggressor’s own posture in order to overcome the opponent. That of course requires much more strength, beim Kouros, also mit dem Stehen als der Grundfunktion des menschlichen Lebens zu tun haben. Die Kontrapostik beginnt bei den Darstellungen des archaischen Jünglings, des Kouros, der die geschlossene Beinhaltung auflöst. Daraus entwickelt sich die Verlagerung des Körpergewichtes auf das Standbein, das Spielbein wird ausgestellt, dann kommt der Hüftschwung, die Achsdrehung im Rücken und die aufgepackte Muskulatur als Halteprogramm. Wichtig ist auch der Wippstand: die Verlagerung von den Zehen auf die Ferse und umgekehrt. Die ganze Spannweite in Bezug auf eine solche Motorik des Stehens kann man unter anderem den Unterrichtsbüchern für Boxsportler entnehmen. In allen Ringsportarten wird der aktive Stand eingeübt, denn der Gegner muß ja aus dem Stand gebracht werden. Im Gegensatz dazu sind wiederum die ostasiatischen Standtechniken interessant: Hier wird der Aktionsschwung des Gegners aufgenommen und verstärkt, so daß er fallen muß. Hingegen basieren die europäischen Standprogramme der Aggressivität vor allem darauf, aus dem eigenen Stand heraus stärker zu sein als der Gegner. Das beansprucht natürlich viel mehr Kraft, während der asiatische Kämpfer nur steht und die gegnerische Standveränderung als Aktionsschwung gegen diesen selbst leitet. Am Beispiel von Lucas Cranach habe ich gezeigt, daß in der Malerei des 16. Jahrhunderts alle möglichen Materialien und Bodenbeschaffenheiten, Erde, Wiese, Schotter, Stein etc. im Hinblick auf ihre Auswirkung auf den Stand des Menschen untersucht und dargestellt werden. Cranach demonstriert auch das jeweilige Stehen, wie es etwa durch Barfüßigkeit oder eine eiserne Ritterrüstung bedingt ist. Zum ganzen Stehprogramm gehört also auch die Kulturgeschichte des Bodenkontakts, also des Schuhwerks, das ganz verschiedene Standfestigkeiten und Balanceakte förmlich erzwingt. Man könnte das auch als eine Sonderform der Sockelung betrachten; davon gibt es zahllose Beispiele in der Kunstgeschichte. Hier gelingen manchmal ganz mirakulöse Balanceakte wie bei den Reiterstandbildern, wo Roß und Reiter auf den beiden schmalen hinteren Hufen des Pferdes stehen, also auf kleinster Standfläche das größte Volumen gehalten werden muß. Bazon Brock 23 whilst the Asiatic fighter merely stands and waits for his opponent to shift his posture, directing that action against him. Using Lucas Cranach as an example, I explained that in 16th Century painting all kinds of material and ground surfaces like earth, grassy ground, gravel, rock etc. were examined and depicted with respect to the impact they had on the human standing posture. Cranach demonstrated how standing can be affected by being bare-footed or dressed in armour. Looking back on the cultural history of the standing posture, ground contact or footwear literally forced people to adopt different kinds of rigid or balancing positions. On the other hand, it could be seen as a special kind of pedestal; there are numerous examples of that in art history. Sometimes quite miraculous balancing acts are successfully performed by equestrian statues, where horse and rider balance their entire weight on both delicate rear hooves; thus a tiny base has to bear the weight of the whole bulk. Bazon Brock der stuhl ist programm, raum und bei bedarf instrument zur profanen verwendung. peter noever * Peter Noever, „Vervollständigter Sessel“, 1987, nach einem Entwurf von Marco Zanuso/Richard Sapper von 1964 25 a chair is program, space and if necessary instrument for profane use. peter noever * Peter Noever, „Finished armchair“, 1987, based on a 1964 design by Marco Zanuso/Richard Sapper SESSELKLEBER die firma “sesselkleber” musste kurz nach ihrer gründung den konkurs anmelden. sie hatte das intelligente produkt “sesselkleber” entwickelt, weltweit als patent angemeldet und einen eigenen vertrieb errichtet. während der verkauf des produktes in westlichen ländern gerade die selbstkosten deckte, war der absatz in österreich und in den sogenannten oststaaten praktisch null. obwohl die entwicklung des produktes eine wissenschaftliche glanzleistung war und für manche als nobelpreisverdächtig galt, konnte dafür kein interesse geweckt werden. soviel zu erfahren war, handelte es sich um einen klebstoff, der auf die haut aufgetragen wird und der, ohne die kleidungsstücke zu kontaminieren, praktisch durch die hosen hindurch auf allen stoffen, besonders auf hirsch-, büffel- und schweinsleder wirkt. die substanz dringt sogar in die gesäßmuskulatur ein, so dass das sitzen ein unbeschreibliches glücksgefühl auslöst. wieso in österreich nur neun tuben verkauft wurden (in jedem bundesland eine zu probe), konnte im labor der hautabteilung im wiener akh geklärt werden, die gerade eine routineuntersuchung der parlamentssitze durchführte und dabei einen wirkstoff entdeckte, der offenbar von den österreichischen abgeordneten regelrecht ausgebrütet wird. ein einschleichdieb, in wirklichkeit ein werkspion der firma “sesselkleber” hatte sich widerrechtlich proben angeeignet. alles weitere ist bekannt. es gibt keinen bedarf in österreich und in den ehemaligen kronländern. der konkurs ist verständlich, gerechtfertigt und auch nicht zu bedauern. Friedrich Achleitner THE NEW INTERNATIONAL STUHL Natürlich ist es ein Stuhl. Und was für einer. Vielleicht, ja mit Sicherheit, der bekannteste weltweit. Man kennt ihn in Angola, im Libanon, in Texas, selbst in Island. Und das bestimmt nicht wegen des Designs. Das ist eher banal, irgendwie ältlich, bräsig. Und auch Konstruktion und Material sind nichts Besonderes: Spritzguss, Polypropylen. Allerdings: vollständig recyclebar! Also, obwohl aus Plastik, ökologisch korrekt. Immerhin. Und trotzdem: Dieser Stuhl hat etwas, was die anderen nicht haben. All die vielen Designer-Stühle, die Klassiker, die man - mir nichts, dir nichts - einer Epoche, einem Fabrikat oder sonst was zuordnen kann, und damit ganze Assoziationsketten auslöst: Bauhaus, Wiener Werkstätte, Postmoderne oder ganz einfach nur Thonet, Thonet, 27 SESSELKLEBER* soon after its formation the “sesselkleber” company had to file for bankruptcy. it had developed the intelligent product “sesselkleber”, taking out a worldwide patent and establishing their own distribution. while sales of the product in western countries just covered the costs, in austria and so-called ‘eastern’ countries turnover was virtually zero. although the development of the product was a major scientific achievement and to some people’s minds nobel-worthy, it nonetheless proved incapable of arousing interest. as far as one could work out, it concerned a kind of glue applied to the skin which, without contaminating articles of clothing, is effective practically through trousers and on all kinds of material but particularly buckskin, buff leather and pigskin. the substance even penetrates the buttock muscles so that the act of being seated produces an indescribable feeling of euphoria. the reason why only nine tubes were sold in austria (a tester in each region) was uncovered in the laboratory of the dermatology department of the vienna general hospital, which carried out a routine examination of parliament seats and discovered an active ingredient apparently concocted regularly by austrian MPs. a sneak thief, actually an industrial spy at the “sesselkleber” company, had illegally appropriated samples. the rest is history. there is no demand in austria and the former crown lands of the monarchy. the bankruptcy is perspicuous, legitimate and also unregrettable. Friedrich Achleitner *[translator’s note: a sesselkleber is someone who hangs on to their job against the odds] THE NEW INTERNATIONAL CHAIR Of course it’s a chair. And what a chair. Perhaps, yes definitely, the most famous one in the world. It’s well known in Angola, in the Lebanon, in Texas, even in Iceland. And certainly not for its design. It’s rather mundane, a bit elderly, sedate. The structure and material are nothing special either: die casting, polypropylene. Although completely recyclable! Still ecologically correct, even though it’s made of plastic. Anyway. And nonetheless: this chair has got something the others don’t have. All those designer chairs, the classics, that one allocates to – not to you, not to me – to a period, a maker or whatever, triggering all kinds of chains of association: Bauhaus, Wiener Werkstätte, post-modern or quite simply just Thonet, Thonet, Thonet. So: Paris, Saint Germain, café. Big stages Thonet. Also: Paris, Saint Germain, Café. Große Bühne eben. Dieser Stuhl hingegen löst gar nichts aus. Klar manche ärgern sich über seinen plastischen Charme, seine sichtbare Abwaschbarkeit, seine schrebergärtnerische Penetranz. Aber Assoziationen? Irgendetwas Einnehmendes? Gar etwas, was, Saint Germainmäßig, in der Erinnerung so etwas wie Charme, Eleganz, Flair entfaltet? Nichts dergleichen. Dieser Stuhl ist einfach nur da. Immer. Überall. Wie Unkraut. Man kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass dieser Stuhl von irgendjemandem gekauft wird. Irgendwann ist er einfach da. Mal neu, mal völlig vergilbt, mal mit gebrochenen Beinen, mit ausgerissenen Armlehnen oder sonstigen Beschädigungen. Aber das ist egal. Das stört niemanden. Irgendjemand klebt das Teil wieder zusammen, setzt sich drauf und läßt ihn dann stehen, wo er eben gerade steht. Auf Parkplätzen, am Strand, an Tankstellen, neben Imbissbuden oder Partei-Infoständen, vor allem gern dort, wo sonst nichts ist. Mitnehmen tut ihn sowieso keiner. Wohin auch? Er ist eh überall. even. This chair, on the other hand, triggers absolutely nothing. There are some, of course, who get excited about its plastic charms, its visibly wipeclean surfaces, its allotment-perfect penetrance. But associations? Something prepossessing? Anything at all of the Saint Germain about it, reminiscent of charm, elegance, flair? Nothing of the kind. The chair simply sits there. Always. Everywhere. Like a weed. You just can’t imagine this chair actually being bought by anyone. At some point it was just there. Sometimes new, sometimes totally yellowed with age, sometime with broken legs, with tornout armrests or various other injuries. But that’s not important. It doesn’t bother anybody. Someone sticks the bits back