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«Rezyklate sind aus ihrem
Schattendasein getreten und
bilden heute die Grundlage
für eine neue Generation von
ökoeffizienten Produkten.»
Dr. T. Rhönisch, Head R+D Material
Unlimited No 03 _ 2011
Gratis-Abonnement bestellen unter:
www.rehau.com/unlimited
Titelbild: Elbphilharmonie Hamburg,
10. August 2011, 9:05 Uhr,
HafenCity Hamburg,
Höhe Landungsbrücken
REHAU _ Editorial
Impressum
Unlimited
NO 03_2011
ein Magazin der
REHAU AG + Co
Herausgeber
REHAU AG + Co
Projektleitung
Katy Hahn
Redaktionsteam
Klaus Gollwitzer
Wolfgang Narr
Nils Wagner
Chefredaktion
Birgitta Willmann
Mitarbeiter dieser
Ausgabe
René Lüchinger
Corinna Arndt
Fotografie
Christian Grund
Andrew Geiger
Gestaltungskonzept
Art Direction
Simone Fennel
Inhaltskonzept
Lüchinger
Publishing GmbH
Litho
Detail AG
Druck
Mayr Miesbach
GmbH
Erscheint
halbjährlich
Auflage: 35.000
Liebe Leserin, lieber Leser,
den steigenden Energiehunger einer explodierenden Weltpopu­
lation zu stillen, ist eines der ungelösten Probleme unserer Zeit:
Während die Menschen immer zahlreicher werden, verknappen
sich unsere primären Energieträger wie Öl, Kohle oder Gas.
Atomstrom, das ist spätestens seit der Reaktorkatastrophe von
Fukushima offensichtlich, ist auf lange Sicht nicht die Lösung,
um den Energiebedarf der Menschheit zu decken. Was aber ist
zu tun? Während sich die meisten öffentlichen Diskussionen
aus­schließlich um die Frage der Energieträger drehen, sollten
wir uns vor allem damit auseinandersetzen, wie Energieverluste
vermieden werden können.
Für uns als Polymerspezialist gehört es zur Unternehmensphilosophie, mit dem Basismaterial Erdöl umsichtig um­
zugehen. Erdöl ist zu wertvoll, um es zu verbrennen. Vielmehr sollte es uns als Basis dienen, um mithilfe unserer
Material- und Systemkompetenz neue Technologien voranzutreiben und den Einsatz des schwarzen Goldes in
sinnvolle und nachhaltige Energiesparlösungen münden zu lassen. Seit vielen Jahren entwickelt REHAU konti­
nuierlich verbesserte energieeffiziente Systeme für die Bereiche Bau, Industrie und Automotive. Dies schlägt sich
in innovativen Produkten und Materialien nieder.
Gewichtsreduzierte Entwicklungen im Automobil- und Flugzeugbau verringern den Kraftstoffverbrauch, intelligente
Flächenheiz- und -kühlsysteme in Böden und Betonmauern erlauben einen effizienteren Einsatz von Energie, ver­
wendete Materialien werden recycelt und wieder neu verarbeitet. Nachhaltige Produktion ist für uns mehr als ein
Schlagwort. Unsere Stoßfängerlackieranlage im südafrikanischen Port Elizabeth etwa gehört im Energieverbrauch
zu den effizientesten Produktionsanlagen der Welt. Diese Erfolge machen Mut und stacheln uns an, noch besser
zu werden. Sie zeigen aber auch, dass REHAU einen nachhaltigen und effizienten Beitrag leisten kann, um die
Energieprobleme unserer Zeit in den Griff zu bekommen.
Viel Freude beim Lesen der folgenden Seiten.
Rainer Schulz, CEO der Rehau Gruppe
03/11 _ REHAU Unlimited 03
Inhalt
>
Editorial
News
Menschen
Kompetenz
Zahlen
Standorte
03
05
21
25
38
39
Energieeffizienz
Werkschau
Seite 08
Seite 16
Standort
Interview
Warum Energiesparen ein
Wirtschaftsfaktor ist.
Commercial Cooling
Energieeffiziente Kühlsysteme
für den Detailhandel.
Seite 22
Kompetenz
Thomas Rhönisch über
innovative Werkstoffe.
Seite 25
Südafrika, Fort Jackson.
Seite 32
Die REHAU Lackieranlage
in Port Elizabeth.
Terry Beaubois über
das Ecosmart-Passivhaus.
Seite 34
RehaU
_ Editorial
REHAU
_ News
01
Statistik
Klimazahlen
2009, kurz vor der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen,
wurden die Forscher unsicher – die Frage, ob die
Klimaerwärmung wirklich wissenschaftlich nachweisbar ist,
stand plötzlich im Raum.
Ein halbes Jahr später kam die Entwarnung: Eine unabhängige Untersuchungs­
kommission bestätigte, dass die Wissenschaftler der Climatic Research Unit (CRU)
an der englischen University of East Anglia korrekt gearbeitet hatten. Weil die
Unkenrufe dennoch nicht verstummten, hat das CRU nun alle Klimadaten der weltweit
5113 Wetterstationen der letzten 150 Jahre ins Netz gestellt. Skeptiker, die eine
Klimaerwärmung nicht für real halten, werden damit wohl endgültig zum Schweigen
gebracht. Denn ein Anstieg der Temperaturen ist weltweit eindeutig auszumachen.
www.metoffice.gov.uk
03/11
REHAUUnlimited
Unlimited 055
03/11
_ _REHAU
REHAU _ News
02
Elektromobilität
03
Innovation
Batterie
Elektrofahrzeuge innerhalb von zwei
Jahren kostengünstig im Modulsystem
herstellen zu können, ist erklärtes
Ziel der Streetscooter GmbH, einer
Forschungs- und Entwicklungsallianz
führender deutscher Industriepartner
wie Kirchhoff, Dräxlmaier oder
Thyssen Krupp.
Das modulare Batteriekonzept wurde in zweijähriger
Arbeit von REHAU entwickelt. Das polymerbasierte
Gehäuse erfüllt höchste Ansprüche an Steifigkeit und
hält starke Belastungen aus, ist aber deutlich leich­
ter als frühere Metallgehäuse. Neu ist auch, dass
REHAU die Integration und Funktionsfähigkeit des
Gesamtsystems Batterie in einem E-Fahrzeug
obliegt. Dazu Niklas Braun von REHAU Automotive:
«Elektromobilität ist für uns keine Vision mehr,
sondern wir begleiten einige Projekte, die aus unserer
Sicht in diese richtige Richtung gehen.»
www.mobilitaet.biz
Diamant-Pflüge
Rund 50 Prozent der Energie, die beim Pflügen
oder Eggen gebraucht wird, geht durch die
Reibung zwischen Pflugschar und Erde verloren.
Das kostet die Bauern Sprit und Zeit.
Um das zu ändern und den Landwirten zu energieeffizienterem Pflügen
zu verhelfen, sind nun Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik (IWM) im deutschen Freiburg dabei, den «RemBob»-Pflug
zu entwickeln. Die angewandte Technik kommt aus der IT-Welt: Dort
schützen extrem harte, diamantartige Kohlenstoffschichten die Festplatte
von Computern. Werden die Pflugscharen nun mit diesen harten Kohlenstoffschichten überzogen, wird die Reibung um 30 Prozent reduziert und
die landwirtschaftlichen Geräte zu messerscharfen Werkzeugen.
www.fraunhofer.de
04
Wissen
SMART GRID [engl.] ➞
steht für ein intelligentes Stromnetz, bei dem z.B. Häuser mit Messgeräten für den
Stromverbrauch ausgestattet werden, die im Dialog mit dem Stromversorger stehen und so eine Optimierung und Überwachung der Stromversorgung ermöglichen.
06 Rehau Unlimited _ 03/11
REHAU _ News
05
Öko-Strom
08
Studie
Wasserenergie
REHAU setzt sein Vorhaben, die eigenen CO2-Werte zu senken, sukzessive
um. Der neueste Coup: Das im norddeutschen Wittmund ansässige REHAU
Werk deckt seit Anfang des Jahres
seinen Strombedarf zu 100 Prozent mit
Ökostrom ab.
Der «grüne» Strom hat bereits einen langen Weg
hinter sich, bis er in Wittmund ankommt, denn er wird
im südnorwegischen Wasserkraftwerk Jørundland
generiert. Dieses befindet sich am Flusssystem
Arendalsvassdraget und wird vom Nesvatn gespeist,
der in dieser Region das größte einzelne Wasserreservoir darstellt. In Skandinavien wird Strom
ausschließlich aus erneuerbaren Energien erzeugt und
zertifiziert. Dieser Strom wird an das norddeutsche
Energieversorgungsunternehmen EWE verkauft und von
dort als NaturWatt-Strom von REHAU bezogen.
Umweltbilanz
Von Buenos Aires über San Francisco bis hin nach
Warschau: 42 Metropolen mit insgesamt 189
Millionen Einwohnern gaben erstmals ihre Umweltbilanzen an das Carbon Disclosure Projekt (CDP).
www.rehau.com
06
Recycling
In einer Tonne Hauptplatinen aus
ausrangierten Computern finden sich
250 g Gold, 100 g Paladium und
1 kg Silber. Deswegen
unbedingt alte Computer
und Mobiltelefone
recyceln lassen.
TIPP
07
Energieverbrauch
Die daraus resultierende Studie ist gemeinsam mit KPMG erstellt worden.
Dabei ordnen 93 Prozent der Städte dem Kampf gegen den Klimawandel
höchste Priorität zu, denn jede zweite spürt bereits die Auswirkungen:
Hitzewellen, Dürren oder Hochwasser. Etwa zwei Drittel der Städte
haben inzwischen konkrete Klimastrategien ergriffen, 57 Prozent
haben auch Ziele zur Treibhausgasreduktion vorgelegt. Die Maßnahmen
reichen von Energieeinsparungen im Gebäudesektor bis zur Umstellung
auf Grünstrom, von Müllvermeidungskonzepten bis zu emissionsfreier
Mobilität. Das CDP Reporting, das Metropolen einen Vergleich
untereinander erlaubt, wird damit zum wichtigen Instrument der
Orientierung und des Austauschs von Daten und Best Practice.
www.cdproject.net
Ein Haartrockner verbraucht
genauso viel Energie wie
200 Energiesparlampen zusammen.
03/11 _ REHAU Unlimited 07
RehaU _ Energieeffizienz
Zeitenwende der Energie
Text
Birgitta Willmann
Fotos
Christian Grund
>
Die Ära des Erdöls neigt sich dem Ende zu. Energieeffizienten
Systemen in der Gebäudetechnik oder der Mobilität gehört die
Zukunft. Die HafenCity zeigt, wie diese aussehen könnte.
