Bestimmung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber - E
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Bestimmung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber GUTACHTEN FÜR DIE E-CONTROL Juni 2012 © Frontier Economics Ltd, London. Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics i Bestimmung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber Executive Summary 1 Grundsätzliches Vorgehen ................................................................... 1 Methodik und Ergebnisse der quantitativen Analyse ............................ 1 E-Control „2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“ ......................................................... 4 Schlussfolgerung ................................................................................ 11 1 Einleitung 13 2 Methodik 15 2.1 Bewertung der aktuellen Methodik ........................................... 15 2.2 Gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen .............. 20 2.3 Anzuwendendes Modell ........................................................... 22 3 Quantitative Analyse 3.1 Risikoloser Zins ........................................................................ 24 3.2 Risikoaufschlag für Fremdkapital ............................................. 33 3.3 Beta-Faktor .............................................................................. 45 3.4 Marktrisikoprämie ..................................................................... 54 3.5 Steuersatz ................................................................................ 62 3.6 Kapitalstruktur .......................................................................... 62 3.7 Zusammenfassung und Ableitung der Berechnungsformeln .... 69 4 Internationaler Vergleich 24 73 Anhang I – Vergleichsunternehmen für die Beta-Bestimmung 77 „Short List“ (Engere Stichprobe) ......................................................... 83 Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 85 Betrachtungszeitraums und Datenfrequenz ....................................... 85 Wahl der Vergleichindizes .................................................................. 88 Anpassung der Roh-Betas ................................................................. 89 Inhaltsverzeichnis ii Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Anpassung der Kapitalstruktur............................................................ 92 Inhaltsverzeichnis Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics iii Bestimmung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber Abbildung 1. Schematischer Vergleich der Ermittlungsmethoden 19 Abbildung 2. Umlaufrenditen österreichischer Staatsanleihen – verschiedene Restlaufzeiten, Monatswerte 2005 – 2012 26 Abbildung 3. Umlaufrenditen Euroraum Anleihen österreichischer, Abbildung 4. Fristigkeitsstruktur Energieunternehmen von Anleihen deutscher und 29 österreichischer 32 Abbildung 5. Zusammenhang zwischen Risikotreibern, Ratings und Risikoaufschlägen 36 Abbildung 6. Debt Spreads von Energieunternehmen mit A Rating 38 Abbildung 7. Debt Spreads (2-Jahres-Mittelwert), nach Rating geordnet 39 Abbildung 8. Moody's Umlaufrenditen Europäischer Anleiheindizes von 42 Abbildung 9. Umlaufrenditen von österreichischen Energieunternehmen im Vergleich zu risikolosem Zinssatz 44 Abbildung 10. Ansatz für die Zusammenstellung unserer Stichprobe47 Abbildung 11. „reine Netzbetreiber“ – Vergleichsgruppe für Beta Berechnung 50 Abbildung 12. Ergebnisse der Asset-Beta-Schätzungen für „reine Netzbetreiber“ 52 Abbildung 13. Beta für allgemeine Energieunternehmen und „reine Netzbetreiber“ 53 Abbildung 14. Kein direkter Zusammenhang zwischen Zeithorizont und Volatilität 56 Abbildung 15. Durchschnittliche Marktrisikoprämien 1900 – 2010 historisch beobachtete 59 Abbildung 16. MRP für Zeitperiode 2005-2011 (Weltindex) 61 Tabellen & Abbildungen iv Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 17. Beobachtete Verschuldungsgrade reiner Netzbetreiber und Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten auf Basis von Marktwerten 65 Abbildung 18. Bestimmungsfaktoren des Ratings 67 Abbildung 19. Ermittlung der verschuldeten Betas 70 Abbildung 20. Ableitung des Eigenkapitalzinssatzes 71 Abbildung 21. Berechnung Fremdkapitalkosten des WACC aus Eigen- und 71 Abbildung 22. Bereinigung der Betas um die Kapitalstruktur und Steuern 93 Tabelle 1. Zusammenfassung Quantitative Analyse Tabelle 2. Betafaktoren Vergleichsunternehmen (unverschuldet) Tabelle 3. Durchschnittliche Bundesanleihen Umlaufrenditen 2 der FGW 10 vergleichbarer 30 Tabelle 4. Debt Spreads der größeren Stichprobe 38 Tabelle 5. Debt Spreads der engen Vergleichsgruppe 41 Tabelle 6. Debt Spreads basierend auf europäischen Anleiheindizes 43 Tabelle 7. Ergebnisse der Asset-Beta-Schätzungen Netzbetreiber“ und allgemeine Energieunternehmen für „reine 53 Tabelle 8. Verschuldungsgrad aus regulatorischen Entscheidungen 68 Tabelle 9. Berechnung Fremdkapitalkosten 69 Tabelle 10. Berechnung verschuldetes Beta 70 Tabelle 11. Berechnung Eigenkapitalzinsen nach Steuern 71 Tabelle 12. Berechnung WACC 71 Tabelle 13. Regulatoren Entscheidungen zu Parameter des WACC 75 Tabelle 14. Anpassung des Beta-Faktors für Prognosezwecke Tabellen & Abbildungen 91 Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics v Tabellen & Abbildungen Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 1 Executive Summary Energie-Control Austria (E-Control) hat Frontier Economics Ltd. (Frontier) beauftragt, in einer Untersuchung den zuletzt in Österreich verwendeten Ansatz zur Bestimmung der Kapitalkosten von Gasnetzbetreibern vor dem Hintergrund der geänderten rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu überprüfen. Basierend darauf soll zudem eine empirische Analyse der Finanzierungskosten der Gasnetzbetreiber in Österreich vorgenommen werden. Im Folgenden fassen wir die Ergebnisse unserer Analyse zusammen. Grundsätzliches Vorgehen Wir empfehlen die prinzipielle Beibehaltung des bisher in Österreich angewandten Ansatzes der Berechnung der Kapitalkosten basierend auf dem „Weighted Average Cost of Capital“ (WACC)-Ansatz mit kalkulatorischen Fremdkapitalkosten und normierter Kapitalbasis sowie der Ableitung marktüblicher Eigenkapitalkosten unter Nutzung des „Capital Asset Pricing“ Modells (CAPM). Die Anwendung des WACC zur Bestimmung der Finanzierungskosten von Gasverteilnetzbetreibern wurde im § 80 GWG 2011 explizit festgeschrieben. Es finden sich keine Hinweise dafür, dass dieser Ansatz für die Gasfernleitungsnetzbetreiber nicht zur Anwendung gelangen sollte. Der WACC Ansatz ist zudem geeignet, die sich durch die aktuellen ökonomischen Entwicklungen ergebenen aktuellen Änderungen der Marktbewertung und -parameter zu berücksichtigen. Vor allem durch die Finanzkrise haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jüngst verändert. Diesem Umstand kann bzw. sollte durch eine sorgfältige Interpretation der Ergebnisse und Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden. Notwendige Änderungen an der prinzipiellen Methodik lassen sich daraus unserer Ansicht nach nicht ableiten. Methodik und Ergebnisse der quantitativen Analyse Auf Basis der Methodenempfehlung leiten wir die Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber quantitativ ab. Tabelle 1 fasst unsere empirischen Ergebnisse zusammen und leitet aus den Parametern die jeweiligen Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten sowie den WACC ab. Dabei definieren wir eine untere und obere Bandbreite. Executive Summary 2 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Tabelle 1. Zusammenfassung Quantitative Analyse Untere Grenze Risikoloser Zins Obere Grenze 3,27 % Risikozuschlag für Fremdkapital 1,36% 1,55% Fremdkapitalzinssatz (vor Steuer) 4,63 % 4,82 % Marktrisikoprämie 3,8% 5,0% Betafaktor 0,30 0,34 Betafaktor (verschuldet) 0,64 0,72 5,69 % 6,88 % Eigenkapitalzinssatz (nach Steuer) Steuersatz Eigenkapitalzinssatz (vor Steuer) 25 % 7,59 % Gearing WACC (vor Steuer) 9,18 % 60% 5,81% 6,56% Quelle: Eigene Berechnung Die Bandbreiten spiegeln die trotz Auswertung aller verfügbaren Informationen verbleibende Unsicherheit der Schätzung wider. Für die regulatorische Praxis ergibt sich dennoch die Notwendigkeit aus diesen Bandbreiten einen einzelnen Wert als Berechnungsgrundlage abzuleiten. Grundsätzlich sind dabei zwei mögliche pragmatische Strategien denkbar, wie mit derartigen Bandbreiten umgegangen werden kann: Fehlerminimierung – Um mit den für die Regulierung zu Grunde gelegten Wert trotz Unsicherheit dem – nicht beobachtbaren – faktischen Wert anzunähern und damit den evtl. auftretenden Fehler zu minimieren, bietet sich eine Positionierung in der Mitte der Bandbreite an. Hierbei würde der Gesamtfehler minimiert und die Richtungen der Abweichung (Über- oder Unterschätzung) somit implizit als gleichwertig angesehen. Vorsichtsprinzip – Alternativ könnte durch den Regulierer die Gefahr einer Über- und Unterschätzung aufgrund ihrer Auswirkungen unterschiedlich bewertet werden. Hierzu sind sowohl die regulierten Unternehmen als auch die Nutzer der regulierten Dienstleistung zu betrachten. Falls eine derartige Asymmetrie identifiziert würde, könnte unter Verfolgung des Executive Summary Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 3 Vorsichtsprinzips eine Positionierung über oder unter dem Mittelwert gerechtfertigt sein. Nachfolgend erläutern wir die Ermittlung der einzelnen Parameter für die WACC Berechnungen: Risikoloser Zins – Für die Schätzung des risikolosen Zinssatzes verwenden wir den 5-Jahresdurchschnitt der österreichischen Sekundärmarktrendite. Aufgrund der Mischung verschiedener Restlaufzeiten liegt die durchschnittliche Restlaufzeit dieses Portfolios bei 7,8 Jahren. Bei der Auswahl der Anleihen sollte die typische Finanzierungsstruktur von österreichischen Energieunternehmen berücksichtigt werden. Dabei zeigt sich, dass die tatsächliche Fristigkeitsstruktur von ausstehenden Anleihen österreichischer Energieunternehmen bei durchschnittlich knapp 6 Jahren liegt. Daraus kann gefolgert werden, dass die derzeit verwendete Sekundärmarktrendite als Referenzwert geeignet ist. Der Vorteil der Verwendung der Sekundärmarktrendite liegt in der Transparenz und leichten öffentlichen Verfügbarkeit. Weiters spricht die Kontinuität für die Verwendung der Sekundärmarktrendite, da diese seit Beginn der Liberalisierung zur Berechnung des risikolosen Zinssatzes verwendet wurde. Risikoaufschlag für Fremdkapital – Für die Ableitung des Risikozuschlags, den Fremdkapitalgeber zusätzlich zum risikolosen Zins fordern, analysieren wir die Risikozuschläge von börsengehandelten Anleihen vergleichbarer Unternehmen, europäische Anleihenindizes sowie Umlaufrenditen von österreichischen Energieunternehmen. Wir ziehen dabei den 2-Jahresdurchschnitt von Anleihen mit rund 10 Jahren Restlaufzeit heran. Für die enge Gruppe der Vergleichsunternehmen verwenden wir Unternehmen mit einem Rating von mindestens A-. Eine Analyse der Werte ergibt eine Bandbreite für die Risikoaufschläge (Debt Spread) von 1,36% bis 1,55% (136 bis 155 Basispunkten). Marktrisikoprämie – Dieser Wert ist generisch für alle Unternehmen und wird üblicherweise aus langen Zeitreihen internationaler Portfolios abgeleitet. Wir stützen unsere Analysen dabei auf die international umfangreichste verfügbare Datenbank eines Anlageportfolios von industrialisierten Ländern (Dimson/Marsh/Staunton). Aufgrund der jüngeren Finanzmarktentwicklungen beziehen wir uns dabei auf den Durchschnitt der Werte der Studien von 2009 bis 2011. Entsprechend dem früheren Vorgehen nutzen wir dabei eine Bandbreite aus geometrischem und arithmetischem Mittel von 3,8% bis 5,00%. Beta-Faktoren – Das Beta spiegelt das systematische (d.h. nicht diversifizierbare) Risiko des betrachteten Netzbetreibers wider und lässt sich empirisch aus der Analyse der Marktperformance von Executive Summary 4 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Vergleichsunternehmen ermitteln. Daher ist der Auswahl der Vergleichsunternehmen besondere Bedeutung beizumessen. Basierend auf einer erweiterten Stichprobe von 71 Unternehmen leiten wir anhand von Filterkriterien, z.B. regulatorisches Umfeld, regionale Streuung und Streuung der Geschäftsfelder, Datenverfügbarkeit, Liquidität, 9 reine Strom- und Gasnetzbetreiber zur Bestimmung der Asset Betas ab. Wir berechnen das durchschnittliche Asset-Beta1 der reinen Netzbetreiber auf Basis von Tagesdaten über die letzten 5, 3 und 1 Jahre. Basierend auf den Ergebnissen ermitteln wir eine Bandbreite von 0,30 bis 0,34. Steuersatz – Für die Berechnung eines Zinssatzes vor Steuern verwenden wir den österreichischen Steuersatz von 25%. Kapitalstruktur und Kapitalbasis – Unseren Berechnungen liegt eine angenommene Kapitalstruktur von 60% Fremdkapital zugrunde. Dieser Wert entspricht den beobachteten branchenüblichen Werten und ist weiters mit einem A Rating vereinbar, welches bei der Regulierung österreichischer Netzbetreiber vorausgesetzt wird. Darüber hinaus ist der Wert von 60% mit den Entscheidungen anderer Regulierer konsistent. E-Control „2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“ E-Control hat am 25.05.2012 das „2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“ veröffentlicht. Dabei wurde auch ein Vorschlag zu den Finanzierungskosten gemacht. In der Folge diskutieren wir die Angemessenheit der von E-Control angeführten Parameter zur WACC Bestimmung; und Stellungnahmen von Unternehmen und Interessensvertretungen zu den Parametern. Risikoloser Zinssatz – 3,27% E-Control legt den risikolosen Zinssatz mit 3,27% fest. Dabei wird der 5Jahresdurchschnitt der österreichischen Sekundärmarktrendite zwischen April 2008 und März 2012 herangezogen. In den Stellungnahmen gibt es dazu unterschiedliche Anmerkungen: 1 Adjustiert nach der Modigliani-Miller Methode und nach Vasicek. Eine genauere Beschreibung der Methodologie findet sich im Hauptteil. 2 Bundesarbeiterkammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Executive Summary Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 5 Gasnetz Steiermark GmbH – Begrüßt die Verwendung eines 5Jahresdurchschnitts jedoch wird statt der Sekundärmarktrendite, die Verwendung der 10-jährigen Bundesanleihe vorgeschlagen. Durch die Sekundärmarktrendite wird die Laufzeitäquivalenz laut Gasnetz Steiermark verletzt. Bundesarbeiterkammer2 – Weist auf die fallende Entwicklung der Sekundärmarktrendite seit März 2012 hin und stellt zur Diskussion inwieweit deshalb nicht ein Abschlag auf den risikolosen Zinssatz erfolgen sollte. Wirtschaftskammer3 – „Gegen die Verwendung der Sekundärmarktrendite als Basis für den risikolosen Zinssatz sprechen insbesondere die Verletzung der Laufzeitäquivalenz zu den getätigten Investitionen, das Verzerrungspotenzial der Ermittlungsmethode und die implizite Annahme einer flachen Zinskurve. Zwar entschärft das Heranziehen eines einfachen 5Jahresschnitts anstatt des ursprünglich vorgeschlagenen kürzeren Zeitraums zum Teil die aktuellen Verwerfungen auf den Kapitalmärkten. Die Grundthematik der Verwendung eines nicht sachgerechten Basiszinssatzes bleibt allerdings bestehen.“ Fachverband Gas Wärme4 – Für die Berechnung des risikolosen Zinssatzes wird der Mittelwert des gleitenden fünfjährigen Durchschnitts (auf monatlicher Basis) für den Zeitraum 31. Dezember 2006 — 2011 österreichischer Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren vorgeschlagen. Die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten sollen dabei auch die langfristigen Finanzierungszeiträume von Investitionen in die Gasnetzinfrastruktur sowie den zugrundeliegenden Finanzierungsmix abbilden. Die Anmerkungen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Wahl der Anleihe – Es wird argumentiert, dass die 10-jährige österreichische Bundesanleihe die geeignetere Anleihe zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes darstellt. Insbesondere wird angemerkt, dass durch die Verwendung der Sekundärmarktrendite die Laufzeitäquivalenz verletzt wird. Unsere Analysen der Restlaufzeiten der Anleihen österreichischer Energieunternehmen haben gezeigt, dass die Restlaufzeiten mit denen in der 2 Bundesarbeiterkammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 15.06.2012. 3 Wirtschaftskammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 11.06.2012. 4 Fachverband Gas Wärme, Angemessene gewichtete Kapitalkosten für Gasnetzbetreiber in Österreich zum 31. Dezember 2011, 26.April 2012. Executive Summary 6 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich in der Sekundärmarktrendite enthaltenen Anleihen ungefähr übereinstimmt. Der Finanzierungsmix wird somit durch die Sekundärmarktrendite sachgerecht abgebildet, weshalb eine Verletzung der Laufzeitäquivalenz nicht vorliegt. Wir sehen deshalb die Sekundärmarktrendite als sachgerechte Anleihe zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes. Durchschnittsbildung – Zur Glättung der Auswirkung der Finanzkrise verwendet E-Control das arithmetische Mittel über 5 Jahre. Dies stellt eine übliche Methodik zur Glättung von Volatilitäten dar. FGW verwendet im Unterschied dazu einen rollierenden Durchschnitt. Durch die Verwendung des rollierenden 5 Jahresdurchschnittes bezieht FGW das Zinsniveau von vor 10 Jahren in die Berechnung des risikolosen Zinssatzes ein. Der Rückgriff auf Werte von vor 10 Jahren zur Bestimmung des künftigen Zinsniveaus steht jedoch im Widerspruch zu einer anderen Anmerkung von FGW, in der gesagt wird: „Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Aussagekraft historischer Daten für künftige Kapitalmarktentwicklungen begrenzt ist.“ Dies sollte für Werte von vor 10 Jahren besonders gelten. Die Begründung für die Verwendung von Durchschnitten anstatt von Stichtagswerten, wie von FGW angemerkt, ist sinnvoll. E-Control wird dem jedoch durch die Verwendung des arithmetischen Mittels über eine Zeitperiode von 5 Jahren gerecht. Zeitraum für Durchschnittsbildung – Die Bundesarbeiterkammer kritisiert, dass zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes nicht die letztverfügbaren Daten verwendet wurden. Die Bestimmung des Stichtages für den Endpunkt der Durchschnittsbildung stellt eine regulierungspolitische Entscheidung dar. E-Control hat dazu den März 2012 gewählt. Zusammenfassend stellen wir fest, dass wir den risikolosen Zinssatz von 3,27% als sachgerecht erachten. Risikozuschlag (Debt Spread) – 1,45% E-Control hat den Risikozuschlag (Debt Spread) auf 1,45% festgelegt. In der Stellungnahme gibt es dazu unterschiedliche Anmerkungen: 5 Bundesarbeiterkammer5 – „Die Berechnung des Risikozuschlags für Fremdkapital (1,45%) kann die BAK nicht nachvollziehen. Der Wert von 1,45% erscheint jedenfalls sehr hoch gegriffen, weil Netzbetreiber einer staatlichen Regulierung unterworfen sind und die Kostenabgeltung Bundesarbeiterkammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 15.06.2012. Executive Summary Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 7 gesetzlich zugesichert ist, wodurch sich Netzbetreiber in Hinblick auf ein etwaiges Ausfallsrisiko deutlich von anderen Unternehmen unterscheiden.” Wirtschaftskammer6 – „Der Höhe nach scheint der Risikozuschlag auf den Fremdkapitalsatz im gegebenen Marktumfeld angemessen; eine nachvollziehbare Ableitung wäre wünschenswert.“ Fachverband Gas Wärme7 – Der Risikozuschlag basiert auf europäischen Anleihen von Energieunternehmen mit einer Ratingklasse A. Zur Berechnung wird ein rollierender 5-Jahresdurchschnitt herangezogen. Es ergibt sich ein Risikozuschlag von 76 BP. Die Höhe des Risikozuschlages liegt in unserer Bandbreite von 136 BP bis 155 BP. Wir erachten den von E-Control vorgeschlagenen Wert somit als sachgerecht. Der geringere Wert von FGW in Höhe von 76 BP muss im Kontext des von FGW vorgeschlagenen risikolosen Zinssatzes in der Höhe von 4,04% gesehen werden. In Summe bewegen sich die Fremdkapitalkosten (= risikoloser Zinssatz + Risikozuschlag) von FGW und E-Control mit 4,80% bzw. 4,72% auf sehr ähnlichem Niveau. Marktrisikoprämie – 5% E-Control legt die Marktrisikoprämie mit 5,00% fest. In den Stellungnahmen gibt es dazu unterschiedliche Anmerkungen: Bundesarbeiterkammer8 – „Hinsichtlich der weiteren Komponenten des WACC – Marktrisikoprämie, Beta unverschuldet, Beta verschuldet – kann die BAK aufgrund der fehlenden Quellenangaben bzw. Datenbasis keine abschließende Beurteilung abgeben. Im Vergleich zum Gutachten der deutschen Bundesnetzagentur von September 2011 (Frontier Economics) ist jedoch festzustellen, dass sich diese WACC-Komponenten im oberen Bereich einer möglichen Bandbreite bewegen.” Wirtschaftskammer9 – „Die Beibehaltung der Marktrisikoprämie auf dem Niveau der vorhergehenden Regulierungsperiode kann argumentiert werden. 6 Wirtschaftskammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 11.06.2012. 7 Fachverband Gas Wärme, Angemessene gewichtete Kapitalkosten für Gasnetzbetreiber in Österreich zum 31. Dezember 2011, 26.April 2012. 8 Bundesarbeiterkammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 15.06.2012. 9 Wirtschaftskammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 11.06.2012. Executive Summary 8 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Es sollte von der Regulierungsbehörde begründet werden, warum der Empfehlung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, die Marktrisikoprämie auf 5,5% zu erhöhen, nicht Folge geleistet wurde.“ Fachverband Gas Wärme10 – „Die Marktrisikoprämie wurde mit 5,0% angesetzt und orientiert sich an der Bandbreite von 4,5% bis 5,5%“ gemäß der aktuellen Empfehlung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Die Marktrisikoprämie von 5,0% orientiert sich dabei am Mittelwert dieser Empfehlung.“ Die Höhe der Marktrisikoprämie liegt am oberen Rand der von uns ermittelten Marktrisikoprämie von 3,8% bis 5,0%, welche auf einer der Studie von Dimson/Marsh/Staunton aufbaut11. Diese Studie hat sich, speziell im regulierten Bereich, als Standardreferenz für die Marktrisikoprämie etabliert. Aus dem Vorsichtsgesichtspunkt ist die Festlegung von E-Control vertretbar. Betafaktor (unverschuldet) – 0,325 E-Control legt den Betafaktor (unverschuldet) mit 0,325 fest. In den Stellungnahmen gibt es dazu unterschiedliche Anmerkungen: Bundesarbeiterkammer12 – „Hinsichtlich der weiteren Komponenten des WACC – Marktrisikoprämie, Beta unverschuldet, Beta verschuldet – kann die BAK aufgrund der fehlenden Quellenangaben bzw. Datenbasis keine abschließende Beurteilung abgeben. Im Vergleich zum Gutachten der deutschen Bundesnetzagentur von September 2011 (Frontier Economics) ist jedoch festzustellen, dass sich diese WACC-Komponenten im oberen Bereich einer möglichen Bandbreite bewegen.” Wirtschaftskammer13 – „Die Ableitung des unverschuldeten Beta sollte unter Angabe der Peer Group und der Quelle der Basisdaten nachvollziehbar gemacht werden. Eine Darstellung der Selektion der Vergleichsunternehmen und besonders eine Stellungnahme zur Größe der Peer Group erscheinen erforderlich, zumal als kritischer Betrachter eine Peer 10 Fachverband Gas Wärme, Angemessene gewichtete Kapitalkosten für Gasnetzbetreiber in Österreich zum 31. Dezember 2011, 26.April 2012. 