Examensklausurenkurs Klausur am 17. August 2013 (Besprechung

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Examensklausurenkurs Klausur am 17. August 2013 (Besprechung
Institut für Öffentliches Recht, Abt. 5
PD Dr. Eike Michael Frenzel
Sommersemester 2013
Examensklausurenkurs
Klausur am 17. August 2013
(Besprechung: 5. September 2013, 18 Uhr s. t., HS 2006)
Sachverhalt
Teil I – Ausgangsfall
Siegfried Saum (S) wohnt in der Stadt A und pendelt werktäglich mit seinem Auto zur Arbeit in
die Stadt B; beide Städte liegen im Bundesland X. S nutzt auf der Fahrt im Wesentlichen die
Bundesstraße B 3. Auf dieser Straße sind, wie S schon lange weiß, in jeder Fahrtrichtung drei
stationäre Einrichtungen zur automatischen Erfassung der Geschwindigkeit („Radarfallen“) installiert. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist auf diesen Abschnitten auf 80 km/h begrenzt.
Im März 2013 fällt S erstmals auf, dass jeweils circa 200 Meter vor der jeweiligen „Radarfalle“
ein Schild mit der Aufschrift „Radarkontrolle“ aufgestellt wurde (schwarze Schrift auf weißem
Grund). In der Zeitung liest S, dass die Schilder auf eine Vorgabe des Verkehrsministeriums des
Bundeslandes X zurückgehen: Demnach werden in X seit Januar 2013 alle fest installierten
„Radarfallen“ mit dem Schild „Radarkontrolle“ angekündigt. Auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen steht das Schild 200 Meter, auf allen anderen Straßen 100 Meter vor der Messstelle.
S ist empört, dass der „Schilderwald“ dadurch noch größer und der Verkehrsfluss gestört werde;
wer sich an die Geschwindigkeitsvorgabe halte, habe schließlich nichts zu befürchten, werde
aber unnötig verunsichert. Wie Dutzende weitere Autofahrer aus dem Land X wendet S sich an
den Landesverkehrsminister L und an den Bundesverkehrsminister B. B ist dafür bekannt, „ein
offenes Ohr für die Sorgen und Nöte im Straßenverkehr zu haben“, und insoweit hofft S auf eine
Rückmeldung. Tatsächlich werden die Beschwerden im Bundesverkehrsministerium aufgegriffen. B fordert L förmlich auf, zu den Beschwerden Stellung zu nehmen. L teilt mit, dass er die
Schilder zur Erhöhung der Verkehrssicherheit habe aufstellen lassen; die Maßnahme sei wohlüberlegt. Außerdem verbitte er sich eine Einmischung „seitens der Bundespolitik“ in solche
kaum grundsätzliche Angelegenheiten. Es sei nur konsequent, die Schilder vor stationären Anlagen auf Orts-, Landes- und Bundesstraßen einheitlich einzuführen; ein Verzicht auf Bundesstraßen könne sonst den Eindruck erwecken, dass es dort überhaupt keine Radarkontrollen gebe.
Sicherheit sei, auch in Bezug auf den Verkehr, ein „Supergrundrecht“, und L könne nicht verboten werden, seinem Schutzauftrag durch effektive Maßnahmen nachzukommen. B teilt L schriftlich mit, dass es auf dessen Vorstellungen überhaupt nicht ankomme; die Schilder hätten an
Bundesfernstraßen nichts zu suchen und seien – was zutrifft – keine regulären Verkehrszeichen
im Sinne der StVO.
B lädt diejenigen, die sich an ihn gewandt haben, zu einem „regionalen Verkehrsparlament“ in
X ein, um zu besprechen, „wo der Schuh auf Bundesfernstraßen drückt“. Die Veranstaltung findet im Mai 2013 in der Stadt A statt. Der Termin wird öffentlich angekündigt; ausdrücklich erwähnt wird dabei die Diskussion um die „Radarkontrolle“-Schilder. Ohne weitere Zwischenschritte weist B im Juni 2013 die örtlich zuständigen Straßenaufsichtsbehörden an, diese Schilder zu beseitigen. L hält diese Maßnahme für einen „vorschnellen Durchgriff unter Umgehung
des Dienstweges“. Daraufhin beschließt die Landesregierung von X, im Rahmen eines BundLänder-Streits das Bundesverfassungsgericht anzurufen: Sie legt dar, dass der Bund in Bezug
auf den Verwaltungsraum des Landes übergriffig geworden sei; es gehe hier überhaupt nicht um
die Frage, ob und mit welcher Konsequenz Bundesstraßen von der Anordnung des L betroffen
worden seien, sondern um die Sicherheit im Straßenverkehr, und dafür seien immer die Länder
zuständig. Die Bundesregierung erwidert, dass die Länder bei der Verwaltung von Bundesfernstraßen die Vorgaben des Bundes ohne weiteres umzusetzen hätten.
1. Prüfen Sie gutachtlich, ob die Weisung verfassungsmäßig ist.
2. Prüfen Sie gutachtlich, ob der fristgerecht beim Bundesverfassungsgericht eingereichte
Antrag der Landesregierung zulässig ist.
Institut für Öffentliches Recht, Abt. 5
PD Dr. Eike Michael Frenzel
Sommersemester 2013
Teil II – Fortsetzung
Bei dem „regionalen Verkehrsparlament“ kommen auch die Spritpreise zur Sprache. Bundesverkehrsminister B überlegt daher, – im Anschluss an andere europäische Länder – im Abstand
von 50 bis 80 Kilometern an Bundesautobahnen Tafeln aufstellen zu lassen, auf denen die aktuellen Preise der nächsten drei Tankstellen angezeigt werden, die in Fahrtrichtung unmittelbar an
der Autobahn liegen. B will dafür die Daten verwenden, die die Markttransparenzstelle für
Kraftstoffe von allen öffentlichen Tankstellen nach § 47k GWB erhebt. Der Anzeigetafel an
einer bestimmten Stelle der Bundesautobahn sollen automatisch die bei der Markttransparenzstelle vorliegenden Preisangaben der nächsten drei Tankstellen übermittelt werden. Die derzeit
gültige gesetzliche Grundlage müsse ausreichen: Immerhin ermögliche diese bereits die Weitergabe der Daten an bestimmte öffentliche Stellen einerseits und an private VerbraucherInformationsdienste andererseits. Öffentlich finanzierte Anzeigetafeln erfüllten denselben
Zweck, das Vorgehen sei daher rechtmäßig. Der im Bundesverkehrsministerium tätige Referent
R wird beauftragt, zur Sicherheit gutachtlich zu prüfen, ob die Veröffentlichung der Daten auf
den Anzeigetafeln Grundrechte von Tankstellenbetreibern verletzen würde; bei diesen handelt
es sich teilweise um natürliche und teilweise um juristische Personen.
Erstellen Sie das Gutachten des R.
Auf den abgedruckten § 47k GWB wird hingewiesen. Weitere Vorschriften des GWB und Regelungen der in § 47k GWB genannten Rechtsverordnung sind nicht hinzuzuziehen.
§ 47k GWB Marktbeobachtung im Bereich Kraftstoffe (Auszug)
(1) Beim Bundeskartellamt wird eine Markttransparenzstelle für Kraftstoffe eingerichtet. (...)
(2) Betreiber von öffentlichen Tankstellen, die Letztverbrauchern Kraftstoffe zu selbst festgesetzten Preisen anbieten, sind verpflichtet, (…) bei jeder Änderung ihrer Kraftstoffpreise diese in Echtzeit und differenziert nach der
jeweiligen Sorte an die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe zu übermitteln. (...)
(4) Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe stellt die von ihr nach Absatz 2 erhobenen Daten (...) den folgenden
Behörden und Stellen zur Verfügung:
1. dem Bundeskartellamt für Fusionskontrollverfahren nach den §§ 35 bis 41,
2. den Kartellbehörden für Sektoruntersuchungen nach § 32e,
3. dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für statistische Zwecke und
4. der Monopolkommission für deren Aufgaben nach diesem Gesetz.
(5) Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe wird nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 8 ermächtigt,
die nach Absatz 2 erhobenen Preisdaten elektronisch an Anbieter von Verbraucher-Informationsdiensten zum
Zweck der Verbraucherinformation weiterzugeben. (...)
(8) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird ermächtigt, im Wege der Rechtsverordnung, die
nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Vorgaben zur Meldepflicht nach Absatz 2 und zur Weitergabe der
Preisdaten nach Absatz 5 zu erlassen (…). Die Rechtsverordnung ist dem Bundestag vom Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Änderungen oder die Ablehnung sind dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom Bundestag
zuzuleiten. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen nach Eingang der Rechtsverordnung
nicht mit ihr befasst, gilt die Zustimmung des Bundestages als erteilt.
Teil III – Frage
Ist der in § 47k Abs. 8 S. 3 GWB zugunsten des Bundestags enthaltene Änderungsvorbehalt verfassungsmäßig? Begründen Sie Ihre Antwort.
Alle Teile sind zu bearbeiten.
Bearbeitungszeit: 300 Minuten.
Viel Erfolg!
Familienname, Vorname: _______________________________ Matrikelnr.: ___________
Bitte legen Sie Ihre Bearbeitung geheftet in den Mantelbogen ein und den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme bei. Soweit Sie über eine Bescheinigung für eine anonyme Teilnahme verfügen, legen Sie bitte diese in
Kopie bei. Falls nicht, können Sie für die Zukunft eine solche Bescheinigung beantragen, vgl. http://www.jura.unifreiburg.de/ex_o_rep/aktuellesadmin/anonyme-teilnahme-am-examensklausurenkurs-1.