together, sits down on it and leaves it standing where it is, where it stands now. In car parks, on the beach, at petrol stations, near takeaways or political booths, mainly wherever there is nothing else. No one takes it away with them anyway. Where would they take it? It’s already everywhere. Volker Albus Volker Albus DAS STUMME H oder : ich muss nicht sterben, um bei dir zu sein, ich muss bloß meine Augen auf THE SILENT H F: Glaubst du an die wahre Liebe? A: Ja klar! Aber ich glaube nicht ans stumme H! aus „der Andi, 300907, FM4 Frequency Festival“ or : I don’t have to die to be with you, I just have to open my eyes F: Do you believe in true love? A: OF course! But I don’t believe in the silent H! * from “der Andi, 300907, FM4 Frequency Festival“ So. Bitte. Leg dich hin. Wir sind genug gegangen für heute. Ich bin müde. Du doch auch? So früh, wie wir losgegangen sind, glaubt uns jeder aufs Wort, dass wir müde sind. Natürlich bin ich müde. Und natürlich habe ich dich getragen. Und natürlich ist es spät. Nachts. Jetzt. Setz dich noch ein wenig zu mir. Ja, auf mich. Ich bin dein stummes h... So. Please. Lie down. We’ve walked far enough today. I’m tired. You too? I should think so, we’ve covered a long way today, no one could argue with that. Of course I’m tired. And of course I carried you. And of course it’s late. Night-time. Now. Sit here with me for a while. Yes, on me. I am your silent H... ... Die Ahnung, die bestehen bleibt. Setz dich. So. Genau so. Ist dir kalt? Mir ist nicht kalt. Spürst du den ... the thought that persists. Sit down. Like that. Just like that. Are you cold? I’m not cold. Can you feel the wind? We’re looking for it. 29 Wind? Dem sind wir nach. Den Schriftzug lang. Bis ich selbst zum Satz geworden. Was gerne wär ich tot. Noch aber muss ich Tag für Tag dem Totsein hinterher. Die Sätze rauf und runter. Die Buchstabenalleen entlang. Mein Tod schreibt sich mit Hartem T und Stummem H. Er schreibt sich festen Schrittes aufs Papier. Immer den einen Schritt voraus. Mich als seinen Schatten schiebt er vor sich her. Oft stolpere und falle ich. Die Erde im Gesicht, wünschte ich mir, ich könnte einfach liegen bleiben. Der Regen schwemmte Schlamm und Tinte und Gedanken über mich. Du willst nach Hause. Klammer dich nur fest an mich. Ich trag dich gern. Mit dir auf meinem Buckel bin ich nicht allein. Auf deinem Grab kein Grabstein, nur ein Stuhl. Da sitz ich oft und schau dir nach, westwärts, der Sonne nach, während du stirbst und stirbst und stirbst. Während die Sonne mich als dich als Satz : über Landschaft und Vergänglichkeit. Ein Satz als Schatten, nur für sich selbst geworfen, ganz in und mit sich. Nicht hingeschrieben : hingefallen : sich aufgerappelt : nein : schwebend über Tag und Papier. Hingeworfen als Leben ins Nichts. Der Satz erzählte demnach dem Betrachter seines Schattens etwas über den Betrachter selbst. Das stumme H ist jener Teil des Schattens, den ich als Dichter ganz nur für mich selber werfe. In der Abenddämmerung zerfließen Blick und Blick. Es ist Zeit. Pssst. Komm mit mir. Wenn es sein muss, trage ich dich mit dem Stuhl von hier nach dort, und wenn es dunkel labrador-graniten, dass ich die Hand vor meinem Aug nicht mehr, dann werd ich dir vom Leben. Ganz stumm, stummer noch als es das stumme H je könnte, werde ich dir Landschaft für Landschaft erfinden, durch die wir beide wieder, wieder, wieder : bis wir an den Fluss und drüber : dann werde ich dich nicht mehr tragen, sondern dich in meine Arme. Der Stuhl auf unserm Grab wird stumm verwittern. Der Schatten, den er wirft, wird uns erzählen. Ernst M. Binder 31 Along the writing. Until I myself become a sentence. How I’d love to be dead. Instead I chase along after death day after day. Up and down the sentences. Along the avenues of letters. My death is written with a hard D and a silent H. Written on paper at a steady pace. Always one step ahead. Pushing me ahead like a shadow. Often I stumble and fall. With my face on the ground, I wish I could just stay lying there. The rain washing mud and ink and thoughts over me. You want to go home. Just hold on tight. I’m happy to carry you. With you on my hump I’m not alone. On your grave no gravestone, just a chair. I sit there often and look for you, westwards, for the sun, while you’re dying and dying and dying. While the sun as a sentence as me as you: about landscape and transience. A sentence as a shadow, cast just for itself, quite in and with itself. Not written down: fallen down: struggled up : no : floating over day and paper. Cast as life into nothing. Then the sentence told the observer of its shadow something about the observer himself. The silent H is the part of the shadow that I as a poet cast entirely for myself. In the dusk gaze and lightning melt away. It’s time. Pssst. Come with me. If necessary I’ll carry you on the chair from here to there, and if it is dark as labrador granite, so that I can no longer my hand before my eyes, then I’ll you from life. Quite silently, more silent than the silent H ever could, I’ll invent landscape for landscape for you, through which we two again, again, again : until we to the river and over : then I won’t carry you any more, but you in my arms. The chair on our grave will silently wear away. The shadow it casts will tell us. Ernst M. Binder *[translator’s note: Wahre Liebe, with silent H, is true love. Wahre Liebe is love as a commodity.] denkmal nicht allein fest darauf versessen uns dir halten es eisern hoch, "This text has not been translated into English due to its specifically literary nature." rings zur prüfung aber sehr mundgerecht. leibliches gericht. mit einem mal platz, süss eingenommen. feierlich euch abstottert, fast gleichen klangs, doch einander redselig, bis in mark. erdreich gefallen uns, nicht nur elend von fleisch. dass lauthals sich einschalte dies lehnwort einst, verborgen auch mir. erzenglisch fremd. wie gierig, ja, sprunghaft, hier hellhörig eingefangen, und kaum nur erstarrte weise. unser aller satzungen haar-, auch federfein spaltest. stillende. Franz Josef Czernin 33 denkmal (ration) nicht allein fest darauf versessen uns, eisern dir halten es hoch, "This text has not been translated into English due to its specifically literary nature." mir aber sehr mündig: leibliches gericht. mit einem mal platz, dafür beinhart eingenommen. ja, was feierlich mir stets tafelst, euch auftragen steinern. wie gierig, doch auch sprunghaft, mir eingefangen hellhörig hier, und kaum nur erstarrte weise. bis ins mark, solchem gesetz scharf aushorchend dereinst. auch gleichen, klangneu versammelt. dass es sich sattsamst einschalte, süss verborgen lehnwort, erzenglisch fremd. unser aller satzungen, doch auch gespalten. wie es mich besass, vollends, dies thronen darüber hinaus, doch erdreich bunt dabei verblieben. Franz Josef Czernin 35 OHNE TITEL Stuhl (ahd. stuol).1) S., Sessel, ein meist aus Holz hergestelltes, durch drei oder vier Beine gestütztes Sitzgestell für eine Person, mit oder ohne Rücken und Seitenlehnen. Quelle: Der große Brockhaus Auflage 1934 UNTITLED Sessel / Stuhl sind offenbar so selbstverständliche Begriffe, dass sie in der neuen „Brockhausausgabe“ gar nicht mehr vorkommen. Sesselität – festsitzende Lebensweise-, Sesshaftigkeit oder „Stuhl“ / „Stuhlgang“ (Gang auf den Nachtstuhl) als Ausscheidungsprozess ist alles was man findet. Im Internet gibt es natürlich zigtausende Eintragungen, die sich aber in erster Linie auf Produkte beziehen. Im Gegensatz zu Funktionsmöbeln wie Kasten oder Bett benütze ich Sessel / Stühle oftmals am Tag – zählt man Autositze, Fauteuils, Barhocker etc. dazu – ergibt das tausende Anwendungen pro Jahr. Stühle haben eine unbedankte Funktion wie beispielsweise Türen – man beachtet sie wenn man auf sie zugeht, wenn man sie in Funktion nimmt, verliert man sie aus dem Blickfeld. Beide erfüllen jedoch ähnliche Funktionen – die Tür ist hinter mir zu, ich fühle mich sicher und geborgen. Sitzen vermittelt einen ähnlichen Zustand. Ich begebe mich in einen Zustand zwischen Aktivität (stehen, gehen, laufen) und Ruhen (liegen, schlafen). Revolutionen werden im Sitzen vorbereitet – durchgeführt wurden sie aber auf der Straße. Eine hitzige Debatte endet oft mit fluchtartigem Verlassen des Raums – mit laut hinter sich zugeschlagener Tür. Stühle müssen viel aushalten und das nicht nur im statischen oder sonstigen verwendungstechnischen Sinn. An kein Möbel wagen sich Designer, Architekten, Künstler oder sonstige Berufene derart oft, gerne und unverfroren heran, wie an das Thema Stuhl. In jeder Design– oder Architekturzeitschrift werden neue Stühle vorgestellt. Jeder Designer, Architekt träumt davon, eine möglichst zeitlose Ikone zu entwerfen. Diese Elaborate findet man wieder in Architekturmagazinen oder in gestylten Haushalten, wo diese Objekte – die hoffentlich die meisten Betrachter ihren Vätern zuordnen können – wie Skulpturen in den Raum komponiert werden. Sie dienen hier vordergründig zur Dekoration. Zum Sitzen sind sie hier weniger gedacht. Wozu braucht man einen „designten“ Stuhl? Ist das nicht wirklich nur ein gewolltes Unterscheidungsmerkmal des „Kenners“ oder „Bildungsbürgers“ zum gemeinen Konsumenten? Aus meiner Erfahrung haben sich bei den meisten Möbelbemusterungen, Armchair / upright chair are clearly such self-evident terms that the new edition of Brockhaus no longer contains them. Seatiness – sedentary lifestyle -, sedentariness or “stool” / “stool movement” (sitting on the night commode) as an excrement process is all you’ll find. On the Internet there of course umpteen thousand entries although these mainly refer to products. Unlike functional furniture such as cupboards or the bed, I use a seat or chair several times a day – if you include car seats, armchairs, barstools etc. – amounting to thousands of times a year. Chairs have a thankless function much like for instance that of the door – you look at it as you approach, but during use it disappears from sight. Yet both fulfil similar functions – the door shuts behind me and I feel safe and secure. Sitting creates a similar state. I place myself in a state between activity (standing, walking, running) and rest (lying down, sleeping). Revolutions are prepared while sitting down – although they’re enacted on the streets. A heated debate