11 Dimson E, Marsh P und Staunton M (2011), Global Investment Returns Yearbook 2011, London Business School, ABN Amro, Royal Bank of Scotland. 12 Bundesarbeiterkammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 15.06.2012. 13 Wirtschaftskammer, Stellungnahme zum 2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“, 11.06.2012. Executive Summary Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 9 Group von einigen wenigen Unternehmen und mit regional unzureichender Diversifikation angezweifelt werden kann.“ Fachverband Gas Wärme14 – Der FGW setzt den Betafaktor (unverschuldet) mit 0,50 an. Die Höhe des Betafaktors liegt innerhalb der von uns ermittelten Bandbreite für den Betafaktor von 0,30 bis 0,34. Zur Darstellung der Berechnungsschritte, insbesondere zur Bestimmung der relevanten Peer Gruppe verweisen wir auf Abschnitt 3.3.2. In der Folge gehen wir auf die Berechnung des Betafaktors durch FGW – insbesondere auf die verwendete Peer Gruppe ein. FGW definiert unterschiedliche Gruppen von Vergleichsunternehmen: Enge Liste: Gasnetzbetreiber Snam Rete Gas SpA – Dieses Unternehmen befindet sich auch in der Liste, die wir zur Berechnung des Betafaktors verwenden. Enagas SA – Dieses Unternehmen befindet sich auch in der Liste, die wir zur Berechnung des Betafaktors verwenden. National Grid plc - Dieses Unternehmen befindet sich auch in der Liste, die wir zur Berechnung des Betafaktors verwenden. Gas Natural SA – Dieses Unternehmen befindet sich nicht in der Liste, die wir zur Berechnung des Betafaktors verwenden. Es wurde aus unserer engen Vergleichsgruppe herausgenommen, da es laut unseren Quellen einen zu geringen Anteil seiner Umsätze im Netzbereich erwirtschaftet. Gas Natural befindet sich in unserer weiteren Vergleichsgruppe. Weitere Liste: Gasnetzbetreiber plus EVN und OMV 14 EVN – Aufgrund seiner sehr diversen Aktivitäten, sehen wir EVN nicht als geeignetes Vergleichsunternehmen. Grundsätzlich teilen wir die Einschätzung von FGW nicht, dass der Anteil am Gasnetzgeschäft bei EVN signifikant genug ist, um in die enge Vergleichsgruppe aufgenommen zu werden. Wir gehen zusätzlich davon aus, dass das Auslandsgeschäft der EVN in CEE/SEE sowie Russland vom Kapitalmarkt als eine risikoreichere Aktivität als die eines Gasnetzbetreibers gesehen wird. Fachverband Gas Wärme, Angemessene gewichtete Kapitalkosten für Gasnetzbetreiber in Österreich zum 31. Dezember 2011, 26.April 2012. Executive Summary 10 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich OMV – wir sehen OMV aufgrund seiner diversen Geschäftsaktivitäten nicht als geeignetes Vergleichsunternehmen. Die OMV eerwirtschaftet nur einen relativ kleinen Teil seiner Umsätze im regulierten Gasnetzbereich. Der Kapitalmarkt wird bei der OMV das Risiko aus dem Öl und Gasgeschäft im Nahen Osten, CEE/SEE und der Türkei, bzw. das Explorationsgeschäft als dominanten Risikofaktor sehen. Unternehmen für Vergleichszwecke – FGW gibt Unternehmen zu Vergleichszwecken an, anhand derer der ermittelte Betafaktor aus der weiten Liste plausibilisiert werden sollen. Die Unternehmen sind dabei: RWE, E.ON, GDF-Suez – Hier werden erneut nicht zum Vergleich geeignete Unternehmen für eine Plausibilisierung eines Beta Wertes für Gasnetzbetreiber herangezogen. Wir führen diese drei Unternehmen in unserer Liste allgemeiner Energieunternehmen. Die Betafaktoren dieser Unternehmen sind deutlich höher als die von reinen Netzbetreibern. Dies ist erneut aufgrund des hohen Exposures des Geschäfts zu wettbewerblichen Bereichen zu erwarten. ENI – Hier gilt das soeben gesagte, wobei wir ENI nicht in unserer Liste für Energieunternehmen führen. Zusammenfassend gilt, dass wir die Gruppe der Unternehmen, die FGW zur Bestimmung des Betafaktors für Netzbetreiber heranzieht aus oben angeführten Gründen nicht als geeignet ansehen. Die Ergebnisse für die individuellen Unternehmen sind aus der Stellungnahme von FGW nicht ersichtlich. Wir haben für die enge Liste der Netzbetreiber des FGW; und Unternehmen für Vergleichszwecke die Betafaktoren aus unseren Berechnungen ausgewertet (Tabelle 2). Es ist nicht unmittelbar ersichtlich, wie FGW auf den genannten Beta Faktor von 0.5 gekommen ist. Tabelle 2. Betafaktoren (unverschuldet) der FGW Vergleichsunternehmen 1 JahresDurchschnitt 3 JahresDurchschnitt 5 JahresDurchschnitt National Grid Plc 0,24 0,34 0,25 Snam Rete Gas 0,31 0,19 0,24 Enagas 0,42 0,39 0,39 Gaz Natural 0,42 0,49 0,37 Executive Summary Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics Durchschnitt (I) 0,35 0,35 0,31 E On AG 0,79 0,74 0,70 RWE 0,68 0,64 0,63 GDF Suez 0,75 0,81 0,76 Durchschnitt (II) 0,74 0,73 0,70 11 Quelle: Eigene Berechnungen Zusammenfassend stellen wir fest, dass wir aufgrund der sorgfältigen Zusammenstellung unserer Stichprobe und der daraus resultierenden Bandbreite von 0,30 und 0,34 den Betafaktor von 0,325 als sachgerecht erachten. Schlussfolgerung Nach der Gegenüberstellung der Anmerkungen der Interessenvertreter mit den Entscheidungen von E-Control und unserer Analyse halten wir fest, dass wir den WACC (vor Steuern) in Höhe von 6,42% im „2. Konsultationspapier zur Ausgestaltung der 2. Regulierungsperiode Gas“ für sachgerecht erachten. Executive Summary Vertraulich 1 Juli 2012 | Frontier Economics 13 Einleitung Die bisher in der regulatorischen Praxis in Österreich zur Bestimmung der Finanzierungskosten von Gasnetzbetreibern angewandten Gutachten stammen aus den Jahren 2002 und 2003. Seit diesem Zeitraum haben sich zahlreiche Gesetze und auch allgemeine Rahmenbedingungen geändert, weshalb eine Überprüfung und ggf. Anpassung bzw. Aktualisierung der Ermittlung von Finanzierungskosten für die ab 1. Januar 2012 geltende 2. Anreizregulierungsperiode für Gasverteilnetzbetreiber sinnvoll und notwendig erscheint. Energie-Control Austria (E-Control) hat Frontier Economics Ltd. (Frontier) daher mit einer Studie zur Bestimmung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber beauftragt. Zweck der Studie ist die Aktualisierung der bisher zur Anwendung gebrachten Parameter im Rahmen der Bestimmung angemessener Finanzierungskosten für Verteil- und Übertragungsnetzbetreiber im Gasbereich. Dabei sind auch mögliche Auswirkungen von geänderten rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu überprüfen und eine Handlungsempfehlung für die Zukunft abzuleiten. In diesem Gutachten fassen wir die Ergebnisse unserer Analyse zusammen. Das Dokument gliedert sich dabei in drei Hauptabschnitte: Methodik – Zunächst leiten wir eine Empfehlung hinsichtlich der anzuwenden Methodik ab. Dazu überprüfen wir den gegenwärtig genutzten Analyseansatz vor dem aktuellen Stand der Wissenschaft und regulatorischen Praxis; berücksichtigen die geänderten Rahmenbedingungen; und sprechen abschließend eine Handlungsempfehlung aus. rechtlichen und ökonomischen Quantitative Analyse – Nachfolgend führen wir eine empirische Analyse der Finanzierungskosten unter Umsetzung der methodischen Handlungsempfehlung durch. Hierzu bestimmen wir die einzelnen Parameter quantitativ; leiten die konkreten Berechnungsformeln zur Bestimmung der Kapitalkosten ab; und bestimmen abschließend einen Wert bzw. eine Bandbreite für die gewichteten Kapitalkosten (als Mittelwert der Finanzierungskosten für Eigen- und Fremdkapital). Einleitung 14 Einleitung Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Internationaler Vergleich – Abschließend vergleichen wir unsere Ergebnisse mit aktuellen internationalen Regulatorenentscheidungen. Vertraulich 2 Juli 2012 | Frontier Economics 15 Methodik Zunächst wird die Frage geklärt, welche Methodik für die Bestimmung angemessener Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber in Österreich zur Anwendung kommen soll. In den folgenden Abschnitten werden wir dazu 2.1 den zuletzt in Österreich verwendeten Ansatz analysieren und mögliche Alternativen vergleichen; anschließend diskutieren, inwiefern sich die geänderten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf die Methodik zur Bestimmung der Finanzierungskosten auswirken könnte; sowie abschließend eine Methodenempfehlung aussprechen. Bewertung der aktuellen Methodik Für die Bestimmung der Kapitalkosten österreichischer Gasnetzbetreiber wird momentan ein „Weighted Average Cost of Capital“ (WACC) Ansatz mit kalkulatorischen Fremdkapitalkosten und normierter Kapitalbasis sowie das „Capital Asset Pricing“ - Modell (CAPM) für die Ableitung marktüblicher Eigenkapitalkosten verwendet. In diesem Abschnitt diskutieren wir, inwiefern dieses Vorgehen noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft und der internationalen regulatorischen Praxis entspricht. Hierzu 2.1.1 stellen wir zunächst die sachlichen Kriterien zur Wahl einer geeigneten Methodik vor; diskutieren wir anschließend verschiedene methodische Ansätze; und leiten wir abschließend unsere ökonomischen Kriterien) ab. Handlungsempfehlung (nach Kriterien zur Methodenwahl Die gewählte Methodik muss zum einen den Anforderungen des gesetzgeberischen Verordnungsrahmens genügen und entsprechend die Bewertung aus einer Kostensicht heraus ermöglichen. Zusätzlich muss sie geeignet sein, Ergebnisse bereitzustellen, die unter ökonomischen Gesichtspunkten zielführend sind: Der Finanzierungskostensatz ist in einer Höhe zu bestimmen, sodass Investoren nachhaltig bereit sind, Investitionen in österreichische Gasnetzbetreiber zu tätigen. Andererseits sollten die resultierenden WACC auch nicht über die marktüblichen Kapitalkosten eines sich effizient finanzierenden Netzbetreibers hinausgehen. Aus dieser Zielsetzung heraus stellen sich folgende Anforderungen an die zu generierenden Ergebnisse: Methodik 16 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Kapitalmarktbenchmark – Die zu erwartende Verzinsung muss (mindestens) der Verzinsung einer Alternativanlage mit vergleichbarer Risikostruktur entsprechen (z.B. Investitionen in andere börsennotierte Netzbetreiber). Insbesondere müssen die Bedingungen an den nationalen und internationalen Kapitalmärkten berücksichtigt werden. Risikodiversifizierung – Ein Risiko, welches sich durch Streuung des Anlageportfolios (Diversifizierung) mindern lässt, muss nicht vergütet werden. Eine Vergütung erfolgt alleine für das verbleibende systematische Risiko. Quantifizierung – Eine geeignete Methodik muss eine quantitative Analyse erlauben. Aufgrund der Vielzahl von möglichen methodischen Ansätzen zur Bestimmung der Eigenkapitalkosten sind zur Auswahl des geeigneten Verfahrens mehrere Kriterien zur Bewertung heranzuziehen: 2.1.2 Konsistenz – Mit den Anforderungen des Kapitalmarktes und der wissenschaftlichen Fundierung; Robustheit – Unabhängigkeit von Modellierungsannahmen; sowie Praktikabilität – Das Verfahren muss mit vertretbarem Aufwand und transparentem Vorgehen umsetzbar sein. Überblick möglicher Ansätze Im Folgenden geben wir einen Überblick über mögliche Verfahren zur Ermittlung der Eigenkapitalrendite. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf Ansätze, die bereits in der finanzwirtschaftlichen Praxis erprobt sind oder sich aufgrund vorhandener Erfahrungen in Regulierungsprozessen praktisch implementieren lassen. Die Methodik der einzelnen Verfahren wird nun erläutert und deren Vor- und Nachteile diskutiert: Capital Asset Pricing Model – Der CAPM-Ansatz weist im Vergleich zu den anderen vorgestellten Ansätzen methodische Stärken auf, die die Popularität des Modells erklären Methodik Das CAPM ist ein theoretisch fundiertes Kapitalmarktmodell, das einen statistischen (ökonometrischen) Zugang eröffnet, wie aus der Entwicklung von Börsenpreisen ausgewählter Unternehmen im Vergleich zum Marktindex auf das nicht diversifizierbare Risiko eines Unternehmens geschlossen werden kann. Vertraulich 15 Juli 2012 | Frontier Economics 17 Das Model wird aus klaren theoretischen Überlegungen abgeleitet. Das Konzept, dass Eigenkapitalgeber ein Portfolio aus Vermögensgegenständen halten und sich mit dem Einfluss einer einzelnen Investition auf das gesamte Portfolio befassen, ist intuitiv nachvollziehbar. Die CAPM-Formulierung ist transparent und einfach zu implementieren. Die mit den unterschiedlichen möglichen Unternehmensentscheidungen (mit unterschiedlichen Risiken) verbundenen Renditeerwartungen werden durch den Beta-Faktor mittels eines einzelnen Parameters zusammengefasst. Diese Einfachheit ist besonders aus regulatorischer Sicht wünschenswert, da der Ansatz von Investoren nachvollzogen werden kann und somit keine „Black Box“ darstellt. Das CAPM hat sich etabliert. Besonders Unternehmen und Regulierer verwenden das Modell konsequent zur Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes. Das CAPM findet in zahlreichen Regulierungsverfahren, wie z.B. in Deutschland (Energienetze), den Niederlanden und UK Anwendung. Multifaktoren CAPM15 – Dieser Ansatz ergänzt das traditionelle CAPM um weitere Erklärungsfaktoren für die Rendite, wie z.B. die Unternehmensgröße oder die Relation von Bilanzwert zu Marktwert: Es weist dabei die gleichen Vorteile auf wie das CAPM, bietet zusätzlich aber eine bessere Differenzierung der Risikotreiber, was meist der Prognosegüte zugutekommt. Das Multifaktoren CAPM wird eher im Portfolio Management eingesetzt und weist aus regulatorischer Sicht einige Schwächen auf. So ist es analytisch weniger fundiert und generell stehen Transparenz und Einfachheit nicht an erster Stelle. Ein gravierender Nachteil, insbesondere wenn regulatorische Vorgaben gesetzt werden sollen, ist die Anreizkompatibilität des Multifaktoren CAPM. Es stellt sich die Frage, warum einem Unternehmen mit einer nicht-optimalen Kapitalstruktur oder einem schlechten Book-to-Market Value höhere Kapitalkosten zugestanden werden sollten, wie dies zum Beispiel bei der Anwendung des Fama / French Modells der Fall wäre. Vgl. Fama E. and French K. (2001), The Equity Premium, EFMA 2001 Lugano Meetings, CRSP Working Paper No. 552. Methodik 18 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Letztlich erscheint es unklar, ob eine Erweiterung der Erklärungsfaktoren im Gegensatz zum traditionellen CAPM zu einer Verbesserung der Schätzung im regulatorischen Kontext führt. Insbesondere sind die in der Literatur üblicherweise diskutierten Zusatzfaktoren in diesem regulatorischen Zusammenhang weniger bedeutsam.16 Aus diesem Grund findet das Multifaktoren CAPM keine umfassende Verbreitung in der Praxis, insb. nicht in Regulierungsverfahren. Dividend Growth Modell (DGM) – Das DGM bestimmt die erwartete Eigenkapitalrendite aus einer Kombination der aktuellen Aktienrendite (dividend yield per share) und dem erwarteten Dividendenwachstum (expected dividend growth). Vorteile des DGM sind die einfache Implementierung sowie die Nachvollziehbarkeit der Berechnung. Problematisch gestaltet sich die Wahl einer objektivierbaren Bestimmungsmethode für das erwartete Dividendenwachstum. Neben Approximationen basierend auf makroökonomischen Kennzahlen (z.B. BIP-Wachstum) finden dabei häufig subjektiv erstellte Analystenberichte als Grundlage der Prognoseinformationen Verwendung. Dadurch werden die mittels DGM ermittelten Ergebnisse stark durch Annahmen getrieben. Dennoch kann der Ansatz eine gewisse Verbreitung nachweisen, da er insbesondere in der angelsächsischen Regulierungspraxis als Kontrollmethode neben dem CAPM-Modell genutzt wird. In den USA wird das DGM teilweise als primäres Modell genutzt, während dort das CAPM als Kontrollmethode verwendet wird. Fundamental Beta-Modell – Diese Kategorie umfasst multifaktorielle Strukturmodelle, welche das Eigenkapitalrisiko und damit den Wagniszuschlag für Eigenkapital als Funktion einer Vielzahl von Risikofaktoren und der Sensitivität des Risikozuschlags auf diese Faktoren bestimmt17. Dabei erlauben derartige Modelle prinzipiell die Berücksichtigung vielfältiger Faktoren und bieten somit breite Anwendungsmöglichkeiten. Die Auswahl der Faktoren erfolgt jedoch 16 Beispielsweise ist das Verhältnis von Bilanzwert zu Marktwert insbesondere im Kontext von „New Economy Unternehmen“ ein relevanter Indikator, aber weniger für Infrastrukturbetreiber. 17 Eine von State Street Global Advisers durchgeführte Studie vergleicht den Ansatz der FundamentalBetas mit historischen Betas des traditionellem CAPM und kommt zu dem Ergebnis, dass die historischen Betas einen gleichwertigen Schätzer für den tatsächlichen Beta-Wert darstellen: http://www.ssga.com/library/resh/angeloloboscopredictingbeta111902/page.html. Methodik Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 19 heuristisch und die Sensitivität lässt sich praktisch kaum empirisch abschätzen, wodurch die Modellergebnisse durch subjektive Annahmen (zur Sensitivität des Risikos in Bezug auf einzelne Faktoren) getrieben werden. Aus diesem Grund finden Fundamental Beta-Modelle nach unserer Kenntnis keine Anwendung im Regulierungskontext. „Individualansatz“ – Dieser Ansatz basiert auf bilateralen Verhandlungen zwischen dem Regulierer und dem regulierten Unternehmen sowie einer anschließenden heuristischen Bewertung der im Gespräch identifizierten Risiken. Als vorteilhaft erweist sich hier das Eingehen des Regulierers auf die spezifischen „Bedürfnisse“ der Netzbetreiber. Nachteilig sind hier eindeutig die geringe Transparenz und die mangelnde Praktikabilität bei einer Vielzahl von Netzbetreibern. Vor dem Hintergrund der Anzahl der Netzbetreiber in Österreich und der teilweise politischen Natur solcher Entscheidungen erscheint der Individualansatz somit wenig praktikabel. Abbildung 1. Schematischer Vergleich der Ermittlungsmethoden Capital Asset Pricing Modell (CAPM) Formaler quantitativer Ansatz Berücksichtigung weniger Risikofaktoren Multifaktoren CAPM Dividend Growth Modell Fundamental Beta Modell „Individualansatz“ Heuristischer Ansatz Berücksichtigung vieler Risikofaktoren Quelle: Frontier Die verschiedenen Ansätze unterscheiden sich somit insbesondere hinsichtlich des Grades, zu dem die Ergebnisse Annahmen getrieben sind. Heuristische Elemente beinhalten generell die Problematik, nur bedingt objektive und reproduzierbare Ergebnisse liefern zu können. Wie eingangs erläutert, treffen wir die Auswahl des am besten geeigneten Verfahrens hinsichtlich der Praxisrelevanz und Anwendbarkeit der Methode. Fazit Aus der Diskussion der verschiedenen Ansätze ziehen wir den Schluss, dass bisher aus der akademischen Diskussion kein überlegenes und gleichzeitig praktikables Modell hervorgegangen ist. Gleichzeitig hat sich insbesondere in der Methodik 20 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich europäischen Regulierungspraxis die Verwendung des CAPM als wesentliche Methode zur Bestimmung der Finanzierungskosten durchgesetzt. Nach der Abwägung der Stärken und Schwächen der jeweiligen Ansätze empfehlen wir die Verwendung des CAPM für die Ableitung marktüblicher Eigenkapitalkosten weiterhin beizubehalten. 2.2 Gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen Zusätzlich zu der sachlichen Prüfung der Bewertungsansätze im vorangehenden Kapitel analysieren wir in diesem Abschnitt, inwiefern mögliche Änderungen der rechtlichen Grundlagen für die Festlegung der Kapitalkosten in den vergangenen Jahren; sowie die aktuellen ökonomischen Rahmenbedingungen ein Abweichen von der bisher in Österreich für Gasnetzbetreiber verwendeten Methodik indizieren. 2.2.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen Im Rahmen der Umsetzung des Dritten EU Pakets wurde das Gaswirtschaftsgesetz 2011 novelliert. Die rechtliche Grundlage für die Festlegung der Finanzierungskosten stellt der neue § 80 GWG 2011 dar. Durch den § 80 GWG 2011 wurde die allgemeine Bestimmung zur Festlegung der angemessenen Kosten der Gasverteilernetzbetreiber in §79 GWG 2011 durch eine Detaillierung für die Finanzierungskosten ergänzt. Gemäß § 80 GWG 2011 werden die angemessenen Finanzierungkosten ermittelt durch: Multiplikation des angemessenen Finanzierungskostensatzes mit der zu verzinsenden Kapitalbasis; Bestimmung des Finanzierungskostensatzes aus einem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz unter Zugrundelegung einer Normkapitalstruktur sowie der Ertragsteuer; und durch Berücksichtigung einer marktgerechten Risikoprämie für das Eigen- und Fremdkapital, der Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes sowie eines risikolosen Zinssatzes. Bei der Ermittlung des risikolosen Zinssatzes kann ein mehrjähriger Durchschnitt herangezogen werden. Aus der Detaillierung in § 80 GWG 2011 lässt sich für Gasverteilernetzbetreiber explizit ableiten, dass der Gesetzgeber die Bestimmung der Finanzierungskosten durch den bisher angewandten WACC Ansatz vorschreibt. Methodik Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 21 Die Festlegung z.B. nur der Eigenkapitalrendite kalkulatorisch und die tatsächlichen Fremdkapitalkosten der regulierten Unternehmen im Rahmen der Kostenkalkulation anzusetzen, erscheint somit für Gasverteilernetzbetreiber nicht möglich zu sein. Eine Notwendigkeit für ein Abweichen vom bisherigen Vorgehen ergibt sich somit für Gasverteilnetzbetreiber ausdrücklich nicht. Gleiches gilt auch für Gasfernleitungsbetreiber, für die E-Control zur Bestimmung der Finanzierungskosten auch einen WACC Ansatz gewählt hat. In § 82 GWG 2011 findet sich kein Hinweis, dass dieser Ansatz adaptiert werden sollte. 