Shall We Take A Trip? - Wohnzimmermusikklub!

Transcription

Shall We Take A Trip? - Wohnzimmermusikklub!
Shall We Take A Trip?
Von Euphorie, Verzweiflung und der Notwendigkeit der Selbstzerstörung.
Freitagabend. Wochenende. Erste Flasche Wein. Gut. Ein Hoch auf mich! Nach dem
ersten Glas sehen die neuen Klamotten doch ganz gut aus. Hab' gar keinen fetten Arsch
dadrin. Aber meine Fresse, wie ich das hasse, wenn ich nach dem Duschen immer so
Schweißanfälle kriege. Okay, scheißegal, hauptsache die Haare liegen einigermaßen.
Wenn ich jetzt noch die neuen Schuhe überlebe und sogar ohne Blasen oder gebrochene
Knöchel davonkomme, ist alles super. Wobei, scheiß auf Blessuren, die Schuhe sind gut.
Machen dünnere Beine. Drittes Glas, scheiße, seh' ich gut aus. Zucker, Baby, Zucker. Ey,
warum klingeln die denn jetzt schon, ich muss doch noch mal pissen. Und wo is'
überhaupt mein Schlüssel?
Hätt' ich doch nur mal den verfickten Schlüssel nicht gefunden oder mich schon im
Hausflur mit den neuen Schuhen auf die Fresse gelegt. Ich hätte es ahnen können, bin ja
so oder so kein Freund der Privatparty. Entweder tun sich Abgründe auf, wenn man den
erweiterten Freundeskreis einer Person zu Gesicht bekommt oder es sind aus
Pflichtgefühl alte Schulfreunde eingeladen, für die „Abgrund“ gar kein Ausdruck ist oder
man kennt alles und jeden und konnte noch nie jemanden davon leiden. Und weil man sie
alle nicht leiden kann weiß man nicht, worüber man sich mit ihnen unterhalten soll und
weil man das nicht weiß aber peinliche Stille noch, na ja, peinlicher findet als die Leute an
sich, quatscht man los und wundert sich zehn Minuten später, warum man ganz alleine
dasteht und keiner einen leiden kann, gerade wo man sich ganz gut mit den ganzen
Arschlöchern arrangiert hat und beschlossen hat, die alle ganz possierlich zu finden.
Prost. Wieder auf mich natürlich, sonst is' ja keiner zum Zuprosten übrig geblieben.
Ey, wo is' mein verdammtes Glas hin? Irgendeins von den Arschlöchern hat mein Glas
geklaut. Bestimmt der kleine Wichser mit den schmierigen Locken und der fetten
Drecksbrille da. „Uuuuh, ich hab' mal bei 'ner Bookingagentur gearbeitet“ – haben wir das
nicht mal alle, Schätzchen? Ich muss dringend pissen, bevor ich mir den kleinen Stricher
vorknöpfe, hab's ja zu Hause nicht mal mehr auf's Klo geschafft.
Auf diesen Partys gibt es keinen schöneren Ort als das Klo. Auch wenn die ganze Zeit
besoffene Wichser an die Tür bollern und Kotze und Schamhaare vom Vorgänger die
Brille zieren. Mit umgedrehtem Schlüssel in der Tür und gut ausgestatteter Handtasche
eine Oase der Ruhe. Paradiesisch. Noch paradiesischer wäre es allerdings, wenn ich
endlich mal mein verdammtes Pillendöschen finden würde zwischen angegammelten aber immerhin noch verpackten! - Tampons und kaputten Feuerzeugen. Ah. Geht doch.
Danke lieber Gott, möge Dein Licht auch weiterhin der Jugend dieser Welt den Weg zur
Erleuchtung weisen. Mein Abend ist gerettet. Obwohl ich eigentlich noch nicht
mdmazing genug für die Arschlochparade da draußen bin, ey, wo hab' ich die
Drecksdose jetzt wieder hingeschmissen?
Verfickte Scheiße. Ich klopf jetzt schon eine verdammte Stunde auf meinem Drecksarm
herum. Gefühlt zumindest. Komm schon, eine kleine süße Vene nur, bitte. Bitte! Wenn ich
noch länger hier rummach schaff ich's nicht mehr zu dieser beknackten Party, von der
Spud erzählt hat. Alison is' angeblich da, ich hab' die seit zwei Jahren nicht mehr
gesehen, wusste gar nicht, dass sie wieder hier ist. Alison bleibt nie lange auf Privatpartys.
Entweder kotzen sie die Leute an oder sie kotzt die Leute so an, dass sie sie
rausschmeißen. Außerdem findet man da nie was zum Ficken. Sagt Alison. Oh. Scheiße,
danke, wie schön dunkles Blut doch aussehen kann. Geht doch. Man muss sich nur
ablenken, nicht zu sehr dran denken. Ich setz mir 'n Schuss wie andere 'n Tampon, und
dabei konnte ich bis vor ein paar Jahren nicht einmal eine Spritze von weitem sehen.
Faszinierend.