often ends with someone rushing out of the room – slamming the door behind them. Chairs have to bear up against a lot and not just in structural or other technical terms. Designers, architects, artists and other such professionals return to the theme of the chair frequently, happily and quite unapologetically, more so than to any other furniture. New chairs are constantly presented in every design or architectural magazine. Every designer and architect dreams of creating a timeless icon. These sorry efforts crop up again in architectural magazines or in styled homes where these objects – which hopefully most observers could assign to their fathers – are positioned like sculptures in a composed space. Here they serve ostensibly as decoration. They are not really intended for sitting on. What does one need a “designed” chair for? Is it not in fact just a deliberate differentiator used by the “connoisseur” or the “intelligentsia” against lowly consumers? In my experience occupants have, in most furnishing samples and especially for public buildings, selected the ugliest chairs and then fiercely defended 37 Chair (ahd. stuol).1) S., A seat, usually made of wood, supported by three or four legs and seating one person, with or without a rest for the back and rests for the arms. Source: Der große Brockhaus Auflage 1934 insbesondere bei öffentlichen Gebäuden, die Nutzer immer für die hässlichsten Stühle entschieden und diese Wahl vehement verteidigt. Es war offensichtlich, dass gestaltete (designte) Möbel provozieren, verunsichern oder vermitteln dem unbedarften Konsumenten das Gefühl der Überforderung. Nicht umsonst sind in allzu vielen Wohnzimmern Erzeugnisse des schlechten Geschmacks anzutreffen wie beispielsweise elektrische Fernsehfauteuils, die in ihrer formalen Grausamkeit einem elektrischen Stuhl um nichts nachstehen. Tausende Gastgärten von Restaurants und Cafes werden von billigen Plastiksesseln dominiert – für viele ein Grund dort nicht einzukehren. Der Stuhl, als künstlich gefertigtes mobiles Sitzmöbel, wurde vor ca. 5000 Jahren erfunden. Eigentlich hat er sich seit dieser Zeit nicht gravierend verändert, wir werden Stühle weiterhin verwenden, beachten oder wie Ralph sammeln. their choice. It was obviously the case that designed furniture provokes and unsettles the unsophisticated consumer and makes them feel overtaxed. Not for nothing are many sitting rooms filled with items of bad taste such as electric armchairs which are no less hideous than the electric chair. Thousands of restaurant and café terraces are dominated by cheap plastic chairs – for many a good reason not to go there. The chair, as an artificially manufactured mobile seat, was invented around 5000 years ago. Since this time it has in fact changed very little, and we will carry on using chairs, observing chairs or collecting them like Ralph. Hermann Eisenköck Hermann Eisenköck EPISODEN FÜR RALPH Damals im Holzhaus in Moskau, draußen drückend heiß, stand ich in angenehmer Kühle vor dem Schreibtisch Tolstojs, mein andächtiges Atmen. Der Graf war kurzsichtig, deshalb hatte er die Beine seines Sessels kürzen lassen. Er saß, wenn er schieb, wie ein Kind, das schreiben lernt, die dicke Nase eine Handbreit über Krieg und Frieden. Seit Bhagwan tot ist, ansprechbar nur virtuell, nur in den Wellen des Gebets, versammeln und sammeln sich seine Jünger jeden Abend vor dem verlassenen Sessel des Meisters und reißen ihre Arme hoch. Sie wissen, was sie tun. Und wenn sie es nicht wissen, macht das keinen Unterschied. Ich nehme Platz und lehne mich zurück, strecke die Beine aus, schließe die Augen. In diesem Sessel ist eine Frau gestorben, der ich dabei zugesehen habe. Sie war, damit sie sich im Todeskampf nicht zu Boden werfe, mit breiten Tüchern festgebunden. Sie zog im Sterben ihre Beine heftig an (vielmehr: sie wurden heftig angezogen) und riß den Kopf zurück (vielmehr: er wurde zurückgerissen), in die hinter ihr verstauten Pölster. Ihr letzter Blick galt mir, und ich dachte: Noch immer soviel Blau in diesem Leben. Das erste Bild der erfolgreichen sandinistischen Revolution, 1979 in Nicaragua: Ein unrasierter Kerl lümmelt mit der kindlichen Frechheit des Siegers im Sessel des gestürzten Somoza, hat die Stiefel auf den Schreibtisch des Diktators geknallt und zeigt, was zu zeigen ist. So ist es dann auch geworden. 39 EPISODES FOR RALPH At that time in the wooden house in Moscow, outside oppressively hot, I stood in the welcome cool in front of Tolstoy’s desk, my breath reverent. The count was short-sighted, and had had the legs of his chair shortened. When he wrote he sat like a child learning to write, his big nose hovering six inches above War and Peace. Since Bhagwan has been dead, only virtually accessible, only in the waves of prayer, every evening his followers have gathered and centred on the deserted chair of their master, throwing their arms in the air. They know what they are doing. And even if they don’t know, it doesn’t make any difference. I sit down and lean back, stretch out my legs, shut my eyes. A woman died in this chair as I watched. She was strapped onto it with wide cloths so that she wouldn’t fall to the floor during the throes of death. While she was dying she pulled up her legs violently (or rather: she was pulled up violently) and wrenched back her head (or rather: it was wrenched), into the pillows stacked behind her. Her last gaze was directed at me, and I thought: still so much blue in this life. The first image of the successful Sandinista revolution, Nicaragua 1979: an unshaven lad lolls with the childish insolence of the victor in the chair of the fallen dictator Somoza, banging his boots on the desk and showing what there is to show. And that’s the way it was. Damals, es war Nacht oder Morgen, streckten in den dreckigen Scheiben des Beisels die Stühle allesamt die Beine in die Höhe und hatten vor der Zeit kapituliert. Der Wirt winkte den Einsamen herein, errichtete ihm aus dem Handgelenk einen Thron des Willkommens und sagte: „Äch!“ Am Nil, es war in der Morgenkühle, hockte ein Greis und kochte auf offenem Feuer seinen Tee. Als ich vorübertrottete, lud eine Geste mich ein, die Selbstverständlichkeit der Gastfreundschaft. Wir tranken, wir nickten einander zu, dann kam der Tausch der Zigaretten, dann kam die Gabe des Feuers. Then, it was night or morning, in the filthy panels of the bar the chairs all stretched up their legs into the air and had capitulated before time. The landlord waved in the lone customer, setting him up a throne of welcome off the cuff and saying: “Ech!” On the Nile, it was in the cool of the morning, an old man crouched down and made his tea on an open fire. As I trudged past he gestured to me to join him, with natural hospitality. We drank, we nodded at one another, then came the exchange of cigarettes, then their lighting. Max Gad Max Gad DER LEERE STUHL ALS BEHAUPTUNG VON ZUKUNFT in den monotheistischen Vom Thron Gottes ist Religionen, sowohl in der Bibel als auch im Koran, vielfach die Rede. Dieser Thron, der Himmel und Erde umfasst, ist das gewaltige Bild für den Herrschaftsanspruch des Allmächtigen und Allbarmherzigen. Neben dieser für den Alten Orient typischen Manifestation der Königsherrschaft Gottes, ist das Motiv des leeren Thrones von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu den altorientalischen Tempelanlagen, wo das Götterbild die Anwesenheit Gottes behauptet, steht im jüdischen Tempel der leere Thron. Er ist die Form einer bildlosen Repräsentation in der dialektischen Spannung von Abwesenheit und Gegenwart des Nicht-Darstellbaren (Bilderverbot). Die Unsichtbarkeit des Thronenden provoziert. Für diesen anspruchsvollen Glauben hat auch der Prophet Elija gekämpft und die Vertreter der bildüppigen Fruchtbarkeitskulte besiegt. Mit einem feurigen Wagen ist er in den Himmel aufgefahren und wird – so die jüdische Überzeugung – wiederkommen, um das Kommen des Messias anzukündigen. Deshalb steht für Elija bei jeder jüdischen Beschneidungsfeier ein leerer Sessel bereit, der sich als signifikantes Schauobjekt in der Synagoge befindet. In der christlichen Ikonographie verweist der leere Thron im Himmel (Hetoimasia) auf das endzeitliche Gericht. Als Platzhalter für den wiederkommenden Christus dient ein mit Edelsteinen bestücktes Kreuz. Von dem, der die Machtfülle des göttlichen Thrones aufgegeben (Inkarnation) und die Erniedrigung des Verbrechertodes erlitten hat, wird mit Recht ein kompetentes Urteil für die gesamte menschliche Geschichte erwartet. 41 THE EMPTY CHAIR AS AN ASSERTION The throne of God is a OF THE FUTURE frequent topic in the monotheistic religions, both in the Bible and in the Qur’an. This throne, that comprises heaven and earth, is the powerful image of the claim to power of the Almighty and all-Merciful. Along with these manifestations of the kingdom of God typical of the Ancient Near East, the theme of the empty throne is of great importance. In contrast to the Ancient Oriental temple complexes, where the image of god asserts the presence of God, the Jewish temple features the empty throne. It is the form of an imageless representation in the dialectical tension of absence and presence of what must not be depicted (aniconism). The invisibility of the enthroned one is provocative. The prophet Elijah fought for this demanding faith, defeating the advocates of fertility cults so replete with images. He ascended to heaven in a fiery chariot and – according to Jewish belief – will return to announce the coming of the Messiah. This is why at the Jewish circumcision ceremony an empty chair is set out ready for Elijah, and is a significant display object in the synagogue. In Christian iconography, the empty throne in heaven (hetoimasia) signifies the Last Judgement. A gem-set cross serves as a placeholder for the return of Christ. He who relinquished the omnipotence of the divine throne (incarnation) and suffered the humiliation of a criminal’s death is rightly hoped to pass competent judgement for all human history. The empty chair, then, is a fascinating assertion of the future in JudaeoChristian tradition. No ruler, no institution and no ideology can create a perfect world. The fragmentary aspect of human life becomes conscious and Der leere Stuhl ist also in der