2.2.2 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Die Finanzmarktkrise seit 2008 hat erhebliche Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir geben in Folge einen kurzen Überblick über die Entwicklungen. In den nachfolgenden jeweiligen Abschnitten des empirischen Teils wird die Entwicklung der einzelnen Parameter zudem jeweils detaillierter dargestellt. Wir beobachten insbesondere drei, in ihren Ursachen zusammenhängende Trends: Sinkende Beta-Werte und eine geringere langfristig erwartete Marktrisikoprämie führen zu einem geringeren Wagniszuschlag der Eigenkapitalkosten. Die Flucht der Investoren in sichere Staatsanleihen hat zu einer hohen Nachfrage nach diesen Anleihen, zu sinkenden Verzinsungen für eben diese Anleihen und somit zu geringeren risikolosen Zinsen geführt. Dieses Phänomen wird auch als „Flight to Quality“ beschrieben. Gleichzeitig kann seit 2008 in allen europäischen Märkten eine starke Spreizung der kurz- und langfristigen Zinssätze beobachtet werden. Dieser so genannte „Flight to Quality“ hat zu einer geringeren Nachfrage nach schlechter gerateten Anleihen geführt, wodurch die Aufschläge für diese Anleihen gestiegen sind. Momentan erscheinen diese Aufschläge aufgrund der Nervosität auf den Märkten insbesondere für schlecht geratete Unternehmen überproportional groß zu sein, weshalb komplementär zu der Entwicklung der Verzinsung von Staatsanleihen mittelfristig wieder mit einem Absinken dieser sogenannten Debt Spreads gerechnet werden kann. Durch die verschiedenen gegenläufigen Effekte können sich dadurch die gesamten Refinanzierungskosten von Netzbetreibern weniger ändern als angesichts der gravierenden Marktentwicklungen zu erwarten wäre. Für die einzelnen Parameter können sich jedoch durchaus signifikante Abweichungen vom langfristigen Mittelwert ergeben, die jedoch die geänderte Marktbewertung von Risiko und Kapitalkosten widerspiegeln. Methodik 22 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Die Ermittlung von Kapitalkosten mittels WACC / CAPM ist dabei sehr gut geeignet, diese momentanen Veränderungen auf dem Kapitalmarkt abzubilden und zu berücksichtigen, so dass sich aus den geänderten ökonomischen Rahmenbedingungen keine Einschränkungen der Eignung der Methode ergeben. Unabhängig davon erfordert die aktuelle Situation jedoch eine sehr sorgfältige Analyse, hinsichtlich der Festlegung der zukünftig erwarteten Werte basierend auf den beobachteten Vergangenheitstrends. Hierbei ist insbesondere zu diskutieren, welches Gewicht diesen aktuellen kurzfristigen Entwicklungen für die Schätzung in die Zukunft gerichteter Werte beizumessen ist. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Finanzierung von Gasnetzbetreibern tendenziell langfristig erfolgt. Letztlich ist daher eine Einschätzung notwendig, inwiefern die kurzfristig beobachteten Marktveränderungen Ausdruck einer fundamental geänderten Marktbewertung sind, die langfristig (d.h. mehrere Jahre) Bestand hat, oder ob in der Zukunft kurz- bis mittelfristig wieder eine Normalisierung erwartet wird. Wir werden daher an verschiedenen Stellen der quantitativen Analyse entsprechende Abwägungen diskutieren und die empirischen Auswirkungen der Finanzkrise detailliert nachzeichnen. Wir greifen dabei bspw. an verschiedenen Stellen auf Durchschnittsberechnungen über Zeiträume der jüngeren Vergangenheit zurück, um sowohl den langfristigen Finanzierungszyklen von Gasnetzbetreibern Rechnung zu tragen als auch kurzfristige Effekte nicht unberücksichtigt zu lassen. 2.3 Anzuwendendes Modell Die Berechnung der Kapitalkosten basierend auf dem WACC-Ansatz mit kalkulatorischen Fremdkapitalkosten und normierter Kapitalbasis sowie die Ableitung marktüblicher Eigenkapitalkosten unter Nutzung des CAPM Modells stellt weiterhin einen geeigneten Ansatz dar. Methodik Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes der Wissenschaft – Auch unter diesem Aspekt stellt das CAPM weiterhin die renommierteste Methodik dar, die eine kapitalmarktbasierte Ermittlung der Kapitalkosten ermöglicht und dabei gleichzeitig für eine regulatorische Verwendung praktikabel ist. Die weitreichende Verbreitung in der internationalen regulatorischen Praxis unterstützt dabei diese Einschätzung. Kurzfristigen Änderungen der Marktbewertung und –parameter – Die Methode ist zudem geeignet, diese sich durch die Finanzkrise ergebenen Faktoren zu berücksichtigen. Die Interpretation der Vergangenheitswerte erfordert jedoch vor diesem Hintergrund eine besonders sorgfältige Analyse. Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 23 Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch das GWG 2011 – Diese sieht explizit die Berechnung der Finanzierungskosten durch den WACC Ansatz für Gasverteilernetzbetreiber vor. Lediglich die Eigenkapitalrendite kalkulatorisch festzulegen und die tatsächlichen Fremdkapitalkosten der regulierten Unternehmen im Rahmen der Kostenkalkulation anzusetzen, erscheint dadurch für Gasverteilernetzbetreiber nicht mehr möglich zu sein. Theoretisch wäre bei Gasfernleitungsbetreiber nur die Ermittlung von kalkulatorischen Eigenkapitalkosten möglich, jedoch kann ein derartiger Ansatz Anreize der Unternehmen beseitigen, eine effiziente Fremdfinanzierung zu gewährleisten.18 Dieser Ansatz wird von uns daher nicht weiter verfolgt.19 18 In diesem Fall wäre dann aber wiederum denkbar, dass die Effizienz der Fremdfinanzierungskosten mittelbar im Rahmen einer allgemeinen Effizienzprüfung der gesamten Kostenbasis der Unternehmen erfolgt. 19 Bei Fokussierung des kalkulatorischen Ansatzes auf die Eigenkapitalrendite ergeben sich zudem ggf. adverse Anreize zur Wahl einer ineffizienten Kapitalstruktur durch einen überhöhten Eigenkapitalanteil. Methodik 24 3 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Quantitative Analyse In der folgenden quantitativen Analyse werden entsprechend der vorangehenden Empfehlung zur Beibehaltung der bisherigen Methodik die einzelnen Parameter für die Berechnung der Finanzierungskosten für Gasnetzbetreiber mittels des WACC- / CAPM-Ansatzes empirisch ermittelt, und zwar Risikolose Verzinsung; Risikozuschlag für Fremdkapital; Beta-Faktor; Marktrisikoprämie; anzuwendender Steuersatz; sowie Kapitalstruktur. Im Anschluss werden die Parameter nach den jeweiligen Berechnungsformeln zum WACC zusammengeführt. 3.1 Risikoloser Zins Der risikolose Zinssatz ist die Verzinsung, die ein Investor auf dem Kapitalmarkt für ein theoretisches Wertpapier ohne Risiko erhalten würde. In Staaten mit entwickelten Kapitalmärkten kann die Verzinsung von Staatsanleihen als gute Schätzung des eigentlichen risikolosen Zinssatzes angesehen werden20. Somit lässt sich der risikolose Zinssatz auf Basis von Marktdaten von festverzinslichen Wertpapieren und Staatsanleihen ermitteln. Hauptfragen bezüglich der empirischen Ermittlung sind: 20 Sollen kurz- oder langfristige Anleihen herangezogen werden? kurzfristige „Bills“ haben Laufzeiten von unter einem Jahr; während langfristige „Bonds“ Laufzeiten von 1-15 Jahren haben. Sollen die Werte kurzfristig stichtagsbezogen ermittelt werden oder sollen über eine Zeitperiode ermittelte Durchschnitte verwendet werden? Die Ausfallwahrscheinlichkeit dieser Anleihen wird im Allgemeinen als extrem gering eingeschätzt. Daher kann die Anleihenverzinsung üblicher Weise als gute Approximation des risikofreien Zinssatzes referenziert werden. Im Rahmen der Finanzmarktkrise sind jedoch jüngst für einige Länder gewisse Risikoaufschläge zu beobachten, so dass einige Staatsanleihen nicht länger als „risikolos“ eingestuft werden können. Auf diesen Effekt gehen wir im weiteren Verlauf dieses Abschnittes detailliert ein. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 25 Zusätzlich ergeben sich aufgrund der aktuellen Situation an den Finanzmärkten einige kurzfristige Effekte, die u.a. für Österreich als Teil des Euroraumes die Frage aufwerfen, welche Staatsanleihen innerhalb des Währungsraumes derzeit eine geeignete Schätzung für den risikolosen Zinssatz liefern. Sollen kurz- oder langfristige Anleihen verwendet werden? Die Anleihenverzinsung steigt typischerweise mit der Länge der verbleibenden Restlaufzeit, wie dies bspw. Abbildung 2 anhand österreichischer Staatsanleihen verdeutlicht. Somit stellt sich die Frage, Anleihen welcher Restlaufzeit als adäquater Schätzer für die risikolose Verzinsung herangezogen werden sollen. Um die für die Bestimmung des risikofreien Zinssatzes zweckmäßig zu verwendende Laufzeit von Staatsanleihen zu ermitteln, sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen: Kurzfristige Zinssätze sind ein besserer Schätzwert für die eigentliche risikofreie Verzinsung – Die Zinsstruktur von Zinssätzen lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass mittel- und langfristige Staatsanleihen ein höheres – wenn auch insgesamt weiterhin extrem geringes – Ausfallrisiko aufweisen als kurzfristige Anleihen. Zusätzlich sind langfristige Anleihen einem größeren Inflationsrisiko ausgesetzt, das in einem Zinsaufschlag berücksichtigt wird. Daher stellt die Verzinsung kurzfristiger Anleihen – zumindest in der Theorie – einen besseren Schätzwert dar. Mittelfristige Laufzeiten sind konsistenter mit der Finanzierungsstruktur von Unternehmen – Diese haben typischerweise ein Portfolio aus diversen Finanzierungsarten mit unterschiedlichen Laufzeiten, dessen Verzinsung üblicher Weise durch mittelfristige Laufzeiten eher approximiert wird. Konsistenz mit dem für die Bestimmung der Marktrisikoprämie eingesetzten risikofreien Zinssatz – Gewichtet durch den Risikofaktor Beta ergibt sich nach CAPM aus der Marktrisikoprämie der Wagniszuschlag des Eigenkapitals. Dieser wiederum ergibt in Verbindung mit dem risikofreien Zinssatz die Eigenkapitalverzinsung. Bei der Ableitung des risikolosen Zinssatzes sollte daher sichergestellt sein, dass die in diesem Schritt referenzierte risikofreie Anlageoption nicht strukturell von den für die Marktrisikoprämie verwendeten Daten verschieden ist. Da für die Berechnung der Marktrisikoprämie (siehe Abschnitt 3.4) mittel- bis langfristige Anleihen („Bonds“) als Referenz herangezogen werden, sollten auch für die Ermittlung der risikolosen Verzinsung entsprechende Staatsanleihen verwendet werden. Quantitative Analyse 26 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 2. Umlaufrenditen österreichischer Staatsanleihen – verschiedene Restlaufzeiten, Monatswerte 2005 – 2012 6.0 1 year nominal 2 year nominal 5 year nominal 10 year nominal 5.0 30 year nominal SMR % 4.0 3.0 2.0 1.0 0.0 Jan-05 Jan-06 Jan-07 Jan-08 Jan-09 Jan-10 Jan-11 Jan-12 Quelle: OeNB, Thomson Financial Insbesondere aufgrund der letzten Überlegung greifen wir für die weiteren Analysen auf mittel- bis langfristige Anleihen zurück. Die konkret verwendete Anleihe diskutieren wir nachfolgend im Zusammenhang mit der Frage, ob nationale oder internationale Anleihen als Referenz für den risikolosen Zinssatz herangezogen werden sollen. Sollen aktuelle Umlaufrenditen oder längerfristige Durchschnitte verwendet werden? Im Gegensatz zu der Ermittlung der Marktrisikoprämie (siehe Abschnitt 3.4) ist es für die Bestimmung der risikolosen Verzinsung nicht notwendig, sehr lange Zeitperioden zu analysieren, da erwartete Erträge auf Anleihen, im Gegensatz zu erwarteten Aktienerträgen, hinreichend genau aus relativ kurzfristigen Daten hergeleitet werden können. Bei der Frage, inwieweit aktuelle Werte oder längerfristige Durchschnitte zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes herangezogen werden sollten, ist relevant, welchen Zweck die Regulierungsbehörde durch die Festlegung der Finanzierungskosten verfolgt. Dabei kann grundsätzlich unterschieden werden: Rekonstruktion der tatsächlichen Finanzierungskosten – Ist das Ziel der Regulierung, die tatsächlichen Kapitalkosten abzubilden, sollte der Zeitraum der Durchschnittsbildung der Laufzeit der zugrunde liegenden Anleihe entsprechen. Dies entspricht tendenziell dem Ansatz in Deutschland. Hier wurde argumentiert, dass wenn sich die Unternehmen mit Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 27 10 Jahres Anleihen finanzieren, jedes Jahr ein Zehntel des Kapitals refinanziert wird. Es wird deshalb zur Bestimmung der marktüblichen Fremdkapitalkosten der 10-Jahres Durchschnitt der Umlaufrenditen 10 jähriger Anleihen verwendet, um dadurch die Finanzierungsstruktur der Unternehmen abzubilden. Zukunftsgerichtete Betrachtung – Ist das Ziel der Regulierung hingegen, sich möglichst genau an den zukünftigen Refinanzierungskosten zu orientieren, so liegt der Zweck der Mittelung in einer bestmögliche Prognose der Zukunft: Folgt man hier der „Efficient Market Hypothesis“, ist der letztmögliche Marktwert die beste Prognose weil dieser Wert die gesamte im Markt vorhandene Information widerspiegelt. Geht man davon aus, dass es sich bei den Umlaufrenditen um einen „Mean Reverting Process“ handelt, geben typischerweise mehrjährige Durchschnitte die beste Prognose ab. Grundsätzlich entspricht eine in die Zukunft gerichtete Betrachtung der Philosophie des WACC Ansatzes. In beiden Fällen kann somit eine mehrjährige Durchschnittsbildung zur Anwendung gelangen. Jedoch folgt aus der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Ansätze, dass bei der in die Zukunft gerichteten Betrachtung die Zeitperiode für die Durchschnittsbildung tendenziell kürzer gewählt werden sollte. Begründet ist dies dadurch, dass der Informationsgewinn einer Beobachtung für die Zukunft stark abnimmt, je weiter der Zeitpunkt in der Vergangenheit liegt. Wir gehen in der Folge davon aus, dass E-Control durch die Festlegung der Finanzierungskosten im Rahmen des WACC Ansatz tendenziell eine zukunftsgerichtete Betrachtung vorsieht. Für die konkrete Wahl der Zeitperiode für die Durchschnittsbildung sind somit die folgenden Überlegungen relevant: Eine Durchschnittsbildung über eine bestimmte Zeitperiode liefert stabilere Werte, die weniger durch kurzfristige Schwankungen beeinflusst sind als eine zeitpunktbezogene Ermittlung. Aktuelle Umlaufrenditen spiegeln die momentane Markterwartung wider, daher sollte die Durchschnittsberechnung nicht zu lange zurückreichen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, Strukturänderungen zu identifizieren und diese ausgewogen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere derzeit aufgrund der weitreichenden Auswirkungen der Finanzkrise. Quantitative Analyse 28 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Für die Mittelung erscheint daher letztlich ein Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren als besonders geeignet. Wie in Abschnitt 2.2.2 dargelegt sind dabei jedoch die aktuell besondere Situation angesichts der Finanzmarktkrise zu berücksichtigen. Aufgrund der hohen Volatilität der Renditen seit Beginn der Finanzmarktkrise erscheint eine Durchschnittsbildung über 5 Jahre ein sachgerechter vorsichtiger Ansatz zu sein. Nationale vs. internationale Anleihen zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes Grundsätzlich stellt sich im Fall von Österreich als Teil des Euroraumes die Frage, welche Staatsanleihen innerhalb des Währungsraumes die verlässlichste Schätzung der risikolosen Verzinsung liefern. Da ein Währungsrisiko entfällt, sind neben österreichischen Anleihen alle in Euro ausgegebenen Staatsanleihen mit hoher Bonität potentielle Referenzen. Wir analysieren daher im Folgenden vier mögliche Zeitreihen auf ihre Eignung als Referenzwert: Österreichische Sekundärmarktrendite Bund – Von der österreichischen Nationalbank berechnete Umlaufrendite aus einem Portfolio von fixverzinslichen österreichischen Bundesanleihen mit unterschiedlichen Restlaufzeiten. Dieser Wert wurde im bisherigen Regulierungsverfahren als risikoloser Zins herangezogen. Aufgrund der Mischung verschiedener Restlaufzeiten liegt die durchschnittliche Restlaufzeit dieses Portfolio bei 7.8 Jahren. Österreichische langfristige Staatsanleihen Bund (Restlaufzeit 10 Jahre) – Zusätzlich betrachten wir die Umlaufrendite von österreichischen Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren. Deutsche langfristigen Staatsanleihen Bund (Restlaufzeit 10 Jahre) – Alternativ analysieren wir die Umlaufrenditen deutscher Bundesanleihen der öffentlichen Hand. Der deutsche Anleihenmarkt profitiert zudem von einer hohen Liquidität. Indexreihe der EZB – Die EZB veröffentlicht ebenfalls verschiedenste Indexreihen. Als europäische Referenz ziehen wir den Index für AAAgeratete Euro-Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit heran. Wie anhand von Abbildung 2 geschlossen werden kann, beobachten wir momentan ein historisches Tief bei der nominellen Verzinsung von Staatsanleihen. Dies spiegelt sich auch in den Auktionen der Bundesfinanzierungsagentur vom 10.April 2012 wider, wo zwei Bundesanleihen in Höhe von € 1,2 Mrd. platziert wurden. Der Zinssatz für die Bundesanleihe mit einer Laufzeit von 5 Jahren betrug dabei 1,73% und für die Bundesanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren 2,91%. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 29 Abbildung 3. Umlaufrenditen österreichischer, deutscher und Euroraum Anleihen 6.0 5.5 Euro area AAA 10 year Gov. Bonds German 10 year government bonds 5.0 Austrian 10 year government bonds Zinssatz (in %) 4.5 OeNB Sekundärmarktrendite 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 Jan-08 Jan-09 Jan-10 Jan-11 Jan-12 Quelle: www.oenb.at; www.bundesbank.de; www.ezb.int; Thomson Datastream Ein Vergleich der vier Indexreihen (Abbildung 3) zeigt, dass seit Beginn der Finanzkrise in 2008 die Zinsen deutlich gesunken sind. In der ersten Hälfte des Jahres 2011 kann eine Erholung festgestellt werden, jedoch fielen die Zinsen danach wieder stark ab. Österreichische Bundesanleihen über 10 Jahre Restlaufzeit weisen seit 2008 einen zunehmenden Zinsaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen auf, der in der Periode 3.Q 2010 bis 1.Q 2011 zurückging. Seit Anfang 2011 geht der Zinsabstand zwischen Österreich und Deutschland wieder stark auf. Der starke Rückgang der Umlaufrenditen für Deutsche Staatsanleihen seit Anfang 2011 ist durch den „Flight to Quality“ Effekt getrieben. Aufgrund der unsicheren Situation auf den Finanzmärkten wird viel Geld in diesen Anleihen „geparkt“. Dieser Effekt treibt auch die kurzfristigen Zinssätze nach unten, die für Deutsche Bundesanleihen mit Laufzeiten von 1 und 2 Jahren derzeit nahe bei Null liegen. Inflationsbereinigt bedeutet dies, dass Anleger sogar bereit sind, einen realen Verlust in Kauf zu nehmen, um einen Teil des Geldes in sicheren Anlagen „geparkt“ zu haben. Aufgrund dieser Spreizung zwischen österreichischen und deutschen Anleihen könnte der Schluss gezogen werden, dass österreichische Staatsanleihen derzeit nur bedingt als Schätzer für die risikolose Verzinsung geeignet sind, da der Markt offensichtlich eine gewisse Risikoprämie für ein Länderrisiko einfordert. Es Quantitative Analyse 30 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich könnte deshalb argumentiert werden, dass innerhalb eines einheitlichen Währungsraumes sich ein Investor dort refinanzieren wird, wo die Refinanzierung derzeit am günstigsten ist, d.h. in Deutschland, und somit deutsche Anleihen als Schätzer für den risikolosen Zinssatz herangezogen werden sollten. Diese Logik setzt voraus, dass Länderrisiken keinen Einfluss auf den risikolosen Zinssatz für Unternehmen haben. Es ist jedoch tendenziell zu erwarten, dass das Länderrisiko zumindest teilweise eine Auswirkung auf die Finanzierungskosten von Unternehmen in diesem Land hat. Dies sollte sich somit im risikolosen Zinssatz widerspiegeln. In der Folge legen wir deshalb zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes den Fokus auf österreichische Anleihen. Grundsätzlich kann dies als ein vorsichtiger Ansatz interpretiert werden, der jedoch der bisher verwendeten Vorgehensweise von E-Control entspricht. Tabelle 3. Durchschnittliche Umlaufrenditen vergleichbarer Bundesanleihen Restlaufzeit der Anleihen: StaatsAnleihen AT (10 Jahre) OeNB Sekundärmarktrendite Dt. BundesAnleihen (10 Jahre) Euroraum Staatliche AAA Anleihen (10 Jahre) 6 Monate 2.71% 2.34% 2.08% 2.71% 1 Jahr 2.88% 2.52% 2.45% 2.94% 2 Jahre 2.88% 2.48% 2.67% 3.04% 3 Jahre 3.09% 2.70% 2.93% 3.28% 5 Jahre 3.58% 3.27% 3.41% 3.65% 10 Jahre 3.94% 3.40% 3.72% 3.66% Zeitperiode für die Mittelung* Quelle: www.oenb.at; www.bundesbank.de; www.ezb.int * von März 2012 in die Vergangenheit Anhand der Spreizung zwischen der Österreichischen Sekundärmarktrendite – mit einer impliziten durchschnittlichen Restlaufzeit von knapp 8 Jahren – und der Österreichischen Bundesanleihe mit 10 Jahre Restlaufzeit kann der Unterschiede für Anleihen mit unterschiedlichen Restlaufzeiten beobachtet werden. Die Spreizung liegt für die Durchschnittsbildung zwischen 6 Monaten und 5 Jahren in einer Bandbreite von 0,30% bis 0,40% (Tabelle 3). Gleichzeitig Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 31 deutet die sogenannte Yield – Curve21 darauf hin, dass die Märkte zukünftig einen Anstieg des risikolosen Zinssatzes erwarten. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Österreichischen Sekundärmarktrendite oder die Österreichischen Bundesanleihe mit 10 Jahre Restlaufzeit der geeignetere Referenzwert für den risikolosen Zinssatz darstellt. Zu diesem Zwecke analysieren wir in der Folge die Fristigkeitsstruktur von Anleihen österreichischer Energieunternehmen. Die Verwendung von mittelfristigen Laufzeiten für die Bestimmung des risikolosen Zinssatzes ist konsistenter mit der Finanzierungsstruktur von Unternehmen, da diese typischerweise ein Portfolio aus diversen Finanzierungsarten mit unterschiedlichen Laufzeiten haben, dessen Verzinsung üblicher Weise durch mittelfristige Laufzeiten eher approximiert wird. In der Folge haben wir deshalb eine Analyse der Fristigkeitsstruktur von Anleihen österreichischer Energieunternehmen durchgeführt, um ein Bild zur Zusammenstellung des Portfolios der begebenen Anleihen zu erhalten. Dabei zeigt sich, dass die mengengewichtete durchschnittliche Restlaufzeit österreichischer Energieanleihen bei knapp 6 Jahren liegt (Abbildung 4). 21 Die Yield - Curve gibt den Zusammenhang zwischen der Umlaufrendite und der Restlaufzeit einer Reihe von ansonsten gleichen Anleihen wieder. Normalerweise steigt diese Kurve leicht an, da Anleihen die länger laufen auch ein geringfügig höheres Ausfallrisiko haben und Anleger liquidere (also kürzere) Anlagen etwas präferieren. Steigt die Kurve jedoch stark an wie zurzeit, so erwarten die Anleger offensichtlich mittelfristig ein wesentlich höheres Zinsniveau als kurzfristig. Quantitative Analyse 32 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 4. Fristigkeitsstruktur von Anleihen österreichischer Energieunternehmen 8 OMV 7 1,000 Wien Energie 6 250 500 Größe der ausstehenden Tranchen, in Millionen Euro 500 120 Energie AG 5 Kelag 4 250 BEWAG 3 200 Verbund 2 500 500 EVN 1 300 208 Mengengewichtete durchschnittliche Laufzeit Österreichischer Energieanleihen (5.6 Jahre) 29 Mengengewichtete durchschnittliche Restlaufzeit der momentan ausstehenden Bundesanleihen (7.8 Jahre) 840 200 150 300 110 100 Yenkredit - Umgerechnet zu 0.0091, Kurs 04.04.12 Frankenkredit - Umgerechnet zu 0.83, Kurs 04.04.12 0 0 5 10 15 20 25 Restlaufzeit in Jahren Quelle: Frontier Economics Die in der Sekundärmarktrendite enthalten Bundesanleihen weisen eine durchschnittliche Restlaufzeit von knapp 8 Jahren auf. Die Restlaufzeiten des Portfolios der Anleihen der Energieunternehmen sind somit ähnlich dem der Sekundärmarktrendite. Für die Finanzierung der Unternehmen gilt somit, dass sowohl kurzfristige als auch mittelfristige Finanzierungsinstrumente verwendet werden, weshalb der Fokus nur auf kurz- oder langfristige Bundesanleihen einen verzerrten Schätzer für den risikolosen Zinssatz darstellen könnte. Die Sekundärmarktrendite ist somit ein geeignetes Instrument, den Aspekt der unterschiedlichen Fristigkeiten abzubilden.22 E-Control verwendet seit Anfang der Regulierung die Sekundärmarktrendite zur Berechnung des risikolosen Zinssatzes. Wie oben dargestellt, weist die Sekundärmarktrendite eine sachgerechte Balance zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinssätzen auf. Wir empfehlen weiterhin, die Sekundärmarktrendite zur Ermittlung des risikolosen Zinssatzes zu verwenden. Schlussfolgerung – Risikoloser Zinssatz Zur Bestimmung des risikolosen Zinssatzes fassen wir zusammen: 22 Es muss betont werden, dass die Fristigkeiten nur für die Anleihen ermittelt wurde. Die andere Option zur Finanzierung durch Fremdkapital über Bankkredite ist dabei nicht aufgeführt. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 33 Verwendung von Österreichische Anleihen – Wir empfehlen österreichische Anleihen zur Bestimmung des österreichischen risikolosen Zinssatzes zu verwenden. Verwendung der Sekundärmarktrendite – Bei der Auswahl der Anleihe sollte die typische Finanzierungsstruktur von österreichischen Energieunternehmen berücksichtigt werden. Dabei zeigt sich, dass die tatsächliche Fristigkeitsstruktur von ausstehenden Anleihen österreichischer Energieunternehmen bei durchschnittlich knapp 6 Jahren liegt. Daraus kann gefolgert werden, dass die derzeit verwendete Sekundärmarktrendite als Referenzwert gut geeignet ist. Der Vorteil der Sekundärmarktrendite liegt in der Transparenz und leichten öffentlichen Verfügbarkeit. Weiters spricht die Kontinuität für die Sekundärmarktrendite, da diese seit Beginn der Liberalisierung zur Berechnung des risikolosen Zinssatzes verwendet wurde. Durchschnittsbildung – Wir stellen fest, dass E-Control bei der Bestimmung der Finanzierungskosten durch den WACC Ansatz eine zukunftsgerichtete Betrachtung vorsieht. Dies bedeutet, dass die Durchschnittsbildung nicht zu weit in die Vergangenheit reichen sollte, da die Informationen für die Zukunft an Relevanz verlieren. Gleichzeitig hat sich durch die Finanzkrise die Volatilität erhöht. Im Sinne einer vorsichtigen Schätzung erscheint somit die Beibehaltung der Durchschnittsbildung über 5 Jahre, wie sie derzeit auch von E-Control angewandt wird, sachgerecht zu sein. Entsprechend der Werte in Tabelle 3 ergibt sich damit eine Bandbreite für die nominale risikolose Verzinsung von 3,27%23. 3.2 Risikoaufschlag für Fremdkapital In diesem Abschnitt analysieren wir die kalkulatorischen Fremdkapitalkosten eines sich zu marktüblichen Konditionen refinanzierenden österreichischen Netzbetreibers. Dazu wird 23 zunächst der Analyserahmen unseres marktorientierten Ansatzes dargestellt; sowie anschließend der Risikoaufschlag des Fremdkapital empirisch ermittelt. April 2008 bis März 2012 Quantitative Analyse 34 3.2.1 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Analyserahmen für die Bestimmung der Fremdkapital-Kosten Wir wählen einen marktorientierten Ansatz. Dabei werden die tatsächlichen, am Kapitalmarkt beobachteten Kosten herangezogen, zu denen sich vergleichbare Unternehmen refinanzieren.24 Wir beziehen uns dazu auf die Renditen börsengehandelter Unternehmensanleihen. Es wird davon ausgegangen, dass die am Markt beobachteten Kosten für Fremdkapital die aktuelle Marktbewertung des Risikos der vergleichbaren Unternehmen widerspiegeln. Die Fremdkapitalkosten setzen sich dabei aus dem risikolosen Zinssatz und einem Risikozuschlag für Fremdkapital, dem sogenannten Debt Spread, zusammen. Auf die Bestimmung des risikolosen Zinssatzes wurde vorangehend bereits eingegangen. Der Risikozuschlag für Fremdkapital (Debt Spread) ist jener Aufschlag auf den risikolosen Zins, den ein Investor (bzw. der Markt) fordert, um für das unternehmensindividuelle Ausfallsrisiko des Fremdkapitals entschädigt zu werden. Bei unserer Analyse gehen wir nach den in Folge beschriebenen Schritten vor: Auswahl der Stichprobe Identifizierung geeigneter Anleihen zur Ermittlung der Debt Spreads und Festlegung des Berechnungszeitraumes; und Identifizierung vergleichbarer Unternehmen. Empirische Ermittlung der Debt Spreads als Indikator für zukünftige Risikozuschläge auf den risikolosen Zins. Identifizierung geeigneter Anleihen und Berechnungszeiträume Es ist zu klären, welche Anleihen geeignete Schätzwerte für die Analyse marktüblicher Fremdkapitalkosten liefern. Bei der Auswahl der verglichenen Anleihen sind dabei insbesondere drei Aspekte von Relevanz: 24 Referenzierte risikolose Vergleichsanlage – Um aus der Rendite von Unternehmensanleihen den Debt Spread zu ermitteln, müssen diese im Vergleich zu der Rendite eines vergleichbaren risikolosen Anlageproduktes betrachtet werden. Typischerweise werden hierzu Staatsanleihen als Referenz herangezogen. Um Verzerrungen auszuschließen, sollten die Staatsanleihen, die für die Berechnung der Debt Spreads verwendet werden: Natürlich gibt es für Firmen auch noch andere Quellen für Fremdkapital, wie zum Beispiel Bankkredite. Diese für die Bestimmung von kalkulatorischen FK-Kosten heranzuziehen ist jedoch erstens nicht praktikabel, da die Informationen über die Höhe der Zinsen üblicherweise nicht verfügbar sind und zweitens nicht optimal, da diese „Preise“ auf einem weniger liquiden Markt zustande gekommen sind. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 35 im selben Markt, bzw. der selben Währung notieren wie die jeweilige Unternehmensanleihe; und eine vergleichbare Restlaufzeit wie die jeweiligen Unternehmensanleihen haben. Wir greifen dazu auf entsprechende Datenreihen zu Debt Spreads von Thomson Financial zurück, die diese Anforderungen erfüllen. Restlaufzeit der Anleihen – Es zirkulieren Unternehmensanleihen mit verschiedenen Restlaufzeiten. Als Referenz für die Ermittlung des Debt Spreads sind dabei insbesondere Anleihen geeignet, deren Restlaufzeit der realen Finanzierungsstruktur entsprechen; sowie konsistent mit den Laufzeiten sind, die bei der Ermittlung der risikolosen Verzinsung angesetzt wurden. der regulierten Unternehmen Insbesondere aufgrund der letzten Anforderung verwenden wir in Folge Anleihen mit einer Restlaufzeit von 7-13 Jahren. Berechnungszeitraum – Wie bei allen zeitreihenbasierten Analysen muss ebenfalls der Berechnungszeitraum für die Durchschnittsbildung festgelegt werden. Dabei muss ein Kompromiss zwischen den folgenden Aspekten gefunden werden, wobei einerseits die aktuellen Markterwartungen durch kurze Durchschnittsbildungen möglichst gut wiedergegeben werden sollten; und andererseits kurzfristige Marktschwankungen keinen zu starken Einfluss auf das Endergebnis haben sollten(Ausgleich der Volatilität). Wir verwenden in Folge daher einen 2-Jahres-Durchschnitt, betrachten jedoch indikativ auch alternative Zeiträume. Identifizierung vergleichbarer Unternehmen Für die Analyse sind insbesondere Anleihen von Unternehmen heranzuziehen, die hinsichtlich ihrer Risikostruktur mit österreichischen Netzbetreibern vergleichbar sind. Durch die Verfügbarkeit von Ratings, die jeweils das Unternehmensrisiko in einem möglichst objektiven Maßstab abbilden, werden die Auswahl entsprechender Unternehmen und vor allem die Einengung der Stichprobe auf wenige Vergleichsunternehmen deutlich vereinfacht. Quantitative Analyse 36 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Dabei ist das Rating ein wichtiges, jedoch nicht das einzige Kriterium, das wir heranziehen. Rubinfeld (1973)25 zeigt, dass Ratings einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Fremdkapitalkosten eines Unternehmens haben, die Unterschiede in den Verzinsungen von verschieden gerateten Anleihen jedoch nicht vollständig erklären können. Auch Ederington et al. (1984)26 finden „market participants base their evaluation of an issues creditworthiness on more than the agencies ratings“. Der erwartete Zusammenhang zwischen den zugrundeliegenden Risikotreibern eines Unternehmens, und dessen Ratings und Debt Spreads wird in Abbildung 5 schematisch dargestellt. Abbildung 5. Zusammenhang zwischen Risikotreibern, Ratings und Risikoaufschlägen Quelle: Frontier Es ist also nicht sinnvoll, den erwarteten Aufschlag auf den risikolosen Zinssatz ausschließlich anhand der Ratings der jeweiligen Unternehmen zu bestimmen. Vielmehr sollte neben den Ratings auch die jeweiligen Unternehmensaktivitäten und Branchencharakteristika bei der Auswahl geeigneter Vergleichsunternehmen berücksichtigt werden. Daher werden im Folgenden unsere Analyse auf am Markt beobachtete Risikoaufschläge von Anleihen basieren, die von Unternehmen begeben werden, die aufgrund ihres Rating für österreichische Netzbetreiber repräsentativ sind; sowie aufgrund ihres Geschäftsfeldes ähnliche Risikocharakteristika wie österreichische Netzbetreiber erwarten lassen. 25 Rubinfeld D (1973), Credit Ratings and the Market for General Obligation Municipal Bonds, National Tax Journal 26, no. 1 26 Ederington L, Yawitz J und Roberts B (1984), The informational content of bond ratings, NBER Working Paper Series Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 37 Für die Zusammenstellung einer Stichprobe für die Fremdkapitalkosten sind wir daher wie folgt vorgegangen: 3.2.2 Zunächst wurde eine Stichprobe privater internationaler 27 Energieunternehmen identifiziert , die Anleihen begeben hatten, welche börsennotiert sind; und eine Restlaufzeit von rund 10 Jahren haben. Zusätzlich wurde die Stichprobe um Anleihen österreichischer Energieunternehmen ergänzt, die überwiegend im Staatsbesitz sind. Die Unternehmen unserer Stichprobe für die Bestimmung des Debt Spreads sind in Tabelle 4 aufgeführt. Indikativ wurden zudem verschiedene Moody´s Utility Indexreihen diverser Ratingklassen als weitere Referenz in die Analyse mit aufgenommen. Da die Berechnungsgrundlage dieser Indizes jedoch nicht nachvollziehbar ist und diese zudem eine deutlich breitere Unternehmensbasis mit vergleichsweise höheren Risiken umfasst, halten wir diese für keine valide Referenz. Empirische Ermittlung der Debt Spreads Anhand der Darstellung der Debt Spreads von Energieunternehmen mit einem A Rating in Abbildung 6 sind zunächst die Auswirkungen der Finanzmarktkrise gut ersichtlich: Alle Debt Spreads sind seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 signifikant gestiegen. Treiber hierfür ist der in der aktuell beobachtbare „Flight to Quality“. Dies bedeutet, dass viele Investoren in sehr sichere Papiere wie Staatsanleihen flüchten und daher die Renditen, zu denen Investoren bereit sind Unternehmensanleihen zu kaufen, höher sein müssen. An dieser Stelle sei auch auf die Analyse des risikolosen Zinssatzes hingewiesen (vgl. Abschnitt 3.1), da das Sinken der Umlaufrenditen von Staatsanleihen genau die andere Seite eben dieses „Flight to Quality“ darstellt. In der Folge haben sich die Debt Spreads bis Jänner 2011 wieder normalisiert, um dann ausgelöst durch die Schuldenkrise im Euro Raum wieder deutlich anzuziehen. 27 Dabei existieren deutliche Parallelen zu der Wahl von Vergleichsunternehmen zur Bestimmung des Beta-Faktors in Abschnitt 3.3.2. Quantitative Analyse 38 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 6. Debt Spreads von Energieunternehmen mit A Rating 400 EVN Verbund Energie AG OMV 350 300 250 200 150 100 50 0 Jan-08 Jan-09 Jan-10 Jan-11 Jan-12 Quelle: Thomson, 01/2008 - 04/2012, tägliche Daten Die detaillierten Ergebnisse der Auswertung der Debt Spreads der größeren Stichprobe, welche auch Energieunternehmen mit einem B Rating bzw. ohne Rating enthalten sind in Tabelle 4 zusammengefasst. Wie vorangehend dargestellt, beziehen wir uns für die weiteren Analysen insbesondere auf die 2Jahres-Durchschnitte, geben aber auch Werte für andere Perioden an. Tabelle 4. Debt Spreads der größeren Stichprobe Name S&P Rating 2J. D.S. 1J. D.S. 6M. D.S. St. Abw. (2J) STATNETT A+ 46 46 54 13 RTE-EDF A+ 140 146 174 39 Red Electrica A+ 267 267 267 12 Energie AG A 109 112 105 14 E.ON A 118 130 141 26 Canadian Utilities A 137 140 152 15 KELAG* A 173 194 248 51 Tennet A- 133 135 156 26 Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics ELIA A- 144 169 192 35 Transcanada A- 158 158 158 9 RWE A- 170 199 224 37 Verbund A- 171 167 186 25 OMV A- 178 178 178 21 EVN A- 183 183 183 3 National Grid A- 199 210 238 34 Terna A- 241 243 312 84 United Utilities BBB+ 149 161 178 19 Veolia BBB+ 170 198 240 56 Pembina Pipelines BBB+ 217 217 232 22 Exelon BBB 180 190 200 25 Kinder Morgan Energy BBB 199 199 199 3 Plains all American pipeline BBB- 186 186 186 4 BKW n.a. 100 125 150 34 Eurogrid GmbH n.a. 167 182 221 47 Bewag* n.a. 215 222 268 43 Wien Energie* n.a. 205 235 264 52 39 Quelle: Thomson Financial, 20.4.2010 - 20.04.2012, tägliche Werte 100 Basispunkte = 1%-Punkt Abbildung 7. Debt Spreads (2-Jahres-Mittelwert), nach Rating geordnet Quantitative Analyse Frontier Economics | Juli 2012 2 Jahresdurchschnitt der Risikoaufschläge auf 7-13 jährige Unternehmensanleihen in Basispunkten 40 Vertraulich 300 267 250 241 217 215 199 200 173 170 171 178 183 158 150 140 137 109 199 144 180 186 170 167 149 133 118 100 100 50 46 0 Quelle: Thomson, 20.4.2010 - 20.04.2012, tägliche Werte In Abbildung 7 sind die Zwei-Jahres Durchschnitte der Debt Spreads der Vergleichsunternehmen, nach ihrem Rating geordnet, dargestellt. Da wir im Fall von österreichischen Netzbetreibern keine schlechteren Ratings als Abeobachten,28 sehen wir auch keinen Grund, Unternehmen mit schlechteren Ratings als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dies ist auch in Übereinstimmung mit den Annahmen zum Verschuldungsgrad (vgl. Abschnitt 3.6.2). Somit verwenden wir in der Folge zur Herleitung des Debt Spread nur noch Unternehmen in der Stichprobe mit einem Rating von besser als A-.29 Zusätzlich belassen wir noch Bewag und Wien Energie in der Vergleichsgruppe. Aus Abbildung 7 sind zwei Ausreißer nach oben zu beobachten, nämlich TERNA, der Stromübertragungsnetzbetreiber in Italien, sowie Red Electrica, der Stromübertragungsnetzbetreiber in Italien. Diese beiden Länder sind von der Finanz- und Schuldenkrise besonders betroffen, weshalb angenommen werden kann, dass in den Debt Spreads auch ein entsprechendes Länderrisiko eingepreist ist. Die Verwendung dieser Debt Spreads für Österreich könnte somit zu 28 Hierbei beziehen wir uns auf die Konzern-Ratings von integrierten österreichischen Energieunternehmen. Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Netzsparte ein relativ geringeres Risiko als der gesamte Konzern beinhaltet (vgl. die analoge Diskussion zum Beta-Faktor in Abschnitt 3.3). Das implizite Rating der reinen Netzsparte wäre mithin tendenziell noch besser und der Debt Spread entsprechend niedriger. 29 United Utilities wird als Ausreißer behandelt. Einerseits hat es einen für ein A- Rating sehr hohen Dept Spread, andererseits weist es weniger Staatsnähe und damit implizite Garantien auf als die anderen Unternehmen und österreichische Netzbetreiber. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 41 verzerrten Resultaten führen, weshalb wir die beiden Unternehmen ausscheiden. Mit der verbleibenden Stichprobe lässt sich eine erste Bandbreite für Debt Spreads basierend auf unterschiedlichen statistischen Kennzahlen ableiten. Tabelle 5. Debt Spreads der engen Vergleichsgruppe 2-Jahresdurchschnitt Debt Spread (BP) Min 46 75% Quantil 136 Durchschnitt 155 25% Quantil 179 Max 215 Quelle: Frontier, Thomson Bei der Interpretation der Debt Spreads aus Tabelle 5 ist zu beachten, dass die Debt Spreads aus Thomson größtenteils auf deutschen Anleihen als Referenz basieren. Somit erscheint theoretisch eine Reduktion dieser Debt Spreads gerechtfertigt, wenn der zugrunde liegende risikolose Zinssatz aus einer österreichischen Anleihe besteht. Beispielsweise lag der Unterschied zwischen der 10 Jährigen deutschen Bundesanleihe und der 10 jährigen österreichischen Bundesanleihe bei ca. 20 BP. Dieser Wert gilt jedoch nur als Indikation, da die Thomson Referenzwerte unterschiedliche Laufzeiten aufweisen. Neben individuellen Unternehmensdaten können europäische Anleiheindizes zur Abschätzung von Bandbreiten für Debt Spreads verwendet werden. Quantitative Analyse 42 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 8. Umlaufrenditen Europäischer Anleiheindizes von Moody's 9,0 European Utilities Index European Energy Index European non-financial sector (BBB) European non-financial sector (A) European non-financial sector (AA) European non-financial sector (AAA) 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 Jan-07 Jan-08 Jan-09 Jan-10 Jan-11 Jan-12 Quelle: Thomson Die Marktentwicklung der Anleiheindizes (Abbildung 8) zeigt eine ansteigende Tendenz nach der Finanzkrise mit einem Höhepunkt im Jänner 2009 und danach eine Reduktion des Niveaus. Die Schuldenkrise im Jänner 2011 ist in den Daten ersichtlich, jedoch normalisieren sich die Umlaufrenditen wieder bald. In der Folge ermitteln wir Debt Spreads basierend auf dem European Utilities Index; European Energy Index; sowie dem European non-financial sector (A rated) Index. Da die Indizes laufend auf Basis von Anleihen mit verschiedenen Restlaufzeiten neu berechnet werden, verwenden wir zwei Referenzwerte: ECB AAA (5 Jahre) – Dieser Index setzt sich aus Anleihen von Staaten mit AAA mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren zusammen; ECB AAA (10 Jahre) – Dieser Index setzt sich aus Anleihen von Staaten mit AAA mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren zusammen;– darin enthalten sind Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 43 Tabelle 6. Debt Spreads basierend auf europäischen Anleiheindizes Debt Spread (2 Jahresdurchschnitt; BP) bezogen auf ECB AAA (5 Jahre) bezogen auf ECB AAA (10 Jahre) European Utilities Index 183 78 European Energy Index 149 44 European non-financial sector (A rated) Index 140 35 Quelle: Frontier, Thomson Der Debt Spread (2 Jahresdurchschnitt) für die Anleihenindizes und die beiden Referenzwerte (Tabelle 6) ergibt eine Bandbreite von 35 BP bis 183 BP, die im Bereich der Bandbreite aus Tabelle 5 liegt. Die Differenz zwischen den Debt Spreads bezogen auf ECB AAA (5 Jahre) und ECB AAA (10 Jahre) ist durch den Unterschied des Zinsniveaus von Staatanleihen mit verschiedenen Restlaufzeiten begründet. Auch in diesem Zusammenhang ist die auf den Zinsunterschied zwischen österreichischen Staatsanleihen und den ECB AAA Anleiheindex zu verweisen. Abschließend können aktuelle Marktinformationen zu Umlaufrenditen für österreichische Energieunternehmen eine Indikation auf deren Finanzierungssituation geben. Für Anleihen mit Restlaufzeiten von mehr als 7 Jahren sind derzeit Aufschläge bezogen auf den risikolosen Zinssatz von 3,27% (aus Abschnitt 3.1) von 26 BP bis 115 BP beobachtbar (Abbildung 9). Beispielsweise hat EVN im Februar 2012 die Emission von zwei neuen Anleihen erfolgreich abgeschlossen. Für die Anleihe in Höhe von 100 Mio. € (Fälligkeitsdatum 20. Februar 2032, Ausgabekurs 100%) wurde der fixe Kupon mit 4,125 % festgelegt. Die Anleihe in Höhe von 25 Mio. € (Fälligkeitsdatum 23. Februar 2032, Ausgabekurs 100%) wird mit 4,125 % verzinst. Quantitative Analyse 44 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Abbildung 9. Umlaufrenditen von österreichischen Energieunternehmen im Vergleich zu risikolosem Zinssatz Risikolosen Zinssatz: 3,27% 4,42 Renditen in % 3,91 3,71 3,53 3,35 3,57 2,92 Energie AG (13 Jahre RLZ) EVN (10 Jahre RLZ) VERBUND (7-8 Jahre RLZ) OMV (7 und 9 Jahre RLZ) KELAG (2.3 Jahre RLZ) BEWAG (2.3 Jahre RLZ) Wien Energie (3 Jahre RLZ) Quelle: Frontier, Thomson 3.2.3 Schlussfolgerung – Debt Spread Zur Bestimmung des Debt Spread gehen wir von den Werten basierend auf Unternehmensdaten (Tabelle 5) aus. Die Ergebnisse basierend auf europäischen Anleiheindizes und österreichischen Energieunternehmen verwenden wir zur Plausibilisierung der Resultate: Untergrenze – Die Untergrenze für den Debt Spread bestimmen wir durch den 75% Quantil von 136 BP (Tabelle 5). Den minimalen Wert von 46 BP erachten wir insbesondere im Hinblick auf die Volatilität der Anleihemärkte der letzten Jahre und der Zeitperiode der 2. Regulierungsperiode von 5 Jahren für die Gasverteilnetzbetreiber als zu gering für die Untergrenze; Obergrenze – Die Festlegung des Debt Spread sollte im Zusammenhang mit der Festlegung des risikolosen Zinssatzes gesehen werden, da dadurch die Fremdkapitalkosten bestimmt werden. Die Verwendung des maximalen Wertes von 215 BP als Obergrenze würde in Verbindung mit einem risikolosen Zinssatz von 3,27% zu Fremdkapitalkosten von 5,42% führen, die derzeit im Markt nicht beobachtbar sind. Der maximale Wert ist zusätzlich von einem nicht-gerateten österreichischen Unternehmen. Wir verwenden in der Folge den Durchschnitt von 155 BP (Tabelle 5) als Obergrenze. Daraus ergibt sich eine Bandbreite für den Debt Spread von 136 BP bis 155 BP. In Verbindung mit dem risikolosen Zinssatz von 3,27% ergibt sich eine Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 45 Bandbreite für die Fremdkapitalkosten von 4,63% bis 4,82%. Basierend auf dem aktuellen Zinsniveau erachten wir diese Bandbreite für die Erwartung der Fremdkapitalkosten für die 2. Regulierungsperiode der Gasverteilnetzbetreiber (2013-2017) als sachgerecht. 