Juli/August 2010
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Juli/August 2010
€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 taschen l l an.schläge das feministische monatsmagazin. juli august 2010 Falls ihr die an sc hläge-Superheldin bei ihrer Stra könnt ihr die ndverkaufsto neuen Tasch ur verpasst h en auch bei u 1cm mit 30c abt, ns bestellen! m langen He nkeln, dunke llila mit weiße 5 Euro zzgl. V m Aufdruck (s e rs a ndkosten .Bild) Bestellungen an: redaktion @anschlaege.at Tasche: 38x4 Happy Birthday, Ladyfest! Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10 Ruth Klüger Was Frauen schreiben Kriechend zum Mann werden Militarismus und Männlichkeit in der Türkei Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >> Österreichischer Frauenbericht 2010 >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr an.schläge Nr. 7-8/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M Selbstständig Unselbstständig Erwerbslos Infobroschüre für KünstlerInnen und andere prekär Tätige www.kulturrat.at Der Kampf ums Gewicht Körper & Gewicht im Spannungsfeld von Wirtschaftsinteressen, Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil 28. September 2010 9-18 Uhr Wiener Rathaus Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at 17. aktualisierte Auflage: Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folge Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften ( Antirassistische Initiative e.V. – Dokumentationsstelle Fon 030 – 617 40 440 Fax 030 – 617 40 101 [email protected] www.ari-berlin.org FRAUENHOTEL artemisia BERLIN Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- Euro. Brandenburgische Str. 18, 10707 Berlin, T 0049 30 8738905 [email protected], www.frauenhotel-berlin.de an.schläge Politik an.riss politik >>> 06 Risiken und Nebenwirkungen Das Wissen über hormonelle Verhütung ist noch immer unzureichend >>> 08 >>> 10 Lust in kleinen Dosen Wen hat die Antibabypille eigentlich befreit? Saubere Kleidung im Stundenplan Interview: Gewerkschafterin Beauty N. Zibula spricht über die Textilbranche in Südafrika >>> 12 an.riss international >>> 14 Thema: Ladyfeste Some Grrrls are Ladies Ein Reisebericht vom ersten Ladyfest in Olympia, Washington, 2000 >>> 17 Von der Lady zur Lady* München 2010: Hat Lady*fest neuerdings ein Label-Problem? >>> 19 Guerilla-Strategie: Lady Interview: Melanie Groß reflektiert die Entwicklung der Ladyfest-Bewegung in Deutschland >>> 20 Ladyspace: Aktiv Räume schaffen Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste Ladyfest hits Europe >>> 21 >>> 22 >>> 23 Gesellschaft an.riss arbeit wissenschaft >>> 26 Fakten zertrümmern Mythen Der österreichische Frauenbericht 2010 demontiert Scheinargumente gegen Frauenförderung >>> 28 Kriechend zum Mann werden Interview: Pınar Selek hat das Männlichkeitslaboratorium Militär in der Türkei erforscht >>> 30 Kultur an.riss kultur >>> 32 Der Augenöffner Interview: Ruth Klüger liest und bespricht, „was Frauen schreiben” >>> 35 an.sage: Keep it wheel! sprechblase: Sager des Monats plusminus: USA vs. „Österreich” an.frage: Die Unbeirrbare medienmix: biberica, Journalistinnenbund & Radio Frauenzimmer an.sprüche: pro & pro Körperarbeit an.lesen: Ingeborg Bachmann, Gina Mayer, Therese Roth, Lena Correll, Alexandra Weiss/Verena Simetzberger, Leah C. Czollek u.a., Torsten Heinemann/Christine Resch an.klang: Ideale Stimmen in Hörbüchern an.sehen: United States of Tara an.künden: Termine & Tipps 05 06 06 07 15 25 38 41 42 43 Kolumnen >>> 34 Rubriken Die Farben der Freiheit „Women without Men” erzählt von der Emanzipation iranischer Frauen in den 1950ern neuland zeitausgleich heimspiel lebenslauf lesbennest bonustrack: clara luzia katzenpost zappho des monats 11 26 29 33 37 40 43 46 Impressum 24 editorial Für das aktuelle Heftcover gab’s diesmal ein eigenes Foto-Shooting: an.schläge’s next Topmodel hat nämlich die Muckis an den richtigen Stellen. Nicht nur Muskelkraft gekostet hat uns wiederum der lange vorbereitete Relaunch und seine Umsetzung, während sich gleichzeitig ein neues Koordinierenden-Team zusammenfinden musste. Erschöpft, aber glücklich haben wir bisher überwiegend positive Rückmeldungen erhalten und die konstruktive Kritik zur Kenntnis genommen. Anfang Juni feierten wir dann endlich die verdiente Relaunch-Party mit Leser_innen, Freund_innen und dem DJ-Kollektiv Quote. Wie immer liegt der aktuellen Sommer-Ausgabe der „Weiberdiwan” bei. Wir wünschen uns und euch, dass aus diesem Sommer auch wirklich noch einer wird, den wir alle schmökernd an Stränden, auf Wiesen oder in Wäldern verbringen können. Anfang September lesen wir uns wieder! an.schläge werden gefördert von: Feminist Superheroines Louise Joséphine Bourgeois (1911–2010), französischamerikanische Bildhauerin. Schon ihre ersten Skulpturen waren eine Flucht vor dem herrschsüchtigen Vater, eine ihrer berühmtesten Skulpturen ist „The Destruction of the Father“. Die Mutter war die Beschützerin, dargestellt in ihren riesigen Spinnenskulpturen („Maman“). Als Bildhauerin leistete sie Pionierarbeit und arrangierte Skulpturen als zusammenhängende Teile in einem räumlichen Kontext. Die teuerste Künstlerin der Gegenwart starb Ende Mai 98-jährig in New York. Illustration: Lina Walde leserinnenbriefe Betrifft: an.schläge-Relaunch Spät aber doch möchte ich euch zum neuen Format des Heftes gratulieren! Vor allem möchte ich euch dafür danken, dass das Papier nicht mehr jede Lichtquelle reflektiert und ich nun ohne Sonnenbrille die Beiträge lesen kann. Liebe Grüße, Daniela Jovanovic, Wien Betrifft: „Reif für die freie Liebe” in an.schläge 05/2010 Betrifft: „I love my muff” in an.schläge 06/2010 Vielen Dank für das Interview mit Elfriede Vavrik. Mir scheint, das Thema ist aber noch lange nicht zu Ende gedacht. Es fallen wichtige Stichworte, auch Kritik klingt an, doch insgesamt endet auch dieses Gespräch in einem oberflächlichen Freie-Liebe-Lob. Ohne Überlegung, was Freie Liebe bedeuten könnte oder – historisch gesehen – bedeuten sollte, als Emma Goldman dafür plädierte. Geradezu geschüttelt hat es mich bei der Annahme der Gesprächspartnerin, Vavrik habe „ein weises Buch” geschrieben. Da wäre die Überschrift „80 und kein bisschen weise” schon passender gewesen. Insgesamt hätte ich mir etwas fundierteres erwartet und nicht nur die Masche „Frau spricht frei über ihre sexuellen Bedürfnisse = prima!”. Danke für die vielen anregenden Beiträge, nicht zuletzt für den Artikel zur Burka-Debatte! Nur eines hat mich irritiert: Ausgerechnet in dem Artikel „I love my muff” wird das weibliche Genital mehrmals fehlbenannt. Die Scheide oder Vagina ist der eben nicht zu sehende Muskelschlauch, der zur Gebärmutter führt. Das äußere, sichtbare Genital ist die Vulva. In diesem Sinne bezeichnen sich die fröhlichen VaginaLadys leider auch fehl, was die Aussage eures Artikels nur bestätigt – dass frau sich nicht auskennt bzw. nicht auskennen soll. Undenkbar, dass Männer in der Konfusion erzogen würden, Hoden und Penis ständig zu verwechseln ... In diesem Sinne empfehle ich das wunderbare Buch „Vulva” von Mithu Sanyal: www.sanyal.de Herzlichen Gruß nach Wien, Heike Friauf, Berlin 04 l an.schläge Juli August 2010 Herzliche Grüße, Melanie Stitz, Duisburg (Wir Frauen - www.wirfrauen.de) an.sage Keep it wheel! Ein Kommentar von Vina Yun Ein Trend geht um: Fixies (kurz für „Fixed Gear”) und Singlespeeds sind das neue Lifestyle-Accessoire urbaner Biker_innen. Ohne technischen „Schnickschnack” (auch bekannt als Bremse, Licht und Gangschaltung) versprechen die neuen Bikes vor allem eines – Distinktion. Pur, authentisch und „straight forward” soll das Fahrerlebnis mit Fixie & Co. sein, die in den 1980ern in der Fahrradkurier-Szene New York Citys zum Kult erhoben wurden. Wie auch bei den „exzentrischen” metropolitanen Messengers schwingt bei den hippen Fahrrädern der Generation 2.0 ein Hauch Rebellion mit: Von der „Ein-Gang-Gang” ist in Medienberichten zur Fixomania die Rede, „wilder als die Polizei erlaubt” und „im täglichen Kampf durch den Asphaltdschungel”. Das klingt nicht nur nach ordentlich strammen Wadeln, sondern auch nach jeder Menge Männerschweiß. Nicht