jüdisch-christlichen Tradition eine faszinierende Behauptung von Zukunft. Kein Machthaber, keine Institution und keine Ideologie können eine perfekte Welt schaffen. Das Fragmentarische des menschlichen Lebens wird im Blick auf den leeren Thron bewusst und erträglich, auch wenn er noch einige Zeit leer bleiben wird. tolerable when regarding the empty throne, even if it will remain empty for some time to come. Hermann Glettler Hermann Glettler KIPPENBERGERS ANTIKUNST Anfang der Neunziger Jahre schrieb AUS LIEBE ZUR KUNST ich für Martin Kippernbergers Installation The Happy End of Franz Kafka’s America eine Art Antitheaterstück, Hamlet, der Schopenhauer, einen Text, den Kippenberger im Stil eines überdimensionalen rororo Biographiebandes gestaltete und herausgab, mit dem Porträt Oskar Werners als Hamlet auf dem Buchcover. Kippenberger gab eine Reihe solcher Aufträge für Einstellungsgespräche im Naturtheater Oklahoma, die zu einem glücklichen Romanende führen sollten, und gruppierte Stühle und Tische, die, wie er meinte, die Form jener Einstellungsgespräche angenommen hatten, und die nun als Skulpturen mit Interview-Skripten auf einem Fußballfeld im Bojmans van Beuningen Museum Rotterdam versammelt wurden. Um zu diesen Büchern zu gelangen, mussten die Besucher blaue Plastikhauben, wie sie in Quarantänestationen verwendet werden, über das Schuhwerk stülpen. Was sie dort erwartete, war Kippenberger pur: Bücher auf Tischen, gleichsam Gespräche mit ihm, ästethisierte Gewöhnlichkeit, als Marke Kippenberger wiedererkennbare Allerwelt. Im Grunde bewegte sich Martin Kippenberger im Unmöglichen der Kunst, er provozierte nicht kunstunverständige Kleinbürger, sondern gestaltete Kunst gegen das Trugbild der Kunst (einer Art säkularisierten Religion), in seiner Produktionswut schuf er sich als Antikünstler gewissermaßen fortlaufend ab. Oder mit dem augenzwinkernden Gestus Kippenbergers ausgedrückt: Er wollte Franz Kafka ein bisschen unter die Arme greifen. Kippenberger wollte den Büchern das Tödliche nehmen und Kafka wenigstens im Nachhinein ein Happy End bereiten. Antikunst besteht auf das Denken in der Kunst. Beginnt der Künstler über den Kontext nachzudenken, in dem er arbeitet, wird für ihn auch das eigene Handeln prekär. Er beginnt sich der Selbstbezüglichkeit jeden Schaffens bewusst zu werden, betont das Konzeptionelle, erhebt das Betriebliche 43 KIPPENBERGER’S ANTI-ART Back in the early nineties I wrote FOR LOVE OF ART a kind of anti-play, Hamlet, der Schopenhauer, for Martin Kippenberger’s installation The Happy End of Franz Kafka’s America, a text which Kippenberger himself designed and brought out in the style of an oversize paperback from the illustrated biography rororo series with a portrait of Oskar Werner as Hamlet on the cover. Kippenberger gave a series of commissions of the kind for installation performances in job interview style at the Nature Theater of Oklahoma. These were intended to find a happy end for the Kafka novel, and for which he grouped an installation of tables and chairs in a formation that he regarded as being the real inner structure these interviews took. This assembly has now been collected as sculpture with interview scripts set up on a soccer pitch in the Bojmans van Beuningen Museum, Rotterdam. When visitors access these books they must first pull on blue plastic shoe covers like those used in quarantine stations. Pure Kippenberger awaits them: books on tables, virtual discussions with him, everyday life aestheticised, the Kippenberger brand clearly recognisable for all the world. Martin Kippenberger moves in the realm of the impossible in art as a matter of principle, he never provokes the average person who has no understanding of art, but produces an art that works against the chimera of art (a kind of secularised religion). What he did in his sheer productive fury was to some extent the continuous abolishment of himself as an anti-artist. Or to put this in Kippenberger’s own nod and a wink terms: what he wanted to do was to give old Franz Kafka a bit of a helping hand. Kippenberger wanted to rip the fatal element out of the books and - at least in retrospect – to find a happy end for Kafka. Anti-art insists on an input of serious thinking in art. When the artist starts to reflect about the context in which he works, his own actions become a in den Rang des Kreativen, wird zum Archivar, Manager, Verwalter. In der Antikunst weichen die Grenzen zwischen den Gattungen auf, der Künstler, ob schreibend, ob bildnerisch, ob performativ oder audiovisuell, wird zum Generalisten – oder mit Kippenberger: in seinen Stühlen versöhnte er den Surrealismus mit den Wiener Werkstätten. Walter Grond precarious thing for him. He begins to develop an awareness of the selfreferentiality of all creativity; stressing the conceptional, raising the operative to the rank of the creative, becoming an archivist, a manager, an administrator. In anti-art the boundaries between the genres are burst asunder, the artist, whether in the written word, the graphic or sculptural, or using performance and audiovisual means becomes an all-rounder – or in Kippenberger’s case: his chairs reconcile Surrealism with the Vienna Workshop. Walter Grond SESSELSCHLINGEN Als es ihr damals so schlecht ging, starrte sie manchmal minutenlang auf einen Sessel, ohne zu verstehen, was sie da vor sich sah. Sie fragte sich immer wieder, ‘was ist denn das ?’ Nun litt sie aber keineswegs unter Aphasie, sie wusste auch damals, was ein Sessel war, sie war nur dissoziert. Immer wieder erzählte sie mir diese Episode. Aber neulich verglich sie ihre Ratlosigkeit über den Sessel mit einem anderen Erlebnis, das viel später in ihrem Leben auftrat. Sie holte damals öfter ihre alte Mutter von der Bahn ab, und als sie die mit vielen Paketen beladene Alte auf dem Bahnsteig sah, verstand sie wieder nicht, was ihr geschah. ‘Was kommt denn da an ?’, fragte sie sich. ‘Was’, nicht ‘wer’. Als ob die Mutter ein formloses Ding gewesen wäre. Eine Wahnsinnige, also, wird man da sagen ! Wie soll man denn die Äußerungen einer Wahnsinnigen ernst nehmen, teilen die Schizophrenen doch kaum unsere Bedeutungen ? Ein Sessel oder ein Stuhl kann aber auch für einen Normalen zu etwas ganz anderem werden. In Samuel Becketts Stück Rockaby sitzt eine früh gealterte Frau auf einem Schaukelstuhl. Ihre auf Tonband aufgenommene und ihre wirkliche Stimme lösen einander ab. Beide sagen, was die Frau durchs Fenster sieht. Fast alle Rollos der gegenüberliegenden Häuser sind geschlossen. Sie ist allein und dennoch behauptet die Tonbandstimme, « dass sie selbst die andere lebende Seele ist ». Sie sitzt in « Mutters Schaukelstuhl ». Sie wiederholt das Leben ihrer Mutter und der Schaukelstuhl binden Mutter und Tochter aneinander. Er wird sogar zu ihrem Ansprechpartner, wie das die Stimme kommentiert : « zum Schaukelstuhl sagend / rock her off / stop her eyes / fuck life ». Die Tonbandstimme gibt hier wieder, was die Frau über ihre Mutter dachte, und was also auch für sie selber gilt. Edward Bonds Drama Chair spielt in einer Diktatur. Ein Sohn und seine Ziehmutter leben zurückgezogen in ihrer Wohnung. Die Mutter schaut auf die Straße hinunter, wo eine von der Folter übel zugerichtete alte Frau, mit dem 45 CHAIR NOOSES When she was doing so badly at that time, she would sometimes stare for minutes at a time at a chair without understanding what it was that she was looking at. She would ask herself over and over aigain, ‘what is that ?‘ She was not however in any way suffering from aphasia, she knew even then what a chair was, she was just dissociated. Time and again she told me about this episode. But more recently she has compared her perplexity over the chair with another experience, which occurred much later in her life. At that point she would often pick her mother up from the train, and when she saw the old lady laden with packets on the platform she once again could not understand what was happening to her. ‘What’s that arriving there then ?’ she asked herself. ‘What’, not ‘who’. As if her mother had been a formless thing. A madwoman, you would say ! How should one take the pronouncements of a madwoman seriously, when schizophrenics can hardly be assumed to share our meanings ? An armchair or a chair can however become something quite different for a normal person too. In Samuel Beckett’s play Rockaby, a prematurely aged woman sits on a rocking chair. A recording of her voice is alternated with her real voice. Both are saying what the woman can see through the window. Nearly all of the blinds in the houses opposite are shut. She is alone and yet the recorded voice claims “ that she herself is her own other living soul ”. She is sitting in “ Mother’s rocking chair ”. She is repeating her mother’s life and the rocking chair binds them together. She even begins to address the rocking chair personally, as the voice narrates: “ saying to the rocking chair / rock her off / stop her eyes / fuck life “. Here the pre-recorded voice reflects what the woman thought about her mother, and what therefore also applies to herself. Edward Bond’s drama Chair takes place in a dictatorship. A son and his foster Soldaten, der sie ins Gefängnis bringen soll, bei einer Bushaltestelle warten. Auch der Sohn bricht das Verbot, aus dem Fenster zu schauen, und findet, dass die Alte seiner Mutter so ähnelt, als könne es sich bei der Gefangenen nur um deren eigene Mutter handeln. Die junge Frau will auf die Strasße hinunter, darf das aber nicht. Ihr Sohn rät ihr, dem Soldaten einen Sessel zu bringen. Die Alte steckt ihren Kopf durch die Sesselleisten, grimassiert und starrt die hilfsbereite Frau an. Da werden die Leute auf der Straße auf die Szene aufmerksam. Mutter und Sohn müssen sich trennen. Die Mutter erhängt sich und der Sohn wird später auf der Straße erschossen. In beiden Stücken fesseln Stuhl oder Sessel ein Kind an seine Mutter. In Bonds Drama führt der Sessel zu ihrer beiden Tod. Die eine Mutter – und wahrscheinlich auch ihre Tochter - sterben in ihrem Schaukelstuhl, die andere muss sich wegen der von ihrem Sohn ausgedachten List, dem Soldaten einen Sessel zu bringen, das Leben nehmen. Ihr Sohn folgt ihr in den Tod. Stuhl und Sessel sind in beiden Stücken dramatische Knoten, wie die playscene in Hamlet1. « Aber