3.3 Beta-Faktor Nach der Logik des CAPM lässt sich der Wagniszuschlag der Eigenkapitalkosten auf den risikolosen Zins als Produkt aus der Marktrisikoprämie und dem Risikofaktor Beta darstellen. In diesem Kapitel werden wir daher eine Schätzung für das Beta ableiten. Dazu wurde folgendes Vorgehen gewählt: 3.3.1 Methodik – Zunächst zeigen wir Detailfragen auf, die bei der praktischen Umsetzung der Beta-Bestimmung auftauchen und diskutieren diese. Empirische Ergebnisse – Wir erläutern die quantitative Beta-Analyse und die erzielten Ergebnisse und differenzieren anschließend noch zwischen reinen Netzbetreibern und Netzbetreibern mit anderen Aktivitäten. Methodisches Vorgehen Die Bestimmung des Risikofaktors Beta erfolgt anhand ökonometrischer Analysen. Dabei sind besonders zu berücksichtigen: Wahl des Vergleichsunternehmens – Entscheidend für die Analyse ist die Zusammenstellung der Stichprobe von Vergleichsunternehmen. Da in der Praxis idealtypische Vergleichsunternehmen üblicher Weise nicht verfügbar sind, müssen Auswahlkriterien definiert werden, nach denen eine Stichprobe mit annähernd gleicher Risikocharakteristik zusammengestellt werden kann. Methodisches Vorgehen bei der Beta-Berechnung – Zusätzlich stellen sich für die Analyse mittels CAPM verschiedene weitere Detailfragen, die großen Einfluss auf die Qualität der ermittelten Ergebnisse haben können. Wir spezifizieren und begründen daher unser Vorgehen insbesondere hinsichtlich der Wahl des Betrachtungszeitraumes und der Datenfrequenz; Wahl der Vergleichsindizes; Adjustierung der Roh-Betas; sowie der Anpassung der Kapitalstruktur. Quantitative Analyse 46 3.3.2 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Wahl der Vergleichsunternehmen Die Abschätzung des nicht-diversifizierbaren Risikos basiert auf empirischen Analysen vergleichbarer börsennotierter Unternehmen. Idealerweise werden dazu Unternehmen herangezogen, die ein identisches Risiko wie das regulierte Unternehmen aufweisen. In der Praxis sind derartige idealtypische Referenzen jedoch nicht verfügbar. Vielmehr weisen Unternehmen und regulatorische Rahmenbedingungen in Teilaspekten durchaus Unterschiede auf. Die Wahl der Vergleichsunternehmen sollte daher so getroffen werden, dass möglichst mit österreichischen Netzbetreibern vergleichbare Unternehmen analysiert werden. Vorgehen bei der Auswahl Kriterien, die bei der Auswahl der Vergleichsunternehmen besondere Aufmerksamkeit verdienen, sind: Regulatorisches Umfeld – Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Art der Regulierung Einfluss auf das Beta hat. Die internationalen Vergleichsunternehmen sollten daher ceteris paribus bevorzugt aus Ländern und Industriebranchen stammen, die einer ähnlichen Regulierung unterliegen wie die österreichischen Gasnetze, die im Fokus dieser Studie stehen. Regionale Streuung – Bei der Zusammenstellung der Stichprobe ist generell eine möglichst weite regionale Abgrenzung anzustreben: Zum einen kann so eine möglichst umfangreiche Stichprobe erreicht werden, zum anderen verlieren mögliche länderspezifische Sondereffekte jeweils an Gewicht. Funktionsspezifität – Viele der potenziellen Vergleichsunternehmen sind in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig. In der Regel zieht dies unterschiedliche Risikostrukturen und damit auch unterschiedliche Betas nach sich. Zudem unterliegen meist nicht alle Aktivitäten einer Regulierung, was wiederum das Risikoprofil beeinflusst. Im Idealfall sollten nur diejenigen Unternehmen zum Vergleich herangezogen werden, die überwiegend regulierte Netzaktivitäten wahrnehmen. Zusätzlich muss analysiert werden, welche generischen Unterschiede evtl. durch modellinhärente Korrekturverfahren ausgeglichen werden können. In Verbindung mit dem CAPM-Ansatz erfolgt üblicherweise eine Korrektur für Unterschiede in der Finanzierungsstruktur der jeweiligen Unternehmen; unter Berücksichtigung der Ertragssteuersätze der Länder, in denen die Vergleichsunternehmen agieren. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 47 Aufgrund dieser Überlegungen kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass für die Zusammenstellung der Stichprobe von Vergleichsunternehmen andere Netzbetreiber, und dabei vor allem andere Strom-/Gasnetzbetreiber, regelmäßig besser geeignet sind als Unternehmen aus anderen (Versorgungs-) Branchen und Geschäftsfeldern. Weitere Kriterien im Hinblick auf die Eignung als Vergleichsunternehmen sind die generelle Verfügbarkeit von Börsendaten und die Liquidität des Handels der Aktien der ausgewählten Unternehmen (siehe unten). Für die Auswahl der Vergleichsunternehmen gehen wir in mehreren Stufen vor (Abbildung 10). Abbildung 10. Ansatz für die Zusammenstellung unserer Stichprobe Vorherige Studien Primärrecherche Frontier Datenfundus Long List – 71 Unternehmen Datenverfügbarkeit Filterkriterien Ausreichend Aktivitäten in Strom/ Gas Liquidität (bid ask Spread) Engere Stichprobe– 49 Energieunternehmen Kriterium 40 allgemeine Energieunternehmen – weitere Vergleichsgruppe >70% d. EBIT im Netzgeschäft 9 “reine” Netzbetreiber 22 Firmen nicht verwendet Quelle: Frontier Die wesentlichen Schritte können wie folgt beschrieben werden: Zusammenstellung einer Long-List von potentiellen Vergleichsunternehmen basierend auf börsennotierten Unternehmen, welche im Energiesektor tätig sind. Reduktion der Long-List durch die Anwendung von Filterkriterien. Dabei verwenden wir die Datenverfügbarkeit über einen langen Zeithorizont, ausreichende Geschäftstätigkeit im Gas-/Stromgeschäft sowie die Liquidität der gehandelten Aktien. Durch diese drei Filterkriterien wird die Long-List auf die engere Stichprobe reduziert. Quantitative Analyse 48 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Für die Ermittlung der Betas für regulierte Gasnetzbetreiber müssen aus der eigentlichen Stichprobe jene Unternehmen definiert werden, die ein ähnliches Risikoprofil aufweisen. Wir berücksichtigen in der Folge somit nur jene Unternehmen, die ihren Schwerpunkt im Netzbetrieb haben. Berechnung der Betas für die verbleibenden „reinen“ Netzbetreiber. Long-List von potentiellen Vergleichsunternehmen Der erste Schritt zur Auswahl der geeigneten Vergleichsunternehmen besteht in der Zusammenstellung einer Long-List von potentiellen Vergleichsunternehmen. Wir starten dabei mit einer Liste von börsennotierten Energieunternehmen, welche wir in Projekten mit europäischen Regulatoren, z.B. Bundesnetzagentur (Deutschland), Energiekamer (Niederlande), zu Finanzierungskosten zusammengestellt haben. Die Long-List besteht aus 71 Energieunternehmen aus Europa, Nordamerika, Australien und Neuseeland (Annex 1). Reduktion der Long-List durch Filterkriterien – engere Stichprobe Die Unternehmen der Long-List werden anhand des Kriteriums der Datenverfügbarkeit und anhand ihrer Aktivitäten weiter selektiert und daraus die engere Stichprobe (Short-List) abgeleitet. Das Kriterium der Datenverfügbarkeit besagt, dass um aktuelle und zugleich robuste Schätzwerte zu erhalten, Börsendaten für mindestens die letzten drei Jahre vorliegen müssen. Dies bedeutet auch dass wir, im Gegensatz zu anderen Studien, keine Unternehmen heranziehen die inzwischen liquidiert wurden. Im Anschluss daran wurde anhand der Geschäftsberichte nochmals geprüft, ob die Unternehmen auch tatsächlich einen Schwerpunkt in der Gas- bzw. Strombranche haben. Wir beziehen uns dabei auf Netzbetreiber sowohl im Gas- wie auch Strombereich, da frühere Untersuchungen keine signifikanten Unterschiede im systematischen Risiko zwischen Gas- und Stromnetzbetreiber feststellen konnten. Im Sinne einer möglichst großen Stichprobe wurden daher sowohl Gas- als auch Stromnetzbetreiber in die Stichprobe aufgenommen. In alternativen Studien werden jedoch zusätzlich teilweise Unternehmen der nordamerikanischen Erdölbzw. Pipelineindustrie herangezogen. Es zeigt sich jedoch, dass diese Unternehmen aufgrund ihrer Verbindung zum volatilen Upstreamgeschäft im Ölbereich wesentlich höhere Risiken aufweisen als typische Strom- und Gasnetzbetreiber und daher als Vergleichsunternehmen nicht geeignet sind. Liquidität – Nicht alle börsennotierten Unternehmen werden ausreichend liquide gehandelt, um eine unverzerrte Beurteilung und Auswertung der Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 49 Aktienkurse zu ermöglichen. Unsere Analyse stützt sich dabei auf die Betrachtung von Unternehmen mit einer bestimmten durchschnittlichen Geld-Brief-Spanne30. Von uns wird dabei ein Wert größer 1% als Indikation für eine kritische (unzureichende) Liquidität erachtet. Entsprechende Unternehmen werden für die weitere Analyse aus der Stichprobe ausgeschlossen. In diesem Schritt wurden anhand der drei Filterkriterien aus der Long-List 22 Unternehmen entfernt. Dadurch verbleiben in der engeren Stichprobe noch 49 Unternehmen. Beta Stichprobe – „reine Netzbetreiber“ In einer weiteren Analysestufe wurde die engere Stichprobe weiter untergliedert in eine Gruppe von reinen Netzbetreibern, die die unmittelbare Referenz für die weitere Berechnung darstellt, sowie eine Gruppe von Energieunternehmen mit Netzaktivitäten und anderen Aktivitäten. Die Unternehmen der direkt relevanten Gruppe der reinen Netzbetreiber müssen dabei ihren Schwerpunkt der Aktivitäten im Netzbereich haben. Analysen von Frontier in vorangehenden Studien zeigen, dass reine Netzbetreiber ein signifikant geringeres Risiko und in der Folge Beta aufweisen als Energieunternehmen im Gas-/Strombereich mit anderen Aktivitäten neben dem Netzbereich. Insbesondere Upstreamaktivitäten (z.B. Gasförderung/-import oder Stromerzeugung) führen zu substantiell höheren Betas. Aus diesem Grund wurde die engere Stichprobe auf 9 Unternehmen, die als „reine Netzbetreiber“ definiert werden können, anhand des Anteils der Netzaktivitäten am EBIT reduziert. Unternehmen mit einem Netzanteil größer als 70% am EBIT werden der Gruppe der „reinen Netzbetreiber“ zugeordnet. Energieunternehmen mit einem geringeren Anteil wurden der weiteren Vergleichsgruppe zugeordnet. Dieser Ansatz erscheint sachgereicht, da sich zeigt, dass selbst vergleichsweise geringe Umsatzanteile anderer wettbewerblicher Aktivitäten bereits das ermittelte Gesamtrisiko – und somit den Beta-Faktor – dominieren31. 30 Die relative Geld-Brief-Spanne errechnet sich aus dem Quotienten der Differenz von Geld- und Briefkurs geteilt durch den Mittelwert der beiden Kurse. Der Geldkurs (auch: Bid) spiegelt die aktuelle Zahlungsbereitschaft für eine Aktie wider, der Briefkurs zeigt den Angebotspreis (auch: Ask) des Verkäufers einer Aktie an. Ein Geschäft kommt nur zustande, wenn sich Ask und Bid entsprechen. Größere bzw. dauerhafte Abweichungen von Geld- und Briefkurs sind daher ein Indikator dafür, dass die Vorstellungen von Käufern und Verkäufern weit auseinander liegen, so dass Transaktionen kaum zustande kommen und damit eine unzureichende Liquidität am Markt vorliegt. In einer solchen Situation lässt sich der Mittelkurs der Aktien (als arithmetisches Mittel aus Geld- und Briefkurs) zwar mathematisch errechnen. Tatsächlich hat ein solcher Mittelkurs einer nicht liquide gehandelten Aktien jedoch nur einen begrenzten Aussagegehalt, da zu dem Kurs ja tatsächlich kaum (oder keine) Transaktionen stattfinden. 31 Die Entwicklung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der jüngeren Vergangenheit (bspw. die Einführung des CO2-Handels oder der Ölpreisanstieg) haben das Risiko von Quantitative Analyse 50 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Für die Bestimmung des Betas wird in der Folge die Gruppe der „reinen Netzbetreiber“ bestehend aus 9 Unternehmen verwendet. Diese besteht aus 4 Gasnetzbetreibern; 3 Stromnetzbetreibern; sowie 2 gemischten Gas-/Stromnetzbetreibern. Abbildung 11. „reine Netzbetreiber“ – Vergleichsgruppe für Beta Berechnung Unternehmen Elektrizität Übertragung 7% Verteilnetz 31% National Grid Plc Snam Rete Gas Terna 84% Vector Limited 62% Enagas Red Electrica 93% Boardwalk Pipeline Partners ITC Holdings 100% TC Pipelines Quellen: Jahresberichte, SEC Filings, Thomson Financial Gas Übertragung 20% 65% 28% 97% 91% 100% Verteilnetz 37% 24% Gesamtanteil Netzwerk Klassifikation 95% 89% 84% 90% 97% 93% 91% 100% 100% gemischter Netzbetreiber Gas - gemischtes Netz Strom TSO gemischter Netzbetreiber Gas TSO Strom TSO Gas TSO Strom TSO Gas TSO Quelle: Frontier Analyse basierend auf Jahresberichten, SEC Filings, Thomson Financial 3.3.3 Methodisches Vorgehen Die Bestimmung des Risikofaktors Beta erfolgt anhand ökonometrischer Analysen. Dabei sind verschiedene Details im methodischen Vorgehen zu berücksichtigen. Nachfolgend fassen wir die wesentlichen methodischen Festlegungen zusammen, deren Motivation im Anhang 1 eingehender erläutert wird: Wahl des Betrachtungszeitraumes und der Datenfrequenz – Durch Variationen sowohl der Häufigkeit der erhobenen Daten als auch der Länge des betrachteten Zeithorizonts können sich Unterschiede in den Ergebnissen ergeben. Daher sind Beobachtungszeitraum und Datenfrequenz plausibel zu definieren. Nachfolgend werden für die quantitative Analyse Tagesdaten verwendet. Dieses Vorgehen erscheint insbesondere als gerechtfertigt, da es erlaubt, die vorliegende hohe Datenauflösung (im Vergleich zur alternativen Verwendung von Wochen – oder gar Monatsdaten) zu nutzen. Wir ermitteln die Beta-Werte aus den Energieunternehmen außerhalb des Netzbetriebes (z.B. in der Stromerzeugung oder von Upstreamaktivitäten) ansteigen lassen. Entsprechende Trends zeigen sich bspw. in der zeitlichen Entwicklung der Beta-Werte für derartige Unternehmen in den letzten 10 Jahren. Daher ist davon auszugehen, dass das Risiko in diesen Sektoren deutlich über dem üblichen Marktrisiko von reinen Netzbetreibern liegt. Bei vertikal integrierten Unternehmen ist daher anzunehmen, dass die aus den historischen Daten ermittelten Beta-Werte für Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten einem Risiko entsprechen, dass signifikant über dem eines reinen Netzbetreibers liegt. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 51 Daten der letzten bis zu fünf Jahre. Durch diese Wahl wirken sich kurzfristige Variationen der Börsenkurse weniger stark auf die Beta-Werte als bei Verwendung einer kürzeren Zeitreihe aus. Wahl der Vergleichsindizes – Das der Gesamtmarktrendite zugrunde liegende Marktportfolio soll gemäß CAPM-Logik alle relevanten Investitionsmöglichkeiten eines Investors umfassen. In der Praxis wird von derartig umfassenden Portfolios jedoch zu Gunsten von verfügbaren Börsenindizes abstrahiert. Für deren Auswahl werden allerdings die theoretischen Kriterien eines idealen Vergleichsportfolios berücksichtigt. Nachfolgend werden als Referenz die jeweiligen nationalen Indizes verwendet und stellen dabei insbesondere auf den jeweiligen länderspezifischen FTSE-Index32 ab. Adjustierung der Roh-Betas – Die in einem ersten Schritt ermittelten Betas sind aufgrund bestimmter Ungenauigkeiten der statistischen Schätzung ggf. durch etablierte mathematische Verfahren anzupassen. Zusätzlich sind die Ergebnisse zu adjustieren, um statistische Unschärfen bei der Verwendung von historischen Daten zu Prognosezwecken auszugleichen. Im Regulierungskontext erscheint es deshalb sinnvoll, eine Adjustierung der Roh-Betas vorzunehmen. Dabei können zwei Korrekturen zur Anwendung gelangen: Blume oder Vasicek. Wir verwenden in der Folge die VasicekKorrektur33. Bei der Vasicek-Korrektur (auch als Bayesianische Anpassung bezeichnet) werden die historischen Roh-Betas verstärkt in Richtung des Marktdurchschnittes gewichtet, je schlechter die Qualität der zugrunde liegenden Regression, d.h. je größer der Standardfehler der Beta-Schätzung, ist. Definitionsgemäß liegt das durchschnittliche Marktbeta immer bei 1, weshalb die Vasicek Anpassung im Falle der für Netzbetreiber typischen Betas von unter 1 die Beta Werte systematisch anhebt. Anpassung der Kapitalstruktur – Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der analysierten Unternehmen mit österreichischen Gasnetzbetreibern ist es erforderlich, das errechnete Beta um den Einfluss der Kapitalstruktur der Unternehmen zu korrigieren.34 Dazu wird zunächst das Beta des Vergleichsunternehmens um den individuellen Verschuldungsgrad des Unternehmens bereinigt (das sog. unverschuldete Beta oder Asset-Beta). Diese bereinigten Asset-Betas stellen die Basis für die weiteren Analyseschritte dar. Nach Abschluss der Analyse ist entsprechend 32 Herangezogen werden jeweils die länderspezifischen Indizes der „FTSE All-World Index Series“. 33 Für eine Diskussion zur Korrektur nach Blume und Vasicek verweisen wir auf Anhang2, S. 71ff. 34 Bei gleicher Unternehmensaktivität steigt das Risiko für das Eigenkapital, je geringer die Eigenkapitalquote des Unternehmens ist. Quantitative Analyse 52 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich wieder eine Anpassung an die für österreichische Gasnetzbetreiber zu Grunde gelegte Kapitalstruktur vorzunehmen. Bei diesen Anpassungsschritten sind jeweils auch etwaige steuerliche Effekte zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Anpassung nach Modigliani Miller35 verwendet, bei der eine Korrektur um Kapitalstruktur und Steuern erfolgt. 3.3.4 Quantitative Ergebnisse Abbildung 12 zeigt die Ergebnisse unserer Beta-Schätzungen, wobei der Balken sich jeweils auf die 3-Jahres-Schätzung bezieht. Zum Vergleich, und zur Abschätzung der Stabilität der Schätzung sind auch die Betas über die 1-Jahres und 5-Jahres Periode angegeben. Es zeigt sich, dass die Werte vergleichsweise robust in Bezug auf eine Variation der Stichprobenlänge reagieren. Abbildung 12. Ergebnisse der Asset-Beta-Schätzungen für „reine Netzbetreiber“ Asset Beta (Mod. Miller, Vasicek adj.) * Sektordurchschnitt 0.5 Strom DSO Strom TSOs gemischtes Gasnetz Gas TSOs gemischte Netzbetreiber 0.5 0.4 0.34* 0.4 0.3 0.30* 0.3 0.2 0.2 3-Jahres Periode 0.1 1-Jahres Periode 5-Jahres Periode 0.1 Vector Limited National Grid Plc Snam Rete Gas TC Pipelines Boardwalk Pipeline Part. Enagas ITC Holdings Red Electrica Terna 0.0 Quelle: Frontier Neben der zeitlichen Abgrenzung differenzieren wir, wie oben bereits erwähnt, zwischen reinen Netzbetreibern und der Gruppe der allgemeinen Energieunternehmen. Die Beta-Werte der Gruppe der allgemeinen Energieunternehmen sind – wie zu erwarten aufgrund des höheren Risikos – überwiegend höher als die der reinen Netzbetreiber (Abbildung 13). 35 Eine detaillierte Darstellung der Verfahren findet sich in Anhang 1. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 53 1.3 1.1 * Sektordurchschnitt 3-Jahres Periode gemischte Energieunternehmen reine Netzbetreiber 1-Jahres Periode 5-Jahres Periode 0.9 0.7 0.50* 0.5 0.32* 0.3 -0.1 Terna Red Electrica ITC Holdings Enagas Boardwalk Pipeline Part. TC Pipelines Snam Rete Gas National Grid Plc Vector Limited 0.1 E On AG RWE Centrica Scottish & Southern Energy GDF Suez EDF Enel Canadian Utilities Emera Pembina Pipeline TransCanada EVN AG Verbund Gaz Natural Alliant Energy Corp American Electric Power Atlas Pipeline Partners Chesapeake utilities corp Crosstex Energy EL PASO Electric Co Exelon Laclade Group New Jersey Resources P G & E Corporation Piedmont Natural Gas Plains All American Pipeline PNM Resources Inc South Jersey Industries Westar Energy WGL holdings Inc Williams Companies Inc EQT Corporation (EQT) Nicor Nisource inc Northwest Natural Gas Company Southwest Natural Gas Corp Kinder Morgan Atmos Energy Fortis BC Elia System Operator Asset Beta (Mod. Miller, Vasicek adj.) Abbildung 13. Beta für allgemeine Energieunternehmen und „reine Netzbetreiber“ Quelle: Frontier Economics Tabelle 7 zeigt zusammengefasst noch einmal die durchschnittlichen Beta-Werte für diese beiden Stichproben. 36 Tabelle 7. Ergebnisse der Asset-Beta -Schätzungen für „reine Netzbetreiber“ und allgemeine Energieunternehmen Stichprobe 1-Jahres Periode 3-Jahres Periode 5-Jahres Periode Reine Netzbetreiber 0,33 0,30 0,34 allgemeine Energieunternehmen 0,55 0,50 0,53 Quelle: Frontier 3.3.5 Schlussfolgerung – Beta Faktor Für die Schätzung des Beta-Wertes, welcher das systematische Risiko der österreichischen Gasnetzbetreiber widerspiegelt, ist die Gruppe der reinen Netzbetreiber relevant. Entsprechend der beobachteten Spannbreite über 36 Asset Betas, Modigliani-Miller und Vasicek adjustiert Quantitative Analyse 54 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich unterschiedliche Zeiträume schätzen wir die unverschuldeten Asset-Betas in einer Spannbreite von 0,30-0,34. Aufgrund der Charakteristika der Stichprobe der reinen Netzbetreiber lässt sich keine empirisch valide Aussage zu etwaigen unterschiedlichen Risiken zwischen Gasfernleitungs- und Gasverteilnetzbetreibern machen. Grundsätzlich sollte jedoch gelten, dass die Risiken für Gasfernleitungs- und Gasverteilnetzbetreiber insbesondere im Hinblick auf das Mengenrisiko vergleichbar sind. Dies lässt einen einheitlichen Beta Faktor für die Gasnetzbetreiber als sachgerecht erscheinen. 3.4 Marktrisikoprämie Neben dem Risikofaktor Beta ist die Marktrisikoprämie (MRP) die zweite bestimmende Größe für die Ableitung des über die risikolose Verzinsung hinausgehenden Wagniszuschlags der Eigenkapitalkosten nach dem CAPM Ansatz. In diesem Abschnitt erläutern wir unsere Schätzung der Marktrisikoprämie. Dazu 3.4.1 schildern wir zunächst das methodische Vorgehen und diskutieren mögliche alternative Ansätze; und leiten anschließend auf Basis einer detaillierten quantitativen Analyse unsere Schätzung der Marktrisikoprämie ab. Dabei gehen wir auch auf die aktuelle Situation an den Finanzmärkten ein. Methodisches Vorgehen Die Marktrisikoprämie bezeichnet die über den risikolosen Zinssatz hinausgehende, zusätzliche Rendite, die Anleger für Investitionen in ein vollständig diversifiziertes Portfolio (welches per Definition ein Beta von „1“ besitzt) erwarten. Für die Ableitung der Marktrisikoprämie existieren verschiedene grundsätzliche Ansätze, u.a.: die Analyse historischer Daten in Form von Zeitreihen, die für verschiedene Länder vorliegen; modellgestützte Vorhersagen; und Erhebungen zu den Erwartungen von Marktteilnehmern. Wir stützen uns in unserer Untersuchung der Marktrisikoprämie auf die Analyse historischer Marktrisikoprämien. Die Gründe für diese Methodenwahl sind ähnlich denen, die auch die Wahl des CAPM Ansatzes begründen. Zeitreihenbetrachtungen haben zwar den Nachteil, dass zukünftige Strukturbrüche nicht methodenendogen antizipiert werden können, sind aber Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 55 hinsichtlich Objektivierbarkeit und Transparenz unübertroffen. Die Ergebnisse sowohl von modellgestützten Prognosen als auch empirische Erhebungen bei Marktteilnehmern sind zu weiten Teilen annahmegetrieben und daher in einem auf Transparenz ausgelegten Verfahren weniger adäquat. Für unsere Analyse der Marktrisikoprämie greifen wir auf veröffentlichte Datenbanken zurück. Grundlage ist dabei insbesondere die derzeit umfangreichste und aktuellste öffentlich verfügbare Datensammlung zu historischen MRP, von Dimson, Marsh und Staunton37. Die Datenbasis umfasst dabei 17 Industrieländer sowie einen Zeitraum von 1900-2010. Diese Datenreihe hat sich mittlerweile international als Referenz für derartige Analysen – insbesondere im Regulierungskontext – etabliert. Mit den Yearbooks steht somit zwar eine renommierte Quelle für Zeitreihenanalysen zur Verfügung, hinsichtlich der Interpretation der Daten besteht jedoch bislang kein vollständiger Konsens. Für das weitere Vorgehen sind daher die folgenden kritischen Aspekte bei der Analyse und Interpretation der historischen Zeitreihen festzulegen: Soll der geometrische, oder der arithmetische Mittelwert der historisch beobachteten Renditen als Referenz verwendet werden?; Welcher risikolose Zinssatz soll für Marktrisikoprämie zugrunde gelegt werden?; Soll von Investoren mit nationalen oder internationalen Portfolios ausgegangen werden?; und Welcher Betrachtungszeitraum soll gewählt werden? die Berechnung der Auf die einzelnen Aspekte gehen wir in den folgenden Abschnitten detailliert ein. Arithmetisches versus geometrisches Mittel Die Frage, ob für eine Schätzung der aktuellen bzw. zukünftigen Marktrisikoprämie das arithmetische oder das geometrische Mittel38 der historischen Marktrenditen einen geeigneteren Schätzer darstellt, war in der Vergangenheit bereits häufig Gegenstand der akademischen Diskussionen. Da 37 Dimson E, Marsh P und Staunton M (2011), Global Investment Returns Yearbook 2011, London Business School, ABN Amro, Royal Bank of Scotland; Dimson E, Marsh P und Staunton M (2008), Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook 2008, London Business School, ABN Amro, Royal Bank of Scotland; 38 Aus mathematischer Sicht ist das arithmetische Mittel ist der einfache Durchschnitt der individuellen Periodenrenditen (in unserem Fall jährlich). Das geometrische Mittel einer Stichprobe mit Umfang N ist die Nte Wurzel der Gesamtrendite. Das geometrische Mittel errechnet sich daher allein aus einem Start- und einem Endwert. Kursschwankungen in der Zwischenzeit beeinflussen den geometrischen Mittelwert nicht (wohl aber den arithmetischen Mittelwert). Quantitative Analyse 56 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich diese Debatten häufig sehr technisch geführt werden, geben wir hier kurz die wichtigsten Argumente wieder: Das arithmetische Mittel ist der eigentliche Erwartungswert (Durchschnitt) der jährlichen Erträge. Es gibt also an, welchen Ertrag man erwarten kann, wenn man ein Jahr zufällig auswählt. Dabei wird, bei einjährigen Daten, implizit von einer jeweils einjährigen Veranlagungsperiode eines hypothetischen Investors für das jeweilige Jahr ausgegangen. In unserem Fall also jeweils ein Kalenderjahr. Das geometrische Mittel nimmt eher die Investorensicht ein, da es die durchschnittliche Wachstumsrate des Kapitals angibt. Dabei wird von einer Veranlagungsperiode gleich der Stichprobenlänge (in unserem Fall bis zu 108 Jahre), von thesaurierten Erträgen und Zinseszinseffekten ausgegangen. Es stellt sich die Frage, welcher Wert der geeignetere Schätzer für die zukünftig von Investoren geforderte Marktrisikoprämie ist. Die akademische Literatur gibt zu dieser Frage keine endgültige Antwort.39 Es werden beide Ansätze verwendet bzw. wird auch oft eine Kombination beider Werte genutzt. Die Argumente für die Wahl des geometrischen bzw. arithmetischen Mittels unterscheiden sich in zwei Dimensionen die, wie in Abbildung 14 dargestellt, überwiegend voneinander unabhängig sind die Volatilität der beobachteten Renditen; und der für Investoren relevante Zeithorizont. Abbildung 14. Kein direkter Zusammenhang zwischen Zeithorizont und Volatilität Volatilität Die Dimensionen Zeithorizont und Volatilität, entlang derer sich sich arithmetisches und geometrisches Mittel unterscheiden, hängen nicht direkt zusammen. MRP Zeithorizont Quelle: Frontier Dies diskutieren wir nachfolgend: 39 So leitet Ballwieser (2011) seine Zusammenfassung zu den Mittelwerten der Marktrisikoprämie ein mit: „Ob das geometrische oder das arithmetische Mittel zu nehmen ist, wird kontrovers diskutiert“ (S. 101) und schließt mit „Es verbleibt insofern ein theoretisches Problem, welche Mittelwerte geeignet sind“. ( S. 102). (Ballwieser (2011) Unternehmensbewertung: Prozess, Methoden und Probleme, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart. 3., überarbeitete Auflage.) Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 57 Dimension Zeithorizont – Wie oben bereits angedeutet, gehen die beiden alternativen Berechnungsmethoden der Mittelwerte von extremen Annahmen bezüglich des Zeithorizonts der Investoren aus – kalenderjährliche Anlage (arithmetisches Mittel) vs. einer über einhundertjährigen Anlage (geometrisches Mittel). Offensichtlich liegen die für potentielle Investoren in österreichische Netzbetreiber relevanten Zeiträume zwischen diesen Extrema. Typischer Weise kann beispielsweise von einem Anlagehorizont von 5-20 Jahren mit einer teilweisen Reinvestition der Erträge ausgegangen werden. Dieser Sachverhalt führt dazu, dass der „wahre“ Wert für die erwartete Marktrisikoprämie zwischen dem geometrischen und dem arithmetischen Mittel angenommen werden kann. Dimension Volatilität – Ohne Volatilität40, also wenn die Renditen im Zeitverlauf konstant sind, sind beide Mittelwerte gleich. Bei schwankenden Renditen übersteigt das arithmetische Mittel systematisch das geometrische Mittel. Hieraus ergeben sich weitere Schlussfolgerungen: Reale Erträge sind typischer Weise nicht konstant, was bedeutet, dass ein reines geometrisches Mittel die Renditen unterschätzen würde. Falls die Renditen im Zeitverlauf unkorreliert auftreten, ist das arithmetische Mittel das zweckmäßige Verfahren, um zukünftige Renditen zu schätzen und somit die MRP korrekt zu bestimmen. Eine gewisse Vorhersagbarkeit verringert jedoch die Varianz der erwarteten Erträge wenn über längere Zeiträume investiert wird. Dieses Argument spricht daher eher wieder für eine Nutzung des geometrischen Mittels. Eine gewisse Vorhersagbarkeit ist zum Beispiel gegeben, wenn der Prozess der Renditen einer „mean reversion41“ folgt. Weiters sollte lt. Dimson / Marsh / Staunton (2011) die Vorhersage eine geringere erwartete Varianz als die in der Vergangenheit beobachteten Werte haben, was ebenfalls für das geometrische Mittel spricht. Dieses Argument beruht auf der Annahme, dass es in entwickelten Staaten in Zukunft keine derart einschneidenden Ereignisse wie in der Vergangenheit (zum Beispiel den 2. Weltkrieg) geben wird. 40 Da dies in manchen Studien zu wenig trennscharf ausgeführt wird, soll an dieser Stelle noch einmal den Begriff der Volatilität im Kontext der Marktrisikoprämie erläutert werden. Mit Volatilität ist in diesem Fall die Volatilität des Gesamtmarktes gemeint. Die Berücksichtigung der Volatilität der firmenspezifischen Renditen relativ zu denen des Gesamtmarktes wird ja in Folge durch die BetaWerte vorgenommen. 41 D.h. die mittel- bis langfristige Rückkehr zu einem Gleichgewichtswert. Quantitative Analyse 58 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Geht man von lognormalverteilten Renditen aus, ist prinzipiell das geometrische Mittel ein besserer Schätzer, es muss aber dann um einen Faktor für die Varianz nach oben korrigiert werden. Zusammenfassend lässt sich auch unter dem Aspekt der Volatilität keine eindeutige Eignung einer der beiden Mittelwerte ableiten. Aufgrund der oben angeführten Argumente, folgen wir der Logik, das geometrische und arithmetische Mittel als untere bzw. obere Grenze eines Bereichs zu interpretieren, indem ggf. unter Rückgriff auf weitere Quellen und Diskussionen der anzusetzende Wert festgelegt wird. Referenzierter risikoloser Zinssatz Die historischen Marktrisikoprämien werden immer als der Mehrertrag eines Aktienportfolios relativ zum Ertrag von risikolosen Anlagen gemessen. Daher wird neben historischen Daten über die Marktentwicklung jeweils ein Schätzer für die Messung des Ertrags risikoloser Anleihen benötigt. Welche Ansätze es für die Messung des risikolosen Zinssatzes gibt, wurde bereits oben (vgl. Abschnitt 3.1) erläutert. Dimson, Marsh und Staunton ermitteln die Marktrisikoprämie sowohl relativ zu kurzfristigen Staatsanleihen („Bills“) als auch zu mittel- bis langfristigen Anleihen („Bonds“). In Folge verwenden wir eine Marktrisikoprämie relativ zu langfristigen Anleihen („Bonds“), da diese konsistent mit unserer Methodik zur Messung des risikolosen Zinssatzes sind. National vs. Weltweit Grundsätzlich besteht die Möglichkeit der Nutzung länderspezifischer Zeitreihen oder der Nutzung weltweiter Analysen. In der historischen Betrachtung zeigen sich dabei durchaus signifikante nationale Unterschiede. Diese spiegeln die jeweiligen Umwelteinflüsse und relative nationale Performanceunterschiede wieder, die z.T. durch vorübergehende Einflüsse von Wirtschaftskrisen und kriegerischen Auseinandersetzungen beeinflusst sind. Abbildung 15 gibt einen Überblick über die sich in der Vergangenheit ergebenen Unterschiede in den nationalen Marktrisikoprämien. Es zeigt sich, dass die Marktrisikoprämie für die Welt sowie für Europa sehr ähnlich ist. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 59 Abbildung 15. Durchschnittliche historisch beobachtete Marktrisikoprämien 1900 – 2010 10.0 9.0 8.0 Rate (% p.a.) 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0 0.0 Geometric average Arithmetic average Quelle: Dimson, E., Marsh, P., Staunton, M. (2011), Credit Suisse Global Investment Returns Sourcebook 2011 Grundsätzlich gibt es a priori jedoch keinen Grund zur Verwendung länderspezifischer Marktrisikoprämien. So weisen Dimson / Marsh / Staunton explizit darauf hin, dass länderspezifische Unterschiede in der Vergangenheit nicht auf zukünftige Abweichungen in den erwarteten Renditen hindeuten. Vielmehr basierten länderspezifische Marktrisikoprämie auf speziellen historischen Umweltfaktoren und wirtschaftlichen Entwicklungen innerhalb eines Landes und lassen somit keinen Ausblick auf zukünftig erwartete länderspezifische Marktrisikoprämien zu. Insbesondere angesichts eines sich zunehmend globalisierenden Finanzmarktes kann für eine Vorhersage der Marktrisikoprämie auf Basis historischer Werte nicht vom Fortbestehen der beobachteten Differenzen ausgegangen werden. Daher empfehlen wir die Nutzung weltweiter Daten (aus Industrieländern) zur Ableitung der Marktrisikoprämie. Diese Auswahl wird auch durch Überlegungen zur Methodenkonsistenz unterstützt. Da wir zur Berechnung des Risikofaktors (der Betas) eine internationale Stichprobe von Vergleichsunternehmen heranziehen, ist es plausibel, für die Bestimmung der Marktrisikoprämie eine ähnliche geographische Abgrenzung vorzunehmen. Zu diesem Zweck kalkulieren Dimson / Marsh / Staunton die Performance eines „Welt“-Portfolios, dass sich jeweils aus einem jährlich neu gewichteten (nach Bruttoinlandsprodukt des Landes bzw. Gesamtkapitalisierung der Quantitative Analyse 60 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Unternehmen) Portfolio der 17 einzelnen in der Datenbank vorhandenen Länderindizes sowie den jeweiligen nationalen risikofreien Anlagen zusammensetzt. Bei der Zusammenstellung werden dabei auch explizit Wechselkurseffekte berücksichtigt. In den weiteren quantitativen Analysen beziehen wir uns daher auf dieses Portfolio. Wahl des Betrachtungszeitraums Zusätzlich zur Frage der nationalen bzw. internationalen Betrachtungsweise stellt sich die Frage nach dem Betrachtungszeitraum der historischen Daten. Ziel der Analyse ist die Ableitung der gegenwärtig (bzw. zukünftig) erwarteten Risikoprämie von Kapitalgebern. Da dieser Wert offensichtlich nicht messbar ist, wird dieser durch die in der Historie real beobachteten Prämien approximiert. Offensichtlich spiegeln dabei die in der Vergangenheit auch für längere Perioden (z.B. zehn Jahre) beobachteten Werte nicht zwangsläufig die Erwartungen wider. Als Beispiel wäre hier der „bullische“ Markt Anfang der 1990er Jahre mit jährlichen Marktrisikoprämien von mehr als 15% zu nennen. Um diese kurzfristigen Effekte (wobei in diesem Zusammenhang Zeiträume von wenigen Jahrzehnten durchaus noch als kurzfristig anzusehen sind) auszugleichen, halten wir uns an das übliche Vorgehen, derartige Effekte durch die Betrachtung möglichst langer Zeiträume auszublenden. Die Zeitreihenanalysen von Dimson / Marsh / Staunton zeigen, dass tendenziell erst bei Betrachtungszeiträumen von über 50 Jahren und länger die Ergebnisse relativ robust gegenüber Verlängerungen bzw. Verkürzungen der Analysezeitspanne von wenigen Jahren werden. Trotzdem ist es so, dass sich zum Beispiel die momentane Situation an den Finanzmärkten sehr wohl auch auf die langfristig erwartete Marktrisikoprämie auswirkt (siehe unten). Entsprechend nutzen wir den vollen Zeitraum der verfügbaren Daten, d.h. den Zeitraum 1900-2011. 3.4.2 Quantitative Analyse Für die quantitative Bestimmung der Marktrisikoprämie greifen wir auf die Analysen in den vorher bereits erwähnten Studien von Dimson/Marsh/Staunton zurück. Die Analyse basiert auf der im vorangehenden Abschnitt diskutierten Methodik: Wir approximieren die Anlegererwartungen durch die Analyse historischer Marktrisikoprämien. Es wird eine möglichst lange Betrachtungsperiode gewählt (1900-2008). Es wird ein weltweites Portfolio herangezogen. Die Marktrisikoprämie wird im Vergleich zu mittel- bis langfristigen Staatsanleihen (Bonds) berechnet. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 61 Wie in Abbildung 16 dargestellt ist, ergibt sich eine Schätzung der Marktrisikoprämie für 2011 in Höhe von 3,8% (geometrisches Mittel) und 5% (arithmetische Mittel). Abbildung 16. MRP für Zeitperiode 2005-2011 (Weltindex) 5% 6% 5% 3,8% 4% Geometrisches Mittel 3% Arithmetisches Mittel 2% 1% 0% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: Dimson/Marsh/Staunton 2011 In der historischen Betrachtung stellen die Jahre 2008 und 2009 ein einmaliges Ereignis dar. In keinem (Kalender-)Jahr in der bis zum Jahr 1900 zurückreichenden analysierten Datenreihe wurden ähnlich starke Kurseinbrüche wie in diesen Jahren beobachtet. Entsprechend signifikant sind die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Marktrisikoprämie, wie im Vergleich der Werte von 2008 und 2009 in Abbildung 16 deutlich wird. In den Folgejahren ist jedoch wieder ein Anstieg der Marktrisikoprämie erkennbar. Der Wert in 2011 entspricht dabei schon in etwa dem Wert vor Beginn der Finanzkrise, liegt jedoch knapp darunter. Gleichzeitig muss jedoch betont werden, dass der 2008 beobachtete Wert eher das obere Ende der möglichen Marktrisikoprämien darstellt, da er am Ende einer langen Bullenmarktperiode beobachtet wurde. Die historisch hohen Kursstände deuten darauf hin, dass die 2008 beobachtete Marktrisikoprämie die langfristig erwartete Marktrisikoprämie eher überschätzt. Der Wert für 2011 in Höhe von 3,8% (geometrisches Mittel) und 5% (arithmetische Mittel) kann somit als Marktrisikoprämie interpretiert werden, in der um den Effekt der Finanzkrise sowie der Bullenmarktphase bis 2008 korrigiert wurde. 3.4.3 Schlussfolgerung – Marktrisikoprämie Die Frage, ob das geometrische oder arithmetische Mittel den „richtigen“ Wert darstellt, wird in der akademischen Literatur uneinheitlich beurteilt. Einige europäische Regulatoren verwenden deshalb bei der Bestimmung der Quantitative Analyse 62 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Marktrisikoprämie den Durchschnitt aus dem geometrischen und arithmetischen Mittel, z.B. Bundesnetzagentur (Deutschland), Energiekamer (Niederlande). Wir interpretieren somit diese beiden Werte als untere bzw. obere Grenze des Bereichs für die Höhe der Marktrisikoprämie, was eine Bandbreite von 3,8% bis 5% für die Marktrisikoprämie bedeutet. 3.5 Steuersatz Steuern finden an zwei Stellen Eingang in die Berechnungen: Für das De-/Re-Leveraging der Betas unter Verwendung der ModiglianiMiller Formel wird stets der gesamte ergebniswirksame Steuersatz des jeweiligen Landes berücksichtigt. Für die Berechnung eines Vorsteuerzinssatzes aus den Nachsteuerwerten sind diejenigen Steuern zu berücksichtigen, die aus der Vorsteuer-Rendite tatsächlich noch zu bedienen sind. Für Österreich sind beide Werte dabei äquivalent, entsprechend verwenden wir in beiden Fällen den aktuellen österreichischen Steuersatz für Unternehmen von 25%. 3.6 Kapitalstruktur Im Rahmen des empfohlenen methodischen Vorgehens findet die Kapitalstruktur der Unternehmen an mehreren Stellen Eingang in die Berechnungen: Innerhalb der Analyse mittels CAPM erfolgt eine Beta-Anpassung unter Berücksichtigung der jeweiligen Kapitalstruktur des betrachteten Referenzunternehmens mit der für österreichische Gasnetzbetreiber angenommenen Kapitalstruktur.42 Bei der Ableitung der Gesamtkapitalkosten (WACC) werden Eigen- und Fremdkapitalkosten entsprechend der jeweiligen Kapitalstruktur gewichtet gemittelt. Bei der Ermittlung des Debt Spreads für die österreichischen Gasnetzbetreiber. Bei diesen Schritten besteht grundsätzlich österreichischen Gasnetzbetreiber, 42 die Möglichkeit eine normierte Kapitalstruktur; oder Wir nutzen für unsere Berechnungen die Anpassung nach Modigliani-Miller. Quantitative Analyse für die Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 63 die jeweilige unternehmensindividuelle, tatsächliche Kapitalstruktur zu Grunde zu legen.43 Aus folgenden Gründen empfehlen wir den Ansatz einer normierten Kapitalstruktur. In dem von CAPM angenommenen wettbewerblichen Markt stehen durch Markt-Rückwirkungen die einzelnen Unternehmensparameter (wie der Verschuldungsgrad) miteinander in Verbindung. Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass eine Vermischung von normierten und tatsächlichen Größen nicht mehr das Kriterium einer „marktüblichen“ Rendite erfüllt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Unternehmen versuchen, durch eine strategische Wahl ihrer Kapitalstruktur die ihnen zugestandenen Kapitalkosten zu verändern. Für die Verwendung einer normierten Kapitalstruktur spricht die davon ausgehende Anreizwirkung. Bei Verwendung der aktuellen Kapitalstruktur wird eine schlechte Kapitalstruktur entsprechen alimentiert. Ein weiteres Argument für die Verwendung einer normierten Kapitalstruktur ist, dass für die tatsächliche Kapitalstruktur nur Buchwerte zur Verfügung stehen, während die anderen Parameter auf Basis von Marktwerten festgelegt wurden. Somit zöge die Verwendung einer tatsächlichen Kapitalstruktur eine methodische Inkonsistenz nach sich. Die Verwendung einer normierten Kapitalstruktur ist zusätzlich Voraussetzung für die Anwendung eines einheitlichen WACC auf alle österreichischen Gasnetzbetreiber. In Folge diskutieren wir den bisherigen Ansatz in Österreich und Ansätze zur Ableitung eines Referenzwertes für die Normierung der Kapitalstruktur. Im Anschluss daran leiten wir eine Empfehlung ab. 3.6.1 Bisheriger Ansatz Bisher wird von der E-Control eine Unterscheidung für die Zielkapitalstruktur zwischen 43 Gasverteilnetzbetreiber Fremdkapitalanteil; sowie – 40% Eigenkapitalanteil und 60% Für die Referenzunternehmen wird immer von ihrer tatsächlichen Kapitalstruktur ausgegangen. Quantitative Analyse 64 Frontier Economics | Juli 2012 Gasfernleitungsbetreiber Fremdkapitalanteil Vertraulich – 30% Eigenkapitalanteil und 70% vorgenommen. 3.6.2 Bestimmung der Kapitalstruktur Zur Bestimmung eines Referenzwertes für die Normierung der Kapitalstruktur stehen insbesondere drei Ansätze zur Verfügung, und zwar Ansatz einer optimalen Kapitalstruktur; Nutzung von Vergleichsunternehmen für die Bestimmung einer branchenüblichen Kapitalstruktur; und Orientierung an anderen Regulatorenentscheidungen. Im Folgenden werden wir diese Ansätze kurz vorstellen und basierend auf unserer Handlungsempfehlung abschließend einen Wert quantitativ bestimmen. Zusätzlich ist bei der Bestimmung der Kapitalstruktur auch der Zusammenhang mit der Berechnung des Debt Spreads zu berücksichtigen. Die Annahmen zum Rating der betrachteten Unternehmen sollten mit der Kapitalstruktur vereinbar sein. Ansatz einer optimalen Kapitalstruktur Theoretisch existiert für Unternehmen eine optimale Kapitalstruktur. 44 Dieser Verschuldungsgrad, bei welchem die gesamten Kapitalkosten am geringsten sind, würde sich als Vorgabe für eine normierte Kapitalstruktur anbieten. Für die praktische Umsetzung dieses Ansatzes ergeben sich jedoch einige Hürden: 44 Die Ableitung eines allgemeingültigen Verschuldungsgrades, in dem das Minimum der Kapitalkosten erreicht ist, gestaltet sich in der praktischen Anwendung als äußerst schwierig. Insofern wird das Konzept einer optimalen Kapitalstruktur generell als überwiegend theoretisches Konstrukt angesehen, dass empirisch schwer zu fassen ist. Insbesondere der Verlauf der Fremdkapitalkosten in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad lässt sich nicht exakt empirisch ermitteln. Hierbei wäre Nach dem Grundmodell von Modigliani-Miller sind die Kapitalkosten eines Unternehmens zunächst unabhängig vom Verschuldungsgrad, da bei sinkender Eigenkapitalquote das Unternehmen zunehmend auf günstigeres Fremdkapital zurückgreift, jedoch umgekehrt in gleicher Weise die Eigenkapitalkosten steigen. Wird dieses Modell jedoch um steuerliche Effekte erweitert, gewinnt der Verschuldungsgrad an Bedeutung für die Kapitalkosten. Es kann gezeigt werden, dass für Unternehmen ein optimaler Verschuldungsgrad existiert, bei dem die Kapitalkosten minimal sind. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 65 eine Vielzahl unternehmensspezifischer Aspekte zu berücksichtigen, über die Externe üblicherweise keine Informationen besitzen. Als Fazit lässt sich somit feststellen, dass das theoretische Konzept einer optimalen Kapitalstruktur für unsere Zwecke nicht praktikabel ist. Nutzung von Vergleichsunternehmen Anstatt der Berechnung einer optimalen Kapitalstruktur können die bei vergleichbaren Unternehmen beobachteten Kapitalstrukturen für die Abschätzung einer branchenüblichen Kapitalstruktur verwendet werden. Unter der Annahme, dass die Unternehmen ihre Kapitalkosten minimieren, werden sich die am Markt beobachtbaren Werte der optimalen Kapitalstruktur annähern. Da die Kapitalstruktur praktisch jedoch ebenfalls von unternehmensindividuellen Faktoren abhängt, empfiehlt sich für die Festlegung einer normierten Kapitalstruktur auf der Basis von Vergleichsunternehmen die Bildung eines Durchschnitts. Entsprechend dieser Argumentation analysieren wir im Folgenden die beobachteten Verschuldungsgrade für die Unternehmen der BetaStichprobe. Abbildung 17 zeigt dabei die Streuung der Verschuldungsgrade. Abbildung 17. Beobachtete Verschuldungsgrade reiner Netzbetreiber und Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten auf Basis von Marktwerten 9 8 Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten reine Netzbetreiber 7 6 5 Häufigkeit 4 3 2 1 0 0-0,05 0,05-0,15 0,15-0,25 0,25-0,35 0,35-0,45 0,45-0,55 0,55-0,65 0,65-0,75 0,75-0,85 0,85-0,95 Verschuldungsgrad Quelle: Thomson Aus den Ergebnissen der Analysen lassen sich die folgenden Erkenntnisse ableiten: Quantitative Analyse 66 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Die Kapitalstrukturen innerhalb der Vergleichsunternehmen streuen generell stark. Daher sollte eine Durchschnittsbildung erfolgen, um unternehmensindividuelle Effekte auszublenden.45 Die Verschuldungsgrade von reinen Netzbetreibern scheinen tendenziell höher zu sein. Dies ist auch intuitiv verständlich, da Unternehmen mit geringerem Risiko generell einen höheren Verschuldungsgrad nutzen können, ohne bereits hohe Risikoaufschläge zahlen zu müssen. Generell dominieren Verschuldungsgrade von 35% bis 55%, während der Median der Stichprobe bei ca. 50% liegt. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die dargestellten Verschuldungsgrade eher konservativ, also niedrig geschätzt wurden: In unseren Berechnungen korrigieren wir das Fremdkapital um die kompletten liquiden Mittel (Cash). Faktisch ist jedoch ein Umlaufvermögen in Form liquider Mittel (Working Capital) für den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens notwendig, weshalb unsere Analysen die Fremdkapitalquote tendenziell leicht unterschätzen. Des Weiteren sollte der vom Regulator vorgeschriebene Verschuldungsgrad mit einem hervorragenden Rating vereinbar sein. Dabei kann eine Orientierung an den Anforderungen von Ratingagentur vorgenommen werden. Beispielsweise definiert Moody’s ein Gearing von 60% als Grenze zwischen einem A- und BRating. Gleichzeitig muss jedoch betont werden, dass neben dem Gearing zusätzliche Parameter einen wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung des Ratings haben kann. Moody’s weist dem Rating (Net Debt/RAV) beispielsweise eine Gewichtung von 15% zu (Abbildung 18). 45 Dies betrifft allein die Abschätzung einer normierten Kapitalstruktur für österreichische Gasnetzbetreiber. Bei der Ableitung der unverschuldeten Betas („Deleveraging“) im Rahmen der Analyse mittels CAPM wird natürlich weiterhin die spezifische Kapitalstruktur des jeweiligen Vergleichsunternehmens herangezogen. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 67 Abbildung 18. Bestimmungsfaktoren des Ratings Quelle: Moody's Global Infrastructure Finance, Ratings Methodology, August 2009 Orientierung an anderen Regulatoren Um konsistent mit dem internationalen Standard zu bleiben, ziehen wir zusätzlich die Annahmen anderer Regulatoren als Vergleich heran. Dieser Ansatz dient als Plausibilitätskontrolle der von uns ermittelten Ergebnisse. Insbesondere sollte beachtet werden, dass sich Zirkelschlüsse ergeben können, wenn Regulatoren ihre Entscheidungen auf den Entscheidungen anderer Regulatoren basieren. Quantitative Analyse 68 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Tabelle 8. Verschuldungsgrad aus regulatorischen Entscheidungen Niederlande Gas TSO Gas DSO 60,0% - 50,0% 60,0% - 50,0% (2010 -13) (2011 -13) Deutschland 60,0% (2013 -17) Frankreich Italien 40,0% 40,0% (2009 -13) (2009 -12) 44,4% 33,3% (2010 -13) (2009 -12) Quelle: Frontier Economics In Tabelle 8 sind die von verschiedenen Regulatoren verwendeten FremdkapitalQuoten angeführt. Dabei zeigt sich, dass die von uns empirisch ermittelten Werte in einem international vergleichbaren Bereich liegen. Der höchste Verschuldungsgrad liegt dabei bei 60%. Dieser Wert erscheint auch noch mit einem A-Rating vereinbar zu sein, das bei der Berechnung des Debt Spreads in Kapital 3.2 angenommen wurde. 3.6.3 Zusammenfassung Für die Festlegung einer normierten FK-Quote empfehlen wir entsprechend der vorangehenden Argumentation die Nutzung von Vergleichsunternehmen und zusätzlich die Berücksichtigung von internationalen Regulierungsentscheidungen. Gleichzeitig sollte der Verschuldungsgrad mit den Ratingannahmen bei der Berechnung des Debt Spreads übereinstimmen. Für die Gasverteilnetzbetreiber erscheint der derzeitige Verschuldungsgrad von 60% sachgerecht zu sein und wir empfehlen diesen Wert beizubehalten. Für die Gasfernleitungsbetreiber erscheint der derzeitige Verschuldungsgrad von 70% schwer mit der Ratingannahme – A Rating – bei der Berechnung des Debt Spreads vereinbar zu sein. Ein Verschuldungsgrad von 70% würde nämlich tendenziell ein Rating im B-Bereich zur Folge haben. Wir empfehlen deshalb aus Konsistenzgründen auch bei den Gasfernleitungsnetzbetreibern die Anwendung eines Verschuldungsgrades von 60%. Quantitative Analyse Vertraulich 3.7 Juli 2012 | Frontier Economics 69 Zusammenfassung und Ableitung der Berechnungsformeln In den vorangehenden Abschnitten wurden die einzelnen Parameter der Kapitalkostenbestimmung mittels WACC / CAPM quantitativ abgeleitet. In diesem abschließenden Abschnitt wird der von uns empfohlene Ansatz für die Berechnung der einzelnen Komponenten des WACC und die Zusammenführung aller Bestandteile zum WACC dargestellt. Dabei gehen wir getrennt vor nach 3.7.1 Fremdkapitalzinssatz; Adjustierung der Beta-Faktoren; Ableitung des Eigenkapitalzinssatz; und fügen die einzelnen Elemente abschließend zu den Gesamtkapitalkosten (WACC) zusammen. Fremdkapitalzinssatz Die Fremdkapitalkosten ergeben sich aus dem risikolosen Zinssatz plus dem Risikoaufschlag (Debt Spread), den ein sich effizient finanzierender Netzbetreiber am Markt bezahlen muss. Auf Basis der von uns empirisch geschätzten Parameter ergibt sich damit eine Bandbreite für den anzusetzenden Fremdkapitalzinssatz von 4,63% - 4,82% (Tabelle 9). Tabelle 9. Berechnung Fremdkapitalkosten min Risikoloser Zins max 3,27% Fremdkapital-Risikozuschlag 1,36% 1,55% FK-Kosten 4,63% 4,82% Quelle: Eigene Berechnungen 3.7.2 Betafaktor In Abbildung 19 wird die Umrechnung der unverschuldeten Betas ( A = Asset Beta) in verschuldete Betas ( E = Equity Beta) dargestellt. Das unverschuldete Beta wurde dabei aus unserer internationalen Stichprobe von Netzbetreibern abgeleitet. Dabei ist anzumerken, dass die unverschuldeten Betas bereits vorher mithilfe der Modigliani-Miller Methode um die Effekte der jeweiligen unternehmensindividuellen Fremdkapitalquoten und um die Effekte der jeweiligen nationalen Steuersätze korrigiert wurden. Damit werden die Betas verschiedener Unternehmen in verschiedenen Steuerregimes vergleichbar gemacht. Quantitative Analyse 70 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Für die Ermittlung des verschuldeten Beta eines österreichischen Netzbetreibers werden dann wiederum der österreichische Steuersatz und der von uns ermittelte normierte Verschuldungsgrad verwendet. Abbildung 19. Ermittlung der verschuldeten Betas Input Parameter Quelle Betafaktor (Asset-Beta) βA Analyse Vergleichsuntern. Steuersatz (Tax rate) T Nominelle Steuersätze Verschuldungsgrad (Gearing) g Analyse Vergleichsuntern. Formel 2: Betafaktor (verschuldet) (βe) e A [1 (1 T ) g ] 1 g Quelle: Frontier Unter Verwendung der empirisch gewonnen Bandbreiten für die einzelnen Parameter ergibt sich eine maximale Bandbreite der verschuldeten Betas von 0,64 – 0,72 (vgl. Tabelle 10). Tabelle 10. Berechnung verschuldetes Beta min Steuersatz max 25 % Verschuldungsgrad 60 % 60 % Unverschuldetes Asset Beta 0,30 0,34 Verschuldetes Equity Beta 0,64 0,72 Quelle: Eigene Berechnungen 3.7.3 Eigenkapitalzinssatz Der Betafaktor, also der Faktor, um den sich das Risiko österreichischer Netzbetreiber vom Risiko des Gesamtmarktes unterscheidet, wird nun mit der Marktrisikoprämie ( MRP = Market Risk Premium) multipliziert, um den „Risikoaufschlag“ für Eigenkapital zu berechnen. Dieser Risikoaufschlag muss nun nur noch zum risikolosen Zinssatz ( RFR = Risk Free Rate) addiert werden, um den Eigenkapitalzinssatz nach Steuern zu erhalten. Quantitative Analyse Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 71 Abbildung 20. Ableitung des Eigenkapitalzinssatzes Input Parameter (re) Marktrisikoprämie (Equity Risk Premium) Betafaktor (verschuldet) (Equity-Beta) Formel 3: Eigenkapitalzinssatz Quelle MRP Sekundär-Studien βe aus Formel 2 re ( e MRP) RFR Quelle: Frontier Entsprechend der in Tabelle 11 dargestellten Einzelwerte ergibt sich damit eine maximale Bandbreite für den Eigenkapitalzinssatz von 5,69 % - 6,88 % nach Steuern. Tabelle 11. Berechnung Eigenkapitalzinsen nach Steuern min Risikoloser Zinssatz Marktrisikoprämie Verschuldetes Equity Beta EK-Kosten (nach Steuern) max 3,27 % 3,8 % 5,0 % 0,64 0,74 5,69 % 6,88 % Quelle: Eigene Berechnungen 3.7.4 WACC Für die Gesamtkapitalverzinsung werden nun die von uns ermittelten Eigen- und Fremdkapitalkostensätze mit dem normierten Verschuldungsgrad gewichtet. Bei der Nutzung von nach-Steuer Eigenkapitalkosten muss dabei noch berücksichtigt werden, dass ein Teil der Eigenkapitalrendite als Steuer abgeführt werden muss, was eine höhere Verzinsung vor Steuern notwendig macht. Abbildung 21. Berechnung des WACC aus Eigen- und Fremdkapitalkosten WACC Formel 4: WACC WACC pretax ( g rd ) [(1 g) re )] (1 T ) Quelle: Frontier Entsprechend der in Tabelle 12 dargestellten einzelnen Werten bzw. Bandbreiten ergibt sich daraus ein vor-steuer WACC von 5,81 % - 6,56 %. Tabelle 12. Berechnung WACC EK-Kosten (nach Steuern) min max 5,69 % 6,88 % Quantitative Analyse 72 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Steuersatz 25 % EK-Kosten (vor Steuern) 7,59 % 9,18 % FK-Kosten 4,63 % 4,82 % 60 % 60 % 5,81 % 6,56 % Verschuldungsgrad WACC (vor Steuern) Quelle: Eigene Berechnungen 3.7.5 Interpretation von Bandbreiten Da für verschiedene Parameter, die in die Berechnung der Kapitalkosten einfließen, aufgrund der vorangehenden Analysen Bandbreiten geschätzt wurden, ergeben sich für die abgeleiteten Zinssätze ebenfalls Intervalle. Diese spiegeln die trotz Auswertung aller verfügbaren Informationen verbleibende Unsicherheit der Schätzung wider. Für die regulatorische Praxis ergibt sich dennoch die Notwendigkeit, aus diesen Bandbreiten einen einzelnen Wert als Berechnungsgrundlage abzuleiten. Grundsätzlich sind dabei zwei mögliche pragmatische Strategien denkbar, wie mit derartigen Bandbreiten umgegangen werden kann:46 Fehlerminimierung – Um mit dem für die Regulierung zu Grunde gelegten Wert trotz Unsicherheit dem – nicht beobachtbaren – faktischen Wert anzunähern und damit den evtl. auftretenden Fehler zu minimieren, bietet sich eine Positionierung in der Mitte der Bandbreite an.47 Hierbei würde der Gesamtfehler minimiert und die Richtungen der Abweichung (Über- oder Unterschätzung) somit implizit als gleichwertig angesehen. Vorsichtsprinzip – Alternativ könnte durch den Regulierer die Gefahr einer Über- und Unterschätzung aufgrund ihrer Auswirkungen unterschiedlich bewertet werden. Hierzu sind sowohl die regulierten Unternehmen als auch die Nutzer der regulierten Dienstleistung zu betrachten. Falls eine derartige Asymmetrie identifiziert würde, könnte unter Verfolgung des Vorsichtsprinzips eine Positionierung oberhalb oder unterhalb des Mittelwertes und innerhalb der Bandbreite der Extremwerte sinnvoll sein.48 46 Diese Strategien lassen sich auf Bandbreiten sowohl einzelner Parameter (wie z.B. der Marktrisikoprämie) als auch der resultierenden Zinssätze anwenden. 47 Hierbei wird unterstellt, dass sich die Schätzfehler symmetrisch über die Bandbreite verteilen. 48 Dabei haben wir bei unseren Quantitativen Analysen an verschiedenen Stellen bereits dem Vorsichtsprinzip zugunsten der Netzbetreiber bereits ansatzweise Rechnung getragen, indem jeweils im Zweifelsfall ein Wert zu Gunsten der regulierten Unternehmen gewählt wurde. Aus diesem Grund wurde bspw. eine Adjustierung der Betas mittels Vasicek vorgenommen. Quantitative Analyse Vertraulich 4 Juli 2012 | Frontier Economics 73 Internationaler Vergleich Abschließend diskutieren wir unsere Ergebnisse im Kontext aktueller internationaler Regulatorenentscheidungen. Der gewählte Ansatz – die Ermittlung der Finanzierungskosten mittels WACC und CAPM – ist bei Regulierungsentscheidungen international weit verbreitet. Aus diesem Grund bietet es sich an, die gewonnenen Ergebnisse mit den von anderen Regulatoren angesetzten Werten zu vergleichen. Zu diesem Zweck enthält Tabelle 13 eine Übersicht über die jüngere internationale regulatorische Praxis. Bei der Interpretation der Werte ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund nationaler Besonderheiten (z.B. hinsichtlich der Abgrenzung der Kapitalbasis) die Werte nicht vollständig vergleichbar sein können; sowie durch die Finanzmarktkrise sich seit 2008 signifikante Änderungen an einzelnen Parametern ergeben haben, so dass bei den Vergleichen jeweils das Bezugsjahr berücksichtigt werden muss. Zusätzlich unterscheidet sich die internationale Praxis dahingehend, welche Werte die Grundlage für die formelle Entscheidung darstellen, z.B. ob nominale oder reale; oder aber vor- oder nach-Steuer Werte herangezogen werden. In unserer Auswertung wurden die verschiedenen einzelnen Parameter der Kapitalkosten – soweit in den entsprechenden Dokumenten zumindest nachrichtlich genannt – möglichst vollständig erfasst und (ggf. auf Basis von Annahmen) vergleichbar gemacht. Daher ist zu beachten, dass nicht alle Werte tatsächlich Teil formeller Entscheidungen sind. Wir stellen dabei die Einzelparameter für den WACC dar, da diese zum Vergleich mit den Parametern in Österreich geeignet sind. Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Vergleichbarkeit lässt sich dennoch der Schluss ziehen, dass die im Rahmen unserer Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse sich in das internationale Bild einfügen. Insbesondere im Vergleich zu länger zurückliegenden Entscheidungen ist der Einfluss der Finanzkrise jedoch deutlich erkennbar. Internationaler Vergleich Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 75 Tabelle 13. Regulatoren Entscheidungen zu Parameter des WACC Land Regulator Niederlande Energie kamer Deutschland Frankreich Italien Risk Free Rate (RFR) Debt Spread Asset Beta 3,3% 3,8% 3,9% 4,0% 1,3% 1,6% 1,1% 1,9% 0,35 – 0,45 0,39 – 0,50 Gas TSO 3,8% n.a. 0.38 4.55% 60.0% 2013-17 Gas DSO 3,8% n.a. 0.38 4.55% 60.0% 2013-17 Gas TSO 2,3%* 0.4% 0.70 4.50% 40.0% 2009-13 Gas DSO 2.40%* 0.4% 0.58 4.50% 40.0% 2009-12 Gas TSO 4.40% 0,45% 0.48 4.0% 44,4% 2010-13 Gas DSO 4.65% 0,45% 0.36 4.0% 33,3% 2009-12 Bereich Gas TSO Gas DSO Marktrisikoprämie 4,0% - 6% 4,0% - 6% Gearing 60.0% 50.0% 60.0% 50.0% Regulierungsperiode 2010-13 2011-13 BNetzA CRE Internationaler Vergleich Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 77 Anhang I – Vergleichsunternehmen für die Beta-Bestimmung In den folgenden Abschnitten dokumentieren wir die Zusammenstellung der Stichproben entsprechend dem in Kapitel 3.3.2 dargestellten Vorgehen für die „Long List“ aller potentiellen Vergleichsunternehmen; die erweiterte Stichprobe der Vergleichsunternehmen, die aufgrund der Datenlage geeignet sind; sowie die engere Stichprobe der reinen Netzbetreiber. „Long List“ Bei der „Long List“ handelt es sich um eine umfassende Liste möglicher Vergleichsunternehmen, die wir auf ihre Eignung als für österreichische Netzbetreiber vergleichbare börsennotierte Unternehmen näher untersucht haben. Wie in Kapitel 3.3.2 beschrieben, sind wir bei der Zusammenstellung der „Long List“ der potentiellen internationalen Vergleichsunternehmen wie folgt vorgegangen: Zum einen wurde auf eine aktualisierte Version der bei Frontier verfügbaren Datenbank von Vergleichsunternehmen zurückgegriffen. Ergänzend wurden vergleichbare jüngere Studien ausgewertet49. Es wurde eine neue Primärrecherche durchgeführt. Tabelle 1 zeigt die „Long List“ an 71 potentiellen Vergleichsunternehmen. Tabelle 1. „Long List“ mit 71 potentiellen internationalen Vergleichsunternehmen Land Unternehmen Anteil Elektrizität Übertragung 49 Verteilnetz Anteil Gas Übertragung Verteilnetz Zu den ausgewerteten Studien zählen: NERA Economic Consulting (2011), Oxera Consulting (2010a), Oxera Consulting (2010b), Oxera Consulting (2011), Schaeffler S. and Weber C. (2011). Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung 78 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Argentinien Transener 65% Australien APA Group 2% Australien DUET Group 3%* Australien Envestra Australien Spark Infrastructure Belgien Elia System Operator Belgien Fluxys 90% 31%* 22%* 90% ~100% 80%* 70% Deutschland E.On AG k.A. Deutschland MVV Energie k.A. Deutschland RWE k.A. Großbritannien Centrica 69%* Großbritannien National Grid Plc Großbritannien Scottish & Southern Energy Großbritannien United Utilities Frankreich EDF Frankreich GDF Suez Italien ACSM AGAM Italien Enel Italien Snam Rete Gas Italien Terna 7%* 31%* 20%* k.A. 22% <78% 10%* 65% Kanada Emera Kanada Fortis BC Kanada Pembina Pipeline 46%* Kanada TransCanada 54%** ~40%* ~11% (Vorjahreswert) < 75% Österreich EVN AG 51% Österreich Verbund k.A. Vector Limited REN Spanien Enagas Spanien Gaz Natural 24% 84%* Canadian Utilities Portugal 37%* 4% Kanada Neuseeland 17%* 62%* 28%* ~90% 97%* 14% Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung 20% Vertraulich Spanien Juli 2012 | Frontier Economics Red Electrica 79 ~ 100% USA AGL Resources 71% / ** USA Alliant Energy Corp k.A. USA American Electric Power k.A. USA Atlas Pipeline Partners 4%* USA Atmos Energy < 20%* USA Boardwalk Pipeline Partners 91%* USA Chesapeake Utilities Corp < 63%* USA Corning Natural Gas k.A. USA Crosstex Energy USA EL PASO Electric Co USA Exelon USA Gas Natural Inc 91% USA Kinder Morgan ~ 70% USA Laclede Group USA ITC Holdings USA New Jersey Resources <31%* / ** USA Nicor Inc 83%* / ** USA Nisource Inc USA Northwest Natural Gas Company USA P G & E Corp. and Pacific Gas & Electric Com k.A. USA Piedmont Natural Gas k.A. USA Plains All American Pipeline USA PNM Resources Inc USA RGC Resources Inc USA South Jersey Industries USA Southwest Natural Gas Corp USA TC Pipelines 61%* / ** < 60% k.A. < 17%* (Vorjahreswert) < 50% ** > 85%* < 22%* < 19%* 48%* / ** 94%* / ** 50%* 20% k.A. 56%* / ** < 85% >90% Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung 80 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich USA Westar Energy Inc USA WGL Holdings Inc USA MGE Energy Inc 68,5%* USA Black Hills Corp. k.A. USA Allete Inc k.A. USA Central Vermont Public SE k.A. USA UIL Holdings 86%* <12%* / ** USA Teco Energy Inc 62%* 15%* / ** USA EQT Corporation k.A. USA Provident Energz k.A. USA Cleco Corporation k.A. USA Williams Companies Inc k.A. 7%* < 48%* / ** Quelle: Frontier – Eigene Berechnungen auf Basis von Thomson Financial, Annual Reports und SEC filings. Anteile bezogen auf EBIT. * Anteile basieren auf Umsatz ** Bezogen auf “Distribution”, beinhaltet neben Netzgeschäft auch Endkundenvertrieb. Erweiterte Stichprobe Auf die Vergleichsunternehmen dieser „Long List“ wenden wir die beiden Filterkriterien an, d.h. ausreichende Datenverfügbarkeit (Fünfjahreszeitraum von 20062010); und hinreichende Liquidität (durchschnittliche relative Geld-Brief-Spanne von maximal 1%). Die Anwendung dieser Filterkriterien führt schließlich zu einer erweiterten Stichprobe von 49 Vergleichsunternehmen wie in Tabelle 2 dargestellt. Tabelle 2. Vergleichsunternehmen der erweiterten Stichprobe und „Short List“ Land Unternehmen Anteil Elektrizität Übertragung Verteilnetz Anteil Gas Übertragung Verteilnetz Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung Rel. Geld Brief Spanne % 3-Jahresmittelwert Daten verfügbar seit Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics Deutschland E.On AG k.A. 0.06% <2001 Deutschland RWE k.A. 0.20% <2001 Großbritannien Centrica 69%* 0.09% <2001 Großbritannien National Grid Plc 0.10% <2001 Großbritannien Scottish & Southern Energy 0.11% <2001 0.05% Mitte 2005 0.07% <2001 Frankreich GDF Suez Frankreich EDF 7%* 31%* 20%* 37%* 4% 22% k.A. Elia System Operator 80%* 0.48% <2001 Italien Enel 10%* 0.75% <2001 Italien Snam Rete Gas 0.73% <2001 Italien Terna 0.62% Mitte 2004 Kanada Canadian Utilities 0.40% <2001 Kanada Emera 0.24% <2001 Kanada Pembina Pipeline 0.30% <2001 Kanada Fortis BC 0.21% <2001 Kanada TransCanada 0.16% <2001 Belgien 65% 24% 84%* ~40%* ~11% (Vorjahreswert) 46%* < 75% 54%* Österreich EVN AG 51% 0.45% <2001 Österreich Verbund k.A. 0.26% <2001 28%* 0.76% Mitte 2005 97%* 0.10% Mitte 2002 0.08% <2001 0.11% <2001 Neuseeland Vector Limited 62%* Spanien Enagas Spanien Gaz Natural Spanien Red Electrica USA Alliant Energy Corp k.A. 0.12% <2001 USA American Electric Power k.A. 0.06% <2001 USA Atlas Pipeline Partners 4%* 0.34% <2001 USA Boardwalk Pipeline Partners 91%* 0.25% Ende 2005 USA Chesapeake Utilities Corp 0.25% <2001 USA Crosstex Energy 0.22% Anfang 2004 14% 20% ~ 100% < 63%* < 60% 81 Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung 82 Frontier Economics | Juli 2012 USA EL PASO Electric Co USA Exelon USA Laclede Group inc/the USA ITC Holdings USA New Jersey Resources USA Nicor Inc USA Nisource Inc USA Northwest Natural Gas Company USA P G & E Corp. and Pacific Gas & Electric Com USA Piedmont Natural Gas USA Plains All American Pipeline USA PNM Resources Inc USA South Jersey Industries USA Southwest Natural Gas Corp USA TC Pipelines USA Westar Energy Inc USA WGL Holdings Inc USA Kinder Morgan USA Atmos Energy USA EQT Corporation (EQT) USA Williams Companies Inc Vertraulich k.A. 0.15% <2001 0.05% <2001 0.15% <2001 0.14% Mitte 2005 < 31%*/** 0.13% <2001 83%*/** 0.13% <2001 48%*/** 0.13% <2001 94%*/** 0.14% <2001 k.A. 0.05% <2001 k.A. 0.13% <2001 0.10% <2001 0.17% <2001 0.13% <2001 0.15% <2001 0.23% <2001 0.14% <2001 0.07% <2001 0.16% <2001 0.09% <2001 k.A. 0.07% <2001 k.A. 0.13% <2001 < 17%* (Vorjahreswert) < 50% ** > 85%* < 22%* < 19%* 50%* 20% 56%*/** < 85% > 90% 7%* < 48%*/** ~ 70% *** < 20%* 61%*, ** Quelle: Frontier – Eigene Berechnungen auf Basis von Thomson Financial, Annual Reports und SEC filings. Anteile bezogen auf EBIT. * Anteile basieren auf Umsatz ** Bezogen auf “Distribution”, beinhaltet neben Netzgeschäft auch Endkungenvertrieb. Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 83 „Short List“ (Engere Stichprobe) Die erweiterte Stichprobe wird anhand des Filterkriteriums „Netzbetrieb mindestens 70%“ in die „Short List“ (engere Stichprobe) der reinen Netzbetreiber und in Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten unterteilt. Tabelle 2 umfasst die erweiterte Stichprobe aus 49 Unternehmen, wobei die 9 reinen Netzbetreiber in fett dargestellt sind und die restlichen 40 Unternehmen die Gruppe der Netzbetreiber mit anderen Aktivitäten bilden. Sonderfall nordamerikanische Unternehmen Bei der Erstellung der „Short List“ (engere Stichprobe) ist zu beachten, dass die nordamerikanischen Unternehmen häufig einen Sonderfall darstellen, da in den Geschäftsberichten meist nicht der Anteil des Netzgeschäftes getrennt ausgewiesen ist. In den Geschäftsberichten findet sich in vielen Fällen der Anteil des „regulierten Geschäfts“. Dabei beinhaltet der als reguliertes Geschäft ausgewiesene Bereich „Distribution“ häufig sowohl Vertrieb als auch den Verteilnetzbetrieb. Z.T. fallen unter den Anteil des regulierten Geschäfts auch noch Erzeugungsaktivitäten oder andere Geschäftsbereiche wie Wasser. Der in den Geschäftsberichten ausgewiesene Anteil am regulierten Geschäft ist somit nicht zwangsläufig im Netzbereich erwirtschaftet worden, sondern umfasst ggf. auch Vertriebs- und Upstreamaktivitäten, deren Risikoprofil jedoch in der Regel nicht dem eines Netzbetreibers entspricht. In unserer „Short List“ (engere Stichprobe) beziehen wir uns daher ausschließlich auf Unternehmen, deren Anteil des reinen Netzgeschäftes nachweisbar über 70% liegt. Sonderfall Elia System Operator (Belgien) Elia weist kontinuierlich sehr niedrige Betas (<0,1) auf und ist damit im Vergleich zu allen anderen analysierten Stichprobenunternehmen ein Ausreißer. Dies liegt in der besonderen Ausgestaltung der Regulierung für Elia begründet, die explizit auf eine Sicherstellung niedriger Kapitalkosten ausgerichtet ist: Elia unterliegt einer „Secured Revenue“-Regulierung mit Durchreichung von Fremdkapitalkosten. Die Kernparameter sind per Gesetz festgelegt (Beta-Faktor >= 0,3, Marktrisikoprämie 3,5%). Mögliche Volumenrisiken werden durch eine ex-post Anpassung der Erlösobergrenze neutralisiert. Somit verbleibt die Erreichung des X-Faktors als alleiniges signifikantes Risiko, das jedoch diversifizierbar ist und damit keine Auswirkungen auf die Kapitalkosten besitzt. Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung 84 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Der Finanzmarkt bewertet Elia daher wie eine indexierte Anleihe, wodurch der niedrige Beta-Faktor erklärt wird - diese Einschätzung wurde auch seitens Elia bestätigt. Elia ist daher als Referenz zur Bestimmung marktüblicher Kapitalkosten nicht geeignet, und wird daher in der engeren Stichprobe nicht weiter herangezogen. Anhang I – Vergleichsunternehmen für die BetaBestimmung Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 85 Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM In diesem Abschnitt geben wir einen Überblick Entscheidungsoptionen in der Anwendung des CAPM zur der möglichen Auswahl eines adäquaten Betrachtungszeitraums und der erforderlichen Datenfrequenz; Wahl des Vergleichsindizes; Anpassung der Roh-Betas; sowie Anpassung der Kapitalstruktur. Dabei werden jeweils zunächst die Optionen hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit diskutiert, um danach eine Empfehlung zur richtigen Auswahl abzugeben. Betrachtungszeitraums und Datenfrequenz Die Ableitung der Betas für Vergleichsunternehmen basiert auf einer ökonometrischen Analyse historischer Zeitreihen, für deren zeitliche Abgrenzung zwei Parameter bestimmend sind Datenfrequenz; und Betrachtungszeitraum. Datenfrequenz Prinzipiell ergibt sich die Möglichkeit einer Berechnung des Betas sowohl auf Basis von täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Börsendaten. Zur Auswahl des geeigneten Zeitintervalls nehmen wir eine Bewertung der Möglichkeiten vor: Tagesdaten – Die Verwendung von tagesgenauen Daten ermöglicht die größte Genauigkeit bei der Beta-Bestimmung. Der Vorteil liegt hierbei in einer großen Stichprobe mit ca. 250 Datenpunkten pro Jahr, wodurch eine hohe Robustheit der Regressionsergebnisse erreicht wird. Allerdings können bei dieser hohen Datenfrequenz auch verzögerte Korrelationen der untersuchten Renditen auftreten, d.h. Kurse vom Vortag beeinflussen die Kursentwicklung des Folgetages. Insbesondere besteht die theoretische Möglichkeit, dass bei vergleichsweise illiquide gehandelten Unternehmen die Kurse den allgemeinen Marktentwicklungen vorauseilen bzw. hinterherlaufen. Dies könnte tendenziell zu einer Unterschätzung der BetaWerte führen. Wir begegnen dieser Möglichkeit jedoch zum einen durch die Berücksichtigung der Handelsliquidität bei der Wahl der Vergleichsunternehmen. Zusätzlich erfolgt im Rahmen der Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 86 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Vasicek-Adjustierung der Rohdaten (s.u.) eine bestimmte Anpassung, sollte die Qualität der Betaschätzung durch die hohe Datenfrequenz von Tagesdaten beeinflusst sein. Wochendaten – Bei Verwendung von Wochendaten ließen sich die bei Tagesdaten potentiell auftretenden Einflüsse durch verzögerte Kursanpassungen zumindest zu einem gewissen Grad senken. Allerdings kann die Nutzung von Wochenkursen zu anderen Verzerrungen aufgrund von Stichtagseffekten führen. Werden Wochendaten verwendet, so sind die Beta-Schätzwerte stark von der Wahl des Wochentags beeinflusst, der als repräsentativer Tag für die Woche ausgewählt wird (z.B. werden häufig wöchentliche Aktienkurse zum Börsenschluss am Freitag jeder Woche berechnet). Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Veränderung des Stichtages – auch bei ansonsten gleichem Betrachtungszeitraum – eine deutliche Auswirkung auf die ermittelten Beta-Werte haben kann. Die Beta-Ermittlung wird somit stark von dem gewählten Wochentag bestimmt, wodurch prinzipiell bei wöchentlicher Datenfrequenz das Risiko einer Über- bzw. Unterschätzung des Risikofaktors besteht. Maßnahmen, um dieses Problem zu umgehen, können darin bestehen, den Tag für die Analyse zufällig zu bestimmen oder einen Schätzer für Durchschnitte von Beta-Werten für verschiedene Starttage zu liefern. Bei einem derartigen Vorgehen ergäbe sich jedoch der gleiche Bedarf an Primärdaten wie bei der Nutzung von Tagesdaten, so dass sich demgegenüber kein weiterer Vorteil ergibt. Ein deutlicher Nachteil der Verwendung von Wochendaten ist jedoch die geringere Anzahl von Datenpunkten im gleichen Beobachtungszeitraum (ca. 50 Datenpunkte pro Jahr). Zwar ist die Verwendung längerer Zeitreihen (d.h. Betrachtung von mehreren Jahren) möglich, wodurch allerdings die Aktualität der Daten sinkt und zudem die Schätzung zunehmend unschärfer hinsichtlich der Identifikation von Strukturbrüchen wird (s.u.). Monatsdaten – Die Verwendung von Monatsdaten (nur 12 Datenpunkte pro Jahr) bietet zwar ebenfalls den Vorteil einer theoretischen Senkung der bei Tagesdaten potentiell auftretenden Korrelationseffekte bzw. der verzögerten Kursanpassung, ohne diese jedoch vollständig ausschließen zu können. Zusätzlich kann auf Monatsbasis die Auswirkungen von marktrelevanten Informationen auf den Aktienkurs nahezu vollständig erfasst werden, ohne dass kurzfristige Schwankungen im Kurs diese verzerren. Nachteilig wirkt sich aber hier vor allem die mangelnde Robustheit der Beta-Analysen aus, insbesondere bei kurzen Betrachtungszeiträumen. Bei Monatsdaten stellt sich zudem prinzipiell die gleiche Stichtagsproblematik wie bei Wochendaten, zusätzlich wird die Anzahl der verfügbaren Datenpunkte im Vergleich zu Tagesdaten noch einmal weiter reduziert. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 87 Betrachtungszeitraum Für die Wahl des Zeitfensters zur Ableitung der Betas sind zwei gegenläufige Aspekte zu berücksichtigen: Minimierung des Standardfehlers durch lange Periode – Einerseits kann eine Minimierung des Standardfehlers der Schätzung durch eine möglichst große Anzahl von Beobachtungen erreicht werden. Aufgrund dessen wäre eine möglichst lange Betrachtungsperiode (mit entsprechend vielen Datenpunkten durch die Verwendung von Tagesdaten) vorzuziehen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass mit einer zunehmenden Anzahl von Datenpunkten die Robustheit nur unterproportional zunimmt: Werden statt 250 Beobachtungen 500 Werte in der Schätzung berücksichtigt, reduziert sich der Standardfehler um ca. 40%. Das Hinzufügen weiterer 250 bzw. 500 Beobachtungspunkte (entsprechend einem dritten bzw. vierten Jahr täglicher Daten) führt jedoch nur noch zu einer Verringerung um weitere 22 bzw. 15%. Identifizierung / Ausgleich von Strukturbrüchen durch eine ausgewogene Betrachtungsperiode – Durch die bereits erwähnte Schwankungsanfälligkeit des Betas hat die Festlegung des Betrachtungszeitraumes deutliche Auswirkungen auf die Ergebnisse der Beta-Ermittlung. Aufgrund sich verändernder Risikostrukturen variiert das Risiko bzw. das Beta über die Zeit. Eine Korrektur für Struktureffekte ist zwar prinzipiell möglich, allerdings sind diese Verfahren umstritten und daher in der Praxis kaum verbreitet. Um derartige Änderungen in den historischen Risikoverhältnissen im Hinblick auf eine zukunftsgerichtete Aussage identifizieren und abbilden zu können, sollte daher der Beobachtungszeitraum möglichst ausgewogen gewählt werden, um einen Kompromiss zwischen der Berücksichtigung aktueller Markterwartungen und einer ausreichenden Stabilität der Abschätzung zu ermöglichen. Dabei ist zusätzlich die Wahrung der Konsistenz bezüglich der Stichprobe sicherzustellen. Um die ermittelten spezifischen Risikofaktoren der Stichprobenunternehmen vergleichen zu können, sind diese konsistent über gleiche oder zumindest ähnliche Zeiträume zu ermitteln. Typischerweise besteht dabei aber eine gewisse Diskrepanz, da für unterschiedliche Unternehmen häufig verschieden lange Zeitreihen vorliegen. Dieser Problematik kann wiederum durch die standardmäßige Verwendung eines kurzen Betrachtungszeitraumes innerhalb des Überlappungsbereichs aller vorliegenden Zeitreihen entgegen getreten werden. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 88 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Empfehlung Aufgrund der geschilderten teilweise gegenläufigen Aspekte bei der Wahl der Datenfrequenz und der Länge des Betrachtungszeitraumes sowie unter Berücksichtigung der eingangs diskutieren Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Datenfrequenzen gehen wir zur Sicherung möglichst konsistenter und unverzerrter Ergebnisse bei der Beta-Bestimmung wie folgt vor: Wir nutzen tägliche Daten, um die Verwendung der maximalen Anzahl der Beobachtungspunkte je Periode zu erreichen; und leiten die Werte aus der Analyse der letzten drei Jahre ab. Das gewählte Zeitfenster von drei Jahren ist daher, wie oben bereits erwähnt, eine Kompromisslösung die zum einen aktuelle Marktereignisse berücksichtigt, jedoch nicht zu anfällig für kurzfristige Schwankungen ist. Generell zeigen unsere Analysen dabei eine hohe Stabilität der Ergebnisse hinsichtlich einer Verlängerung bzw. Verkürzung der Betrachtungsperiode und hinsichtlich alternativer Methoden der Durchschnittsbildung über die Zeit. Wahl der Vergleichindizes Bei der praktischen Anwendung des CAPM wird üblicherweise eine abstrahierende Annahme bezüglich der Ableitung der Gesamtmarktrendite getroffen. Nach dem theoretischen Ansatz sollte die Rendite des Gesamtmarktes rm alle Anlagemöglichkeiten abdecken, die dem Investor zur Verfügung stehen, darunter u.a. auch Immobilien oder Investitionen in Humankapital. Da es aber üblicherweise nicht möglich ist, sämtliche Investitionsmöglichkeiten (z.B. auch solche in Humankapital) in die Ermittlung der Gesamtmarktrendite einzubeziehen, beschränkt man sich in der Praxis auf relevante Aktienindizes. Dieses methodische Vorgehen ist in der Fachliteratur akzeptiert50. Hinsichtlich der Auswahl des Vergleichindex sind insbesondere folgende zwei Fragen relevant: Nationale vs. internationale Indizes Setzt sich – wie in unserem Fall – die Stichprobe aus internationalen Vergleichsunternehmen zusammen, kann entweder für die Unternehmen jeweils der adäquate nationale Vergleichsindex oder ein internationaler (z.B. globaler) Index herangezogen werden. 50 Entgegen der theoretischen Annahme, dass ein internationaler Finanzmarkt zu tendenziell ähnlich differenzierten Investitionsportfolios führen sollte, Brealey R und Myers S (1991), Principles of Corporate Finance, 4th Edition, McGraw-Hill, New York. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 89 zeigt sich in der Realität eine jeweils stark nationale Prägung. So halten in UK institutionelle Investoren üblicherweise bis zu 70% ihres Kapitals in britischen Assets51. Mit Rücksicht auf das reale Anlegerverhalten wird daher als pragmatischer Ansatz eine Referenz zu den jeweiligen nationalen Indizes gewählt. Seltener wird ein alternativer Ansatz angewandt, der auf einem synthetischen Index entsprechend dem realen Portfoliobestand aufbaut (bspw. bezogen auf das UK-Beispiel 70% FTSE-UK / 30% FTSE-World). In der Regel sind jedoch bei der Nutzung täglicher / wöchentlicher Daten keine signifikanten Unterschiede zu erwarten. Entsprechend dem genannten Argument, dass eine Analyse historischer Daten auch die entsprechende reale historische Portfoliostruktur – unabhängig von Überlegungen zum theoretischen Optimum – berücksichtigen sollte, nutzen wir für die Ableitung der Betas nationale Vergleichsindizes. Bei unserer Analyse wies ein Vergleich der Ergebnisse unter Verwendung des FTSE-Weltindex mit denen unter der jeweiligen Nutzung nationaler Indizes jedoch im Durchschnitt keine signifikanten Unterschiede auf52. Wahl des spezifischen nationalen Index Bei der Wahl eines nationalen Index gelten ähnliche Kriterien wie auf internationaler Ebene. Ziel sollte die Abbildung der realen Portfolios sein. Daher sind umfassendere Indizes prinzipiell besser geeignet, da diese die am Markt verfügbaren Investitionsmöglichkeiten vollständiger abbilden und somit den Anforderungen der Beta-Bestimmung besser gerecht werden. Bei unserer Analyse greifen wir für Österreich und auch alle anderen Länder jeweils auf die nationalen FTSE-Indizes zurück.53 Die Verwendung der FTSE Indizes bietet den Vorteil eines international konsistenten Vergleichsmaßstabes. Anpassung der Roh-Betas Die auf Basis der ökonometrischen Analyse für die einzelnen Vergleichsunternehmen ermittelten Beta-Werte werden in der Regel einer Adjustierung unterzogen. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass das Durchschnitts-Beta aller Unternehmen eines Marktes per Definition „eins“ ist. 51 Wright S, Mason R und Miles D (2003), A Study into Certain Aspects of the Cost of Capital for Regulated Utilities in the U.K. On behalf of Smithers & Co Ltd. 52 Eine detaillierte Aufstellung der Analyse findet sich in Anhang III. 53 Herangezogen werden jeweils die länderspezifischen Indizes der „FTSE All-World Index Series“. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 90 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Entsprechend erfolgt eine Adjustierung der Roh-Betas. Für dieses Vorgehen sind insbesondere zwei Gründe ausschlaggebend: Ungenauigkeit (Varianz) der Schätzung – Statistische Schätzungen weisen stets bestimmte Unsicherheiten auf. Weisen entsprechende Qualitätsmaße auf Schätzfehler hin, kann u.U. eine Adjustierung hin zur Marktreferenz (Wert von 1) entsprechende Unsicherheiten ausgleichen. Prognose – Werden die empirisch aus Vergangenheitsdaten gewonnenen Betas für Prognosezwecke verwendet, wird ebenfalls häufig eine Adjustierung der Roh-Betas durch ein geeignetes Verfahren vorgenommen. Ziel ist es dabei, zukünftig zu erwartende Trends zu antizipieren. Entsprechend der genannten Gründe werden üblicherweise zwei alternative Methoden herangezogen: 54 Vasicek-Korrektur – Bei der Vasicek-Korrektur (auch als Bayessche Anpassung bezeichnet) werden die historischen Roh-Betas verstärkt in Richtung des Marktdurchschnittes gewichtet, je schlechter die Qualität der zugrunde liegenden Regression, d.h. je größer der Standardfehler der BetaSchätzung, ist.54 Blume-Anpassung – Bei der Blume-Anpassung wird ungeachtet der Qualität der Regression immer eine Anpassung hin zum Marktdurchschnitt vorgenommen.55 Die Formel für die Vasicek-Adjustierung ist adj OLS Var ( pop ) Var ( pop ) SE 2 ( OLS ) 1 SE 2 ( OLS ) Var ( pop ) SE 2 ( OLS ) wobei SE2(βOLS) der quadrierte Standardfehler der OLS-Schätzung von β ist und Var(βpop) die Varianz des β über die Stichprobe. 55 Die Blume-Anpassung multipliziert das Roh-Beta einfach mit 0,667 und addiert 0,333 zu dem Produkt hinzu. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 91 Tabelle 14. Anpassung des Beta-Faktors für Prognosezwecke Varianten Vasicek Blume Vorgehen Anpassung (Richtung 1) umso größer, je größer der Standardfehler der Schätzung (keine/geringe Anpassung bei geringer Standardabweichung) „Dämpfung“ der Streuung der Beta-Schätzungen (beta adj = 1/3 + 2/3 * beta roh) Vorteil Anpassung entsprechend der statistischen Eigenschaften der Schätzung Einfachere Kalkulation Komplexere Kalkulation Weniger solide konzeptionelle Fundierung der Anpassung Nachteil Quelle: Frontier Studien56 zeigen, dass beide Methoden bessere Prognoseergebnisse liefern als weniger anspruchsvolle Verfahren (oder das Unterlassen einer Anpassung). Es ist jedoch umstritten, ob ein Adjustierungsverfahren dem anderen generell vorzuziehen ist. Vorteil der Vasicek-Korrektur ist, dass die Anpassung entsprechend den statistischen Eigenschaften (Standardfehler) der Schätzung erfolgt, jedoch ist die Kalkulation deutlich komplexer. Bei der Blume-Korrektur ist zwar die Berechnung relativ einfach, dafür ist aber die Anpassung konzeptionell weniger solide fundiert. Hintergrund der „BlumeAnpassung“ ist der über alle Branchen hinweg empirisch beobachtbare Trend, dass Unternehmen über die Zeit durch Wachstum und Diversifizierung ihr Risiko streuen und somit Betas im Zeitablauf tendenziell gegen „eins“ konvergieren. Durch die „Blume-Anpassung“ wird dieser Trend für die Zukunft antizipiert. Für regulierte Netzunternehmen ist dieser Trend jedoch nicht in gleicher Art zu erwarten, da nur begrenzte Möglichkeiten zur Diversifizierung (außerhalb des Netzbetriebs) bestehen bzw. diese durch UnbundlingVorschriften explizit ausgeschlossen sind. Zudem ist auch fraglich, ob für Netzbetreiber Wachstumspotentiale in einer Weise bestehen, die zu einer Angleichung des netzbetreiberspezifischen Risikos an das allgemeine Risiko des Kapitalmarktes führen. Tabelle 14 stellt die wichtigsten Unterschiede der beiden Verfahren gegenüber. 56 Vgl. Couto G und Duque J (2000), An empirical test on the forecast ability of the Bayesian and Blume techniques for infrequently traded stocks, Working Paper, ISEG. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 92 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Aus diesen Gründen nutzen wir in der vorliegenden Analyse die VasicekKorrektur. Ein derartiges Vorgehen wird ebenfalls von renommierten Quellen für Beta-Schätzungen wie der London Business School oder Thomson Financial / Data Stream angewendet. Anpassung der Kapitalstruktur Das mit einer Geschäftstätigkeit für das Eigenkapital verbundene Risiko hängt direkt von der Fremdkapitalquote des analysierten Unternehmens ab57. Bei der Ermittlung der spezifischen Betas der Stichprobe ist eine Vergleichbarkeit für die unterschiedlichen Unternehmen zu gewährleisten. Dazu ist es erforderlich, das in einem ersten Schritt errechnete Beta um den Einfluss der Kapitalstruktur der Unternehmen zu korrigieren. Dazu erläutern wir zunächst zwei Verfahren zur Ermittlung der Kapitalstruktur; und diskutieren anschließend die relevanten Anpassungsverfahren. Ermittlung der Kapitalstruktur Hierzu muss zunächst eine Methodik zur Quantifizierung der Kapitalstruktur gewählt werden, die sich insbesondere in der Bewertung des Eigenkapitals unterscheiden: Ertragswertmethode – Bestimmung des Wertes des Eigenkapitals aus Marktwerten (d.h. unter Verwendung von Ertragswert und Marktkapitalisierung). Bilanzwertmethode – Bestimmung des Wertes des Eigenkapitals aus Bilanzdaten. Wir bevorzugen hierbei die Ertragswertmethode (vgl. auch entsprechende Ausführungen der Monopolkommission), da der Bilanzwert i.d.R. nicht dem aus Marktsicht für Investoren relevanten Wert entspricht. Bereinigung um Kapitalstruktur Um die verschuldeten Betas der Stichprobenunternehmen bei unterschiedlicher Verschuldung vergleichbar zu machen, erfolgt eine Korrektur um den Verschuldungsgrad. Zu diesem Zweck wird das sog. unverschuldete Beta ermittelt. Grundsätzlich existieren für die Korrektur zwei verbreitete Verfahren, 57 Das Risiko steigt mit der Fremdkapitalquote. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM Vertraulich Juli 2012 | Frontier Economics 93 die sog. Miller58 und die Modigliani-Miller-Anpassung59. Beide Verfahren sind sich grundsätzlich ähnlich, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Berücksichtigung von Steuereffekten beim Ausgleich unterschiedlicher Fremdkapitalquoten. Abbildung 22. Bereinigung der Betas um die Kapitalstruktur und Steuern Marktindex Equity Beta Börsenkurs z.B. Modigliani-Miller Formel – Korrektur um: Ausländisches Unternehmen Kapitalstruktur Kapitalstruktur Unternehmenssteuer Unternehmenssteuer A e [1 (1 T ) g ] 1 g Asset Beta Deutsche EIU Erneute Umrechnung Kapitalstruktur Equity Beta Unternehmenssteuer Quelle: Frontier Bei der Korrektur der für die Stichprobenunternehmen ermittelten Beta-Werte um unterschiedliche Finanzstrukturen ist zu berücksichtigen, dass die Wahl des Verfahrens an Bedeutung verliert, je ähnlicher die Fremdkapitalquote in den Unternehmen der Stichprobe der Fremdkapitalquote des zu schätzenden Unternehmens ist. Abbildung 22 stellt das Vorgehen schematisch dar. 58 Nach Miller errechnet sich das unverschuldete Beta nach unverschul det (1 g ) verschuldet , wobei g der Verschuldungsgrad ist. 59 Nach Modigliani unverschuldet 1 g 1 g C Miller errechnet verschuldet , wobei sich g das der unverschuldete Verschuldungsgrad Beta und nach τC der Unternehmenssteuersatz ist. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM 94 Frontier Economics | Juli 2012 Vertraulich Anhang I enthält eine Übersicht der jeweiligen Fremdkapitalquoten der Unternehmen in der Stichprobe. In der zur Ermittlung der Betas herangezogenen internationalen Stichprobe finden sich Unterschiede zwischen den jeweiligen nationalen Steuerregimes.60 So liegt der „Unternehmenssteuersatz“ der OECD für die Länder in unserer Stichprobe zwischen 30,00% in Australien und 39,27% in den USA. Entsprechend sind für den Vergleich der jeweiligen Betas durchaus relevante (das Risiko dämpfende) Einflüsse durch Steuereffekte zu erwarten. Daher ist das Modigliani-Miller-Korrekturverfahren in diesem Kontext zu bevorzugen, da bei diesem Verfahren Steuereffekte explizit berücksichtigt werden. 60 Wir beziehen uns hinsichtlich der aktuellen und historischen nationalen Steuersätze auf die OECD Tax Database. Eine Übersicht findet sich in Anhang I. Anhang II – Methodisches Vorgehen bei CAPM Frontier Economics Limited in Europe is a member of the Frontier Economics network, which consists of separate companies based in Europe (Brussels, Cologne, London & Madrid) and Australia (Brisbane, Melbourne & Sydney). The companies are independently owned, and legal commitments entered into by any one company do not impose any obligations on other companies in the network. All views expressed in this document are the views of Frontier Economics Limited. 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