selten geriert sich männlicher BikeNerdism als Alternativkultur. Ein Schweizer Bike-Shop etwa definiert den Fixie-Coolness-Faktor mit den Worten: „Etwas für harte Mädels und Kerle. Und solche, die es werden wollen.” Übrigens: Olle Spandex-Radlerhosen und hässliche Kunststoffschüsseln am Kopf sind passé, seit einiger Zeit setzen Designer-Bike-Wear und -Helme auf die Kaufkraft von Bobos und Lohas. Vor zwei Jahren zerbrachen sich Studierende der Köln International School of Design darüber den Kopf, wie Fahrradhelme für Frauen aussehen könnten: Der gemeine „Helm zerstöre die Frisur, lasse sich schlecht mit der Kleidung kombinieren, verhunze die Gesichtszüge und sei schlecht fürs Make-up”, wurden die Ergebnisse ihrer – nicht repräsentativen – Umfrage in der „FAZ” zitiert. Ziemlich stereotyp mutet zunächst auch der Titel einer länderübergreifenden Studie an, die 2008 von der britischen Darlington Media Group initiiert wurde: „Beauty and the Bike”. Das Projekt untersuchte die Mobilitätskulturen von Mädchen und jungen Frauen in Bremen und Darlington und ihre soziokulturellen Implikationen: Wie bewegen sich Mädchen und Frauen durch die Stadt, und unter welchen Bedingungen ist Radfahren für sie attraktiv? Während die Bremerinnen das Fahrrad vor allem dazu nutzen, um ihre Wege zu erledigen, fahren die Mädchen in Darlington mit dem Bus, gehen zu Fuß oder sind auf ihre mit dem Auto fahrenden Eltern angewiesen. Einer der Gründe: Das Rad ist in Großbritannien weniger Teil der Alltags- und Freizeitkultur als beispielsweise in Deutschland und wird als reines (männliches) Sportgerät identifiziert. Radler_innen im Verkehrsalltag gelten als „Weirdos”. Gegenüber Autos muss mit entsprechend mehr Selbstbewusstsein aufgetreten werden, „nahezu machohaft”, wie es in der Projektbeschreibung heißt. Paradoxerweise lag in den Anfängen der modernen Fahrradkultur die Beteiligung von Frauen in Großbritannien wesentlich höher als in Deutschland. Als das Fahrrad Ende des 19. Jahrhunderts zum Massenprodukt wurde und hier wie dort immer mehr Frauen – entgegen allen Schicklichkeitsgeboten – auf’s Rad stiegen, wurde heftig um die „anständige Bekleidung” der Damenwelt gestritten, die zum Fahren Korsett und bodenlange Röcke ab- und stattdessen Hosen anlegten. „Das Bicycle hat zur Emanzipation der Frauen aus den höheren Gesellschaftsschichten mehr beigetragen als alle Bestrebungen der Frauenbewegung zusammengenommen”, konstatierte Rosa Mayreder zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Doch zurück zu „Beauty and the Bike”: „It’s the infrastructure, stupid!”, kommt die Studie zum Schluss. Die Entwicklung des Radverkehrs sei nämlich nicht nur an die im jeweiligen Land herrschende Verkehrskultur gebunden, sondern vor allem von konkreten lokalen Maßnahmen und Angeboten abhängig – und beginne schon bei der Planung und Gestaltung der Verkehrswege. Gendersensible Mobilitätserhebungen und Gender-Budgeting im Verkehrsbereich fordert hierzulande neben anderen auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Allein in Wien sind laut Statistiken 72 Prozent der Frauen mit Öffis, per Rad oder zu Fuß unterwegs (Männer: 59 Prozent). Indes entstehen – neben überteuerten stylishen Bike-Shops, Special-Interest-Medien und Großevents – immer mehr selbstorganisierte, aktivistische Zusammenschlüsse von Radfahrer_innen. Dyke-Bike-Gang, bitte kommen! l Juli August 2010 an.schläge l 05 an.riss politik antifeministen Achtzig stolze Väter Demonstration des Bündnisses „Good Night Daddy’s Pride” am 12. Juni 2010, Wien prekäre situation Drohender Hebammen-Notstand 3.689 Euro pro Jahr – so viel müssen Hebammen in Deutschland ab 1. Juli an Jahresprämien für die Haftpflichtversicherung zahlen. Im Vergleich dazu: 2007 waren es nur 1.218 Euro. Gleichzeitig stagnieren die Einnahmen, wodurch viele Hebammen in ihrer Existenz bedroht sind. Die freiberufliche Ausübung dieser Tätigkeit können sich viele kaum mehr leisten, daher gibt es in abgelegenen Gebieten bereits jetzt einen Mangel an Geburtshelfer_innen. Bei einem Treffen Ende Mai zwischen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und Martina Klenk, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes, konnte man sich nicht auf eine sofortige Lösung einigen. Rösler sagte jedoch Verhandlungen zu. Ab Juli ist eine Lösung auch dringend nötig, da dann bereits zehn Prozent der Geburtshäuser keine Geburten mehr betreuen können. Die Hebammen fordern höhere Löhne oder als Zwischenlösung einen Fonds zur Finanzierung der Haftpflichtprämie. trude www.hebammenverband.de, www.hebammen-protest.de Dich „ kriegen wir auch noch“ warnt uns der aktuelle Werbespot der Drogeriemarktkette BIPA, der unter dem Titel „Deadhead“ in TV und Web läuft. Gefesselt und geknebelt am Friseurstuhl bangt eine junge Frau um Kopf und Kragen. Das Rasiermesser wird gewetzt, eine scharfe Schere blitzt auf, Gemetzel. Cut. Eine Schönheitsprinzessin bewundert sich nach dem blutigen Make-over im Spiegel: Beauty ist ein Folterkeller. Nach Protesten wurde der Werbespot vorzeitig aus dem Programm genommen. viyu 06 l an.schläge Juli August 2010 Für den 12. Juni hatte die rechtskonservative Väterrechtsbewegung in Wien zu einer europaweiten Daddy’s Pride aufgerufen, an der sich schlussendlich ca. achtzig Väter beteiligten. Bereits in den vergangenen Jahren fanden sich in verschiedenen Städten Vertreter dieser zutiefst frauen- und auch kinderfeindlichen Gruppierungen zusammen, um als stolze Väter ihre antifeministischen Forderungen kundzutun. Dennoch stand die Väterbewegung bislang kaum im Fokus der Kritik (vgl. an.schläge 06/2010 und 10/2009). Auch das Bündnis „Good Night Daddy’s Pride”, das erstmals breit gegen „partiarchale Väter, Familienfundamentalisten und heterosexistische Zustände” mobilisiert hatte und bei der Gegendemonstration mit massiver Polizeirepression konfrontiert wurde (ein Aktivist befand sich zu Redaktionsschluss noch immer in Haft), fand nicht die erwünschte Unterstützung. Obwohl sich nur an die 100 Menschen an den Protesten beteiligten, war die Gegenmobilisierung dennoch ein wichtiger Schritt, um die Kritik voranzutreiben, da das Unwissen um die reaktionären Inhalte dieser Väter ihre eigentliche Gefahr darstellt. leela preisverleihung „Spitze Feder“ an Ina Freudenschuß Die diesjährigen Gewinnerinnen des Journalistinnenpreises „Spitze Feder” sind Ina Freudenschuß von diestandard.at und Tatjana Duffek von „News”. Der von Monika Vana, Wiener Grüne, gestiftete Preis würdigt die journalistischen Leistungen von Frauen und soll außerdem Mut machen, gegen den Meinungsmale- und -mainstream anzuschreiben. Die Jury wurde vom unabhängigen „Frauennetzwerk Medien” gebildet, das im Juni übrigens seinen zehnten Geburtstag feierte. Für Ina Freudenschuß entschied sich die Jury, weil sie „seit Jahren die Emanzipationsfahne hochhält”, Duffek schaffe es, „Hintergrundwissen gezielt einzusetzen und politisch Verantwortliche vor den Vorhang zu ziehen”. Wir gratulieren! pix/trude www.diestandard.at, www.frauennetzwerk.at plus Passabel (+) Blamabel (–) Seit Juni können transgender US-Bürger_innen ihren Reisepass im gelebten Geschlecht ausstellen lassen, ohne eine geschlechtsanpassende OP vorweisen zu müssen. Zukünftig reicht „nur” eine ärztliche Bestätigung, dass der_die Antragsteller_in eine entsprechende medizinische Behandlung für die „gender transition” erhalten hat. Mit dieser neuen Richtlinie folgt das US-Außenministerium den Empfehlungen der World Profes������� sional Association for Transgender Health (WPATH). viyu „Ihre große Chance auf eine GratisSchönheits-OP” verspricht die Tageszeitung „Österreich” in seiner jüngsten Werbekampagne (retuschiertes Nacktmodell inklusive). Ob ein „perfektes Gesicht”, „ideale Brüste”, ein „straffer Bauch” oder „schlanke Schenkeln” – „Österreich” verlost unter seinen Leserinnen (von männlichen Hängebäuchen freilich keine Rede) zehn maßgeschneiderte Schönheitsoperationen. Hässlich sexistische Boulevard-PR, die wir sicher nicht geschenkt wollen. viyu an.frage frauenfeuer Dreißig Jahre Frauenzentrum Linz Das autonome Frauenzentrum Linz feierte seinen dreißigsten Geburtstag Mitte Juni mit einem großen Frauen(freuden)feuer. Seit 1980 bietet der autonome Verein Frauen zum einen psychosoziale Hilfe – beispielsweise bei Trennung bzw. Scheidung oder Gewalterfahrung – und rechtliche Prozessbegleitung, zum anderen beherbergt er eine feministische Bibliothek und Videothek sowie einen geschützten Frauenraum zur Vernetzung und Kommunikation. Kurse, wie z.B. Selbstverteidigung für Frauen, und Workshops zu den Themen sexualisierte Gewalt und Selbstbehauptung runden das Angebot ab. Wir hoffen auf viele weitere Jahre! trude Die Unbeirrbare Im Mai vergab der Presseclub Concordia den Preis in der Kategorie „Pressefreiheit” – und zwar an Antonia Gössinger von der „Kleinen Zeitung” in Kärnten. „Gegen alle und zum Teil massiven Versuche, sie einzuschüchtern, hat Antonia Gössinger ihre journalistische Verantwortung unbeirrt wahrgenommen”, so die Begründung. Die Preisträgerin im E-Mail-Interview mit Claudia Amsler. www.frauenzentrum.at bericht „Schwarze Menschen in Österreich“ Im Juni wurde erstmals für Österreich ein Lagebericht zur Situation Schwarzer Menschen im Land vorgestellt. Der 64-seitige Bericht basiert auf den Erfahrungen von Menschen aus den Schwarzen Communitys in den letzten zehn Jahren und behandelt speziell die Bereiche Wirtschaft, Medien, Rassismus, Kunst/Kultur und politische Repräsentation. Präsentiert wurde er von den Studienherausgeber_innen Beatrice Achaleke (AFRA) und Simon Inou (www.afrikanet.info), zusammen mit Chefredakteurin Clara Akinyosoye, Habiboulah Ndongo Bakhoum (Ausschuss der afrikanischen Unternehmen in Österreich), Alexis Nshimyimana Neuberg (Radio Afrika TV, Afrika-Vernetzungs-Plattform) und Kojo Taylor (Panafa). Zusammenfassend, so halten Achaleke und Inou fest, seien Schwarze Communitys ein dynamischer Bestandteil der österreichischen Gesellschaft. Gleichzeitig seien sie aber insbesondere von einem „Anti-Schwarze-Rassismus” betroffen. Der Bericht ist gegen einen Unkostenbeitrag von acht Euro im Verlag Black European Publishers zu bestellen. trude/viyu Beatrice Achaleke, Simon Inou (Hg.): Schwarze Menschen in Österreich. Lagebericht. Bestellung: Black European Publishers c/o AFRA – International Center for Black Women‘s Perspectives, 1150 Wien, Pelzgasse 7, www.blackwomencenter.org jüdisches wien Mahnmal für zerstörten Turnertempel Während der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als historischer Arbeiter_innenbezirk bekannt ist, ist die starke jüdische Präsenz gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten: Der 15. war damals Mittelpunkt der vorstädtischen jüdischen Gemeinde Wiens mit zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen, darunter die Synagoge in der Turnergasse 22, der Turnertempel. Im Novemberpogrom 1938 wurde der Turnertempel von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt und vollkommen zerstört. Anfang 2010 schrieb die KÖR, die „Kunst im öffentlichen Raum GmbH” der Stadt Wien, einen Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals an dieser Stelle aus. Gewonnen haben nun die KünstlerInnen Iris Andraschek und Hubert Lobnig sowie das Atelier Auböck + Kárász. Das Siegerprojekt sieht ein Netz aus schwarzen Beton-Balken vor, das den eingestürzten, zerborstenen Dachstuhl des Tempels symbolisieren soll, in den Boden eingelassene Mosaiken fungieren als „archäologisches” Gegenstück. Laut der Initiative „Herklotzgasse 21” soll das Mahnmal jenen Ort symbolisch wiederbesetzen, der einst das sichtbare und selbstbewusste Zentrum dieser bedeutenden jüdischen Community darstellte. viyu www.herklotzgasse21.at, www.koer.or.at, www.millisegal.at Ist die Pressefreiheit in Kärnten gefährdet? Ja, immer wieder, wir müssen sehr wachsam sein. Vor allem wird versucht, wirtschaftlichen Druck auf die Medien auszuüben. Das geht zwar in erster Linie von der seit 1999 den Landeshauptmann stellenden Partei aus – zuerst FPÖ, dann BZÖ, jetzt FPK. Bedauerlicherweise dulden das aber die anderen Landtagsparteien stillschweigend. In welcher Form wurden Sie selbst unter Druck gesetzt? Als Politik-Ressortleiterin der „Kleinen Zeitung” in Kärnten beobachte und kritisiere ich seit fast zwei Jahrzehnten die Entwicklung der Landespolitik. Jörg Haider stempelte mich deshalb zum Feindbild, was seine politischen Erben bis heute nachvollziehen. Weil meine Berichte nie widerlegt werden konnten, konzentrierte man sich auf die persönliche Verunglimpfung. Ich wurde in Presseaussendungen sinngemäß als frustrierte alte Schachtel herabgewürdigt. Im Landtagswahlkampf 2009 wurde ich von Uwe Scheuch und zuletzt auf dem FPK-Parteitag im Jänner von Landeshauptmann Gerhard Dörfler in übler sexistischer Weise lächerlich zu machen versucht. Man belegte mich mit Informations- und Interviewverbot und hielt alle Parteifunktionäre an, nicht mehr mit mir zu reden. Außerdem wurden mehrseitige Inseratebeilagen in Gratiszeitungen geschalten, mit denen man mich attackierte. Hatte das auch Folgen für die „Kleine Zeitung“? Weil ich nicht einzuschüchtern war und bin, wurde versucht, die Zeitung unter Druck zu setzen – etwa durch Abbestellungskampagnen. Seit einem Jahr hält zudem seitens der FPK (und teilweise der ÖVP) ein Inserateboykott an, der verhängt wurde, weil ich den Parteienförderungsskandal aufgedeckt habe. Es wurde und wird auch versucht, mich innerhalb der Redaktion zu isolieren, indem anderen Kollegen wichtige Informationen zugespielt werden, die in meinen Verantwortungsbereich fallen. Erfreulicher- und dankenswerterweise verhalten sich aber hier alle solidarisch. Fühlen Sie sich durch den Concordia-Preis bestätigt? Ja, das ist sehr wichtig – wie auch der Kurt-Vorhofer-Preis 2006 und der Journalisten-Sonderpreis für Mut 2007. Einerseits freuen mich die Auszeichnungen persönlich sehr, weil sie zeigen, dass außerhalb Kärntens wahrgenommen wird, dass es hier kritischen Journalismus gibt. Andererseits ist es bedenklich, dass es heute mitten in Europa und in einer Demokratie persönlichen Mut von JournalistInnen und Standfestigkeit von Medien erfordert, um seiner journalistischen Aufgabe nachzukommen. www.kleinezeitung.at, www.concordia.at Juli August 2010 an.schläge l 07 verhütung Risiken und Nebenwirkungen Die Pille ist seit fünfzig Jahren Vorreiterin der hormonellen Verhütungsmittel. Grund genug für Irmi Wutscher und Bettina Enzenhofer, die Normalität der Pilleneinnahme genauer zu beleuchten. Fotos v.l.n.r.: UK Health Education Council, CBG Network, Ladies Manjoe/flickr 1 Bayer-Presseinformation (30.4.2010): 50 Jahre „Pille”: Die andere Bilanz, www.cbgnetwork.org/3360. html 2 Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Leitlinie Empfängnisverhütung,www. uni-duesseldorf.de/AWMF/ ll/015-015.htm 3 www.fgz.co.at 08 l an.schläge Juli August 2010 Ramona geht zu ihrem Gynäkologen. Sie will ein anderes hormonelles Verhütungsmittel, denn sie hat, so erzählt sie ihrem Arzt, seitdem sie die Pille nimmt, starke Gefühlsschwankungen: „Wenn mich jemand nur schief ansieht, muss ich gleich weinen.” Der Arzt zuckt mit den Schultern und meint: „Das liegt nicht an der Pille. Das werden schon Sie sein.” Cordula hat einen neuen Freund. Er fragt sie, ob sie die Pille nimmt. Sie verneint und vermutet, dass er von ihr fordern könnte, dass sie die Verhütung übernimmt. Doch wider Erwarten sagt der Freund: „Gut so. Ich habe nämlich mit der Pille schlechte Erfahrungen gemacht. Meine letzte Freundin hat sie genommen, von da an hatte sie keine Lust mehr auf Sex.” Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele sprachen in diesem Frühjahr bei der Hauptversammlung des Pharmariesen Bayer vor und lösten unter den Aktionär_innen große Betroffenheit aus: Beide hatten aufgrund der Einnahme der Pille „Yasmin”, die mit dem Wirkstoff Drospirenon arbeitet, schwere Lungen- embolien erlitten und tragen bleibende Gesundheitsschäden davon. Sie müssen ihr Leben lang blutverdünnende Medikamente nehmen und Kompressionsstrümpfe tragen. Und das, obwohl sie vor der Pilleneinnahme vollkommen gesund waren.1 Nicht sehr aufgeklärt. Dies sind nur einige wenige Beispiele für die teils gravierenden gesundheitlichen Nebenwirkungen der Pille, mit denen in der Aufklärung allerdings recht unsensibel umgegangen wird. Und das, obwohl die Pille das am weitesten verbreitete Verhütungsmittel in der westlichen Welt ist. In Deutschland beispielsweise nehmen 6,6 Millionen Frauen im reproduktionsfähigen Alter (zwischen 14 und 44 Jahren) die Pille, das entspricht 38,5 Prozent der weiblichen Bevölkerung.2 Besonders unter jungen heterosexuellen Frauen ist das Verhüten mit der Pille weitverbreitet und mittlerweile so selbstverständlich, dass es kaum mehr hinterfragt wird. Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum Graz3 sieht darin ein Problem. Ihr begegnen täglich Frauen, „die sagen, ,Ich möchte und brauche ein Verhütungsmittel’. Über die möglichen Begleiterscheinungen sind sie oft nur schlecht informiert. Wenn sie Nebenwirkungen, wie z.B. depressive Verstimmungen, Lustlosigkeit oder Gewichtszunahme verspüren, assoziieren sie das nicht mit der Pille. Der Gedanke, dass sie verhüten müssen, ist stärker.” Für Groth wäre es daher wichtig, einen guten Sexualpädagogikunterricht anzubieten – für Buben und Mädchen. „Man sollte meinen, dass sich in puncto Information und Aufklärung in den letzten vierzig Jahren viel geändert hat, doch das ist nicht der Fall”, konstatiert sie. Health Feminism. Die Frage der ausreichenden sexuellen Aufklärung von Frauen war schon in den 1970er-Jahren Thema für Feministinnen. Das Präparat wurde von Feministinnen zunächst enthusiastisch begrüßt (siehe dazu auch den Artikel von Bärbel Mende-Danneberg, S. 10). So meinte etwa Clare Booth Luce in der „Los Angeles Times”: „Modern woman is at last free, as a man is free, verhütung to dispose of her own body, to earn her living, to pursue the improvement of her mind, to try a successful career.”4 Mit der Zeit wurde die Pille allerdings zunehmend infrage gestellt, vor allem weil die Nebenwirkungen verschwiegen oder trivialisiert wurden. Radikale Feministinnen forderten eine umfassende Aufklärungspflicht, und zum ersten Mal trat der „health feminism” als bedeutende politische Kraft in Erscheinung. 1970 stürmten Alice Wolfson und ihr National Women’s Health Network die Hearings zur Pille im US-Senat: Sie klagten an, dass Frauen als Versuchskaninchen missbraucht werden, dass keine bergen gerade Pillen wie „Yasmin” ein besonders hohes Embolie-Risiko. Dennoch verweigerte der Pharmakonzern Bayer genaue Angaben zur Häufigkeit von schweren Nebenwirkungen und Todesfällen – angeblich, „um Kundinnen nicht zu verunsichern”.5 Erst durch den öffentlichen Auftritt der beiden Frauen ist Bayer nun bereit, die Informationen auf dem Beipackzettel zu ändern. Externe Untersuchungen, die ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko feststellten, werden vom Bayer-Konzern aber weiterhin nicht anerkannt. Im Gegensatz dazu wurde jene Studie, die die Sicherheit der Pille „Yasmin” bestätigt, „Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei manchen wirkt sich die Pille nicht negativ aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine Wahrscheinlichkeit?“ (Sylvia Groth) Patientinnen bei dem Hearing aussagten, und empörten sich darüber, dass es keine Pille für den Mann gab. Diese Proteste wurden über einen längeren Zeitraum – inklusive Sit-Ins – geführt. Das Ergebnis: In der Packungsbeilage der Pille wurde erstmals unter anderem vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Thrombosen gewarnt. Daraufhin sank tatsächlich die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Pille, da gefährdete Frauen sie nicht mehr einnahmen. Ein weiterer Effekt, den sich die Gesundheitsfeministinnen seit dieser Zeit auf die Fahnen schreiben können: Mediziner_innen zeigten sich offener im Umgang mit Frauen, es gab weniger Geheimnistuerei, Verschleierung oder Herablassung, wie sie Patientinnen seit jeher erfahren mussten. Beständiges Schweigen. Dass sich das Problem der unter den Tisch gekehrten Nebenwirkungen seit den 1970ern nicht wesentlich gebessert hat, zeigt das eingangs beschriebene Beispiel von Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele. Denn auch bei den Pillen der neuesten Generation, die wie „Yasmin” mit dem Wirkstoff Drospirenon arbeiten, wurde bisher am Beipackzettel nicht auf sämtliche mögliche Risiken und Nebenwirkungen hingewiesen. Dabei von der Firma Schering durchgeführt, die Teil des Bayer-Konzerns ist. Hinzu kommt, dass Studien, die über Nebenwirkungen berichten, im Allgemeinen seltener veröffentlicht werden als solche, die die Sicherheit von Medizinprodukten bestätigen. Sylvia Groth dazu: „Eine Forderung wäre: Alle Studien müssen veröffentlicht werden! Außerdem können derzeit nur Ärzt_innen Nebenwirkungen melden – Patient_innen nicht. Auch das muss geändert werden. Und: Frauen brauchen Quellen, Zugang zu Websites, zu wissensbasierten Ergebnissen, die nicht von der Pharmaindustrie bezahlt werden. Sie müssen einschätzen können, welche Quellen seriös sind.” Streit um Hormone. Welche Hormone welche Auswirkungen auf den Körper P e ill haben, wo und wie sie genau wirken, – darüber bekommt frau immer noch unterschiedliche Auskünfte. Christian Fiala, Gynäkologe und Leiter des Wiener Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch, meint, dass ein Hormon per se nicht schädlich und die Verteufelung aller Hormonpräparate daher nicht zielführend sei: „Hormone sind nichts anderes als Botenstoffe, die ohnehin im Körper vorkommen.” Er räumt jedoch ein, dass jedes Hormonpräparat auf jeden individuellen Körper unterschiedlich wirken kann: „Wenn eine Frau eine bestimmte Pille nicht verträgt, kann sie daraus nicht schließen, dass sie Hormone an sich nicht verträgt. Sie verträgt dann dieses eine spezielle Präparat nicht, ein anderes vermutlich schon. Sie muss ausprobieren, welches Präparat bei ihr am wenigsten Nebenwirkungen aufweist. Das perfekte Verhütungsmittel gibt es nicht. Man muss sich das suchen, das am wenigsten stört.” Medizinsoziologin Sylvia Groth sieht bei der Einnahme von Hormonen über einen langen Zeitraum hingegen sehr wohl ein Problem: „Dass es keine Langzeitwirkungen gibt, kann man nicht sagen. Es gibt natürlich Auswirkungen auf den gesamten Körper, zum Beispiel die Möglichkeit einer Thrombose oder eines Schlaganfalls. Außerdem wirkt die Pille auf das Herz-Kreislauf-System. Bei welchen Krebsarten sich das Risiko durch die Pilleneinnahme erhöht, ist noch nicht geklärt. Und es gibt Studien, die belegen, dass Hormone langfristig lustbeeinflussend sind.” Das bedeutet, dass auch Jahre nach Absetzen der Pille die Libido – im Gegensatz zu vorher – vermindert sein kann. Groth: „Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei Wusstest du eigentlich ... … dass die Pille von zwei Feministinnen ermöglicht wurde? Margaret Sanger (1879–966) war eine US-amerikanische Krankenschwester und Frauenrechtlerin. In ihrem Berufsalltag sah sie, wie Frauen unter ständigen Schwangerschaften litten, und gründete 1921 die American Birth Control League, auf der Suche nach einfachen und billigen Mitteln zur Empfängnisverhütung. In dieser Funktion lernte sie Katharine McCormick kennen, eine reiche Industriellengattin, die Suffragette und Philantropin war. Sanger brachte sie auf einer Dinner-Party im Jahr 1953 mit dem Gynäkologen Gregory Pincus zusammen. Das Resultat: McCormick finanzierte schließlich Gregory Pincus und sein Team – in dem auch Carl Djerassi war – und deren Forschungsprojekt zu einem hormonellen Verhütungsmittel, wenig später war die Pille erfunden. be/trude 4 Zitiert nach Barbara Seaman u. Laura Eldridge: The Pill in Cheris Kramarae, Dale Spender: Routledge International Encyclopedia of Women: Identity politics to publishing. 2000 5 1 Bayer-Presseinformation (30.4.2010): 50 Jahre „Pille”: Die andere Bilanz, www.cbgnetwork.org/3360. html Juli August 2010 an.schläge l 09 verhütung manchen wirkt sich die Pille nicht negativ aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine Wahrscheinlichkeit?” Eben diese Nebenwirkung der Pille erscheint besonders paradox: einerseits, weil sie von den Frauen selbst, aber auch von Gynäkolog_innen nicht als ernst zu nehmende Folgeerscheinung angesehen wird. Andererseits, da die Pille doch insbesondere in ihren Anfängen als Mittel zur sexuellen Befreiung der Frau gefeiert wurde. Befreiung der Sexualität. Vor der Erfindung der Pille lag die Verantwortung der Verhütung bei den Männern. Sylvia Groth erzählt: „Früher musste ein Mann eine Frau heiraten, wenn sie schwanger wurde. Das hat sich geändert – was per se nicht schlecht ist.” Mit der Freigabe der Pille lag die Verhütungskontrolle erstmals bei den Frauen. Auch Christian Fiala sieht das so: „Mit Einführung der Pille hatten erstmals Frauen die Kontrolle über ihren Körper, das heißt, ob sie schwanger werden wollten oder nicht. Bis heute haben sie durch die Pille die Kontrolle über die Verhütung. Prinzipiell muss man zur Pille sagen: Sie hat eine gute Verträglichkeit, wenige Nebenwirkungen und eine relativ hohe Sicherheit.” Der theoretische Pearl-Index6 bei fehlerfreiem Gebrauch beträgt bei der Pille nämlich 0,3 – der praktische Pearl-Index bei normalem Gebrauch liegt da schon höher, und zwar bei 8. Im Vergleich dazu liegt der theoretische Pearl-Index bei Verwendung von Kondomen bei 3, der praktische Pearl-Index schon bei 14 – also weit höher als bei der Pille. So hat die Pille Frauen von der Last der dauernden Schwangerschaften bzw. der permanenten Angst davor befreit. Gleichzeitig hatten sie erstmals die Möglichkeit, bestimmte Abläufe in ihren Körpern mithilfe des Hormonpräparats zu kontrollieren und selbst zu bestimmen, ob und wann sie schwanger sein wollten. Lust in kleinen Dosen Von Bärbel Mende-Danneberg Da saß nun der Herr Pillenerfinder kürzlich im „Club 2” und plauderte über die reife Lust mit fünfzig plus: Carl Djerassi, ein älterer Herr, dem der Ruf nacheilt, mehreren Frauengenerationen den Spaß am Sex beschert zu haben, ist 1939 aus Wien in die USA emigriert und ließ 1951 einen Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons Progesteron als Verhütungsmittel patentieren. 6 Mit dem Pearl-Index kann die Zuverlässigkeit von Methoden der Empfängnisverhütung gemessen werden. Ein Pearl-Index von 15 zeigt an, dass von 100 Frauen, die mit einer bestimmten Methode ein Jahr (zwölf Zyklen) lang verhüten, etwa 15 schwanger werden, d.h. je niedriger der Pearl-Index ist, desto sicherer ist die Methode. 7 Die APC-Resistenz ist eine Erbkrankheit, bei der das Thrombose-Risiko erhöht ist. Der Test würde damit einen der wichtigsten Risikofaktoren für die Frauen abklären. 10 l an.schläge Juli August 2010 Die heilige Mutter. 1960 kam die erste Antibabypille auf den Markt. Das war meine Reifezeit. Der Pubertät entwachsen, dem Frausein noch nicht ganz zugewachsen, war alles, was mit Sexualität zu tun hatte, ein geheimnisvoller, sagenumwobener Kontinent. Den zu erforschen war gefährlich. Lustvolle Angst. Nicht Geschlechtskrankheiten, sondern Schwangerschaft hieß das Damoklesschwert, das über jedem Bett schwang. Zwar hatte schon Oswald Kolle in den 1960ern die Geheimnisse des Geschlechtlichen ans mediale Licht geholt. „Dein Kind, das unbekannte Wesen” war eines seiner ersten Bücher, das den Eltern (eine lustfeindliche Kriegsgeneration, die sich mit anderen Verdrängungen abmühte) den Glauben an die sexuelle Unschuld ihrer Kinder nahm. Aber „darüber” wurde in den meisten Familien nicht gesprochen. Sexualität war zum Rotwerden. Die Folge war ein Baby-Boom, der mit dem aus der Nazi-Zeit herübergeretteten weiblichen Mutterideal korrespondierte. „Beheben von Menstruationsstörungen“. Carl Djerassi, der Pillen-Patentierer, kam für mich zu spät. Ich wurde mit 21 (damals ein normales Gebäralter) ungewollt und unverheiratet schwanger. Die gerade in Umlauf gebrachte Antibabypille war im Nachkriegsdeutschland umstritten und kollidierte mit den herrschenden Moralvorstellungen. In einem Rundschreiben vom 25. Juli 1968 an die KatholikInnen vertrat Papst Paul VI. die Meinung, „dass jeder einzelne eheliche Akt (quilibet matrimonii usus) nur dann sittlich gut ist, wenn er für die Weitergabe des Lebens offen bleibt” (und so sieht es der Vatikan ja mehr oder weniger auch heute noch). Der Pharmakonzern Schering führte „die Pille” daher als „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen” ein. Sie wurde zunächst nur verheirateten Frauen verschrieben, später mit elterlicher Erlaubnis auch den ledigen Töchtern. Und so trat ich den entwürdigenden Canossagang durch Berliner Arztpraxen an, deren Adressen unter der Hand gehandelt wurden. Abtreibung stand damals unter Strafe. Kein Gynäkologe und keine Gynäkologin konnte oder wollte helfen, und der Preis für einen illegalen Eingriff unter fragwürdigen Umständen war sowieso unerschwinglich für mich. Sexueller Männer-Freibrief. Heute, 45 Jahre später, bin ich sehr froh darüber, denn ich habe zwei wundervolle Töchter und zwei tolle Enkelkinder, die mein Leben sehr bereichern. Damals hätte ich mir aber gewünscht, meine Zukunft selbstbestimmter planen zu können. Und schließlich hatten es auch meine Töchter nicht leicht, in ein ungeplantes Leben zu finden. Ich gehöre aber zu jenen Frauen, die jahrzehntelang, oft ohne Pause, die Pille geschluckt haben. Diese Hormonhämmer habe ich zum Glück gut vertragen und auch nach der Menopause keine gravierenden Beschwerden gehabt. Was ich nicht vertragen habe, war der sexuelle Freibrief, den sich die lustbetonte, patriarchale 68er-Männerwelt bar jeder Verhütungsverantwortung selbst ausgestellt hat. Das Pillendöschen durfte in keiner weiblichen Handtasche fehlen, und wenn doch: selber schuld. Ob Herr Carl Djerassi meine sexuelle Lust gesteigert hat? Seine chemische Großtat hat mir zumindest streckenweise die Angst genommen. Die Lust habe ich anders entdecken müssen. Bärbel Mende-Danneberg lebt als Journalistin und Autorin in Wien. Unabhängige Information. Das Potenzial der Pille, die Befreiung und Selbstbestimmung, die sie den Frauen in den letzten fünfzig Jahren ermöglicht hat, ist unbestreitbar. Und auch heute ist es für viele Frauen der einfachste Schritt, sich für diese relativ sichere und gleichzeitig einfach zu handhabende Form der Empfängnisverhütung zu entscheiden. Einziges Manko: das mangelnde Bewusstsein darüber, was mit dem Körper geschieht und ob frau das auch will. Sylvia Groth betont, dass es einige Risiken und Nebenwirkungen gibt, über die Frauen Bescheid wissen müssen: „Wenn ich Hormone zu mir nehme, habe ich Wirkungen und Nebenwirkungen. Und ich muss schauen, was mir wichtig ist, auch im Kontext mit meinen Wertevorstellungen. Frauen müssen darüber informiert sein, was sie tun.” Daher fordert sie einen autonomen Sexualpädagogikunterricht für alle Jugendlichen, damit sie fundiertes Wissen über ihren Körper erhalten. „Man muss die Frauen stärken, sie ermutigen. Egal, was andere sagen: Frauen müssen sich selbst ernst nehmen. Was für die eine Frau passt, passt für eine andere nicht”, plädiert Groth. Dazu braucht es frei zugängliche und unabhängige Information, denn nur so kann frau wissensbasierte Entscheidungen treffen. „Vor allem muss die Information auch der Zielgruppe entsprechen: Bildung, soziale Schicht etc. spielen hier eine Rolle”, sagt Groth. Christian Fiala ist ähnlicher Meinung: „Das Verhütungsmittel muss vor allem zu den Lebensgewohnheiten der Frau passen. Ich frage meine Patientinnen zum Beispiel, ob sie immer in derselben Wohnung schlafen. Verneinen sie dies, so rate ich ihnen von der Pille ab. Denn eine regelmäßige und pünktliche Einnahme ist wesentlich für die Wirksamkeit der Pille. Das kann schwierig werden, wenn eine Frau häufig woanders übernachtet und die Pille zu Hause vergisst.” Viele Gynäkolog_innen klären aber die Lebensverhältnisse ihrer Patientinnen nicht ab, häufig sind sie in diesen und anderen Punkten der notwendigen Anamnese zu wenig sorgfältig. So ordnen etwa bei Weitem nicht alle einen Test auf APC-Resistenz7 an, bevor sie einer Frau die Pille verschreiben. Aber einmal angenommen, all dies wäre gegeben – gute Aufklärung seitens der Ärzt_innen, die Möglichkeit für Patient_innen, eine freie und informierte Entscheidung zu treffen, und passende Lebensumstände –, dann steht frau zu guter Letzt immer noch vor der Frage: Bin ich damit einverstanden, selbst die Kontrolle über die Schwangerschaftsverhütung (und damit den eigenen Körper) zu haben, oder finde ich es mühsam, alleine dafür verantwortlich zu sein? Die Zukunft. Große Änderungen oder Neuerungen sind in den nächsten Jahren in Sachen Empfängnisverhütung nicht zu erwarten. Das Prinzip der hormonellen Verhütung – im Körper der Frau – hat sich etabliert, es sind nur neue Darreichungsformen (Pflaster, Spritze etc.) hinzugekommen. An nicht-hormonellen Alternativen wird derzeit nicht geforscht. Angeblich gibt es Bemühungen seitens der Pharmaindustrie, auch Männer in die Verhütungsverantwortung zu holen. Sylvia Groth meint dazu lakonisch: „Von der Pille für den Mann höre ich schon seit dreißig Jahren.” Außerdem glaubt sie, dass Männer Nebenwirkungen viel weniger tolerieren würden: Ihre Libido würden sie sich nicht nehmen lassen, das Produkt müsste wesentlich ausgereifter sein, bis ein Mann es nehmen würde. Christian Fiala hingegen glaubt, dass die Männer mittlerweile sehr daran interessiert sind, wieder die Kontrolle darüber, „was mit den Spermien passiert”, zu übernehmen. Seiner Meinung nach wird sich in Zukunft ein hormonelles Implantat für den Mann gegenüber der Pille durchsetzen. Groth und Fiala sind aber beide skeptisch, was das Übergeben der Verantwortung an den Mann anlangt: „Würden Frauen den Männern vertrauen, wenn es letztlich die Frauen sind, die schwanger werden?” l neuland entdeckungen im alltag Beate Hammond Dumme Fragen Es gibt ja angeblich keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten. Doch seit der internationale Fußballverband FIFA im Jahr 2004 beschlossen hat, die Fußball-WM der Männer an Südafrika zu vergeben, werden viele Fragen gestellt. Ich bin mir nicht immer sicher, ob all diese Fragen so intelligent sind. Im Kern geht es darum, ob ein afrikanischer Staat überhaupt kompetent ist, ein sportliches Großereignis auszurichten. Egal, dass Südafrika schon Gastgeberland für die Rugby-WM und Cricket-WM war. Egal, dass bei FIFA-Besuchen kein nennenswerter Kritikpunkt bemängelt wurde. Nun ist die Männerfußball-WM bald wieder vorbei – und es bleibt zu hoffen, dass inzwischen folgende Fragen, die auf einer südafrikanischen Tourismus-Webseite von internationalen Reisewilligen gestellt und vom Webmaster der Seite beantwortet wurden, restlos geklärt sind. Frage: Wie läuft die Zeit in Südafrika? (USA) Antwort: Rückwärts. Bleiben Sie nicht zu lange, sonst sind Sie zu klein, um allein wieder zurückzufliegen. F: Kann ich Besteck in Südafrika einführen? (GB) A: Wieso? Nehmen Sie doch die Finger, genau wie wir. F: Gibt es die Beulenpest in Südafrika? (Deutschland) A: Nein. Aber bringen Sie sie doch mit! F: Bitte schicken Sie mir eine Liste mit Krankenhäusern, die ein Serum gegen Klapperschlangenbisse besitzen. (USA) A: Klapperschlangen gibt es nur in A-me-ri-ka, wo Sie herkommen. In Südafrika gibt es nur vollkommen harmlose Schlangen – diese können sicher gehandhabt werden und eignen sich hervorragend als Spielkameraden für Hamster und andere Haustiere. F: Gibt es Supermärkte in Kapstadt, und gibt es das ganze Jahr über Milch? (Deutschland) A: Nein, wir sind eine Nation von streng veganischen Beerensammlern. Milch ist bei uns illegal. F: Regnet es eigentlich in Südafrika? Ich habe im Fernsehen noch nie gesehen, dass es regnet. Wie wachsen dort dann die Pflanzen? (GB) A: Wir importieren alle Pflanzen voll ausgewachsen und graben sie hier ein. Dann schauen wir zu, wie sie langsam eingehen. In diesem Sinne einen schönen Sommer! Beate Hammond lebt in Wien und macht ihre Entdeckungen überall. Juli August 2010 an.schläge l 11 gewerkschaftsarbeit Saubere Kleidung im Stundenplan Beauty Ntombizodwa Zibula, Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte der Textilgewerkschaft SACTWU*, kam Anfang Mai auf Einladung von Südwind nach Österreich. Sie informierte über die sozialen und arbeitsrechtlichen Herausforderungen, denen TextilarbeiterInnen in Südafrika täglich gegenüberstehen. Katharina Weßels traf die Aktivistin zum Interview. Beauty Ntombizodwa Zibula, © Südwind Agentur an.schläge: Wie wirkt sich das Geschäft mit der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika auf die Textilbranche und insbesondere auf die ArbeiterInnen aus? * SACTWU (Southern African Clothing and Textile Workers Union) ist die größte Gewerkschaft der südafrikanischen Textilindustrie mit mehr als 100.000 Mitgliedern. Die Löhne, die SACTWU für die Branche ausverhandelt, kommen mehr als 150.000 ArbeiterInnen zugute. www.sactwu.org.za, www. sactwuaidsproject.org.za 12 l an.schläge Juli August 2010 Beauty Ntombizodwa Zibula: Wir versuchen, die Regierung dazu zu bringen, die Trikots unseres Nationalteams „Bafana Bafana” in Südafrika herstellen zu lassen. Das würde es uns ermöglichen, mehr ArbeiterInnen anzustellen. Gleichzeitig stellen wir auch sicher, dass die Trikots in Clean-Clothes-Unternehmen angefertigt werden und diese auch den Auflagen unserer Tarifkommission entsprechen. Allerdings fragen wir uns, wie es nach der Fußballweltmeisterschaft weitergehen soll. Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM besonders Frauen betroffen sein werden. Letzten Monat hat die Regierung jedoch ein Programm verabschiedet, das vorsieht, Unternehmen finanziell zu unterstützen, die diese Arbeitslosen einstellen. Jetzt geht es darum, das Programm entsprechend zu implementieren. Darüber hinaus gewährleisten wir, dass Arbeiterinnen, deren Arbeitsverhältnis nach der Weltmeisterschaft endet, eine entsprechende Abfindung von den Firmen erhalten, auch um diesen Frauen die Chance zu geben, sich selbstständig zu machen. Wir hoffen, dass dieses Programm auch hilft, unsere Branche gegen die Konkurrenz aus China zu schützen, denn allein in den letzten vier Jahren gingen hier 70.000 Arbeitsplätze verloren. Wir haben in Südafrika eine Arbeitslosenquote von 31,2 Prozent, und über 26 Prozent der SüdafrikanerInnen leben von weniger als 9,40 Rand [ca. 0,97 Euro] am Tag. Wie haben sich die Arbeitsbedingungen für Frauen in der Textilindustrie in den letzten Jahren entwickelt? Sehr gut, denn unsere Tarifkommission konzentriert sich stark auf den Gender-Aspekt. Außerdem sind wir der Meinung, dass es keinen Job gibt, den wir nicht erledigen können. Wenn ein Mann dazu in der Lage ist, dann sind wir es auch. Wir möchten nicht allzu sehr beschützt werden, sondern vielmehr die gleichen Möglichkeiten erhalten wie Männer. Auch was das Thema Schwangerschaft und Karenzzeit betrifft, setzt sich die Tarifkommission sehr sein. Die Maßnahmen beinhalten auch alltägliche Dinge, zum Beispiel wenn ein Kind krank wird, sollten ArbeiterInnen die Möglichkeit haben sich freizunehmen. Was machen speziell Sie als GenderBeauftragte der SACTWU? Unsere Aufgabe im Gender-Büro ist es, den Frauen mehr Macht zu geben, gerade wenn es um die Unternehmensführung geht. Heute haben auch innerhalb unserer Organisation Frauen höhere Positionen inne, ganz anders als früher, als man nur Chöre von Männern sehen konnte. Und heute werden auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür geschaffen, und Frauen können sogar an den Wahlen innerhalb der Gewerkschaft teilnehmen. Unsere Ziele sind eher langfristige. Wir vergeben auch Stipendien für Bildung, denn bei der Bekämpfung des Analphabetismus wollen wir uns nicht auf die gewerkschaftsarbeit Regierung allein verlassen. Weitere zentrale Themen sind die Bekämpfung des Missbrauchs in den Familien und die Beratung und Betreuung von Arbeiterinnen mit HIV und AIDS. Wir beschäftigen auch eigene SozialarbeiterInnen und unterhalten eigene Kliniken. Die Krankheit ist sehr weit verbreitet in Südafrika. Unsere Kliniken sind sehr wichtig, denn sie helfen nicht nur dir als Gewerkschaftsmitglied, sondern deiner ganzen Familie. Ich erwähne das, da ich im Jahr 2003 selbst meine Tochter an AIDS verloren habe. Die Gewerkschaft half mir sehr, man betreute mich, denn gleichzeitig musste ich damals noch erfahren, dass auch meine Enkelin mit HIV infiziert worden war. Heute ist sie elf Jahre, sie ist gesund, und die Organisation erkundigt sich weiterhin, wie es ihr geht. Unser Ziel ist es, dass sich die ganze Branche Tests unterzieht, um über ihren Status informiert zu sein. Die Tests laufen gerade an, aber wir sollten für eine so große Branche noch mehr Leute anstellen, als wir jetzt haben, die da noch zur Schule, war zum Beispiel, nicht dazu gezwungen zu werden, in Afrikaans zu lernen, denn das ist nicht unsere Muttersprache. Wir sahen uns schon überall versagen, weil wir diese Sprache nicht gut genug beherrschten. Es ging außerdem um unsere politischen Anführer und deren Befreiung aus dem Gefängnis. Und es war ein Hauptanliegen, unsere Version der Geschichte zu erzählen. Wir wollten, dass unser Land antirassistisch wird, dass es keine Diskriminierung, auch keine religiöse, mehr gibt. In welcher Weise beeinflusst die Erfahrung mit dem Kampf gegen die Apartheid Ihr Engagement für mehr Arbeiterinnenrechte? Ja, da gibt es eine Verbindung. Meine Mutter arbeitete zum Beispiel auf einer Farm und war ihr Leben lang Analphabetin. Ich denke, dass unser Gender-Büro heute die Möglichkeit hat, die Leute aus solchen Situationen herauszuholen. Früher wurden Menschen wie meine Mutter dafür verachtet und diskriminiert, wie sie lebten bzw. leben mussten, denn sie „Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM besonders Frauen betroffen sein werden.“ sich um die sterbenskranken Menschen kümmern. Welchen Stellenwert haben denn genderspezifische Fragestellungen in der aktuellen Regierung? Es ist hier zu einigen Veränderungen gekommen. Es gibt nun viele Frauen, die auch höhere Ämter einnehmen, als Ministerinnen, Delegierte, als Bürgermeisterinnen oder als Ratsmitglieder. Die Regierung setzt sich sehr für Gender-Angelegenheiten ein, schult Frauen, um sie zu ermächtigen. Daneben gibt es finanzielle Zuschüsse für arme Frauen oder auch Wohnbeihilfen. Es gibt auch eine eigene Gender-Abteilung, zu der wir gute Kontakte haben. Sie waren bereits im Kampf gegen das Apartheid-Regime aktiv. In welcher Form haben Sie sich damals engagiert? Ein spezielles Anliegen damals, ich ging hatten gleichzeitig gar keine Chance, ihr Leben zu verändern oder sich Bildung anzueignen. Die Unterdrückung wurde vom Apartheid-Regime mit „kulturellen Unterschieden” begründet. Dass ich heute hier mit Ihnen so offen darüber reden kann, liegt daran, dass ich beim Kampf gegen die Apartheid dabei war, aber was ist mit den Menschen, die es nicht waren? Die denken vielfach, dass die Bestimmungen von damals besser waren. Unser Job ist es, diesen Leuten zu erklären, was richtig und was falsch ist. Es liegt dann allerdings an ihnen, wie sie weitermachen wollen. Sie waren ja nun einige Tage in Österreich. Welche Eindrücke nehmen Sie von Ihrem Besuch mit? In Graz war ich sehr beeindruckt, als ich von den ModestudentInnen erfuhr, dass die Idee der „Clean Clothes” Teil ihres Stundenplans ist.1 Sie sind sehr gut informiert. Ich werde überlegen, was wir in Südafrika in dieser Hinsicht unternehmen können, denn wir haben es der Regierung überlassen, wie sie die Stundenpläne gestaltet, und unsere Anliegen als Textil- und Bekleidungsindustrie bislang nicht hineinformuliert. Wir müssen unsere Gesellschaft über die Clean-Clothes-Kampagne aufklären. Schließlich wird jemand, der nicht weiß, ob ein Produkt gut oder schlecht ist, es kaufen, weil es billig ist, ohne dabei zu bedenken, dass das unsere Branche zerstört. Was mich auch beschäftigt, ist die Sache mit den Designerklamotten. Ein Unternehmen kommt hierher nach Europa, kauft ein bestimmtes Label, nimmt es mit nach Südafrika, repliziert es und gibt ihm einen neuen Namen – was bedeutet, dass die Person, die dieses Design eigentlich kreiert hat, unsichtbar wird. Meiner Meinung nach ist das Betrug, und es zerstört unseren Industriezweig. Es wird dazu führen, dass unsere jungen Talente sich letztlich von der Textilbranche abwenden, denn wenn die Unternehmen weiter so vorgehen, wer kauft dann dein Label? Die Leute werden sagen: „Das Design gibt’s auch in Südafrika, nur billiger.” Wir haben gerade erst wieder neue DesignerInnen rekrutiert, und man hört bereits ihre Beschwerden. Es ist einfach nicht richtig, dass du fünf Jahre auf eine Modeschule gehst, um am Ende gesagt zu bekommen „Kopier das mal.” Unsere Branche muss geschützt werden – auch in dem Wissen, dass besonders viele Frauen für diesen Industriezweig arbeiten. Ohne uns wären doch alle nackt. l Beauty Ntombizodwa Zibula, geb. in Durban, engagierte sich bereits als Schülerin gegen das Apartheid-Regime. 1978 bekam sie ihren ersten Job in der Textilbranche, zehn Jahre später wurde sie für die Gewerkschaft aktiv, bald darauf wurde sie von ihren KollegInnen zur Gewerkschaftsrepräsentantin ernannt. 1989 entstand SACTWU aus einer Fusion mehrerer Gewerkschaften. Heute ist sie Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte von SACTWU. 1 Dazu die Agentur Südwind: „Der Aspekt der sozialen und ökologischen Verantwortung ist neu und erst seit der Reform im Jahre 2009 im Curriculum verankert. Wir durften dabei mitreden und auch Vorschläge einbringen.” Juli August 2010 an.schläge l 13 an.riss international Demonstration in Windhoek, Namibia, Foto: http://endforcedsterilisation.wordpress.com 8. August im Zentrum für Frauen- und Friedensbildung ANIMA in Kotor stattfindet. Die Sommerakademie setzt sich mit der Bedeutung und der Notwendigkeit von gemeinschaftlichem Trauern und Erinnern auseinander und diskutiert, „wie dieses in die Gesellschaft re-integriert werden kann”. Das Forum wird vom Bremer Verein protranskultur e.V. in Kooperation mit ANIMA organisiert und wendet sich an Frauen mit Interesse an Methoden der Trauer-, Erinnerungs- und Friedensarbeit. Um Erinnerung geht es auch beim internationalen Friedensmarsch in Bosnien, der heuer zum fünften Mal stattfindet. Der dreitägige, 110 Kilometer lange Marsch nach Srebrenica/Potoˇ cari, folgt dem Weg jener wenigen Flüchtlinge, die sich vor 15 Jahren während des Bosnienkrieges aus der ehemaligen „Sicherheitszone” der Vereinten Nationen um Srebrenica retten konnten. Im Juli 1995 kamen hier bis zu 8.000 BosnierInnen bei – sorgfältig geplanten – Massenexekutionen durch serbische Armee, Polizei und Paramilitärs ums Leben. Der Verein protranskultur organisiert hierzu eine Solidaritätsreise vom 5. bis 12. Juli. viyu namibia HIV und Zwangssterilisationen 8.–10.7., Friedensmarsch durch Bosnien, allgemeine Informationen: www.marsmira.org, Seit 1. Juni wird am Obersten Gerichtshof in Windhoek, Namibia, der Fall von drei Frauen verhandelt, die den Staat verklagen. Die Frauen wurden jeweils nach einem positiven HIV-Test in öffentlichen Spitälern ohne ihr eindeutiges Einverständnis sterilisiert. Bei ihren Klagen handelt es sich um Präzedenzfälle – und das obwohl bereits seit 2007 zahlreiche Fälle von erzwungener Sterilisation an staatlichen Krankenhäusern in mehreren Regionen Namibias bekannt sind. Das Gesundheitsministerium war seit 2008 offiziell darüber informiert, dennoch kam es in den folgenden Jahren zu weiteren Zwangssterilisationen. Dutzende Frauen solidarisierten sich mit den Klägerinnen und demonstrierten in Namibia, aber auch vor namibischen Botschaften in Lukasa, Washington D.C. und Pretoria. Sie befürchten vor allem, dass sich HIV-positive Frauen aus Angst vor Sterilisation nicht mehr in Spitäler wagen und sich nicht mehr behandeln lassen. Zudem wurde eine Petition initiiert, die die sofortige Beendigung von Zwangssterilisationen fordert und die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen sowie die Verletzung der Menschenrechte auf Würde und Gleichheit angeprangert und auf das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper insistiert. Die Petition wurde mit Beginn des Gerichtsprozesses an die namibische Gesundheitsministerin übergeben. Zu Redaktionsschluss wurden die weiteren Verhandlungen auf Anfang September vertagt, da die Anhörungen mehr Zeit in Anspruch nahmen als ursprünglich geplant. vers men, Horner Straße 63, T. +49/421/3339515, www.verein.protranskultur.de http://endforcedsterilisation.wordpress.com, http://allafrica.com, http://ipsnews.net bosnien/montenegro Erinnerungsräume „Kollektive Trauer- und Erinnerungsräume” ist das Thema der ersten internationalen Frauen-Sommerakademie in Montenegro, die vom 3. bis 14 l an.schläge Juli August 2010 Solidaritätsreise mit protranskultur e.V.: 5.–12.7.; 3.–8.8., Informationen u. Anmeldung zur Sommerakademie in Montenegro: protranskultur e.V., Marijana Gršak, 28203 Bre- brasilien Fetal Rights vs. Women’s Rights Abtreibung ist in Brasilien illegal. Ein neuer Gesetzentwurf, der im Mai dem brasilianischen Parlament vorgelegt wurde, könnte die ohnehin schon prekäre Lage ungewollt schwangerer Frauen in Zukunft noch weiter erschweren. Demnach soll jedem Ungeborenen mit absoluter Priorität das Recht auf Leben, Gesundheit, Entwicklung, Ehre, Würde, Respekt, Freiheit, und Familie garantiert werden. Jegliche absichtliche Beeinträchtigung eines Fötus könnte laut Entwurf strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Marianne Mollmann, Vertreterin für Frauenrechte bei der Menschrechtsorganisation Human Rights Watch, findet es zwar löblich, sichere Schwangerschaften und Geburten zu fördern, dennoch verurteilt sie die Gesetzesvorlage, da Frauen aus Angst vor der Polizei notwendige medizinische Hilfe verweigern könnten. Auch Abtreibungen im Falle von Vergewaltigung wären durch das mögliche neue Gesetz verboten. Dies würde dem Recht auf Leben und Gesundheit jeder Schwangeren widersprechen, warnt Human Rights Watch. kw www.hrw.org, www.dawnnet.org russland Moskau Pride à la James Bond Zum fünften Mal in Folge hatte die Moskauer Stadtregierung unter Bürgermeister Juri Luschkow die diesjährige Pride Parade in der russischen Hauptstadt verboten. Luschkow, der von einer „satanischen” Demonstration und einer „gesellschaftlichen Plage” sprach, ließ in den letzten an.riss international Jahren regelmäßig DemonstrationsteilnehmerInnen, die sich dem Verbot widersetzten, verhaften. Trotzdem versammelten sich Ende Mai LGBTAktivist_innen und zogen mit Slogans wie „Russland ohne Homophobie” durch das Moskauer Zentrum. Zuvor führten sie durch falsche Ankündigungen in Blogs und Foren die Polizei und die Antiterroreinheit OMON in die Irre. „Moscow Pride ist eine Kommandoaktion im James-BondStil”, erklärten die Aktivist_innen im Live-Blog von UKGayNews, „sie ist schwieriger zu organisieren als eine Parade in London oder Paris mit zigtausend Teilnehmer_innen.” Die Blitzdemonstration verlief glücklicherweise friedlich – ganz im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren, in denen es beim verbotenen CSD zu Übergriffen durch Rechtsradikale und Polizisten kam. viyu nun die „Clean-IT”-Kampagne ins Leben gerufen, um auf den erheblichen Druck, die enorm langen Arbeitszeiten sowie auf die zu niedrige Bezahlung der chinesischen Arbeiter_innen aufmerksam zu machen. Beim jüngst verstorbenen Foxconn-Mitarbeiter handelt es sich im Übrigen nicht um Selbsttötung. Der 27-jährige Yan Li starb nach 34 Stunden ununterbrochener Arbeit an Erschöpfung. kw www.queer-news.at, www.queer.de, www.ukgaynews.org.uk Mitte Juni stellte der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, in Berlin zum Flüchtlingsschutz den Jahresbericht des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) für 2009 vor. Demnach waren im vergangenen Jahr 43,3 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – die höchste Zahl seit Mitte der 1990er-Jahre –, v.a. aus Afghanistan, dem Irak, Somalia sowie der Demokratischen Republik Kongo. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge – 27,1 Millionen – sind Binnenvertriebene, die vor den anhaltenden Konflikten im Kongo, Pakistan und Somalia fliegen. Die Hauptlast tragen daher nicht die westlichen Industriestaaten, sondern vor allem die Länder im globalen Süden, wo sich achtzig Prozent der Geflohenen aufhalten. Länder wie Pakistan, Simbabwe und der Kongo nehmen im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft besonders viele Flüchtlinge auf. Die Anzahl der weltweit gestellten Asylerstanträge stieg im vergangenen Jahr auf fast eine Million. Die meisten Asylsuchenden zählte Südafrika mit 222.000. In Europa waren es insgesamt 286.700, 86 Prozent davon in den Staaten der Europäischen Union. Guterres zeigte sich besorgt darüber, dass es inbesondere in Europa zu einer „Erosion des Asylraumes” komme. 19 Aufnahmestaaten akzeptierten im letzten Jahr 112.400 Flüchtlinge, darunter die USA (79.900), Kanada (12.500), Australien (11.100), Deutschland (2.100), Schweden (1.900) und Norwegen (1.400). viyu china Ein wahrlich unglaublicher Preis Bereits in Deutschland erhältlich, kommt das neue iPad von Apple nun auch auf den österreichischen Markt. Beteiligt an der Produktion der Geräte ist der IT-Lieferant Foxconn, der größte Elektronikhersteller der Welt. Unlängst geriet das Unternehmen ins Kreuzfeuer der internationalen Kritik: Zehn Selbstmorde von Arbeiter_innen der firmeneigenen Fabrik im südchinesischen Shenzhen wurden allein in diesem Jahr mit den dort vorherrschenden menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in Verbindung gebracht. Foxconn weist jeglichen Vorwurf der Mitschuld von sich und erklärte die Suizide mit persönlichen Beweggründen der Betroffenen. Bereits 2006 wurde Foxconn wegen unmenschlicher Arbeitsbedingungen kritisiert, woraufhin auch iPhone-Auftraggeber Apple unter Druck geriet. Wie schon 2006 blieben die von Apple veranlassten jüngsten Untersuchungen allerdings ergebnislos. Foxconn beschäftigt allein in der Stadt Shenzhen 300.000 MitarbeiterInnen und fertigt für weitere Weltkonzerne, wie Hewlett-Packard, Dell, Nokia oder Sony. 1997 arbeiteten weniger als 10.000 Menschen für Foxconn, seit 2008 sind es mehr als 700.000. Die österreichische Organisation Südwind hat www.suedwind-agentur.at, www.clean-it.at, http://diepresse.com bericht 43 Millionen Menschen auf der Flucht www.fr-online.de, www.unhcr.at medienmix Ivana in the City Seit Mai beherbergt „biber”, das multikulturelle Gratis-Stadtmagazin für Wien, ein neues Ressort: biberica. Es geht um „alles für die neue Österreicherin”: Männer, Fashion, Schminke „und vieles mehr, was das Migra-Frauenherz begehrt”: „Wöchentliche Shoppingtouren gehören neben ihrer Karriere und kulinarischen Zaubereien für die Großfamilie selbstverständlich dazu”, fantasiert die Redaktion über das Dasein „mit scharf” von Ivana, Sibel & Co. Ethno-Marketing, CarrieBradshaw-Style. viyu Diskurs-Watch Bereits seit über zwanzig Jahren ist in Deutschland der Journalistinnenbund (www.journalistinnen.de) aktiv. Unter http://watch-salon.blogspot.com betreibt das Netzwerk seit 2008 auch einen eigenen Weblog. „Meinungsfreudig, streitlustig, selbstbewusst” äußern sich laut Selbstdefinition die neun Autorinnen zu aktuellen Debatten in Gesellschaft, Politik und Medien. Neben den vielfältigen und pointiert-kritischen Einträgen finden sich auch persönliche Kulturtipps der Blogerinnen. fis Feministischer Äther „Don’t worry, come in”, lautet die Devise der Sendungsplattform Frauenzimmer des freien Salzburger Rundfunks Radiofabrik. Jeden Mittwoch strömen ab 18.00 Uhr auf der Frequenz 107,5 und 97,3 MHz Genderthemen aus der Radioröhre: vom ÖH-Frauenzimmer, das feministische Theorie und Praxis durchleuchtet, über die radiophone Selbsthilfegruppe „Überlebt” bis hin zum zweisprachigen Gesellschaftsmagazin „zenska soba” (Deutsch/ Bosnisch). Das lässt das feministische Herz höher schlagen! claude Juli August 2010 an.schläge l 15 Happy Birthday, Ladyfest! Vor genau zehn Jahren ging in der Nähe von Seattle das erste Ladyfest über die Bühne. Das feministische D.I.Y.Kunstfestival intervenierte insbesondere in die Repräsentationsverhältnisse in der Musik. Mittlerweile geht die Kritik gegen Sexismus und Homophobie weit über die Popkultur hinaus. Die an.schläge nehmen den runden Geburtstag zum Anlass, um einen Blick auf die Anfänge, die Entwicklungen und Veränderungen von Ladyfest zu werfen. Programmcover Ladyfest, Olypmia 2000 thema: ladyfeste Some Grrrls are Ladies Olympia, Washington. Dort, wo die Labels K-Records, Kill Rock Stars und Chainsaw ihren Sitz haben, nahm die Riot-Grrrl-Bewegung ihren Ausgang. Ein Jahrzehnt später, im Sommer 2000, wurde die 40.000Seelen-Stadt südlich von Seattle eine Woche lang erneut zum Mittelpunkt der Welt – für manche zumindest. