Bericht als PDF... - Bundesinitiative :: Integration und Fernsehen
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Bericht als PDF... - Bundesinitiative :: Integration und Fernsehen
Werte- und Bildungsvermittlung durch die Daily Soap: Unterhaltungsfernsehen als neues Instrument zur gesellschaftlichen Integration türkischer Jugendlicher Pilotprojekt des Sozialministeriums Baden-Württemberg gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds "Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für türkische Jugendliche in Baden-Württemberg" (Titel des ESF-Projekts) Forschungsbericht ZKM | Institut für Medien und Wirtschaft Michael Mangold, Christoph Schneider & Robert Soultanian Aktualisierte und inhaltlich überarbeitete Fassung Karlsruhe, Juli 2004 Gefördert durch: ZENTRUM FÜR KUNST UND MEDIENTECHNOLOGIE Institut für Medien und Wirtschaft Werte- und Bildungsvermittlung durch die Neuen Medien: Unterhaltungsfernsehen als neues Instrument zur gesellschaftlichen Integration türkischer Jugendlicher Pilotprojekt des Sozialministeriums Baden-Württemberg gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds "Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für türkische Jugendliche in Baden-Württemberg" (Titel des ESF-Projekts) Forschungsbericht ZKM | Institut für Medien und Wirtschaft Michael Mangold & Robert Soultanian Aktualisierte und inhaltlich überarbeitete Fassung Karlsruhe, Juli 2004 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort 5 2 Migration, Integration und Neue Medien 11 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Die Rolle der Medien im Kontext gesellschaftlicher Integration . . . . 14 2.2.1 14 Medienlandschaft und Mediennutzung im Umbruch . . . . . 2.2.1.1 Unterhaltungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Die Dynamik der IT-Wirtschaft und der mediale Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Die Rolle der Medien im Migrationskontext . . . . . . . . . . 30 2.2.1.2 2.2.2 Die Veränderung der medialen Informations- und 3 Die türkische Bevölkerung in Deutschland und Baden-Württemberg 3.1 3.2 39 Gesellschaftliche Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung . . . 39 3.1.1 Soziostrukturelle und allgemeine Merkmale . . . . . . . . . . 40 3.1.2 Schule, Ausbildung und berufliche Stellung . . . . . . . . . . 44 3.1.3 Kulturelle Aspekte der Integration . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.1.4 Staatsbürgerschaft und Staatsbürgerschaftswunsch . . . . . . 55 3.1.5 Deutsch-türkische Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.1.6 Politische Einstellungen und Vertrauen in Institutionen . . . . 58 3.1.7 Zur Situation der türkischen Jugend . . . . . . . . . . . . . . 59 Medien und Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 62 3.2.1 Allgemeine Mediennutzungsprofile . . . . . . . . . . . . . . 62 3.2.2 Migrationsbezogene Inhalte deutscher und türkischer Sender . 74 3.2.3 Die kommende Generation: Kinder, Jugendliche und ihr Me- 3.2.4 dienalltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.2.3.1 Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.2.3.2 Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.2.3.3 Technikinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland: Zusammenfassende Bemerkungen . . . . . . . 4 Innovative Integrationspotentiale der Medien: Zwei Skizzen 4.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die edukative Soap Opera: Serialität, Strukturanalyse und Akkultura- 87 87 tionspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.2.1 Serialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.2.2 Die Struktur der Soap Opera . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4.2.3 Die Eignung des Genres zur Etablierung sozialer Lernprozesse 93 4.2.4 Eine neue Soap Opera und die deutsch-türkische Migrationsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 83 99 Das Internet als Akkulturationsinstrument: Virtuelle Interaktionsplattformen, thematische Moderation und Berufsberatung im Internetcafé . 103 4.3.1 Kommunikationsnetzwerke im Internet . . . . . . . . . . . . 104 4.3.2 Internetcafés als Berufsberatungszentren für Migranten . . . . 105 5 Schluss 111 6 Literaturverzeichnis 115 4 Kapitel 1 Vorwort Mit der PISA-Studie setzte erneut eine lebhafte Diskussion um die Qualität der Bildung und die Fähigkeit der Gesellschaft ein, diese allen Personengruppen in der Bundesrepublik Deutschland auf wirksame Weise zugänglich zu machen. Von Anfang an bestand jedoch die Gefahr, dass als Heilmittel für die hier dokumentierte Misere zwar finanzielle Aufstockungen der Bildungsetats und u.U. auch neue begriffliche Labels angekündigt, im Kern aber die alte Bildungspraxis erhalten bleiben würde. Bildungsvermittlung ist immer noch durch eine starke Formalisierung und Verschulung gekennzeichnet. Verbunden ist diese entweder mit einer sich immer noch hartnäckig haltenden Vorstellung von Verzicht, Mühsal und Strenge, oder mit einer seit den 60er Jahren sich zunehmend ausdifferenzierenden erziehungstheoretischen Ideenvielfalt, deren innovative gesellschaftliche Wirkung sich aber oft genug in weltanschaulich geprägter Experimentierfreudigkeit oder in innerdisziplinären Auseinandersetzungen verflüchtigt. Es wird immer deutlicher, dass vor dem Hintergrund solcher Debatten und eines solchen Bildungsbegriffes auf die Anforderungen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Dynamik nicht mehr adäquat reagiert werden kann. Tatsächlich versperren die mit diesem Begriff verbundenen Sicht- und Vorgehensweisen bezüglich des Inhaltes, der angemessenen Instrumente und der Nutzungsbedingungen von Bildungsvermittlung vielen Bevölkerungsgruppen von vornherein den Zugang auch schon zu elementaren Bildungsformen. Ein derartiges Versagen kann sich aber eine moderne Gesellschaft, deren Fortbestand und Wohlstand direkt vom vernünftigen Umgang mit Bildung und Wissen abhängt, nicht leisten. Denn der systematische Ausschluss bestimmter Gruppen aus diesem Bereich äußert sich nicht nur in niedrigen Zugangszahlen zu höheren Bildungsinstitutionen, sondern beeinträchtigt mittelfristig auch beispielsweise den Fachkräftenachwuchs, zieht erhebliche fiskalische Belastungen nach sich und gefährdet nicht zuletzt den sozialen Frieden. 5 Die PISA-Studie verdeutlicht u.a. die völlig unzureichende Teilhabe von jungen Migranten am Bildungsprozess. Um diese Migrantengruppen stärker einzubeziehen, führen Appelle an Disziplin und Eigenverantwortung ebenso wenig zum Ziel wie primär finanzielle Anreize – zumindest, solange sie nicht in ein neues, offeneres und früher ansetzendes Konzept der Bildungsvermittlung eingebunden werden. Der Kern des Problems liegt jedoch offenkundig im Fehlen auch schon der grundlegendsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration von Kindern mit Migrationshintergrund in das deutsche Bildungssystem. Erst wenn eine entsprechende Basis etabliert ist, kann sinnvoll an Eigenverantwortung, Disziplin und "rationale" Investition in das eigene Humankapital appelliert werden. Zu diesem Zweck muss zunächst der Bildungsbegriff um die der eigentlichen Bildungstätigkeit, der vorgängigen Wertvorstellungen und der grundlegenden Handlungsmuster erweitert werden. Es handelt sich bei näherer Betrachtung jedoch nicht um einzelne Vorstellungen, sondern vielmehr um die für Individuen in sich stimmige und sich wechselseitig stützenden Ensembles von Wahrnehmungsschemata, aber auch Denkund Handlungsschemata. Derartige Ordnungsmuster, die der Soziologe Pierre Bourdieu mit dem Begriff des "Habitus" analysierte, sind je nach sozialer Schicht oder Milieu sehr unterschiedlich ausgeprägt. Daraus folgt, dass bei dem Bemühen um Bildungsvermittlung an sogenannte bildungsferne Personengruppen möglichst direkt an ihre Wahrnehmungsschemata angeknüpft werden muss, um in einem nächsten Schritt die in diesen Strukturen verankerten Barrieren zu überwinden. Es gilt somit Maßnahmen zu entwickeln, die unter Berücksichtigung des jeweiligen Habitus zunächst einen Zugang zur Zielgruppe schaffen, um nachfolgend positive Einstellungen gegenüber der Bildungsaktivität zu generieren. Erst auf dieser Grundlage hat ein Bildungsangebot überhaupt eine Chance, angenommen zu werden. Die Entwicklung eines solchen "Low-Level-Entry-Maßnahmentypus", der die Zugangsschwelle zur Bildung absenkt, indem er sich auf die Veränderung von Schemata richtet und damit erst einen Zugang zur Bildung eröffnet, steht im Zentrum des Forschungsprojekts "Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für türkische Jugendliche in Baden-Württemberg", finanziert vom Sozialministerium Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Im Rahmen dieses Projekts wurde prototypisch anhand der Zielgruppe der türkischen Jugendlichen eine derartige Vorgehensweise erarbeitet. Die Teilhabe dieser Zielgruppe an Bildung ist in Baden-Württemberg wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland unterdurchschnittlich ausgeprägt und war in den vergangenen Jahren sogar rückläufig. Vor diesem Hintergrund kann die wirtschaftliche und soziale Integration nicht in gewünschtem Maße erfolgen. 6 Daher stellt sich die Frage, auf welchem Weg der Zugang zu türkischen Jugendlichen erfolgen kann. Das Medium Fernsehen erscheint dafür geradezu prädestiniert. Liegt die Fernsehnutzung bei der deutschen Bevölkerung bei ca. drei Stunden pro Tag, so sehen Türkinnen und Türken1 in Deutschland täglich durchschnittlich nahezu fünf Stunden fern. Dabei wird das deutsche Fernsehen von der türkischen Bevölkerung in erster Linie als Unterhaltungsmedium genutzt. Das ebenfalls konsumierte Fernsehen aus der Türkei wird dagegen von der Nachrichtenrezeption dominiert. Weiter weist das Nutzungsprofil der türkischen Bevölkerung starke Unterschiede zwischen den Altersgruppen auf: Während bis kurz vor dem 30. Lebensjahr die ausschließliche Nutzung deutschsprachiger Medien vorherrscht, steigt die Nutzung lediglich türkischsprachiger Medien bei Personen ab 40 Jahren deutlich an. Entsprechend muss sich das Low-Level-Entry-Instrumentarium an den Möglichkeiten orientieren, die die deutsche TV-Unterhaltung für ein solches Vorhaben bietet. Ähnlich wie bei deutschen Jugendlichen rangieren Actionfilme, Daily Soaps und (Pop)Musiksendungen bei der Zielgruppe auf der Hitliste ganz oben. Ist der Einfluss häufig konsumierter Sendungen auf die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata bei Jugendlichen auch überdeutlich, so erfolgte bislang kein gezielter Einsatz dieser Unterhaltungsgenres für Bildungszwecke in Deutschland, und nach unseren Recherchen auch lediglich sehr rudimentär in der Europäischen Union. Mit dem Konzept, dessen Ziel es ist, diese Vermittlungsprozesse zu erschließen, um etablierte Konventionen zu verändern bzw. alternative Werte zu generieren, betritt das ZKM Neuland. Dabei wird auch deutlich, dass der enge Horizont der traditionellen Bildungsvermittlung erweitert werden muss und anstelle einer expliziten Erläuterung (mit sprichwörtlich erhobenem Zeigefinger) eher auf implizit wirkende und in die Lebenswelt der Jugendszene integrierte Inhalte abzuzielen ist. Welch enormes Potential eine niedrigschwellige Bildungsvermittlung durch TV-Unterhaltungssendungen birgt, wird durch eine Studie aus dem Londoner Southall belegt. Am Beispiel der pakistanischen Migrantengruppe untersucht die Autorin Marie Gillespie die Entstehung einer britisch-asiatischen Identität. Dabei zeigt sie, wie sich durch die Auseinandersetzung mit den Traditionen der Elternkultur, durch die Einbindung in eine Peergroup und die im Wesentlichen über das Fernsehen vermittelte britische Lebensweise eine Doppelexistenz ausbildet, die beide Lebensorientierungen enthält. Die von Gillespie erzielten Befunde sind grundsätzlich auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland übertragbar. Auch hier vermittelt jugendorientierte TVUnterhaltung identitätsstiftende Werte und prägt damit bestimmte Einstellungen, so 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Vereinfachung wird im Folgenden auf die Nennung der weiblichen Form verzichtet, dennoch beziehen sich die Ausführungen selbstverständlich sowohl auf Frauen als auch auf Männer. 7 z.B. gegenüber dem Absolvieren einer Berufsausbildung oder dem Lesen. Entscheidend ist dabei der Umstand, dass diese Prozesse bislang lediglich unter der Hand und oftmals in sozial unerwünschter Form, so z.B. in der Vermittlung von Klischees, ihre Wirkung entfalteten, aber noch nicht in einer reflektierten und zielorientierten Weise in Gang gesetzt wurden. Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu zwingend, den entscheidenden Einfluss der Fernseh-unterhaltung auf die Ausbildung grundlegender Verhaltensorientierungen nicht dem Zufall oder dem kommerziellen Interesse von Privatsendern zu überlassen, sondern diesen Prozess von öffentlicher Seite aus auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Forschung gezielt zu unterstützen. Die weitgehend ungebrochene Tradierung des vermeintlichen Gegensatzes von Unterhaltung und Bildung, wie insbesondere in der deutschen Kultur verankert, verhinderte bislang bereits das Gedankenspiel mit der Erschließung solcher Möglichkeiten. Nun geht es jedoch nicht darum, das Konzept der unterhaltenden Wissensvermittlung, das in den 90er Jahren als "Infotainment" im großen Stil die Erwachsenen erreichte, einfach zu übernehmen. Ebenso wenig geht es darum, ein spezifisches Angebot ausschließlich für Jugendliche zu entwerfen. Das Ziel von neu zu entwickelnden Programmkonzepten besteht vielmehr darin, die Orientierungsmuster, welche die Grundlage für den eigentlichen Bildungsprozess bilden, intelligent in eine interessante und somit unterhaltsame Handlung zu integrieren. Die türkische Jugendkultur in Deutschland bietet eine große Materialfülle für derartige Storys, die nicht nur junge Türkinnen und Türken, sondern auch deutsche Jugendliche fesseln können. Der aufgezeigte Weg könnte letztlich dazu beitragen, den von Bourdieu als "Schicksalsliebe" – amor fati – bezeichneten Mechanismus der Perpetuierung einmal entstandener Deutungsmuster aufzubrechen und Jugendliche für Bildung zu gewinnen. Dabei sollten in den nächsten Schritten der Projektarbeit die Erfahrungen im Kontext der Entwicklung neuer Formate und Programmorientierungen des Unterhaltungsfernsehens für die Integration von jugendlichen Migranten als prototypische Erfahrungen für weitere Zielgruppen analysiert werden. Insgesamt könnte mit der skizzierten Vorgehensweise in den nächsten Jahren ein genereller Zugang zur Einbindung aller Bevölkerungsgruppen in die Wissensgesellschaft entwickelt werden. Im vorliegenden Bericht werden die angesprochenen Aspekte, von der Ausgangssituation der Integration der Migranten, über die Rolle der Medien in diesem Prozess, weiter über die Darstellung der Situation der türkischen Bevölkerung und ihrer Mediennutzung anhand der statistischen Daten dahingehend analysiert, dass die Perspektiven des Internets und vor allem des Fernsehens sichtbar werden. Anhand von Beispielen aus dem Ausland werden Vorschläge zur Gestaltung bzw. zur Entwicklung neuer Formate erarbeitet. 8 Im separat eingereichten "Prozessbericht" zum Projekt wurde ergänzend der Teil der Forschungsarbeit dokumentiert, der die Beratung gegenüber Sendeanstalten und Produktionsfirmen sowie die Vorbereitung der Soap Opera unter dem Titel "Zwei Welten" betrifft. Jene Arbeit trägt den Titel "Prozessbericht", weil sie den Gang der Projektarbeit dokumentiert und ebenso aufzeigt, welche Schritte im Anschlussprojekt 2003/2004 unternommen werden sollen. Die wissenschaftlichen Grundlagen für den Prozessbericht sind in der folgenden Untersuchung zusammengeführt. Der vorliegende Forschungsbericht ist die aktualisierte Fassung eines vorläufigen Arbeitsberichts aus dem Jahr 2002. An der Überarbeitung haben mitgewirkt: Olga Artes, Vanessa Diemand, Christina Lindner und Eduard Schäfers. Ihnen sei herzlich gedankt für ihre tatkräftige Unterstützung. Innovative Vorhaben werden allenthalben eingefordert. Jeder der mit ihrer Entwicklung und Umsetzung Erfahrung hat, weiß jedoch, dass sie stets auf "natürliche Widerstände" treffen, bedeuten doch Neuerungen jeglicher Art immer auch ein Überwinden von Gewohnheiten und institutionellen Beharrlichkeiten. Die Förderrichtlinien des Europäischen Sozialfonds ermöglichten die Forschungsarbeit der Autoren, obwohl sich die Forschung im Rahmen des Projekts in keine der etablierten Fachdisziplinen einordnen lässt. Mit der Unterstützung von einer Reihe engagierter Vertreter im Sozialministerium Baden-Württemberg erhielten die Autoren die Gelegenheit, die Grundlagen für neue Wege der Schaffung von Bildungsvoraussetzungen zu entwickeln. Unser Dank ist daher nicht der konventionelle und mehr oder weniger pflichtgemäße Dank an die Förderer. Denn die Mitarbeiter des Sozialministeriums haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der vorliegende Bericht und darüber hinaus auch ein neues Konzept zur Integration jener Bevölkerungsgruppen in die Wissensgesellschaft entstehen konnte, die die breite Basis der Bevölkerungspyramide darstellen. In diesem Sinne danken wir den Mitarbeitern des Referats 22 im Sozialministerium Baden-Württemberg sehr herzlich: Albert Bonnet, Werner Fingerle, Robert Hahn, Rolf-Dieter Krey und Dr. Joachim Kohler unterstützten die Projektarbeit von der Anfangsphase an, für die Möglichkeit der Fortführung der Arbeit danken wir sehr herzlich Ursula Jäger und Dr. Frank Wiehe. 9 10 Kapitel 2 Migration, Integration und Neue Medien 2.1 Einleitung Nachdem das Zuwanderungsgesetz am 09. Juli 2004 im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen hat, werden die neuen Regelungen zum 01. Januar 2005 in Kraft treten. Die Verabschiedung verdeutlicht einen erzielten gesellschaftspolitischen Hauptnenner, auf den sich die Parteien geeinigt haben. Es gilt nun die erreichte Gemeinsamkeit in möglichst wirkungsvolle Maßnahmen umzusetzen. Voraussetzung wirkungsvollen Handelns ist jedoch eine klare Bestimmung der Zielsetzung und der zur Verfügung stehenden Mittel für ihre Erlangung. Auf der Grundlage einer differenzierten Problemanalyse und einer klaren Zielorientierung können auch unter den gegenwärtig erschwerten Bedingungen, zu denen insbesondere die Anspannung der öffentlichen Haushalte zu zählen ist, intelligente Lösungen entwickelt und effizient eingesetzt werden. Zur Zielorientierung gehört insbesondere eine inhaltliche Bestimmung der Integration der Einwanderer in Deutschland. Ein gehaltvoller Begriff der Integration kann sich nicht in einem restringierten Sinn auf eine bloße formale Eingliederung von Einwanderern in die institutionellen Teilbereiche der Gesellschaft beschränken. Es geht vielmehr um einen doppelten Prozess, innerhalb dessen Migranten Veränderungen aktiv mittragen müssen und in dem gleichzeitig die Aufnahmegesellschaft ihrerseits Bedingungen schaffen muss, um jene Veränderungen überhaupt zu ermöglichen. Integration ist in diesem Sinn ein wechselseitiges Unterfangen. Der eine Teil des Prozesses bezieht sich auf Veränderungen im Sinne einer Akkulturation, mittels derer zentrale Werte einer Gesellschaft seitens der Migranten übernommen werden und deren Kern Verfassungsgrundwerte bilden. Blo11 ße Verfassungsmäßigkeit, so wichtig diese Grundlage auch ist, reicht jedoch nicht aus, um den Prozess einer wirklich umfassenden Teilhabe in allen Lebensbereichen der Gesellschaft in Gang zu setzen. Sie ist gebunden an die Übernahme zusätzlicher Werte, ohne dass dabei der Übernahmeprozess zugleich in eine vollständige Anpassung im Sinne einer Assimilation übergehen muss. Von diesen zusätzlichen Werten sind innerhalb einer stark auf Erwerbstätigkeit und Leistung gerichteten Gesellschaft jene fraglos besonders bedeutsam, die den Bildungsaktivitäten zugrundeliegen. Bildung wird hier verstanden im ganz basalen Sinn einer reflektierten Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt, mit dem Ziel ihres Verstehens und somit der Möglichkeit des kundigen Einwirkens auf sie. Eine derart verstandene Bildung ist die wesentliche Voraussetzung für die Fähigkeit, eigenständige Entscheidungen über die eigene Existenz treffen zu können. Es geht daher letztlich um die Entwicklung von Fähigkeiten zur Urteilsbildung und damit um die Autonomie des Individuums. Die diesen Fähigkeiten zur Urteilsbildung zugrundeliegenden Wertvorstellungen werden in unterschiedlichen Lebensbereichen vermittelt, wobei dem familialen und innerhalb eines sozialen Milieus erfolgenden Vermittlungsprozessen eine vorrangige Bedeutung zukommt. Hohe Bedeutung kommt im Weiteren den schulischen und medialen Vermittlungsprozessen zu. Besonders wirkungsvoll sind die Vermittlungsprozesse, wenn durch mehrere wichtige Lebensbereiche korrespondierende Vorstellungen dargeboten werden. Ein wesentliches Ergebnis der nachfolgenden Darstellung vorwegnehmend kann jedoch konstatiert werden, dass die Veränderung von einmal etablierten Wertvorstellungen und kulturellen Deutungsschemata durch keinen anderen Vermittlungsweg innerhalb so kurzer Zeit und so nachhaltig erfolgen kann, wie durch das Fernsehen. Ein basaler Aspekt sozialen Wandels – der Wandel von Wertvorstellungen und der darauf gründenen Handlungsorientierungen – ist offenkundig stark von medialen Prozessen abhängig. Wünschenswerte Veränderungen auf der Ebene der Wertvorstellungen und der Deutungsschemata, die nicht nur für Bildungsaktivitäten relevant sind, können daher über die Medien und insbesondere über das Fernsehen induziert werden. Der Wandel von Wertvorstellungen läuft jedoch weitgehend ins Leere sofern nicht zugleich Bedingungen geschaffen werden, unter denen die Individuen ihre geänderten Handlungsorientierungen erfolgreich umsetzen können. So können veränderte Wertvorstellungen, die wiederholt auf unveränderliche strukturelle Gegebenheiten treffen, nach längerer Zeit erfolglosen Bemühens, in gesellschaftlich äußerst kritische soziale Schließungstendenzen münden. Mit anderen Worten: Wenn Migranten bestrebt sind, die offenkundig zur gesellschaftlichen Integration und damit zur Anerkennung erforderlichen Handlungsmuster der Aufnahmegesellschaft zu übernehmen, ohne dass dies auf Erfolg stößt, ist eine soziale Abschottung und gleichzeitig eine Rückwendung auf die angestammten Werte und Handlungsorientierungen der Migranten sehr wahr12 scheinlich. Nicht gratifizierte Verhaltensänderungen kippen dann um in nur noch sehr schwer zu kontrollierendes soziales Handeln mit dem geradezu dramatischen Aspekt einer hohen Beständigkeit, wenn nicht der Irreversibilität. Es gibt Hinweise darauf, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland eine derartige soziale Schließung zumindest teilweise bereits vollzogen hat. Es gilt daher möglichst schnell, diesen Prozessen entgegenzuwirken. Virulentester Mangel und zugleich wichtigster Ansatzpunkt des Handelns ist der bereits genannte Bildungsbereich, genauer gesagt, die Chance auf Teilhabe an Bildung und damit an regulärer Beschäftigung. Sie ist aus sozialen Gründen prioritär, da sie die eigenständige und letztlich auf die eigenen Kräfte sich stützende Integration beinhaltet. Sie ist gleichzeitig aus wirtschaftlichen Gründen außerordentlich bedeutsam, da eine erfolgreiche Bildungsbeteiligung einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Fachkräftelücke in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten vermag. Das zusammenwirken sozialer und wirtschaftlicher Faktoren könnte ausreichende Impulse für Veränderungen im Bildungsbereich bewirken. Der vorliegende Forschungsbericht möchte hierzu einen Beitrag leisten. Ziel der Arbeit ist es daher – ausgehend von der expliziten Darlegung der Problematik der Bildungs- und Ausbildungschancen türkischer Jugendlicher – praktiable Lösungsansätze zur Verbesserung dieser Situation zu liefern. Der Forschungsbericht wendet sich der Darstellung eines prototypischen Lösungsansatzes anhand der türkischen Migranten zu, da sie den größten Anteil der in Deutschland ansässigen Ausländer ausmachen. Die im abschließenden Kapitel angeführten Konzepte für eine integrationsstiftende Praxis basieren auf einer langfristigen Werte- und Bildungsvermittlung über die Unterhaltungsmedien und eröffnen die Möglichkeit, einer wechselseitigen Veränderung der Einstellungen von Migranten sowie seitens der Mitglieder der Aufnahmegesellschaft. Im Zentrum steht daher die Rolle der Medien im Kontext der gesellschaftlichen Integration. Auf der Grundlage empirischer Befunde der in Baden-Württemberg lebenden türkischen Bevölkerung bezüglich ihrer demographischen, kulturellen und sozialen Aspekte sowie den Ergebnissen bezüglich der türkischen Mediennutzung werden Schlussfolgerungen für eine zukunftsweisende Integrationspraxis dargestellt. Die Möglichkeiten einer medialen Integrationspraxis werden durch die Beispiele einer edukativen Soap Opera und des Internets als Akkulturationsinstrument konkretisiert. 13 2.2 Die Rolle der Medien im Kontext gesellschaftlicher Integration Sowohl Integrationspolitik, die gesellschaftliche Aufklärung über Migrationsverhältnisse als auch die Migranten selbst, ihre Beziehungen zur Aufnahmegesellschaft sowie die Beziehungen zu ihrer Heimat sind grundlegend auf eine differenzierte Medienpraxis angewiesen. So lässt sich zeigen, dass über die Entwicklung der heutigen Medienlandschaft die gesellschaftliche Integration und die modernen Medien essentiell miteinander verknüpft sind. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Integrationsgrad eng mit der individuellen Mediennutzung zusammenhängt, eine Hypothese, die in Kapitel 3.2 näher betrachtet wird. Ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis des Individuums gegenüber seinem Lebensumfeld weist auf eine entsprechend intensive Einbindung hin. Die Rolle der Medien im Kontext der gesellschaftlichen Integration gibt daher offenkundig Auskunft über den Stand der Integration. Dies bedeutet auch, dass der Prozess der Eingliederung fortschreitet, sofern es gelingt, die Migranten an die deutschen Medien zu binden, was jedoch nicht mit dem Verlust der Bindung an die Medien des jeweiligen Herkunftslandes einhergehen muss. Eine Reihe weiterer Zusammenhänge, wie z.B. die Bedeutung der Medien für eine zukunftsweisende Beschäftigung, verdeutlichen die besonders wichtige Stellung der Medien im Prozess der Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft. 2.2.1 Medienlandschaft und Mediennutzung im Umbruch Die Medien nehmen in der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung vielfältige Rollen ein. Es lassen sich mindestens eine inhaltsbezogene und eine ökonomische Dimension unterscheiden. Zum einen stehen die Informations- und Unterhaltungsstrukturen sowie die Bereitstellung von Partizipationsmöglichkeiten und der Ausbau einer dynamischen demokratischen Öffentlichkeit im Vordergrund. Zum anderen präsentiert sich der Bereich der Medien, gerade auch durch den Entwicklungsschub in den Informationstechnologien, der Alltagsintegration des PC’s und der Internetnutzung, als ein äußerst innovationsstarkes, sich schnell ausdifferenzierendes Berufsfeld. 2.2.1.1 Die Veränderung der medialen Informations- und Unterhaltungskultur Die zentrale informations-, unterhaltungs- und öffentlichkeitsbezogene Rolle der Medien lässt sich anschaulich skizzieren, indem man die Erhebungen des durchschnittlichen Freizeitverhaltens der Bevölkerung betrachtet. Dabei wird sichtbar, dass die sozialwissenschaftliche Beschreibung unserer Gesellschaft als eine wesentlich medial 14 geprägte Gesellschaft ihre Berechtigung hat. Die Medien, insbesondere das Fernsehen und neuerdings auch die Arbeits- und Freizeitbeschäftigung mit dem PC, nehmen im Tagesverlauf der meisten Menschen einen ganz erheblichen Raum ein. Das Ausmaß der medialen Durchdringung der heutigen Alltagswelt lässt sich anhand folgender ausgewählter Zahlenbeispiele aufzeigen: So verfügten im Jahr 2002 von 38,7 Mio. Haushalten in Deutschland1 36,35 Mio. über ein Fernsehgerät. Zusätzlich stand schon vor fünf Jahren in zwei Dritteln der Wohnungen ein Videogerät, mit dem sowohl Fernsehsendungen aufgenommen als auch Leihkassetten mit Kinofilmen abgespielt wurden. Mehr als 50 % der Haushalte sind mit einem Kabelanschluss versorgt, 38 % der Fernsehhaushalte verfügten im Jahr 2002 über eine Satellitenempfangsanlage, so dass die meisten Menschen einen tatsächlichen Zugriff auf das breite Angebot und die Vielfalt der Anbieter haben.2 Das Ausmaß der tatsächlichen Mediennutzung zeigt sich in den Daten zum Zeitbudget der Zuschauer. So liegt die durchschnittliche Sehdauer in Deutschland für das Fernsehen im Jahr 2002 bei 198 Minuten pro Tag, also bei über drei Stunden täglich. Zieht man die gesamten Nutzungszeiten der audiovisuellen Medien inklusive Hörfunk, Video, Tonträger sowie die PC-Nutzung zusammen, so ergibt sich im Jahr 2002 eine durchschnittliche Gesamtdauer von 439 Minuten.3 Es ist somit ein Quantum von über sieben Stunden massenmedialer Rezeption pro Tag beobachtbar, während man beispielsweise mit personaler Kommunikation von Mensch zu Mensch im Durchschnitt lediglich eineinhalb Stunden täglich verbringt.4 Wenn wir also heute von Kultur oder auch von Alltagskultur sprechen, meinen wir vor allem eine mediendurchzogene Kultur oder kurz: Medienkultur. Konsum ist in der medialen Gesellschaft entweder Medienkonsum oder aber ein mediengeleiteter und -gestützter Konsum, denn die medialen Angebote sind ständig von Werbebotschaften aller Art durchzogen. Private Sendeanstalten dürfen nach den Regeln der Rundfunkstaatsverträge nahezu immer, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zumindest bis 20 Uhr Werbung schalten. Darüber hinaus sind zahlreiche Sendungen zusätzlich gesponsert. Die vielen Werbesendungen, aber auch die im normalen Programm laufenden Magazine und Filme bieten täglich Modelle sozialer Identität, Lebensstile und Verhaltensmuster. Diese Bildwelten beeinflussen Einstellungen und Wahrnehmungen der Zuschauer im Alltag, also auch das, was er begehrt und was er sich unter einer gelungenen Existenz vorstellt. Mit der Einführung des dualen Rundfunksystems in Deutschland im Jahre 1984, das 1 Statistisches Bundesamt 2003: S. 9 Perspektiven Basisdaten 2002: S. 6f 3 Ebenda: S. 68 4 Vgl. hierzu Dichanz 1998; Kiefer 1999 2 Media 15 nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes ein geregeltes Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern ermöglicht, ist die Unterhaltung zum beherrschenden Element der Medienkultur geworden.5 War das Fernsehen zuvor eine quasi-staatliche Institution, so hat sich seither eine Entwicklung herausgebildet, infolge derer alle Sender ständig um Quoten- und Marktanteile konkurrieren müssen. Dieser Kampf um die Vorreiterrolle auf dem Fernsehmarkt hat dazu geführt, dass die vom Publikum hauptsächlich nachgefragten Unterhaltungsformate einen großen Anteil in der Programmstruktur der privaten, aber zunehmend auch der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten ausmachen. Der zur Bertelsmann-Gruppe zählende Marktführer RTL sendete im Jahr 2001 beispielsweise nicht weniger als 32 % fiktionale Unterhaltung, Filme und Serien, und 19 % nichtfiktionale Unterhaltungsshows; demgegenüber aber nur 20 % Informations- und Bildungssendungen. Bei dem vor allem beim jüngeren Publikum beliebten Sender ProSieben der Kirch-Gruppe fanden sich im gleichen Zeitraum 47 % Filme und Serien sowie 15 % Unterhaltungsshows bei insgesamt knapp 15 % Informationssendungen. Dabei muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Privaten in ihren Informationsformaten vor allem auf ”Infotainment” und "human touch" Angebote setzen, ein weiteres Indiz für die Allgegenwart der Unterhaltung. Bei der ARD sehen die Zahlen etwas anders aus: Auf Informationsprogramme entfallen hier etwa 40 %, während die fiktionale Unterhaltung in Filmen und Serien 29 % und die Shows ca. 9 % ausmachen.6 Allerdings muss eingeräumt werden, dass die beobachtbaren Konvergenzbewegungen zwischen öffent-lich-rechtlichen und privaten Angeboten nicht immer zu Lasten der Qualität gehen. So haben Sender wie RTL durchaus ihre Maßstäbe für eigene Produktionen, insbesondere für die mit großem Aufwand hergestellten TV-Filme, zunehmend höher angesetzt. Es lässt sich also keine einfache Verfallsgeschichte aufzeichnen, sondern die Diversifizierung eines Marktes beobachten, auf dem schließlich neben n-tv und dem öffentlich-rechtlichen Ableger Phoenix im Januar 2000 mit N24 ein weiterer Nachrichtenkanal die Arbeit aufgenommen hat. Obwohl die meisten privaten Fernsehanbieter bis zur Jahrtausendwende ihre Anlaufverluste noch nicht wieder ausgleichen konnten – lediglich RTL als europaweit größter Werbeträger und ProSieben arbeiteten in diesem Zeitraum gewinnbringend – stellt sich der TV-bezogene Medienmarkt als ausgesprochene Wachstumsbranche dar. Mit immerhin ca. 12.000 Beschäftigten Ende der 90er Jahre ist hier durchaus ein relevanter Wirtschaftsfaktor vorhanden.7 Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Medien schließlich auch für den Bereich der 5 Pfetsch 1991 Perspektiven Basisdaten 2002: S. 23 7 Meyn 1999 6 Media 16 Bildungs- und Politikvermittlung genutzt.8 Der Aufstieg einer breit differenzierten Unterhaltungskultur ins Zentrum der modernen Gesellschaft hat auch das Interesse der Politik geweckt, gerade durch die Medien kann sie die politikverdrossenen und desinteressierten Wähler in ihrer Rolle als Fernsehzuschauer noch erreichen. Im Gegenzug haben die Unterhaltungsmacher zunehmend auf politische Akteure, Themen und Geschehnisse zurückgegriffen, um ihre Bildwelten anschaulich und realitätsnah zu gestalten. Weiterhin präsentiert sich eine stetig steigende Zahl von Bildungsformaten in der Form reiner Unterhaltungssendungen. Die 90er Jahre wurden so auch in Deutschland zur Epoche der Entwicklung des "Edutainment" und des "Polittainment". In diesem Sinne ist es durchaus nicht überzogen, in der Omnipräsenz medial inszenierter Unterhaltungsangebote ein wesentliches Charakteristikum der Gegenwartsgesellschaft zu sehen. Um den Begriff der Unterhaltung explizieren zu können, werden im Allgemeinen Gegenbegriffe verwendet. So greift man im Bereich der Medien- und Kommunikationswissenschaft traditionellerweise auf die Dichotomie "Unterhaltung" versus "Information" zurück. Dieser konstruierte Gegensatz dient auch heute noch dazu, in der Diskussion über das duale Rundfunksystem die Qualität der öffentlich-rechtlichen Anbieter im Informationssektor gegenüber den unterhaltungsorientierten Angeboten der Privaten zu betonen. Bei näherer Betrachtung der Medienrealität wird hingegen deutlich, dass diese Grenzziehung sich nicht mehr eindeutig vollziehen lässt. Gerade in der Medienkultur unserer Gegenwartsgesellschaften wird Information zunehmend in unterhaltend inszenierten Rahmungen, als "Infotainment" oder "Dokutainment" dargeboten.9 Damit Informationsangebote auf dem Medienmarkt ihre Zielgruppe erreichen, müssen ästhetisch ansprechende Gestaltungen dabei ebenso berücksichtigt werden wie beispielsweise Elemente der Spannungsdramaturgie. Keine Nachrichtensendung kann heute das Publikum mit dem bloßen Vorlesen von Meldungen an sich binden, sondern benötigt insbesondere zur Veranschaulichung abstrakter Sachverhalte eingängige Grafiken und Computeranimationen. Aber nicht nur die Präsentationstechnik hat sich geändert, auch bei der Auswahl der Themen und Gegenstände findet die Unterhaltungswelt immer stärker Berücksichtigung. Das gilt insbesondere für den Bereich des Sports, der heute sogar zu einem festen Bestandteil der traditionellen Tagesschau geworden ist. Zudem finden Berichte über Prominente verstärkt Eingang in die klassischen Nachrichtensendungen. Neben diesen internen Veränderungen ist die Herausbildung von offenbar neuen Gen8 Sarcinelli 9 Wittwen 1998; Hoffmann/Sarcinelli 1999 1995; Nieland/Schicha 2000 17 res zu beobachten, die die traditionellen Grenzen zwischen Information und Unterhaltung problemlos überschreiten. Ein Beispiel dafür sind die in den 90er Jahren entstandenen "Doku-Soaps", die zuerst bei der BBC entwickelt und dann schnell von zahlreichen anderen europäischen Sendern aufgegriffen wurden. In der "Doku-Soap" finden zwei Formate zueinander, die als geradezu klassische Vertreter ihres jeweiligen Sektors gelten können: Einmal der "Dokumentarfilm", der Realität möglichst authentisch und genau abbilden will, und die "Soap Opera", die mit dem Anspruch auf alltagsrealitätsnahe Unterhaltung frei erfundene Geschichten erzählt. Die "Doku-Soap" nun sucht die Geschichten direkt in der Wirklichkeit auf, verarbeitet und präsentiert sie aber mit den dramaturgischen Mitteln der Unterhaltungsserie. Auf der anderen Seite der Medienentwicklungsprozesse werden durch klassische Unterhaltungssendungen durchaus Informationen vermittelt. Dies gilt etwa für die neuerdings an Publikumserfolg kaum noch zu überbietenden Quizshows, die immer auch den pädagogischen Anspruch auf Bildungsvermittlung erheben. Vor allem werden jedoch in Spielfilmen und Serien eine Vielzahl an Kenntnissen über psychische Mechanismen und soziale Zusammenhänge vermittelt, die von den Zuschauern unbewusst benutzt werden, um Probleme der eigenen Alltagswelt zu reflektieren, zu begreifen und besser in den Griff zu bekommen. Beispielsweise wie sich innerhalb der Familie Generationsprobleme lösen lassen, wie man als alleinerziehende Mutter besser ein unabhängiges Leben realisiert, welche Möglichkeiten es gibt, um eine in die Lieblosigkeit geratene Zweierbeziehung wiederzubeleben – auf diese und viele weitere Fragen wissen die fiktionalen Welten der Fernsehunterhaltung Antworten zu formulieren, die vom Publikum durchaus als realitätsrelevant angesehen werden.10 In der auf diese Weise medial geformten Gesellschaft sind die Medien zur zentralen Infrastruktur der Kommunikation geworden. Das erste Spezifikum massenmedialer Kommunikation besteht darin, dass die Zugänglichkeit von Nachrichten, Informationen oder auch Bildern für potentiell jeden Bürger gewährleistet wird. Die Reichweite des politischen Diskurses ist insbesondere mit den elektronischen Medien so stark erweitert worden, dass selbst die aktuellsten Nachrichten innerhalb kürzester Zeit von verschiedenen Menschen aufgenommen werden können. Das zweite damit eng zusammenhängende Charakteristikum liegt in einer Veränderung der raum-zeitlichen Ordnung von Kommunikation. Raumgrenzen können mittels moderner Technologie mühelos überwunden werden, und die Mediennutzer werden in die Lage versetzt, in ihrem eigenen Wohnzimmer an einem wichtigen Ereignis irgendwo in der Welt teilzunehmen. Der Erfahrungsraum des Einzelnen ist auf diese Weise erweitert, die Komplexität des alltäglichen Lebens immens gesteigert worden. 