Eimsbüttler Rot Juli/August 2012
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Eimsbüttler Rot Juli/August 2012
Juli/August 2012 Eimsbüttler Rot, Zeitung der DKP-Gruppe Hamburg-West V.i.S.d.P.: P. Wils, Lindenallee 72, 20259 Hamburg www.dkp.de Die Zeitung der DKP für Eimsbüttel und Umgebung Merkel & Co mit ihrem Latein am Ende Der Fiskalpakt ruiniert Europa Die Brüsseler Kürzungspolitik ist nach zwei Jahren grandios gescheitert. Von Athen bis Madrid wurde alles kaputtgespart. Die Wirtschaft schrumpft und die Arbeitslosigkeit steigt. Das Spardiktat stößt große Bevölkerungsteile in die Armut. Der Jugend wird die Zukunft geraubt. Trotz drakonischer Ausgabenkürzungen werden die Sparziele verfehlt. Folglich weigern sich immer mehr Menschen, den Gürtel enger zu schnallen. In Paris und Amsterdam jagten die Wähler die Sparkommissare zum Teufel. Selbst hartgesottene Spar-Dogmatiker erkennen inzwischen, dass der Schrumpfkurs nicht zum Ziel führt. Der befremdliche Triumpf gescheiterter neoliberaler Ideen ist damit aber nicht am Ende. Jetzt soll ein Fiskalpakt ganz Europa auf Zwangsdiät setzen. Schärfere Schuldenregeln sollen den Kassenwarten Daumenschrauben anlegen. Das … Haushaltsdefizit darf künftig 0,5% des nationalen Sozialprodukts nicht überschreiten. Staaten mit einer Schuldenquote über 60% müssen jährlich 5% ihrer übermäßigen Verschuldung abbauen. Die neuen Schuldenregeln werden in den nationalen Verfassungen verankert. Regelverstöße ziehen drakonische Strafen nach sich. Das neue Regelwerk bekämpft nicht die Ursachen der Krise. Entgegen dem Märchen von der Staatsschuldenkrise sind die Schulden nicht durch laxe Haushaltspolitik entstanden. Vor der großen Finanzmarktkrise stiegen in der Mehrzahl der EU-Länder die Staatsausgaben schwächer als das Sozialprodukt. In den heutigen Krisenländern Irland, Spanien und Italien sank die Schuldenlast sogar. Erst durch den Supergau der Finanz- Inhalt Seite 1 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Der Fiskalpakt ruiniert Europa Syrien Agentenchef mit dreckigen Füssen Betreuungsgeld und SPD Hamburger Rotstift Druck auf der Blase Julia Timoschenko Methfesselfest Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Fiskalpakt märkte explodierten die Schulden. Die Schuldenquote des Euro-Raums kletterte von rund 66% auf über 85%. Der Fiskalpakt tritt die ökonomische Vernunft mit Füßen. Die Schuldenregeln ignorieren den Zusammenhang von Staatsausgaben und Konjunktur. Staatsausgaben sind immer auch Einnahmen der Unternehmen und der Privathaushalte. Wenn der Staat zum falschen Zeitpunkt kürzt, dann verlieren Firmen Aufträge. Zudem haben Rentner, Arbeitslose und Bedürftige dann weniger Geld. Die Nachfrage sinkt – und mit ihr Wachstum und Steuereinnahmen. Gleichzeitig steigen Arbeitslosigkeit und Schulden. Doch damit nicht genug: Der Fiskalpakt läßt auch die öffentlichen Investitionen schrumpfen. Europas Kassenwarte können künftig nicht mehr mit Hilfe von Krediten in Bildung, Infrastruktur oder Umwelt investieren, wenn dadurch Schuldengrenzen verletzt werden. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Schließlich übertreffen die Erträge dieser Zukunftsinvestitionen die Finanzierungskosten. Die neue europäische Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse. Natürlich können die Schatzmeister ihre Staatsfinanzen auch durch höhere Steuern sanieren. In der Praxis sparen Europas Finanzminister jedoch zu 80% über die Ausgabenseite. In Südeuropa rollt jetzt unter dem Deckmantel der Sparpolitik ein Generalangriff auf Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose. Staatsdiener werden entlassen , Löhne, Arbeitslosengeld und Renten gekürzt. Das Arbeitsrecht wird ausgehöhlt. Der Schuldenknüppel trifft die Opfer der Krise. Der Fiskalpakt institutionalisiert den Sozialabbau. Der Fiskalpakt beschädigt auch die Demokratie. Die europäischen Schuldenregeln greifen unmittelbar in das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente ein. Diese Kernfrage der Demokratie darf nicht in Hinterzimmern entschieden werden. Der europäische Fiskalpakt richtet sich gegen die Interessen der Arbeitnehmer, Rentner und sozial Schwachen. Deswegen stehen die deutschen Gewerkschaften erstmals in Opposition zu einem zentralen „europäischen Integrationsprojekt“. Ohne einen Stopp der Kürzungspolitik kommt Europa nicht mehr auf die Beine. Da hilft es auch nicht, dass hierzulande Sozialdemokraten und Grüne dem Fiskalpakt durch einen Wachstumspakt die Giftzähne ziehen wollen. Kein Wachs- Seite 2 tumspakt kann den Flurschaden des Spardiktats neutralisieren. Das beste Wachstumsprogramm für Europa wäre ein sofortiges Spar-Moratorium und eine Ablehnung des europäischen Fiskalpakts. Das heißt nicht, dass die Politik die Schuldenberge ignorieren kann. Die Schuldenfrage ist aber eine Verteilungsfrage. Alle EU-Staatsschulden belaufen sich auf rund zehn Billionen Euro. Das private Geldvermögen in Westeuropa beträgt aber rund 27 Billionen Euro. Die beste Schuldenbremse ist und bleibt somit eine höhere Besteuerung großer Einkommen und Vermögen. Text: Dirk Hirschel, Leiter Bereich Wirtschaftspolitik bei Verdi in „Publik“ Anmerkung: Die hier analysierte Politik entspricht der sogenannten Lissabon-Strategie und beabsichtigt, durch europaweiten Lohn- und Sozialabbau die Produktionskosten soweit abzusenken, dass europäische Konzerne den Weltmarkt beherrschen. Um Rohstoffquellen, Transportwege und Märkte sicher zu stellen, verlangt die Lissabon-Strategie auch weitere europäische Aufrüstung. Es ist Politik im Interesse des Großkapitals und eine Politik der Kriegsandrohung. Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Internationales Syrien „……gehört zum Widerlichsten“ Jürgen Todenhöfer: Vor Tagen veröffentlichte BILD einen Artikel von Jürgen Todenhöfer (Ex-CDU-Politiker) unter dem Titel „Mein Treffen mit Assad“. Darin heißt es: „Am längsten sprach ich mit Ahmed, einem jungen Mann aus Hula. Dort hatte vor wenigen Wochen das schrecklichste Massaker des Krieges stattgefunden. Freunde aus Nachbardörfern, mit denen Ahmed noch vor Kurzem gegen Assad demonstriert hatte, waren in sein Haus eingedrungen, um ihn und seine Familie zu ermorden. Sie warfen ihm vor, zum schiitischen Glauben übergetreten zu sein. Irgendwie gelang es ihm, seine Freunde von früher zu überzeugen, dass er noch immer Sunnit sei. Dann stürzten die Mörder in das Nachbarhaus, in dem sein Bruder mit seiner Familie lebte. Sie waren tatsächlich zum schiitischen Glauben übergetreten. Sie wurden zusammen mit ihren Kindern von den Rebellen ermordet. … Wer diesen Krieg mit dem Slogan beschreibt: “Ein Diktator tötet sein eigenes Volk“, hat nichts verstanden. Ich habe an Assad vieles zu kritisieren. Er trägt die Verantwortung, dass seine Sicherheitskräfte bei den ersten Protesten in Deraa in die Menge schossen und Zivilisten töteten… Die radikalisierten Gruppen der Rebellen kritisiere ich, weil sie gezielt Zivilisten töten und diese anschließend als Opfer der Regierung ausgeben. Diese „Massaker-Marketing-Strategie gehört zum Widerlichsten, was ich in kriegerischen Auseinandersetzungen jemals erlebt habe.