„Alison? Ist grade raus. Oder wieder auf'm Klo. Muss scheinbar oft kacken, die kleine
Prinzessin.“
Dreckskerl. Ich glaube eher nicht, dass Alison noch hier ist, sollte aber wenigstens ein Bier
mitgehen lassen, meine weite Anreise von vier Haltestellen muss sich ja irgendwie lohnen.
Dann Abzug. Fabrik oder so, ich wüsste nicht, wo Alison sonst in dieser Scheißstadt
hinsollte. Da hab' ich sie zumindest kennengelernt damals.
Hab' mich auf dem Klo geradezu häuslich eingerichtet und mir geht’s jetzt schon ganz gut
auf dieser Scheißparty. Vielleicht zu gut, das da draußen klingt nämlich verdammt nach
Nikki. Die hab' ich ewig nicht gesehen, dachte gar nicht, dass die noch immer hier wohnt.
Muss Wunschdenken sein, vielleicht hat Spud mir doch Scheiße angedreht. Ich bin ja
immer der Meinung gewesen, dass man keine allzu emotionale Bindung zu seinem Dealer
haben sollte, aber ich dachte echt, Spud sei ganz okay, auch wenn Intimpiercings mit
einem fetten Türkis dran eigentlich auch jemanden wie Mutti Theresa disqualifizieren
würden. Mal sollte echt nicht von seinen Prinzipien abweichen und keinem mit einem
fetten Türkispimmelpiercing trauen.
„Alison???“ Bummbummbumm.
Ey mann, is das echt Nikki das is Nikki da an der Tür oder? BOMBE nurwo habich
dendreckskloschlüssel hingeschmissen. HALLO?
Sie sieht echt immer noch genauso aus wie früher. Scheint zum Glück ihre
antialkoholische und ökologisch-abbaubare Phase überwunden zu haben.
“Wie schön dassu da bis“
Meine Fresse, ist die drauf. Trotzdem schön. Nur sie könnte mal etwas weniger klammern
und an meinen Haaren reißen. Obwohl sich das gar nicht so schlecht anfühlt. Ihre kleinen
festen Titten fand ich ja schon immer ganz hübsch. Ich befrei mich trotzdem aus ihrem
Klammergriff, wir haben schließlich noch was vor heute.
„Lass uns hier abhaun. Fabrik? So auf alte Zeiten, ich hab auch noch was da.“
Wenn sie das verschwörerische Klopfen auf meine Arschtasche nicht überzeugt, weiß ich
auch nicht. Komm schon, Mädchen, du hattest doch nie etwas gegen einen lustigen
Abend oder ein bisschen Acid.
Fabrik mit Nikki und ein kleiner Trip klingt nich schlecht. Ich hab nur keinen Bock Spud
über den Weg zu laufen, irgendwas mit den Teilchen is komisch beziehungsweise bin ich
komisch wegen den Teilchen und jetzt Spud zu sehen würde mir echt den Abend
versauen. Andererseits, wenn ich gut drauf bin is das auch nich so schlimm und gerade is
alles so wie früher.
„Lass abhaun.“
Ich hab' kaum Erinnerungen, wie wir hierhin gekommen sind, ist aber auch egal. Fühlt sich
schließlich gerade gut an. Musik ist ganz okay, eigentlich mehr als okay. Ich merke gerade,
wie endlich die Euphorie in mir hochkriecht. Ich bin erleichtert. Auf diesen Moment habe
ich schließlich nach dem winzigkleinen H-Kick den ganzen Abend gewartet. Gut.
Gleichzeitig mit dem Endorphinschub werd' ich allerdings auch immer so'n bisschen
scharf. Scheiße. Scheiße, weil ich mich scheinbar auf Alison fixiert habe. Ich bin ja sonst
nicht so für Frauen, aber Alison ist einfach scharf. Ich meine, das kennt man ja, wenn
Frauen drauf sind, dann sinkt nicht nur jegliche Hemmschwelle, sondern auch das fette
Dorfmädchen mit Schweinenase glaubt, sie würde heute Nacht noch wie in einem
politisch korrekten und frauenfreundlichen Porno von einem reichen und überaus schönen
Sixpack hart in den Arsch gefickt. Ich meine natürlich: Mit romantischen Küssen
überhäuft, verzeihung. Aber aufwachen, Schätzchen, dein Charakter ist scheißegal, dein
Doppelkinn war noch nie attraktiv, du warst noch nie attraktiv und das kann auch kein
Kerzenlicht der Welt kaschieren. Ich wundere mich, wie ich noch so klar, schöngeistig und
klug denken kann – vielleicht überschätze ich mich gerade aber auch einfach. Denn wenn
andere Frauen ihren besoffenen Fick-mich-Blick kriegen, leide ich eher an Größenwahn.
Wo war ich eben noch? Alison. Genau. Alison. Alison, die so gar kein fettes Dorfmädchen
mit Schweinenase ist, sondern scharf. Und exakt das bin ich trotz Größenwahn auch noch
immer. Klingt wie ein Groschenroman, nicht war? Die haben mich allerdings, so unter uns
gesagt, auch schon immer angemacht.