die Dinge, an welche wir glauben als dauerhaft, sind als solche reine Fiktionen », schreibt Nietzsche. Bei Beckett und Bond werden Schaukelstuhl und Sessel von solchen Fiktionen zu etwas ganz anderem, von Sachen zu Dingen, zu Schlingen des Schicksals. mother live reclusively in their apartment. The mother looks down at the street, where an old woman horribly mutilated by torture is waiting at a bus stop with a soldier taking her to prison. The son too breaks the rule forbidding one to look out of the window and finds that the old lady and his mother look so alike that the prisoner must be her own mother. The young woman wants to go down on the street, but is not permitted to do so. Her son suggests taking the soldier a chair. The old woman sticks her head through the bars of the chair, grimaces and gapes at the helpful woman. Other people on the street notice the scene. Mother and son have to separate. The mother hangs herself and later the son is shot dead on the street. In both plays chair or armchair bind a child to its mother. In Bond’s drama, the chair leads to their deaths. One of the mothers – and probably her daughter too – dies in her rocking chair, the other has to kill herself due to her son’s suggested ruse of bringing a chair to the soldier. Her son follows her into death. In both plays chair and armchair are dramatic knots, like the play scene in Hamlet1 . “ But the things we believe to be enduring are as such pure fictions ”, writes Nietzsche. In Beckett and Bond, rocking chair and armchair become something quite different, turn from objects to things, to the nooses of fate. 1 1 The play’s the thing / Wherein I’ll catch the conscience of the king. The play’s the thing / Wherein I’ll catch the conscience of the king. Franz Kaltenbeck SESSEL(T)REIBEN Am Anfang war der Sessel. Eingeknickt zwischen Himmel und Erde, also sitzend, muss die Zivilisation ihren Anfang gefunden haben. Wem fällt schon das Rad ein, wenn er nicht sitzen kann? Durch einfaches Herumliegen oder ödes Herumstehen bringt man die Welt nicht weiter. Dazu bedarf es Sitzungen, auf halber Augenhöhe mit der Schöpfung, selbstreflektiv verharrend im Zwischenreich menschlicher Möglichkeit, jederzeit auf Widerruf, hin zur Niederlage oder Erhöhung. Transitorisch eben zwischen Aufstieg oder Untergang. Nebst seiner also erwiesenen zivilisatorischen Notwendigkeit, ist der Sessel sexy wie kein Stück der Weltmöblierung. Keine Kommode, kein Schrank, kein Tisch langt an ihn heran. Weil drückt auch ganz schön auf Geschlecht und Co. (Bei Männern jedenfalls). Darum führen sich ja alle 47 Franz Kaltenbeck SESSEL(T)REIBEN In the beginning was the chair. Bent between heaven and earth, sitting, is how civilisation must have started out. Who would come up with the wheel, after all, if they hadn’t first known how to sit? You don’t advance the world by simply lying around or standing around. It requires sittings, at semi eye level with Creation, pausing for self-reflection in the intermediate realm of human potential, revocable at any time, culminating in defeat or aggrandizement. Fleetingly between rise or fall. Together with this proven civilising necessity, the chair is sexy like no other piece of world furnishing. There is not a dresser, cupboard or table that comes close. Because it exerts a delightful pressure on your private parts (for men anyway). That is why everyone acts as they do on a chair. Writhing, jerking and twisting around and around until - provisionally at least but never auf einem Sessel auf als wie. Da wird herumgewetzt, herumgeruckelt und –gezuckelt bis vorläufig, und nie endlich, die versammelte Unterleibschose so halbwegs positioniert ist. Denn: Jeder Sessel ist stärker als sein Besitzer, er ergreift von uns Besitz, nicht wir von ihm. „Sitz still“ ist daher eine der unsittlichsten und brutalsten Anweisungen im Kinderbehandel durch vermeintlich beruhigte Sitzriesen. Zappelphillip ist ein trauriges pseudozivilisatorisches Beispiel extremer Kindesmisshandlung. Denn was wäre, wenn das arme Ferkelchen einfach Hämorrhoiden gehabt hätte oder ein Klemmschwänzchen? Dies führt direkt zu den weithin unbesprochenen Themen der Sitzrituale, und wie ist der Auspuff von Sitzprobanten beschaffen. Betritt man beispielsweise das Büro eines Magnaten, wird man zwar nach seinen Trinkgelüsten befragt, aber nicht, wie es dem Arschloch geht, das ja beim Sitzen eine weit zentralere Rolle spielt, als der Mund. Vermutete Hinweise auf demnächst geknicktes potentielles Wohlergehen, ersetzen beispielsweise die Frage nicht: „Haben Sie Hämorrhoiden, wollen Sie weich oder hart sitzen, oder benötigen Sie einen Gummiring?“ Aus dieser großen Takt- und Sorglosigkeit heraus münden in der Geschichte der Menschheit die wahren Katastrophen und Krisen. Weil schlechtes Sitzen, verbunden mit Ungemach im Unterleib, erhöht die Kurzschlussgefahr dramatisch, führt automatisch zu übereilten Jas und Neins. Nie ist in der neuzeitlichen Weltgeschichte im Liegen oder im Stehen wirklich etwas angebrannt, immer bei so genannten Sitzungen zwecks gegenseitiger Besitzergreifungen. Jeder schlecht sitzende Mensch an sich ist eine akute Bedrohung. Insofern sind Sessel hochbrisante und hochriskante Waffen im globalen Arsenal. Daher ist auch Entwerfern von Sitzwerken ab sofort ein Design– Waffenschein abzufordern. Denn sie wissen nicht, was sie tun, über welches Wohl und Wehe sie bestimmen, dass Kopfgeburten verfehlten Designs den Weltuntergang auf das empfindlichste befördern können. Merke: Ein guter Sessel beginnt nicht im Designerwillen, sondern bei der Vorstellung eines multiplen Besitzerarsches. Und da es zu viele Ärsche auf der Welt gibt, wird somit die Kunst des Unmöglichen strapaziert. Also wird die Welt leider untergehen. Zwischen Sitzen und Besitzern. Schade. Wolfgang Lorenz 49 for long – for the time being but never permanently. Since: every chair is stronger than its owner; it is the chair that seizes ownership of us, and not the other way round. Because of this, “Sit still” is one of the most immoral and brutal orders in childrearing issued by supposedly calm sitting giants. The tale of Fidgety Philip in Struwwelpeter is a sorry pseudo-civilising example of extreme child abuse. Because what if the poor wee lad just had a touch of haemorrhoids or a case of trapped willy? This leads directly to the largely undiscussed themes of the sitting ritual, and how the seated test subject achieves exhaust emission. If, for example, one enters the office of a tycoon, one is asked what one would like to drink, but not how your arsehole is doing, which after all plays a far more central role than your mouth when you are seated. Notional allusions to the rapidly hampered potential well-being do not for example replace the question: “Do you have haemorrhoids, would you rather sit on something hard or soft, or perhaps you’d like a rubber ring?” This enormous tactlessness and lack of concern has given rise in the history of man to veritable catastrophes and crises. Sitting badly, and the distress this can lead to in the lower abdomen, dramatically increases the risk of a meeting being foreshortened, leading automatically to hasty yeses and nos. Never in the course of modern history has anything gone seriously awry when lying or standing, only at so-called ‘sittings’ or meetings for the purpose of mutual seizures. Any badly seated person constitutes a serious threat in themselves. In this respect chairs are highly explosive and hazardous weapons in the global arsenal. For this reason furniture designers should with immediate effect be required to hold a design-firearms licence. They do not realise what they are doing, what sway they hold over weal and woe, that their disastrous designs could actually expedite the end of the world. Note: a good seat does not result from the wishes of the designer but rather from the image of a multiple-occupant arse. And since there are too many arses in the world, the art of the impossible would be stretched. So unfortunately the world will come to an end. Somewhere between sitting and seizing. Shame. Wolfgang Lorenz nein, er soll nicht bequem sein! und armlehnen braucht er auch keine. ein sessel gehört an jenen tisch, auf dem dann die ellenbogen ruhen, auf den zu hauen immer wieder notwendig ist, an dem gegessen und getrunken wird; gut gegessen, anständig getrunken und so ausufernd von welt geredet, dass zwischendurch immer wieder die faust für interpunktion sorgen muss. eine lehne ist solange in ordnung, solange die gerade genug ist, das sakko zu tragen. das sakko muss immer in der nähe sein, es birgt reservetschick und maut. lehnen, die nach hinten knicken sind ein irrtum; und mit ihnen alle, die so genannte gemütlichkeit fördernde, sesselbastarde: das fauteuil: ein irrtum! der clubsessel: ein irrtum! der cocktailsessel: ein irrtum! ohrensessel, fernsehsessel, chaiselongues: alles irrtümer. der mensch liegt oder sitzt vorgebeugt. jede haltung dazwischen: ein irrtum! und, ganz wichtig: die sitzfläche ist hölzern, oder – wenn es denn unbedingt sein muss – aus leder. weil: geflecht fördert gemeine einzwickungen, plastik das schwitzen, und stoff ist widerlich. und überhaupt: der stammplatz und der stammsessel sind untrennbar miteinander verbunden. alles andere ist untragbar. no, it should not be comfortable! and it doesn’t need arm rests either. a chair belongs to the table on which one’s elbows are resting, on which one often needs to thump, at which one eats and drinks; eats well and drinks a decent amount, so that one talks prolifically about the world, one’s fist providing the necessary punctuation in between. a back rest is all right provided that it is upright enough to hold a jacket. one’s jacket must always be nearby since it holds spare cigarettes and change. back rests that tilt backwards are a mistake; and along with them all those chairs that supposedly enhance comfort - bastardised chairs: the easy chair: mistake! the lounge chair: mistake! the cocktail chair: mistake! wingback chairs, TV armchairs, chaise longues: all a mistake. people are meant either to lie or to sit bent forward. any position in between: mistake! and, most importantly: the seat must be wooden, or – if absolutely need be – leather. because: wicker can pinch unpleasantly, plastic makes you sweat, and fabric is disgusting. and in general: the regular’s seat is the regular’s chair, they are inextricable. anything else is unacceptable. Markus Mittringer Markus Mittringer Ich gehe gerne und muss oft sitzen, ich sitze gerne und muss dann immer wieder gehen, wenn da nicht die Sessel wären . . . I like walking and often need to sit down, I like sitting around but then always have to get up and walk, if it wasn’t for these chairs . . . Peter Pakesch Peter Pakesch VOM STUHL Das Privileg des Sitzens oberhalb der Erde gehört zu den frühesten Kulturtechniken mit sozialer Distinktion. Schon wer auf einem Hocker sitzt, thront über denen, die am Boden liegen. Das Sitzen auf dem Stuhl ist in allen Kulturen mit Alter, Macht und Denken verbunden; das Anfertigen von Sitzgerät dürfte zu den ersten handwerklichen Tätigkeiten überhaupt gehört haben. Prinzipiell besteht jeder Hocker aus zwei Ebenen, der Sitzebene und dem Volumen, das zur Erhöhung der ersten gebildet werden muss. Für einen Stuhl kommt mindestens eine Rückenlehne hinzu, gelegentlich auch zwei Armlehnen; als gepolsterte Variante mit tiefem Schwerpunkt heißt das Möbel Sessel. Der materiellen Ausführung ist kaum Grenzen gesetzt. 