Ferdinand Magellan, portugiesischer Entgutem Grund. Auf 9,2 Milliarden Menschen, so
decker und Weltumsegler um 1500, ist in Hamburgs
lauten die Prognosen, wird die Erdbevölkerung
neu ent­stehendem Stadtteil HafenCity stets prä­sent:
bis 2050 angewachsen sein, 70 Prozent der
Ein 5000 Quadratmeter großer Platz trägt seinen
Menschen werden in urbanen Zentren leben. 9,2
­Na­­men. Die auf unterschiedlichen Ebenen gebauten
Milliarden Menschen, die kochen, elektrische ApMagellan-Terrassen sind längst zu einem Lieb­lings­
parate bedienen, sich im Automobil und im Zug
platz der Hamburger geworden. Der Blick über die
fortbewegen, Nahrungsmittel und – je nach Klima
Elbe ist grandios, Hafenkräne und Lagerhallen zei­ch­
– Kälte- oder Wärmespender benötigen. All das
nen sich in der Ferne ab, Öltanker, Con­tainer- und
frisst im großen Stil und mit steigender Tendenz
Kreuzfahrtschiffe ziehen gemächlich vorbei. Der
Energie. Was das bedeutet, sehen wir bereits
Hauch der großen Welt vor der Haustür, das ist für die
heute. Der kollektive Energiehunger der derzeit
Bewohner von HafenCity Realität. 12.000 sollen es
7 Milliarden Menschen wird zu 90 Prozent durch
sein, wenn die Bauphase im Jahr 2025 ab­ge­
Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdöl,
schlossen sein wird, weitere 65.000 werden täg­lich
Kohle oder Gas gestillt. Der Löwenanteil davon,
Ferdinand Magellan
dort ihrer Arbeit nachgehen. Ein gigantisches Pro­
40 Prozent der weltweit erzeugten Energie, wird
1480–1521
jekt, dessen Planung einige Jahre in Anspruch nahm.
direkt oder indirekt aus Erdöl gewonnen. Doch
Und das der Stadt an der Elbe die fast
die Verbrennung fossiler Energieträger hat Koneinmalige Chance gibt, von Grund auf in die Zukunft zu bauen. Sei sequenzen: Durch das Entweichen von Kohlendioxid (C02) in die
es in architektonischer, in infrastruktureller oder in sozialer Hin- Atmosphäre steigt die Temperatur auf der Erde an, um durchsicht. Auch vom Umweltgedanken her sind die Bauvorgaben auf schnittlich 0,8 Grad allein in den vergangenen hundert Jahren.
neuestem Stand – ein hohes Maß an Energieeffizienz bei der Ge- Dadurch ist das ökologische Gleichgewicht aus dem Tritt geraten,
bäudetechnik wird vorausgesetzt. In HafenCity stehen besonders der Treibhauseffekt erwärmt die Meere, Nord- und Südpol
energiesparsame Gebäude, deren niedriger C02-Ausstoß unter schmelzen, Unwetter, Überschwemmungen und Dürrekatastroanderem dazu verhalf, dass Hamburg 2011 zur European Green phen in noch nie gekanntem Ausmaß sind die Folge. Sicher ist
Capital ernannt wurde. Damit liegt die deutsche Metropole auf ei- aber auch, dass die fossilen Energiespender des Planeten langner Linie mit anderen Großstädten wie San Francisco oder Buenos sam zur Neige gehen: Erdöl voraussichtlich in rund 50 Jahren,
Aires, die aktuell versuchen, ihre CO2-Bilanz zu verbessern. Aus Steinkohle oder Gas etwa in 150 Jahren.
03/11 _ REHAU Unlimited 09
Marco Polo Tower: als bestes
Hochhausprojekt ausgezeichnet.
Tor zur Welt:
Hamburger Hafen.
03/11 _ REHAU Unlimited 11
REHAU _ Energieeffizienz
Globaler CO2-Ausstoß 2008
Sonstiges
10 %
Wohnen
Die 10 größten Erdölverbraucher
Elektrizität
& Heizung
41 %
7 %
20 %
Industrie
22 %
Transport
Quelle: International Energy Agency
Die Menschheit steht vor einer schwierigen Frage: Was
nun? Klar scheint zunächst einmal eines – solange fossile Energieträger wie Erdöl noch den Motor der Weltwirtschaft darstellen, ist es
das Gebot der Stunde, das schwarze Gold sparsam und effizient
einzusetzen. «Jede Volkswirtschaft weltweit steht vor dem Problem
steigender Energiekosten», sagt etwa Claudia Kemfert, Leiter­in
Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirt­
schaftsforschung (DIW) in Berlin. «Selbst China mit seinem enormen
Energiehunger hat erkannt, dass es sein Wirtschafts­wachs­tum nur
aufrechterhalten kann, wenn im Reich der Mitte Ener­gie sparsam
verwendet wird.» Dies ist freilich eine junge Erkenntnis.
Der Begriff «Energieeffizienz» – die sprachliche Zusammenführung von sparsamem Energieeinsatz und maximaler erzeugter Wirkung – tauchte erstmals im Jahre 2002 im allgemeinen
Sprachgebrauch auf als Bestandteil der EU-Richtlinie «Energy Performance of Buildings Directive (EPBD)», in der es um neu definierte Kennwerte für die Energieeffizienz in Gebäuden ging. Damit war
das Thema in das öffentliche Bewusstsein g­ erückt und seither engagieren sich Unternehmer, Forscher und Politiker gleichermaßen,
vor allem in Deutschland und Europa, das in dieser Hinsicht eine
Pionierrolle einnimmt.
Geradezu sinnbildlich für das heutige Nebeneinander eines energieverbrauchenden Umschlagplatzes für eine pulsierende
Industrie und einer auf Energieeffizienz gründenden neuen Art des
Wirtschaftens ist daher der internationale Hafen in Hamburg. Im
zweitgrößten Containerhafen Europas docken die großen Containerschiffe aus aller Welt an, die Waren, Rohöl oder auch Benzin in
die Hansestadt transportieren – Schmiermittel für die produzierende Wirtschaft und den Handel. Und HafenCity, das in unmittelbarer
Nachbarschaft liegt, wird nach den modernen Erfordernissen von
12 Rehau Unlimited _ 03/11
01 USA
903,0 Mio t
23,1 %
02 China
368,8 Mio t
9,4 %
03 Japan
211,3 Mio t
5,4 %
04 Indien
135,0 Mio t
3,5 %
05 Russland
130,4 Mio t
3,3 %
06 Deutschland
108,6 Mio t
2,8 %
07 Kanada
108,0 Mio t
2,8 %
08 Brasilien
105,3 Mio t
2,7 %
09 Saudi-Arabien
104,2 Mio t
2,7 %
98,5 Mio t
2,5 %
10 Südkorea
Nach Ländern in Millionen Tonnen, 2008, und deren Anteil am weltweiten Verbrauch in Prozent.
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erstellt. Dieses Nebeneinander
lässt erahnen: Wir leben in einer energietechnischen Zeitenwende.
In der Praxis setzt sich Energieeffizienz aus drei Kriterien
zusammen: Es gilt fossile Energieträger sparsam zu nutzen, Energie
technologisch effizient zu erzeugen und möglichst ohne Verlust einzusetzen. Wo die Energiebilanz eine Rolle spielt, ist Energieeffizienz
das Ziel. In der Gebäudetechnik gelangen aus diesem Grund moderne Wärmedämmungen, sogenannte intelligente Fenster, Türen
oder Fassaden, zum Einsatz. In der Antriebstechnologie für Autos,
Schiffe oder Flugzeuge sorgen miniaturisierte Komponenten und
moderne Materialien für Gewichtsreduktion und damit auch für
­reduzierten Kraftstoffverbrauch. In der produzierenden Industrie
erzielen schlankere Produktionsverfahren und langlebigere, wiederverwertbare Materialien für einen ähnlichen Effekt.
Der Begriff Energieeffizienz tauchte
erstmals im Jahre 2002 im
allgemeinen Sprachgebrauch auf.
«In der Gebäudetechnik», weiß Energieexpertin Claudia
Kemfert, «liegt ein großes Potenzial für Energieeffizienz.» Genau
dies macht HafenCity an der Elbe zum eigentlichen Pilotprojekt. Auf
157 Hektar wird der neue Stadtteil gebaut, moderne Stadtplanung
vermählt sich hier mit innovativen Technologien bei Areal-Planung
und Gebäudebau. Das Projekt HafenCity zeigt aber auch, dass
energieeffiziente Technologien für Unternehmen gewaltige Marktchancen eröffnen. Erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität,
umweltschonende Antriebstechniken, neue Materialien oder intelligente Infrastruktur-Technologie – überall besteht Bedarf an innovativen Lösungen. «In praktisch keinen anderen Markt werden in den
HafenCity:
Ein Stadtteil entsteht.
Kühne Architektur:
Feld für moderne Gebäudetechnik.
Spiegel-Gebäude:
am Brooktorkai.
Fahrradfuhrpark:
umweltfreundliche Vehikel.
03/11 _ REHAU Unlimited 13
REHAU _ Energieeffizienz
kommenden Jahrzehnten größere Investitionen fließen als in diese
Bereiche», ist Umwelt-Expertin Claudia Kemfert überzeugt.
Das Volumen dieses auf Energieeffizienz, Nachhaltigkeit,
CO2-Reduktion und Schonung der natürlichen Ressourcen ausgerichteten Marktes beziffert Torsten Henzelmann auf 540 Milliarden
Euro weltweit, in Zukunft sei mit einer jährlichen Wachstumsrate
von rund elf Prozent zu rechnen. Der Greentech-Experte bei Roland
Berger Strategy Consultants vertritt einen klaren Standpunkt. «Wer
mit der Zeit gehen will, kann sich Argumenten für energieeffizientes
Produzieren und Bauen nicht verschließen.» Dies durchaus auch
aus ökonomischen Gründen: Energieeffiziente Produktion wirkt sich
für den Hersteller kostendämpfend aus und Industrie- wie auch
Privatkunden fragen stark nach solchen Produkten.
Weitere Anreize, energieeffizient und damit ökologisch zu
bauen, wurden auch durch die öffentliche Hand geschaffen. So lancierte 2007 die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e.V.