Scheiße mann wo iss Nikki hin wasn hier bitte los. Ich weiß, dass ich voll drauf bin, aber
ich hab' gerade den totalen Durchblick. Zumindest glaube ich das, ich habe den totalen
Durchblick. Ich bin vielleicht nicht ganz nüchtern, aber ich habe den totalen Durchblick.
Ich habe den totalen Durchblick. Und ich will nach Hause. Ich kenn' hier keine Sau und
tanze wie ein Blechroboter und das brauche ich doch gar nicht mehr, jetzt, wo ich doch
jetzt den totalen Durchblick habe. Aber wo zum Teufel is Nikki, das letzte was ich weiß, is
wie sie gelacht hat, weil ihre Haare in meinem Reißverschluss festhingen und dann hat sie
die Augen verdreht und is' nebens Klo gefallen. Scheiße ich hab' mit Nikki gepennt, ey,
scheiße is' mir schlecht. Wo is' nochma das Klo vielleicht is' Nikki noch dadiewolltedoch.
Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Klo gehockt hab, aber irgendwie is alles scheiße
gerade. Immerhin kenn' ich das Gefühl schon. Früher hab ich immer gedacht ich muss
sterben mit dem Kopf in einem versifften Klo mit vollgekotztem Rock wo man nicht einmal
weiß ob das wenigstens die eigene Kotze ist und wo eine Bröckchenanalyse auch nichts
bringen würde weil man nicht weiß wann und was man als letztes gegessen hat obwohl
man wieder komplett klar ist nur der restliche Körper nicht mitmacht. Ich weiß nicht, wie
ich von diesem Drecksklo runterkommen soll, ich weiß ja nicht mal, ob ich von diesem
Drecksklo jemals wieder runterkomme, weil ich meine Strumpfhose nie mehr wieder
hochgezogen bekomme weil meine Arme zu kurz sind und weil ich brechen muss wenn
ich mich bewege und weil ich dann sehen würde wo meine Unterhose ist und ob ich da
reingepisst hab. Und woher will man überhaupt wissen, ob das so anders ist, wenn man
nicht nur so halb krepiert dass der Sonntag im Arsch ist und der Montag die Hölle
sondern so ganz vielleicht ist das ja gar nicht anders und vielleicht kann man sogar den
ganzen Magen auskotzen und man merkt es nicht weil man ja nicht nachgucken kann weil
man ja wieder draufkotzen würde denn wenn man sich bewegt muss man ja wieder
kotzen und vielleicht hyperventiliert man einfach so viel dabei dass man nur noch mitkriegt
wie irgendwann einfach das Licht angeht und ausgeht und man denkt dass die einen
rausschmeißen weil der Laden dicht macht und dabei ist man gerade dabei anzufangen
tot zu sein. Wenn ich weiter nachdenke, dann fange ich bestimmt an, tot zu sein, ich muss
voll hecheln die ganze Zeit, wie der Pudel von meiner Nachbarin früher, oh Gott, sind das
jetzt bestimmt schon die Erinnerungen, die vorbeiziehen, das ist doch in Filmen immer so,
wenn einer stirbt. Ich will aber nicht in meinen letzten Momenten an den Pudel denken,
wobei ich noch mehr Angst hab, dass alle vorbeiziehen, mit denen ich mal gefickt hab,
und das wär schlimmer als der verlauste Drecksköter. Scheiße, wo is Nikki denn ich kann
nicht mal bis zur Tür ich kann mich ja nicht bewegen weil ich sonst auf meinen
ausgekotzten Magen draufkotzen muss und dann kommt der Pudel wieder und schreien
kann ich auch nicht. Was vielleicht ganz gut ist. denn dann würde ich mich ja morgen
schämen. wenn ich doch nicht tot bin. weil ich meinen Magen ausgekotzt habe und
erstickt bin und Schreien ist so so so würdelos. um Hilfe schreien ist würdelos. um Hilfe
schreien ist würdelos. um Hilfe schreien ist würdelos. um Hilfe schreien ist würdelos. um
Hilfe schreien ist würdelos. um Hilfe schreien ist würdelos.
„Alison?
Alison!
ALISON!“
Nikki, Nikki, scheiße, ich wusste sie würde mich hier rausholen und ich hab nicht mal mehr
Angst die Augen aufzumachen, was ja auch schon eine Bewegung ist, und ich hab keine
Angst meinen Magen zu sehen und meine vollgepisste Unterhose.
„Ey was ey, Spudddd?
Weg SPUD WEG WEG WEG.“
„Alison was is'n los ich hab' dich schreien gehört und zum Glück hasse die Tür ja nich
zugemacht und ich“
„wo is nikki“
„Alison, hör' auf mit der Scheiße, ey, steh auf mann, da is'“
„wo is nikki“
Wenn das Schwein nicht nur mich gepoppt hat sondern auch Nikki und die liegt jetzt bei
ihm im Bett und er soll nach mir gucken, wenn das so is dann brech ich ihm den Schwanz
ab.