“ Seite 3 Libyen Ein schlimmer Ort Nichts ist gut im von den USA „befreiten Irak“: Lage der Kinder nach zwei Jahrzehnten Sanktionen, Krieg und Besatzung verheerend. Im Mai 1996 wurde die damalige US-Außenministerin Madelaine Albright im US-TV-Magazin „60 Minutes“ befragt zu den Folgen der auf Druck Washingtons verhängten UN-Sanktionen gegen den Irak. 500 000 Kinder seien gestorben, „mehr als in Hiroshima“, hieß es in der Moderation. „Glauben Sie, dass es den Preis wert ist?“ Es sei eine sehr schwere Entscheidung, meinte Albright und bekräftigte dann: „Wir denken, es ist den Preis wert.“ Bis heute sterben infolge der hinterlassenen Zerstörungen und Zerrüttung jedes Jahr zigtausende Kinder im Irak. „Ich kenne in der Ukraine niemanden, der mit Julia Timoschenko Mitleid hätte. Die Schönheit mit der Flechtfrisur ist von autoritärem Naturell, sie hat ihre Partei wie eine Sekte geführt und die demonstrierenden Menschen der Orangenen Revolution als Biomasse bezeichnet. Es ist ihr zuzutrauen, dass sie Gleiches mit Janukowitsch getan hätte, wäre sie als Siegerin aus der Präsidentschaftswahl 2010 hervorgegangen. Martin Leidenfrost, österreichischer Schriftsteller zum Fall der Demokratie-Ikone und Liebling der deutschen Medien, Julia Timoschenko Eimsbüttler Rot NSU-Morde/ Betreuungsgeld Juli/August 2012 NSU-Morde/ „Verfassungsschutz“ Agentenchef mit dreckigen Füßen Skurrile Szenen mit dem Ex-Behördenleiter Ermittler des Landeskriminalamtes Thüringen haben in der Untersuchung der NSU-Morde über den Verdacht berichtet, das Landesamt für Verfassungsschutz habe Mitglieder der Neonaziszene vor Razzien gewarnt. Sie seien bei Durchsuchungen bereits erwartet worden. Festplatten, die sie untersuchen wollten, seien bereits ausgebaut gewesen. Das musste nicht wundern bei der Durchsetzung der Szene mit Informanten der Behörde. Wundern kann aber anderes: Mit ihrem Ex-Chef Helmut Roewer haben die Mitarbeiter des Landesamtes offenbar skurrile Szenen erlebt. „Der ist mit nackten Füßen durchs Amt gelaufen“, sagte Seite 4 der ehemalige Angestellte Friedrich Karl Schrader vor dem Untersuchungsausschuss aus. Die Füße habe Roewer dann dreckig auf den Schreibtisch gelegt. „Einmal habe ich Roewer mit Kerzen, Käse, Rotwein und sechs Damen angetroffen“. Auch wenn das jetzt lustig klinge, den Mitarbeitern sei nicht zum Lachen zumute gewesen. Immerhin wurde Roewer berufen und konnte 6 Jahre unbekümmert von Dienstvorschriften nach Gutsherrenart agieren. Die Ernennung selbst muss wohl in etwa so bizarr verlaufen sein wie die Jahre danach: “Wie ich Verfassungsschutz-Präsident wurde? Es war an einem Tag nachts um 23 Uhr, da brachte eine mir unbekannte Person eine Ernennungsurkunde vorbei, in einem gelben Umschlag“, erinnert sich Roewer. Wer dies gewesen sei? „Es war dunkel, ich konnte es nicht erkennen. Ich war außerdem betrunken.