(DGNB) ein Zertifizierungssystem. Dieses basiert auf einer ganzheitlichen und performanceorientierten Betrachtung des gesamten
Gebäudelebenszyklus «von der Wiege bis zur Bahre». Solche Bewertungen zur Einhaltung bestimmter Anforderungen existieren
übrigens auch in anderen Ländern, wie das amerikanische LEED
(Leadership in Energy and Environmental Design) des Green Building Councils oder das englische BREEAM (Building Research
Establishment Environmental Assessment Method) zeigen.
Unternehmen, die bereits seit geraumer Zeit innovative,
energieeffiziente Lösungen anbieten können und diese auch immer
weiterentwickeln, verfügen nun, da sich dieser Markt weltweit auftut, über eine hohe Akzeptanz. Der Polymerverarbeiter REHAU gehört in diese Kategorie von Unternehmen. «Wir sind führend in der
Gebäudetechnik zu den vielfältigen Themenstellungen der Energie«Wir arbeiten an Lösungen,
die Ökonomie und Ökologie optimal
ins Gleichgewicht bringen.»
effizienz und des Energiekomforts», sagt Jörg Neukirchner, Leiter
strategisches Geschäftsfeld Bau. «Des Weiteren sind wir beteiligt
an wegweisenden Pilotprojekten zum Beispiel zur Energiespeicherung mit Erdsonden.» REHAU baut auf seinen in jahrzehntelanger
Forschung gewonnenen Kompetenzen auf und verfügt als Marktführer für Erdsonden daher über eine breite Palette an Produkten
für die Geothermie mit einem umfangreichen Systemangebot.
Diese für die internationalen Märkte aufzubereiten, ist
eine weitere Herausforderung, der sich der Polymerspezialist
stellt, denn die Anforderungen an die Technik sind länderspezifisch. Ein Ziel steht dabei in den Bereichen Fenster und Fassaden,
Gebäudetechnik, regenerative Lösungen und Tiefbau stets im
Vordergrund, wie Neukirchner betont: «Wir arbeiten an Lösungen,
die Ökologie und Ökonomie optimal ins Gleichgewicht bringen.»
Vor allem jetzt, wo Energieeffizienz zum entscheidenden Verkaufs­
14 Rehau Unlimited _ 03/11
Giganten: voll beladenes
Containerschiff.
Mineralölverbrauch weltweit
Elektrizität
Heizung
8 %
32 %
10 %
50 %
Verkehr
Quelle: ExxonMobil und Wintershall
Chemie
5 %
Kunststoffe
REHAU _ Energieeffizienz
argument für Investitionen geworden ist, sei «es wichtig, der Konkurrenz stets eine Nasenlänge voraus zu sein».
Energieeffizienz hat für ein Unternehmen, das sich mit Innovationen am Markt behaupten muss, aber auch eine weitere, in
dieser Hinsicht entscheidende Kehrseite: Der interne Produktionsprozess muss auf allen Stufen auf dieses Ziel hin ausgerichtet werden. REHAU beispielsweise hat im Jahre 2009 über die Geschäftsbereiche Bau, Industrie und Automotive hinweg ein interdisziplinäres
Team aufgestellt, dieses mit einem Budget von 2,5 Millionen Euro
ausgestattet, um innovative Ideen zur Einsparung von Energie in
den Produktionsabläufen zu entwickeln. Verantwortlich für dieses
Projekt der betriebsinternen Energieeffizienz ist Frank Fleissner,
Hauptabteilungsleiter Technik im Bereich Bau.
Der Ingenieur durchkämmt mit seinem Team sämtliche
Prozesse und setzt überall dort an, wo er Verbesserungspotenzial
entdeckt. Strom, Gas oder Wasser werden durch energieeffiziente
Beleuchtungssysteme und Antriebstechniken, durch die Isolierung
von Produktionsanlagen, durch intelligente Regelungssysteme zur
Drucklufterzeugung oder auch durch Wärmerückgewinnung eingespart. Mitunter wird auch auf ganz einfache Maßnahmen gesetzt,
beispielsweise indem Maschinen isoliert werden und dadurch weniger Hitze austreten kann. «Manches rechnet sich schneller, als man
glaubt», sagt Fleissner, «aber in der Gesamtbeurteilung muss immer der gesamte Lebenszyklus angeschaut werden. Nur so schafft
man Nachhaltigkeit.»
Etwa wenn es darum geht, bei der auf Erdöl basierten
Produktion von Polymeren den Anteil dieses wertvollen Rohstoffs
kontinuierlich zu verringern oder besser noch, durch neue Materialien wie Biopolymere zu ersetzen. Auch hier wurden inzwischen mit
Umweltproduktdeklarationen (EPD) sinnvolle Standards geschaffen,
die bei der Produktion einzuhalten sind. Diese werden aktuell in
dem neuen europäischen Normungsprojekt «Nachhaltigkeit von
Bauwerken» festgelegt.
Die Deklarationen machen Aussagen zum Energie- und
Ressourceneinsatz und in welchem Ausmaß ein Produkt zu Treibhauseffekt, Übersäuerung, Überdüngung, Zerstörung der Ozonschicht und Smogbildung beiträgt. Außerdem werden Angaben zu
technischen Eigenschaften gemacht, die für die Einschätzung der
Performance des Bauproduktes im Gebäude benötigt werden, wie
Lebensdauer, Wärme- und Schallisolierung oder Einfluss auf die
Qualität der Innenraumluft. Auch hier gilt die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von der Herstellung des Materials über den
Einsatz bis zur Wiederverwendung nach der Nutzungszeit.
Ein Material, das sich mehrmals wiederverwenden lässt,
ist im wahrsten Sinne des Wortes energieeffizient: Über die gesamte Lebensdauer hinweg dreht die Energiebilanz des Produkts
schließlich immer stärker in den grünen Bereich. «Wer am Anfang
über kreative Lösungen nachdenkt», weiß Experte Henzelmann,
«wird am Ende ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickeln, das
sich auch ökonomisch rechnet.» <
solutions by
Das trägt REHAU dazu bei:
Seit Jahren investiert REHAU kontinuierlich in die Weiterentwicklung energieeffizienter Programme und Systemlösungen
in den Bereichen Bau, Industrie und Automotive. Auf diese
Weise sind gesamthafte Lösungen entstanden, die in der
Automobilindustrie, beim Hoch- und Tiefbau, in der Gebäudetechnik, aber auch in der Industrie maßgeblich dazu
beitragen können, benötigte Energie zu reduzieren. REHAU
bietet zu den einzelnen Programmen einen ausgefeilten
Service in den Phasen Planung, Ausführung und Betrieb.
>
In folgenden Gebäuden der neu entstehenden
HafenCity in Hamburg kamen REHAU Systemlösungen
zum Einsatz:
Am Sandtorkai 68
Gebäudefläche: 3900 m2
Bauherr: Deka Immobilien Investment GmbH
REHAU: Betonkerntemperierung
Am Kaiserkai 1/Großer Grasbrook 12
Gebäudefläche: 11.000 m2
Bauherr: ING Real Estate
REHAU: Betonkerntemperierung
HafenCity Sandtorpark/Grasbrook
REHAU: RAUDRIL Rail Sickerleitungsrohr
Hafenliebe
Gebäudefläche: 7300 m2
Bauherr: Baugemeinschaft Hafenliebe GbR
REHAU: GENEO Fensterprofile
Wohn- und Geschäftsgebäude Java
Gebäudefläche: 13.200 m2
Bauherr: Überseequartier Beteiligungs GmbH
REHAU: Betonkerntemperierung
Spiegel-Gebäude
Gebäudefläche: 30.000 m2
Bauherr: Robert Vogel GmbH & CO. KG
REHAU: Geothermie, Energiekomfort-System
03/11 _ REHAU Unlimited 15
Die neue Lackdimension
Text
Corinna Arndt
Fotos
Christian Grund
>
Stoßfänger: früher chromblitzend, heute aus Polypropylen und
unter einer Lackschicht verborgen. Die Herstellung ist
Präzisionsarbeit. Im neuen REHAU Werk im südafrikanischen
Port Elizabeth werden sie besonders energieeffizient produziert.
REHAU _ Werkschau
Präzise:
Roboter in Aktion.
VW Polo:
vor der Fertigstellung.
In der Werkhalle stapeln sich die Stoßfänger und Längsträgerverkleidungen in allen Farben, von ferrarirot bis quietschgelb,
dazwischen sausen Gabelstapler umher, beugen sich Arbeiter über
frisch lackierte Teile. Fast nebenan sitzt der größte Kunde, VW, mit
seiner südafrikanischen Polo-Produktion. Im REHAU Werk Port
­Elizabeth werden täglich 1300 Stoßfänger für den Wolfsburger
­Autobauer hergestellt. Möglich macht das «unser just-in-sequence»
Know-how, sagt Werkleiter Thomas Siggenauer, eine Pro­duk­tions­
weise, die sich nach den Bedürfnissen der Kunden richtet. «Dabei
sind wir so flexibel, dass in Form, Farbe und eingebauter Technik
kein Stoßfänger dem anderen gleichen muss.» Hinzu kommen täglich circa 1000 lackierte Bauteile für die Mercedes C-Klasse, die im
240 km entfernten East London gebaut wird. Damit ist das erst vor
zwei Jahren eingeweihte Werk voll ausgelastet.
«Wir folgen unseren Kunden», sagt Siggenauer. Und wenn
die aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen in Südafrika investieren, stellt das auch REHAU vor neue Herausforderungen: Die
lokalen Mitarbeiter werden durch interne Schulungen ausgebildet,
denn eine Lackieranlage jahrelang durch Expat-Fachkräfte betreuen zu lassen, wollte man vermeiden. «Wir suchten einfache Lösungen für eine Fabrik, die wachsen kann, wenn die Märkte wachsen»,
sagt Helmut Ansorge, Leiter der Autowerke bei REHAU.
Die Anlage in Port Elizabeth wurde daher nach einem
völlig neuen Konzept erstellt und ist ein Prototyp, dem bei Bedarf
weltweit weitere Werke folgen sollen. Fünf Jahre hat die Entwicklung gedauert und das Ergebnis ist eine Anlage, deren einzelne
Produktionselemente modular zusammengebaut werden können.