51 ON THE CHAIR The privilege of sitting above the ground is one of the earliest cultural techniques with social distinction. The person who sat even on a stool was enthroned above those lying on the ground. In every culture, sitting on a chair is linked with age, power and thought; the making of chairs may have been one of the first artisanal activities of mankind. In principle every stool consists of two levels, the sitting level and the volume required for the elevation of the former. A chair must have in addition at the least a back rest and occasionally two arm rests also; the upholstered version with a low centre of gravity is known as an armchair. There are almost no limits to its physical design. Simple though it might be to describe and build this group of objects, So einfach diese Objektgruppe zu beschreiben und herzustellen ist, so komplex ist ihre Wiedergabe in den Medien. Für eine zentralperspektivische Darstellung ist die Sitzfläche zu kurz, um eindrucksvoll zu sein; außerdem werden Stuhlbeine in horizontaler Sicht zu einem wilden Wald von Stecken und die Kanten der Rückenlehnen zu verdrehten Kurvaturen. Stühle und Sessel zu zeichnen und zu photographieren ist Strafarbeit. Allein die isometrische Darstellung scheint einigermaßen ansehnliche und zuverlässige Bilder zu liefern; die winkeltreue Kavaliersperspektive bietet sich ebenfalls an, weil sie in etwa dem Blick des Stehenden vor dem Hinsetzen entspricht. Also ist das Bild des Hockers, Stuhls und Sessels innerhalb der Kunst in die Groteske gerutscht. Gern fliegt er raumzeitlos über die Bildfläche, oft steht er im Hintergrund für abwesende und erwartete Dritte. Skulptural jedoch gehört er zu den beliebtesten Objekten für Environments und Installationen: Wie kaum ein anderes Möbel formt der Stuhl die linguistische Konvention des kleinen Herrschers über Hof und Heim, des eben nur wenig Erhabenen. Kein Wunder, dass Stühle und Sessel in Computergames wie interaktiven Medien eine nicht unbedeutende Rolle spielen; sie sind leicht zu programmieren, bieten kaum bedeutende Flächen, können aber gut besetzt und besessen werden. Und manchmal sind sie besessen. its depiction in the media is highly complex. The surface of the seat is too short for a central perspective image to be arresting; and from a horizontal viewpoint the legs become a wild forest of sticks and the edges of the chairback become distorted curves. Drawing and photographing chairs and armchairs is a terrible task. Only isometric representation seems to provide tolerably acceptable and reliable images; the isogonal cavalier perspective also lends itself in this case because it corresponds to the viewpoint of the standing person just before they sit down. Hence the image of the stool, chair and armchair in art has descended into the grotesque. It often flies around somewhere out of space and time above the image area, or stands in the background waiting for an absent and expected third party. In sculpture, however, it is one of the favourite objects for use in environments and installations: more than any other piece of furniture, the chair forms the linguistic convention of the petty sovereign ruling over hearth and home, of the only slightly superior. No wonder then that chairs and armchairs play a not insignificant role in computer games and interactive media; they are easy to programme, offer no major surfaces but can nonetheless be well occupied and possessed. And sometimes they are possessed. Rolf Sachsse Rolf Sachsse das dach. kein tisch. eine kleine göttin hockt fruchtbar in ihrem leib herum. sie braucht keinen gegenstand zum sitzen, das und der kommt später und die vier beine auch. vorher genügt das aus-ladende gesäss, erst dann geht’s zum stein, dann zur lehne, vor allem, wenn es gilt, nicht arm zu sein. der göttin unter dem dach genügt ihr körper. das ist der heilige b(r)auch: frei- schwingend, schaukelnd, klapp-end, knie-end, darin ein kind, später zwei friseure, ein chef, all diese gesellen sich dazu, ein löwe springt auch noch herein – egal ob ins büro oder in die kirche oder in den saal. der thron ist der lohn. eine, weniger, oder einer, eher, herr-schte immer und ewig und zeigte das. heutzutage ist so – gar – auf der toilette unter glas per spiegel einsicht möglich. geburt wie abgang, alles sichtbar, alles sitzt richtig im bild. drinnen ist draussen, beichtend erleichternd. bar und kuh („schämel dich“) kamen auch noch dazu. nur "This text has not been translated into English due to its specifically literary nature." DER HEILIGE SCHEMEL ich fahre auf schienen unter ODER ALLES STUHL? dort läutet die glocke. dort steht 53 die japaner, die brauchten noch lange, bis aus edo tokyo wurde, und dann noch viel länger, bis die amerikaner kamen und andere zeichenträger den stuhl ein- und, wie oben angedeutet, immer auch abführten. Ferdinand Schmatz ÜBER DAS SITZEN Sessel sind zum Sitzen da. Seit wann sitzt der Mensch ? Um Mensch zu werden, hat er sich zunächst einmal aufrichten müssen, ohne dass er vorher gesessen ist. Das ist jetzt 5 bis 1,5 Millionen Jahre her. Und dann hat es wiederum Millionen Jahre gedauert, bis dem Menschen das Sitzen eingefallen ist. Liegen, hocken, kauern, knien waren die freilich heute noch immer gebräuchlichen Vorstufen des Sitzens. Und da in der Vorstellung des/der Menschen das Sitzen zuerst den Göttern und viel später den Königen vorbehalten war, und das auf einem Thron, entwickelten sich das Sitzen und die Sitzgelegenheiten des Volkes viel langsamer. Selbst Walther von der Vogelweide musste um 1300 noch mit einem Naturstein vorlieb nehmen: Ich saz ûf eime steine…. Der erste Vorläufer des Sessels war ein langes und schmales Holzbrett, das sich auf zwei vertikale Achsen stützte, es war die Sitzbank: sie bot mehreren Leuten Platz, aber sie zwang sie dazu, aufrecht und unbequem zu sitzen. Der Sessel für nur eine Person wird zuerst ausschließlich von Priestern und Fürsten benützt: er war tatsächlich ein aristokratisches Privileg zur Unterscheidung von der Masse und zur Distanzierung. Mit der französischen Revolution wurde der Thron demokratisiert. Der Bürger setzte sich nieder und übernahm/imitierte die Gesten des früheren Alleinherrschers. Und dann ging die Entwicklung ganz rasant voran, natürlich auch durch die Industrialisierung und die Massenproduktion. Heute hat jeder einen oder mehrere Sessel. Und jeder sitzt viele Stunden am Tag, ob gezwungen oder gewollt, und das Sitzen wird noch immer bequemer empfunden als das Stehen. Dabei ist das Sitzen eine durchaus ungesunde und gekünstelte Haltung: Der Mensch faltet sich zusammen, die Muskeln in Beinen und Gesäß sind angespannt, die Atmung ist erschwert…. Aber wie wäre das erst, wenn sich die Kniee in die andere Richtung, also nach hinten beugten, und wie sähe dann ein Sessel aus ? Und wie wäre das für mich, der ich ein notorischer Sesselkleber und Sitzenbleiber zwischen zwei Stühlen bin ? 55 Heimo Steps ON SITTING Chairs are there for sitting on. Since when has man been sitting ? In order to become man he had to stand upright before he sat down. That is now between 5 and 1.5 million years ago. And then it took millions of years until it occurred to men to sit down. Lying, squatting, crouching, kneeling were the preliminary stages before sitting, which are in fact still in use today. And since in man’s imagination sitting was the preserve first of the gods then much later of kings, and then on a throne, the development of sitting and seating apparatus for ordinary people was much slower. Even Walther von der Vogelweide in around 1300 had to be content with a natural stone: Ich saz ûf eime steine…. The earliest forerunner of the chair was a long and narrow wooden board resting on two vertical axes, the bench: it offered seating to several people, but forced them to sit upright and uncomfortably. The chair for just one person was at first used exclusively by priests and sovereigns: it was in fact an aristocratic privilege, employed to differentiate and distance one from the masses. During the French Revolution the throne was democratised. The citizens sat down and took on/imitated the gestures of the former autocrat. And then development forged ahead, also of course due to industrialisation and mass production. Today everyone has one or several chairs. And everyone spends many hours a day sitting, either by obligation or free will, and sitting is increasingly seen as more comfortable than standing. It is however a thoroughly unhealthy and artificial poise: the person folds themself up, the leg muscles and buttocks are tense, breathing is hampered..... But how would it be if one’s knees bent in the other direction, backwards that is, and what would a chair look like then ? And how would that be for me, a notorious Sesselkleber, always unwilling to leave my job – and a Sitzenbleiber, flunking school and repeating a year – stuck between two chairs ? Heimo Steps Der Sessel, abstrakt betrachtet, birgt gar nicht wenig Mathematik in sich: in seiner klassischen Form ist die Sitzfläche ein Quadrat und die Lehnfläche ein Rechteck. Beide Figuren tragen sowohl in der Zahl ihrer Seiten als auch in der Zahl ihrer Ecken die vier in sich. Und vom Quadrat der Sitzfläche weisen vier gleich lange Strecken auf den Boden, also steckt ein drittes Mal die Zahl vier in der abstraktesten und einfachsten Form eines Sessels. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum in der Grundschule zuweilen ein verkehrt gezeichneter Sessel – so betrachtet, dass Sitz- und Lehnfläche projizierend sind und je zwei Sesselbeine in der Zeichenebene ineinander fallen – den Kindern als mnemotechnisches Hilfsmittel zur Einprägung der Form des arabischen Zeichens der Zahl vier dient. Natürlich darf mit Recht entgegnet werden, dass die meisten Sessel nicht diese einfache geometrische Form besitzen, sondern in vielerlei Weisen verziert sind. Man denke nur an die verschiedenen Stühle im style classique der Könige Louis XIV, Louis XV oder Louis XVI. Es ist das Verdienst der modernen, von Adolf Loos und auch von seinem Bewunderer Ludwig Wittgenstein geprägten Sicht der Dinge, dass von den Verschleierungen durch das Ornament abgesehen wird und die oben beschriebene Struktur des Sessels zutage tritt. Viel bemerkenswerter hingegen ist der Einwand, dass eine noch einfachere Konstruktion eines Sessels auf der Zahl drei beruhen könnte: Es genügte, eine dreieckige und zugleich dreiseitige Sitzfläche sowie eine dreieckige und zugleich dreiseitige Lehnfläche zu bilden und von der Sitzfläche als Abstraktion der Sesselbeine drei gleich lange Strecken auf den Boden zu richten. Sessel dieser Art sind natürlich immer wieder entworfen worden, sie bildeten jedoch zu keiner Epoche den „typischen“ Sessel. Obwohl der Vorteil dieser Konstruktion nicht nur in ihrer größeren Einfachheit bestünde, sondern auch in der Tatsache, dass ein derartiger Sessel niemals wackeln könnte. Denn eine Ebene – in diesem Fall der Boden, auf dem der Sessel ruht – ist durch die Vorgabe von drei, nicht auf einer gemeinsamen Geraden liegenden Punkten – in diesem Fall: den Aufsetzpunkten des Sessels auf dem Boden – eindeutig festgelegt. Dennoch hat man sich, von einfachen dreibeinigen Schemeln abgesehen, praktisch immer für den vierbeinigen Sessel entschieden. Vermutlich deshalb, weil die vom Quadrat gebildete Symmetriegruppe mit dem rechten Winkel als konstitutivem Element dem ästhetischen Empfinden besser entspricht als die Symmetriegruppe des gleichseitigen Dreiecks. 57 Rudolf Taschner The chair, seen in abstract terms, holds more than a little mathematics within itself: in its classical form the surface of the seat is a square and the back rest is a rectangle. Both shapes contain the number four, in the number of their sides and the number of their angles. And from the square of the seat there extend four legs of equal length towards the floor, thus the number four arises a third time in the most abstract and simplest form of a chair. Perhaps this also the reason why sometimes in primary school a reversed chair – seen from such an angle that the seat and backrest are projecting and pairs of legs merge at the drawing plane – serves the children as a mnemonic aid for the memorising of the shape of the Arabic figure four. Of course one could quite justifiably argue that most chairs do not possess such simple geometric forms, but are instead decorated in all manner of ways. One need only think of the various chairs in the style classique of Kings Louis XIV, Louis XV or Louis XVI. It is to the merit of the modernists, to Adolf Loos and his admirer Ludwig Wittgenstein’s way of viewing things, that they are no longer obfuscated by ornament and that the structure of the chair as described above has emerged. Far more remarkable, however, is the objection that a yet simpler construction of a chair could bear on the number three: it would suffice to depict a triangular and simultaneously three-sided seat surface as well as a triangular and simultaneously three-sided back rest and, as an abstraction of the legs, to align three equally long lines towards the floor. Chairs of this kind are of course being designed all the time, albeit they do not represent the “typical” chair of any particular period. Although the advantage of this construction would consist not only in its great simplicity but also in the fact that this kind of chair could never wobble. Because a plane – in this case the floor on which the chair is sitting – is clearly defined by three points, that are not collinear – in this case the points where the chair legs meet the ground. Despite this, with the exception of simple three-legged stools, the fourlegged chair has almost always been favoured. Probably because the symmetry group formed by the square with the right angle as a constitutive element is aesthetically more satisfying than the symmetry group of the equilateral triangle. Rudolf Taschner DIE WELT DES SESSELS IST NICHT Einen Sessel erkennt man an DIE WELT DES SITZENS ..... den Beinen oder an der Sitzfläche, oft auch nur an der Lehne (wenn z.B. der Blick durch einen Tisch verstellt ist) ..... also auch pars pro toto und man verwechselt ihn doch nicht mit einem Stockerl oder einem Bett. Ein Sessel ist ein Sessel ..... weil er so aussieht wie ein Sessel. ..... und wenn man auf dem Erdboden sitzt, sagt man zur Welt nicht Sessel, weil sie (ohne Lehne und ohne Beine) eben kein Sessel ist, weil sie eher rund aussieht ..... also ist die Welt kein Sessel. Andererseits: auch wenn niemand auf einem Sessel sitzt, ist er immer noch ein Sessel. Kommt man in einen Raum, erkennt man gleich, was ein Sessel ist, man nimmt einen Sessel als Sitzgelegenheit wahr ..... benutzt ihn – auch unaufgefordert ..... unabhängig davon wie er aussieht (rund, gepolstert, Bugholz oder Formrohr). Sessel sind nicht Stühle, ein Sesselrücken ist keine Lehne und kein Stuhlgang (ein Klo ist kein Sessel - s.o.) ..... und beim Sesselreiten ist ein Sessel (rittlings bestiegen) kein Fahrrad ..... Es gibt meistens mehr Sessel als Sitzende (nur bei der Reise nach Jerusalem oder beim Sesseltanz in Österreich, ist das anders). Überall stehen leere Sessel weitgehend unnütz herum ..... ein Speisezimmersessel wird nur kurz besessen (nie wirklich ausgesessen). Dafür liegen dann aber wieder Kleider auf Sesseln herum, obwohl ein Sessel nicht Bett, aber auch nicht Kasten oder Kleiderboy ist ..... aber wenn jemand auf den Sessel steigt, wird dieser (nur in Ottakring) zur Leiter ..... und wenn sechs Sessel nebeneinander stehen, sind es meistens Wartezimmersessel (manchmal auch ein Sessellift). Ein Sessel kann also verschiedenes, vor allem bewirkt ein Sessel, dass der A. nicht direkt am Boden ist ..... mit seinen Beinen kommt der Sessel dem A. entgegen ..... anders gesehen könnte man auch sagen, der Boden hat die Sesselbeine erfunden, um sich die Ärsche vom Leib zu halten. Deswegen haben Sessel viele Beine ..... zumeist vier ..... gemäß Rudofsky aber auch mehr, obwohl drei ..... oder auch zwei ..... bisweilen auch einer genügt. Ein Sacco (Zanotta 1968) hat überhaupt keine Sesselbeine ..... ist daher sicherlich kein Sessel ..... woran erkennbar ist: was immer (ob Farbe, Material, Form, Bequemlichkeit .....) Designer oder Künstler oder Architekten für den Sessel beitragen wollen ..... ein Sessel ist ein Sessel ist ein Sessel ... das sitzt. 59 Manfred Wolff–Plottegg THE WORLD OF THE ARMCHAIR IS NOT One recognises an THE WORLD OF SITTING ..... armchair by its legs or its surface, or often just from its backrest (when e.g. one’s view is blocked by a table) ….. hence pars pro toto, too, and one would never confuse it with a stool or a bed. An armchair is an armchair ….. because it looks like an armchair. ….. and when one is sitting on the ground, one would not call the world an armchair, because (not having any back rest or legs) it simply is not an armchair, because it looks round instead …. so the world is not an armchair. On the other hand: even when no one is sitting on an armchair, it is still an armchair. When one enters a room, one immediately recognises what an armchair is, one perceives an armchair as a seat ….. one makes use of it – even without being asked ….. regardless of how it looks (round, upholstered, bentwood or form pipe). armchairs are not upright chairs, the back of an armchair is not a back rest and not a bodily stool (a loo is not an armchair – see above) ….. and when riding around on an armchair (mounted astride) the armchair is not a bicycle ….. There are usually more armchairs than people sitting (only in the game of musical chairs is this not the case). Empty armchairs are to be found all over the place, largely of no use .…. a larder-chair is only ever briefly occupied (and not really worn out). This is why however there is always clothing lying around on armchairs, and although an armchair may not be a bed, it is also not a wardrobe or a clothes hook .…. but when someone climbs up on an armchair it becomes (only in Ottakring) a ladder .…. and when six armchairs are stood next to each other they are usually waiting-room armchairs (or sometimes a ski lift). An armchair can therefore do various things, but above all its function is to ensure that one’s arse is not directly on the ground .…. the legs of the armchair accommodate the arse .…. or to put it another way one could also say that the ground had invented the armchair to keep our arses away from it. That is why armchairs have many legs .…. mostly four ….. according to Rudofsky more even, although three, or even two .…. occasionally just one is enough. A Sacco (Zanotta 1968) has no legs at all .…. and is therefore definitely not an armchair ….. whereby it is evident: whatever (whether it is colour, material, shape, comfort .….) designers or artists or architects wish to add to an armchair .