„Alison - Nikki is' nich da - Nikki kann nich' da sein - die hatte letztes Jahr 'n bisschen viel
hat dir das denn keiner gesagt Alison Alison Alison Alison Alison
ALISON?“
Oh mein Gott. Ladies and gentlemen, we're floating in space.
Nein, Sie sind nicht in einem Groschenroman gelandet, dies ist immer noch eine
Hausarbeit. Und weil es eine Hausarbeit zu der Soundcollage „Shall We Take A Trip?“ ist,
muss es natürlich auch hier um einen Sog aus Drogen, Partys und meschlichen
Befindlichkeiten gehen. Denn genauso, wie sich der Text oben liest, so hört sich „Shall
We Take A Trip?“ an – und die vermeintlichen Rechtschreib- und Interpunktionsfehler
gehören folglich als schriftliches Equivalent des Kratzens und Rauschens und Feedbacks
dazu.
„Shall We Take A Trip?“ ist entstanden unter der Prämisse, Songtexte zu transformieren.
Songtexte transformieren, das heißt, sich zunächst darüber klar zu werden, ob, und wenn
ja - inwiefern sich ein Songtext von einem Stück Lyrik oder Prosa unterscheidet. Ein
Songtext ist nicht nur ein Text, ein Songtext ist in der Regel untrennbar mit seiner Form
verknüpft. Auch wenn bei Lyrik ebenfalls eine enge Bindung zwischen Text und äußerer
Form besteht und auch Prosatexte durch das Schriftbild die Aussage des reinen Textes
erweitern können, so weist ein Songtext noch mehr Ebenen der Einflussnahme auf den
Text auf. Nimmt man die eben erwähnten Formen, die auch bei anderen Textgattungen
Einfluss auf die Worte nehmen, so kann man diese mit der Art des Singens und der
Betonung gleichsetzen. Dazu kommt aber noch etwas: Nicht nur die Melodieführung des
Sängers gibt dem Text seine endgültige Form, nein, der Text wird zudem noch unterstützt
von Musik. Was also passiert, wenn man dem Liedtext das Lied nimmt? Auch wenn
einem Songtext durch ein vom ursprünglichen Song losgelöstes Sprechen neue Aspekte
entlockt werden können oder er eine interessante Umdeutung erfährt, so nimmt man ihm
doch seine Bestimmung: In Kombination mit Tönen und Geräuschen ein – mal mehr und
mal weniger – Gesamtkunstwerk zu bilden. Diese Art der Dekonstruktion und
Dekontextualisierung ohne die Ebene Musik ist also durchaus spannend – „Shall We Take
A Trip?“ macht allerdings noch mehr.
„Shall We Take A Trip?“ ist das Produkt der Zusammenführung von 21 Popsongs, die
unterschiedlichen Genres und Jahrzehnten entstammen. 11 dieser 21 Songs sind durch
Textauszüge vertreten, die anderen 10 machen das, was auch ihre ursprüngliche
Bestimmung ist: Musik. Was diese 21 Trackfragmente eint, ist ihr Oberthema: Drogen.
Beziehungsweise: Durch den neuen Kontext, den „Shall We Take A Trip?“ ihnen bietet,
wird ihr Oberthema „Drogen“. Hier zunächst einmal eine Auflistung aller verwendeten
Songs, die Dauer der ihnen entnommenen Fragmente inklusive ihrer Position innerhalb
von „Shall We Take A Trip?“, die Art der Verwendung (textlich oder musikalisch),das
Erscheinungsjahr des Originalsongs und die leicht angepassten, so gesprochenen
Textpassagen:
00.00 - 00.34
TEXT
FLOWERED UP – Weekender (1992)
Right. Weekender, we're going out. You wash, blow dry your hair.
New shoes, a new suit – oh, I say, you look so super, you're
looking good.
00.34 - 00.52
MUSIK PRIMAL SCREAM – Loaded (1990)
00.41 - 00.55
TEXT
SUEDE – Beautiful Ones (1996)
Cracked up, stacked up, 22, psycho for sex and glue, lost it to
Bostik, yeah. Shaved heads, rave heads on the pill – I got too
much time to kill, I should get into bands and gangs.
00.55 - 01.15
MUSIK PANDA BEAR – Take Pills (2007)
01.06 - 01.18
TEXT
JEFFERSON AIRPLANE – White Rabbit (1967)
One pill makes you larger, one pill makes you small – and the
ones that mother gives you don't do anything at all.
01.21 - 01.44
MUSIK HOLY FUCK – The Pulse (2005)
01.26 - 01.32
TEXT
THE VELVET UNDERGROUND – Heroin (1967)
'Cause it makes me feel like I'm a man when I put a spike into
my vein and I'm rushing on my run...
01.40 - 01.52
TEXT
NORTHSIDE – Shall We Take A Trip (1991)
Shall we... Shall we take a trip? Shall we take a trip down
memory lane, head in the clouds into the acid rain?
01.52 - 03.11
MUSIK UNDERWORLD – Born Slippy (1995)
01.59 - 02.30
TEXT
QUEENADREENA – Pretty Like Drugs (2002)
The world is watching as I get undressed. 'Cause I'm pretty like
drugs. And I load the gun. The world is watching as I fuck to
applause. 'Cause... 'Cause I'm pretty like drugs!