Diese wurden in Deutschland konstruiert und dort erst einmal getestet, bevor sie nach Südafrika transportiert wurden. Besonderen
Wert legte REHAU auf die Ausbildung der 200 Mitarbeiter in Port
Elizabeth. Sie wurden, teilweise in Deutschland, speziell auf die
Qualitätsanforderungen von REHAU geschult.
Der Lackierprozess steckt voller Innovationen. «Als wir
anfingen, uns über die neue Lackieranlage Gedanken zu machen»,
sagt Helmut Ansorge, «haben wir erst einmal alles, was wir bisher
gemacht haben, in Frage gestellt.» Kann man Kunststoff ohne
Grundierung lackieren? Braucht man Wasser? Wie könnte man den
Trocknungsprozess revolutionieren? Den Stromverbrauch verrin­­
gern? Folgende Lösungen wurden gefunden: Am Anfang des Prozesses steht ein schwarzes Kunststoffgranulat: Polypropylen. Es
«Wir suchen einfache Lösungen für eine Fabrik, die
wachsen kann, wenn die Märkte wachsen.»
wird geschmolzen und von zwei riesigen, fast 15 Tonnen schweren
Spritzgussmaschinen in die benötigte Form gepresst. Meterlange
Roboterarme wirbeln den rohen Stoßfänger durch die Luft und setzen ihn sanft auf die Förderanlage. Dann gilt es, den Kunststoff zu
lackieren: hauchdünn, gleichmäßig und mit exakt der richtigen Farbe. «Beim Lackieren dreht sich alles um die Lackhaftung», sagt
Siggenauer und geht voran in die Lackieranlage, das Herz des
­Werkes, das «neueste Stück Technologie in der REHAU Welt»: ein
03/11 _ REHAU Unlimited 17
RehaU
18 Rehau Unlimited _ 03/11
Geübte Handgriffe:
Mitarbeiter bei der Qualitätskontrolle.
03/11 _ REHAU Unlimited 19
REHAU _ Werkschau
Arrangement aus Metallrohren, Treppen und Lüftungsschächten.
Vorbereitung ist alles: Um eine optimale Haftung des Lackes zu gewährleisten, muss der Kunststoff bestmöglich gereinigt sein. Statt
in einer herkömmlichen Waschanlage mit anschließender Trocknung spritzt in Port Elizabeth ein Roboter flüssiges CO2 auf den
Kunststoff. Dieses gefriert zunächst zu Eiskristallen und verdunstet
dann beim Aufschlagen. Damit wird das Bauteil nicht nur mechanisch gereinigt, sondern auch durch die thermische Explosion. «Die
CO2-Reinigung braucht sehr viel weniger Platz und wir können auf
den Gebrauch von kostbarem Wasser verzichten», sagt Siggenauer.
In Port Elizabeth ist das von besonderem Vorteil, da die umlie­gende
Region seit Jahren unter Wasserknappheit leidet und 2010 gar zum
Wassernotstandsgebiet erklärt wurde. Nach der Reinigung werden
die Stoßfänger von Robotern «beflammt», was ihre Oberflächenspannung verändert und so die Lackhaftung weiter erhöht.
Nun sind sie bereit für die Lackierung. Auch hier ist das
Werk auf dem neuesten Stand der Technik: wasserbasierte Lacke
sind Standard, umweltschädliche Lösungsmittel aus der Produktion
weitestgehend verbannt. Und anders als bei vielen Konkurrenten
tragen die Roboter nur zwei Lackschichten auf: Basislack und Klarlack. Die lange als Standard geltende Grundierung wird eingespart,
Die lange als Standard geltende Grundierung wird
eingespart – bei gleich gutem Ergebnis.
bei gleichbleibend gutem Ergebnis. Doch damit nicht genug. Um
das bei Lackieranlagen unvermeidliche «Overspray», also Lackverluste beim Besprühen, zu reduzieren, werden Stoßfänger und Lack
gegenteilig elektrostatisch aufgeladen. Dadurch ziehen sich Kunststoff und Farbpartikel gegenseitig an. Zusätzlich drückt ein fallender Luftstrom die letzten Lacknebelreste nach unten. Normalerweise wird zum Auffangen des «Overspray» Wasser verwendet, doch
hier wird er mithilfe einer Trockenabscheidung durch Steinmehl
gebunden und abgeführt. Sind die Stoßfänger fertig lackiert,
müssen sie nur noch getrocknet werden. Früher geschah dies mit
Heißluft auf einer Strecke von 50 Metern. In Port Elizabeth sorgen
Infrarotstrahler in einem 10-Meter-Modul für das gleiche Ergebnis.
Eine weitere Innovation, die die Anlage zu einer der energie­
effizientesten der Welt macht.
Wenn Siggenauer in seinem grauen Arbeitsmantel durch
die Werkhalle geht, grüßt er nach links und rechts, aber kaum jemand wendet sich um. Es ist normal, den Chef in der Produktion
zu sehen, Teil der Firmenphilosophie: «Als Familienunternehmen
wollen wir zufriedene Mitarbeiter, die sich langfristig an uns binden. Das erreicht man, indem man als Manager mit gutem Beispiel
vorangeht.» Siggenauers Mitarbeiter sind stolz auf ihre Arbeitskleidung und immer wieder kommt es vor, dass sich Angehörige der
Arbeiter für einen Job bewerben. Die Werkleitung freut das, denn,
so Siggenauer lachend: «Es gibt keinen besseren Vorgesetzten als
den eigenen Vater oder die eigene Mutter!» <
20 Rehau Unlimited _ 03/11
Das trägt REHAU dazu bei:
REHAU Kompetenz hilft der Automobilindustrie in ihrem
Bestreben, Design, Komfort und Sicherheit rund um das
Fahrzeug systematisch zu optimieren. Leichtere, polymere
Materialien und Werkstoffe sowie Systemlösungen verringern unter anderem das Gesamtgewicht der Autos und
tragen so dazu bei, dass diese energieeffizienter werden.
Lackierte Stoßfänger
Polymere Stoßfänger im Front- und Heckbereich der
Autos werden im Spritzgussverfahren hergestellt, wobei
die Automobilhersteller die Möglichkeit haben, komplexe
technische Systeme wie Scheinwerferreinigungsanlagen
oder Parking-Systeme bereits einbauen zu lassen.
Durch ihr geringes Gewicht tragen sie dazu bei, dass das
Fahrzeug leichter und damit energieeffizienter wird.
Software RAUCOLOR
Schneller, gründlicher und leichter abzurufen: RAUCOLOR,
eine von REHAU entwickelte Software, vereinfacht die
Analyse der Lackqualität. Merkmale wie Farbton,
Oberflächenwelligkeit, Glanz und Lackschichtdicke können
erfasst und unmittelbar ausgewertet werden. Dadurch wird
eine direkte Qualitätsrückkopplung in die Fertigung
gewährleistet und die Kontrollzeit gegenüber einer
manuellen Überprüfung der Oberfläche um das Zehnfache
verringert – bei deutlich höherer Prüffrequenz. Kunden, die
an den Datenaustausch angeschlossen sind, können
aktuelle Messergebnisse von lackierten Außenanbauteilen
mit den Messergebnissen der lackierten Karosserie sofort
vergleichen. Das verkürzt die Bemusterungsphase schon
während der Betriebsversuche erheblich.
Stoßfänger:
RAUCOLOR:
REHAU _ Menschen
Text
Corinna Arndt
Foto
Christian Grund
«Ich rede gern direkt und geradeheraus. Vielleicht liegt
das daran, dass ich immer für Deutsche gearbeitet habe. Direkt
nach der Schule, 1994, habe ich als ungelernter Arbeiter bei
REHAU angefangen. Wenn mich heute die anderen Arbeiter in der
Werkhalle sehen, sagen sie: ‹Dort kommt Kansas!› Ich habe auf
alles ein Auge, und wenn es irgendwo ein Problem gibt, dann will
ich es möglichst schnell wissen, damit wir den Fehler beheben
können. Als REHAU vor zwei Jahren die Lackieranlage in Port
Elizabeth aufgebaut hat, war ich von Anfang an dabei. Ich habe
mich um die Mischung des Lacks gekümmert, die Fördertechnik
und Roboter überwacht und dafür gesorgt, dass alles reibungslos
läuft. Inzwischen bin ich Produktionstechniker.
Ich habe einen langen Weg hinter mir. Als ich 1992 im letzten
Schuljahr war, befand sich Südafrika komplett im Umbruch. Wie
überall im Land sind auch bei uns im Township Mdantsane arme
schwarze Schüler und Lehrer für Demokratie und gegen das rassistische Apartheidregime auf die Straße gegangen. Widerstand war
wichtiger als Unterricht. Es war schwierig, unter diesen Umständen
überhaupt etwas zu lernen. Zum Glück gab es Bildungsfernsehen
und so habe ich am Ende meine Prüfung bestanden. Dann war ich
wie mein arbeitsloser Vater auf Jobsuche in meiner Heimatstadt
East London. Mit dem Fahrrad bin ich herumgefahren! Bei REHAU
hat es geklappt und ich habe mich von ganz unten hochgearbeitet.
Inzwischen bin ich schon zweimal nach Deutschland zur Weiterbildung gefahren – das war jedes Mal Klasse.
Kansas Mrwasbu
(37) Produktionstechniker
In meiner Freizeit bin ich meistens im Fußballstadion. Ich bin treuer
Fan des südafrikanischen Clubs ‹Kaizer Chiefs› – und das wird sich
auch nie ändern! Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde
ich meiner alten Mutter ein eigenes Haus bauen und den Rest des
Geldes sparen. Aber auch so habe ich große Pläne: Mein Sohn ist
19 Jahre alt und geht aufs College. Wie ich arbeitet er lieber mit
den Händen, als im Büro zu sitzen. Doch nächstes Jahr will ich ihn
an der Universität von Port Elizabeth anmelden – immerhin verdiene
ich genug, um ihm die Studiengebühren zu zahlen. Und dann finde
ich, sollte er sich bei REHAU bewerben!»
Wohnort: Uitenhage bei Port Elizabeth
Bei REHAU seit: 1994
Funktion: Produktionstechniker in der Lackieranlage
REHAU Standort: Uitenhage bei Port Elizabeth
Hobbys: Fußball, Kino, am Auto basteln
03/11 _ REHAU Unlimited 21
RehaU
22 Rehau Unlimited _ 03/11
REHAU _ Commercial Cooling
Cool!
Text
Birgitta Willmann
Fotos
Christian Grund
>
Kommerzielles Kühlen frisst Strom. Energieeffiziente
Gefriertruhen und Kühlschränke tragen viel dazu bei, den
C02-Ausstoß von Supermärkten zu reduzieren.
Oberglatt in der Nähe von Zürich, sechs Uhr morgens. In
der Lidl-Filiale vor Ort geht wie von Geisterhand ein Teil der Beleuchtung an der Decke an und vor 18 Laufmetern Kühlregalen
heben sich ratternd die Rollläden. Sie geben den Blick auf Milch,
Joghurt, Käse oder Fleischprodukte frei. Neun Stunden waren die
Auslagen konstant hinter der für die Kunden am Tag unsichtbaren
Kältesperre verborgen. Neun Stunden, in denen die Geräte weniger
Strom verbrauchten. Bald werden die ersten Mitarbeiter kommen,
draußen liefern die LKWs bereits Ware an.
Gleich nebenan surren 30 Gefriertruhen auf 25 Metern
Länge leise vor sich hin, je zwei und zwei gegenüber. Pizzen, Tiefkühlgemüse oder Eiscremes stapeln sich darin, allesamt sorgfältig
abgedeckt von durchsichtigen Schiebetüren aus Kunststoff. Glockenschlag acht öffnet ein Mitarbeiter die Tür. Kurz darauf schieben
bereits die ersten Kunden ihre Einkaufswagen durch die Gänge. Vor
den Gefriertruhen bleibt der eine oder andere stehen, lautlos gleitet
die Abdeckung zur Seite, wenn sie manuell geöffnet und – sobald
Eis oder Pommes im Wagen liegen – wieder geschlossen wird. Auf
den ersten Blick, so scheint es, also ein ganz normaler Lidl-Supermarkt auf 1196 Quadratmetern Verkaufsfläche.
Doch ganz so normal ist die schweizerische Lidl-Filiale in
Oberglatt für den Betreiber der Supermarktkette nicht. Das erst
zwei Jahre alte Gebäude ist ein Pilotprojekt, mit dem der Detailhändler testet, wie seine Läden am energieeffizientesten und umweltfreundlichsten betrieben werden können. Eine junge Strategie,
die Lidl seit einigen Jahren betreibt und für die sowohl am Haupt­sitz des Unternehmens im deutschen Neckarsulm als auch im
schweizerischen Weinfelden spezielle Fachgruppen verantwortlich
sind. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, zum einen soll die C02Bilanz der Märkte verbessert werden, zum anderen möchte Lidl
seine Ausgaben infolge steigender Energiepreise reduzieren.
Mit diesen Bemühungen ist Lidl nicht alleine. In Mülheim,
bei Düsseldorf, hat auch die deutsche Supermarktkette Tengelmann einen «Energiemarkt» realisiert. Der Prototyp funktioniert
C02-neutral und hat den Anspruch, 50 Prozent weniger Energie als
Kühl- und Gefriergeräte sind mit rund 65 Prozent des
Gesamtverbrauchs echte Energiefresser.
ein herkömmlicher Supermarkt zu verbrauchen. Das bereits bestehende Gebäude wurde 2008 renoviert, umgebaut und auf den neuesten gebäudetechnischen Stand gebracht. Unter anderem sorgt
eine Photovoltaikanlage für Strom und die Abwärme der Kühlgeräte
wird in die Wärmeversorgung eingespeist. Zudem wird über eine
Erdsonde Wärme aus dem Boden gepumpt. Das Gebäude hat modellhaften Charakter, und somit zeigt Tengelmann auch der Konkurrenz gerne, was möglich ist.
Im Zentrum des Interesses der Supermarktbetreiber auf der
Suche nach Sparpotenzial beim Energieverbrauch stehen neben
­Beleuchtung und Lüftung vor allem die Kühl- und Gefriergeräte. Denn
mit rund 65 Prozent des Gesamtstromverbrauchs sind sie echte Energievertilger. Dies birgt großes Sparpotenzial durch verschiedenste
Maßnahmen. «Wir haben in Oberglatt eine Integralanlage eingebaut»,
sagt Sören Hofmann von Lidl, «damit können gewerbliche Kälteanlage
03/11 _ REHAU Unlimited 23
REHAU _ Commercial Cooling
Das trägt REHAU dazu bei:
65 Prozent der Energiekosten eines Supermarktes
entstehen bei der Kälteerzeugung. Steigende Stromkosten
und gewachsenes Umweltbewusstsein haben dazu geführt,
dass viele Supermärkte großes Sparpotenzial bei
der Kälteversorgung sehen. REHAU Technik in den
Kühl- und Gefriertruhen verhilft dabei zur Energieoptimierung im Verbrauch.
>
Folgende REHAU Entwicklungen sind in
Kühlgeräte integriert:
Gefriertruhen bei Lidl:
auf Energieeffizienz getrimmt.
und Klimaanlage miteinander kombiniert werden.» Der Vorteil: Mit der
Abwärme der Kühlgeräte wird die Filiale im Winter geheizt und damit
können Heizkosten gespart werden. Gleichzeitig muss der Verkaufsraum aber auch im Sommer weniger gekühlt werden.
Unterstützt werden die Lebensmittelhändler in ihren Bemühungen von den Kühlgeräteproduzenten. Diese haben in den
letzten Jahren in die Weiterentwicklung besonders sparsamer Geräte investiert, in Maßnahmen, die den Stromverbrauch senken.
«Sie wirken auf den ersten Blick einfach», sagt Peter Behr, Inhaber
des gleichnamigen dänischen Unternehmens, das auf die Entwicklung und Herstellung von Glasabdecksystemen spezialisiert ist,
«aber es steckt viel technisches Know-how dahinter.» Türen und
Abdeckungen nehmen eine Schlüsselposition ein, denn offene
Kühl- und Gefriergeräte verbrauchen sinnlos Energie, die anschließend wieder teuer produziert werden muss. Und: Geschlossene Systeme verbessern die Lebensmittelqualität, weil sie dazu beitragen, die Bakterienbildung merklich zu verringern.
Behr hat nun eine spezielle Glasabdeckung für Truhen entwickelt, die sich von beiden Seiten gleichzeitig öffnen lässt und daher
besonders kundenfreundlich ist. Nahezu barrierefrei kann der Käufer
auf die gut sichtbar gelegene Gefrierproduktpalette zugreifen. Wie alle
anderen Hersteller kommerzieller Kühlgeräte achtet auch der dänische
Produzent auf qualitativ hochwertige Rahmen- und Dichtsysteme.
Aktuell rüsten viele Supermärkte nach und bauen Glasabdeckungen dort ein, wo vorher offene Truhen und Kühlgeräte ­waren.
«Ich bin davon überzeugt», sagt Behr, «dass Glasabdecksysteme für
Kühl- und Gefriergeräte schon bald zum Standard-Equipment eines
jeden Supermarktes gehören werden.» <
24 Rehau Unlimited _ 03/11
Rahmen- und Dichtsysteme
Hocheffiziente Dichtungssysteme aus polymeren Werk­stoffen
zum Einfassen von Glasabdeckungen verhindern durch eine
optimale Abdichtung ein Entweichen der kalten Luft. Sie
ermöglichen ein optimales Gleiten der Abdeckungen und
sorgen für eine Minimierung von Kondensation und Vereisung.
LOW-E-Türsystem
Gefrierschranktüren müssen zur Vermeidung von
Tauwasser und Eisbildung auf Scheibe und Metallrahmen
beheizt werden. Um das zu vermeiden, wurde von REHAU
und führenden Glasherstellern die Low-E-Tür entwickelt.
Durch ein besonderes Rahmen-Türsystem mit Profiloptimierung und durch die Verwendung eines Spezialglases
beschlägt die Tür nach dem Öffnen nicht mehr.
Der Einsatz von LOW-E-Türen spart 2000 kWh Strom
pro Türe und Jahr. Bei Austausch aller sich am Markt in
Europa befindlichen Türen würde die Energieeinsparung
dem jährlichen Strombedarf einer mittleren Stadt von
250.000 Einwohnern entsprechen.
Rahmen- und Dichtsysteme:
LOW-E-Türsystem:
REHAU _ Kompetenz 01
«Herr Dr. Rhönisch, wie führt
Materialkompetenz zu Energieeffizienz?»
Text
Katy Hahn
FOTO
Christian Grund
Name: Dr. Thomas Rhönisch
Alter: 51 Jahre
Wohnort: Hof
Ausbildung: Diplom-Chemiker
Bei REHAU seit: September 1991
Funktion: Head R+D Material REHAU Gruppe
Sie arbeiten seit 20 Jahren als Chemiker
bei REHAU. Hat sich der Umgang mit Erdöl als
Grundmaterial von Polymeren verändert?
Natürlich. Heute hat die Verantwortung gegenüber dieser Ressource Priorität. Man schätzt,
dass sie in etwa 50 Jahren zu Ende gehen wird.
Der Peak Oil liegt hinter uns. Das heißt, die
Fördermenge hat ihr Maximum erreicht, aber der
weltweite Bedarf an Erdöl steigt kontinuierlich
an. Das führt zu einem Ungleichgewicht.
Wie wirkt sich das aus?
Der Preisdruck wird steigen, Erdöl immer teurer
werden. Dieser Prozess ist nicht aufzuhalten.
Polymere sind, wie Sie selbst gesagt haben, in
Form gebrachtes Erdöl. Wie begegnet nun ein
Polymerspezialist wie REHAU dieser Situation?
Wir sind davon überzeugt, dass es sinnvoller ist,
das Material klug zu verarbeiten, als es zu
verheizen oder als Treibstoff zu benutzen. Es
sind nur sechs Prozent des weltweiten Erdölver­
brauchs, die in die chemische, pharmazeutische
und in die Kunststoffindustrie gehen. Der Löwen­
anteil aber verraucht im Schornstein oder Aus­
puff. In puncto Nachhaltigkeit muss sich die
Kunststoffbranche nicht verstecken. Im Gegenteil.
Wir leisten mit unseren Produkten einen wichtigen
Werkstofffachmann:
Thomas Rhönisch.
03/11 _ REHAU Unlimited 25
REHAU _ Kompetenz 01
Beitrag zur Energieeinsparung, aber auch zur Emissionsreduzierung.
Sei es beim Autobau, indem wir dazu beitragen, dass etwa unsere
Stoßfänger und weitere Polymerbauteile das Gesamtgewicht des
Autos verringern, oder in der Baubranche.
erfolgreich bei RELAZZO, unserem Terrassensystem. Hier sind
dem Polymer 50 Prozent zertifizierte Holzfasern aus nachhaltiger
Forstwirtschaft und mineralische Werkstoffe beigemischt. Erdöl
wird eingespart, die Umwelt geschont.
Erklären Sie uns das bitte genauer …
Wir haben zum Beispiel im eigenen Haus das Fensterprofilsystem
GENEO entwickelt, bei dem wir den Stahlkern durch einen
Glasfaserverbundwerkstoff ersetzt haben. Das heißt: Wir sparen
den Stahl ein, der allein bei der Herstellung viel Energie frisst,
ersetzen ihn durch ein hoch innovatives Material und tragen
durch die herausragende Qualität des Produktes maßgeblich
zur Wärmedämmung eines Gebäudes bei.
Das gewinnt zunehmend an Bedeutung. Worin sehen
Sie das größte Potenzial?
Ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung ist das Recycling.
Wir waren im Übrigen schon in den 80er-Jahren eines der ersten
Unternehmen, das ausgediente Fensterprofile und Beschnittreste
dem Produktionsprozess wieder zugeführt hat. Recycling, davon
bin ich überzeugt, wird an Bedeutung zunehmen. Für unsere
Produktlösungen steckt im Vergleich zu anderen Materialien in
diesem Thema großes Potenzial – mittel- und langfristig.
Unser freiwilliges Engagement geht bereits heute weit über
bestehende Vereinbarungen hinaus.
Ein Paradebeispiel für intelligente Werkstofflösungen also …
Ja, GENEO ist ein Highlight, weil es zeigt, wozu intelligente
Materialentwicklungen heute fähig sind. Wenn man einen
herkömmlichen Werkstoff durch einen anderen, etwa einen
leichteren, aber stabileren, substituieren kann, dann lässt sich
damit auch die Ökobilanz eines Produktes massiv verbessern.
Die Werkstoffe von heute sind einem ständigen Wandel
unterzogen. In welche Richtung geht die Forschung derzeit?
Wir arbeiten intensiv am Thema Biopolymere. Das heißt
an Materialien, bei denen Erdöl durch Bioöle ersetzt wird,
beispielsweise durch Rizinusöl.
Rizinusöl? Das weckt bei den meisten Menschen schlechte
Erinnerungen. Wie kommt das in die chemische Industrie?
Heute schätzt man das Öl der Rizinuspflanze als Rohstoff.
Denn im Gegensatz zu anderen Bioölen, etwa dem aus Soja oder
Raps, nimmt die Rizinuspflanze kein wertvolles Kulturland weg.
Sie ist sehr genügsam und wächst auf kargen Wüstenböden in
Pakistan, China oder Indien. Dort, wo in der Regel nichts gedeiht.
Inzwischen ist sie zum regelrechten Wirtschaftsfaktor geworden.
Wieso kann man nicht gleich gänzlich auf solche
natürlichen Ressourcen umsteigen?
Da stecken viele Komponenten dahinter. Biopolymere haben nicht
immer dieselbe Qualität wie die aus Erdöl hergestellten Polymere.
Es braucht noch Entwicklungsarbeit. Auch beim Einsatz von
Biopolymeren muss die Ökoeffizienz über den gesamten
Lebenszyklus betrachtet werden. Zudem ist der Kostenfaktor im
Moment noch zu hoch. Aber irgendwann, wenn das Erdöl immer
teurer wird, wird sich auch der Preisunterschied zwischen Bioöl
und Erdöl mehr und mehr verringern.
Gibt es Alternativen?
Biopolymere eignen sich nicht für jede Anwendung. Aber man
kann Biomaterialien beimischen. Das tun wir bereits sehr
26 Rehau Unlimited _ 03/11
Und doch wird der Druck seitens der Politik immer spürbarer …
Nicht nur. Auch seitens der Kunden und der Endverbraucher.
Umweltschonende, energieeffiziente, nachhaltige Produkte sind
gefragter denn je. Das setzt sich im Recycling fort.
Früher hieß es Rezyklate seien minderwertig.
Das hat sich glücklicherweise geändert. Heute kann man mit
recyceltem Material die C02-Bilanz eines Produktes enorm
verbessern und damit einen positiven Beitrag zur sogenannten
Environmental Product Declaration leisten. Stellen Sie sich das
so vor: Thermoplastische Materialien werden erhitzt und dann
in Form gebracht. Das ist ein immer wieder durchzuführender
Prozess. Das heißt, man kann altes Material erneut verwenden,
also recyceln. Neu ist, dass wir ganz gezielt Materialien verwenden und entwickeln, die wieder nutzbar gemacht werden können.
Da spricht der Chemiker! Aber lässt sich denn
jedes Produkt recyceln?
Nein, sicher nicht. Bei Kantenbändern zum Beispiel geht das
nur aus den Abfällen, die beim Zuschneiden entstehen. Sind sie
einmal auf Holz aufgezogen, wäre es schlicht zu aufwändig,
sie wieder von der Platte zu entfernen.
Sinnvoll und bewusst recyceln – spornt Sie das als
Materialexperte privat umso mehr an?
Natürlich bin ich sensibilisiert angesichts der Knappheit fossiler
Ressourcen. Ja, ich recycle bewusst. Und ja, ich ertappe mich
auch dabei, dass ich mir über den Lebenszyklus manch unsinniger Verpackungen Gedanken mache. Denn es ist doch Wahnsinn,
dass heute pro Jahr fünf Millionen Tonnen Plastikabfall aus
Europa nach Asien transportiert werden. Dort wird er recycelt und
weiterverwendet. Das sind im Endeffekt fünf Millionen Tonnen
Erdöl, das muss man sich vor Augen halten! <
REHAU _ Kompetenz 02
Profilierte Fensterrahmen
GENEO, die neue Generation von Fensterprofilen, revolutioniert die Wärmedämmung
beim Gebäudebau.
Die Wärmebildkamera entlarvt alles: Auf einer Aufnahme zeigt das
leuchtende Rot deutlich, wo die meiste Wärme austritt. Bei alten
Gebäuden sind das neben dem Dach vor allem die Fenster- und Fassadenfronten. Um Häuser energieeffizienter zu machen, spezialisiert
sich REHAU seit 50 Jahren auf die Entwicklung besonders wärme­
dämmender Fensterprofilsysteme. Mit GENEO, der jüngsten Genera­
tion, ist dem Kunststoffexperten eine Punktlandung gelungen. Es
verspricht dank einer besonderen Bau­weise maximale Energieeinsparungen durch optimale Dämmung, bei der der Energieverlust
gegenüber herkömmlichen Fenstern der 80er-Jahre um bis zu 76
Prozent gesenkt werden kann.
Weiterer Pluspunkt: Anstatt wie bei herkömmlichen Pro­
filen den Kern durch Stahl zu fixieren, wird bei Geneo der neue Fa­
serverbundwerkstoff RAU-FIPRO eingesetzt. Dieser bietet auf allen
Ebenen Vorteile: Es lassen sich nicht nur hervorragende Wärme­
dämmwerte realisieren, das Profilsystem ist durch sein geringeres
Gewicht leichter einzubauen, ermöglicht guten Schall- und Ein­
bruchschutz und ist in allen Varianten witterungsbeständig, re­
sistent gegen Umwelteinflüsse und hoch lichtecht. Die schlanken
Profilansichten sorgen für großzügige Glasflächen, so dass durch
das einfallende Sonnenlicht beachtliche solare Energiegewinne
erzielt werden können.
Wärmebildaufnahme:
Schlecht isolierte Fenster- und
Fassadenfronten sorgen für
hohe Wärme-/Energieverluste
GENEO Fenstersysteme:
–hervorragende Stabilität
–perfektionierte Profilkonstruktion
–integriertes Verstärkungssystem (IVS)
–optimaler Lichteinfall
–verringerter Schließdruck
–umweltfreundlich, da recycelbar
Projekt: 28b, Hafenliebe
Grundstücksgröße: 1900 m2 Größe des Projekts: circa 7300 m2 BGF
Standort: Quartier Sandtorpark/Grasbrook
Bauherr: Baugemeinschaft Hafenliebe GbR,
c/o Architekturbüro Neitmann, StadtLandFluss
Entwicklungsgesellschaft GmbH
Nutzung: circa 6670 m2 BGF Wohnen, 630 m2 BGF Gastronomie, Einzelhandel,
Praxisflächen
Nutzer: Wagener Raumausstattung,
Feinkost «Die Theke», Betten «Hästens Store»,
Designteppiche «Carpetti»,
Damenmoden «Lola»,
Eiscafé «Antonio Castrovinci»
Architekten: Architekturbüro Neitmann;
unter Einbezug eines Entwurfs für Haus C
von Schenk/Waiblinger, Hamburg
03/11 _ REHAU Unlimited 27
Projekt: Sanierung REHAU Headquarter Südosteuropa
Bürofläche: 1800 m²
Mitarbeiter: 80 Arbeitsplätze
Architekt: Architekturbüro Kampits & Gamerith
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Vorbildcharakter
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Der REHAU Standort Guntramsdorf südlich von Wien, Sitz des Headquarters
für Südosteuropa, des Vertriebs Bau in Österreich und der internationalen
Akademie, wurde in nur zehn Monaten nach allen Regeln moderner Architektur
und Energieeffizienz saniert. Nach Niedrigenergiehaus-Standard entstand
hier ein Gebäude mit Vorbildcharakter.
Das Gesamtkonzept, in das REHAU in den vergangenen Monaten mit viel
Akribie seine geballte Kompetenz in Sachen Gebäudetechnik, Hochund Tiefbau sowie Büromöblierung einfließen ließ, geht auf:
Das Ergebnis ist in vielerlei Hinsicht ein Highlight geworden,
nicht nur für die dort wirkenden Mitarbeiter, sondern auch für die Kunden. Erstere genießen nun auf 1800 Quadratmetern eine modern möblierte Bürowelt, in der die REHAU eigenen funktionalen und schall­
dämmenden Schrankrollladen und Möbelfronten eingebaut wurden.
Zusätzlich laden großzügige Aufenthaltsräume sowie ein Teich, ein
Volley­ballfeld und eine Terrasse zum Verweilen ein. Auch für die REHAU
Kunden ist die Sanierung ein Gewinn. Denn der Polymerspezialist hat
sein ganzes technisches Know-how verarbeitet und kann nun den
Gästen vor Ort anschaulich demonstrieren, wie viel Energieeffizienz in
REHAU Systemlösungen steckt. Darauf wird es künftig verstärkt ankommen: Der Sanierungsbedarf von Gebäuden aus der Nachkriegszeit,
die für über die Hälfte des CO2-Ausstoßes verantwortlich gemacht
werden, ist europaweit enorm. Hier liegt der Schlüssel, um Energieund Klimaprobleme in den Griff zu bekommen.
REHAU _ Kompetenz 03
Energiemonitoring
Mit Spannung erwartet werden die Ergebnisse des zusammen mit
der Technischen Universität Braunschweig entwickelten zweijährigen
Langzeitmonitorings, das der detaillierteren Analyse des Energie- und
Wasserverbrauchs dient, bei dem aber auch Raumtemperaturen und die
relative Feuchtigkeit gemessen und energetisch bewertet werden.
Insbesondere Art und Aufbau der Gebäudehülle, Heizung und Lüftung
sowie die Nutzung der jeweiligen Räume stehen auf dem Prüfstand.
Insgesamt sind etwa 80 Messpunkte im und rund um das Gebäude
installiert. Ziel ist es, die Energieeffizienz nachvollziehbar zu bewerten.
Dabei spielt selbst das Klima außerhalb des Gebäudes eine Rolle.
Neu an dieser Art des Energiemonitorings: Es wird nicht nur ermittelt, in
welchem Maß sich die Sanierung auf den Energiever­brauch auswirkt,
sondern regelmäßige Befragungen unter den Mitarbeitern lassen auch
Rückschlüsse auf den Nutzerkomfort zu.
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Verbaute REHAU Systemlösungen:
01 Freiflächenheizung
02 Solardach
03 RAUSIKKO BOX Versickersystem
04 RELAZZO Terrassensystem
05 RAUVISIO Oberflächenprogramm
06 RAUTITAN Hausinstallationssystem
07 Flächenheizung/-kühlung
08 RAUKANTEX designo Kantenlösung
09 RAUVOLET Schrankrollladensystem
10 Akustikkühldecke
11 AWADUKT Thermo
Luft-Erdwärmetauscher
12 RAUVITHERM Nahwärmeversorgung
13 GENEO Fensterprofilsystem
14 GENEO Hebeschiebetür
15 Sole/Wasser-Wärmepumpen
16 RAUGEO PE-Xa Erdwärmesonde
17 RAUGEO Verteilerschacht
03/11 _ REHAU Unlimited 29
REHAU _ Kompetenz 04
38° Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von bis
zu 90 Prozent: In Indiens Bürogebäuden
geht es nicht ohne Klimaanlagen. Doch diese
sind Energiefresser und das Stromnetz
des Landes ist alles andere als zuverlässig.
REHAU Gebäudetechniksysteme tragen zur
Lösung der Probleme bei.
Stromausfall bei einem IT-Unternehmen? Warme, feuchte Luft in den
Büros? Das IT-Unternehmen Infosys, ein Pionier dieser Branche mit
heute rund 130.000 Mitarbeitern, investiert an den indischen Stand­
orten Hyderabad, Pune, Bangalore und Mysore in riesige neue Büro­
komplexe für seine stetig wachsende Anzahl von Mitarbeitern. Das
Spezielle dieser Bauten: Gebäudetechnik und Klimasysteme müssen besonders ausfallsicher und energieeffizient sein.
Vor allem beeindruckend ist das Büro- und Verwaltungs­
gebäude von Infosys in Hyderabad, in dem nach Abschluss aller Bau­
maßnahmen bis zu 30.000 Mitarbeiter untergebracht sein sollen.
Im ersten Schritt ist ein Gebäudeteil mit zwei baugleichen Trakten
entstanden, in denen verschiedene Kühltechniken zum Einsatz kom­
men. Der eine Flügel ist mit einer konventionellen Vollklimaanlage
ausgestattet, im anderen ist eine Kombination von Flächenküh­
lungssystemen, die sogenannte Betonkerntemperierung, mit einer
kleinen unterstützenden Klimaanlage verbaut. Beide Varianten
werden hinsichtlich der Energieeffizienz und des thermischen Kom­
forts gegenübergestellt und bewertet. Die Verantwortlichen wollen
so vor allem den Stromverbrauch beider Systeme im Hinblick auf
den Bau weiterer Bürokomplexe ausloten.
Die verwendete Betonkerntemperierung von REHAU
erweist sich als besonders erfolgversprechend. Dank der Vor­
lauf­tem­peraturen des Systems von ca. 17° Celsius erzielen die
Kälte­maschi­nen einen deutlich höheren Wirkungsgrad. Der Ener­
giever­brauch konnte durch den Einsatz der REHAU Beton­kern­
temper­ierung im Vergleich zum konventionell ausgestatteten
Teil des Ge­bäudes um 35 Pro­zent gesenkt werden.
Das Projekt, in dem beide Systemtechnologien gegeneinander antreten, ist auf ein Jahr ausgelegt. Die Ergebnisse sollen
2012 der Öffentlichkeit auf der weltweit größten IT-Plattform, im
Internet, präsentiert werden. Damit will Infosys als umweltbewuss­
tes, energieeffizientes Unternehmen auch andere Großkonzerne
zur Verwendung neuartiger Kühltechnologien motivieren.
Indien 38°C
30 Rehau Unlimited _ 03/11
REHAU _ Kompetenz 05
Fliegengewicht
Eigengewicht, Innenausbau oder Gepäck:
Im Flugzeug zählt jedes Gramm.
Die steigenden Kerosinkosten tragen
ein Übriges dazu bei, dass in der Luftfahrtindustrie überall dort, wo es möglich ist,
Gewicht eingespart wird. Besonders leichte,
innovative Materialien, wie der von
REHAU speziell entwickelte Werkstoff
RAU-FLIGHT, sind gefragter denn je.
Sie reduzieren den Energiebedarf, tragen somit zur Wirtschaftlichkeit bei und leisten einen nachhaltigen, ökologischen Beitrag. Fortwährend beschäftigt sich REHAU mit den Möglichkeiten, die neue,
gewichtsreduzierte Materialien mit sich bringen. Jüngste Errungenschaft aus der Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Polymerspezialisten ist der Werkstoff RAU-FLIGHT.
Rund zwei Jahre hat REHAU an der Entwicklung dieses
außergewöhnlichen Stoffes gearbeitet. Neu an diesem Hoch­tem­
peratur-Thermoplast sind in das Material eingearbeitete Glas­
bubbles, mit Luft gefüllte, winzig kleine Glasbläschen, die die
RAU-FLIGHT Materialien um wenigstens zehn Prozent leichter
machen als konventionelle Thermoplaste. Der Werkstoff ist nicht
nur leichter, sondern lässt sich auch unkompliziert bearbeiten,
fräsen, lackieren oder kleben. Aufgrund dieser Eigenschaften kann
er problemlos für alle möglichen Bauteile in der Innenausstattung
der Kabine eingesetzt werden. Durch RAU-FLIGHT lassen sich beeindruckende Kostenreduktionen erzielen. So kann beispielsweise
bei einem Airbus A 320, würden nur 100 Kilogramm an bestehenden
Kunststoffteilen durch RAU-FLIGHT PPSU-Material ersetzt, eine
Gewichtsreduzierung von 12,6 Prozent erreicht werden. Das
entspricht pro Jahr 2000 Litern Kerosin, die eingespart werden
können. Damit trägt der neue Werkstoff zu energieeffizienterem,
günstigerem Fliegen bei.
Glasbubbles:
RAU-FLIGHT:
–Einlagerung von Glasbubbles
in die Polymermatrix
–300-fache Vergrößerung
–10 Prozent leichter als konventio­
nelles Thermoplast
–bessere Wirtschaftlichkeit
–höhere Energiebilanz
03/11 _ REHAU Unlimited 31
REHAU _ Standort
Fort Jackson
Das REHAU Werk Fort Jackson im südafrikanischen
East London liegt in der Provinz Ostkap, dort, wo der
Buffalo River und der Nahoon River in den Indischen
Ozean münden. 250 Kilometer westlich, ebenfalls
am Indischen Ozean, wurde vor knapp zwei Jahren in
Port Elizabeth ein zweites Werk erstellt. Weiterhin
unterhält REHAU in Südafrika vier Verkaufsbüros in
Durban, Kapstadt, Johannesburg und East London.
Koordinaten:
Werkgründung: 1989
Mitarbeiter: 241
Werkfläche: 18.400 m2
Produktion: Kunststoff-Extrusion,
Kunststoff-Spritzguss, Industriewaren,
Bauelemente, Autoteile, Montagen
Koordinaten: 33° 1’ S, 27° 54’ O
Zeitzone: UTC+2 = MEZ
Einwohner: 456.394
Sprache: Englisch
Kontakt: www.rehau.co.za
32 Rehau Unlimited _ 03/11
REHAU _ Standort
Johannesburg
Durban
Fort Jackson
East London
Kapstadt
Port Elizabeth
03/11 _ REHAU Unlimited 33
34 Rehau Unlimited _ 03/11
REHAU _ Interview
«Wenn Europäer an die USA denken,
sehen sie energiefressende Klimaanlagen.»
Text
René Lüchinger
Fotos
Andrew Geiger
>
Energieeffizientes Bauen ist Neuland in den USA. Planung und
Durchführung des Ecosmart-Hauses in Bozeman ist daher für
Terry Beaubois, Architekt und Professor an der Montana State
University, ein Vorzeigeprojekt.
>
Terry Beaubois, Sie sind Direktor des Creative Research Lab
(CRLab) am College of Arts & Architecture der Montana State
University in Bozeman, USA und federführend involviert im
Ecosmart-Projekt, bei dem auch REHAU engagiert ist.
Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was ist das Ziel?
Am Anfang stand die Idee, zusammen mit dem CRLab der
Montata State University ein nachhaltiges, energieeffizientes und
behindertengerechtes Hausprojekt auszuarbeiten. In Bozeman,
Montana, fanden wir ein geeignetes Stück Land und mit REHAU
den perfekten Partner für die Technik. So wurde das Projekt
Ecosmart-Haus geboren. Unser zentrales Ziel war dabei die
Energieeffizienz auf allen Stufen.
>
Wozu braucht es dafür die Forschung?
Ecosmart ist ein Pilotprojekt, bei dem es darum geht, zu erkennen,
wie die verschiedenen Systeme integriert werden können, um
eine Balance zwischen Energieverbrauch, Wohnkomfort und
Life-Cycle-Kosten zu finden. Dies unter Einhaltung sämtlicher
internationaler Baunormen. Dies erfordert zwingend einen
interdisziplinären Ansatz. Wir haben dabei von Anbeginn an drei
entscheidende Parameter definiert: Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und das, was Architekten «Universal Design» nennen.