10 Kepplinger/Tullius 1995 18 Darüber hinaus haben sich mit der Internationalisierung der Medienprogramme auch die Räume des kulturell Selbstverständlichen verändert. Ein deutscher Zuschauer wird über die Kino- und Fernsehprogramme mit Bildwelten aus fremden Kulturen und daher auch mit ganz anderen "Normalitäten" konfrontiert. Erfahrungsbeschleunigung und globale Gleichzeitigkeit sind ein allgegenwärtiges Merkmal der medialen Durchdringung unserer alltäglichen Realität. Ein weiteres Spezifikum medialer Kommunikation besteht in der eingeschränkten bzw. verzögerten Entgegnungsmöglichkeit. Trotz aller neueren Partizipationsmöglichkeiten bei der Programmgestaltung (etwa im Live-Gespräch) ist die mediale Situation doch vorrangig eine rezeptive und unterscheidet sich so prinzipiell von der auf Gegenseitigkeit beruhenden Alltagskommunikation. Diese eingeschränkte Interaktivität der Massenmedien hat aber dennoch – ihrer vielbeschworenen anonymisierenden und vereinsamenden Wirkungen zum Trotz – eine vergemeinschaftende Wirkung. Auf der Ebene der Anschlusskommunikation geben die Medien gemeinsame Themen und Kommunikationsanlässe vor. Darüber hinaus ergeben sich die Wirkungen sogenannter virtueller Vergemeinschaftungsprozesse. Die Medien vermitteln zugleich mit ihren inhaltlichen Angeboten die Gewissheit, dass all dies auf genau die gleiche Weise auch von einer Vielzahl anderer Personen rezipiert wird. Man bewegt sich in einem wohldefinierten und geordneten medialen Bezugsraum, der auch von der Mehrzahl der anderen Bürger geteilt und genutzt wird. Medien sind daher Institutionen, die die sozialen Interaktionen und Kommunikationen der Gesellschaft tragen und beeinflussen, sie prägen die Elemente und die Struktur, die Verselbstverständlichung und Veralltäglichung von bestimmten Wahrnehmungs- und Verstehensprozessen. Daher können Medien auch Initiatoren und Katalysatoren von Veränderungen sozialer Wahrnehmung sein.11 Was in Deutschland noch neu und fremd anmutet, hat in den USA bereits eine lange Tradition. Die Unterhaltungskultur war in der amerikanischen Gesellschaft nie in gleichem Maße jenen Verdächtigungen ausgesetzt, die von den europäischen Eliten immer wieder gegen das Populäre vorgebracht werden. Radikale Demokratisierung und radikale Marktorientierung haben den amerikanischen Unterhaltungsangeboten immer einen hohen Status an Legitimität zugesichert. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wurde in vielen Bereichen des sozialen Lebens – einschließlich der Politik – erwartet, dass sie ihrerseits ebenfalls Unterhaltungsqualitäten aufweisen. 11 Ein Beispiel hierfür ist die Lindenstraße. Hinter der Fassade einer durchschnittlichen, eher traditionellen Mietshauswelt entfaltet sich eine Welt sozialer Brüche, ein Sammelsurium sozialer Beziehungen, innerhalb deren z.B. homosexuelle Bindungen mit Pflegekindern ausgestattet sind und Trennungen und neue Bindungen zur Tagesordnung gehören. Nicht mehr die traditionellen Formen konsistenter Lebensführung, sondern eine Realität alternativer Lebens- und Bindungsformen werden hier über die Jahre zur gesellschaftlichen Normalform verselbstverständlicht. 19 Die USA avancierte mit dem Aufstieg der Massenmedien Film und Fernsehen zur weltweit führenden Nation im Bereich der Unterhaltungsindustrie. In den Vereinigten Staaten waren Film und Fernsehen von Beginn an Markenprodukte mit der primären Zielsetzung der Publikumsgewinnung. Den strukturellen Umbruch des Fernsehmarktes markierte in den 50er Jahren der Wechsel vom tradierten Sponsoringsystem zum Direktverkauf von Werbezeiten, welche in die normalen Sendungen eingefügt wurden. Der Werbespot ist so die grundlegende Determinante eines jeden Programms. Die Sender begannen, Einschaltquoten messen zu lassen und die Preise der Werbezeiten entsprechend der Größe des erreichten Publikums auszurichten. Das einzige große Ziel aller Angebote, die ins Fernsehen aufgenommen wurden, war nun die Maximierung der Zuschauerzahlen und damit die Steigerung der Werbeeinnahmen. Anspruchsvolle Sendungen wanderten in die Peripherie der Sendezeiten oder wurden ganz aus dem Programm genommen. Dagegen setzten sich leicht konsumierbare Unterhaltungssendungen durch, deren Inhalte immer nah am kulturellen Mainstream liegen mussten. Mit diesem Prozess der umfassenden Kommerzialisierung, im Zuge derer Werbepreise von bis zu 900.000 $ für dreißig Sekunden Werbung erzielt wurden, fand auch der Aufstieg der großen Networks ABC, NBC, CBS und später FOX statt. Diese Anbieter, die örtliche Fernsehstationen jeweils mit ihrem Material versorgten, beherrschten vor allem in den 80er und 90er Jahren den Fernsehmarkt nahezu vollständig. Öffentlichrechtliche Anbieter nach europäischem Muster hat es auf dem amerikanischen Markt nie gegeben. Die Kommerzialisierung des Fernsehens wurde in den letzten Jahrzehnten von einer Politisierung begleitet – nicht zuletzt deshalb, weil die politischen Parteien und Kandidaten mittlerweile zu wichtigen Werbekunden der Sender geworden sind. Da es öffentlich-rechtlich garantierte Werbezeiten für wahlkämpfende Parteien, wie sie in Deutschland üblich sind, in den USA nicht gibt, müssen sich Politmanager ihre Fernsehzeiten einkaufen. Gegenwärtig werden rund 50 % der gesamten Wahlkampfetats für Werbespots ausgegeben. Politische Inhalte und moderne Lebensbewältigung sind aber auch in den fiktionalen Spielserien des amerikanischen Fernsehens häufig verwendete Sujets. So findet sich weibliche Emanzipationspolitik beispielsweise in Serien wie Roseanne oder Murphy Brown, die zeigen, wie Frauen eigenständig ihr Leben zwischen Beruf und Familie jenseits traditioneller Familienformen gestalten können. Politik ist in den Serien und Sitcoms omnipräsent, da hier im Produktionsablauf schnell auf aktuelle Ereignisse reagiert werden kann. In den Simpsons beispielsweise, einer seit über zehn Jahren erfolgreich im Prime-Time-Programm gesendeten Zeichentrick20 serie, werden humoristisch verpackte kritsche Anmerkungen auf den US-politischen Apparat und seine Akteure eingebaut. Festzuhalten bleibt daher, dass die Medienkultur und damit auch die politische Kultur in Deutschland durch die Charakteristika des amerikanischen Marktes nachhaltig geprägt wurden. Die nach 1945 auf den Markt strömenden amerikanischen Unterhaltungsangebote bewirkten nicht nur eine weitreichende Modernisierung und Verwestlichung der Alltagskultur, sondern formten auch nachhaltig Wertorientierungen und politische Einstellungen.12 US-Importware dominierte über lange Zeit hinweg nicht nur die Kinos, sondern auch weite Teile des Unterhaltungsangebotes im Fernsehen. Serien wie Kojak, Magnum, Dallas oder Denver Clan prägten den deutschen Fernsehalltag. Das Ausmaß der Importe nahm sogar unmittelbar nach der Etablierung des dualen Rundfunksystems noch drastisch zu, weil die privaten Anbieter sich zunächst mit billiger US-Ware, insbesondere mit "Soap Operas" und "Sitcoms" eindeckten. Dieser Trend ist nun zwar seit einigen Jahren rückläufig, da deutsche Eigenproduktionen beim deutschen Publikum inzwischen zunehmend besser ankommen. Dennoch werden auch diese inländischen Produktionen, wie Spielshows, Quizshows, Commedies, Soap Operas oder Sitcoms fast ausschließlich nach amerikanischen Vorbildern gefertigt. Die sich so weiter ausdifferenzierende, um eine Unterhaltungskultur zentrierte Medienlandschaft, lässt sich zudem folgendermaßen charakterisieren: Sie stellt zum einen ein gemeinsames, übergeordnetes, populär-kulturelles Bezugssystem dar, das etwaigen Tendenzen sozialer Fragmentierung entgegenwirkt. Die Medienkultur hat hier die Funktion eines übergeordneten Rahmens, sie liefert Gesprächsstoff und gemeinsam geteilte narrative Strukturen. Außerdem kommt es in diesem sozialen Raum zu einer partiellen Überschreitung von Schichtgrenzen: Amerikanische Blockbuster werden von den meisten Gesellschaftsmitgliedern – von Professoren ebenso wie von Angestellten, Arbeitern oder Schülern – rezipiert, wobei das narrative und bildliche Repertoire in den Alltagsdiskurs integriert wird. Die Erreichbarkeit ist im Rahmen der Unterhaltungsöffentlichkeit größer als beispielsweise von speziellen Bildungsangeboten, wie z.B. Fortbildungskursen. Diese Integration in den Alltag hat viele Formen: Sie kann zum einen vom einfachen themenbezogenen Gespräch bis hin zur aktiven, in Gruppen organisierten Medienrezeption und aktiven Teilnahme an der Gestaltung von Sendungen oder gemeinschaftlich organisierten Protesten reichen.13 Zum anderen stellt die so strukturierte Unterhaltungsöffentlichkeit Orientierungsmuster bereit, schafft die Möglichkeit für einen 12 Bude/Greiner 1999 den USA haben beispielsweise christliche Gruppen mitunter mehr als 10.000 Mitglieder zum Protest gegen bestimmte Sendungen mobilisieren können. Hier hat sich ein stabiler Zusammenhang von 13 In 21 Konsens oder stabilisiert einen bestehenden. So haben Fernsehserien einen erheblichen Anteil an der Herausbildung eines öffentlichen Meinungskonsenses. Toleranz gegenüber eigen- oder fremdkulturellen Minderheiten bzw. die Ablehnung von Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus werden in einer Vielzahl von Vorabendserien täglich auf dem Bildschirm reproduziert. Kritisch anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang, dass ein Großteil dieser Formate in erheblichem Maße mit Stereotypen arbeitet und der Einsatz der Wertevermittlung bislang zumeist willkürlich und ohne die Beratung fundierter Fachkräfte erfolgt. Unterhaltungskultur in diesem Sinne eröffnet gemeinschaftliche Kommunikationsbereiche, steuert und bündelt Aufmerksamkeit, stiftet orientierungsleitende öffentliche Meinung, tradiert oder modifiziert politisch-kulturelle Traditionsbestände und bietet Modelle individueller und kollektiver Identität. Medienunterhaltung stellt für die Gesellschaft einen Raum zur Verfügung, in dem Bestände von kollektiv geteilten Vorstellungen, Werten und Identitätsentwürfen immer wieder neu inszeniert und gefestigt werden. Dieser Tatbestand lässt sich als Vorhandensein einer primären gesellschaftlich wirksamen Mediensozialisation bezeichnen. In der wissenschaftlichen Diskussion ist bislang wenig beachtet worden, was die Durchdringung der Alltagswelt durch die bildgewaltigen Welten unserer Medienunterhaltung für die Konstitution der demokratischen Öffentlichkeit bedeutet. Traditionell wurde eher der Niedergang von Öffentlichkeit, beispielsweise von Hannah Arendt, Jürgen Habermas oder auch von Richard Sennett, diagnostiziert.14 Vor allem Sennetts Ausführungen über die Tyrannei der Intimität haben vor dem Hintergrund einer Medienkultur, in der das klassische öffentliche Räsonnement immer mehr in den Hintergrund tritt und private Angelegenheiten immer häufiger zum Gegenstand öffentlicher Ausstellung gemacht werden, viel Aufmerksamkeit erregt. Sennetts berühmtes Bild von der rein rezeptiven "schweigenden Masse" muss jedoch vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen revidiert werden. Zahlreiche Studien belegen, dass in der die Mediennutzung begleitenden und an sie anschließenden Kommunikation über das, was gesehen und gehört wurde, ausgiebig diskutiert wird.15 In der sozialen Interaktion findet demnach durchaus im Anschluss an die Medienrezeption eine Meinungsäußerung und -bildung statt, die auch in politisches und soziales Handeln münden kann. Überdies finden sich in der gegenwärtigen Medienlandschaft eine Reihe von Sendeformaten, für die die aktive Partizipation des Publikums zu einem konstitutiven Bestandteil geworden ist. Das Spektrum dieser Partizipationsformen beginnt bei rudimentären medienbezogener öffentlicher Kommunikation und Kontrolle herausgebildet, indem Interessengruppen aller Art Stellung nehmen, Protest einlegen oder auch Sendungen und Formate positiv unterstützen. 14 Arendt 1960; Habermas 1990; Sennet 1983 15 Dahlgren 1995 22 Formen wie Wunschoptionen für Musiktitel und führt über Fragen und Problemvorträge bis zu Angeboten, die sich hauptsächlich aus Gesprächsanteilen der Zuschauer zusammensetzen. Weiterhin wird das Publikum in Talk- und Gameshows beteiligt, da hier der Diskussion und Mitbestimmung Raum gegeben wird. In politischen Diskussionssendungen ist es nach dem amerikanischen Vorbild der Electronic Townhall mittlerweile üblich, das Publikum in Fragen und Kommentaren zu Wort kommen zu lassen. In diesem Zusammenhang erhält zudem die neue Komplementarität von Fernsehen und Internet immer mehr Gewicht. Die meisten TV-Angebote haben heute einen interaktiven Internetkanal zum Publikum eröffnet, durch den Anregungen, Fragen und Kommentare in die mediale Kommunikation eingebracht werden können. Das Fernsehen steht demzufolge nicht nur aufgrund der internen Konkurrenzstruktur der Sender, der Dualität von öffentlich-rechtlichem Gesellschaftsauftrag und Quotenkampf der Privaten und den zukünftig weiter in den Pay-TV-Bereich reichenden Differenzierungen, unter starkem Veränderungsdruck, sondern es muss sich auch im Verhältnis zu den Neuen Medien, insbesondere nach dem Siegeszug des Internets, neu in der Medienlandschaft verorten und behaupten. Die gängige Marketingstrategie für PCs arbeitet gewöhnlich mit einem Arsenal von gesellschaftlichen und kulturellen Fortschrittsutopien und stellt so die Zukunft der gesellschaftlichen Rolle des Fernsehens generell in Frage. Den Werbekampagnen gemäß erweitern Computer die Kommunikationsmöglichkeiten und vergrößern bzw. verbessern damit die familialen und freundschaftlichen Netzwerke, das demokratische Leben und die ökonomische Prosperität. Außerdem katalysieren sie die Entwicklung der Intelligenz und des Kenntniserwerbes von Kindern und Jugendlichen und schaffen so die Grundlage für eine hochproduktive Wissensgesellschaft der Zukunft. So werden die Vorzüge der Computernutzung gegenüber jenen des Fernsehens meist in Bezug auf diese hypothetischen sozial-kulturellen Vorzüge definiert. Der Rechnergebrauch ist interaktiv, Fernsehen – zumindest motorisch betrachet – rein passiv-rezeptiv. Wenn TV-Angebote nur in stereotyper kommerzialisierter Weise unterhalten, bietet der Umgang mit entsprechender Computersoftware und mit dem Internet erzieherisch wertvolle und die Kreativität fördernde Herausforderungen. Diese optimistische Vision trifft aktuell aber nur in sehr eingeschränktem Maße zu. Die genannten Herausforderungen der heutigen Fernsehkultur werden branchenintern mit großer Flexibilität erfolgreich angenommen. Von der Neustrukturierung des traditionellen Bildungsfernsehens bis hin zu Formen attraktiver und breit rezipierter Bildungsund Lernangebote, über ein immer weiter gefächertes Unterhaltungsangebot hin zu einem mit großen Unterhaltungsqualitäten unterlegten Informations- und Nachrichten23 angebot bildet gerade das Fernsehen das auch in Zukunft durch nichts zu ersetzende Zentrum einer "multimedialen Gesellschaft". Auch die voraussichtlich in naher Zukunft ebenso wie der TV-Bereich in den Alltag integrierte PC-Nutzung einschließlich des Internets wird daran nichts ändern. Eine sich schon in den letzten Jahren abzeichnende Kooperation beider Medien lässt im Gegenteil schon jetzt die zukünftige Entwicklung einer weitaus intensiveren Zusammenarbeit von Fernsehen und Internet greifbar werden. Diese wechselseitige Synergietendenz wird offensichtlich, wenn man betrachtet, dass ganze Bereiche des TV-Angebotes bereits jetzt über den Computer transportiert werden, während andererseits das Fernsehen eifrig darum bemüht ist, die Internetnutzung der Zuschauer voranzutreiben. Die Beziehungen zwischen beiden Medienbereichen sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: So gibt es die großen wirtschaftlichen Beziehungen und weltweit angelegten Vermarktungsstrategien. Auf diese Weise wird die Verbindung von TV und Internet stark von den großen Providerfirmen gestützt, die als Kunden große Unternehmen erreichen wollen, die stark in der TV-Werbung engagiert sind. Auch Firmen wie Microsoft sind bestrebt, den medialen Unterhaltungssektor über Investitionen und Einstiege bei Medienfirmen zu erschließen. Hier wurde neben dem Erwerb von Anteilen an Medienfirmen auch ein eigenes interaktives TV-Netzwerk aufgebaut und ganze Unterhaltungssoftwaresortimente nach TV- oder Filmmustern entworfen. Weiterhin unterhält Microsoft, zusammen mit NBC den 24 Stunden Nachrichtenund online-Informationsservice MSNBC. Ebenso existieren "joint ventures" mit dem Kabelnetz Black Entertainment TV, mit Spielbergs Dreamworks Produktionsfirma und mit der Paramount TV-Group. Infolgedessen erhärtet sich der bereits bestehende Eindruck, dass Microsoft sich in eine reine Medienfirma transformieren wird. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an AOL mit seinem breit gefächerten TVbezogenen Angebot, das möglichst viele Privat- und Werbekunden erreichen soll. Auf der anderen Seite versuchen bestimmte Firmen ökonomisch relevante Gesellschaftsschichten mit geringerem PC-Nutzungsanteil dadurch zu erreichen, dass Hardund Software zur Verfügung gestellt werden, mit der ein TV-Gerät in einen Internetbrowser umgewandelt werden kann. So soll der Netzzugang allen Bevölkerungsteilen auch ohne PCs und PC-Kenntnisse in einer traditionell vertrauten Medienumgebung offenstehen. Von Seiten des Fernsehens wird ein intensives Werben und Sponsoring für die Internetnutzung betrieben. Mit eigenen Homepages, Online-Kommunikation, E-Mail und Chatrooms bis hin zur Möglichkeit der aktiven Mitarbeit an der Programmgestaltung werden die zuschauer- und kundenbindenden Möglichkeiten des Netzes in hohem Ma24 ße ausgeschöpft. Andererseits wird diese Entwicklung auf technologischer Ebene von der immer umfassenderen multimedialen Ausstattung der Rechner beispielsweise mit Videomöglichkeiten, TV-Tunerkarten oder den immer leistungsfähiger werdenden Prozessoren und Graphikkarten getragen. In vielen Haushalten sind inzwischen PC und TV in einem Raum gleichermaßen präsent: Oft läuft der Fernseher, während am Computer gearbeitet, gesurft oder gespielt wird. Ebenso, wie der Computer Eingang in diese Lebensräume gewinnt, verlieren sich die strikten Grenzen zwischen Freizeit und Beruf, öffentlicher und privater Sphäre.16 Mit der breiten Popularisierung des Internets nähert sich dieses Medium in Präsentationsformen und Inhalten immer mehr den vertrauten Formen der Massenmedien an. Wie bereits erwähnt, werden Sport, Science Fiction, Homeshopping, Nachrichtenmagazine und "Cyber"-Soap Operas angeboten. Letztere etwa mit täglich aktualisierten Neuigkeiten über die Hauptcharaktere und ihre Serienwelt. Tatsächlich sind die "master genres" im Internet die traditionellen SciFis, Soap Operas und Talkshows. Wie die Fernseh- und Rezeptionsforschung konstatiert, besteht eine der herausragenden Hauptfunktionen des TV im modernen Alltagsleben in der Bereitstellung einer "lingua franca", also in der Vorgabe einer inhaltlichen, überregionalen, schicht- und milieuübergreifenden Konversationsmöglichkeit. Die Sozialität des Gespräches über die TV-Erlebnisse ist in der Regel bedeutungsvoller als die TV-Rezeption selbst. Diese Einsicht bestätigt sich aufs neue, betrachtet man die Nutzung des Internets als regionales oder sogar internationales TV- und filmbezogenes Gesprächsforum. Hier findet sich ein unübersehbares Angebot von Chatrooms, welche eigens für Film- und Fernsehfans, die sich über ihren TV-Konsum, ihre Lieblingsserien oder über alles Brandaktuelle in der TV-Szene austauschen wollen, eingerichtet wurden. Sie liefern aber auch Kommunikationsmöglichkeiten mit den Serienstars selbst, geben kritische Vorschläge, Kommentare und Meinungsäußerungen bis hin zur aktiven Mitwirkung der Seriengestaltung. Das Internet stellt sich in der Tat über weite Strecken als Marktplatz von TV-Materialien dar, mit vielen Tausenden von offiziellen und inoffiziellen Websites, die zusammen eine Art nationaler und internationaler TV-zentrierter Medienöffentlichkeit konstituieren. Suchmaschinen bringen im Netz nachweislich drei- bis viermal soviel Einträge bei TV-bezogenen Stichworten als bei solchen aus anderen Themenbereichen. 16 Kling 1996 25 2.2.1.2 Die Dynamik der IT-Wirtschaft und der mediale Arbeitsmarkt Neben der traditionellen Durchdringung der Alltagswelt mit TV und Hörfunk vollzieht sich mit der Weiterentwicklung und der Bereitstellung der breitbandbasierten digitalen Übertragungstechnik eine weitere mediale Umstrukturierung des privaten als auch des öffentlichen Lebens. 99 % der Haushalte der Industrienationen sind heute über Telefonleitungen miteinander verbunden. Mittels Modems sind über diese Leitungen Datenübertragungsraten bis zu 56 Kbit/s, über ISDN bis zu 128 Kbit/s erzielbar. Doch schon heute werden diese Möglichkeiten des Datentransfers durch den raschen Ausbau der DSL-Technologie mit Übertragungsraten bis zu drei MBit/s und der auf Fernsehkabeltechnik beruhenden Breitbandvernetzung mit Übertragungsraten bis zu 30 Mbit/s revolutioniert. Es ist davon auszugehen, dass unter dem globalen Entwicklungsdruck innerhalb der nächsten Jahre Systemlösungen etabliert werden, die eine bidirektionale Breitbandvernetzung der meisten Haushalte erlauben. Mit diesen Möglichkeiten des Datentransfers sind beispielsweise auch der intensiven Vernetzung von Schulen, Universitäten, Firmen und Behörden kaum Grenzen gesetzt. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bietet völlig neue Möglichkeiten des Lernens und Lehrens. Die Neuen Medien fügen der bisherigen Bildungspraxis nicht lediglich nur weitere Lehr- und Lernvarianten hinzu, sondern stellen gänzlich neue Bildungsformen bereit, die in vielen Bereichen ein Umdenken erfordern. Die globale Entwicklung in dieser Hinsicht ist in vollem Gange: Kanada ist nach Aussage der nationalen SchoolNet-Initiative das erste Land der Welt, in dem alle Schulen im Unterricht das Internet nutzen können. In den USA läuft seit Jahren das von der Clinton-Regierung in Gang gebrachte Milliardenprojekt des "Technology Literacy Challenge", um auch bisher nicht vernetzten öffentlichen Schulen einen Zugang zum Internet zu ermöglichen, auch in Schweden gibt es ähnliche landesweite Projekte. In Finnland werden die Schulen an Hochgeschwindigkeitsnetze angeschlossen. In Großbritannien startete schon 1995 die Initiative "Superhighways in der Bildung – der Weg nach vorne" und die Europäische Kommission veranstaltet seit 1997 europaweit "Netdays", d.h. Aktionstage rund um Internet und Multimedia an den Schulen. Zusätzlich wurden schon ab Mitte der 90er Jahre in fast allen hochtechnisierten Ländern Rahmen- und Strategiepläne entwickelt, die den Weg in die Informationsgesellschaft leiten bzw. ebnen sollen und dabei dem Bildungswesen eine Schlüsselstellung zuweisen. Die wesentlichen Handlungsfelder bestehen dabei in der elektronischen Vernetzung von Schulen und der Integration in bestehende nationale und internationale Netzwerkstrukturen, in der Verbesserung der Schulausstattungen mit Multimediacomputern, in breiten Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrer und in der Entwicklung von Inhalten, die für das medial modernisierte Bildungswesen am Geeignetsten sind. 26 Die Telekommunikationsinfrastruktur ist inzwischen ein globales Netzwerk, von dessen Leistungs- und Ausbaufähigkeit allerdings nicht nur der informations- und freizeitbezogene Alltag der privaten Haushalte, sondern auch die wirtschaftliche Produktivität der Industrienationen insgesamt in höchstem Maße abhängt. Getragen wird dieser Prozess im Bereich der technologischen Entwicklung von: • Der exponentiellen Steigerungsrate der Rechnerprozessorenleistung: Wurden im Jahr 1995 Prozessoren mit Taktfrequenzen von 100 MHz eingeführt, so waren es 2002 drei GHz. Seit 1965 wurde insgesamt eine Verdopplung der Verarbeitungsleistung in jeweils 18 Monaten beobachtet, dieser Trend scheint sich zumindest bis 2010 fortzusetzen. Ebenso werden im gleichen Maße sinkende Kosten für die entsprechende Rechnerleistung beobachtet. • Der exponentiell steigenden Hauptspeicher- und Festplattenkapazität, die ebenfalls eine Verdopplung alle 18 Monate aufweist: Die Festplattenkapazität stieg in den letzten zehn Jahren sogar noch schneller als die Prozessorenleistung. War beispielsweise 1995 Jahre die Gigabytegrenze standardgemäß überschritten, so liegt der Standard privater Nutzer 2004 bei 120 Gigabyte und darüber. Durch die hinzu kommende Möglichkeit der Selbstgestaltung von Speichermedien, beispielsweise selbsterstellte CD-ROMs oder DVDs, sind dem Speichervolumen, der Zugriffsmöglichkeit und der Abrufbarkeit der gespeicherten Inhalte zukünftig kaum noch Grenzen gesetzt. • Fortschritten auf dem Gebiet der Datenkompression: Diese Kompression erlaubt die Reduzierung der für die Medienübertragung erforderlichen Bandbreite auf einen Bruchteil, wobei auf der Empfängerseite das Ursprungssignal mit konstanter, geringer Verzögerung und unwesentlichen Qualitätseinbußen wiederhergestellt werden kann. Für eine hochqualitative MPEG2-Kompression beispielsweise sind Kompressionsraten von 25:1 (6 MBit/s) gegenüber unkomprimiertem Videoformat üblich, während sich mit MPEG4 im hochqualitativen Bereich Raten um 100:1 (1,5 MBit/s) und bei noch tolerabler Qualität bis über 2000:1 (64 KBit/s) erzielen lassen. • Der Entwicklung neuer Endgeräte: Um elektronische Medien nutzen zu können, sind als Schnittstelle zwischen Technologie und menschlichen Wahrnehmungsund Handlungssystemen Ein- und Ausgabegeräte erforderlich. Mit der zunehmenden Aufrüstung von PCs zu Multimedia-Endgeräten und der rasanten Entwicklung von Spielkonsolen, erwächst dem traditionellen Fernsehen teilweise Konkurrenz. Die Nutzerakzeptanz eines Endgerätes spielt eine entscheidende 27 Rolle bei der Durchsetzung neuer Technologien. Für die PC-Nutzung ist beispielsweise die Entwicklung und breite Vermarktung von Flachbildschirmen von großer Bedeutung. Diese sind nicht nur wesentlich gesundheitsverträglicher, energie- und platzsparender, sondern lassen sich auch beispielsweise als Fernseh- und Datenendgerät an die Wand hängen oder in andere Geräte integrieren. • Der Entwicklung hochintegrativer Multimediatechnologien, die ein hohes Maß an Interaktionsmöglichkeiten erlauben und so Kommunikations-, Unterhaltungsoder Lernprozesse in einen plastischen Erlebniskontext einzubetten gestatten. • Der sich schnell entwickelnden Handytechnologie: Hier sind mittlerweile nicht nur die klassischen Telefonfunktionen, sondern auch der gesamte Bereich des digitalen Datentransfers und die Vernetzung mit beliebigen Rechner- und Datentransfersystemen integrierbar. Auch hier sind Bandbreite und Anwendungsradius in rasantem Wachstum begriffen. Die Neuen Medien werden die klassischen Medien allerdings nicht ersetzen, sondern jene ergänzen und sich in Konkurrenz- und Syntheseprozessen selbst transformieren und modernisieren. Auch in Zukunft werden Bücher, Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie Radio und Fernsehen weiterhin Bestand haben. Die technologische Entwicklung wird es allerdings ermöglichen, völlig neue multimediale Formate zu erzeugen. Wie diese neuen Produkte aussehen und wie sie genutzt werden, wird in hohem Maße vom Anwender abhängen. Realistisch scheint allerdings, dass der Nutzer auch weiterhin Rezipient bleiben und nur partiell agierend und produzierend eingreifen wird. Fernsehen ist nach wie vor der umsatzstärkste Teilbereich der Medien. Die neuen Möglichkeiten der Digitaltechnik werden die Produktionsmöglichkeiten des Fernsehens weiter verändern, sie werden Sehgewohnheiten beeinflussen und Auswirkungen auf das Nutzerverhalten haben. Dies wird das Fernsehen in seiner heutigen Gestalt einem massiven Innovationsdruck aussetzen. Allerdings zeichnen sich hybride Nutzungsmuster ab: Fernsehen wird in weiten Bereichen ins Internet übertragen, viele Multimediaanwendungen laufen letztlich auf einen erweiterten Fernsehgebrauch hinaus, wie beispielsweise das Herunterladen und Austauschen von Filmen, die Einspeicherung und Bearbeitung von Videos und DVDs. Allerdings zeichnen sich diese Anwendungserweiterungen durch tiefere Einblicke und breitere Interaktionsmöglichkeiten als das klassische Fernsehen und Home-Video aus. Der Fernsehmarkt basiert mittlerweile auf der Grundlage dreier Finanzierungselemente: Rundfunkgebühren, Werbeeinnahmen (Free-TV) und Einzelabrechnung nach Nut28 zung (Pay-TV). Es ist jedoch langfristig sinnvoll, dass eine Fernsehgrundversorgung durch das öffentlich-rechtliche Angebot erfolgt. Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Sender ist es auch weiterhin, mit dem Anspruch auf Ausgewogenheit zu informieren, zu bilden, Partizipationen zu ermöglichen sowie zu unterhalten und sich dabei quotenunabhängig auch qualitativ hochwertiger, weniger spektakulärer Themenbereiche anzunehmen. Nicht nur für die Nutzer der neuen Medienlandschaft ist die Welt in schnellem Wandel begriffen. Auch für die Produktionszentren und den sich von diesen ausgehend entfaltenden Arbeitsmärkten, ist eine enorme Ausweitung und Differenzierung zu erwarten. Die Multimedialität des Angebotes findet sich gespiegelt in einer Tätigkeitsbedarfsvielfalt wider. Neue Berufsbilder vom Multimediaproduzenten über den Onlineredakteur, dem Webmaster und dem Screendesigner bis hin zu denjenigen der verschiedenen medialen Servicebereiche, sind entstanden und werden sich weiter ausbreiten bzw. ausdifferenzieren. Auch die Arbeitsabläufe verändern sich. Die breitbandige Vernetzung führt u.a. dazu, dass viele berufliche Tätigkeiten vermehrt auch von zu Hause ausgeführt werden können. Der Bildungssektor bedient sich ebenso zunehmend der Neuen Medien und der zukunftstragenden Technologien und Konzeptionen. Mit fortschreitender Leistungsfähigkeit der Rechner entstehen immer ausgefeiltere intelligente Tutoren- und Trainersysteme, die Lernverhalten, Stärken und Schwächen ihrer Nutzer erkennen und Lerninhalte auf höchst variable und individuell anpassungsfähige Weise vermitteln. Auch für Weiterbildungswege ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, da der Nutzer zu jeder beliebigen Zeit vermittels jedes beliebigen Netzzugangs seine individuellen Lerninhalte studieren bzw. vertiefen kann und dabei in den verschiedensten, von der Animation, über Film bis hin zum direkten Kontakt mit Lehrern und Professoren reichende Online-Hilfe finden kann. Die skizzierte doppelte Rolle der Medien bezüglich der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflüsse ist insbesondere im Kontext der Migrationsproblematik von größter Bedeutung. Sowohl die gesellschaftsgestalterische Funktion der Medien im Rahmen der oben beschriebenen Unterhaltungskultur, als auch die ökonomische Dimension der Ausdifferenzierung eines medialen Arbeitsmarktes sind unmittelbar mit der Integrationsdynamik verbunden. So ist für Migranten die medial vermittelte Teilnahme am gesellschaftlichen Geschehen ebenso wichtig, wie die medienbezogene Freizeitgestaltung oder die Möglichkeit einer Teilhabe am medialen Arbeitsmarkt. 