“ Roewers Äußerungen setzen der Praxis dieser „Sicherheitsbehörden“ nur eine skurrile Spitze auf. Wie eng die Verbindungen mit Neonazis wirklich waren, wird die Öffentlichkeit nicht erfahren. Betreuungsgeld und SPD Jetzt sind sie es nicht gewesen Kanzlerin Merkel ist nicht zu beneiden. Musste sie gestern trotz leerer Kassen FDP, CSU und Mövenpick zuliebe die Mehrwertsteuern im Hotelgewerbe kürzen, so wird sie heute von beiden erneut erpresst. Diesmal mit dem „Betreuungsgeld“. Per Gesetz soll gutbetuchten Muttis ein zusätzliches Taschengeld genehmigt werden, wenn sie darauf verzichten, ihrem Nachwuchs in Kitas soziale Verhaltensregeln beibringen zu lassen. Der Gerechtigkeit halber kommt das Geld auch armen Eltern zu, die frühkindliche Bildung für nicht so wichtig halten. Das ist soweit bekannt. Weniger bekannt ist das Mitwirken der SPD, die heute lauthals gegen „Herdprämie“ und „Klientelpolitik“ protestiert. Dazu Georg Ramsauer am 23./ 24. Juni auf die Abendblattfrage: Lohnt es sich für ihre Partei, die gesamte Bundesregierung wegen des umstrittenen Betreuungsgeldes infrage zu stellen? „Was ausgemacht ist, ist ausgemacht. Im Sozialgesetzbuch VIII steht im Paragraf 16: Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von 1 bis 3 Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden. Das wurde in der Zeit der Großen Koalition im Jahr 2007 da hineingeschrieben und ist mit der SPD gemeinsam beschlossen worden. Unser Verhandlungspartner war der damalige parlamentarische Geschäftsführer Olaf Scholz, heute Erster Bürgermeister von Hamburg.“ Anmerkung 1: Scholz verhinderte in derselben Koalition Mindestlöhne und besorgte die Ausweitung der Leiharbeit. Unter Rot-Grün vertrat er an vorderer Stelle Hartz 4 und die Agenda 2010-Politik, die den Reichen bis heute jährlich ca 50 Milliarden Euro an Steuererleichterungen verschafft. Übrigens: Olaf Scholz sprach sich jetzt in Anbetracht der breiten öffentlichen Ablehnung des Vorhabens gegen das Betreuungsgeld aus, das er gestern mit verzapfte. Nicht weil es sozial und bildungspolitisch voll daneben ist, sondern weil „die Kassenlage es verbietet.“ Zitat „Was soll überhaupt die permanente Hetze gegen den Iran? Wann hätte Iran zum letzten Mal einen Krieg vom Zaun gebrochen? Ich erinnere mich nicht.“ Leserbrief aus „Junge Welt“ Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Hamburger Rotstift Hamburger Rotstift … oder wie man Schulden produziert Schulden sind unangenehm. Unangenehm wie politische Schuldenmacher. Diese tragen ganz normale Namen wie Schröder, Fischer, Steinbrück oder Steinmeier, Merkel, Westerwelle, Seehofer, Brüderle oder Scholz. Diese Schuldenmacher machen Schulden nicht durch Ausgaben. Sie verzichten lediglich auf Einnahmen. Sie kürzen Spitzensteuersätze für Spitzenverdiener, schaffen Vermögenssteuern für Vermögende ab, halbieren Unternehmenssteuern oder stellen den Verkauf von Unternehmen und Arbeitsplätzen steuerfrei. Öffentliche Schuldenmacher weigern sich, Steuerprüfer gegen Steuerhinterzieher einzustellen, lehnen es ab, die europaweit niedrigsten Erbschaftssteuern für Millionäre anzuheben, entwickeln mit der Schweiz Verträge, um Steuerhinterziehung zu legalisieren. Sie sind Experten für öffentliche Armut. Sie erklären mit Verweis auf logischerweise leere Kassen den Rest - Sozialstaat für unbezahlbar und wollen das mit „Schuldenbremsen“ zum Dauerzustand machen. Es sind Leute wie Olaf Scholz, der all diese Maßnahmen als parlamentarischer Staatssekretär und Fraktionsvorsitzender der SPD mit verantwortet hat und nun in Hamburg den Sparkommissar gibt. In Hamburg sind die Folgen dieser Art Schuldenmacherei bestens zu besichtigen. Keine Stadt Deutschlands hat mehr Reiche und mehr Arme. Es gibt keine Stadt in Deutschland, wo die Spaltung der Gesellschaft sich schamloser abspielt. Neben der höchsten Millionärsdichte hat sich die Armut bei 14% der Hamburger ein- Seite 5 genistet und haben sich 25 Milliarden öffentliche Schulden angehäuft. Dafür zahlt der Hamburger Steuerzahler fast eine Milliarde Zinsen pro Jahr. Nun könnte schon eine Vermögenssteuer von wenigen Prozent jedes Finanzloch dauerhaft stopfen. Aber diese Vermögenssteuer wurde vom Parlament ersatzlos und grundgesetzwidrig gestrichen, weil sich die Parteien über Modalitäten nicht einigen konnten und – neben Sponsoren, Freunden und Gönnern - auch Parlamentarier davon profitieren. Folgerichtig soll nun der Rotstift weiterregieren. Die Folgen..... Zu den Streichungszielen des Senats gehören Häuser der Jugend, Elternschulen, Bauspielplätze, Erziehungsund Drogenberatung, Frauenhäuser, Kinder- und Jugendreisen, Seniorentreffs, Hilfen für Menschen mit Behinderung, aber auch der Gesundheitsförderung und des Sports. Hinzu kommt ein regelrechter Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik. Dort sollen über 50% der Plätze in öffentlich geförderter Beschäftigung wegfallen. Allein den sieben Hamburger Bezirken werden schon 2013 insgesamt 23 Millionen Euro fehlen. Laut Senat steht es ihnen frei, das durch Abbau von 468 Stellen zu kompensieren. Dieses „Angebot“ zeigt geringe Wertschätzung für die oft mehr schlecht als recht bezahlte Arbeit im Öffentlichen Dienst, der seit vielen Jahren nur Personalabbau kennt. Doch das alles sieht Hamburgs führender Bürokrat und leitender Rotstift ganz easy: „Meine Damen und Herren, wir werden Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands machen. Kinder- und Familienfreundlichkeit hängt nicht an warmen Worten und auch nicht bloß am Geld. Entscheidend ist, dass die Infrastruktur stimmt.“ (Olaf Scholz, 23.3. 2011 Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Eimsbüttel Seite 6 Ruin durch Urin?! Von Ralf Peters Eimsbüttel/SPD Druck auf der Blase Mit ihrem Projekt „Nette Toilette“ will die SPD-Bezirksfraktion Geschäfts- und Restaurantbesitzer veranlassen, ihre Toiletten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Im Zeitalter des verschärften Sparens und der „Schuldenbremse“ ein Anliegen, dass zweifellos das Wohlwollen ihres Vorsitzenden Scholz findet. Eimsbüttler Gastronomen verweigern sich nun aber „netten Toiletten“ und bestehen auf Barem. Für fehlende Kultureinrichtungen dieser Art halten sie allein den Senat verantwortlich. Und damit liegen sie wahrscheinlich richtig, denn Hamburger Finanzsenatoren lassen seit langem öffentliche Toiletten in Kioske und Cafés umwandeln. um dort Mieten einzufahren, wo vordem Reinigungskosten anfielen. So wurde die Freie und Hansestadt auch weitgehend zur Toilettenfreien. Das nennt man in eingeweihten Kreisen bekanntlich den „Hamburger Weg“. Diesem Weg ist auch der Eimsbüttler Ralf Peters gefolgt. Er stellte uns seine Beobachtungen in passenden Reimen zur Verfügung. Der Mensch, der kann sehr viel entbehren, doch muss er trinken und verzehren, sodass der Hunger und der Durst führ’n zu `nem Strahl und zu `ner Wurst. Auch die Person, die kriegt Hartz 4, und deren Mahl ist kaum Pläsier, auch diese muss so manches Mal auf das WC und Urinal, wo’s Wasser spült, so das Gebot, auf Knopfdruck weg auch ihren Kot. (Dies deucht der menschlichen Natur Ein Grundbestandteil der Kultur.) Doch jetzt und das ist ungeheuer, kommt dies Bedürfnis ziemlich teuer: Denn nur wer 60 Cent berappt, erhält die Klotür aufgeklappt. (Man braucht des gleichen Geldes Zahl, benutzt man nur das Urinal.) Es wird bei Hartz für Trank und Essen nicht mal 4 Euro zugemessen, sodass wer auswärts uriniert, sich damit letztlich ruiniert. Es gilt daher für sie und ihn: in die Botanik rein und pien…! Wer sich solch Preise ausgedacht, dies sei hier aber frei gesagt, gehört zur Sorte wohl gewisser – sie hörn’s nicht gerne - reicher Pisser. Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Wohnen in Hamburg Wohnen in Hamburg Ausbeutung legal Mieter zu sein wird in Hamburg zusehends zum Abenteuer. Laut Schätzung des Deutschen Mieterbundes tut sich dagegen eine neue Goldgrube für Vermieter auf: 400 000 Hamburgern stehen bei „energetischen Gebäudesanierungen“ Mieterhöhungen von im Schnitt 2,75 Euro pro Quadratmeter ins Haus. Und nach Vorstellung der Regierung soll es mit der Wärmedämmung schnell gehen, denn 40% der in der Bundesrepublik verbrauchten Energie fallen auf die Gebäudeversorgung „Die Kosten werden zu 11% auf den Mietpreis umgelegt. Bereits nach wenigen Jahren sind sie refinanziert. Der Vermieter kassiert aber weiter den Aufschlag.“ So Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Eimsbüttler Mieter werden stark betroffen, da der Stadtteil viele Altbauwohnungen hat. Dramatische Ausmaße nimmt auch der Mangel an Sozialwohnungen an. Allein in Eimsbüttel verlieren bis 2016 etwa 2700 Sozialwohnungen ihre Mietpreisbindung und werden für ihre bisherigen Bewohner oft unbezahlbar. Um das aufzufangen, müssten alle zugesagten Neubauten Sozialwohnungen werden. Angestrebt sind 30 %. Genossenschaften scheren aus Bauexperten beobachten, dass Wohnungsgenossenschaften in Hamburg ihr Investitionsverhalten ändern. Seite 7 Bauten sie früher ausschließlich Sozialwohnungen, wird nun zunehmend teuer gebaut. Darin drückt sich ein Webfehler der Genossenschaften aus: Die Mitgliedschaft ist vererbbar und viele Mitglieder verfügen inzwischen über ein so hohes Einkommen, dass sie keinen Anspruch mehr auf Bauförderung haben. Das führt dann zu Quadratmetermieten von rund 11 Euro, womit auch Wohnungsgenossenschaften zunehmend als „Sozialpartner“ ausfallen. Unsere Meinung: Mietwohnungen gehören nicht in Privathand, sowenig wie Bildung, Gesundheit, Strom und Wasser. Und Mietergesetze gehören nicht in die Hände von Regierungen, die sich Gesetzentwürfe von Lobbyisten der Wohnungswirtschaft schreiben lassen. Die erfolgreiche Geschichte öffentlicher Bauträger wie der SAGA und - bisher - auch der Baugenossenschaften, zeigt, wie überflüssig privater Mietwohnungsbau ist und welches Maß an existenzieller Unsicherheit dagegen private Ausbeutung des Lebensbedürfnisses Wohnung anrichtet. „Der Ursprungsgedanke, warum Genossenschaften einst gegründet wurden, ist partiell nicht mehr vorhanden.“ Siegmund Chychla, Vorsitzender des Hamburger Mietervereins Eimsbüttler Rot Juli/August 2012 Termine Seite 8 Termine Mehr Informationen finden Sie auf folgenden Seiten: www.kommunisten.de /zentral www.dkp-hamburg.de Treffen der DKP-Gruppe Hamburg-West jeden 1. und 3. Montag um 19 Uhr im Magda ThüreyZentrum, Lindenallee 36, nahe U2-Station Christuskirche. Der nächste größere Themenabend am 17. September, 19 Uhr, behandelt die Frage: Kommunisten, braucht man die noch? Was ist heute revolutionär?