02.41 - 02.56
TEXT
BALLBOY
– I Wonder If You're Drunk Enough To Sleep With Me
Tonight (2004)
Erm... I mean, I wonder if you're drunk enough to sleep with me
tonight? Yeah? So... So just kiss like you mean it, this time.
03.06 - 03.51
TEXT
PULP – Sorted For E's & Wizz (1995)
At four o' clock the normal world seems very, very far away. I lost
my friends and I dance alone, it's ... it's six o'clock, I wanna go
home. But it's: “No way, not today.“ Makes you wonder what it
meant. And... And this hollow feeling, it grows and grows and ...
and you want to phone your mother and say, “Mother, I can
never come home again 'cause I've seem to have left an
important part of my brain somewhere, somewhere in a field in
Hampshire.“ Oh, in the middle of the night, it feels alright but ...
but then tomorrow morning, then you come down. Will I ever
come down?
03.11 - 03.58
MUSIK CIRCLESQUARE – Dancers (2009)
04.44 - 05.00
MUSIK BAUHAUS – She's In Parties (1983)
04.48 - 04.54
TEXT
XIU XIU – Dear God I Hate Myself (2010)
Dear God, I hate myself. And I'll never be happy and I'll never
feel normal.
04.58 - 05.26
TEXT
JOY DIVISION – She's Lost Control (1980)
Confusion in her eyes that says it all: She's lost control. And she,
she, she screamed, kicking on her sides and said, “I've lost
control again“ and ... and ... and walked upon the edge of no
escape and laughed, “I've lost control. I've lost control.“
05.00 - 05.28
MUSIK CABARET VOLTAIRE – Sly Doubt (1981)
05.22 - 05.56
MUSIK MY BLOODY VALENTINE – Glider (1990)
05.34 - 05.57
TEXT
SLOWDIVE – Alison (1993)
Listen close and don't be stoned (listen close and don't be
stoned): I'll be here in the morning (I'll be here in the morning, I'll
be here in the morning!) - 'cause i'm just floating. (Alison!) Alison.
(Alison!) I said we're sinking. (Alison!) But she laughs and tells
me it's just fine (Listen close and don't be stoned - Alison!), I
guess she's out there somewhere (Alison!). All your talking and
your pills (Alison, Alison!) - your messed up mind still thrills me.
05.57 - 06.38
MUSIK ÓLAFUR ARNALDS – 37:04 – 38:37 (2007)
06.23 - 06.25
MUSIK SPIRITUALIZED® – Ladies And Gentlemen We're Floating In
Space (1997)
Zurück zu dem, was diese unterschiedlichen Stücke zu einen scheint: Drogen. Natürlich
klingt „Shall We Take A Trip?“ verdrogt, und natürlich dealen die meisten der oben
aufgeführten Songs auch mit ebendiesem Thema. Allerdings: Gerade die Stücke, die die
zweite Hälfte der Soundcollage ausmachen und somit das Kippen des Trips ins
Albtraumhafte und den Absturz porträtieren – sie allesamt sind ausgehend von Text und
Titel quasi clean (die Rede ist von CIRCLESQUARE – Dancers, BAUHAUS – She's In Parties, XIU
XIU – Dear God I Hate Myself, JOY DIVISION – She's Lost Control, CABARET VOLTAIRE – Sly
Doubt, MY BLOODY VALENTINE – Glider, ÓLAFUR ARNALDS – 37:04 – 38:37). Folglich wird hier
zunächst dekonstruiert, indem nur ein gewisser Teil des Textes oder der Musik/des Songs
verwendet wird, danach kommt die Dekontextualisierung, da das entnommene Fragment
in den Umriss eines Drogenrausches gepresst wird – und schlussendlich findet eine
Assimilation statt, denn der Part fügt sich nahtlos ein. Nahtlos heißt in diesem Fall: Er wird
zu einem Splitter dieses berauschenden Kaleidoskops. Splitter, denn gerade Nahtstellen
und Bruchstücke sind eigentlich kennzeichnend für „Shall We Take A Trip?“.
Man muss sich „Shall We Take A Trip?“ wie eine mindestens einundzwanzigmal gekittete
Vase vorstellen. Alles gehört zusammen, aber nichts ist perfekt – schließlich scheint die
Hauptperson dies ja auch nicht zu sein. Einige Teile sind unverständlich, andere Teile
scheinen zu fehlen, manches scheint zunächst gar an der falschen Stelle zu stehen, kurz:
„Shall We Take A Trip?“ ist alles andere als eine strahlende Schönheit, entwickelt aber
eine ganz eigene Anziehungskraft. Pretty like drugs.
Wie schaffen es die einzelnen Teile nun, so homogen zu wirken – abgesehen von dem
eben angesprochenen Bindeglied „Drogen“? Verbindung schafft nicht nur allein die
logische, weil thematische Anbindung, sondern auch die Musik. Obwohl die Auflistung
aller verwendeten Stücke zeigt, dass hier ein großer zeitlicher und musikalischer Rahmen
abgedeckt wird: Textzitat und das das jeweilige Stück, welches dieses unterlegt, haben
immer eine starke Bindung zueinander und der folgenden Passage.
Aber der Reihe nach: „Shall We Take A Trip?“ beginnt mit einem Zitat aus FLOWERED UP –
Weekender, auf welches Loaded von PRIMAL SCREAM folgt. Die beiden Lieder sind beide
Anfang der Neunziger veröffentlicht worden, beide Lieder ähneln sich musikalisch, beide
Lieder markieren einen Startpunkt: Den Beginn einer Nacht, in der ausgegangen wird. So
started Loaded eigentlich mit einem Sample aus dem Film „The Wild Angels“ von 1966:
„We want to be free. We want to be free to do what we want to do. And we want to get
loaded. And we want to have a good time. And that's what we're going to do. We're
gonna have a good time. We're gonna have a party.“ Dieses Filmzitat wird bei „Shall We
Take A Trip?“ durch die ersten Zeilen von Weekender ersetzt – danach kickt Loaded rein.
Loaded markiert neben dem Aufbruch in die Nacht noch einen zweiten, impliziten
Neubeginn: Das Album Screamadelica, auf welchem Loaded zu finden ist, steht für den
Beginn
der
Fusion
von
(Indie-)Rock
und
(Acid-)House.
Auf
Creation,
einem
Indiepop/Shoegaze-Label gesignt, stehen PRIMAL SCREAM stellvertretend für eine Offenheit
von Gitarrenpop gegenüber Danceeinflüssen – und damit für den Beginn der Raveszene
in Großbritannien. Somit gibt die Kombination aus FLOWERED UP und PRIMAL SCREAM einen
möglichen zeitlichen und örtlichen Rahmen vor, der Assoziationen weckt: Sechs Jahre
später als Loaded, also 1996, erscheint SUEDES Beautiful Ones, welches musikalisch
schon im Britpop zu verorten ist, sich aber textlich und im Videoclip optisch klar mit der
Raveszene auseinander setzt: „Cracked up, stacked up, 22 / Psycho for sex and glue /
Lost it to Bostik, yeah / Shaved heads, rave heads on the pill“ singt Brett Anderson, wie in
„Shall We Take A Trip?“ zitiert. Ebenfalls 1996 erscheint Danny Boyles Film Trainspotting,
der zwischen Britpop und Dance, Ausgehen und Kindstot, Heroin aufkochen und Cold
Turkeys schwankt. Der Track Born Slippy von UNDERWORLD verdankt Trainspotting seine
erneute Singleauskopplung und enorme Popularität. Weil dieser Track und dieser Film so
untrennbar miteinander verknüpft sind und gemeinsam im popkulturellen Gedächtnis
sowohl
für
das
Hochgefühl
durch
Drogenkonsum
als
auch
das
desaströse
Herunterkommen stehen, nimmt er eine zentrale Rolle in „Shall We Take A Trip?“ ein.
Bevor jedoch das mit Born Slippy assoziierte Hoch einsetzen kann, muss konsumiert
werden. Die Sprecherin in „Shall We Take A Trip?“ deutet mit dem leicht abgewandelten
SUEDE-Zitat „I got too much time to kill, I should get into bands and gangs“
ihre
Langeweile an: Durch die vorgenommene Textänderung - im Original heißt es „Shaved
heads, rave heads on the pill / Got much time to kill / Get into bands and gangs“ - wird sie
selbst zum „rave head“ und muss deshalb konsequenterweise Ecstasy einwerfen. Dazu
setzt das drogenschwangere Take Pills von PANDA BEAR ein, in diesem Kontext zeitlos
wirkende Psychedelika. Zeitlos, denn dass die Zeitspanne, die zwischen Take Pills und
dem darüber gesprochenen Auszug aus White Rabbit (JEFFERSON AIRPLANE) liegt, schon
exakt vierzig Jahre beträgt, fällt nicht auf. Dazu kommt, dass es sich bei White Rabbit um
ein häufig und genreübergreifend gecovertes Stück handelt, das allein durch seine
ständige Präsenz nicht zu altern scheint (Beispiele für neuere Coverversionen
unterschiedlicher Stile und Dekaden: EMILIANA TORRINI – 1996, SLEATER-KINNEY – 2002, GRACE
POTTER
AND THE
NOCTURNALS für den Alice in Wonderland-Soundtrack – 2010). Zudem
verhindert natürlich das Thema, nämlich Drogenkonsum versteckt in Referenzen zu Alice
im Wunderland, dass der Song antiquiert wirken kann – beides wird ständig popkulturell
aufgegriffen. Ähnlich aktuell bleiben THE VELVET UNDERGROUND, werden sie doch übermäßig
oft von anderen Bands zitiert oder als Referenz herangezogen. Dennoch scheinen THE
VELVET UNDERGROUNDS Heroin und das darunter laufende The Pulse von HOLY FUCK zunächst
wenig gemein zu haben: Heroin ist von 1967, The Pulse aus dem Jahr 2005. Dennoch:
Sowohl THE VELVET UNDERGROUND als auch HOLY FUCK sind Bands, die eher experimentelle
Musik machen und auch die Songstrukturen sind sich nicht gerade unähnlich. Heroin und
The Pulse steigern sich beide in in einen Rausch hinein und beide vertonen auf
überraschend ähnliche Weise das Pochen und Rasen des Blutes. NORTHSIDE markieren
danach musikalisch einen Bruch, ist der Track Shall We Take A Trip doch eher in der
Nähe von FLOWERED UP oder PRIMAL SCREAM zu verorten. Allerdings: Gerade frühe Tracks,
die sich unter Indie-Dance, Madchester, Baggy oder wie auch immer man es nennen
mag, einordnen lassen, zeigen deutlich einen psychedelischen und gerade auch
experimentellen Einschlag. So fügt sich auch dieser Track äußerst passend ein. Während
der Textpassage „Shall we... Shall we take a trip? Shall we take a trip down memory lane,
head in the clouds into the acid rain?“ bricht Take Pills im Hintergrund ab, einige
Sekunden lang hört man nichts außer der Sprecherin, die zu einem Trip verführt – nur um
auch diese zunächst klar zu verstehende Aussage in kreischendem Feedback enden zu
lassen, wie fast alle Sprechpassagen zuvor. Dennoch: Hiermit neigt sich die ruhige,
psychedelische Phase ihrem Ende. Denn nach dem Kreischen setzt das eben schon
angesprochene Born Slippy ein und erscheint in diesem Kontext wie ein Sonnenstrahl.