29 2.2.2 Die Rolle der Medien im Migrationskontext Sowohl in der Soziologie und Ökonomie, als auch in der Politikwissenschaft findet seit Jahren eine intensive Beschäftigung mit dem Migrationsthema statt. In der Deutschen Gesellschaft für Soziologie arbeitet eine Sektion "Migrationsforschung", in der deutschen Vereinigung für politische Wissenschaft ein Arbeitskreis "Migrationspolitik". Innerhalb der Kommunikationswissenschaften lässt sich beispielsweise die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft mit dem Titel "Dialog der Kulturen" finden. Auch im Bereich der internationalen Kulturwissenschaften ist die theoretische und empirische Auseinandersetzung mit diesem Thema eine zentrale Frage. Inzwischen gibt es in der Bundesrepublik zahlreiche Institute und Einrichtungen, die zum Thema Migration forschen, wie z.B. das Europäische Migrationszentrum an der FU Berlin, das Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien an der Universität Osnabrück, die Forschungsstelle für interkulturelle Studien an der Universität Köln oder das Zentrum für Zuwanderung Nordrhein-Westfalen. Integration vollzieht sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen und Sektoren. Ein zentraler Bereich ist die mediale Integration, die Eingliederung der ethnischen Minderheiten in das Mediensystem und die mediale Öffentlichkeit der Aufnahmegesellschaft. In der deutschen Diskussion um die Integration der Zuwanderer wurde die Problematik der medialen Integration bisher jedoch stark vernachlässigt. Kommunikationswissenschaftler, Politikwissenschaftler oder Soziologen haben sich nur vereinzelt dieser Thematik angenommen, aber einen interdisziplinären Forschungsschwerpunkt zu diesem Themenbereich gibt es bis heute nicht. So bedurfte es beispielsweise der EU-Initiative eines "Europäischen Jahres gegen Rassismus", um bei den Kommunikationswissenschaften und der Publizistik ein breiteres Engagement für dieses Thema hervorzurufen. Beispielhaft für eine international sehr fortgeschrittene Multikulturalismuspolitik und einer konzentrierten Medienvermittlung ist Kanada, das sich seit über 25 Jahren mit großer Überzeugung als multikulturelle Gesellschaft versteht. Seit 1971 ist der Multikulturalismus ein zentrales Leitbild der kanadischen Politik und zunehmend auch ein wichtiger Bestandteil der kanadischen Identität. Die Theorie und Politik des Multikulturalismus wird, wenn auch mit unterschiedlichen Nuancierungen, von allen Parteien getragen und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert. Dieser offizielle Multikulturalismus löste in der westlichen akademischen Welt geradezu einen Boom in der Migrationsforschung hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen kultureller Integration und des ethnischen Pluralismus aus. 30 Die Theorie des kanadischen Multikulturalismus beruht auf fünf Prinzipien: auf der positiven Bejahung und Anerkennung der ethnischen Vielfalt, einschließlich der Gleichberechtigung und Chancengleichheit von ethnischen Gruppen; dem Prinzip der verfassungs- und menschenrechtlichen Einheit in der Vielheit; der Annahme der Produktivität und des gesellschaftlichen wie ökonomischen Vorteiles der ethnischen Pluralität; der gesteigerten Sensibilität für die prinzipielle kulturelle Verankerung der menschlichen Existenz als Grundlage gerade auch der liberalen demokratischen Gesellschaft und schließlich in der Einsicht in die Notwendigkeit eines umfassenden und differenzierten politischen Managements des kulturellen Pluralismus. Die Betrachtung der medialen Integrationsprozesse in der kanadischen Gesellschaft beruht jedoch auf einer weit zurückreichenden, mehrstufigen Entwicklung. Als erste Phase kann ein Abschnitt der Anerkennung und Spezifikation des Problems identifiziert werden, in der besonders die Sozialwissenschaften mit ihrem deskriptiven und analytischen Repertoire eine zentrale Rolle spielten. Die wissenschaftliche Thematisierung und Eingrenzung der Problematik setzte daraufhin eine verstärkte Suche nach Lösungen in Politik und Medieninstitutionen in Gang. Heute lässt sich die Etablierung gelungener Lösungen und die Institutionalisierung eines differenzierten medialen Integrations- und Multikulturalismusmanagements in Kanada erkennen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden u.a. Richtlinien für eine ethnisch verantwortungsvolle mediale Berichterstattung sowie ein Katalog von Antidiskriminierungsregeln ausgearbeitet. Außerdem wurden Programme für ein Sensitivitätstraining für Journalisten und Medienmanager entwickelt und als obligatorisch eingeführt. Große Wirksamkeit hatte in Kanada schließlich die Einführung eines ganzen Bündels von Maßnahmen, dass u.a. auch gesetzliche Neuerungen umfasste, die die Verstärkung der personellen Präsenz von Minoritäten in den Medien zum Ziel hatten. Die Angehörigen der Minderheiten sollten nicht nur in den ethnischen Segmenten der Öffentlichkeit, also den medialen ethnischen Nischen, sondern gerade auch im Mainstream der mehrheitsgesellschaftlichen Öffentlichkeit der Massenmedien präsent sein. In Deutschland wird das Problem des medialen Integrationsdefizits bislang eher zurückhaltend anerkannt und diskutiert. Im Zuge des oben geschilderten institutionellen Ausbaus der allgemeinen Migrationsforschung wird aber neuerdings zunehmend eine Intensivierung der Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, der Politik und den Medienanstalten erwogen: Hier ist aktuell der im Juni 2004 von Dr. Henning Scherf vorgeschlagene "Integrationskanal" zu nennen, dessen Konzept ein eigens für die in Deutschland lebenden Ausländer entwickeltes Fernsehprogramm vorsieht. Zuvor beschäftigten sich beispielsweise die Hamburgische Anstalt für Neue Medien in Kooperation mit der Ausländerbeauftragten der Stadt Hamburg, die Abteilung Arbeits- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, sowie der SWR und der SFB 31 mit dem Verhältnis von Migranten und Medien. Von Seiten der Politik ist zudem der Vorstoß des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zu erwähnen, der in einer vielbeachteten und vielzitierten Rede den Dialog der Kulturen forderte und in diesem Zusammenhang auch explizit von den neuen Herausforderungen für die Medien sprach. Das Verhältnis von Migranten und Medien selbst ist längst in dynamischer Veränderung begriffen. Dies betrifft die Bereiche der Medienstrukturen sowie auch die Medieninhalte und Mediennutzung. Im Juni 1999 beispielsweise ging in Berlin mit Radyo Metropol das erste rein türkische Radio in Deutschland auf Sendung; die Zielgruppe der über 200.000 in Berlin lebenden Türken wird nachweislich mit diesem Hörfunkangebot gut und umfassend erreicht. Inzwischen etablierte sich nach dem Erfolg der Zeitschrift Türkis ebenso die deutsch-türkische Jugendzeitschrift etap. Sie wendet sich in deutscher Sprache an die "Deutsch-Türken", wie sie sich selbst bezeichnen. Außerdem zeugen die wachsenden Erfolge deutsch-türkischer Regisseure, wie Fatih Akin, Popstars wie Tarkan, Popgruppen wie 2. Generation oder Autoren wie Feridun Zaimoglu, Emine Sevgi Özdemar, Jakob Arjouni und Celil Oker von einer in beeindruckendem Maße ansteigenden transkulturellen Dynamik. Neben diesen Veränderungen sind die Versuche der öffentlich-rechtlichen Anstalten, nicht nur Ausländerprogramme – wie etwa den Sender Multikulti auf SFB4 oder Radio International im SWR oder Funkhaus Europa im WDR – zu nennen, sondern auch Berufschancen für Migranten im Medienbereich zu erschließen. Ein europäisches Modellprojekt "More Colour in the Media" versucht beispielsweise, eine gezielte Ausbildungsförderung in diesem Sinne zu betreiben. Dieses Projekt wird seit den 80er Jahren in den Niederlanden praktiziert, andere europäische Länder haben sich angeschlossen. Seit 1996 werden in Deutschland im Adolf-Grimme-Institut in Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Angehörige von ethnischen Minderheiten zu Journalisten ausgebildet, in der Hoffnung, dass diese später auch in den Mainstream-Institutionen der deutschen Medien eine Anstellung finden. Obwohl die Forschung den gesamten Themenkomplex der medialen Integration in Deutschland bislang vernachlässigt, ist es offensichtlich, dass die skizzierte vielschichtige und starke Rolle der Medien in der Gesellschaft auch den Kontext der Migrationsproblematiken zentral betrifft. Sowohl die gesellschaftsgestalterische Rolle der Medien im Bereich der Information, der Herstellung von Öffentlichkeit und der Unterhaltung, als auch die ökonomische Dimension der Ausdifferenzierung eines medialen Arbeitsmarktes, sind unmittelbar mit der Integrationsdynamik verbunden. Denn ebenso wie für die übrige Bevölkerung gilt für Migranten die Wichtigkeit einer medial vermittel32 ten Teilnahme am Gesellschaftsgeschehen, der medialen Freizeitgestaltung oder auch der Möglichkeit einer Teilnahme in medialen Arbeitsmarktbereichen. Bei Information oder Unterhaltung geht es jedoch um mehr als bloße Medienrezeption. Im Hinblick auf die Partizipation an gesellschaftlicher Öffentlichkeit besitzen die Medien für Migranten entscheidende Funktionen: Im Vordergrund steht hier die immense Bedeutung des durch die Medien vermittelten Bildes der Migranten und der Migrationsproblematik. In der "Informationsgesellschaft" hängt eine aufnahmebereite oder ablehnende Einstellung, ein Gefühl der Fremdheit, des Unverständnisses oder andererseits der Nähe und der Vertrautheit mit den ausländischen Minderheiten stark von den gesellschaftsweit vorgetragenen medialen Präsentationen dieser Gruppen ab. Zur Informations- und Unterhaltungsfunktion gehören in diesem Kontext die Beschreibungen der Zuwanderer und ihrer Situation, wie sie dem Publikum der Aufnahmegesellschaft seitens der Medien präsentiert werden. Die Kommunikations- und Medienwissenschaften zeichnen hier ein einheitliches Bild der grundsätzlichen Negativneigung der migrationsbezogenen Berichterstattung. Wenn beispielsweise überhaupt von ausländischen Arbeitnehmern berichtet wird, dann sehr häufig im Zusammenhang mit Kriminalität. Viele Medien definieren implizit die Migrations- und Migrantenproblematik als "Türken"-, "Asylanten"- oder "Wirtschafts- und Scheinasylantenproblem". Boulevardformate berichten über fremd erscheinende Kulturen meist in einem exotischen Unterhaltungsrahmen und in Tourismuskontexten. Die Berichterstattung über Migranten orientiert sich an aktuellen Ereignissen und vernachlässigt häufig gesellschaftliche und kulturelle Hintergrundinformationen. Besonders im Fernsehen werden negative Ereignisse dramatisiert, wodurch die Folgen weltweiter Migrationsprozesse und das Entstehen multikultureller Strukturen in einer Semantik der "Gefahr" und der latenten oder offenen "Bedrohung" präsentiert werden. Die vorhandenen und zukünftigen sozialen Wandlungsprozesse werden überwiegend nicht als entscheid- und gestaltbar, sondern als katastrophal und schicksalhaft dargestellt. Selten berichten Medien in Deutschland über ethnische Minderheiten in ihrer Rolle als Arbeitnehmer, Unternehmer, Beitrags- und Steuerzahler, Nachbar oder Mitbürger. Ebenso selten wird, sowohl auf regionaler als auch auf bundesweiter Ebene, über Migranten als geschätzte Arbeitskollegen, freundliche Gastwirte, über gute und schlechte Erfahrungen in einem fremden Land, über den Alltag, Identitätsprobleme, Befindlichkeiten, Wünsche oder Ängste berichtet. Kaum erwähnt wird darüber hinaus folgende Tatsache: Arbeitsmigranten machen auch heute noch ein unverzichtbares Segment des deutschen Arbeitsmarktes aus. In der Regel konkurrieren sie nicht mit Deutschen um Arbeitsplätze, sondern werden dort ein33 gesetzt, wo keine deutschen Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Wenig Beachtung in der medialen Darstellung findet zudem die Tatsache von zunehmend erfolgreichen Unternehmensgründungen von Migranten. So waren 2002 beispielsweise 290.000 Arbeitnehmer bei 56.800 türkischen Selbständigen beschäftigt, 17 % der Beschäftigen waren Deutsche17 – eine Tatsache, die weniger die mediale Alltagsöffentlichkeit, als vielmehr die Wirtschaft und die Migrationswissenschaftler in Erstaunen und Nachdenken versetzt. Zuletzt besteht ein öffentliches Aufmerksamkeitsdefizit auch bezüglich der Gesetzestreue der Arbeitsmigranten, die sich im Durchschnitt sogar gesetzestreuer erweisen als Deutsche mit vergleichbarem Sozialprofil. Studien der 90er Jahre haben qualitative Befragungen zu Fremdbildern, Motivation und Akzeptanzpotentialen deutscher, italienischer und türkischer Fernsehzuschauer gegenüber fremden Kulturen durchgeführt. Ziel war es u.a., die analysierten Zusammenhänge für die praktische Fernseharbeit nutzbar zu machen. Die Ergebnisse zeigen, dass deutsche Zuschauer die Länder mit einem ihnen vertrauten kulturellen Kontext sympathisch und interessant finden. Islamische Kulturen stoßen hingegen auf Unverständnis. Die Türkei ist den meisten Befragten trotz zunehmender touristischer Attraktivität auch weiterhin kulturell und gesellschaftlich fremd. All dies zeigt die Dringlichkeit einer auch inhaltlichen Neustrukturierung dieses gesellschaftlichen Bereiches der medialen Integrationsproblematik. Des Weiteren spielen die Medien aus der Heimat der Migranten eine bedeutende Rolle. Hier geht es um den informationellen wie auch um einen emotionalen identitätsstabilisierenden Heimatbezug oder aber auch um die Möglichkeit der Aufklärung über das Aufnahmeland und der Hilfe bei der dortigen Orientierung. Außerdem bilden die heimatlichen Medien eine Verbindung zu den im Herkunftsland verbliebenen Menschen, im Sinne eines medial aufrechterhaltenen gemeinsamen Kommunikationskontextes und der Erweiterung des Verständnisses der zu Hause Gebliebenen bezüglich der Situation der eigenen Mitbürger in der Fremde. Die im Aufnahmeland rezipierbaren Medienangebote des Heimatlandes sind notwendige Ressource der eigenen sprachlichen und kulturellen Identität, außerdem wären ohne ihre zudem emotionale Rückbindungsfunktion die erforschten negativen somatischen und psychischen Belastungen wesentlich ausgeprägter. Auf der anderen Seite wäre ein von den Medien des Herkunftslandes angebotenes breites Informationsprogramm über Politik und Gesellschaft des Aufnahmelandes wünschenswert. Studien über das von türkischen Medien vermittelte Deutschlandbild zeigen allerdings eindeutig, dass Deutschland und die in Deutschland lebenden Türken 17 ZfT Stiftung Zentrum für online.de/de/aktuelles/pressemitteilungen/detail.php 34 Türkeistudien 2003: www.zft- für die türkischen Fernsehsender nur eine geringe Rolle spielen. Die Konturen eines Deutschlandbildes erscheinen, aufgrund der nur seltenen Bezugnahmen auf dieses Land und seine Gesellschaft, lediglich fragmentarisch. Bei den kommerziellen Privatsendern der Türkei ist Deutschland lediglich in den Nachrichten ein Thema. Ausschnitte eines lebendigeren Deutschlandbildes werden in Unterhaltungsmagazinen, beispielsweise bei TRT–INT deutlicher. Da hier aber eine Stärkung der Bindung der Migranten an die Heimat im Vordergrund steht, fällt das auf diese Weise vermittelte Deutschlandbild eher einseitig und vergleichsweise flach aus. Eine weitere Rolle der Medien liegt in der alltäglichen kulturellen Vermittlung zwischen Migranten und Aufnahmebevölkerung. Hierbei geht es um die enormen Möglichkeiten eines gegenseitigen Kennen-, Akzeptieren- und Schätzenlernens: Medienformate, die im fiktionalen Unterhaltungsrahmen beide Kulturen ansprechen, schaffen gemeinsame Gesprächsgrundlagen, Interessenbezüge und Erfahrungshorizonte. Vertrauen – zu Recht als grundlegendes gesellschaftliches "Bindemittel" wiederentdeckt und ins Zentrum der Aufmerksamkeit seitens der sozialwissenschaftlichen Disziplinen gerückt – entsteht nur infolge gegenseitiger Kenntnisnahme, und nicht im Rahmen ökonomischer Transaktionsprozesse oder bloßen "Informationsaustausches". Zudem geht es um ein gegenseitiges Aufdecken von Besonderheiten: Man muss sich kennen, um sich einschätzen zu können, oder um überhaupt die spezifischen Probleme der Migration zu begreifen. Nicht zuletzt geht es um gesellschaftliche und soziale Anerkennung: Mediale Formate können den Statusaufbau ermöglichen und schaffen so eine Plattform, Dank derer sich die Migranten ernstgenommen fühlen können, wenn sie als Bestandteil der geteilten positiven Medienöffentlichkeit zu einem realen gesellschaftlichen Faktor werden. Weiterhin geht es um den Erwerb gesellschaftlicher Kenntnisse: Es ist erfolgversprechender, anhand von positiv rezipierten Vorbildern Verhaltensweisen anzunehmen bzw. Aufklärung zu akzeptieren, als sich fremde Normen- und Werte oder Handlungsmuster über Broschüren oder formelle Institutionenhilfe anzueigenen. Die Vermittlung zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den Migranten könnte also durch den in der vorliegenden Untersuchung entwickelten Ansatz der Mediennutzung effektiv in Angriff genommen werden – praktische Vorschläge zur Realisierung dieser Überlegungen werden im Verlauf des Kapitels 4 dieser Arbeit noch näher verdeutlicht. Im Medienproduktionsalltag finden jene Möglichkeiten bislang kaum Anwendung. Die Einrichtung türkischer Rundfunksender spricht lediglich ein rein türkisches Publikum an und läuft so Gefahr, die kulturelle Segregation zu fördern anstatt zur Integration beizutragen. Auch die Edition türkischer Mode- und Lifestylezeitschriften oder ein sporadisches Auftauchen der Migrationsproblematik in deutschen fiktionalen Unterhaltungsprogrammen oder Kindersendungen ergreifen nicht die Chancen einer weit 35 ausbaufähigen integrationsbezogenen Medienkultur. Fernsehen als gezielt einsetzbares Leitmedium wird in dieser Hinsicht nach wie vor nicht als tragende Integrationsinstanz erkannt, insbesondere hinsichtlich der zeitgemäßen Verbindung von Unterhaltung mit sozialer und kultureller Kompetenzvermittlung. Der im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigte neue Weg soll verdeutlichen, dass gerade die Entertainmentformate des Fernsehens die besten Voraussetzungen bieten, um breite Bevölkerungsschichten zu erreichen und über lange Zeiträume hinweg regelmäßig zu binden. Als unverzichtbarer Teil des Alltags der Migranten und der deutschen Bevölkerung gleichermaßen können Unterhaltungsformate die Verständigungsbereitschaft mobilisieren die Motivation der Rezipienten zur Verhaltensübernahme wie kein anderes Medium aktivieren. Ein in dieser Weise genutztes Medium erweitert sich zu einem Forum gegenseitiger gesellschaftlicher Anerkennung bzw. zu einer gesellschaftlichen Instanz, die beispielsweise dem Auftrag der demokratischen Öffentlichkeitsgestaltung der öffentlichrechtlichen Medienanstalten eine ausgebaute und spezielle Dimension hinzufügen. Was schließlich die ökonomische Dimension der Medien im Migrationskontext betrifft, sollte gerade die Entwicklung der IT-Wirtschaft und die oben schon detailliert beschriebene Ausweitung eines differenzierten medialen Arbeitsmarktes im Zentrum der Aufmerksamkeit all jener Entscheidungsträger stehen, die sich eine verstärkte berufliche Eingliederung bestimmter Migrantengruppen zum Ziel gesetzt haben. Im Hinblick auf ein ausgeprägtes Technikinteresse sowie auf vorhandene Medien- und Mediennutzungsaffinitäten lassen sich Ausbildungs- und Berufsfelder erschließen, die nicht nur fragile ad hoc Lösungen für die temporäre Arbeitsmarktintegration darstellen, sondern auf einer stabilen Motivations- und Interessengrundlage langfristige Berufsmöglichkeiten für Zuwanderer bieten können. Bezüglich der wesentlichen Rolle der Medien im Migrationskontext und der bestehenden Desiderate lässt sich abschließend ein praxisorientierter wissenschaftlicher Konsens zusammenfassen: Medien dienen der reflexiven Selbstbezugnahme und Selbstbeobachtung einer Gesellschaft. Presse und Rundfunk informieren zeitnah und bieten daneben allgemeine überregionale inhaltliche Kommunikationskontexte. Fernsehen dient in modernen Gesellschaften darüber hinaus (und in der aktuellen Entwicklung immer stärker) der Unterhaltung und Zerstreuung. Die Beobachtungs- und Reflexionsfunktion der Medien beschränkt sich realiter gerade bezüglich der Migrationsthematik zumeist auf die Heraushebung des rein Aktuellen, der Negativität und der Konflikthaftigkeit von Ereignissen. Attraktivität und die Glaubwürdigkeit des Angebotes spielen hierbei eine entscheidende Rolle für das Publikum. Hinsichtlich einer möglichen Verbesserung der Integrationssituation sind besonders 36 die Journalisten, Drehbuchautoren, Produzenten aber auch das gezielte Hinzuziehen wissenschaftlicher Fachkräfte bezüglich der Medienwirkungsprozesse und migrationsspezifischer Themenkompexe bei der Bearbeitung von ausländerpolitischen und multikulturell relevanten Themen zu beachten. Ein weiterer Bereich der praxisbezogenen Forschung betrifft die Anlässe, aufgrund derer Multikulturalismus, kulturelle Integration oder Migrationsprobleme überhaupt zum Thema gemacht werden, was sowohl für das Informations- als auch für das Unterhaltungsangebot gilt. Systematisch vergleichende Analysen sind notwendig, um inhaltliche wie formale Auswahlkriterien und die in ihnen vorherrschende Perspektivität im Bereich der Werbung, der Nachrichten und der Unterhaltung aufzudecken und zeitgemäßer zu gestalten. Des Weiteren sind Inhaltsanalysen der Darstellung fremder Kulturen, nicht nur in Nachrichten und Reportagen, sondern auch in Serien, Shows und Spielfilmen, von großer Bedeutung. Gerade diese Angebote sind für die Integrationsleistung der Medien in modernen Gesellschaften äußerst relevant. Im Bereich der Darstellungspotentiale der Sender im Allgemeinen, wird den öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten große Kompetenz für qualitativ hochwertige Sendungen über fremde Kulturen bestätigt. Die privaten Anbieter hingegen präsentieren bislang Ausländerthemen eher auf sensationsbezogene Art und Weise. Sodann muss die konstante Problemfixiertheit zugunsten der Darstellung alltäglicher Normalität, positiver Erfahrungen und gelungener Modelle des Zusammenlebens ersetzt werden. Mehrfachstigmatisierungen von "Ausländern" als Nichteuropäer sollten vermieden werden. In den USA wird in den Medien mittlerweile die Nennung von Staatsangehörigkeit oder Hautfarbe wenn irgend möglich umgangen. Migranten müssen als sozial autonome, politische Personen in den Medien hör- und sichtbar gemacht werden. Berichte über geglückte Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Migranten und Gruppen der Mehrheitsgesellschaft auf lokaler wie überregionaler Ebene würden z.B. positive Modelle und Vorbilder liefern. Die wirtschaftlichen Leistungen ausländischer Arbeitnehmer müssen ebenfalls thematisiert werden. Der Gründungsboom bei türkischen Unternehmen ist ein aktuelles wirtschaftspolitisches Thema, das jedoch eng mit der Problematik der mangelnden Verortung ausländischer Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt verbunden ist und deshalb kritisch hinterfragt werden muss. Die Medienkompetenz der in Deutschland lebenden Zuwanderer muss ausgebaut und gefördert werden. Die Fähigkeit, neue Hard- und Software handhaben zu können, die Kompetenz im Umgang mit dem Internet und dem Einloggen bzw. Arbeiten in Netzwerkstrukturen sind nicht nur notwendige Voraussetzungen für den zukünftigen Berufseinstieg oder -aufstieg, sondern auch grundlegende Fertigkeiten des sich selbst37 ständig informierenden und am gesellschaftlichen Geschehen teilnehmenden Bürgers. Die Personalpolitik der Sender und Redaktionen müsste zudem vermehrt Chancen bieten, qualifizierte ausländische Arbeitnehmer in repräsentative Positionen einzustellen, auf diese Weise werden positive mediale Identifikationsmöglichkeiten geschaffen. Lebenspraktische Vorbilder gelungener Migrantenkarrieren zeigen wesentlich größere Wirkung als offizielle Empfehlungen von Seiten öffentlicher Institutionen. Sollte sich dies niederschlagen in den Programmangeboten öffentlich-rechtlicher und vielleicht auch mittelbar in privaten Sendern, könnte ein sehr wirkungsvoller Beitrag zur Integration geleistet werden. Wobei anzumerken ist, dass die finanziellen Mehraufwendungen äußerst gering wären und daher eine entsprechende Veränderung auch unter den Bedingungen knapper öffentlicher Mittel erfolgen kann. Sowohl die vorangegangene Analyse der Rolle der Medien im Migrationskontext als auch der sozial- und medienwissenschaftliche Konsens bezüglich einer erforderlichen Umgestaltung der migrationsbezogenen Medienpraxis liefern den analytischen Bezugsrahmen für zwei innovative Mediengestaltungen, wie sie in Kapitel 4 dieser Studie entwickelt werden. Die empirische Basis für die Anwendbarkeit dieser Konzepte in der Praxis muss jedoch auf einer detaillierten Kenntnis der Integrationsformen und der Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland bzw. Baden-Württemberg basieren; die empirische Analyse dieser Themen wird im Folgenden dargestellt. 38 Kapitel 3 Die türkische Bevölkerung in Deutschland und Baden-Württemberg 3.1 Gesellschaftliche Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung Die Begegnung von Aufnahmegesellschaft und zuwandernden Ethnien erweist sich in vielen Aspekten als konflikt- und problembeladen. Fremdenfeindliche Eskalationen in Deutschland haben deutlich vor Augen geführt, welche Konfliktpotentiale durch das interkulturelle Zusammenleben und die Wandlung einer ethnisch relativ homogenen Gesellschaft zu einer Gesellschaft mit hohem ethnischen Integrationsanteil entstehen können. Der Wandel zur multi-ethnischen Gesellschaft ist ein generelles Merkmal zunehmender Modernisierung und Globalisierung, denn die sogenannten "modernen" Gesellschaften zeichnen sich durch niedrige Geburtenraten, Überalterungsprozesse der ansässigen Bevölkerung und einen dadurch dringend erforderlichen Zuwanderungsbedarf aus. Niedrige Geburtenziffern erzeugen einen ökonomisch und soziodemographisch bedingten Bedarf an Arbeitsmigranten aus anderen Gesellschaften, denn weder die Wirtschaft noch das soziale Sicherungssystem können den drastischen Bevölkerungsrückgang unbeschadet überstehen. Die geregelte Zuwanderung und die Integration der Zugewanderten bzw. der zukünftig noch Zuwandernden wird vor diesem Hintergrund eine der großen Aufgaben der kommenden Jahrzehnte bleiben. 39 3.1.1 Soziostrukturelle und allgemeine Merkmale In Deutschland hat sich das multi-ethnische Segment der Sozialstruktur in den letzten vier Jahrzehnten von ca. 1 % auf knapp 9 % erweitert. Rechnet man zudem die neu eingebürgerten Bevölkerungsteile und jene mit doppelter Staatsbürgerschaft zu diesen Zahlen hinzu, so machen die ethnischen Minderheiten derzeit ca. 14 bis 15 % der Wohnbevölkerung aus. Die soziodemographischen Prognoserechnungen gehen davon aus, dass sich der Umfang dieses Segmentes in den nächsten drei Jahrzehnten mehr als verdoppeln wird. Im Jahr 2002 lebten mehr als 7,3 Millionen Menschen mit ausländischem Pass in Deutschland, was einem Anteil von 8,9 % gemessen an der Gesamtbevölkerung entspricht. Mit gut 1,9 Millionen entstammt der größte Teil der ausländischen Bevölkerungsgruppe der Türkei. Gemessen an der ausländischen Bevölkerung sind das 26,1 %, gemessen an der Gesamtbevölkerung 2,3 %.1 Tabelle 3.1 zeigt, dass Baden-Württemberg mit 12,2 % einen um 3,3 Prozentpunkte höheren Anteil an Ausländern aufweist als der Bundesdurchschnitt. Auch in BadenWürttemberg sind die Einwohner türkischer Herkunft die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe anderer Nationen. Tabelle 3.1: Gesamte und ausländische Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland und in Baden-Württemberg in Tausend (2002). Insgesamt Deutschland BaWü 82.440,3 10.661,3 Ausländer n % 7.335,6 8,9 1.297,7 12,2 Davon Türken n %* 1.912,2 2,3 322,8 3,0 Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes und des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Stand: 31.12.2002. * Anteil an der Gesamtbevölkerung. Der Anteil der türkischen Bevölkerung an der ausländischen Bevölkerung insgesamt beträgt in der BRD 26,1 % und in Baden-Württemberg 24,9 %. Die Altersstruktur der in Baden-Württemberg lebenden Ausländer weist das für die Bundesrepublik Deutschland typische Bild auf: Die Alterskohorten unter 30 Jahren sind überproportional stark besetzt, fast 25 % aller in Baden-Württemberg lebenden Türken sind unter 15 Jahre alt, mehr als 40 % sind 25 Jahre oder jünger. Im Vergleich dazu sind in der deutschen Bevölkerung die älteren Alterskohorten stark überproportional vertreten. Dieser Altersstrukturunterschied wird sich in Zukunft durch die rück1 Statistisches Bundesamt 2003. Statistisches Jahrbuch 2003: S. 65 40 läufigen Geburtenraten auf Seiten der deutschen Bevölkerung trotz sukzessiven Angleichungsprozessen der Fertilität bei der türkischen Bevölkerung weiter ausprägen. Tabelle 3.2: Gesamte und ausländische Bevölkerung in Baden-Württemberg nach Alterskohorten (2002). Alter Unter 15 15-17 18 - 20 21 - 24 25 - 30 Über 30 Insgesamt Insgesamt n % 1.740.197 16,3 357.733 3,4 361.267 3,4 504.746 4,7 629.825 5,9 7.067.552 66,3 10.661.320 100,0 Ausländer n % 199.022 15,9 43.718 3,5 51.342 4,1 96.945 7,7 146.071 11,7 715.920 57,1 1.253.018 100,0 Davon Türken n % 75.658 23,4 15.606 4,8 15.371 4,8 25.832 8,0 36.567 11,3 153.815 47,6 322.849 100,0 Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes BadenWürttemberg. Stand: 31.12.2002. Angesichts dieser Daten und Prognosen werden Fragen des Zusammenlebens von Deutschen und Ausländern sowie die Problemdimensionen der Migrationsthematik in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu einer der Kernfragen der deutschen Gesellschaft überhaupt. Ein wesentlicher Detailaspekt dieser Rahmenproblematik betrifft Formen der aktuellen ökonomischen Eingliederung von Migranten in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf die durch sie entstehende Angebots- und Nachfrageerweiterung. So ist beispielsweise die Zahl der ausländischen Unternehmen, die in Deutschland produzieren und Dienstleistungen erbringen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Gleichzeitig richtet sich das allgemeine wirtschaftliche Interesse auch auf ausländische Konsumenten, die sowohl von politischen als auch von unternehmerischen Entscheidungsträgern zunehmend als wichtiger Wirtschaftsfaktor entdeckt werden. Dabei sind ausländische Unternehmen sowie die ausländischen Konsumenten auch aufgrund ihrer stetig steigenden wirtschaftlichen Potenz von großer Bedeutung. Im Zuge der Anwerbevereinbarungen Anfang der 60er Jahre2 setzte die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte in die Bundesrepublik Deutschland in großem Umfang ein. Heute ist unbestritten, dass nicht nur die deutsche Industrie von der Arbeitskraft dieser durchschnittlich 20- bis 30-jährigen Männer und Frauen profitierte, sondern auch das deutsche Sozialsicherungssystem. Bis zum Anwerbestop 1973 bestand die 2 Am 30. Oktober 1961 unterzeichneten Deutschland und die Türkei ein Abkommen, um "Gastarbeiter" aus Anatolien anzuwerben. 41 ausländische Bevölkerung in Deutschland hauptsächlich aus männlichen Erwerbstätigen. Erst später holten viele der ausländischen Arbeitskräften ihre Frauen und weitere Familienmitglieder nach Deutschland. Infolge dieser Entwicklung hat sich der Anteil der weiblichen Bevölkerung bis 1997 auf ca. 50 % erhöht. Die Rückkehrhoffnungen der "Gastarbeitergeneration" erwiesen sich für viele als Illusion, aus dem vorläufigen Aufenthalt wurde ein Dauerzustand.3 So lebten Ende 1997 etwa 30 % aller Migranten und Migrantinnen schon 20 Jahre und länger in Deutschland, 40 % hatten Aufenthaltszeiten von mehr als 15 Jahren und die Hälfte von mehr als zehn Jahren nachzuweisen. Bei den Türken liegt diese Zahl noch weitaus höher. Zum genannten Zeitpunkt lebten fast zwei Drittel aller Türken bereits zehn Jahre und länger in der Bundesrepublik.4 Eine zu Beginn des Jahres 1999 vom Zentrum für Türkeistudien durchgeführte Untersuchung zeigt weiterhin, dass derzeit knapp 75 % der türkischen Bevölkerung in Deutschland keine Rückkehrabsichten hegt. Infolge dieser migrationsgeschichtlichen Entwicklung, die ebenso für andere Migrantengruppen in Deutschland gilt, sind die ehemaligen Arbeitsmigranten zu Inländern geworden, die ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft in Deutschland planen und verwirklichen wollen. Die Investitions- und Existenzgründungsbestrebungen sowie die produktive und konsumtive Potenz der Migranten hat sich daher ebenfalls nach Deutschland verlagert. So wird beispielsweise der Wunsch nach einer ursprünglich in den Herkunftsländern geplanten Selbstständigkeit seit Jahren vermehrt in Deutschland realisiert.5 Ein weiteres Indiz für die langfristige Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Deutschland ist die Tatsache, dass auf dem Wohnungsmarkt vielfach ein Übergang vom Mietsegment hin zum Eigentumssegment festzustellen ist. Mit den Arbeitsmigranten kamen ebenfalls spezifische Bedürfnisse bezüglich landestypischer Waren und migrationsspezifischer Dienstleistungen nach Deutschland, die von den deutschen Anbietern kaum befriedigt werden konnten. Aufgrund dieser Mangelsituation entstanden bereits Mitte der 60er Jahre die ersten ausländischen Betriebe und Unternehmen in den Ballungsräumen. Die ersten ausländischen Selbstständigen gründeten u.a. Lebensmittelgeschäfte, Import/Export-Unternehmen, Reisebüros, Übersetzungsdienste, Teestuben oder Imbisse. Beispielhaft hierfür sind die türkischen 3 Die ersten "Gastarbeiter" wurden mit Blaskapellen und Blumen empfangen. Sie sollten die durch den Mauerbau verschärfte Knappheit auf dem Arbeitsmarkt entspannen und das deutsche Wirtschaftswunder retten – und dann gehen. So wünschten es sich nicht nur deutsche Politiker. Auch die meisten Türken konnten sich damals nicht vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. 4 Die lange Aufenthaltsdauer der türkischen Bevölkerung entspricht allerdings nicht dem offiziellen Aufenthaltsstatus: Von den insgesamt 2,11 Millionen in der Bundesrepublik lebenden Türken hatten Ende 1998 nur ca. 500.000 eine Aufenthaltsberechtigung (23,7 %), 750.000 eine befristete, 610.000 eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Vgl. Bericht der Ausländerbeauftragten 2000: S. 15. 5 Sen/Goldberg 1996. 