>
Was versteht man unter Letzterem?
Dies benennt ein international anerkanntes Design-Konzept,
das sich mit «Design für alle» übersetzen ließe. Das Design
muss so konfiguriert sein, dass es Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten in unterschiedlichen Situationen anwenden
können und auch mit Unterstützungstechnologien wie Rollstühlen, Gehhilfen etc. verwendbar ist. Prinzipien, die zu erfüllen
sind, sind etwa breite Nutzbarkeit, Flexibilität und Einfachheit in
der Benutzung oder auch niedriger körperlicher Einsatz.
Terry Beaubois (61)
studierte Architektur an der Universität in Michigan und schloss 1973
mit dem Masters Degree ab. Von 1980 bis 1985 war er einer von vier
Partnern in einem 40-Mann-Architekturbüro in San Francisco. Nach 30
Jahren als praktizierender Architekt im Silicon Valley, in denen er auch
mit Computergrafik und Computeranimation arbeitete, wechselte er
als Professor an das Seminar für Kunst und Architektur der Montana
State University in Bozeman. Weil er zunächst seine Heimat Kalifornien
nicht verlassen wollte, gründete er einen virtuellen Klassenraum für
seine Studenten, das Creative Research Lab. Das «CRLab» verbindet
angewandte Forschung mit kreativen, multidisziplinären Projekten.
03/11 _ REHAU Unlimited 35
RehaU
Ecosmart-Haus:
Versuchsobjekt für zwei Jahre.
>
Was ist an dieser Dreifaltigkeit so revolutionär?
Das Revolutionäre liegt in der Kombination von allen dreien. Wir
von CRLab haben in diesem Zusammenhang eine internationale
Recherche gemacht und dabei festgestellt, dass die meiste
Literatur etwa zu Passivhäusern auf Deutsch erscheint, wo dieses
Thema offensichtlich schon stärker im öffentlichen Bewusstsein
ist. Daher übernahm einer unserer deutschen Forschungsstudenten die Koordination dieser Informationen. In Japan ist «Universial
Design» ein großes Thema. So konnten wir durch einen japanischen Studenten etwa diese beiden Informationen vernetzen.
>
In der Summe dieser Elemente liegt also der wirklich
neue Ansatz. Was heißt das für die Menschen,
die einst in Häusern wie Ecosmart wohnen werden?
Beginnen wir mit der Nachhaltigkeit, einem Begriff, der erstmals
1987 in einem Bericht der Weltkommission für Umwelt und
Entwicklung aufgetaucht ist. Zunächst umschreibt dieser ja nichts
anderes, als dass etwas «lange halten» soll. Materialien, die
verbaut sind, Systeme, die in einem Haus eingebaut sind, sollen
also lange halten. Inzwischen hat sich die Bedeutung des Begriffs
ausgeweitet. Die Idee der Nachhaltigkeit erstreckt sich heute
auch darauf, dass alternative oder regenerierbare Energieträger
und nachwachsende oder zumindest recycelbare Baumaterialien
verwendet werden sollen. Bei Energieeffizienz geht es um einen
technischen Standard von Systemen und Materialien, die einen
möglichst effizienten Einsatz von alternativen und auch fossilen
Energieträgern ermöglichen. Die Bewohner eines EcosmartHauses wohnen also in einer Umgebung, in der ihre Wohnbedürfnisse wie angenehmes Raumklima, Kalt-/Warmwasser- und
Heizsysteme auf umweltschonende, dem modernsten Stand der
Technik entsprechende Art und Weise erfüllt sind.
36 Rehau Unlimited _ 03/11
>
Einigermaßen erstaunlich, dass dies ausgerechnet in den
USA geschieht, einem Land, das in Fragen der Nachhaltigkeit
und Energieeffizienz nicht gerade als Avantgarde gilt.
Ich weiß. Obwohl die Vereinigten Staaten in Sachen Energieverbrauch große Fortschritte machen, assoziieren einige
­umweltbewusste Europäer die USA wahrscheinlich immer noch
mit energiefressenden Heizungen und Klimaanlagen.
>
Sie betreten in den USA also Neuland?
Das kann man so sehen. Ein Beispiel: Als eines der ersten Häuser
in Montana wird Ecosmart mit einem sogenannten «Smart Meter»
ausgestattet, der in Zusammenarbeit mit der lokalen Energiegesellschaft North Western Energy installiert wird. Darunter
versteht man einen «intelligenten» Stromzähler, der jederzeit
den tatsächlichen Verbrauch wie auch die Nutzungszeit anzeigt
und diese Daten automatisch an das Energieunternehmen und
den Hauseigentümer übermittelt. Das ist Hightech – und dem
Hauseigentümer wird bewusst, wie viel Energie er verbraucht.
>
In den USA hat Energieplanung aber noch keine Tradition?
Doch, eigentlich schon. Programme wie LEED und andere
machen bereits große Fortschritte. Aber wir könnten das, was
hier in den USA getan wird, durchaus besser kommunizieren. Ich
habe bei­spielsweise schon 1985 an einem Projekt für die NASA
gearbeitet, bei dem es um die Frage ging, wie Technologien der
Raumfahrt auf die Gebäudetechnik übertragen werden könnten.
Denken Sie nur daran, wie die Fenster eines Space Shuttles oder
einer Apollo-Raumfähre gestaltet sein müssen, um die enormen
Temperaturunterschiede zu bewältigen. Solche Fragen beschäftigen uns ja auch in der Gebäudetechnik.
REHAU _ Interview
«Das Ecosmart-Haus ist
für uns zunächst einmal
ein Forschungslabor.»
>
Gebäudetechnik und Ecosmart:
Was ist dort der Stand der Technik, die da eingebaut wird?
Ecosmart wird mit der modernsten Technik ausgerüstet, die
verfügbar ist. Dazu gehören etwa geothermischer Wärmeaustausch, Solarzellen, Photovoltaik, web-basierte Klimakontrolle
oder auch ein Telemedizin-Kommunikationszentrum. Letzteres
wird den Bewohnern schließlich erlauben, mit Pflegepersonal
oder Ärzten im örtlichen Krankenhaus in Kontakt zu treten, auch
wenn sie diese nicht mehr persönlich aufsuchen können.
>
Und ein so bestücktes Ecosmart wird dann
zum Prototyp für einen Rollout dieses neuen Haustyps?
So weit sind wir noch lange nicht. Ecosmart ist für uns zunächst
einmal ein Forschungslabor. Das Haus wird nach der Fertigstellung im Dezember 2011 noch für etwa zwei Jahre unbewohnt
bleiben. In dieser Zeit testen wir sämtliche technischen Systeme.
Um optimale Forschungsergebnisse zu erhalten, haben wir auch
redundante Systeme eingebaut. Beispielsweise wurde ein
Belüftungssystem unter dem Haus installiert, ein zweites außer­
halb des Gebäudes. So können wir zwischen beiden Systemen
hin und her wechseln und ihre Leistung am selben Tag und unter
denselben Verhältnissen vergleichen. Wir erhalten dann optimale
Vergleichszahlen, die es uns erlauben, Rückschlüsse auf einen
optimalen Standort zu ziehen.
>
Keine Vision also, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
endlose Reihen von Ecosmart-Häusern zu pflanzen?
Nein, das Projekt ist vielmehr ein Forschungslabor als ein
Haus, das nachgebaut werden kann. Aber die aus dem Projekt
gewonnenen Forschungsergebnisse werden wichtige Infor­
mationen für den Bau verschiedenster weiterer Häuser liefern.
Albert Einstein hat einmal sinngemäß gesagt: «Wenn wir
wüssten, was wir tun müssen, müssten wir das, was wir tun,
nicht Forschung nennen.» Und dieses Projekt ist definitiv ein
großartiges Forschungsexperiment. <
Das trägt REHAU dazu bei:
Unterstützt von REHAU und ausgeführt vom Creative
Research Lab (CRLab) der Montana State University
in Bozeman (USA) wurde das Ecosmart-Haus geplant
und gebaut.
REHAU Montana Ecosmart-Haus
Das Passivhaus ist in den USA ein Vorzeigeprojekt, an dem
sich nicht nur der Architekt Bill Hoy, der zusammen mit
seiner Familie in zwei Jahren das Gebäude bewohnen wird,
sondern auch angehende Ingenieure und Architekten
der Montana State University beteiligt haben.
Für Professor Terry Beaubois, der das CRLab leitet, und
seine Studenten ist das Ecosmart-Haus in jeder Hinsicht
ein Glücksfall. Denn es ist das erste Mal, dass amerikanische Studenten in ein nachhaltiges Bauprojekt, das
später auch wirklich bewohnt werden soll, involviert sind.
Aufgabe der Studierenden ist es, unter anderem eine
Studie zu erstellen, bei der die klimatischen Bedingungen,
unter denen das Haus funktionieren muss, ausgetestet
werden. Sie wollen beweisen, dass ein Passivhaus auch
in einer im Winter extrem kalten Region wie Montana
einwandfrei funktioniert.
Das Dreijahresprojekt ist in vielerlei Hinsicht außerge­
wöhnlich. Es ist nicht nur als Passivhaus geplant und hat
damit keinen C02-Ausstoß, im Haus verbaut sind auch
gebäudetechnische Komponenten und Systeme von
REHAU: wärmegedämmte Fenster und Türrahmen zum
Beispiel, Geo- und Solarthermie bei Heizung und Kühlung,
Wärme­pumpen und Flächenheizung.
www.montanaecosmart.com
03/11 _ REHAU Unlimited 37
REHAU _ Zahlen
Seit 2008 hat REHAU über
10.000.000 Meter
GENEO Fensterprofile
produziert.*
* Bis zu 76 % weniger Energieverlust gegenüber
herkömmlichen Fensterprofilen der 80er-Jahre.
REHAU _ Weltkarte
Stand 1.10.2011
REHAU Standorte:
ARGENTINIEN
Buenos Aires
Rosario
AUSTRALIEN
Adelaide
Brisbane
Melbourne
Perth
Sydney
BELGIEN
Brüssel
BOSNIEN und
HERZEGOWINA
Sarajevo
BRASILIEN
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São Paulo
BULGARIEN
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Prag
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03/11 _ REHAU Unlimited 39