Der Sonnenstrahl, das ist hier der Kick, der einsetzt. Und so passt auch Pretty Like Drugs
von QUEENADREENA dazu: Der im Original aggressiv herausgebrüllte Text wird durch die
leicht ungläubige, zurückgelehnte und dennoch sexuell aufgeladene Sprechweise zum
Ausdruck der
Realisation des
drogeninduzierten
Hochgefühls
und dem damit
verbundenen Sinken der Hemmschwelle. I Wonder If You're Drunk Enough To Sleep With
Me Tonight von
BALLBOY,
welchem das nächste Zitat entstammt, ist ein Indiepop-Song,
also ein erneuter „Genre-Clash“. Trotzdem passen die leicht erweiterten und neu
zusammengefügten Songzeilen durch ihre beiläufige und – wenn auch angetrunkene –
Alltäglichkeit in nahezu jede musikalische Umgebung. Alltägliches unterhaltsam erzählen
– das tut die britische Band PULP in nahezu jedem Song. Meist sind diese Geschichten
augenzwinkernd angelehnt an den kitchen sink realism der späten Fünfziger und frühen
Sechziger, Sorted For E's & Wizz jedoch rekapituliert einen „free rave“, veranstaltet 1991
vom SPIRAL TRIBE-SOUNDSYSTEM bei Liphook, einem Dorf in Hampshire. Die Schilderung der
Gefühlswelt beim Ausgehen, die Euphorie und die Ernüchterung, das beinahe Zwanghafte
– hier ähneln sich Sorted For E's & Wizz und Weekender. Mit dem gewählten Ausschnitt
von Sorted For E's & Wizz setzt langsam die Ernüchterung ein, der Trip lässt nach.
Untermalt wird diese Passage von CIRCLESQUARE – Dancers, musikalisch komplett anders
als PULP. Allerdings eben nicht anders als das das, was PULP besingen. Der monotone
Grundton von Dancers und das nicht allzu ekstatisch vorgetragene „Now that everybody
started to dance / Now we all dance“ scheint in Kombination mit dem Auszug aus Sorted
For E's & Wizz genau die Perspektive des zwar noch automatisch mittanzenden, aber
geistig schon leicht entfernten Beobachters wiederzuspiegeln.
Diese zunächst noch absurderweise beruhigend scheinende Entfremdung mit dem
Geschehen kommt jedoch zu einem abrupten Schlusspunkt: Feedback, jetzt eher
erinnernd an die Warnsignale lebenserhaltender Maschinen aus dem Krankenhaus, reißen
aus der leichten Lethargie, die vorher schon durchscheinende Verzweiflung scheint sich
ihren Weg nach oben gebahnt zu haben. Die bisherigen Geschehnisse des Abends
brechen auf Hauptperson und Hörer ein, Ohnmacht, Gedächtnisverlust, zuviele Drogen,
zuviel Alkohol: „Shall We Take A Trip?“ läuft nun rückwärts, spult zurück bis zum Start des
Drogenkonsums, bis zu Take Pills. Die Welt dreht sich, allerdings nicht gleichmäßig,
sondern mit sich stetig veränderndem Tempo. Die Ereignisse der letzten Minuten (oder
Stunden?) ziehen unglaublich schnell vorbei, die kurze Phase der Euphorie (Pretty Like
Drugs) scheint sich unangenehm zu ziehen, kurze Sequenzen des quälend langsamen,
ebenfalls rückwärts laufenden Born Slippy legen sich über den Moment der HeroinInjektion, bevor das erneute Feedback den Horror beendet. Den Horror beendet? Das XIU
XIU-Zitat „Dear God, I hate myself“ deutet eher an, dass der wahre Horror jetzt erst
beginnt. Die Welt dreht sich wieder in normalem Tempo, vermeintlich klares Denken setzt
ein – allerdings durchzogen durch Selbsthass und Selbstzweifeln, dazu läuft BAUHAUS –
She's In Parties. Zunächst werden hier Verhalten, Ängste und Nöte der Hauptperson, die
mit der Umgebung „Party“ so gar nicht eins zu sein scheinen, perfekt gedoppelt von der
düsteren Musik und der – wenn auch in „Shall We Take A Trip?“ nicht zu hörenden düsteren Stimme, die ebenso konträr dazu zu stehen scheint, über „parties“ zu singen.
Zudem befasst sich She's In Parties mit zur Schau gestellten Fassaden, täuschenden
Filmsets und blasenartigen Realitäten eines Filmsternchens. Insgesamt verdeutlicht die
Kombination von XIU XIU und BAUHAUS also sehr gut den Zusammenbruch der
Hauptperson, ihre vertuschte Perspektivloigkeit, ihre verdrängten Grundängste. Genau
dort setzt auch She's Lost Control von JOY DIVISION an. Das Auseinandersetzen mit
negativen Gefühlen unter Drogeneinfluss und der somit schnell entstehende Eindruck von
komplettem Kontrollverlust wird begleitet von Sly Doubt (CABARET VOLTAIRE). Sly Doubt, ein
Piepsen und Fiepsen, welches Bilder von Maschinen und Kontrolle aufdrängt – das
genaue Gegenteil dessen, was die Hauptperson durchleidet. Doch klingen die digitalen
Töne in Sly Doubt wirklich kontrolliert? Nein. Eher nach einer Maschinerie, die außer
Kontrolle geraten ist und nun unkontrolliert die Kontrolle an sich zu reißen versucht. Dazu
mischt sich Glider (MY BLOODY VALENTINE), und spätestens jetzt klingt es nach Gedanken,
die so beängstigend sind, dass sie den Schädelknochen durchbohren können, Gedanken,
die physisch durch Schmerz erfahrbar werden. Durch diesen Geräuschnebel dringt
schließlich der Text von SLOWDIVE – Alison. Die Dopplung der Stimme lässt zum ersten mal
eine Art Dialog entstehen: Auf der einen Seite die erschreckte Frage nach „Alison“, die
darin scheitert, beruhigend zu wirken, auf der anderen Seite die in Lethargie und
komplette Aufgabe umgeschlagene Panik. Und wie aus dem Nichts wird die Stimme mit
einem Mal klar und fast so verführerisch, als sei sie pretty like drugs: „Your messed up
mind still thrills me.“ Die befreiende Explosion von 37:04 – 38:37 (ÓLAFUR ARNALDS)
unterstreicht diesen überraschenden Wechsel, wischt die Lethargie fort – ein Aufatmen.
Doch dann: „Ladies and gentlemen, we're floating in space“, ein Sample aus dem
gleichnamigen Song von SPIRITUALIZED®, zerstört die Illusion, dass die Hauptperson aus
ihrem Horrortrip ausgebrochen ist, sogar die Ruhe, mit der die Stimme im Sample spricht,
scheint trügerisch. War die Explosion gar nicht das „Klarkommen“, sondern vielmehr das
Steigern in weitaus extremere Gedankenzustände?
„Shall We Take A Trip?“ verschließt sich einer exakten Deutung. Sicher ist nur, dass das
Fragmentarische, Episodenhafte den Eindruck eines Trips mit all seinen Facetten
eindrücklich wiedergibt. Nicht sicher ist, was hier Realität ist und was nicht, welche Dinge
sich nur im Kopf der Hauptperson abspielen – oder ob überhaupt etwas vom Erlebten
außerhalb ihrer Gedanken existiert. Die Homogenität von „Shall We Take A Trip?“ und die
vermeintlich klare Chronologie impliziert zunächst eine einmalige, mit dem Ende der
Soundcollage abgeschlossene Handlung. Andererseits: Sprechen nicht gerade das sich
Deutungen entziehende Ende und die scheinbar schon bekannten Selbstzweifel für eine
Wiederholbarkeit des Ganzen? Und ist „Ladies and Gentlemen, we're floating in space“
nicht sogar ein versöhnlicher Abschluss, einer, den die Hauptperson an jedem
Wochenende als tröstlich erfährt? Oder: Gibt es überhaupt eine Hauptperson? Lässt das
Collagenartige nicht auch die Möglichkeit zu, dass hier die Erlebnisse verschiedenster
Personen zusammenkommen und somit keine sehr persönlichen Erlebnisse und Ängste
verarbeitet werden, sondern eine Momentaufnahme kurze Einblicke erlaubt? Sicherlich.
Denn „Shall We Take A Trip?“ ist vor allem auch ein Lebensgefühl, getragen von Euphorie
und Verzweiflung, von der gefühlten Notwendigkeit der Selbstzerstörung für den einen
Glücksmoment – nämlich den, wenn der Bass einsetzt.