…. an armchair is an armchair is an armchair ... and that’s the way it sits. Manfred Wolff–Plottegg Heiner Blum Herbert Brandl EVA & ADELE Peter Friedl Jakob Gasteiger Franz Graf G.R.A.M. Markus Huemer IRWIN Michael Kienzer Peter Kogler Zenita Komad Brigitte Kowanz Hans Kupelwieser Thomas Locher Rudi Molacek Christian Philipp Müller Flora Neuwirth Tobias Rehberger Werner Reiterer Gerwald Rockenschaub Eva Schlegel Michael Schuster Hartmut Skerbisch Gustav Troger Peter Weibel Hans Weigand Markus Wilfling Erwin Wurm Heimo Zobernig AUTOREN – KURZBIOGRAFIEN AUTHORS – SHORT BIOGRAPHIES Seite 1 Vorwort des Kurators, Peter Weibel, (A), Direktor des ZKM, Kurator und Künstler, lebt in Karlsruhe page 1 Curator’s foreword, Peter Weibel, (A), Director of ZKM, curator and artist, lives in Karlsruhe Seite 5 Spazierensitzen, Bazon Brock, (D), Professor em. für Ästhetik, www.bazonbrock.de page 5 Walksitting, Bazon Brock, (D), Professor emeritus of aesthetics, www.bazonbrock.de Seite 25 ---, Peter Noever, (A), Direktor MAK Wien/Los Angeles, lebt in Wien page 25 ---, Peter Noever, (A), Director MAK Vienna/Los Angeles, lives in Vienna Seite 27 sesselkleber, Friedrich Achleitner, (A), Architekturpublizist und Schriftsteller, lebt in Wien page 27 sesselkleber, Friedrich Achleitner, (A), Architectural publicist and writer, lives in Vienna Seite 27 The New International Stuhl, Volker Albus, (D), Architekt und Designer, lebt in Karlsruhe page 27 The New International Chair, Volker Albus, (D), Architect and designer, lives in Karlsruhe Seite 29 DAS STUMME H, Ernst M. Binder, (A), Autor, Musiker und Regisseur, lebt in Graz und Berlin page 29 THE SILENT H, Ernst M. Binder, (A), Author, musician and director, lives in Graz and Berlin Seite 33 Seite 35 denkmal denkmal (ration), Franz Josef Czernin, (A), Schriftsteller, lebt in Rettenegg/Steiermark page 33 page 35 denkmal denkmal (ration), Franz Josef Czernin, (A), Writer, lives in Rettenegg/Styria page 37 Untitled, Hermann Eisenköck, (A), Architect, lives in Graz Seite 37 ohne Titel, Hermann Eisenköck, (A), Architekt, lebt in Graz page 39 Episodes for Ralph, Max Gad, (A), Littérateur, lives in Graz Seite 39 Episoden für Ralph, Max Gad, (A), Literat, lebt in Graz Seite 41 Der leere Stuhl als Behauptung von Zukunft, Hermann Glettler, (A), Künstler und Pfarrer, lebt in Graz page 41 The Empty Chair as an Assertion of the Future, Hermann Glettler, (A), Artist and priest, lives in Graz Seite 43 Kippenbergers Antikunst aus Liebe zur Kunst, Walter Grond, (A), Autor und Direktor der virtuellen Bibliothek Readme.cc, lebt in der Wachau page 43 Kippenberger’s Anti-Art for Love of Art, Walter Grond, (A), Author and director of the Readme.cc virtual library, lives in the Wachau page 45 Chair Nooses, Franz Kaltenbeck, (A), Psychoanalyst, lives in Paris Seite 45 Sesselschlingen, Franz Kaltenbeck, (A), Psychoanalytiker, lebt in Paris Seite 47 Sessel(t)reiben, Wolfgang Lorenz, (A), ORF Programmdirektor, lebt in Wien page 47 Sessel(t)reiben, Wolfgang Lorenz, (A), ORF director of programming, lives in Vienna Seite 51 ---, Markus Mittringer, (A), Kulturkritiker, lebt in Wien page 51 ---, Markus Mittringer, (A), Cultural critic lives in Vienna Seite 51 ---, Peter Pakesch, (A), Intendant Landesmuseum Joanneum, lebt in Graz page 51 ---, Peter Pakesch, (A), Director of Landesmuseum Joanneum, lives in Graz Seite 51 Vom Stuhl, Rolf Sachsse, (D), Professor für Designtheorie, lebt in Saarbrücken Seite 53 der heilige schemel oder alles stuhl?, Ferdinand Schmatz, (A), Schriftsteller, lebt in Wien page 51 On the chair, Rolf Sachsse, (D), Professor of design theory, lives in Saarbrücken Seite 55 Über das Sitzen, Heimo Steps, (A), Kulturexperte, lebt in Graz page 53 der heilige schemel oder alles stuhl?, Ferdinand Schmatz, (A), Writer, lives in Vienna Seite 57 ---, Rudolf Taschner, (A), Mathematiker, lebt in Wien page 55 On Sitting, Heimo Steps, (A), Cultural expert, lives in Graz Seite 59 Die Welt des Sessels ist nicht die Welt des Sitzens ..…, Manfred Wolff–Plottegg, (A), Architekt und Künstler, lebt in Graz und Wien page 57 ---, Rudolf Taschner, (A), Mathematician, lives in Vienna page 59 The World of the Armchair is not the World of Sitting ....., Manfred Wolff–Plottegg, (A), Architect and artist, lives in Graz and Vienna KÜNSTLER – KURZBIOGRAFIEN ARTISTS – SHORT BIOGRAPHIES Seite 2 »tracksuit«, Heiner Blum, (D), lebt in Offenbach page 2 »tracksuit«, Heiner Blum, (D), lives in Offenbach Seite 4 Kunstdünger für Kunstmüll, Herbert Brandl, (A), lebt in Wien page 4 Art dung for art trash, Herbert Brandl, (A), lives in Vienna Seite 6 Ich bin ein Berliner, EVA & ADELE, (D), leben in Berlin page 6 Ich bin ein Berliner, EVA & ADELE, (D), live in Berlin Seite 8 Anna & Rudolf, Peter Friedl, (A), lebt in Berlin page 8 Anna & Rudolf, Peter Friedl, (A), lives in Berlin Seite 10 o.T., Jakob Gasteiger, (A), lebt in Wien page 10 Untitled, Jakob Gasteiger, (A), lives in Vienna Seite 12 CH AIR, Franz Graf, (A), lebt in Wien page 12 CH AIR, Franz Graf, (A), lives in Vienna Seite 14 o.T. 2008, G.R.A.M., (A), leben in Graz page 14 Untitled 2008, G.R.A.M., (A), live in Graz Seite 16 Pudelwohl, Markus Huemer, (A), lebt in Berlin page 16 Right as rain, Markus Huemer, (A), lives in Berlin Seite 18 Bombenstabil, IRWIN, (SLO), leben in Ljubljana page 18 Bombproof, IRWIN, (SLO), live in Ljubljana Seite 20 ohne Titel, 2008, Michael Kienzer, (A), lebt in Wien page 20 Untitled, 2008, Michael Kienzer, (A), lives in Vienna Seite 22 ohne Titel, Peter Kogler, (A), lebt in Wien page 22 Untitled, Peter Kogler, (A), lives in Vienna Seite 24 Mrs. Time-Variability, Zenita Komad, (A), lebt in Wien page 24 Mrs. Time-Variability, Zenita Komad, (A), lives in Vienna Seite 26 "18 1 12 16 8", Brigitte Kowanz, (A), lebt in Wien page 26 "18 1 12 16 8", Brigitte Kowanz, (A), lives in Vienna Seite 28 swirltwirl 1, Hans Kupelwieser, (A), lebt in Wien page 28 swirltwirl 1, Hans Kupelwieser, (A), lives in Vienna Seite 30 MARX FÜR ALLE, Thomas Locher, (A), lebt in Berlin page 30 MARX FOR ALL, Thomas Locher, (A), lives in Berlin Seite 32 "reserviert", Rudi Molacek, (A), lebt in Berlin page 32 "reserved", Rudi Molacek, (A), lives in Berlin Seite 34 RUHESITZ, 2008, Christian Philipp Müller, (CH), lebt in Köln und New York Seite 36 GS / No.1+2, Flora Neuwirth, (A), lebt in Wien page 34 RETIREMENT HOME, 2008, Christian Philipp Müller, (CH), lives in Cologne and New York Seite 38 "AD Reinhard III", Tobias Rehberger, (D), lebt in Frankfurt page 36 GS / No.1+2, Flora Neuwirth, (A), lives in Vienna Seite 40 „Kepler“ 2008, Werner Reiterer, (A), lebt in Wien page 38 "AD Reinhard III", Tobias Rehberger, (D), lives in Frankfurt Seite 42 o.T., Gerwald Rockenschaub, (A), lebt in Berlin page 40 “Kepler“ 2008, Werner Reiterer, (A), lives in Vienna Seite 44 o.T. 2008, Eva Schlegel, (A), lebt in Wien page 42 Untitled, Gerwald Rockenschaub, (A), lives in Berlin Seite 46 Achtung Gerät defekt, Michael Schuster, (A), lebt in Graz page 44 Untitled 2008, Eva Schlegel, (A), lives in Vienna Seite 48 King Ralph, Hartmut Skerbisch, (A), lebt in Graz page 46 Warning defective device, Michael Schuster, (A), lives in Graz Seite 50 Der Himmel auf Erden eine Stehpartie, Gustav Troger, (A), lebt in Graz, Wien und San Francisco page 48 King Ralph, Hartmut Skerbisch, (A), lives in Graz Seite 52 scanned chair, Peter Weibel, (A), lebt in Karlsruhe page 50 Heaven on Earth a standing party, Gustav Troger, (A), lives in Graz, Vienna and San Francisco Seite 54 "sessel für maxwell2", Hans Weigand, (A), lebt in Wien page 52 scanned chair, Peter Weibel, (A), lives in Karlsruhe Seite 56 ohne Titel (Spiegelobjekt), Markus Wilfling, (A), lebt in Graz page 54 "armchair for maxwell2", Hans Weigand, (A), lives in Vienna Seite 58 Stuhlskulptur, Erwin Wurm, (A), lebt in Wien page 56 Untitled (mirror object), Markus Wilfling, (A), lives in Graz Seite 60 ohne Titel, Heimo Zobernig, (A), lebt in Wien page 58 Chair sculpture, Erwin Wurm, (A), lives in Vienna page 60 Untitled, Heimo Zobernig, (A), lives in Vienna PROJEKT „30x2 SESSEL/STÜHLE“ PROJECT “30x2 CHAIRS“ Ein Projekt der Artelier Collection nach einer Idee von Ralph Schilcher Kurator: Peter Weibel An Artelier Collection project based on an idea by Ralph Schilcher Curator: Peter Weibel Von 30 Paaren zufällig angesammelter Sessel/Stühle wurde jeweils ein Exemplar 30 Künstlern zur Be-, Ver- und Umarbeitung zugelost. Die jeweiligen Ergebnisse werden den anderen, unbearbeiteten Exemplaren gegenübergestellt. From 30 pairs of haphazardly accumulated easy and upright chairs, one example of each was assigned randomly to 30 artists to be worked on, worked up or reworked. The results are contrasted with the other, unaltered chairs. Künstler: laut Kurzbiografien Redaktion: Waltraud Gaar Produktion: Joseph Windisch – art productions, Artelier Collection und Künstler © 2008 Artelier Collection und Künstler Artists: see short biographies Editorial: Waltraud Gaar Production: Joseph Windisch – art productions, Artelier Collection and artists © 2008 Artelier Collection and artists IMPRESSUM IMPRINT Verlag: Literaturverlag Droschl Herausgeber: Ralph Schilcher – Artelier Collection Konzept: Peter Weibel und Ralph Schilcher Fotos: Michael Schuster Redaktion: Waltraud Gaar Covergestaltung: Manfred Erjautz Layout, DTP: Joseph Windisch – art productions Übersetzungen: Y‘plus Autoren: laut Kurzbiografien Lektorat: Y‘plus und Iskra Buschek Lithografien und Druck: Druckhaus Thalerhof GesmbH & Co KG Auflage: 600 Publisher: Literaturverlag Droschl Editor: Ralph Schilcher – Artelier Collection Idea: Peter Weibel and Ralph Schilcher Editorial: Waltraud Gaar Photos: Michael Schuster Cover design: Manfred Erjautz Layout, DTP: Joseph Windisch – art productions Authors: see short biographies Translations: Y‘plus Proofreading: Y‘plus and Iskra Buschek Lithographs and Print: Druckhaus Thalerhof GesmbH & Co KG Print run: 600 Sonderedition: 30x2 Exemplare – gecovert von Manfred Erjautz, signiert und nummeriert Special Edition: 30x2 copies – covered by Manfred Erjautz, signed and numbered Fotonachweis: Bazon Brock (Seite 20) Photo credits: Bazon Brock (page 20) © 2008 Artelier Collection und Autoren © 2008 Artelier Collection and authors Jede Art der Vervielfältigung, des Abdrucks und der Veröffentlichung, auch nur auszugsweise, insbesondere die elektronische Aufbereitung von Texten und Bildmaterial, bedarf ausdrücklich der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Urheber. No form of reproduction, reprint or other form of publication, in whole or in excerpts, including in particular the electronic processing of textual and image material, is admissible without prior express permission, in writing, by the authors. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Gedruckt in Österreich. ISBN 978-3-85420-756-6 Printed in Austria. ISBN 978-3-85420-756-6