42 Lebensmittelgeschäfte, deren Zahl in den 80er und 90er Jahren stark zugenommen hat. Parallel zu dieser Entwicklung entdeckten die Deutschen die Herkunftsländer der Migranten als Urlaubsziele, was nicht nur einer boomenden Tourismusbranche zugute kam, sondern auch die Deutschen mit den fremden Kulturen der Migranten in Berührung brachte. Dies wiederum förderte die Geschäftstätigkeit vieler kleinerer ausländischer Unternehmen, die dadurch eine vermehrt deutsche Kundschaft verzeichnen konnten. Die so gesteigerte Nachfrage nach Angeboten ausländischer Produkte sowie die steigende Zahl türkischer Migranten führte u.a. dazu, dass heute beispielsweise türkische Lebensmittel nicht mehr aus der Türkei importiert, sondern größtenteils in Deutschland selbst hergestellt werden. Eine weitere Gruppe unter den Lebensmittelproduzenten sind deutsch-türkische "joint ventures", die die technologische und betriebswirtschaftliche Kompetenz deutscher Produzenten mit dem zielgruppenspezifischen Know-how des türkischen Unternehmers verbinden. Als Folge dieser Entwicklung findet man beispielsweise seit längerem türkische Stammprodukte wie Fladenbrot oder bestimmte Wurst- und Käsesorten in den Standardsortiments deutscher Supermärkte. Im Lebensmittelbereich hat sich damit schon weitgehend eine Entwicklung vom ehemaligen ethnischen Nischenmarkt zum Standardmarktsegment vollzogen. Geschäfte und Produkte von ausländischen Gewerbetreibenden sind mittlerweile elementarer Bestandteil der deutschen Alltagskultur geworden. Pizza, Cappuccino, Döner Kebap und Gyros gehören zur deutschen Esskultur wie Bratwurst oder Schweinebraten. Auch im Bereich der Dienstleistungen, im Handwerk, im Baugewerbe und in den innovativen Technologien erweitern ausländische Anbieter die Angebotsstruktur. Gleichwohl wird deutlich, dass die von den Migranten betriebenen Unternehmen noch immer mehrheitlich der Nischenökonomie angehören und die Diffusion in weitere, insbesondere technologisch innovative Beschäftigungsbereiche sehr gering ist. Es ist auch die Gefahr der Schließung der sozialen Lebenswelten durch derartige Nischen zu nennen. In den nächsten Jahren wird es insgesamt verstärkt darauf ankommen, der oftmals anzutreffenden unternehmerischen Orientierung auch in qualitativ höheren und für die bundesdeutsche Wirtschaft zentralen Zukunftsbereichen Chancen zur Entfaltung zu geben. Die demografischen Veränderungen, insbesondere das altersbedingte Ausscheiden von qualifizierten Fachkräften wird in den nächsten Jahren einen erheblichen Fachkräftebedarf nach sich ziehen, so dass auch aus wirtschaftlichen Gründen ein Übergang aus der ethnischen Nischenökonomie in die Schlüsselbereiche der Wirtschaft wünschenswert ist. Ein derartiger Wandel ist jedoch stark von der Bildungsbeteiligung der Migranten abhängig, die nachfolgend näher betrachtet wird und in einen ersten Ausblick zu den 43 Möglichkeiten des Eingriffs über die eingangs skizzierte mediale Vermittlung mündet. 3.1.2 Schule, Ausbildung und berufliche Stellung Bis Mitte der 90er Jahre nahmen in Deutschland lebende junge Ausländer zunehmend an der schulischen, beruflichen sowie Hochschulausbildung teil und erwarben formal höhere Bildungsabschlüsse. Diese Entwicklung ist jedoch in den letzten Jahren nicht nur ins Stocken geraten, sondern vor allem an beruflichen Schulen und im Bereich der Lehre als rückläufig zu bezeichnen. 2001 lag die Bildungsbeteiligung junger Ausländer im Alter von 15 bis 20 Jahren in der Bundesrepublik bei 68 %. Sie lag damit deutlich unter jener der gleichaltrigen Deutschen, die eine Beteiligung von etwa 93 % aufwiesen.6 Im Bereich der Bildungsbeteiligung ist demzufolge die Diskrepanz zwischen Deutschen und Ausländern groß. Tabelle 3.3: Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg von 1990 2003. Schuljahr 1990/91 1991/92 1992/93 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 Insgesamt n 1.055.224 1.075.574 1.103.375 1.133.068 1.162.694 1.196.738 1.224.403 1.249.228 1.264.264 1.279.762 1.287.946 1.295.537 1.300.739 Ausländer n % 150.958 14,3 153.236 14,2 159.391 14,4 162.804 14,4 164.717 14,2 167.576 14,0 169.559 13,8 168.767 13,5 165.510 13,1 166.589 13,0 164.673 12,8 164.872 12,7 163.970 12,6 Davon Türken n % 58.758 5,6 58.850 5,5 58.861 5,3 59.016 5,2 59.585 5,1 61.525 5,1 63.512 5,2 65.396 5,2 67.888 5,3 67.888 5,3 68.977 5,4 69.470 5,4 69.499 5,3 Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Stand: 9.10.2002. 6 DIW Wochenbericht 39/03: Die Bildungsbeteiligung bezieht sich auf allgemein bildende Schulen, Berufschulen und Hochschulen. Einbezogen werden auch Personen in berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit. Die Hochschulbeteiligung bezieht sich hingegen nur auf Bildungsinländer. 44 Der Besuch von allgemeinbildenden Schulen ausländischer Jugendlicher hat in BadenWürttemberg bis 1993 stetig zugenommen. Jedoch, wie die vorgehende Tabelle 3.3 zeigt, sinkt ab diesem Jahr die Beteiligung ausländischer Kinder an allgemeinbildenden Schulen kontinuierlich ab, obwohl der Anteil der Ausländer in den entsprechenden Alterskohorten im selben Zeitraum deutlich gestiegen ist. Bei den jungen türkischen Migranten verhält es sich folgendermaßen: Bis 1995 ist der Schulbesuch rückläufig, danach steigt er leicht an, inzwischen ist erneut eine Stagnation zu beobachten. Insgesamt haben 83 % der in Deutschland lebenden Türken eine Schulausbildung absolviert, wobei der etwas größere Teil die Schule in Deutschland abgeschlossen hat, ein kleinerer Anteil in der Türkei. Die Altersgruppe der 30 bis 39-jährigen Türken hat etwa zu gleichen Teilen entweder eine deutsche oder eine türkische Schule absolviert. Diese Alterskohorte steht damit in der Mitte zwischen zwei Schulgenerationen: die Jüngeren haben vorwiegend deutsche, die Älteren vorwiegend türkische Schulen besucht.7 Differenziert man die allgemeinbildenden Schulen nach Schulart, ergibt sich folgendes Bild: Tabelle 3.4: Ausländische und türkische Schüler an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten in Baden-Württemberg im Schuljahr 2002/2003. Grund- und Hauptschulen Sonderschulen Realschulen Gymnasien Sonstige Schulen* Insgesamt Deutsche Schüler n % 670.291 51,5 Ausländische Schüler n % 118.737 72,4 Türkische Schüler n % 54.237 78,1 54.565 4,2 13.718 8,4 5.124 7,4 243.210 307.204 25.469 18,7 23,6 2,0 17.242 12.846 1.427 10,5 7,8 0,9 6.665 3.094 360 9,6 4,5 0,5 1.300.739 100,0 163.970 100,0 69.470 100,0 Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Stand: 9.10.2002. * Waldorfschulen oder integrierte Orientierungsstufen Im Schuljahr 2002/03 besuchten die türkischen Heranwachsenden in Baden-Württemberg mit Abstand am häufigsten Grund- und Hauptschulen, was einem Anteil von 7 Medienforschung 2001: Tab. 7 45 knapp 80 % entspricht. 9,6 % besuchten zum genannten Zeitpunkt eine Realschule, weitere 7,4 % eine Sonderschule und lediglich 4,5 % ein Gymnasium. Im Vergleich dazu besuchten deutsche Schüler zu 51,5 % Grund- und Hauptschulen, zu 18,7 % Realschulen, zu 4,2 % Sonderschulen und 23,6 % Gymnasien. Das sind fast 20 Prozentpunkte mehr deutsche als türkische Schüler, die ein Gymnasium besuchen. Betrachtet man diese Angaben mittels differenzierterer Erfassungkriterien, so fallen die Ergebnisse noch drastischer aus, da die amtliche Statistik Schülergruppen allein gemäß ihrer Staatsangehörigkeit erfasst. Aufgrund dessen sind in den oben genannten Daten auch jene Schüler als Deutsche in die Statistik eingegangen, die bereits eingebürgert worden sind oder bei Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten haben, auch wenn ihre Eltern bzw. ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen. Unterscheidet man diese ”deutsche” Schülergruppe nun aber hinsichtlich des vorhandenen Migrationshintergrundes, so sind 28,8 % der 15-jährigen Schüler in Baden-Württemberg im Jahr 2000 Jugendliche mit Migrationshintergrund. Infolgedessen muss der tatsächliche soziale Unterschichtungsprozess im Bildungsbereich noch weitaus stärker ausgeprägt sein, als in den obigen Angaben ersichtlich wird. 8 Nicht nur, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund auf Realschulen und Gymnasien deutlich unterrepäsentiert sind, darüber hinaus weisen die ausländischen Schüler tiefgreifende Leistungsdefizite auf. Hier liefern die Ergebnisse der PISA-Studie genaue Angaben, die zudem erstmals eine differenzierte Einteilung der Schülerschaft in drei Teilgruppen leistet: Eine Gruppe bezieht sich auf die ”native students”, also in Deutschland geborene Schüler, von denen mindestens ein Elternteil in Deutschland geboren wurde. Eine weitere Gruppe umfasst die ”first-generation students”, d.h. Schüler, die in Deutschland geboren sind, deren Eltern aber noch im Ausland geboren wurden und erst später zugewandert sind. Die dritte Gruppe der ”nonnative students”, beinhaltet im Ausland geborene und später nach Deutschland zugewanderte Kinder und Jugendliche. Gerade bezüglich der Lesekompetenz, die für den Erfolg in allen Schulfächern und damit den Wechsel in eine Realschule bzw. ein Gymnasium entscheidend ist, schneiden die ”first-generation students” und die ”non-native students” bedeutend schlechter als die ”native students” ab. Erwartungsgemäß am schlechtesten sind die Ergebnisse im Bereich der Leseleistungen, der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen für die Gruppe der ”non-native students”, die darüber hinaus zu Hause ihre Landesprache und nicht deutsch sprechen.9 Eine entscheidende Frage ist nun – und hier stützen sich die folgenden Aussagen wieder auf amtliche Statistiken – ob die ausländischen und hier insbesondere die türki8 Cortina 9 OECD et al. 2003: Tab. 2.5 2001: www.pisa.oecd.org/knowledge/chap6/h.htm 46 schen Jugendlichen trotz dieser Leistungsdefizite das deutsche Schulsystem erfolgreich durchlaufen haben. Waren es noch 1980 erst etwa 27 % mit einer abgeschlossenen Schulausbildung, hat sich diese Zahl bis 1995 deutlich auf fast 87 % erhöht.10 Am höchsten ist der Anteil ohne Schulausbildung unter den älteren türkischen Migranten. In den jüngeren Generationen steigt der Anteil derjenigen mit Schulausbildung jedoch deutlich an. Von den unter 30-Jährigen haben "nur" noch 10 % die Schule ohne Abschluss verlassen. Der am häufigsten erreichte Schulabschluss ist der Hauptschulabschluss, den 68 % absolviert haben. Die Mittlere Reife haben ca. 23 % abgeschlossen, das Abitur allerdings lediglich 6 %. Die positive Bedeutung einer abgeschlossenen Schulbildung in Deutschland zeigt sich deutlich beim Berufseinmündungsprozess junger Türken, wie es dem nachfolgenden Diagramm zu entnehmen ist. Abbildung 3.1: Berufseinmündungsprozess junger Türken in Prozent (2002). Sonstiges Sonstiges Keinerlei Tätigkeit Keine Angaben Heirat und Gründung einer Familie Keinerlei Tätigkeit Gelegenheitsarbeiten Berufstätigkeit begonnen Keine Angaben Berufsausbildung begonnen 3.1 3.3 3 6.4 6.5 11.2 66.5 Heirat und Gründung einer Familie Gelegenheitsarbeiten Berufstätigkeit begonnen Berufsausbildung begonnen 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: S. 200. Fast 70 % haben im Anschluss an den erfolgreichen Schulbesuch eine Berufsausbildung begonnen, allerdings sind lediglich 11 % direkt in die Berufstätigkeit übergewechselt. Dennoch sollten diese Ergebnisse nicht über die dramatische Situation türkischer Jugendlichen bei der Ausbildungsbeteiligung in Deutschland und Baden-Württemberg hinwegtäuschen. In Deutschland gehen die Zahlen der Ausbildungsverträge von jungen Ausländern zurück. Waren es im Jahr 1997 noch 110.000 ausländische Auszubil10 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1997. Die Daten entstammen einer Repräsentativerhebung. 47 dende (8,7 %), so sind es im Jahr 2001 nur noch 92.000 (6,8 %).11 Im Jahr 2002 waren von 1,6 Mio. Auszubildenden nur noch 85.000 ausländischer Herkunft (5,3 %).12 Dieser Rückgang ist ein Indiz für zunehmende Schwierigkeiten bei der Eingliederung junger Ausländer in die Ausbildung an beruflichen Schulen und in die Lehre. Unter den beruflichen Schulen haben diejenigen mit alleiniger beruflicher Ausbildung oder in Zusammenarbeit mit Betrieben oder überbetrieblichen Ausbildungswerkstätten ein deutliches Übergewicht. Der Rückgang im Schulbesuch ist vor allem hier zu beobachten, während an anderen beruflichen Schularten und Schulen mit berufsorientierter Ausbildung (Berufsober-, Fachober-, technische Oberschulen etc.) ein Zuwachs zu verzeichnen ist. Die letzteren Bildungsgänge führen allerdings zum größten Teil zu keinem Berufsabschluss, sind keine Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz und vermitteln nur selten eine Berechtigung für den Zugang zu höheren Bildungsgängen. 2002 wurden die ausländischen Lehrlinge vor allem bei Industrie, Handel und Handwerk beschäftigt, wobei der Handwerksbereich nach wie vor der Berufsbereich mit dem höchsten Ausländeranteil (6,0 %) ist.13 Besonders schwach ist die Ausbildungsbeteiligung bei türkischen Mädchen und Frauen ausgeprägt. Da sie die quantitativ stärkste Gruppe unter den ausländischen Jugendlichen darstellen, ist dies besonders problematisch. Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg führt die rückgehende Ausbildungsquote im Wesentlichen auf die demographische Entwicklung, auf Sprachdefizite, abweichende Wertvorstellungen, den starken Einfluss familialer Strukturen und auf mangelnde Kenntnisse über das duale Ausbildungssystem zurück. Die mangelnde Integration der ausländischen Jugendlichen auf dem Schul- und Ausbildungssektor verweist demnach auf weitreichende Defizite der Eingliederung in das gesamtgesellschaftliche System Deutschlands. Zugleich wird damit die Dringlichkeit der gezielten Vermittlung von bildungsbezogenen Wertvorstellungen deutlich, die der eigentlichen Bildungsaktivität vorausgehen. Schulische Einrichtungen, wie praktisch alle expliziten Bildungsangebote setzen eine mehr oder weniger ausgeprägte Basisbereitschaft zugunsten der Bildung voraus und können Defizite dieser Voraussetzungen nur sehr rudimentär ausgleichen. Wie in Kapitel 4 im Einzelnen ausgeführt wird, kann die Vermittlung eben jener Voraussetzungen, die offenkundig auch nicht in der Familie generiert werden, in besonders wirkungsvoller Weise durch Fernsehunterhaltungsformate erfolgen. Die unterdurchschnittliche Bildungsbeteiligung findet ihren entsprechenden Niederschlag im Übergang in den Arbeitsmarkt. Einwohner ausländischer Herkunft, und 11 Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003: Berufsbildungsbericht 2003: S. 89 Bundesamt 2003b: www.destatis.de/basis/d/biwiku/beruftab11.htm 13 Statistisches Bundesamt 2003c: www.destatis.de/basis/d/biwiku/beruftab4.htm 12 Statistisches 48 hier wieder vor allem türkische Migranten, sind in Deutschland und ebenso in BadenWürttemberg am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen. Eine Trendwende ist nicht abzusehen: einerseits aufgrund der bleibenden Mängel im Bildungs- und Ausbildungssektor, andererseits durch den wirtschaftlichen und technologischen Strukturwandel, wodurch der Anteil der Arbeitsstellen für un- und angelernte Arbeitnehmer sinkt. So reduziert die seit Jahren auf hohem Niveau stagnierende Arbeitslosigkeit weiterhin die Chancen der ausländischen Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Betrug die Arbeitslosenquote der ausländischen Arbeitnehmer im Jahr 1980 noch ca. 5 %, stieg sie im Jahr 2002 bis auf 17,8 % an,14 während sich die allgemeine Arbeitslosenquote im Vergleich von etwa 3,5 % auf 10,5 % erhöhte. Von der allgemeinen Arbeitslosigkeit sind insbesondere türkische Arbeitnehmer betroffen, deren Arbeitslosenquote lag 2002 bei 22,7 %.15 14 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2003: www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab29.pdf 15 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2003a: www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab33.pdf 49 Abbildung 3.2: Arbeitslose in Deutschland in Prozent der Erwerbspersonen 19932002. 24 23 22 21 1993 20 1994 19 1995 18 1996 17 1997 16 1998 15 1999 14 2000 2001 13 2002 12 Arbeitslosenquote Ausländer Arbeitslosenquote insgesamt Arbeitslosenquote Türken 15.1 8.3 17.4 16.2 8.8 18.9 16.6 9.0 19.2 18.9 10.0 22.5 20.4 10.7 24.0 Arbeitslosenquote Ausländer 19.6 9.8 22.7 Arbeitslosenquote insgesamt 18.4 11.2 Arbeitslosenquote Türken 22.5 16.4 10.0 20.2 16.5 10.1 21.3 17.8 10.5 22.7 11 10 9 8 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Quelle: Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Arbeitslosenquote ausländischer Arbeitnehmer nach Herkunftsländern, www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab33.pdf, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Entwicklung der Ausländerarbeitslosigkeit und Ausländerbeschäftigung, www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab29.pdf Die stark steigende Arbeitslosigkeit sowie die Veränderung der Sozialstruktur durch Erhöhung des Frauen- und Kinderanteiles, die steigende Verbleibabsicht und die verbesserte rechtliche und soziale Stellung bilden die allgemeinen Rahmenbedingungen für die verstärkte Hinwendung zu Selbständigkeit und Unternehmensgründung. So entwickelte der in den 80er und 90er Jahren einsetzende Gründerboom eine besondere Dynamik. Erfolgreiche Unternehmer der eigenen ethnischen Gruppe besaßen Vorbildfunktion, so dass die nachkommende Generation aus den Erfolgen und Erfahrungen etablierter Unternehmer Zuversicht für das eigene unternehmerische Vorhaben schöpften. Zudem förderte die Präsenz des Themas "Selbständigkeit" in den türkischsprachigen Medien das Klima zugunsten weiterer Existenzgründungen. Dem entsprechend hat sich die Zahl der ausländischen Selbständigen im Zeitraum von 1988 bis 1998 weit mehr als verdoppelt. Unter diesen machen die Türken mit einem Anteil von über 18 % die größte Gruppe aus, gefolgt von italienischen und griechischen Migranten. Die türkischen Unternehmer haben auch in anderer Hinsicht wirtschaftliches Wachstum zu verzeichnen: Studien des Zentrums für Türkeistudien zufolge betrug ihr Umsatzvolumen im Jahre 2002 etwa 26 Milliarden EUR, ihr gesamtes Investitionsvolumen 50 etwa 6,5 Milliarden EUR.16 Die jährliche Kaufkraft der türkischen Bevölkerung in Deutschland beträgt etwa 17 Milliarden EUR, 97 % des Nettoeinkommens wird in Deutschland ausgegeben.17 Der Trend zur Neugründung ausländischer Unternehmen wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft anhalten, ebenso wie die hohe Konsumneigung der Migranten. Die im Vergleich zur deutschen Bevölkerung junge Migrantenbevölkerung führt zu einer erhöhten Konsumnachfrage. Insbesondere jene Jugendliche mit Migrationshintergrund, die in Deutschland sozialisiert wurden, werden sich bezüglich des Konsumverhaltens zunehmend von ihren Elterngenerationen unterscheiden.18 Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt, ist das von Migranten, insbesondere von der türkischen Population, bezüglich der Unternehmensgründungen festzustellende Engagement für die deutsche Wirtschaft insgesamt von Bedeutung. Die ausgeprägten Potentiale im Bereich der kaufmännischen Tätigkeiten, zusammen mit einem ausgeprägten Sparverhalten und hoher allgemeiner Leistungsbereitschaft bilden eine wichtige Grundlage für erfolgreiche Existenzgründungen. Diese Aktivitäten werden bislang in der medialen Öffentlichkeit nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit bedacht. Eine gezielte Thematisierung dieser Zusammenhänge würde einen positiven Eindruck vom Wirtschaftsbeitrag der Türken in Deutschland erzeugen und so ein positives Selbst- bzw. Fremdbild in der Minderheiten- bzw. Mehrheitsbevölkerung fördern.19 Zugleich ermöglicht die Präsenz dieser Thematik in den Medien, Kenntnisse über ökonomische Abläufe und Notwendigkeiten in Deutschland zu vermitteln. Dies ist für die türkischen Unternehmer deshalb von Wichtigkeit, da sich fehlende Sprach- und Branchenkenntnisse, eine meist sehr geringe Eigenkapitalausstattung und auch fehlende Erfahrung mit der kaufmännischen Betriebsführung negativ auf die türkische Unternehmenspraxis auswirken. Dies und der Mangel an betriebswirtschaftlicher Beratung und Information, erschwert nicht nur die Gründung von neuen, sondern gefährdet auch die Existenz schon bestehender Betriebe. So müssen nach Angaben des türkischen Versorgungswerkes (VTU) in Deutschland nahezu 70 % aller türkischstämmigen Selbständigen in den ersten beiden Jahren wieder aufgeben. 16 ZfT Stiftung Zentrum für Türkeistudien 2003: www.zftonline.de/de/aktuelles/pressemitteilungen/detail.php 17 Agentur für Medien und Kommunikation Lab One GmbH 2002: Lebenswelten Deutschtürken 2002. 18 Vgl. Sen/Goldberg 1996; Statistisches Bundesamt 2000; Zentrum für Türkeistudien 2000. 19 Im Kontext eigener Vorarbeiten zum Thema "Schaffung von Immobilienwerten durch Migranten" wurde bei Sparkassen und Banken ermittelt, dass beispielsweise die Disziplin bei der Tilgung von Darlehen sehr hoch und insgesamt das Kreditausfallsrisiko bei diesen Personengruppen geringer ist als bei deutschen Darlehensnehmern. 51 3.1.3 Kulturelle Aspekte der Integration Der Grad der Integration wird nicht allein an der Bildungs- bzw. Arbeitsmarktbeteiligung von Mitgranten gemessen, sondern muss zudem anhand von kulturellen bzw. sprachlichen und verschiedenen sozialen Kompetenzen bestimmt werden. Letztere sind stark von der Verweildauer der Einwanderer abhängig. Während die erste Generation der Türken noch deutlich in der traditionellen türkischen Kultur verwurzelt ist, lernt die zweite und dritte Generation die Türkei hauptsächlich über Erzählungen der Eltern und Verwandten, aus den Medien und über jährliche Urlaubsreisen kennen.20 Ihr Lebensmittelpunkt liegt jedoch eindeutig in Deutschland. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch aus der doppelseitigen Sozialisation der türksichen Heranwachsenden: Zum einen sind sie geprägt durch die türkische Enkulturation in der Familie, zum anderen werden sie in deutschen Institutionen wie Kindergärten und Schulen sozialisiert. Verschiedene Faktoren, führen deshalb – neben der beschriebenen Integrationsmängel im Bildungs- und Ausbildungswesen – zu einer unvollständigen gesellschaftlichen Integration türkischer Migranten in Deutschland. Trotz des räumlichen Wurzelschlagens in Deutschland, entstehen demzufolge Defizite in der sozial-kulturellen Integration in die Aufnahmegesellschaft. Ein zentraler Aspekt, bezüglich dessen sich deutsche und türkische Bevölkerungsgruppen unterscheiden, liegt in der jeweiligen Bedeutung von Religion und Religiosität im Alltag. Der muslimische Glaube und seine kulturelle und soziale Bedeutung für Migranten und Aufnahmeland kann im Rahmen dieser Forschungsarbeit nicht grundlegend erörtert werden und wird deshalb nur in Kürze skizziert. Für die in diesem Bericht entwickelten Möglichkeiten einer medialen Integrationspraxis wäre jedoch in Zukunft eine tiefergehende Analyse der Einstellungen bezüglich verschiedener Religionen in der Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft zu leisten. 85% der türkischstämmigen Migranten gehört im Jahr 2001 der muslimischen Glaubensgemeinschaft an, 10 % zählen sich zu keiner Kirchengemeinschaft und ca. 5 % sind Teil einer christlichen Glaubensgemeinschaft.21 Für 62 % der türkischen Bevölkerung ist Religion wichtig oder sehr wichtig, für 17 % ist sie mittel wichtig und für 15 % wenig bis gar nicht wichtig, 6 % geben an, nicht religiös zu sein. Auch in der jüngeren Altersgruppe räumen nur wenige (unter 15 %) der Religion für ihren Alltag eine unwesentliche Rolle ein. Im Vergleich dazu trägt nur für weniger als 20 % der Deutschen die Religion im Alltag eine wichtige Bedeutung.22 20 Über 50 % der in Deutschland lebenden Türken reist mindestens einmal im Jahr in die türkische Heimat, ebenso viele telefonieren häufiger als einmal im Monat mit Freunden und Familienangehörigen in der Türkei. Siehe hierzu Medienforschung 2001: Tab. 24, Tab. 25. 21 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 7.12 22 Medienforschung 2001: S. 11, Tab. 6a 52 Laut einer Umfrage im Dezember 2001 unter 1003 Türken in Berlin, sind 35 % der Befragten der Ansicht, dass Ablehnung und Misstrauen gegenüber Muslimen im Anschluss an die Terroranschläge vom 09. September 2001 zugenommen haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass infolge dieser Entwicklung von 77 % der Türken in Berlin der Ansicht sind, dass Gespräche zwischen Muslimen und NichtMuslimen Abhilfe und Aufklärung stiften können.23 Diese grundsätzlich festzustellende kulturelle Offenheit kann seitens der Medien aufgegriffen werden, um Barrieren in Bezug auf religös-bestimmte Vorurteile und Unkenntnis zwischen den Kulturen zu überwinden. Ein weiterer Indikator für den Grad der Integration von Migranten in die Mehrheitsgesellschaft ist die Sprachkompetenz. Das Beherrschen der deutschen Sprache entscheidet über das Ausmaß der Möglichkeiten der sozialen, gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Teilnahme in der Gesellschaft. Nach eigener Einschätzung sprechen über 90 % der in Deutschland lebenden Türken gut oder sehr gut türkisch, etwa 75 % können ihre Muttersprache darüberhinaus gut bzw. sehr gut schreiben. Deutliche Defizite, besonders im Schreiben der türkischen Sprache, weisen jüngere Befragte besonders in der Altersgruppe zwischen 14 und 18 Jahren auf. Nur ca. 60 % besitzt schriftsprachliche Kompetenzen. Die Kenntnisse der deutschen Sprache sind dagegen weitaus weniger gut ausgeprägt. Nur knapp mehr als 70 % verstehen die deutsche Sprache gut oder sehr gut, gute bis sehr gute Schreibkompetenzen sind dagegen bei nur 46 % vorhanden.24 ’25 23 Ausländerbeauftragte des Senats Berlin 2002. 2001: S. 13 25 Vgl. hierzu auch Granato 2001, die sich u.a. mit der Sprachkompetenz türkischer Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren befasste. 24 Medienforschung 53 Abbildung 3.3: Gute bis sehr gute Sprachkompetenzen (2001). türkisch 100 95 93 deutsch 90 82 80 70 Prozent 76 72 65 60 55 46 50 40 30 20 10 0 Verstehen Sprechen Lesen Schreiben Quelle: Medienforschung 2001: S. 13; N = 1761. Für die deutsche Sprachkompetenz spielt das Lebensalter, die Aufenthaltsdauer und die Geburt in Deutschland eine entscheidende Rolle: Die bis 29-Jährigen (also die dritte Generation der in Deutschland lebenden/geborenen Türken) haben die geringsten Defizite; mit zunehmendem Alter werden diese jedoch gravierender. Die Türken der zweiten Generation, die 30- bis 49-Jährigen, liegen im Mittel. Die wenigsten Sprachprobleme haben die in Deutschland geborenen Türken.26 Die alltägliche Sprachpraxis wird durch die privaten, schulischen, beruflichen und öffentlichen sozialen Beziehungen beeinflusst. Im Alltag sprechen ca. 37 % der Befragten beinahe ausschließlich türkisch und ca. 38 % etwa gleichviel türkisch und deutsch; etwa 25 % sprechen im Tagesverlauf überwiegend deutsch. Bei den bis 29-Jährigen tritt die türkische Alltagssprache in den Hintergrund. An erster Stelle steht für diese Gruppe die doppelte Sprachbenutzung, an zweiter der beinahe ausschließliche Gebrauch der deutschen Sprache. Demgegenüber lässt sich feststellen, dass sich die älteren türkischen Bevölkerungssegmente immer mehr auf eine homogene türkische Alltagssprachkultur hinbewegen.27 "Wenige Sprachprobleme" und ein zunehmender Gebrauch der deutschen Sprache bei den jungen Türken sind allerdings nicht gleichzusetzen mit ausreichenden Kompetenzen im Bezug auf die für die Ausbildung relevante hochdeutsche Sprache. Die Er26 Medienforschung 27 Medienforschung 2001 2001 54 gebnisse der PISA-Studie haben diese Problematik eindeutig illustriert. Gerade die sprachlichen Mißstände führen zu weitreichenden Problemen im weiteren Schul- und Ausbildungsverlauf. In der bereits angesprochenen Berliner Studie kommt ein deutliches Bewusstsein für diese Problematik zum Ausdruck. So sprechen sich 71 % für die Einrichtung von Deutschunterricht in Kindertagesstätten aus, um auf diese Weise den Schuleinstieg und -verlauf positiv zu beeinflussen. Auf die Frage "Es wird diskutiert, neuen Zuwanderern, z. B. nachziehende Familienangehörige, Integrations- und Sprachkurse unmittelbar nach dem Zuzug anzubieten. Sind Sie für oder gegen solche zügigen Integrations- und Sprachkursangebote?" haben 95 % der befragten Türken mit "Dafür" geantwortet, nur 3 % waren dagegen, 2 % antworteten mit "Weiß nicht".28 Diese deutliche Bereitschaft zum Lernen der deutschen Sprache sollte sich positiv auf die im Januar 2005 in Kraft tretende Praxis der Integrationskurse für Ausländer auswirken. 3.1.4 Staatsbürgerschaft und Staatsbürgerschaftswunsch Ein weiterer Indikator gesellschaftlicher Integration ist die Aufenthaltsplanung und der ausdrückliche Staatsbürgerschaftswunsch von Migranten. Im Jahr 2001 sind sich 56 % der türkischen Bevölkerung sicher, in Deutschland bleiben zu wollen. Ca. 40 % sind unentschlossen, 3 % wollen zehn Jahre und mehr bleiben.29 Interesse an einer Rückkehr in das Heimatland haben ca. 27 %, 17 % haben keinerlei Interesse an einer Rückkehr und 56 % sind unentschlossen.30 Bezogen auf die Staatsbürgerschaft lässt sich laut der o.g. Berliner Umfrage anführen, dass bereits 21 % der Türken die deutsche Staatsbürgerschaft haben, 15 % haben einen Antrag gestellt und 28 % wollen den Antrag demnächst stellen. Nur 35 % haben nicht vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen.31 28 Ausländerbeauftragte 29 Bundesministerium 30 Ebenda: des Senats Berlin 2002 für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 11.13 Tab. 11.18 31 Ausländerbeauftragte des Senats Berlin 2002. Es wird davon ausgegangen, dass die Ergebnisse unter den türkischen Einwohnern Berlins auf Gesamtdeutschland übertragen werden können. 55 Abbildung 3.4: Staatsbürgerschaft bzw. Staatsbürgerschaftswunsch (2001) diagr_4.ps not found! Quelle: Medienforschung 2001: S. 83. Das Interesse an der deutschen Staatsbürgerschaft hängt in starkem Maße vom Alter der Befragten ab. 73 % der über 45-Jährigen lehnen die deutsche Staatsbürgerschaft ab, wohingegen nur 30 % der unter 25-Jährigen diese Ablehnung teilen.32 3.1.5 Deutsch-türkische Kontakte Das Ausmaß der persönlichen Kontakte zwischen In- und Ausländern kann als Indikator für das Ausmaß der sozialen Integration betrachtet werden. 55 % der Türken hat regelmäßigen Kontakt mit deutschen Freunden und Bekannten, bei den Jugendlichen (14- bis 18-Jährigen) sind es sogar über 80 %. Andererseits gibt es eine Gruppe von 13 % der über 50-Jährigen, die sich nie mit deutschen Freunden trifft.33 Insbesondere die jüngere türkische Bevölkerung in Deutschland findet es gut, wenn "ihre Landsleute viele deutsche Bekannte und Freunde haben". 92 % der 14- bis 18-Jährigen begrüßen dies. Ähnlich verhält es sich bei den 19- bis 29-Jährigen mit 88 % Zustimmung zu deutschen Kontakten. Diese Zahl nimmt mit zunehmendem Alter ab: Nur 52 % der über 60-Jährigen heißen deutsch-türkische Kontakte Willkommen.34 Die Einstellung zu binationalen Ehen gibt Auskunft über das Maß der empfundenen bzw. gelebten kulturellen Nähe zweier Nationalitäten und die Offenheit beider ethnischer Gruppen. Die Akzeptanz inter-ethnischer Ehen durch türkischstämmige Eltern hat im Verlauf der Jahre zwischen 1985 und 1995 stark zugenommen, so dass Mitte der 90er etwa die Hälfte der türkischen Eltern deutsch-türkische Ehen akzeptieren konnten. Im Jahr 2000 erklärten sich hingegen nur noch ein Drittel mit binationalen Ehen 32 Bundesministerium 33 Medienforschung 34 Ebenda: für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 12.16, 12.17 2001: Tab. 27 Tab. 29 56 einverstanden. Bei den unter 40-Jährigen gibt es ca. 57 % Zustimmung und positive Beurteilung, die Älteren, besonders die über 49-Jährigen, verneinen deutsch-türkische Ehen zu 41 %.35 Ein weiterer Indikator für den Grad der Integration von Türken in die deutsche Alltagskultur ist das Vereinsleben. Gut 30 % der Türken sind Mitglied in mehreren Vereinen, in der jüngsten Gruppe der bis 19jährigen sind es sogar über 40 %. Bei Letzteren spielen deutsche Vereine die Hauptrolle; bei den über 40jährigen hingegen überwiegend türkische Vereine.36 Erneut zeigt sich hinsichtlich dieses Gesichtspunktes, dass sich die junge Generation der türkischen Bevölkerung in Deutschland weitaus stärker in verschiedenen Bereichen des deutschen Alltagslebens einzubringen versucht. Die allgemeinen, das Aufnahmeland betreffenden Informationsinteressen von Seiten der ethnischen Minderheiten sind ein weiteres Indiz für eine gelingende Integration. Während bis auf 10 % alle in Deutschland lebenden Türken über aktuelle Ereignisse in der Türkei informiert sein wollen,37 sind nur etwa 38 % der Befragten an Geschehnissen in Deutschland interessiert.38 Das deutschlandbezogene Informationsinteresse steigt jedoch mit zunehmender Aufenthaltsdauer der türkischen Gruppen in der Bundesrepublik kontinuierlich an. Informationen speziell über die deutsche Politik werden eher gering geschätzt. So finden nur etwa 25 % eine aktuelle politische Informiertheit erstrebenswert. Auch bleibt hier ein positiver Jugendeffekt deutlich aus, türkische Jugendliche sind am wenigsten an deutscher Politik interessiert.39 Anders verhält es sich allerdings, wenn es um politische Ereignisse geht, die die in Deutschland lebenden Türken direkt oder indirekt betreffen. Diese werden aufmerksam rezipiert und diskutiert. Themen wie beispielsweise Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Arbeitslosigkeit in bestimmten Wirtschaftsbereichen wollen ca. 70 % der Befragten genau verfolgen.40 Dieses spezifische Interesse ist u.E. insgesamt ein sehr wichtiger Ankerpunkt für die Vermittlung von Informationen und von weiteren Zusammenhängen. Es zeigt, dass die Darstellung der eigenen Lebenssituation in Deutschland, sofern sie in der Öffentlichkeit thematisiert wird, sehr aufmerksam wahrgenommen wird. Dies beinhaltet zugleich eine Aufforderung an die Medien, die entsprechenden Themenbereiche speziell für das jugendliche Publikum der türkischen Migranten aufzubereiten. 35 Medienforschung 2001: Tab. 30 36 Ebenda: Tab. 31 37 Ebenda: Tab. 32 38 Ebenda: Tab. 34 39 Ebenda: Tab. 35 40 Ebenda: Tab. 36 57 3.1.6 Politische Einstellungen und Vertrauen in Institutionen Abschließend sollen im Folgenden die politischen Einstellungen und das Vertrauen der Migranten gegenüber deutschen Institutionen als Integrationsindikator behandelt werden. Hier lässt sich feststellen, dass die türkischen Migranten den deutschen Institutionen je mehr vertrauen, desto stärker diese Institutionen mit der privaten Alltagswelt der Türken in Beziehung stehen. 76 % aller Türken haben großes Vertrauen in das deutsche Gesundheitssystem, 61 % in das deutsche Schulsystem. Ämtern und Behörden inklusive der Polizei und den Gerichten einerseits sowie den Sozialeinrichtungen für Türken andererseits wird von etwa 43 % starkes Vertrauen entgegen gebracht. Parteien (15 %) und Gewerkschaften (22 %) dagegen wird mit Abstand am wenigsten Vertrauen entgegengebracht.41 Abbildung 3.5: Vertrauen in deutsche Institutionen (2001). Sozialeinrichtungen 43 für Türken Ärzte/Krankenhäuser 76 Schulen 61 Polizei/Gerichte 43 Ämter/Behörden 42 Gewerkschaften 22 Parteien 15 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Prozent Quelle: Medienforschung 2001: S. 98; N = 1761 Die Einstellung zur Politik hat mehrere Aspekte: Einerseits stimmen fast 90 % der Türken der Aussage zu, dass Deutschland im Ganzen betrachtet ein gutes Land zum Leben sei, andererseits besteht, wie gezeigt, eine Distanz zur deutschen Politik, die voraus41 Medienforschung 2001: S. 98 58 sichtlich als Ausdruck einer allgemeinen politischen Entfremdung von Migranten zu bewerten ist. Ca. 50 % der befragten Türkinnen und Türken finden Politik zu kompliziert, um sich damit wirklich auseinanderzusetzen. Viele der Befragten sind darüber hinaus der Meinung, dass die Arbeit deutscher Politiker relevanter für die deutsche Bevölkerung ist als für die in Deutschland lebenden Türken.42 Der politische Organisationsgrad ist relativ niedrig: nur etwa 4 % sind Mitglieder in politischen Parteien oder politischen Vereinigungen – und dies ist zu 75 % eine Partei des Herkunftslandes.43 Soll die Integration der Migranten in der Bundesrepublik Deutschland gelingen, so müssen erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um diese sehr geringe Einbindung in das politische Leben zu überwinden. Sie ist jedoch auch Ausdruck der geringen aktiven Beteiligungsmöglichkeiten in der Politik, die Ansatzpunkte des Handelns sind entsprechend in der Ausweitung dieser Partizipationsangebote zu suchen. Bezüglich der Medien stehen hier vielfältige Möglichkeiten der Thematisierung in Wissens- und in Unterhaltungsformaten zur Verfügung, wie sie in Kapitel 4 beispielhaft dargestellt werden.44 3.1.7 Zur Situation der türkischen Jugend In der Jugendphase erfolgen grundlegende Weichenstellungen bezüglich der schulischen Ausbildung und damit verbunden bilden sich insgesamt die Verlaufsformen einer mehr oder minder ausgeprägten Integration heraus. Daher gilt der Situation der jugendlichen Migranten, hier insbesondere die der türkischen Jugendlichen, besondere Aufmerksamkeit. Die zweite und dritte Generation der in Deutschland geborenen bzw. hier aufgewachsenen Türken haben die Absicht, ihr Leben in Deutschland fortzusetzen. Dafür sprechen nicht nur die – zumindest im Vergleich zu den Aussichten in der Türkei – besseren Lebensbedingungen bzw. Berufs- und Ausbildungschancen, sondern auch die aufgebauten sozialen Netzwerke und die Entfremdung von der Türkei. Aufgrund dieser kämpfen die in Deutschland aufgewachsenen Türken mit einer ambivalenten Lebenssituation: Ein Großteil von ihnen ist weder in der deutschen, noch in der türkischen Kultur vollständig verwurzelt. Einerseits werden sie in deutschen Institutionen bzw. in deutscher Umgebung sozialisiert, zugleich erfolgt die frühkindliche Enkulturation innerhalb ihrer türkischen Familie und Gemeinde. Infolgedessen entwickeln sie eine Mischidentität, aufgrund derer sie in der Türkei weder Fisch noch Fleisch sind und als sogenannte "Deutschlinge" abgestempelt werden, die sich durch ihren Deutschlandaufenthalt von der Heimatkultur entfremdet haben. 42 Medienforschung 2001: Tab. 38 für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 10.2 44 Wagner et al. 2001; Mangold 2000; von Bardeleben und Troltsch 2000 43 Bundesministerium 59 Die ambivalente Stellung der türkischen Jugendlichen bezieht sich jedoch nicht nur auf ihr Verhältnis zum Heimatland; als ebenso zwiespältig erweist sich ihre innerfamiliäre Situation. Während sie schon früh in Kontakt mit deutschen Institutionen und sozialen wie kulturellen Gepflogenheiten treten, ist die erste Generation ihrer Eltern noch in der Türkei sozialisiert worden. Aufgrund dessen kommt es innerfamiliär zu Problemen: einerseits praktischer Natur, z.B. bezüglich der Beratung und Hilfe im Hinblick auf Schule, Berufsausbildung und den Umgang mit deutschen Einrichtungen, da die Eltern mit dem deutschen Bildungssystem und den deutschen Strukturen selbst kaum vertraut sind. Andererseits erfolgt eine zwiespältige emotionale Beziehung: Die Kinder beherrschen die deutsche Sprache besser als ihre Eltern sowie sie auch andere Elemente der deutschen Kultur übernehmen. Darüber hinaus entschließen sie sich zumeist für einen dauerhaften Verbleib in diesem Land. Für die Eltern hingegen bleibt die türkische Kultur bestimmend, so dass sie auch weiterhin eine Rückkehr in Betracht ziehen. Zu dieser Ambivalenz innerhalb der Familie treten die "üblichen" Generationenkonflikte hinzu, wobei die traditionelle Rollenverteilung in türkischen Familien häufig in starkem Kontrast zu jener der deutschen Familienkonstellationen steht und damit weitere Anpassungsschwierigkeiten hervorruft. Zudem erschwert die durchschnittlich hohe Arbeitsbelastung der Eltern die umfassende Betreuung der Kinder. Doch gerade jene regelmäßige Unterstützung bei der Gestaltung des Schulalltages und die Beziehungen bzw. das Engagement der türkischen Eltern in der Schule ihrer Kinder sind von größter Bedeutung für deren Bildungserfolge. Kinder von Eltern, die frühzeitig Kontakt zur Schule und zu den Lehrern aufnehmen und sich im deutschen Bildungswesen auskennen, haben durchschnittlich bedeutend höhere Chancen auf überdurchschnittlich gute Schullaufbahnen und entsprechende größere berufliche Karrierechancen. Wesentlich prägend ist der Umstand, dass die Informiertheit der Eltern bezüglich des deutschen Bildungssystems, sofern wenigstens bruchstückhaft vorhanden, zumeist aus den Medien, d.h. hauptsächlich aus dem Fernsehen stammen, wenn nicht Bekannte, Freunde oder auch engagierte deutsche Lehrer eine praktische Beratung liefern. Die bei der deutschen Bevölkerung erfolgende Vermittlung von Wissen über das Bildungssystem und die Bewertung der Teilbereiche erfolgt ebenfalls in erheblichem Ausmaß über das soziale Umfeld und die Medien. Der wesentliche Unterschied liegt hierbei darin, dass grundlegendes Wissen in den jeweiligen Milieus bereits vielfältig verankert ist und lediglich erweitert und aktualisiert wird bzw. eine allmähliche Veränderung hinsichtlich der Bewertung erfährt. Jede soziale Schicht bzw. jedes soziale Milieu tradiert einen mehr oder weniger spezifischen Bestand an Kenntnissen, Bewertungen und Präferenzen gegenüber der Bildung, der gebrochen über die soziale Kommunikation 60 und maßgeblich beeinflusst durch das Fernsehen zu Bildungsentscheidungen führt.45 Die Vermittlungsprozesse verdeutlichen u.E. die enormen Möglichkeiten, das bei den Migranten sozial verankerte Wissen über das Bildungssystem in Deutschland durch intelligent konzipierte Fernsehformate zu erweitern und somit Voraussetzungen für reflektierte und kenntnisreiche Bildungsentscheidungen zu schaffen. Gerade in der Situation der zwischen zwei Kulturen stehenden türkischen Jugendlichen gewinnt z.B. die Kommunikation über attraktive Fernsehserien in Peergroups und auch in der Familie eine enorme Bedeutung und kann so nachhaltig die Bildungspräferenzen verändern. Die Schulzeit wird von vielen türkischen Jugendlichen, wie es sicher auch bei den meisten ihrer deutschen Altersgenossen der Fall ist, eher unreflektiert "absolviert" und weniger als eine Lehr- und Ausbildungsphase wahrgenommen, in der man sich weiterbildet, für eine Ausbildung entscheidet und seine berufliche Zukunft zumindest ansatzweise entwirft. Viele türkische Schüler beenden ihre Schulzeit in der Folge, ohne konkrete Pläne für die kommende Lebens- und Ausbildungsphase entwickelt zu haben. Zudem ist während der Schulausbildung die Konzentration auf das Freizeitleben stark ausgeprägt. Hier wird das soziale Leben in den vielfältigen Formen einer stark medienzentrierten Jugendkultur entfaltet. Ein spezifischer Sprach-, Musik- und Kleidungsstil sowie die daran geknüpften Gruppenzugehörigkeiten, wie sportliche Aktivitäten, Jugendzentren, türkische Diskos und Treffpunkte, bilden zentrale Elemente der Jugendkultur. Hier geht es um soziale Zugehörigkeit, das Vergnügen und den speziell jugendlichen, auf einen im "Hier und Jetzt" bezogenen Lebensstil. Diese mangelhaft ausgeprägte Lebens- und Ausbildungsplanung verstärkt für türkische Jugendliche die negativen Folgen der z.T. defizitären Leistungen in der Schule sowie die ungenügende Einbindung und Kenntnis der Wertestrukturen und Rollenerwartungen einer erfolgreichen Berufslaufbahn in Deutschland. Nach der Schulzeit spielen deshalb v.a. die Beziehungen im türkischen Netzwerk eine zukunftsentscheidende Rolle: In vielen Fällen folgt die Arbeit in einem türkischen Unternehmen eines Verwandten oder Freundes, zumeist in Form von un- und angelernte Tätigkeiten. An dieser Stelle wird deutlich, dass die türkischen Jugendlichen noch immer keine feste Positionierung in der deutschen Gesellschaft gefunden haben, obwohl sie räumlich bereits ein integrierter Teil der Mehrheitsbevölkerung sind. Die unbefriedigende schulische Entwicklung sowie die enge Bindung an die türkische Gemeinschaft führen nach der Loslösung aus der schulischen Sozialisation zurück in die türkischen Beziehungsstrukturen. Die Beschäftigung im Unternehmen eines Verwandten hilft über den 45 Die Bedeutung der milieuspezifischen Vorstellungen zur Bildung wurde von den Autoren am Beispiel der deutschen Facharbeiter in der Industrie empirisch untersucht. Siehe hierzu den Bericht an die Europäische Kommission: Mangold u.a. 2001: Berufliche Entwicklungswege von Facharbeitern im modernisierten Betrieb, Tübingen 2001 61 Ausbildungs- oder Arbeitslosenstatus hinweg, verhilft aber zu keiner weiterführenden Lebensplanung oder zu einer Ausbildung. Auf diese Weise entwickelt sich ein integrativer Rückschritt aus den politischen, sozialen und gesellschaftlichen Bereichen der Mehrheitskultur, wodurch sich die "Selbstethnisierung" und Ausgrenzung der türkischen Bevölkerung vertieft. Die Vorstellungen vom Lebensglück seitens türkischer Jugendlicher sind vor allem auf ein glückliches Familienleben, Liebespartnerschaften, materiellen Wohlstand bezogen, der aber in vielen Fällen durch Schicksal und Fortune und nur in wenigen Fällen durch die eigene Leistung als erreichbar gedacht wird. Weiterhin treten inzwischen durch die Medien generierte Wunschvorstellungen verstärkt hervor: So träumen viele türkische Jugendliche von Film- und Schauspielerkarrieren oder sehen sich im Rampenlicht von Musik- oder anderen Showbiz-Events. Der Traum von einer Karriere im Entertainmentbereich ist sicher kein typisch türkischer Wunsch. An diesem Punkt treffen sich die Vorstellungen der ausländischen und deutschen Jugendlichen trotz unterschiedlicher kultureller Lebensentwürfe und -chancen Dank der beiderseitigen Rezeption der aktuellen Medienangebote. Fernsehformate wie Popstars oder Star Search werden von beiden Nationalitäten gleichermaßen rezipiert. Darüber hinaus wird dieses Interesse auch von beiden Seiten in die Tat umgesetzt: An jenen Casting-Shows nehmen sowohl deutsche als auch türkische, aber auch Bewerber anderer Nationalitäten teil. 3.2 Medien und Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland 3.2.1 Allgemeine Mediennutzungsprofile Seit Mitte der 80er Jahre hat sich die türkische Medienlandschaft mindestens ebenso stark verändert, wie die türkische Community selbst. Relativ unbeachtet von der deutschen Öffentlichkeit und der Migrationsforschung hat sich neben der deutschen auch eine türkische Medienlandschaft entwickelt. Mittlerweile gibt es Medien von und für Migranten, bei denen Sendungen deutscher Rundfunkanstalten für die in Deutschland lebenden Migranten konzipiert werden. Unter anderen hat auch das Zentrum für Türkeistudien 1996 im Rahmen einer umfassenden Studie, die im Auftrag des Bundespresseamtes durchgeführt wurde, den Medienkonsum der türkischen Bevölkerung in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse bestätigen eine hohe Inanspruchnahme türkischsprachiger Medien auf Seiten türkischer Migranten. 62 In den 60er und 70er Jahren hat sich in Deutschland ein umfangreicher türkischer Kinomarkt mit türkischen Verleihfilmen entwickelt, im Laufe der 70er und 80er Jahre waren es türkische Videofilme, die verstärkt von den in Deutschland lebenden Türken konsumiert wurden. Seit Anfang der 90er Jahre, also seit Beginn des privaten Fernsehens in der Türkei, werden zunehmend auch türkische Fernsehsender in Deutschland empfangen. Parallel zu dieser Entwicklung drängten ab den frühen 60er Jahren die in der Türkei veröffentlichten Printmedien speziell auf den deutschen Medienmarkt. Heute werden mindestens acht überregionale türkische Tageszeitungen in Deutschland vertrieben. Zu diesen zählen die als liberal-nationalistisch geltende und auflagenstärkste Hürriyet, mit einer deutschen Auflage von ca. 110.000 sowie die konservativ-religiösnationalistische Türkiye mit einer Auflagenstärke von etwa 40.000. Darüber hinaus gibt es die liberale Sabah mit einer Auflage von ca. 16.000, die konservativ-religiös orientierte Zaman mit ca. 13.000, die religiös-fundamentalistische Milli Gazete mit ca. 12.000, die links-orientierte Evrensel mit einer deutschen Auflage von ca. 8.000 und die kurdisch-nationalistische Özgür Politika mit einer Auflage von ca. 4.000. Daneben werden in Deutschland zwei Sportzeitungen Fotospor und Fanatik sowie seit 1990 auch die Wochenzeitungen Dünya-Hafta, eine Wirtschaftszeitung mit einer Auflagenhöhe von ca. 3.000 und die linksliberale Cumhuriyet-Hafta mit einer bundesweiten Auflage von ca. 5.000 vertrieben.46 Zudem existieren sechs Boulevardzeitungen: Die Hafta Sonu, der Türkstar, die Alem, das Show Magazin, die Samdan und die Manset. Neben diesen Deutschland- und Europaausgaben der in der Türkei erscheinenden Zeitungen gibt es mittlerweile auch eine Presse, die vollständig von privaten Anbietern in Deutschland oder von türkischen Organisationen gestaltet wird. Diese erscheinen meist 14-tägig. In Hessen beispielsweise wird eine solche Zeitung mit dem Namen Toplum vertrieben. Die heute in der Bundesrepublik gedruckten türkischen Tageszeitungen sind privatwirtschaftlich organisiert und werden von türkischen Redakteuren in Istanbul und Frankfurt am Main gestaltet. Angesichts der ca. 200 Journalisten, die in der Bundesrepublik für türkische Zeitungen tätig sind, wird klar, dass sich die Zeitungen nicht mehr ausschließlich mit den Entwicklungen in der Heimat beschäftigen, sondern sich auch zunehmend mit den Belangen der in Europa lebenden Migranten auseinandersetzen. Neben der Funktion der Brückenbildung zur Heimat, die zu Beginn sicherlich dominierte, übernehmen sie heute eine wichtige Funktion als Sprachrohr der Migranten. Fast jede Zeitung hat durchschnittlich drei bis vier Europa-Seiten, auf denen vorwiegend über politische, 46 Güntürk 1999: S. 137: Alle Angaben beziehen sich auf die jeweilige Auflagenstärke in Deutschland. 63 gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen jeder Art berichtet wird, welche die in Deutschland lebende türkische Bevölkerung betreffen. Außerdem wird den Migranten dadurch eine Diskussionsplattform geboten, welche von ihnen mit großem Interesse rezipiert wird. Die Entwicklung des türkischen Fernsehmarktes in Deutschland verlief zeitgleich mit dem Einzug des Privatfernsehens in der Türkei. Bis Anfang der 90er Jahre sendete in Deutschland lediglich der staatliche Sender TRT, der seit Februar 1990 ein Programm lediglich für die in Europa lebenden Türken ausstrahlt und seit 1991 über Kabel zu empfangen ist. Der erste türkische Privatsender in Deutschland war Star1. Die danach gegründeten privaten TV- Gesellschaften begannen, ihr Programm teilweise auch über Satellit in Europa auszustrahlen. So kamen immer mehr Privatsender wie Show TV, HBB, Tele On, Kanal 6, atv, TGRT, Kanal D und Kanal 7 hinzu. Die meisten der privaten Sender sind rein kommerziell ausgerichtet, wobei einige von ihnen durch ihre politische Ausrichtung hervortreten. TGRT z.B. vertritt eine nationalistisch-religiöse Richtung, ähnlich wie die Tageszeitung Türkiye, beide Medien gehören zur Ihlas-Holding. MED TV sendete bis vor kurzem auch in kurdischer Sprache und wurde von der PKK kontrolliert. Ein dritter Sender ist Kanal 7, welcher der ehemaligen islamistischen Wohlfahrts-Partei und der jetzigen Tugend-Partei nahesteht. Bei den in Deutschland zu empfangenden Fernsehsendern muss also zwischen den staatlichen Sendern, den rein kommerziell ausgerichteten und den politisch ausgerichteten Privatsendern unterschieden werden. Grundsätzlich kann eine vermehrte Rezeption von verschiedenen türkischsprachigen Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk festgestellt werden. Dies hängt wesentlich von der alters- sowie schichtspezifisch verteilten deutschen Sprachkompetenz ab. Für die Türken der ersten Generation spielen sicherlich Sprachprobleme die größte Rolle bei der Entscheidung für den vermehrten Rückgriff auf die Medienangebote des Heimatlandes. Informationen über gesellschaftliche und politische Entwicklungen und Ereignisse in Deutschland sind den verschiedenen türkischen Alters- und Sozialgruppen also in unterschiedlichem Maße zugänglich. Seit den 60er Jahren hat sich die ARD ihrem gesetzlichen Integrationsauftrag entsprechend mit verschiedenen Fernsehprogrammen an die Migranten in der Bundesrepublik gewandt. Man informierte verstärkt über Deutschland, Ratgeber und Unterhaltungssendungen wurden speziell für das türkische Publikum konzipiert und man versuchte, beide Kulturen einander gesellschaftlich und kulturell näherzubringen. Bald zeigte sich jedoch, dass die Zuwanderer zwar den Wunsch hatten, in die deutsche Gesellschaft eingegliedert zu werden, andererseits aber Sendungen bevorzugten, die ihre eigene Sprache und Kultur vermittelten. Die Tatsache, dass sich im Zuge dieser 64 Entwicklung der türkische Videomarkt in Deutschland in umfangreicher Weise ausweiten konnte, zeigt deutlich, dass die Migranten das von deutschen Sendern gebotene Programm als unzulänglich empfanden. Auch dienten die türkischen Medien und Programme zur Aufrechterhaltung einer engen Heimatbindung und trugen sicherlich zur Stabilisierung einer in der schwierigen Migrationsituation besonders wichtigen kulturellen Zugehörigkeit bei. Bei der zweiten und dritten, größtenteils in Deutschland aufgewachsenen Generation, zeichnet sich jedoch eine andere Entwicklung ab: Die junge Generation greift, trotz durchschnittlich guter Verständigungs-Sprachkenntnisse, aus gewachsenem kulturellem Selbstwertgefühl vermehrt zu heimatlichen Medien. Diese neue Bindung der jungen Generation an die Kultur und Sprache des Herkunftslandes ihrer Eltern, bei gleichzeitigem Festhalten an einer partiellen deutschen Identität und Zugehörigkeit ist beispielsweise an der Entwicklung des türkischen Musikmarktes, insbesondere dem boomenden "Türkisch-Pop" erkennbar. Parallel hierzu haben sich in Deutschland auch türkische Kneipen und Diskotheken für eine rein türkische, zumeist jugendliche Klientel entwickelt. In fast jeder deutschen Stadt gibt es eine Reihe von Diskotheken, die ausschließlich von Türken besucht werden. Zusammenfassend machen die Untersuchungen von 200147 und 200248 eine verstärkte Segregationstendenz im Bereich der Mediennutzung bei der türkischen Bevölkerung in Deutschland deutlich, wobei die Gründe für diesen Prozess schwer auszumachen sind. Mögliche Ursachen könnten das stark vergrößerte Angebot sein, auf das die Mehrzahl der Bevölkerung seit den 90er Jahren zurückgreifen kann. Aber auch eine Tendenz zur verstärkten Renationalisierung und Islamisierung – deren Ursprünge ganz außerhalb des Bereiches der Medienentwicklung zu suchen wären – könnten Impulse für die vollzogene mediale Segregation gegeben haben. Plausibel erscheint auch die Erklärung eines über die Jahre gewachsenen Integrationsdefizits bzw. ein Versagen deutscher Integrations- und Medienpolitik. Möglicherweise sind diese vielgestaltigen Tendenzen schließlich nur Teil einer Entwicklung, die weniger von zunehmender Segregation, als vielmehr von der Ausbildung einer hybriden Alltagskultur, einer deutsch-türkischen Mischidentität der jungen Generationen geprägt ist. 47 Medienforschung 2001 für Arbeit und Sozialordnung 2002: S. 51f, Tab. 8.1, Tab. 8.2, Tab. 8.3 48 Bundesministerium 65 Dass das Letztere am wahrscheinlichsten zutreffend ist, zeigen die neuesten umfangreichen Untersuchungen zur Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland, die im Auftrag der Bundesregierung vorgenommen wurden. Hier offenbart sich ein mittlerweile weiter differenziertes und in einigen Aspekten verändertes Bild: Das Fernsehen nimmt in der türkischen Bevölkerung bei der Mediennutzung einen dominanten Stellenwert ein. Gemessen an der täglichen Nutzungsdauer oder Einschaltzeit rangiert das Fernsehen mit 95 % mit weitem Abstand vor dem Radio (anders als bei der deutschen Bevölkerung). Nach dem Fernsehen wird am häufigsten auf das Buch zurückgegriffen (86 %). Das Radio (58 %) tritt hinter Video (79 %), Zeitschriften (72 %) und Zeitungen (71 %) zurück und liegt damit deutlich an letzter Stelle.49 Differenziert man aus der Perspektive der regelmäßigen Mediennutzung zwischen türkisch- und deutschsprachigen Medien, kann man insgesamt (im Unterschied zu anderen Ausländergruppen wie Italienern, ehem. Jugoslawen, Griechen) eine Priorität muttersprachlicher Medien feststellen, die sich aber nicht in gleicher Weise über alle Medienarten erstreckt. Während, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, bei den Printmedien deutlich häufiger auf türkischsprachige Publikationen zurückgegriffen wird, rangiert in Bezug auf die Einschalthäufigkeit mittlerweile das deutschsprachige Fernsehen vor dem türkischsprachigen. Tabelle 3.5: Mediennutzung im Überblick (2001). Fernsehen türkischsprachig deutschsprachig Hörfunk türkischsprachig deutschsprachig Tageszeitungen türkischsprachig deutschsprachig Videofilme Zeitschriften Bücher 95 77 85 58 23 49 71 53 51 79 72 86 Quelle: Medienforschung 2001: S. 102f. (N = 1761); Angaben in Prozent. Im Erhebungsjahr 2000 lag die Fernsehnutzung der deutschen Bevölkerung bei ca. drei Stunden pro Tag, Radio wird etwa dreieinhalb Stunden täglich gehört.50 Demgegen49 Medienforschung 50 Media 2001: S. 102f Perspektiven Basisdaten 2002: S. 65 66 über sehen Türken täglich im Durchschnitt bis zu fünf Stunden fern und das Fernsehen rangiert in der türkischen Bevölkerungsgruppe mit weitem Abstand vor dem Radio. 50 % der in Deutschland lebenden Türken bevorzugen eine Mischung aus deutsch- und türkischsprachigen Medien. 28 % benutzen sogar fast ausschließlich deutschsprachige, 17 % bevorzugen ausschließlich türkische Medien.51 Wie im Abschnitt über die Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung bezüglich der deutschen Sprachkompetenz bereits hervorgehoben wurde, ist auch hier eine klare Zuordnung zu Altersgruppen zu verzeichnen: Die ausschließliche Nutzung türkischsprachiger Medien steigt in der Altersgruppe ab 40 deutlich an, während die ausschließliche Nutzung deutschsprachiger Medien bei den bis 29-Jährigen weit über dem Durchschnitt liegt.52 Tabelle 3.6: Zeitungsnutzung in Prozent (2001). Häufig Manchmal Nie Keine Angabe Türkische Printmedien 34,5 49,4 16,0 - Deutsche Printmedien 25,8 44,4 29,8 - Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.1. Die Nutzung deutsch- oder türkischsprachiger Zeitungen ist ebenfalls deutlich vom Alter abhängig. So lesen die unter 29-Jährigen weitaus häufiger deutsche Zeitungen, die älteren Jahrgangsgruppen bevorzugen dagegen eher Zeitungen in ihrer Heimatsprache.53 Die unterschiedlichen deutsch- und türkischsprachigen Tageszeitungen nehmen dabei folgenden Stellenwert ein: 51 Medienforschung 2001: Tab. 45 52 Ebenda 53 Ebenda: Tab. 48 67 Tabelle 3.7: Stellenwert von Tageszeitungen (2001). Rang 1 2 3 4 5 6 Deutschsprachige Tageszeitungen Türkischsprachige Tageszeitungen Hürriyet BILD-Zeitung Regionale Tageszeitung Sabah ** Türkiye Überregionale Tageszeitung 7 8 Milliyet Star %* 38 28 26 19 7 6 5 5 Quelle: Medienforschung 2001: S. 120; N = 1761 * Maximal 3 Nennungen pro Person. ** Mittlerweile eingestellt. Mit 38 % der Nennungen nimmt die türkische Tageszeitung Hürriyet mit Abstand den ersten Platz ein, gefolgt von der BILD-Zeitung (28 %), unterschiedlichen Regionalzeitungen (26 %) und der Zeitung Sabah (19 %), die allerdings inzwischen eingestellt wurde. Andere Tageszeitungen wie beispielsweise deutsche überregionale Tageszeitungen, aber auch weitere türkischsprachige Blätter, genießen kaum Aufmerksamkeit. Inhaltlich sind die Leser der türkischsprachigen Tageszeitungen vor allem an den Rubriken "Aktuelle Politik" und "Aus aller Welt" interessiert. In deutschen Zeitungen liegt das Nutzungsinteresse in erster Linie an den Welt- und Lokalnachrichten. An dritter Stelle stehen die Sportnachrichten, andere rubrikenspezifische Zeitungsangebote spielen kaum eine Rolle.54 Die Nutzungsintensität von Radio- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache ist recht hoch, fällt aber wiederum im Vergleich mit anderen in Deutschland lebenden Ausländergruppen deutlich geringer aus. Diese nutzen durchschnittlich zu 60 % deutsche Sendungen, unter den Türken sind dies nur etwa 47 %.55 Im Hinblick auf die Generationen ergeben sich ähnliche Nutzungsmuster wie bei den Printmedien. Insgesamt liegt die Nutzungshäufigkeit der deutschen Bild- und Tonmedien in allen Altersgruppen deutlich über jener der Printmedien. 54 Medienforschung 2001: S. 36 für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.5 55 Bundesministerium 68 Tabelle 3.8: Radio- und Fernsehnutzung in Prozent (2001). Häufig Manchmal Nie Keine Angabe Türkische Sendungen 54,1 36,6 9,3 - Deutsche Sendungen 47,2 44,7 7,8 0,2 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.3, 8.5 Etwa die Hälfte der türkischen Migranten nutzt häufig Radio- oder Fernsehsendungen in deutscher Sprache, nur 7,8 % greifen auf diese Angebote nie zurück. Dagegen sind es immerhin 9,3 %, die keine türkischen Radio- oder Fernsehsendungen konsumieren. Auch hat seit den 80er Jahren die Neigung abgenommen, Radio- und Fernsehsendungen deutscher Sender in der jeweiligen Heimatsprache zu nutzen. Trotzdem werden diese aber nach wie vor von einer Mehrheit der befragten Türken und Türkinnen genutzt. Der Stellenwert der einzelnen deutsch- und türkischsprachigen Fernsehprogramme lässt sich Tabelle 3.9 entnehmen. Im Durchschnitt der türkischen Gesamtbevölkerung in Deutschland kommen sechs deutsche und sechs türkische Sender auf die ersten zwölf Plätze eines deutsch-türkischen Senderrankings. Mit Abstand am häufigsten genutzt werden dabei die deutschen Programme RTL (54 %) und ProSieben (41 %). Der türkische Sender TRT-INT nimmt mit 34 % Rang drei ein, ARD und ZDF nehmen hingegen lediglich den achten bzw. zehnten Platz ein, was sicherlich dadurch zu erklären ist, dass das deutsche Fernsehen von der türkischen Bevölkerung vor allem als Unterhaltungsmedium genutzt wird. Deutlich an erster Stelle des Nutzungsinteresses stehen "Kino- und Fernsehspielfilme" (69 %). "Nachrichten" (57 %) sind nur knapp vor "Actionfilme und Krimis" (56 %) plaziert. "Magazine und Dokumentationen" (27 %) sind – gemessen an den anderen Angeboten – relativ wenig gefragt.56 56 Medienforschung 2001: Tab. 77 69 Tabelle 3.9: Stellenwert von Fernsehprogrammen (2001). Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Deutschsprachige Programme RTL ProSieben Türkischsprachige Programme TRT-INT SAT.1 ATV-INT Show TV Kanal D ARD/Das Erste RTL 2 ZDF Interstar TGRT %* 54 41 34 31 30 30 26 24 22 18 14 13 Quelle: Medienforschung 2001: S. 114; N = 1761. * Maximal 2 mal 3 Nennungen pro Person. In unserem Kontext interessiert vor allem auch das Mediennutzungsverhalten türkischer Jugendlicher und Kinder. Daten liegen allerdings nur für die Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen vor. Diese Gruppe sieht täglich oder fast täglich Fernsehen. Der Fernsehkonsum verteilt sich dabei in folgender Weise auf die verschiedenen Genres: Im türkischsprachigen Fernsehen stehen dagegen "Nachrichten" (69 %) an erster Stelle des Interesses, gefolgt von türkischen "Kino- und Fernsehspielfilmen" (64 %) und türkischen "Unterhaltungsserien" (55 %).57 Kinder und Jugendliche türkischer Herkunft sehen besonders häufig, d.h. mindestens mehrmals wöchentlich "Zeichentrickfilme" (71 %), an zweiter Stelle folgen "Sendungen für Kinder" (66 %) und an dritter Stelle – für die weiteren Ausarbeitungen von besonderem Interesse – "Daily Soaps" (51 %). Mit zunehmendem Alter wechselt das Interesse dabei von "Zeichentrickfilmen" und "Kindersendungen" hin zu "Actionfilmen", "Daily Soaps" und "(Pop-)Musiksendungen".58 57 Medienforschung 58 Granato 2001: Tab. 76 2001 70 Abbildung 3.6: Stellenwert von Fernsehsendungen türkischer Kinder und Jugendlicher (2001). Nutzung (in %) 71 66 51 41 36 28 27 41 23 22 36 Sendungen Sendungen Zeichentrickfilme Zeichentrickfilme Sendungen für Kinder Sendungen Kinder „dailyfür soaps“ Filme für die ganze Familie „daily soaps“ (Pop-)Musik-sendungen Tiersendungen Filme für die ganze Actionfilme Familie Sportsendungen (Pop-)MusikShowund Quizsendungen sendungen Tiersendungen 66 51 28 27 Actionfilme 23 Sportsendungen Show- und Quizsendungen 80 71 22 0 10 20 30 40 50 Nutzung in Prozent 60 70 80 Quelle: Granato 2001: S. 28; N = 255 Schließlich soll im Sinne der Vollständigkeit noch ein kurzer Blick auf die Nutzung des Radios geworfen werden. Dabei unterscheiden sich die Erwartungen an deutsche und türkische Radioprogramme kaum. In beiden Fällen steht das Musikangebot an erster Stelle der Nutzungsmotivation (77 bzw. 81 %), gefolgt von Nachrichten und Sportberichterstattungen, was sich in der Präferenz der gehörten Sendungen niederschlägt.59 An oberster Stelle stehen in Baden-Württemberg dementsprechend die Programme SWR 3 und Radio Regenbogen, deren Fokus im Wesentlichen im Bereich der Popmusik liegt. 59 Medienforschung 2001: Tab. 78 71 Tabelle 3.10: Stellenwert von Radioprogrammen in Baden-Württemberg (2001). Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 Deutschsprachige Programme SWR 3 Radio Regenbogen Türkischsprachige Programme ARD Ausländerprogramme Antenne 1 Private Lokalprogramme RPR 1 Big FM Radio 7 %* 15 14 14 13 11 9 8 6 Quelle: Medienforschung 2001: S. 118; N = 332. * Maximal 2 mal 3 Programmnennungen pro Person. Abschließend stellt sich die Frage, ob sich mittels der vorliegenden Daten der Mediennutzung Aussagen über den Integrationsstatus der türkischen Bevölkerung in Deutschland treffen lassen und ob bezüglich der Mediennutzung unterschiedliche Integrationsmuster identifiziert und beschrieben werden können. Dieser Frage gingen die Autoren der Studie "Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland"60 (2001) nach. Eine differenzierte Analyse der Mediennutzung zeigte allerdings, dass sich weder mit Hilfe des Alters noch mit anderen Variablen eindeutige Gruppen identifizieren lassen, die sich im Hinblick auf ihren Integrationsstatus signifikant ähnlich sind. Deshalb griffen die Autoren der Untersuchung auf die Methode der hierarchischen Clusteranalyse zurück, da diese zum einen eine "mehrfach synchrone Betrachtung der relevanten Eigenschaften" erlaubte und zum anderen zwischen den Variablengruppen "Integration" und "Mediennutzung" eine theoretische Identifizierung homogener Gruppen ermöglichte.61 Mit diesem Verfahren konnten sich sechs unterschiedliche Gruppen (Integrationstypen) identifizieren lassen. Bei drei dieser Gruppen, die mehr als die Hälfte der Befragten umfassten (56 %), konnte ein hoher Integrationsstatus festgestellt werden. Diese Gruppen haben die deutsche Staatsbürgerschaft oder ein überdurchschnittliches Interesse an ihr und planen einen vergleichsweise längeren Aufenthalt in Deutschland. Zwei Gruppen muss man als wenig oder gar desintegriert bezeichnen, die sechste Gruppe ist vergleichsweise aufgeschlossen, aber eher wenig integriert. 60 Medienforschung 61 Ebenda: 2001: Tab. 78 S. 37ff 72 Die so identifizierten Integrationstypen korrespondieren nun deutlich mit soziodemographischen Eigenschaften: • Je höher der Integrationsgrad, desto jünger sind die Befragten. • Die Befragten ohne Schulabschluss sind schlechter integriert. • Befragte mit einer formal höheren Bildung sind besser integriert. • Berufstätigkeit hat einen positiven Einfluss auf den Integrationsstatus. • Alleinlebende Personen sind häufiger in den integrierten Gruppen zu finden als Verheiratete, was wiederum stark mit der Variable "Alter" zusammenhängt. • Die Größe der Stadt hat Einfluss auf Integration: Befragte in größeren Städten befinden sich häufiger innerhalb der integrierten Gruppen. Von einer stärkeren Abkapselung ("Ghettoisierung") der türkischen Minderheiten in Großstädten kann deshalb jedoch nicht gesprochen werden. • Die Religiosität ist bei den hochintegrierten Gruppen vergleichsweise schwach ausgeprägt, während sie bei den schwächer integrierten Gruppen von großer Bedeutung. Die verschiedenen Integrationsprofile spiegeln nun in folgender Weise die unterschiedlichen Mediennutzungsmuster wider. Insgesamt lässt sich die These bestätigen, dass der Integrationsgrad mit der individuellen Mediennutzung zusammenhängt. Allerdings verläuft er nicht parallel zur Stärke der sozialen Integration: • Die Nutzung der deutschen und türkischen Fernsehprogramme verläuft spiegelbildlich. Während die hoch integrierten Gruppen bei der Nutzung deutschsprachiger Medien (v.a. Fernsehprogramme) sehr stark repräsentiert sind, nutzen die weniger gut integrierten Gruppen verstärkt türkische Programme (allerdings ist dieser Zusammenhang nicht deutlich linear). • Das Interesse an türkischen Tageszeitungen stößt in der am besten integrierten Gruppe auf äußerst wenig Interesse. • Je höher der Integrationsgrad, desto größer ist das Informationsbedürfnis über das direkte Lebensumfeld in Deutschland. Ein zentraler Befund der Untersuchung "Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland" ist die vergleichsweise große Zahl der in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken, die als gut bis sehr gut integriert bezeichnet werden können und die mehr als 50 % der Gesamtzahl türkischer Migranten ausmachen. 73 Ein weiterer großer Teil (24 %) ist zwar noch teilweise vergleichsweise schwach integriert, scheint jedoch großes Interesse am sozialen und politischen System der Bundesrepublik Deutschland zu haben. Lediglich etwa 20 % lassen sich als schlecht integriert und deutlich distanziert gegenüber der deutschen Gesellschaft bezeichnen. Ein weiterer Befund ist der starke Einfluss des Lebensalters auf den Integrationsprozess: Jüngere Türkinnen und Türken sind durchschnittlich stärker in die deutsche Gesellschaft integriert als ältere Menschen. Zudem spielen bei der Integration eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt und eine bessere Schulbildung eine zentrale Rolle. Schließlich wird deutlich, "dass die unterschiedliche Art und Intensität, mit welcher sich die Angehörigen der türkischen Bevölkerungsgruppe der deutschen Mehrheitsgesellschaft zuwenden äußerst folgenreich sind für die Art und Weise, wie sie die deutschen und türkischen Medienangebote nutzen. Dabei ist das Fernsehen sicherlich das Medium, durch das alle unterschiedlichen Integrationstypen am einfachsten zu erreichen sind."62 Zusammenfassend lässt sich somit an den Mediennutzungsprofilen keine ausgeprägte Segregationstendenz feststellen, im Gegenteil: Gerade bei der jüngeren türkischen Bevölkerung in Deutschland ist der deutschsprachige Mediengebrauch sehr ausgeprägt. Dies bestätigt auf der Ebene der Mediennutzung auch die schon im Abschnitt über die Integrationsprofile hervorgehobene Einsicht einer relativ hohen sozialen und sprachlichen Integrationsbereitschaft der jüngeren türkischen Bevölkerung und macht die oben skizzierten Desiderate im Bereich medialer Integration um so deutlicher. Der hohe Stellenwert des Fernsehens und die regelmäßige hohe Frequentierung gerade auch der deutschen Fernsehsender bietet eine stabile Voraussetzung für eine auf mediale Integrationsprozesse abzielende innovative Programmgestaltung. 3.2.2 Migrationsbezogene Inhalte deutscher und türkischer Sender In Bezug auf das inhaltliche Interesse an den Medienangeboten nehmen bei türkischen Rezipienten Nachrichten und Informationen über die Türkei und aus türkischer Perspektive den ersten Rang (69 %) ein, dicht gefolgt von türkischen Kino- und Fernsehfilmen. Mehr als 50 % der Zuschauer interessieren sich darüber hinaus auch stark für türkische Unterhaltungs- und Musiksendungen.63 Das deutsche Fernsehen wird hauptsächlich als Unterhaltungsmedium genutzt. Dies spiegelt sich auch in der Rangfolge der am meisten genutzten Sender wieder: Die stärker unterhaltungsorientierten Privaten werden gegenüber den weniger unterhaltungsorientierten öffentlich- rechtlichen Sendern signifikant bevorzugt. 62 Medienforschung 63 Ebenda: 2001: S. 53f Tab. 76 74 Die meisten türkischen Stammnutzer deutscher Sender nennen Kino- und Fernsehfilme, wie oben zu sehen war, an erster Stelle (69 %), knapp dahinter rangieren die deutschen Fernsehnachrichten.64 Interkultureller Informationsaustausch und die Beachtung der besonderen Situation der Migranten durch die Medien des Herkunftslandes stellen sicherlich eine wichtige Grundlage für jegliche Integrationsbemühung dar. Allerdings werden Informationen über die deutsche Gesellschaft in den türkischen Medien eher spärlich vermittelt. Die Programmstruktur der türkischen Sender hat sicherlich eher eine Heimatbindung als eine Integration in die bundesrepublikanische Gesellschaft zum Ziel.65 Die Programmstruktur des staatlichen Senders TRT-INT weist z.B. einen hohen Anteil an Unterhaltungssendungen auf. Der Anteil an Informationssendungen, die nicht Nachrichtensendungen sind, ist bei TRT-INT deutlich höher als bei kommerziellen Sendern. Im Vordergrund der Nachrichtensendungen stehen aktuelle innenpolitische Ereignisse der Türkei. TRT-INT hat sich weitgehend auf türkische Produktionen beschränkt, wohingegen die kommerziellen Sender vor allem ausländische und türkische Serien, Spielfilme und Zeichentrickfilme ausstrahlen. Musikalische Beiträge sind anders als in den kommerziellen Sendern, in denen türkische und internationale Pop-Musik läuft, eher geprägt von türkischer Volksmusik. Dies trägt auch zur Vermittlung einer Heimatidentität bei. Aber auch Reportagen und Dokumentationen über das Heimatland, seine Geographie, Kultur und Sehenswürdigkeiten machen ca. 8 % der Sendezeit bei TRT-INT aus. Der Deutschlandbezug von TRT-INT ist nur gering ausgeprägt, meist in Unterhaltungssendungen wie in Vormittags- oder Mittagsmagazinen.66 Insgesamt zeigt sich, dass die Sender TRT–INT und InterStar in ihren Hauptnachrichtensendungen sehr türkeizentriert berichten. Ereignisse aus europäischen Ländern mit einem hohen Anteil türkischer Migranten wie die Bundesrepublik fallen in der Regel unter die allgemeine Auslandsberichterstattung. Bei dieser zeigt sich wiederum, dass spezielle Fragen der Migration, etwa der sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der in den europäischen Staaten lebenden türkischen Migranten, keine Rolle zu spielen scheinen. Von der Erfüllung einer migrationsbezogenen Informations- und Unterstützungsfunktion kann daher nicht gesprochen werden. Sollten türkische Migranten stark auf dieses Medienangebot zurückgreifen, wäre dieser Umstand daher eher negativ zu bewerten. Die Integration wird hierdurch nicht gefördert, da die türkischen Migranten nicht mit den Bedingungen des Gastlandes konfrontiert und damit auch nicht über die dort herrschenden Umstände informiert werden. Die Frequentierung beider Sender liegt allerdings, wie oben ersichtlich, eher 64 Medienforschung 2001: Tab. 77 65 Sen 2001: S. 104 66 Ebenda: S. 104f 75 im unteren Bereich des Rankings und wird durch die Häufigkeit der Frequentierung der deutschen Sender mehr als ausgeglichen. Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bei den deutschen, und hier besonders bei den am häufigsten genutzten privaten Sendern, die reine Unterhaltungsfunktion im Vordergrund steht und speziell migrationsbezogene Themen kaum eine Rolle spielen. Allerdings verweisen die Ergebnisse auf die Möglichkeit der türkischen Migranten, mit dem Angebot der türkischen Fernsehsender und dem hohen Anteil an türkischer Medienunterhaltung die enge informationelle und kulturelle Bindung an das Heimatland zu bewahren. Hierbei bestätigt sich erneut, dass sich insbesondere fiktionale Fernsehproduktionen dazu eignen, den Zuschauern über die Identifikation mit den Protagonisten Identitätsmuster zu vermitteln. Durch die Unmittelbarkeit und Emotionalität während der Rezeption kann über die bloße Informationsvermittlung hinaus ein Verständnis oder eine Vertiefung von Bindungen an die Herkunftskultur erreicht werden. Daneben bieten diese fiktionalen Genres indirekte Kenntnisse über Kultur und Alltag der Türkei, besonders auch für die in Deutschland geborenen und das Herkunftsland ihrer Eltern nur aus Erzählungen und von Urlaubsreisen her kennenden Türken der zweiten und dritten Generation. 3.2.3 Die kommende Generation: Kinder, Jugendliche und ihr Medienalltag 3.2.3.1 Kinder Kinder aus türkischen Familien, die in Deutschland schon mehrere Jahre leben oder in Deutschland geboren sind, können sich mehrheitlich in beiden Sprachen gut verständigen, was jedoch wie bereits erwähnt zu einer Sprachkompetenz führt, die nicht dem ausbildungsrelevanten Hochdeutsch entspricht. Dennoch, entgegen bisherigen Annahmen sprechen und verstehen knapp 90 % der Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren gut deutsch, gleichzeitig sprechen und verstehen ca. 70 % von ihnen ebenfalls gut türkisch. 43 % der Kinder sprechen tagsüber vorwiegend deutsch, 42 % abwechselnd deutsch und türkisch.67 Fernsehen ist bei Kindern türkischer wie deutscher Herkunft in eine Reihe anderer Freizeitaktivitäten eingebettet. 77 % der türkischen Kinder und 73 % der Kinder aus deutschen Familien sehen in ihrer Freizeit täglich fern, 73 % spielen täglich, über 55 % treffen sich täglich mit Freunden.68 Zu den Lieblingsbeschäftigungen sowohl 67 Granato 68 Ebenda: 2001: S. 7 S. 12 76 türkischer als auch deutscher Kinder gehört, neben dem Fernsehen der Sport sowie die Beschäftigung mit PC und Multimedia. Mädchen nutzen hierbei den PC häufiger als Jungen. Gerade in der altersspezifischen Entfaltung der Präferenz der Freizeitaktivitäten zeigt sich eine Parallelität im Verhalten der Kinder unabhängig von ihrer nationalen Herkunft.69 Kinder haben eine Reihe unterschiedlicher Freizeitpartner, wobei die Eltern, Freunde und Geschwister am wichtigsten sind, dies gilt für Kinder deutscher wie türkischer Herkunft gleichermaßen. 69 % der türkischen Kinder verbringen die Freizeit mit den Eltern, 66 % mit Freunden, etwa 50 % mit den Geschwistern.70 Die Loslösung aus dem familiären Umfeld und der Wusch nach außerfamiliären Freizeitaktivitäten steigt bei den 10- bis 13-Jährigen. Mit zunehmendem Alter gewinnt daher die Peergroup an Bedeutung und die Eltern verlieren an Stellenwert als Freizeitpartner. Auch diese Entwicklung vollzieht sich bei Kindern deutscher und türkischer Herkunft gleichermaßen. 81 % der Kinder aus türkischen Familien verbringen ihre Freizeit mehrmals wöchentlich mit türkischen und deutschen Freunden und es bestehen innerhalb verschiedengeschlechtlicher Altersgruppen kaum Unterschiede. Lediglich eine kleine Minderheit der Kinder aus türkischen Familien hat bezüglich der Freizeitgestaltung eindeutige Nationalitätenpräferenzen. Weit mehr als zwei Drittel der Kinder trifft sich mit deutschen wie mit türkischen Freunden gleich gern. Die hohe Zustimmung von Freunden unabhängig von Herkunft und Nationalität gilt sowohl über Alters- als auch über Geschlechtergrenzen hinweg, Mädchen stimmen hierbei mit den Jungen fast völlig überein.71 Knapp 90 % der türkischen Kinder gefällt ihr Leben in Deutschland sehr gut, nur 2 % sind unzufrieden. Für ein weiteres Leben in Deutschland sprechen bei den meisten Kindern besonders die Freunde und die vertraute und gewohnte Umgebung. Obgleich die Kontakte zur Türkei und damit zum Herkunftsland der Familie von der Mehrheit durch ein oder zwei Reisen pro Jahr gepflegt werden, würden es fast 80 % der Kinder vorziehen, in Deutschland zu bleiben.72 Die Türkei sowie die dort lebenden Verwandten sind für die meist in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Kinder kein aktueller lebensweltlicher Bezugspunkt. 69 Granato 2001: S. 13ff S. 23 71 Granato 2001: S. 23ff 72 Ebenda: S. 33 70 Ebenda: 77 3.2.3.2 Jugendliche Die Alltagspraxis Jugendlicher mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft in der Bundesrepublik lässt sich nicht mehr allein mit den auf nationale und kulturelle Identitäten bezogenen Orientierungen fassen und erklären. Vielmehr zeigen sich zusehends kulturelle Brechungen, Verschmelzungen und Neubildungen. Indem dies bei jugendlichen Migranten beachtet und die Bedingungen und Formen des Gebrauchs medial vermittelter populärkultureller Stile, Statussymbole, Moden und Marken in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden, erscheint auch die mediale Integrationsproblematik in einem anderen Licht. Es sind weniger die klassischen sozialwissenschaftlichen Unterscheidungen wie etwa Schicht oder nationale Identität, als vielmehr der gruppenspezifische Umgang mit medienzentrierten populärkulturellen Angeboten, der sowohl die jugendlichen Identitätsbildungsprozesse als auch die oft konflikthafte Einfügung ins System gesellschaftlicher Rollenmuster beeinflusst. Dennoch spielt hierbei die Suche nach ethnischen Orientierungsangeboten eine entscheidende Rolle. So entstehen hybride türkisch-deutsche Lebensweltspielräume, in denen etwa ein Popmusiker wie der aus Deutschland stammende und dort anfänglich erfolglose Tarkan, große Erfolge in der Türkei feiert und erst vor diesem Hintergrund äußerst erfolgreich auch das junge türkische Publikum in Deutschland erobert. Die von solchen Idolen und Musikgruppen transportierten Symbole sowie die von ihnen repräsentierten Lebensstile sind Ergebnis der besonderen kulturellen deutschtürkischen Mischsituation. Sie finden schnelle Verbreitung und werden von einem Großteil der jungen Bevölkerung nachgeahmt und reproduziert. Besondere Bedeutung erhalten diese migrationspezifischen Identitätsbildungsprozesse von Jugendlichen auch durch die inhärente Abgrenzung gegenüber der Elternkultur und des damit einhergehenden Konfliktpotentiales. Gerade Mitglieder von Jugendgangs führen ein "Doppelleben" zwischen der deutschen gesellschaftlichen Umgebung und der traditionell orientierten Elternkultur. Im alltäglichen Leben werden hier die Moden, Symbole und Stile der populären Jugendkultur mit denen der Elterntradition vermischt. Kleidung, Musik und bestimmte ritualisierte Verhaltensweisen werden übernommen, dienen jedoch zugleich der Abgrenzung aber auch der selektiven Aneignung der eigenen kulturellen Tradition. Die Medien spielen eine zentrale Rolle bei diesen Prozessen jugendlicher Identitätsfindung im Migrationskontext. Ausgangspunkt der bahnbrechenden Studie von Marie Gillespie bildet die Artikulation kultureller Identität jugendlicher Migranten in Southall/London, deren Eltern aus dem Pandschab stammen.73 Die Autorin hebt hervor, dass die in Southall lebenden Ju73 Gillespie 1995 78 gendlichen gerade mit Hilfe des Fernsehens eine britisch-asiatische Identität aufbauen konnten. Zudem werden Neue Medien, wie etwa das Video, zu ganz traditionellen Zwecken eingesetzt. Beispielsweise werden "Video-Briefe" über Hochzeiten und andere traditionelle Festlichkeiten zu den weit entfernt lebenden Verwandten geschickt. Die Jugendlichen bilden in Auseinandersetzung mit den Traditionen der Elternkultur und der im Wesentlichen über das Fernsehen, den Peergroups und heute verstärkt durch den vielfältigen sozialen Gebrauch des Internets vermittelten britischen Lebensweise eine Art Doppelexistenz, in der Elemente aus beiden gesellschaftlichen Bereichen durchaus produktiv eingesetzt werden. Hierbei muss zusätzlich betont werden, dass gerade auch die wesentliche Einflussgröße der heutigen Peergroup-Interaktion ohne Medien in diesem Maße nicht möglich wäre. Ganz gleich, ob es sich um die Herstellung gemeinsamer Themen- und Interessenhorizonte, um geteilte Idole und Vorbilder oder lediglich um einen gemeinsamen Zeitvertreib handelt: Fast alle Bereiche dieser sozialen Netzwerke sind heute medienzentriert oder zumindest medial beeinflusst. Neben diesen Aspekten übernehmen Medien auch nachweislich die Funktion wichtiger Vorbildlieferanten. Ein im Vergleich zu vergangenen Jahrzehnten deutlich ansteigender Anteil der Jugendlichen, die angeben ein klares Vorbild zu haben, lässt sich mit einer Verlagerung von Vorbildern aus dem sozialen Nahbereich in den Fernsehund Medienbereich erklären. Es ist angesichts des immer stärkeren Gewichtes, das den Medien als Sozialisationsinstanz zukommt, nicht verwunderlich, wenn populären Schauspielern in "Soap Operas", erfolgreichen Models, Sport- und Musikidolen wieder vermehrt Vorbildrollen zugeschrieben werden, die den Jugendlichen, je nach Entwicklungsphase, erfolgversprechende und sozial attraktive Verhaltensmodelle bieten können. Allgemein sind es die Jugendlichen aus den weniger gebildeten Elternhäusern, die wesentlich häufiger Vorbilder benennen. Dies steht im Gegensatz zu älteren Forschungen, gemäß denen der Besitz von Vorbildern seltener Kindern aus den weniger gebildeten und weniger gut materiell ausgestatteten Elternhäusern und von Migrantenfamilien zugeschrieben wurde. Vorbilder, besonders aus dem Nahbereich, waren im wesentlichen an die deutsche Mittelschicht, an behütetes Aufwachsen, sowie an einen intergenerationellen Bildungsaufstieg gebunden. Hier galt ein Vorbild zu haben als Tugend. Heute hingegen können Vorbilder instrumentell genutzt werden: Mit ihrer Hilfe werden wirksame Verhaltens- und Lebensplanungsmodelle für Jugendliche mit mangelnder Schulbildung oder fehlenden finanziellen Ressourcen vermittelt. Dies stützt die These von der Verlagerung der Vorbilder vom Nah- in den Fernbereich. Der Ausbau des Wirkungsbereiches der Neuen Medien und die ungebrochen starke Rolle des Fernsehens führen zu einer fortschreitenden Verallgemeinerung von Erfah79 rung. Die Teilnahme an einer weltweiten Konsumkultur, an den Trends und Stilen einer globalen Jugendkultur und an schnell wechselnden Moden, ist ebenso wie die Nutzung der Medien immer breiteren Teilen der Bevölkerung in immer größerem Umfange möglich und wird zum festen Bestandteil des Alltagslebens. Die von den Medien transportierten Denk-, Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster bieten außerdem Vorgaben für eine immer flexibler erscheinende Planung und Handhabung des eigenen Lebensverlaufes durch Einblicke in fremde, aber erfolgreiche Handlungsrepertoires und attraktiv erscheinende Lebensstile. Dies wird zusätzlich durch die Tatsache gestützt, dass sowohl deutsche als auch türkische Jugendliche von niedriger biografischer Eigenwirksamkeit (unklares Zukunftsbild, mangelndes Vertrauen in die eigenen Gestaltungsfähigkeiten eines erfolgreichen Lebensverlaufes, kein hoher Bildungsabschluss) wesentlich häufiger angeben, auf medial vermittelte Vorbilder anzusprechen, als Jugendliche mit hoher biografischer Eigenwirksamkeit. Ebenso spricht für die These, dass deutsche und ausländische Jugendliche in Großstädten oft überdurchschnittlich starken medialen Vorbildbezug dokumentieren. Dies ist offenkundig eine Funktion des erhöhten Medien- und TV-Konsums in den Ballungsräumen und Folge der intensiven Vermittlung in den Gleichaltrigengruppen. Neben dieser grundlegenden Rolle der Medien im Kontext jugendlicher Identitätsproblematik lässt sich bei den türkischen Jugendlichen in Deutschland ein ausdifferenziertes Medienbeziehungs- und Mediennutzungsprofil skizzieren. 3.2.3.3 Technikinteresse Das Technikinteresse ist bei Jugendlichen abhängig vom Geschlecht. In der JIM-Studie 2003 geben knapp 60 % der Jungen an, dass sie am Thema "Technik" starkes Interesse haben. Dies trifft hingegen nur auf 13 % der Mädchen zu.74 Bezogen auf das Thema "Auto", geben ebenfalls 60 % der Jungen ein starkes Interesse an. Bei den Mädchen sind es 22 %. Das Themengebiet "Computer und alles was damit zu tun hat" interessiert 72 % der Jungen und nur 38 % der Mädchen stark. Anders sieht es bei dem Thema "Internet" aus: Hier ist die Geschlechterdifferenz nicht mehr so groß, da 69 % der Jungen und 56 % der Mädchen starkes Interesse am Internet zeigen.75 Knapp zwei Drittel der Jugendlichen erklären, dass sie sehr an Technik interessiert sind. Dieses Interesse ist eher eine Domäne männlicher Jugendlicher, sehr interessiert 74 Medienpädagogischer 75 Ebenda: Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 13 S. 12f 80 sind dagegen nur 5 % der Mädchen. Diese Geschlechterdifferenz ist bei deutschen und ausländischen Jugendlichen etwa gleich. Die sehr technisch interessierten Jugendlichen nennen von 19 vorgegebenen durchschnittlich sieben Interessenfelder: Foto, Optik, Umweltschutz, sowie Technik im Haushalt sind eher weibliche Domänen; Computer, Auto/Motorrad, Multimedia, Funk/Fernsehen und Videotechnik, Weltraumtechnologie, Programmiersprachen, Cyberspace, Elektrotechnik und Biotechnologien sind eher männliche Interessengebiete. Weiterhin ist Bildung eindeutig mit Technikinteressen korreliert: je höher das Bildungsniveau, desto größer und breitgefächerter das Interesse. Jugendliche aus gebildeteren Elternhäusern sind grundsätzlich stärker an Technik interessiert, besitzen häufiger einen Computer und nutzen häufiger das Internet als jene aus weniger gebildeten Familien. Während Auto/Motorrad und Motoren/Maschinen allgemein als Interessenfelder eher bei Jugendlichen aus weniger gebildeten Elternhäusern eine Rolle spielen, sind Computer, Multimedia, Foto/Optik, Programmiersprachen und Biotechnologien eher Interessengebiete von Kindern und Jugendlichen aus Familien mit höherem Bildungsniveau. Handy Der Handy-Besitz bei Jugendlichen ist generell sehr hoch. Insgesamt haben 86 % der 12- bis 19-Jährigen ein Handy. Bei den über 14-Jährigen sind es 90 % die ein Handy nutzen, bei den über 18-Jährigen sind es sogar 96 % der Jugendlichen. Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen ist marginal (89 % zu 84 %), das gleiche gilt für den Unterschied von Jugendlichen, die die Hauptschule besuchen zu Jugendlichen, die auf das Gymnasium gehen (85 % zu 86 %).76 Der Geschlechterunterschied im Handybesitz ist bei den türkischen Jugendlichen sehr viel stärker ausgeprägt als bei den deutschen. Nur etwa 17 % der türkischen Mädchen, aber 39 % der Jungen besitzen ein Mobiltelefon. Überdurchschnittlich häufig besitzen Jugendliche in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren ein Handy, ebenso Auszubildende sowie deutsche, italienische und türkische Studenten. Der Vergleich nach Bildungsniveau im Elternhaus legt den Schluss nahe, dass ein Handy für Jungen und Mädchen unterschiedliche Bedeutungen und funktionale Rollen besitzt. Mädchen und junge Frauen aus Elternhäusern mit niedrigerem Bildungsniveau besitzen wesentlich seltener ein Handy als ihre Altersgenossinnen aus Elternhäusern mit höherem Bildungsniveau. Weibliche Jugendliche aus der mittleren und höheren Bildungsschicht werden von zu Hause stärker zur familiären und beruflichen Eigenständigkeit und zur Beschäftigung mit technischen Geräten angehalten, als das in den 76 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 51 81 unteren Bildungsschichten der Fall zu sein scheint. Bei den 15- bis 19-jährigen jungen Männern zeigt sich ein genau umgekehrter Zusammenhang, ein sehr hoher Anteil der Handynutzung bei den männlichen Jugendlichen der unteren Bildungsschichten. Dies lässt sich auf die Rolle des Handys als Statusobjekt und seinem Prestigegehalt als Männlichkeitssymbol zurückführen. Handybesitz und die dazugehörende Techniknutzung spiegelt also deutlich die geschlechtsbezogenen Erziehungsstile der verschiedenen Bildungsschichten wider. PC und Internet 53 % der Jugendlichen besitzen einen Computer, der am häufigsten zur Nutzung von Internet/Online-Diensten, Spielen und zum PC-Musikhören benutzt wird.77 Ausländische, speziell italienische und türkische Jugendliche geben hohe Nutzungshäufigkeiten an. Von den Türken besitzen allerdings nur etwas mehr als 30 % einen eigenen Computer. Allerdings darf hieraus nicht auf eine geringere Frequentierung von PC und Internet bei den türkischen Jugendlichen geschlossen werden, da diese häufig ihrer traditionellen Sozialität gemäß, den PC gemeinschaftlich oder in ganzen Gruppen nutzen. Die Erledigung der Hausaufgaben, Lernen, am Computer arbeiten, spielen oder auch fernsehen sind für deutsche Jugendliche meist typische "Alleinaktivitäten", während türkische Jugendliche diesen bevorzugt mit Freunden und Bekannten nachgehen. Generell lässt sich festhalten, dass die türkischen wie auch die meisten ausländischen Jugendlichen wesentlich mehr vergemeinschaftet sind als ihre deutschen Altersgenossen. Der Freundes- oder Bekanntenkreis spielt sich dabei vorrangig in einem türkischdeutsch gemischten Bezugsrahmen ab. Deutschland stellt einen der größten europäischen Online-Märkte dar: 2003 nutzten 33,1 Millionen Bundesbürger regelmäßig das Internet.78 Die grundsätzliche Nutzerstruktur ist bei deutschen und italienischen Jugendlichen ähnlich, unterscheidet sich aber zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen. Das Internet wird bei den deutschen Jugendlichen zu fast gleichem Anteil von den männlichen und weiblichen Jugendlichen (87 % zu 81 %) genutzt, auch die Altersverteilung spielt kaum eine Rolle, lediglich der Schulbesuch beeinflusst das Nutzungsverhalten der Jugendlichen (74 % Hauptschule zu 90 % Gymnasium).79 Im Herbst 2001 hatten 25 % der Türken einen eigenen Internetzugang, 35 % von diesen surfen über sieben Stunden pro Woche im Netz.80 77 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 17, S. 24 Eimeren u. a. 2003: ARD/ZDF-Online-Studie 2003 79 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 32 80 Agentur für Medien und Kommunikation Lab One GmbH (2002): Lebenswelten Deutschtürken 2002. www.deutschtuerken2002.de 78 van 82 Fernsehen Auch wenn sich die neuen elektronischen Medien schnell verbreiten und im Alltag zunehmend an Bedeutung gewinnen, schränkt dies die Bedeutung des Fernsehens offenbar bislang in keiner Weise ein. Deutsche Jugendliche sehen am Tag ca. zweieinhalb bis drei Stunden fern, während türkische Jugendliche drei bis fünf Stunden vor dem Fernseher verbringen.81 Es zeigt sich weiterhin, dass 48 % der türkischen Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren ausschließlich deutschsprachiges Fernsehen sehen, während nur 10 % von ihnen ausschließlich Sender aus dem Herkunftsland rezipieren.82 Unterschiede in der Rezeption ergeben sich auch nach Geschlecht. Es ist ein größerer Anteil der männlichen Jugendlichen, die überwiegend deutsche Sender einschalten, während den Sendern aus dem Herkunftsland verstärkt weibliche Jugendliche zusprechen. 3.2.4 Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland: Zusammenfassende Bemerkungen In der Zeit zwischen 1960 und 1980, vor der gewaltigen Ausdifferenzierung, Entstehung und gesellschaftlichen Omnipräsenz der gegenwärtigen Medienlandschaft, war das Ziel des Medieneinsatzes im Migrationskontext klar und eindeutig definiert: Es galt, durch möglichst unverzerrte Präsentationen der türkischen Bevölkerung und Kultur das deutsche Publikum aufzuklären und zu Toleranz und Offenheit gegenüber einer ausländischen Minderheit zu animieren. Die ersten fremdsprachigen Hörfunksendungen in den 60er Jahren erschienen als ein weiterer Schritt hin zu einer der komplexen Migrationssituation angemesseneren Mediengestaltung. Hier artikulierte sich die Einsicht in die notwendige Anerkennung der Migrantensprachen und Kulturen im Rahmen eines breiter angelegten Integrationsprojektes. Die verfassungsrechtlich zum Integrationsauftrag verpflichtete ARD war hierbei einer der wesentlichen Initiatoren, dies gilt für den damaligen "Gastarbeiterrundfunk" genauso wie bezüglich des heutigen SFB "Multikulti"-Programms. In den 70er und 80er Jahren entwickelt sich ein breiter "inoffizieller" Medienmarkt in Form von türkischen Videos und Kinofilmen, der u.a. sicherlich als Kompensation nicht vorhandener Programmangebote deutscher Medieninstitutionen fungiert. Mitte der 70er gab es, neben einem umfassenden und ständig aktualisierten Videoangebot mehr als 200 türkische Kinos in der Bundesrepublik. 81 Medienforschung 82 Medienforschung 2001: Tab. 42 2001: Tab. 46 83 Satelliten- und Kabelfernsehen veränderten die türkische Medienlandschaft in Deutschland auf nachhaltige Weise, als Teil der neuen Medienrevolution trugen sie maßgeblich zur Ausdifferenzierung der gesamten Medienlandschaft bei. Türkische Migranten wurden als Zielgruppe entdeckt. Als Teil von grenzüberschreitenden Technologien ermöglichen diese Medien den in Deutschland lebenden Türken auch eine neue Definition ihres Verhältnisses zur räumlich weit entfernten Heimat. Diese Raumüberschreitung Türkei–Deutschland per TV veränderte die Wahrnehmung und Realität in mehrerer Hinsicht: So führte sie beispielsweise zu einer partiellen Veränderung der einheimischen Realität in der Türkei, wie auch zu einer Entwicklung von lebensweltlichen Zwischenidentitäten, zu einem partiellen Transfer innenpolitischer Konflikte aus der Türkei nach Deutschland und zu umfassenderen direkten Einflussmöglichkeiten sowohl nationalistischen als auch religiös-fundamentalistischen Gedankengutes. Eine weitere Entwicklung der türkischen Integrationsprozesse im Blick auf Medienproduktion und Mediennutzung lässt sich als Herausbildung einer Mischkultur bezeichnen. Wenn die türkisch-deutsche Hip-Hop-Gruppe Cartel davon singt, sie seien weder Deutsche noch Türken, sondern ”Deutschtürken”, dann ist dies mehr als nur ein gelungener Liedtext einer erfolgreichen Band mit einem klar abgrenzbaren jugendlichen Publikum. Die Dominanz des Medienakteurs Türkei gegenüber den türkischen Medienrezipienten in Deutschland hat sich geändert. Die Suche der Jugendlichen nach Neuem und Eigenem jenseits der Optierung Türkei oder Deutschland gewinnt wiederum Bedeutung für die in der Türkei lebenden Medienrezipienten. Einerseits stützen Diskriminierungserfahrungen von den in Deutschland lebenden Türken die Politik antiwestlicher und antidemokratischer Fundamentalismen, andererseits fördern die von der türkischen Bevölkerung in Deutschland gemachten gesellschaftlichen Partizipationserfahrungen, oder die positiven Erfahrungen im Bereich des Konsums oder auch des Gesundheits- und Sozialwesens die deutsch-türkischen Beziehungen in Politik und Wirtschaft. Das Fernsehen ist das Medium, welches von den in Deutschland lebenden Türken am meisten genutzt wird. Radio und Tageszeitungen rangieren mit weitem Abstand hinter der Anziehungskraft der belebten Bilder. Fast jedes Mitglied dieser Population rezipiert TV, nur jedes Zweite liest Zeitung oder hört Radio. Die umfangreichste Gruppe der türkischen Bevölkerung in Deutschland ist jene, die sowohl türkische als auch deutsche Medien nutzt; jeder zweite Türke ist in seiner Mediennutzung zweisprachig. Deutlich größer als jene Gruppe, die ausschließlich türkischsprachige Medien nutzt, ist diejenige, die ausschließlich deutschsprachige Medien rezipiert. Aus dieser speziellen Kombination der Medien- und Sprachorientierungen der Medi84 ennutzer ergibt sich (wie oben zu sehen war) eine Rangliste der deutsch- und türkischsprachigen Medien. Sie wird von deutschsprachigen Fernsehprogrammen angeführt, das türkischsprachige Fernsehen liegt auf den nachfolgenden Rängen. Die wesentlichen Bestimmungsfaktoren der Mediennutzung der in Deutschland lebenden türkischen Bevölkerung sind zum einen ihre Positionierung gegenüber der türkischen und deutschen Gesellschaft, d.h. die bisherige Aufenthaltsdauer, der generelle Aufenthaltswunsch, die Staatsbürgerschaft bzw. der Staatsbürgerschaftswunsch. Zum anderen ist als besonderes Zeichen der Sozialisation im einen oder anderen Land zu werten, wenn die damit verbundene Schulbildung und die im Vergleich zur deutschen Bevölkerung mit einem deutlich höheren Stellenwert ausgestattete Religion im alltäglichen Leben an Bedeutung zunehmen. Weitere entscheidende Faktoren sind sowohl die Sprachkompetenz als auch die unterschiedlichen, oben beschriebenen, sich spezifisch aufteilenden kulturellen, sozialen oder politischen Interessen zwischen Türkei und Deutschland. Kinder türkischer Herkunft haben in Deutschland keineswegs einseitige Gewohnheiten in Bezug auf ihre Freizeitgestaltung und Mediennutzung. Dies gilt sowohl für die Art der Freizeitgestaltung und die Wahl der Freizeitpartner als auch für die Medien, die ihnen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung stehen. Die meisten von ihnen können sich in beiden Sprachen verständigen. Außerdem zeigt sich eine signifikante Übereinstimmung zwischen Kindern aus deutschen und aus türkischen Familien bezüglich ihrer Freizeitgestaltungspräferenzen und Mediennutzungsformen. Die interkulturelle Kommunikation muss als ein wichtiger Aspekt der gesellschaftlichen Integration erachtet werden. Im Blick auf die Migrationsproblematik findet seitens der Wissenschaft und der Politik immer häufiger auch die vielschichtige Rolle der Medien, besonders hinsichtlich einer Neugestaltung des Fernsehens und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets Beachtung. Den Medien und insbesondere der neuen und immer umfassender werdenden Rolle der Mediennutzung als alltäglicher Bestandteil der Jugendkultur kommt neben den Sozialisationsinstanzen von Familie, Schule und Peergroup eine zentrale gesellschafts- und kulturprägende Rolle zu. Diese Wechselwirkung zwischen Integration und Medien wird in der Öffentlichkeit bislang lediglich erwähnt, nicht aber gezielt genutzt. Diese Anliegen sind im Falle der türkischen Migranten von besonderer Bedeutung, da die interkulturelle Kommunikation mit der deutschen Bevölkerung, nicht zuletzt wegen der dort wieder verstärkt anwachsenden ablehnenden Haltung, weitgehend ausbleibt. Eine Grundlage für die zukünftig erfolgreiche Bewältigung dieser Integrationsaufgaben ist die vergleichsweise hohe regelmäßige Mediennutzung der Migranten. Neben 85 der hohen Nutzungsrate des Fernsehens werden, im Gegensatz zu den in deutschen Hörfunksendern angebotenen türkischen Programmen, die speziell eingerichteten rein türkischen Sender positiv angenommen. Hier liegt ganz offensichtlich ein pragmatisches Auswahlproblem zugrunde. Während der an türkischsprachigen Sendungen interessierte Nutzer in einem deutschsprachigen Sender genau den Tag und die Tageszeit der oftmals einzigen türkischen Sendung beachten muss, hat er bei einem eigens eingerichteten türkischsprachigen Sender die für die alltägliche dauerhafte Radionutzung charakteristische Möglichkeit der beständigen Hintergrundinformation bzw. Unterhaltung. Der Privatsender Radio 94,8 Metropol in Berlin verzeichnet an normalen Tagen ca. 40.000 Berliner Türken als Hörerschaft. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es Pläne, einen türkischen Hörfunksender zu gründen. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, so dürften Medien von und für Migranten in Zukunft das Bild der deutschen Medienlandschaft selbst mitprägen und einen positiven Beitrag zur fortschreitenden gesellschaftlichen Integration der türkischen Bevölkerung leisten. Für das Fernsehen ist, wie gezeigt, das Verhältnis der deutsch- und türkischsprachigen Rezeption ausgeglichen und damit die Erreichbarkeit der Mehrheit der türkischen Bevölkerung in Deutschland durch deutsche TV-Sender auf jeden Fall gewährleistet. Dass auch die Frequentierung türkischer Sender nach der Aufhebung des staatlichen Fernsehmonopols und der Entstehung etlicher privater Sender in der Türkei, die in Deutschland über Kabel und über Satellit zu empfangen sind, beständig gestiegen ist, ändert nichts an diesem Sachverhalt. Dass die Rezeption türkischer Programme nicht nur den Angehörigen der ersten Generation, sondern auch den in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Jugendlichen türkischer Herkunft neben der türkeibezogenen Information auch ein Stück heimatlicher Identität bietet, ist eher positiv zu bewerten und steht der Möglichkeit eines mediengestützten Integrationsprozesses in der deutschen Fernsehlandschaft nicht im Wege. "Das Fernsehen erreicht die meisten Menschen, und zwar längst bevor sie lesen lernen. Weltverständnis, Sinngebung und Standards für "Normalität" werden weitgehend vom Fernsehen geprägt. In dieser Hinsicht ist es vermutlich schon einflussreicher als Familie und Schule." Dieter Grimm, 199683 83 Dieter Grimm war bis 1999 Bundesverfassungsrichter für den Bereich Medienrecht. 86 Kapitel 4 Innovative Integrationspotentiale der Medien: Zwei Skizzen 4.1 Vorbemerkung In diesem Abschnitt sollen vor dem Hintergrund der bisher dargestellten Erkenntnisse die Entwürfe zweier Vorschläge innovativer Mediengestaltungen vorgestellt werden, die insbesondere das Ziel verfolgen, bildungsbezogene Wertvorstellungen, biografische Orientierungen bzw. Handlungsorientierungen in wichtigen Lebensphasen zu vermitteln und in einem basalen Sinn über die Bereitstellung von Handlungsoptionen in narrativen Kontexten, wie z.B. Unterhaltungsserien, den Fundus an Entscheidungsmöglichkeiten von Jugendlichen zu erweitern. Das analysierte Mediennutzungsprofil der türkischen Bevölkerung in Deutschland, die sich wandelnde Medienlandschaft, in deren Zentrum neue Synthesen aus Information und Unterhaltung stehen ("Infotainment", "Edutainment" und "Politainment"), sowie die wichtige sozialintegrative Rolle der Medien lassen folgende Schlussfolgerung zu: Die Richtung, die eine Mediengestaltung einschlagen muss, um sowohl breite Zuwandererschichten anzusprechen und langfristig zu binden, als auch um geeignete inhaltliche Informations-, Motivations- und Sozialisationsangebote wirksam werden zu lassen, muss sich an den o.g. Ergebnissen orientieren. Im Folgenden sollen zwei Formen eines solchen produktiven Medieneinsatzes beschrieben werden. Die eine beruht auf den Möglichkeiten der sich wandelnden TVKultur, die andere auf jenen des Internets. Die Konstruktion einer besonderen Form von Soap Opera, die mit ihrer hohen gestalterischen Offenheit und Flexibilität ein ideales Forum der Vermittlung von Information sowie sozialen und kulturellen Kompetenzen darstellt, liegt auch hinsichtlich ihrer 87 strukturellen Verbindung von Information und Unterhaltung im Zentrum des oben beschriebenen Trends. Der Konzeption einer Einrichtung, die Ausbildungsberatung, -förderung und -begleitung im Rahmen eines Internetcafés anbietet, kommt sowohl der türkischen Gemeinschaftsneigung, dem Medien- und Technikinteresse, als auch der Zielsetzung einer Einbindung der Jugendlichen in die medialen Arbeitsmarktbereiche stark entgegen und vereint wesentliche Aspekte türkischer Kultur mit neuesten informationsgesellschaftlichen Entwicklungen. 4.2 Die edukative Soap Opera: Serialität, Strukturanalyse und Akkulturationspotential 4.2.1 Serialität Serialität stellt das zentrale Merkmal des Fernsehens dar und erstreckt sich auf alle Programmteile. Nachrichten und Informationsmagazine haben ihre Erkennungszeichen und ihren festen Sendeplatz ebenso wie Talkshows und Unterhaltungsserien. Im fiktionalen Angebotsbereich zählten die Spielserien von Beginn an zu den Hauptangeboten der Sender. Unabhängig davon, ob sie täglich oder wöchentlich gesendet werden, ob sie nach dem Episodenprinzip jeweils geschlossen oder mit einer Verschränkung mehrerer Handlungsstränge endlos komponierbar sind, wie die Lindenstraße oder Dallas, ziehen Serien die Zuschauer immer wieder in großem Umfang vor den Bildschirm.1 Aus der Produktionsperspektive heraus ist Serialität deshalb so zentral, weil jeder Fernsehsender in der Situation einer marktförmig organisierten Konkurrenz um Quoten darauf bedacht sein muss, möglichst viele Zuschauer möglichst lange auf dem Kanal zu halten. Die einzelnen Sendungen sind daher ganz gezielt so konzipiert, dass der kontinuierliche Fluss des Gesendeten im Vordergrund der Wahrnehmung steht. Da der Dauerrezipient das Idealbild eines jeden Anbieters ist, dürfen die einzelnen Sendungen nicht als Einzelprodukte erscheinen, nach deren Ende man die Medienkommunikation abschließt. Einzelne Angebote sollen daher auch keine zu intensive Erlebnisintensität oder Betroffenheit auslösen, da dies die Lust auf die nächste Folge der Serie schmälern würde. Weiterhin wird darauf geachtet, dass die verwendeten Themen-, Personenund Ereignistypen alltagsnah erscheinen, die Probleme und Konflikte unabgeschlossen bleiben und auf diese Weise serientypische Verlaufsmuster den Ablauf prägen. In diesen Formaten offerieren die Sender besonders gern Themen, die den Nutzern in ihrer Alltagswelt hilfreich erscheinen. Dies beginnt bei Ratgebersendungen und Talks1 Giesenfeld/Prugger 1994 88 hows als Foren, in denen mögliche Probleme des Alltags besprochen werden und reicht bis zu den fiktionalen Spielserien. Allen Modellen ist gemeinsam, dass sie für das Alltagshandeln Reflexionsanlässe bieten, die die Zuschauer aufgreifen, um sich mit Bereichen ihrer eigenen Alltagswelt auseinander zu setzen.2 Handlungsstränge, die beispielsweise Beziehungs- und Generationsprobleme und solche von alleinerziehenden Elternteilen aufzeigen, den Umgang mit Krankheit, Leid oder Tod thematisieren und darüberhinaus entsprechende Lösungen anbieten, werden durchaus auch für den eigenen realen Lebensverlauf ernst genommen. Sie bilden zumindest Orientierungsmuster und Reflexionsanlässe im eigenen Leben der Rezipienten, Spielserien entwickeln dabei eine Alltagsethik, die den Zuschauern auch grundlegende Wertorientierungen liefert. Ständig werden Konflikte aufgebaut und gelöst, Geschlechterverhältnisse ausgehandelt und biographische Entscheidungssituationen durchlebt. Eine wichtige Voraussetzung für den Transfer zwischen fiktionaler und realer Welt, durch den die Zuschauer die Serien als Reflexionsraum und Lebenshilfe nutzen können, ist die Alltagsintegration des Mediums. Die übermittelten Geschichten und unterhaltsam dargebotenen Informationen kommen direkt in die Wohnung und sind aktiv gestalteter Lebensbestandteil. Das TV-Gerät steht meist in Räumen, in denen auch viele andere alltägliche Handlungen vollzogen werden. In vielen Haushalten ist das Fernsehen sogar schon zu einem Hintergrundmedium geworden, auf das man nur zuweilen seine Aufmerksamkeit richtet. Oft wird beim Fernsehen gegessen, telefoniert, gebügelt oder sogar gelesen. Der Fernsehzuschauer ist im Gegensatz zur konzentrierten Rezeption im Kinosaal mit dem Medium nur lose verkoppelt. Er kann sich jederzeit abwenden und anderen Aktivitäten nachgehen. Fernsehen ist in diesem Sinne ein sogenanntes "low-involvment" Medium. Außerdem hat der Zuschauer Möglichkeiten, sein Medienerlebnis zumindest auf elementarer Ebene selbst zu steuern. Er kann um-, aboder den Ton ausschalten, um nur die Bildsequenzen als Hintergrund für andere Aktivitäten zu bewahren, oder auch Sendungen auf Video aufzeichnen, um in der Wahl des Rezeptionszeitpunktes flexibel zu sein. Dies macht, zusammen mit den genannten inhaltlichen Strukturen, das TV-Medium in einem hohen Maße für die Alltagsintegration geeignet. Ein Ausbau der seriellen Unterhaltungsgenres im Sinne einer sozialen und politischen Reflexion der Gesellschaft findet sich jedoch in Deutschland ebensowenig wie der Versuch, fiktionale TV-Serien für die Strategien der Politik nutzbar zu machen, wie dies in den USA und in anderen angelsächsischen Ländern seit langem üblich ist. Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang die 1996 vom Bundesministerium für 2 Kepplinger/Tullius 1995 89 wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geleistete finanzielle Unterstützung der ARD-Serie "Klinik unter Palmen" mit mehr als 250.000 DM oder auch die Unterstützung einer einzelnen Tatortserie, in der die Problematik des Mädchenhandels und der Prostitution thematisiert wurde. In der Spielhandlung der ARD-Klinikserie leistete ein Ministerialbeamter an der Seite des Hauptdarstellers wichtige und publikumswirksame Aufklärungsarbeit.3 4.2.2 Die Struktur der Soap Opera Wie bereits in vorangegangenen Abschnitten aufgezeigt wurde, verweist der relativ hohe tägliche Fernsehkonsum türkischer Zuwanderer aller Generationen, aber speziell türkischer Jugendlicher der zweiten und dritten Generation, auf Möglichkeiten des Einsatzes des Film- und Fernsehmediums bei der Bewältigung von kulturellen und ökonomischen Integrationsproblemen. Hier bietet sich u.U. insbesondere ein in den angelsächsischen Ländern schon seit langem erfolgreich erprobtes und zur Vermittlung sozioökonomischer und kultureller Kenntnisse und Fertigkeiten eingesetztes Genre an, nämlich das der "Seifenoper" bzw. der "Daily Soap". Dieses Genre ist – ganz entgegen der populärkulturfeindlichen Perspektiven von Repräsentanten der sogenannten High Culture – durch seine subtile und komplexe Verflechtung mit dem alltäglichen Leben in verschiedenen sozialen Milieus besonders gut geeignet, gesellschaftliche Aufklärung, Wertvorstellungen und alltagspraktische Anleitungen zu transportieren. Daily Soaps weisen zudem als typisches Serienformat der heutigen Medienkultur einige spezifische Besonderheiten auf, welche speziell die Sehgewohnheiten des jungen Publikums in den 80er und den 90er Jahren geprägt haben und damit auch den zukünftigen Erwartungshorizont dieses Publikums bestimmen.4 Die in unserem Kontext entscheidenden Strukturmerkmale lassen sich wie folgt zusammenfassen:5 3 Viertel 1996 4 Göttlich/Nieland 1997 folgenden Ausführungen zu Struktur und Wirkung der Seifenoper beruhen auf der Erarbeitung von: medien- und kommunikationswissenschaftlichen Forschungen, internationaler Rezipientenforschung, literatur- und rezeptionstheoretischen Ansätzen, kulturanthropologischen Forschungen und Analysen zu Struktur und Rezeptionswirkung von täglichen Serien, Sitcoms und Daily Soaps in Großbritannien, Australien, den USA und Deutschland. 5 Die 90 Intensive Verflechung mit dem alltäglichen Leben: • Daily Soaps werden täglich gesendet, sie sind Bestandteil des Lebens, der Geselligkeit und der täglichen Konversation. Ganze Zuschauergruppen treffen sich regelmäßig, um erfolgreiche und aktuelle Soaps zusammen zu genießen und zu diskutieren. • Soaps thematisieren alltägliches Leben in den ihrer Grundthematik entsprechenden und typischen Selektions- und Poinitierungsweisen, sie problematisieren und spiegeln Alltagsperspektiven wider und schaffen zudem neue Sichtweisen, • Daily Soaps werden zum umfassenden Gossip-Thema und häufig sogar zur gleichberechtigten parasozialen Wirklichkeit der Rezipienten, sie sind also auch quasirealer Erlebnisbestandteil des Alltags. Narrative Grundstruktur: • Der lebensweltliche Bezug der Daily Soap zeigt sich in der auf alltägliche Lebensverlaufsprozesse, auf außergewöhnliche Ereignisse und auf Problembewältigungen aller Art abzielenden Erzählstruktur. Diese erzeugt mit den Mitteln der Vereinfachung, der Typisierung und der Erweckung konstanter Neugier nachweislich starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationspotentiale und anhaltende präzise Erinnerungsmuster. • Die einfache und stringente Form ermöglicht andererseits aber die Aufnahme nahezu aller gängigen narrativen Stilmittel oder gattungsbezogener Ausdrucksformen. So finden sich neben tragischen Elementen auch komödienhafte und satirische, parabolische oder melodramatische Segmente, so etwa bei der Darstellung von Familienkonflikten beim Einkauf im städtischen Supermarkt. Erweitertes narratives Repertoire: • Durch die direkte inhaltliche Bezugnahme zu lebensweltlichen Kontexten vermag es das Genre, konkrete Lebensverläufe in ihrer Gesamtheit darzustellen. Dies lässt die Verwirklichung oder das Scheitern von längerfristigen Planungen und Vorhaben oder von ganzen Lebensplänen der Protagonisten ebenso sichtbar werden, wie das Voranschreiten von sozialen Lernprozessen oder ein erfahrungsinduzierter Wandel von Werteeinstellungen. Dementsprechend umfassen die Aktivitäten der Zuschauer von Daily Soaps die Verarbeitung und Beeinflussung des Rezipierten auf eine Art, die beträchtlich von derjenigen abweicht, die 91 andere Erzählungen erfordern. Sowohl die inhaltliche als auch die reale Kontinuität der Sendungsfolgen erzeugen im regelmäßigen Zuschauer einen größeren Vorrat an Wissen über Charaktere und vergangene Ereignisse als in jedem anderen Genre. Es erstaunt daher nicht, dass Jugendliche über Jahre hin auf eine Weise mit gewohnten Familienserien aufwachsen, als wären diese eine Erweiterung ihres eigenen familialen Lebens. • Ein weiteres, an Raffinesse kaum zu überbietendes Repertoire der Daily Soap liegt im Ausschöpfen von Reflexivitätspotentialen. Hier sei nur die Möglichkeit erwähnt, im Erzählverlauf der Serie selbst den Einsatz von Soap Operas als Akkulturationsinstrument zu thematisieren, beispielsweise um so den Zuschauer noch nachdrücklicher auf die zu vermittelnden Sachverhalte zu verweisen. • Weiterhin bietet die Daily Soap die Möglichkeit einer umfassenden Konkretisierung abstrakter Sachverhalte. Durch die Personifikation von Einstellungspositionen, die Vereinfachung von Sozialstrukturen und Institutionen, die Darstellung theoretischer Einsichten als konkrete Interaktionsprozesse und die Umformung ideeller Lebensverlaufsmodelle in reale Lebensverläufe lassen sich komplexe gesellschaftswissenschaftliche und ethisch-normative Sachverhalte in lebensweltlichpersonifizierten Prozessen abbilden. Von der Funktionsweise gesellschaftlicher Institutionen, über die Wirkung ökonomischer Wandlungsprozesse bis hin zu ethischen und ethnischen Grundpositionen lässt sich die gesellschaftliche Wirklichkeit im Prozedere des Alltagslebens verständlich und verfügbar gestalten und authentisch darstellen. Detailgetreuer Zielgruppen-Zuschnitt: • Sowohl ihre alltagsweltliche Einbettung als auch ihre Erzählstruktur machen die Daily Soap zu einem TV-Genre, dass sich wie kaum ein anderes auf die Merkmale der angestrebten Zielgruppenkultur ausrichten lässt. So werden Soaps nicht nur auf Alters- und Einkommensgruppen, sondern auch bis ins kleinste Detail auf deren Alltagsjargon, soziale Gebärden, auf Hobbies und Interessen, auf Marotten und menschliche Schwächen hin quasi maßgeschneidert. • Diese Möglichkeit der Anmessung erzeugt auch das vielbeachtete Potential personaler Identifikation. Die Daily Soap bietet Rollen- und Statusschemata zur Erprobung in der eigenen Alltagsrealität und vermittelt Handlungs- und Entscheidungsmuster zwischen dem idealisierenden und stark typisierenden Erzählkontext einerseits und der wesentlich diffuseren und komplizierteren sozialen Wirklichkeit andererseits. 92 Hohe Realitätsdurchlässigkeit: • Soap Operas sind in ihrer Alltagseinbettung und in ihrer Vermittlerrolle zwischen Realität und narrativer Fiktion offen für jede Art von Gastauftritten gesellschaftlicher Persönlichkeiten. So mögen zeitweilig oder regelmäßig Persönlichkeiten des Showbusiness, Musiker, Schauspieler, Sportler oder sogar aus Politik und Wirtschaft Gast-Rollen einnehmen oder sich im Kontext der Episode in ihrer realen gesellschaftlichen Rolle auftreten, so wie Bundeskanzler Schröder in einer Episode GZSZ . • Gerade die Wirkung dieser genreimmanenten Möglichkeit ist besonders beim jugendlichen Publikum kaum zu überschätzen. Hier sei nur an die Wirkung der Vorbildhaftigkeit bewunderter und verehrter Persönlichkeiten erinnert. Diese Annahmen liegen auch den internationalen Kampagnen gegen den Drogenmissbrauch zugrunde, die sich maßgeblich der Einflusskraft prominenter Sportler bedienen. • Als letzter Punkt der hier zu betrachtenden wesentlichen Strukturmerkmale von Daily Soaps muss die Möglichkeit einer hohen inhaltlichen Flexibilität bezüglich aktueller Ereignisse genannt werden. So lassen sich wichtige Ereignisse und Problemlagen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft oder Kultur direkt in den Erzählfluss einbinden und einen Bezug zum aktuellen Gesellschaftsprozess aufrechterhalten. 4.2.3 Die Eignung des Genres zur Etablierung sozialer Lernprozesse Die obigen Ausführungen zu den strukturellen und inhaltlichen Möglichkeiten, die Soap Operas als tagesbegleitende filmische Erzählform bieten, verweisen direkt auf ihre hervorragende Eignung als Vermittlungsinstrument eines ganzen Spektrums von sozialen und kulturellen Motivationen, Werteinstellungen, Fertigkeiten und Kenntnissen. Die Begleitung des Alltags, das tägliche Erreichen großer Zuschauergruppen, die große und dauerhaft aufrechterhaltene Aufmerksamkeit, die Konzentrations- und Gedächtniseffekte sowie die Einbindung aktuellen Geschehens und realer Persönlichkeiten bieten eine Fülle von Möglichkeiten, zur Vermittlung von gesellschaftlichem Wissen, Informationen, vorbildhaften Verhaltensweisen, menschlichen Vorbildern, Konfliktlösungsstrategien, sozialer Aufklärung oder die Bewusstmachung von vorhandenen gesellschaftlichen Problemlagen auf einfache und einprägsame Weise zu vermitteln. 93 So lassen sich beispielsweise aktuelle ethnische Konflikte auf lebensweltlich realistische Weise thematisieren, Lösungsmöglichkeiten konkret vorleben, überzogen-unrealistische Erwartungen oder unverbesserliche weltanschauliche Positionen mit satirischem Humor karikieren und Informationen über bestehende gesellschaftliche Maßnahmen bezüglich des betreffenden Problemkomplexes gezielt unterbringen. Der Wegbereiter der kulturintegrativen und sozialaufklärerischen Nutzung einer Variante des Genres ist sicherlich Bill Cosby in den USA gewesen. Wie kaum ein anderes Projekt hat seine täglich ausgestrahlte Cosby Show, eine Mischung aus Comedy und Seifenoper, zur Identifikation der afroamerikanischen Bevölkerung mit sich selbst, als Amerikaner und als Schwarze beigetragen – ganz zu schweigen von den sozialen Aufklärungs- und Sozialisationseffekten, die von dieser Sendung über Jahre hinweg vermittelt wurden. Sie wurde so über Jahrzehnte hin zu einer aus dem Bewusstsein und dem Alltagsleben großer Teile der Bevölkerung nicht mehr wegzudenkenden gesellschaftlichen Instanz. In dieser überaus erfolgreichen Daily Sitcom wird beispielsweise die gesellschaftspolitische Dimension unterhaltsam inszeniert, indem dargestellt wird, wie Afroamerikaner über das kulturelle Kapital der Bildung ihren sozialen Aufstieg und ihre Integration in die oberen Mittelschichten der amerikanischen Sozialstruktur erreichen und dauerhaft sicherstellen können. Die Cosby Show war eine der erfolgreichsten Serien in der Geschichte des amerikanischen Fernsehens überhaupt. Der schwarze Schauspieler und promovierte Pädagoge Bill Cosby war in dieser Produktion nicht nur Hauptdarsteller und Zentrum der Serie, sondern auch Autor und kreativer Leiter. Er versuchte in seiner Serie ein positiveres Bild der Afroamerikaner zu entwerfen und seine pädagogischen Prinzipien und Ideale umzusetzen. Die Serie war bei schwarzen und weißen Zuschauern gleichermaßen beliebt. Sie brach vor allem mit denjenigen Stereotypen, die bislang das Bild der kriminellen, "dümmlichen" und arbeitslosen Schwarzen in der Öffentlichkeit geprägt hatten. Hier wurden durch das Medium Fernsehen gebildete, intelligente und verantwortungsbewusste afroamerikanische Serienfiguren transportiert, die sowohl den Schwarzen als auch den Weißen ein starkes und positives Bild dieser Bevölkerungsgruppe vermittelten. Inhaltlich wurde in der Bill Cosby Show am Beispiel der Familie Huxtable auf vergnügliche und sehr unterhaltsame Weise gezeigt, wie zwei akademisch gebildete, in gut bezahlten Berufen tätige Eltern integriert und harmonisch mit ihren fünf Kindern zusammenleben. Mit den Huxtables wurde der "american dream", der Tellerwäschermythos, in neuer Form inszeniert. Jeder kann, so die ideelle Botschaft der Serie, den sozialen Aufstieg schaffen und eine geglückte Existenz durchleben, wenn er mit gutem Willen, Fleiß und Eigeninitiative ausgestattet genügend Bildungskapital erwirbt.6 6 Zum Cosby-Ansatz siehe Jhally/Lewis 1992; Fiske 1996; Fuller 1992 94 Ein weiteres Beispiel für die integrative Nutzung von Daily Soaps findet sich in den USA in den speziell für die lateinamerikanischen Zuwanderer konzipierten Sendungen. Hier wird mit einfachen dramaturgischen Mitteln zum englischen Spracherwerb angeleitet und motiviert, über die Vorteile und Möglichkeiten von Geburtenkontrolle aufgeklärt oder die Konfrontation der Vorstellungen über Berufslaufbahn und Erwerbsleben zweier so unterschiedlicher Kulturen wie der US-amerikanischen und der lateinamerikanischen am konkreten Beispiel thematisiert. In Großbritannien liefern spezielle Daily Soaps den jugendlichen Migranten, beispielsweise der zahlenmäßig starken Gruppe von Zuwanderern pakistanischer Herkunft, den Stoff für intensive langanhaltende Auseinandersetzungen mit dem angelsächsischen Familienleben und den nachbarschaftlichen Beziehungsstrukturen. Soziale Beziehungen werden hier nicht nur immitiert, sondern auch reale Verhältnisse auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft oder vorgelebte soziale Rollen in ihrer Funktionalität ausprobiert. Über die familiären Verhältnisse und Beziehungen der Serien-Familien wird regelmäßig ausführlich in Gleichaltrigengruppen diskutiert, hier werden Vergleiche gezogen, Vorbilder gewählt und Verhaltensweisen differenziert bewertet. Auf diese Weise wird die Kenntnis der Rezipienten hinsichtlich der Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den eigenen und den perzipierten Verhältnissen erweitert und ein Bewusstsein für die große Bedeutung nachbarschaftlicher oder freundschaftlicher Sozialbeziehungen über den begrenzten Bereich der eigenen kulturellen Gruppe hinaus geschaffen. Das breite Spektrum der mit der Struktur der Soap Opera zur Verfügung gestellten Mittel liefert auch hier die Grundlage für einen in die alltäglichen Gewohnheiten und ins Selbstverständnis der Rezipienten einfügbaren Prozess sozialer und kultureller Kompetenzentwicklung. Marie Gillespie zeigt beispielsweise in ihrer bahnbrechenden Studie über alltägliche Mediennutzung von Punjabifamilien in London, wie sowohl die Unterhaltungsgenres als auch die Fernsehnachrichten und sogar die Fernsehwerbung ein Teil der alltäglichen Lebens- und Kommunikationspraxis dieses Bevölkerungsanteiles werden. Die Autorin führte eine intensive sozialwissenschaftliche Forschung von 1988 bis 1991 in Southall durch, einem dicht besiedelten, multiethnischen Vorort in West-London, nahe dem Flughafen Heathrow. Die meisten Einwohner sind dort Punjabis, daneben gibt es Minderheiten mit irischem und afrikanischem Hintergrund. Marie Gillespie lebte und arbeitete in Southall als Lehrerin. In dieser Zeit führte sie außerdem eine Fragebogenuntersuchung unter ca. 350 Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren durch. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, wie Jugendliche sich in den vielen Kulturen von Southall, in ihrer eigenen Jugendkultur und in Beziehung zu ihren Elternkulturen wahrnehmen und sich selbst für ihr zukünftiges Leben verorten. Auch hierbei spielten die Muster des Medienkonsums im lokalen Leben, in der 95 Freizeitgestaltung und Schule, in der Erziehung und den Peergroup-Interaktionen eine entscheidende Rolle. Insbesondere die weit über die eigentliche Serien- oder Sendungsrezeption hinausgehenden Gespräche, der Klatsch und Tratsch über die medienvermittelten Ereignisse, stellen die Medienwirkung bei den Migranten auf eine breite alltägliche gesellschaftliche Basis. Die Protagonisten der hier rezipierten Soap Opera werden beispielsweise zu imaginären Interaktionspartnern, an deren Benehmen, Kleidung, Verhaltensstilen und Lebensverläufen das eigene Leben der Jugendlichen zumindest teilweise ausgerichtet wird. Außerdem bietet gerade die hier betrachtete Soap Opera einen den britischen und den pakistanischen Alltag der Jugendlichen übergreifenden Bezugsrahmen. Dies liefert eine für jugendliche Migranten so dringend benötigte kommunikative Brücke und eine Interaktionsgrundlage für das Zusammenleben mit den Jugendlichen des Aufnahmelandes.7 Dies lässt sich auch an einem australischen Beispiel vertiefen: Die Soap Opera A Country Practice ist die am längsten laufende Serie in der australischen Mediengeschichte. Wie eine Analyse dieser Produktion zeigt, erweisen sich die narrative Flexibilität des Genres und die sozialaufklärerische inhaltliche Strukturierung als Geheimnis dieses Erfolges. Mit einer Mischung aus einem Krankenhausdrama, einer Arztserie und dem geschickten Spiel mit den Gegensätzen des ländlichen und des urbanen Lebens in Australien bietet sich einerseits eine nahezu unerschöpfliche Fülle erzählerisch interessanten Stoffes, andererseits ist dieses gesellschaftliche Umfeld bestens dafür geeignet, alle Arten medizinischer und gesundheitsbezogener Aufklärung zu transportieren. So konnte diese Produktion u.a. auch mit großem Erfolg zu einer intensiven AIDSAufklärung breiter Bevölkerungsschichten beitragen. Hierzu wurde beispielsweise eine mehrteilige in sich geschlossene Geschichte eines aus der höheren Mittelschicht stammenden drogensüchtigen Mädchens in den Serienverlauf eingefügt, deren schließliche AIDS-Erkrankung auf drastische Weise vor Augen führte, dass von dieser Infektionskrankheit nicht nur die Repräsentanten einer urbanen Homosexuellenszene bedroht sind. Diese mittels der engen Zusammenarbeit mit Medizinern, professionellen Drogenexperten und Sozialarbeitern konzipierten Serienfolgen verhalfen nachweislich in kurzer Zeit dazu, die damals noch vorherrschende "gay prejudice story" hinsichtlich der AIDS-Gefahr in Australien endgültig zu entkräften und die Bevölkerung für die allgemeine Bedrohung zu sensibilisieren. Gerade diese enge Verflechtung von sozialen Problemen, täglichen aktuellen Ereignissen und einer sich durchziehenden Linie von Serienromanzen ist für den Erfolg 7 Gillespie 1995 96 einer solchen Produktion verantwortlich. Zusätzlich wurde hier allerdings auch besonderer Wert auf die Erreichbarkeit des gesamten Altersspektrums der Zuschauer gelegt. Die Verknüpfung von Unterhaltung, sozialer Aufklärung und Informationsvermittlung kann bei entsprechender Konzeption, wie das australische Beispiel zeigt, durchaus alle Altersgruppen auf gleiche Weise fesseln und über lange Zeiträume hinweg inhaltlich binden.8 In Deutschland zeigt schließlich das Beispiel der Lindenstraße, welchen dauerhaften Erfolg eine gelungene Mischung aus Unterhaltung und gesellschaftlich-demokratischer Sozialisation haben kann. Im Jahre 1985 erschien ein neues Serienformat auf den deutschen Bildschirmen, das sich ungeachtet schlechter Prognosen und Kritiken als Erfolgsmodell erweisen sollte. Das Projekt Lindenstraße, federführend für den WDR von Filmregisseur und Produzent Hans W. Geißendörfer gefertigt, setzte sich in Anlehnung an das britische Vorbild Coronation Street zum Ziel, eine Familienserie zu produzieren, die realistischer, problemorientierter und aktualitätsbezogener als alle deutschen Vorgänger sein sollte und dennoch auf unterhaltungserprobte Instrumentarien der Soap Opera zurückgreifen wollte.9 Die so entstandene Mischung aus Realismus, Aufklärung und Entertainment hat über den gesamten Zeitraum der 90er Jahre hinweg zu hohen Marktanteilen geführt. Die Serie, die jeden Sonntagabend auf einem festen Programmplatz verbleibend ausgestrahlt wird, hat sich zu einer traditionellen Instanz in der deutschen Fernsehlandschaft entwickelt, deren Status beinahe dem der dauerhaft erfolgreichen Tagesschau gleichkommt. Die Hauptfiguren der Serien sind zum Inventar der öffentlichen Unterhaltung und der alltäglichen Kommunikation geworden, deren Reichweite die Differenzierungen der Medienlandschaft, auch über zehn Jahre nach der Einführung des dualen Rundfunksystems mühelos überbrückt. Die Endlosserie bietet den Zuschauern, die vielerorts schon in Fanclubs organisiert sind, keine geschlossenen Episoden, sondern längere Handlungsbögen und sich allmählich entfaltende Figurenkonstellationen. Die Spannungslinie zwischen den einzelnen Folgen wird jeweils durch den Abbruch der Handlung mitten in einer offenen Konfliktsituation erzeugt, deren Auflösung erst in der nächsten Folge geliefert wird. Mit ihrem Anspruch auf Realismus und Alltagsnähe schließt die Lindenstraße einerseits durchaus an die frühen deutschen Familienserien an. Allerdings heißt Realismus hier, dass die dargestellten Familienstrukturen, die den narrativen Leitfaden der Serie bilden, Veränderungen unterworfen sind. In den früheren deutschen Familienserien war der Familienverbund eine institutionelle Sicherheit innerhalb des sich ständig verändernden Lebens; ein Ordnungsfaktor, dessen Funktionieren verlässlichen 8 Tulloch 1999 1996; Jurga 1995 9 Frey-Vor 97 Schutz vor den Anfeindungen und Herausforderungen des Lebens bot. Heute zeigt sich die Familie als eine im Umbruch befindliche Institution, die den beschleunigten Demokratisierungs- und Modernisierungsprozessen ausgesetzt ist. In den Familien der Lindenstraße spiegeln sich (genrespezifisch überzogen) die von Sozialwissenschaftlern längst beschriebenen Prozesse familialer Veränderungen. An die Stelle der traditionellen Normalfamilie mit einem verheirateten Elternpaar und ein bis drei Kindern tritt beispielsweise im Blick auf die gestiegenen Scheidungsraten eine Vielfalt von Einelternfamilien mit wechselnden Lebensgefährten. Beispielsweise hat ein homosexuelles Paar die erzieherische Betreuung eines Jungen übernommen, der aufgrund einer HIV-Infektion seiner alleinerziehenden Mutter zuvor hauptsächlich von seiner Großmutter versorgt wurde. Geißendörfer hat die Serie ganz gezielt als ein Forum sozialer und gesellschaftspolitischer Stellungnahmen zum realen alltäglichen Geschehen in Deutschland konzipiert.10 Dies zeigt sich auf einer ersten Ebene durch tagespolitische Kommentare, die beiläufig, aber regelmäßig von den Figuren der Lindenstraße in den Handlungsverlauf eingebracht werden. Aktuelle Wahlgänge, politische Skandale, die Frage der Überschuldung der öffentlichen Haushalte oder die Ausländerpolitik sind Beispiele dafür, wie aktuelle Geschehnisse von den entsprechenden Personen in der Serie von verschiedenen Positionen aus thematisiert werden. Andererseits entfaltet sich die politische Kultur der Serie als Vorführung demokratisch und sozial engagierter Vorbilder, die dem Zuschauer Handlungsmuster zur mutigen Einmischung und zum Eintreten für sozial Schwache demonstrieren. Das Fernsehen wird hier, ganz im Sinne von Friedrich Schillers berühmter Theaterpoetik, zur "moralischen Anstalt", die Bürgertugenden vorführt, ohne die kein demokratisches Gemeinwesen auf Dauer bestehen kann. Die Lindenstraßen-Bewohner zeichnen sich als Gruppe durch einen stabilen Solidarzusammenhang aus, der manchmal an kommunitaristische Vergemeinschaftungsmodelle erinnert. Im Ernstfall hält man entgegen sonstiger Differenzen dennoch zusammen und hilft sich gegenseitig, vor allem dann, wenn die Gemeinschaft von außen bedroht wird. Die Bürger der Lindenstraße erweisen sich immer wieder als politisch partizipationswillig und stark mobilisierbar. Diese Partizipation findet allerdings hauptsächlich in außerinstitutionellen Handlungsbereichen statt. Großes Aufsehen erregte etwa der in einem 30-Sekunden-Spot gesendete und von zwei Privatsendern innerhalb der fiktio10 “Kritik, Aufklärung, Information, Stellungnahme, freie Meinungsäußerung, ja sogar soziale Manipulation, neben allen erzählerischen Tricks der Dramatisierung, der Emotionalisierung und der Spannung von a nach b müssen innerhalb des Fernsehspiels und der Fernsehserie genauso möglich sein, wie das Erzählen und die Rede von Tabus, die Rede über Skandale, die Rede über Wunden und Fehler unserer Gesellschaft.” (Geißendörfer 1990). 98 nalen Serienwelt ausgestrahlte Aufruf eines Lindenstraßenbewohners, in dem er die Zuschauer bittet, an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Uhrzeit, den Strom abzuschalten, um damit gegen die Nutzung von Kernenergie zu protestieren. Diesem fiktionalen Aufruf folgten Hunderttausende von Zuschauern bundesweit, indem sie sämtliche Geräte in ihren Wohnungen ausschalteten. Die Lindenstraße stellt also eine mediale Institution mit einer großen Reichweite bzw. einem Einfluss dar, der an der Grenzziehung zwischen legitimen und illegitimen Bereichen der sozialen und politischen Kultur Deutschlands aktiv mitwirkt und ein breites Spektrum sozialer und gesellschaftlicher Aufklärungsaufgaben übernimmt. Die mit dem Anspruch auf große Realitätsnähe konzipierte Soap Opera bewegt sich allerdings mit ihren Entwürfen einer kommunitaristischen politischen Bürgerkultur eher im Bereich des Utopischen als in der Wirklichkeit des deutschen Alltages. Das Genre der familienbezogenen Soap Opera verbleibt hier also letztlich doch, ungeachtet der dargestellten Umbrüche in den Lebensformen, in der Tradition der idealisierenden TV-Erzählung, die die Lösungen für die tiefgreifenden Probleme der Zeit allein in die Hände von moralisch und solidarisch engagierten Individuen legt. 4.2.4 Eine neue Soap Opera und die deutsch-türkische Migrationsliteratur Eine potentiell beträchtliche stoffliche Fülle und Variationsbreite für eine speziell auf Migrationskontexte zugeschnittene Fernsehserie liefert einerseits die Struktur der türkischen Migrations- und Integrationsproblematik von mittlerweile drei Generationen sowie die sich immer weiter ausdifferenzierenden soziodemographischen Milieus, und andererseits die sowohl traditional als auch westlich-konsumeristische Jugendkultur. Die beschriebenen Strukturmerkmale des Genres liefern sehr gute Voraussetzungen, um ein mediales Integrationsprojekt erfolgreich durchzuführen: die Möglichkeit zur Einbindung aktuellster Problemlagen und Ereignisse; die Verwendung von Jugendszenen mit ihrer Sprache, Gebärde und Symbolik; die Nutzung von Musik-, Sport-, und Filmidolen und anderer populärer Vorbilder; die Möglichkeit der Darstellung gelingender Integration und Ausbildungs- sowie Berufsverläufe und die mögliche Aufklärung und Information über bestehende Strukturen und institutionelle Arrangements in Deutschland. Neben der Vermittlung von Information und impliziter sozialer und kultureller Kompetenz kann eine solche Produktion auch einen Teil der längst überfälligen breiten medialen Anerkennung der türkischen Minderheit in Deutschland bieten. Darüberhinaus kann dadurch ein allgemeiner, alltäglicher, kommunikativer Bezugsrahmen für die tür99 kische und die deutsche Bevölkerung gleichermaßen bereitgestellt werden. Eine solche Produktion müsste natürlich beide Bevölkerungsgruppen ansprechen. Hier muss nun schließlich noch auf ein in diesem Zusammenhang zentrales Phänomen hingewiesen werden: das der deutsch-türkischen Migrationsliteratur, in der sich eine über alle statistischen Erhebungsdaten hinausgehende dichte Beschreibung der Migrationssituation und ihrer vielschichtigen Aspekte und Problematiken findet. Man gewinnt aus der Perspektive der Beteiligten Einsicht in die Einwanderungssituation. Dieser Literaturzweig spielt mit verschiedenen Genres: Von der reinen Satire über die klassische Erzählung bis hin zum Kriminalroman werden gelingende oder misslingende Integration und Selbstverständnis der türkischen Protagonisten dargestellt. Außerdem werden häufig Darstellungen mit hervorragendem Humor und Selbstironie geboten sowie ironisierende Analysen der eigenen Situation, der Identitätsfindungsprozesse, der Heimatlosigkeit und auch der deutschen Eigentümlichkeiten im Umgang mit der türkischen Migrantenbevölkerung, ihrer Kultur und ihrer Religion.11 Schließlich geht es auch um die Auseinandersetzung mit der ökonomischen und politischen Situation der Türken in Deutschland, den Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der islamischen Religion und um das immer noch problematische Verhältnis zur türkischen Heimat und den Menschen dort, für die die Migranten oft zu entwurzelten "Deutschlingen" geworden sind.12 Beispielhaft hierfür sind: Feridun Zaimoglu, in der letzten Zeit auch durch seine vermehrte Präsenz im deutschen Fernsehen bekannt geworden, schreibt in seinen Büchern "Kanak Sprak", "Koppstoff" oder "Abschaum" über Jugendkultur und die subkulturelle deutsch-türkische Sprachund Ausdruckssymbiose. In seinem neuen Roman "Liebesmale, scharlachrot" erzählt der Autor in Form eines Briefwechsels zwischen zwei Freunden (beides "Kanakster", also deutsch-türkische Mischwesen) eine Liebesgeschichte zwischen einem "Deutschländer" und einer Türkin.13 Von großer Bedeutung ist auch Emine Sevgi Özdamars "Mutterzunge", ein mehrteiliger Roman, der in seinen verschiedenen Figuren und den von ihnen erzählten Geschichten die Bedeutung von Sprache, Identität und Kultur zum Thema macht und von Sprachverlust, von deutsch-türkischen Migrantenschicksalen, vom Aufbruch der Türkei in die westliche Moderne und vom unsinnigen Verharren in der Tradition und der konservativ-nationalistischen Reaktion handelt. Überregional bekannt ist auch der 11 Rösch 1992; Zielke-Nadkarny 1993. sind in die Türkei zurückgekehrte Migranten, die von ihrer türkischen Heimat aufgrund jahrelanger Abwesenheit entfremdet sind und von den Einheimischen als Deutschlinge bezeichnet, bisweilen auch harsch diskriminiert werden. 13 Zu den im Folgenden genannten Autoren und ihren Werken siehe die separate Auflistung "Deutschtürkische Migrantenliteratur" im Literaturverzeichnis. 12 "Deutschlinge” 100 Krimiautor Jakob Arjouni mit seinem Bestseller "Happy Birthday, Türke", der jüngst von Doris Dörrie verfilmt wurde. Zum festen Rezeptionsbestandteil der nicht nur türkischen Leserschaft wird langsam auch die deutsch-türkische Satire. Im humorvollen Gewand prangert die deutsch-türkische Satire alle Arten von Entfremdungszuständen und Ungerechtigkeiten an. Sie ist nah am Zeitgeschehen und nimmt Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Konflikte. Sie arbeitet wie jegliche Satire mit den Mitteln der Übertreibung, der Tatsachenumkehr und der Ironie. Die deutsch-türkische Migrationsliteratur ist ein Teil der internationalen Migrationsliteratur. Diese von eingewanderten Autoren zumeist in deutscher Sprache verfasste Literatur besteht seit über dreißig Jahren und stellt in der bundesdeutschen Literaturlandschaft das dar, was im US-amerikanischen Sprachraum als "minority-literature" schon lange eine feste kulturelle Größe darstellt. Es handelt sich bei den deutsch-türkischen Produktionen um eine Literatur, die aus dem Blickwinkel der in Deutschland lebenden Minderheiten entsteht und neue Themen und Genres in die deutsche Gegenwartsliteratur einbringt. Themen wie Kulturschock, Heimat, Identität, Fremderfahrung, Sprachverlust u.a. werden von den Autoren unter dem Aspekt ihrer doppelten Herkunft reflektiert. Neben klassischen Genres wie Lyrik, Kurzprosa und Roman kommen unter dem Einfluss der Herkunftsliteraturen auch neue Genres hinzu, wie etwa das orientalische Märchen oder Formen und Motive aus der mystischen altosmanischen Dichtung. Andere Genres, wie die erwähnte Satire, leisten einen wichtigen Beitrag zur Renaissance dieser Gattung innerhalb der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Gerade die deutsch-türkischen Autoren leisten mit ihren zahlreichen Essays zur türkischen Kultur und ihren Übersetzungen türkischer Literatur ins Deutsche auch einen wichtigen Beitrag zur Kulturvermittlung. Dieser Aspekt misst den Autoren zusätzlich zu ihrem literarischen Werk eine besondere, zwischen beiden Kulturen vermittelnde Rolle zu. 14 Beispielhaft für die satirische Darstellung und Aufarbeitung der türkischen Migrantensituation in Deutschland kann Osman Engin, u.a. mit seinen Veröffentlichungen "Der Deutschling. Alle Dackel umsonst gebissen" oder "Dütschlünd, Dütschlünd übür üllüs" genannt werden.15 "Oooohh Deutschland, Du Land der tausend Ungerechtigkeiten und bitteren Tränen. Seit Jahren bemühe ich mich intensiv um echte Diskriminie14 Yesilada 1997; Mayr 1997 Weg dieses Autors von Veröffentlichungen beim Express Verlag Berlin zum Rowohlt Verlag in Hamburg spiegelt die gesellschaftliche Akzeptanz und den Anstieg seiner Bekanntheit wider. 15 Der 101 rung und richtige Ausländerfeindlichkeit. Aber neuerdings werden sogar die Asylanten unverschämterweise noch mehr diskriminiert als wir alten Gastarbeiter. Obwohl sie nichts geleistet haben, womit sie das verdient hätten."16 Hier fordert Engin das Recht ein, als türkischer Gastarbeiter weiterhin die Spitzenposition des meistgeschmähten Ausländers in der Minderheiten-Rangliste der Bundesrepublik einnehmen zu dürfen. "Bei Allah, was soll ich mit dem Ausländerwahlrecht? Ich kann doch sowieso frei wählen: zwischen Fernsehen und Video, zwischen schwarzen und roten Socken, zwischen Marlboro und Camel, zwischen Apfel und Birne, zwischen Mittwochs- und Samstagslotto, zwischen Ausländer oder Deutschling sein, zwischen langer und kurzer Unterhose. Was verlangt der Mensch mehr vom Leben?!"17 Oder Engin spielt mit den typischen deutschen Szeneklischees: "Bei uns zu Hause herrscht große Freudenstimmung. Meine Frau führt seit einer Stunde alle möglichen Arten von Bauchtanz vor. Mein Sohn macht Breakdance in Höchstgeschwindigkeit. Und meine Tochter tanzt "Polonese Blankenese" ganz alleine mit sich selbst. Jetzt wissen alle, dass wir eine hochintegrierte mitteleuropäische Familie sind."18 Oder er nimmt Bezug auf die Situation der Heimkehr in die Türkei. Sein Held, enttäuscht von den vorgefundenen Verhältnissen dort und der Reaktion seiner Landsleute, hat jetzt wiederum Heimweh nach Deutschland und fragt sich: "Entweder habe ich wirklich Heimweh nach Deutschland oder ich habe mich in all den Jahren in Deutschland so daran gewöhnt, Heimweh zu haben, dass ich es jetzt immer noch habe, obwohl ich längst schon wieder in der Türkei bin."19 Wie die meisten anderen Autoren bezieht Osman Engin seine Stoffe aus dem deutschtürkischen Alltag, häufig sind es Familienszenen, die den Rahmen seiner Geschichten 16 Engin 1992: S. 81 17 Ebenda 18 Ebenda 19 Ebenda 102 bilden. So durchzieht der Ehealltag seines in allen Satirebänden wiederkehrenden Helden wie ein roter Faden die Erzählungen: Der Protagonist nennt seine Ehefrau in allen Bänden "die zweitgrößte Nervensäge des mittleren Orients" und liefert sich mit ihr immer wieder erbitterte Streitereien, während derer allerdings meistens sie die Oberhand behält. Sie ist ihrem Mann immer ein Stückchen voraus, weiß im deutsch-türkischen Migrantenalltag besser Bescheid, hat die fünf Kinder auf ihrer Seite und erweist sich allen großen Männlichkeitsgesten des Hausherrn zum Trotz als das eigentliche Familienoberhaupt. Die Ehekrisen, meistens ausgelöst durch die Ehebrüche des Helden, der den blonden deutschen Frauen einfach nicht widerstehen kann, führen schließlich zu Trennung und Scheidung. Da aber beide Partner auf Dauer trotz aller Streitigkeiten nicht voneinander lassen können, heiraten sie erneut. Es wird ein großes Freudenfest mit allen Freunden und Verwandten gehalten und die Hochzeitsnacht wird mit fiebriger Leidenschaft erwartet: "Oh, wie habe ich mich auf diese Hochzeitsnacht gefreut! Unsere Leidenschaft kennt keine Grenzen! Es sind die vier schönsten Minuten meines Lebens! Aber was sehen meine entsetzten Augen?! Kein Blut auf dem Bettlaken! Trotz ihrer fünf Kinder ist meine Braut keine Jungfrau mehr! Wie konnte dies nur geschehen? Schande!! Meine Ehre ist am Boden zerstört! Gleich morgen gebe ich sie wieder ihren Eltern zurück!!"20 Es liegt nahe, auf diesen reichen Schatz an Migrationserfahrung und literarisch-darstellerischem Geschick bei der Konzeption eines medialen Integrationsprojektes wie dem der Soap Opera zurückzugreifen. Ein solider Sinn für Humor, eine lange Erzähler- und Literaturtradition, die durchaus auch die finanziell schwachen und weniger gebildeten Gesellschaftsschichten seit jeher erreicht hat und ein ebenso traditionsreicher Sinn für Lyrik bieten einem solchen Projekt, neben den bereits genannten Vorzügen, auch von Seiten der Neigungen der Rezipienten eine solide Grundlage und reichlich Material. 4.3 Das Internet als Akkulturationsinstrument: Virtuelle Interaktionsplattformen, thematische Moderation und Berufsberatung im Internetcafé Im Folgenden soll ein weiterer Vorschlag präzisiert werden, der u.E. die besonderen Integrationspotentiale der Neuen Medien auf detaillierte Weise demonstrieren und zur 20 Engin 1992: S. 81 103 Lösung der hier bearbeiteten Probleme beitragen kann.21 4.3.1 Kommunikationsnetzwerke im Internet Im Zuge der vielfältigen Entwicklung des Internets etablieren sich auch zunehmend sozialintegrierende Instanzen in Form interaktiver Konversations- und Diskussionsplattformen. Einige Forscher gehen soweit, in den virtuellen Kollektiven eine Rückkehr der "Gemeinschaft" im allgemeinen klassisch-gesellschaftswissenschaftlichen Sinne zu postulieren. Die Ergebnisse neuerer Studien zu Integrationspotentialen der Neuen Medien zeigen deutlich, dass soziale Beziehungen, etwa vom Typus der Nachbarschaftsbeziehung, durch neue Technologien eine spezielle Art von Wiederbelebung und Verstärkung erfahren. Dabei muss vorausgesetzt werden, dass die sich in virtuellen Konversationsräumen formierenden Beziehungen und Gruppenkonstellationen nicht nur weitere Varianten indirekter Kontaktmöglichkeiten darstellen; vielmehr ermutigen die Forschungsergebnisse zu der Behauptung, dass die Nutzung des Internets nicht pauschal zu einer sozialen Isolierung singulärer Anwender führt, sondern virtuelle Kontakte sowohl zur Erweiterung individuell bestehender sozialer Netzwerke als auch zur Verdichtung persönlicher Beziehungen führen können.22 Die neuen Strukturen und Möglichkeiten zwischenmenschlicher Kontakte und Kommunikation im Internet lassen sich wie folgt stichpunktartig zusammenfassen. Sie beinhalten: • Die Intensivierung von Peergroup-Kontakten. • Ein Aufbrechen einer oftmals ausschließlichen Festlegung auf Peergroup-Kontakte, im Sinne der häufigen Einbeziehung anderer Gruppen oder des kulturübergreifenden Dialogs. • Verbale Identitätskonstruktionen, die Beziehungen immens vereinfachen, da das äußere Erscheinungsbild der beteiligten Personen, die daran geknüpften sozialen Erwartungen und der in der Face-to-Face-Interaktion immer bestehende Statusverhaltensdruck entfallen (sozialer und psychologischer Entlastungseffekt). 21 Die Strukturierung dieses Vorschlages beruht, neben systematisch geführten Informations- und Expertengesprächen, auf der Erarbeitung von: neuesten Forschungen über kulturelles Lernen und über Peer-Learning-Prozesse, internationalen Forschungen über die lebensweltliche Integration Neuer Medien bei kommenden Anwendergenerationen, Forschungen und Erfahrungen mit Benutzergruppen sogenannte Multi-User-Dimensions, systematisierten Erfahrungen mit interkulturellen Dialog- und Diskussionsformen aufgrund von Mailing-List-Anwendungen, Forschungen bezüglich netzbasierter "Learning Circles", Forschungen und Studien über die Integration des Internets und seiner selbstorganisierenden sozialen und kulturellen Lernwirkungen in Drittweltkulturen, z.B. über die kulturbedingte Assimilation neuer Technologien in Trinidad. 22 Tapscott 1998 104 • Keine ausschließliche Festlegung auf dyadische Interaktion, sondern meistens gruppenbezogene Interaktionen. • Die Möglichkeit der vielschichtigen Einbindung von Multimedia-Elementen, z.B. Fotografien, Videos, Musik, Spiel- oder Lernsoftwareanwendungen. • Die Etablierung großangelegter länder- und kulturenübergreifender reziproker Tauschringe und Austauschbeziehungen, wie das bekannteste Beispiel der Musikplattform "Napster". • Die spontane Herausbildung von normativen Regelcodes, die im zeitlichen Verlauf meist an Komplexität zunehmen und in gewissem Sinne eine die Interaktionen normierende und die Reibungslosigkeit der Interaktion optimierende Evolution durchlaufen. • Die Herausbildung von symbolischen Ausdrucksmitteln, wie der "Emoticons", die die grundlegenden menschlichen emotionalen und nonverbalen Ausdrucksformen denotieren, also ein Alphabet basaler Expressivität darstellen. Die Einschränkung auf die mediale Form und die globale Jugendkultur liefern zusätzlich einen die Kommunikation vereindeutigenden Interpretationsrahmen, so dass auch Sprachbarrieren leicht durchbrochen werden können und interkulturelle Kommunikation auch mit beschränkten Ausdrucksmitteln auf beeindruckende Weise möglich wird. 4.3.2 Internetcafés als Berufsberatungszentren für Migranten Diese schon vorhandenen Formen und Möglichkeiten internetbasierter Interaktion können nun auf einfache und effiziente Weise zu Kulturationsinstrumenten allgemein sowie zu Lern- und Kompetenzentwicklungsnetzwerken im Besonderen transformiert und ausgebaut werden. So lassen sich beispielsweise themenzentrierte Diskussionsforen einrichten, die von einem oder mehreren Moderatoren angeleitet und betreut werden. Die Aufgaben solcher Online-Moderatoren bestehen in der Vorgabe und Vorstrukturierung eines besonderen Themas, in der Leitung der Diskussion, in der Darbietung von Hilfestellungen und in erweiterter multimedialer Informationsbeschaffung, wenn die Mittel der Beteiligten selbst in dieser Hinsicht ausgeschöpft sind, sowie in der Kontrolle themengerechten Diskussionsverhaltens. Die inhaltliche Ebene der hier im konkreten Fall zu vermittelnden Inhalte speist sich aus den vielfältigen Themenaspekten von Berufsausbildung, Weiterbildung, Kompetenzerwerb im Allgemeinen, der Aufklärung der die Berufsausbildung betreffenden 105 institutionellen Rahmenstruktur und der vielfältigen Aspekte konkreter Berufsverläufe und Karrieremuster, bis hin zur Aufklärung über mögliche Hilfsmittel, kommunale und staatliche Förderungen: Aus all dem, dessen es bedarf, um eine Berufsausbildung als erstrebenswert anzusehen, auf der Grundlage von Kenntnissen über Mittel und Möglichkeiten eine Wahl zu treffen und einen Ausbildungs- und Karriereverlauf erfolgreich in die eigene Hand zu nehmen. Diese Inhalte sind im Internetforum sehr leicht in multimedialer Weise, etwa durch Einbindung von Filmen, Videos, interaktiver Simulationssoftware, schon existierender Lernprogramme oder verbaler Dokumentationen einzubringen und zur allgemeinen Diskussion zu stellen. In einer so strukturierten Diskussion kommen schnell alle wesentlichen Probleme, Hemmnisse, Wissens- und Kenntnislücken der Beteiligten zur Sprache. Hier kann auch der im Netz immer gegebene überregionale Austausch besonders hilfreich sein. So lassen sich hilfreiche Ratschläge von älteren an jüngere Nutzer, von bereits ins Berufsleben oder einen Ausbildungsprozess Integrierten an neu Hinzukommende vermitteln. Der multimedial aufbereitete Interaktionsprozess im Internet kann sich zu einem sich selbst organisierenden, Aufklärungs- und Anleitungsnetzwerk entwickeln, in dem der Moderator nur noch in Fällen drohender Stagnation und als allgemeine Kontrollinstanz eingreifen muss. Das unseren informellen Studien zufolge große Interesse und die häufige Frequentierung von Internetcafés gerade durch türkische Jugendliche – die zu der hier primär anvisierten Problemgruppe zu rechnen sind – legt nahe, den Einrichtungen von Berufsinformations- und Aufklärungszentren die Form von Internettreffpunkten zu geben. Hier könnte u.a. der Aufbau eines solchen thematisch moderierten Netzwerkes stattfinden und auch PC-unerfahrenen Jugendlichen der Zugang zu diesem Medium ermöglicht werden. Mit der Einrichtung solcher Informationszentren in der Form von Internetcafés lassen sich gleich mehrere wichtige Integrations- und Motivationsziele ins Auge fassen: Der erste Punkt betrifft die hohe Attraktivität: Die Jugendlichen sind aus eigenem Interesse motiviert, einen solchen Ort regelmäßig aufzusuchen. Die Internettreffpunkte sollten möglichst wenig von den vorhandenen Treffpunkten abweichen, d.h. sie sollten von den Jugendlichen primär als Orte des Freizeitvergnügens, des Treffens mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten und der Peer-Kommunikation angesehen werden. Wird ein Internettreff als Lern- und Informationstreffpunkt deklariert, dürften Interesse und Frequentierung von vornherein gegenüber anderen Jugendeinrichtungen benachteiligt sein. Zudem erzeugt eine gute, technisch auf dem neuesten Stand befindliche Ausstattung gerade bei den technikbegeisterten Jugendlichen eine ganz besondere 106 Anziehungskraft, sowie Respekt und Stolz im Umgang mit den Möglichkeiten dieser multimedia Umgebung. Neben diesem hohen Attraktivitätsvorschuss ist das Internet selbst ein ausgezeichnetes Informations-, Aufklärungs- und Lerninstrumentarium. Hier bieten sich die in der neueren Literatur schon vielfältig aufgezeigten Möglichkeiten, von der einfachen Informationsbeschaffung, über die aktive Teilnahme an lernproduktiven Diskussionsprozessen bis hin zur Selbstgestaltung eigener kulturspezifischer Informations- und Lernumgebungen, die die fortgeschrittenen Nutzer ihren weniger erfahrenen Altersgenossen zur Verfügung stellen können. Bezüglich der strukturellen Möglichkeiten netzbasierter Lernprozesse lassen sich drei Ebenen unterscheiden und die didaktisch vorteilhaften psychologischen, sozialen und kulturellen Aspekte der multimedialen Lernsituation hervorheben: Neben einer möglichst handlichen und didaktisch ausgereiften, auf maximale Interaktivität ausgerichteten Strukturierung ist die Einbettung der Lerninhalte in alltägliche lebensweltliche Kontexte von größter Wichtigkeit. Die inhaltlichen Problemstellungen und Aufgaben können in der Internetumgebung bestens im Blick auf schon vertraute alltägliche Probleme und kognitive Herausforderungen konzipiert, und so schon vorhandenes Wissen und vorhandene Kompetenzen verfügbar gemacht werden. Weiterhin kann die alters- und bezugsgruppenspezifische Alltagskultur der Lernenden bei der inhaltlichen Präsentation im netzbasierten Lernprozess sehr gut berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die Ergebnisse aktueller lern- und motivationspsychologischer Forschungen erscheint es unverzichtbar, in den Lernprozess von Beginn an Formen reflexiver Selbstthematisierung der Lernenden bezüglich ihrer eigenen Fähigkeiten und der eigenen Motivationsstruktur einzubauen. Der produktive Umgang mit lernbedingten Frustrationen hängt in entscheidendem Maße von den Konzeptionen ab, die sich die Betreffenden von ihrer eigenen Intelligenz und ihren Fähigkeiten machen. Gerade die multimediale Arbeitsumgebung scheint bestens dafür geeignet, neben den inhaltlichen auch die reflexiven Perspektiven in den Lernprozess zu integrieren. Erfolg oder Misserfolg von Lernvorhaben hängen in entscheidendem Maße von der Struktur der sozialen Kontexte ab, in denen sie realisiert werden. Formen genuin kollaborativen Lernens, durch die sich jeder Lernprozess als Forschungs- und Explorationsprozess eines Teams entwickelt und nicht als bloße Präsentation von Ergebnissen erfahren wird, lassen sich im Rahmen virtueller Arbeitsgruppen und problemorientierter Chat-Foren in völlig neuer Art und Weise realisieren.23 Zugleich bietet sich im Internetcafé mit den beschriebenen Motivations-, Informationsund Lernmöglichkeiten auch ein weites Feld beruflicher Möglichkeiten an: Hierzu zäh23 Vgl. u.a. Dweck 1999 107 len all jene Tätigkeiten, die im Bereich der Strukturierung, des Auf- und Ausbaues, der Weiterentwicklung bzw. Wartung und serviceleistender Betreuung der Neuen Medien selbst anzusiedeln sind. Hier ließe sich direkt, ausgehend von der FreizeitgestaltungsUmgebung des Internetcafés, über ein kundiges Aufklärungs- und Motivationsmanagement, bis hin zum konkreten Kennenlernen berufsbezogener Tätigkeiten und Ausbildungsinhalte alles auf einen Punkt hin und an einem Ort konzentrieren. Die besondere Strukturierung solcher Treffpunkte im Hinblick auf Information, Motivation und Anleitung zur Integration in den Arbeitsmarkt ist Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Projektes. Den schon erwähnten Studien und eigenen Vorarbeiten gemäß muss bei einer solchen Strukturierung besonders die Einbettung der berufsbezogenen Informations- und Lernziele in die spezifischen Vorgaben der betreffenden Jugendkultur angestrebt werden. Dies aber stellt einen motivations- und kognitionspsychologischen Vorteil dar. Die Einbettung von Kompetenzerwerbsprozessen in eine lebensweltlich vertraute soziale Umgebung ist – ebenso wie der Wissenserwerb auf der Grundlage von PeergroupInteraktionen – ein phylo- wie ontogenetisch ursprünglicher Lernmodus, dessen effizienzsteigernde Wirkungen gerade die Forschungen zum internetbasierten sozialen Lernen neuerdings verstärkt hervorheben. Hier lässt sich die Forderung anschließen, die spezifischen Informations-, Aufklärungsund Lernangebote möglichst detailliert in die am Treffpunkt vorhandene türkische Jugendkultur einzugliedern. Die Aufklärung über berufliche Karrierechancen, Bedingungen und Möglichkeiten von Berufsausbildung wie auch bezüglich der grundsätzlichen gesellschaftlichen Attraktivität von Berufstätigkeit und Berufskarriere stößt nur dann nicht von vornherein auf Ignoranz und Ablehnung, wenn sie in der entsprechenden Sprache der Jugendlichen und unter Bezugnahme auf deren Sozialstatus, auf vorhandene Rollen- und Selbstbildgefüge und mit dem zelebrierten sozialen Ausdrucksrepertoire betrieben wird. Hier bietet sich als mit Abstand attraktivste Möglichkeit der Einsatz von befähigten und eigens geschulten oder zumindest intensiv instruierten türkischen Coaches oder Moderatoren an. Diese Personen sollten selbst der Szene angehören und über die Ausdrucksmittel und das entsprechende jugendkulturelle Insiderwissen verfügen. Ein weiterer Vorzug der Einrichtung von ausbildungsbezogenen Kompetenzerwerbszentren als Internetcafés liegt in dem besonderen Transferstatus von Freizeit und Beruf bzw. von Freizeitgestaltung und Kompetenzerwerb, den das Internet als vielfältiges Informations-, Lern- und Unterhaltungsmedium besitzt. So kann von zu Hause aus ebenso einfach und produktiv auf die gebotenen Informationsgehalte und virtuellen sozialen Netzwerkstrukturen zurückgegriffen werden, wie 108 von den eigens hierfür eingerichteten Räumlichkeiten. Dies ließe sich durch ein spezielles für die weiterführende private Nutzung konzipiertes Angebot, etwa ein inhaltlich moderiertes Diskussions- und Lernnetzwerk und eigene Websites, die sich durch ein stetig aktualisiertes Informationsangebot sowie durch eine weit verzweigte Linkstruktur auszeichnen, bewerkstelligen. Auf diese Weise könnten Beratung, Betreuung und besonders auch die themenspezifische Peergroup-Diskussion zu jeder Zeit auch außerhalb der Treffpunkte weitergeführt werden. Zu den speziellen Angeboten könnten beispielsweise auch die auf dem Prinzip der Mailing-List basierenden Diskussionsforen und die Einrichtung von thematisch moderierten Chat-Foren sowie besondere interaktive Informationssoftware zählen. Sie könnten auf leicht verständliche Weise in das Wesen der Berufsausbildung und die dazugehörigen Institutionen des Arbeitsmarktes und der berufsimmanenten Karrieremöglichkeiten einführen. Als letzter, aber ungleich gewichtiger Punkt der hier erläuterten Konzeption sei noch die Möglichkeit erwähnt, die besondere soziale Bedeutung des Internets zu nutzen, um über das bei den Jugendlichen geweckte und entfaltete Interesse auch die Elterngeneration miteinzubeziehen. Kinder und Jugendliche nehmen das Internet und neue Technologien als einen selbstverständlichen Bestandteil ihrer Lebenswelt an und integrieren diese Neuerungen in ihre alltäglichen Aktivitäten. Diese Selbstverständlichkeit im Umgang mit Neuen Medien könnte von den türkischen Kindern und Jugendlichen an ihre Elterngeneration herantragen werden. Dadurch könnte die Nutzung von Neuen Medien zu Hause eingeführt werden, wobei sich den Eltern ein mit hohem sozialen Status ausgestattetes, interaktives Informations- und kulturelles Teilnahmeforum erschließen würde. 109 110 Kapitel 5 Schluss Die Bedeutung der Medien, insbesondere der Neuen Medien, für die Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft ist kaum zu überschätzen. Ist auch die Forschungssituation in diesem Themensegment noch sehr unbefriedigend, so kann gleichwohl auf der Grundlage der bislang im Rahmen des Forschungsprojekts erzielten Erkenntnisse bereits ein Beitrag für die Praxis zugunsten einer umfassenderen Integration mit Hilfe der Neuen Medien geleistet werden. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die analysierten Zusammenhänge zwischen Bildungsvoraussetzungen, familialer Sozialisation und den Möglichkeiten der Einwirkung durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen, von grundsätzlicher Bedeutung für die Einbindung aller Bevölkerungsgruppen in den Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft sind. Damit zeigt sich zudem, dass aus einer intensiven Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten der Integration auch neue Impulse für das Gemeinwesen entstehen können. Im Zentrum des Projekts steht die Frage nach den Möglichkeiten durch Bildungsaktivitäten die Integration der Migranten, insbesondere der jugendlichen Migranten zu verbessern. Die Ergebnisse aus der sozialwissenschaftlichen Bildungsforschung – die im vorliegenden Bericht nicht näher dargelegt wurden – konstatieren eine traditionell sehr starke Verknüpfung zwischen Bildung, Erwerb und sozialer Position in der Bundesrepublik und gehen sogar von einer zunehmenden Bedeutung der Bildung für den Berufsstatus aus.1 Dies gilt als Grundlage für die im Rahmen des Forschungsberichts entwickelten Lösungen: Wird Integration als Chance auf gleiche Teilhabe an allen Lebensbereichen betrachtet, so bedeutet dies, dass der Bildungszugang einer der wichtigsten Faktoren für die gesamtgesellschaftliche Integration ist. Dieser Bildungszugang ist jedoch – wie vielfach belegt – für Migranten und Inländer keineswegs gleich. Vielmehr haben sich vielfältige Facetten der Chancenungleich1 Müller 2001 111 heit im Laufe der Jahrzehnte nicht aufgelöst, sondern zu einer sich wechselseitig stützenden, sozialen Struktur verfestigt. Vor dem Hintergrund eigener empirischer Untersuchungen zur Wirkung von durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierten Qualifizierungsmaßnahmen2 wurde deutlich, dass die traditionellen Förderinstrumente zur Verbesserung der Bildungssituation nur unzureichend in der Lage sind, Disparitäten in der Teilhabe zu reduzieren. Es spricht zudem sehr viel dafür, dass der ernüchternde Befund bezüglich der Wirkung von traditionellen Qualifizierungsmaßnahmen auch auf andere, sogenannte bildungsferne Personengruppen zutrifft. Die Ineffizienz vieler Maßnahmen geht dabei letztlich zurück auf fehlende Voraussetzungen bei jenen, die es zu fördern gilt. Mit anderen Worten: Die bei gesellschaftlich integrierten Personengruppen an ihre Kinder über Prozesse der familialen Sozialisation vermittelten Wertvorstellungen bezüglich Leistung, Eigenverantwortlichkeit und Bildung, sind bei vielen jugendlichen Migranten und weiteren bildungsfernen Personengruppen nicht im erforderlichen Maße vorhanden. Bildungsangebote werden daher von Letzteren kaum angenommen und eigene Bildungsaktivitäten erfolgen nur sehr unzureichend. Vor diesem Hintergrund können auch Sanktionen nur sehr eingeschränkt eine Verhaltensänderung bewirken, da Bildung sich auf eine spezifische innere Disposition gründet, die eng an Freude, Interesse und Neugierde in Bezug auf das Lernen gebunden ist und somit nicht mit externem Druck vereinbar ist. Die eigentliche Ursache der Ineffizienz vieler Bildungsmaßnahmen, insbesondere für jugendliche Migranten, liegt daher in der stillschweigenden Annahme einer unmittelbar in Gang zu setzenden Aktivität, die jedoch an spezifische Voraussetzungen gebunden ist. Es geht somit entscheidend darum, zunächst jene Voraussetzungen zu schaffen, damit im Anschluss daran Bildungsangebote angenommen werden und sich Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit gegenüber der Bildung entwickeln können. Mit diesem Zwischenergebnis unserer Forschung lassen sich nunmehr für die Sozialwissenschaft, aber auch für die Wirtschaftspolitik und insbesondere für die Bildungspolitik weitere wichtige Schritte unternehmen. Ohne an dieser Stelle die Tragweite dieses Zwischenergebnisses für die einzelnen Politikfelder näher erläutern zu können, soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass letztlich alle Arbeitsmarktmaßnahmen, die eine qualifizierende Komponente enthalten, von einer Grundbereitschaft des Lernens ausgehen. Seit Ende der 90er Jahre werden in der Berufsbildungsforschung die Schlagwörter ”Kompetenzentwicklung” bzw. ”selbstorganisiertes Lernen”3 diskutiert.4 Beide Fähigkeiten sollen unter den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen den Beschäftigten den Weg in die Wissensgesellschaft weisen. 2 Erpenbeck/Sauer 2000; Mangold/Soultanian 2001 2000 4 Mangold/Soultanian 2001 3 Erpenbeck/Sauer 112 Diese hohen Erwartungen, die gegenwärtig und in noch höherem Maße zukünftig an die Jugendlichen herangetragen werden, können jedoch nur erfüllt werden, wenn bei allen Bevölkerungsgruppen auf die oben genannten Grundlagen der Bildungsaneignung rekurriert werden kann. Stellen doch selbstorganisierte Bildungsprozesse wesentlich höhere Anforderungen an das Individuum hinsichtlich einer Verinnerlichung der bildungsbezogenen Werte, als dies noch zu einer Zeit der Fall war, in der es lediglich um die Aneignung von extern als relevant bewertetem Wissen ging. Da die Eigenverantwortung und Selbstorganisation bezüglich der Bildung bereits fester Bestandteil nationaler und europäischer Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist und die mit ihnen verbundenen Metakompetenzen bei den Individuen stillschweigend erwartet werden, droht eine neue und noch tiefer reichende Spaltung, die die Integration von bildungsfernen Personengruppen in den Arbeitsmarkt zusätzlich erschwert. Dies betrifft in besonderem Maße die Migranten. Diese Entwicklung kann jedoch abgewendet werden, wenn das Augenmerk auf die Bildungsvoraussetzungen bzw. auf die Möglichkeiten der Schaffung dieser Voraussetzungen gerichtet wird. Wie im vorliegenden Forschungsbericht dargestellt wurde, stehen insbesondere durch das Unterhaltungsfernsehen sehr attraktive Möglichkeiten zur Verfügung, die Dispositionen von Jugendlichen zugunsten einer eigenständigen Bildungstätigkeit zu verändern. Auch das Internet kann hierbei eine wichtige Rolle einnehmen. Aus den vielfältigen Möglichkeiten im Kontext des Fernsehens sind zwei analytisch zu trennende Optionen grundsätzlich hervorzuheben. So kann einerseits Wissen – z.B. über die Funktionsweise von Institutionen, wie der Bundesagentur für Arbeit, neue Förderbestimmungen wie jene, die durch die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe entstanden sind – und andererseits komplexere Handlungsmuster – z.B. der Umgang mit sozialen Konflikten in der Schule oder am Ausbildungsplatz – in narrativen Fernsehunterhaltungsformaten vermittelt werden. Bei näherer Betrachtung können daher auch für die Bildung grundlegende Handlungsmuster, wie z.B. jene einer systematischen, reflektierten und geduldigen Auseinandersetzung mit einem Problem, als modellhaft zu übernehmende Handlungsmuster in Unterhaltungsformate integriert werden. Dabei wird das Ziel der Übernahme der Handlungsmuster nur erreicht, wenn u.a. die Unterhaltungswirkung sehr ausgeprägt ist. Es ist davon auszugehen, dass die Unterhaltungseffekte weitgehend unabhängig von der Art der dargebotenen Handlungsmuster wirksam sind und insofern keine grundsätzlichen Probleme bei der Verknüpfung von narrativ integrierten spezifischen Handlungsmustern und einem hohen Unterhaltungswert auftreten. Mit anderen Worten: Ob sich in einer Soap Opera ein türkischer Darsteller mit Hilfe von Aushilfstätigkeiten in einem Gemüseladen, in einer Diskothek oder einer Werkstatt über die Runden schlägt, oder ob er eine naturwissenschaftlich113 technische Berufsausbildung absolviert, ist für den Unterhaltungswert zunächst relativ irrelevant. Im ersten Fall würde jedoch ein Klischee reproduziert, das sowohl seitens der Migranten als auch seitens der Inländer negative Wirkungen hervorbringt. Im zweiten Fall jedoch würde ein Klischee überwunden und eine positive Anregung für die Berufswahl vermittelt. Die soziale Realität der Situation von Migranten in Deutschland würde sich sukzessive verändern und die Integration in einem inhaltlich gehaltvollen Sinn verwirklichen lassen, sofern die Wirkung der Darstellung von Handlungen und Kontexten entsprechend reflektiert berücksichtigt würde. Der vorliegende Forschungsbericht wollte hierzu einen ersten Beitrag leisten, wohl wissend, dass noch zahlreiche Fragen unbeantwortet sind. So nicht zuletzt ethische Fragen, die mit einer zielgerichteten Beeinflussung von Jugendlichen über das Unterhaltungsfernsehen verbunden sind, aber auch die Problematik der Übertragbarkeit der Vorgehensweise auf andere bildungsferne Personengruppen und darüber hinaus die Frage nach neuen Chancen, die sich aus der gegenwärtig sich vollziehenden Digitalisierung des Fernsehens für die Integration von Migranten ergeben. Des Weiteren wäre natürlich besonders wichtig sicherzustellen, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus der Untersuchung auch nachhaltig bei der Produktion von Unterhaltungsformaten berücksichtigt werden. Die letztgenannte Aufgabe wird aufgrund der Beharrlichkeit großer Institutionen und der tief verankerten stereotypen Vorstellungen über Migranten sowie der traditionellen Ansichten über die Beziehung zwischen Bildung und Unterhaltung erhebliche Mühe bereiten. Gleichwohl können über die skizzierten Vermittlungswege weitgehend kostenneutral, zeitnah und zugleich mit langfristiger Wirkung wesentliche soziale und wirtschaftliche Ziele gleichermaßen erreicht werden. Die genannten Forschungsfragen bzw. Aufgaben der Umsetzung stehen daher im Zentrum der im Jahr 2004 laufenden Arbeit des ZKM | Instituts für Medien und Wirtschaft im Auftrag des Sozialministeriums Baden-Württemberg bzw. befinden sich in Vorbereitung. 114 Kapitel 6 Literaturverzeichnis Addis, Adeno (1992): Individualism, Communitarism and the Rights of Ethnic Minorities. In: Notre Dame Law Review 67, S. 615 - 676 Adeney, Bernard T. (1995): Strange Virtues. Ethics in a Multicultural World. Downers Grove, IL: InterVarsity Press Agentur für Medien und Kommunikation Lab One GmbH (2002): Lebenswelten Deutschtürken 2002. www.deutschtuerken2002.de. Berlin Alasuutari, Pertti (Hrsg.) (1999): Rethinking the Media Audience. London: Saga Albers, Hartmut (1994): Minderheiten in der Rechtsprechung. In: Barwig, Klaus et al. (Hrsg): Vom Ausländer zum Bürger. Baden-Baden: Nomos, S. 195 - 209 Aldrich, Howard/Jones, Trevor/McEvoy, David (1984): Ethnic Advantage and Minority Business Development. 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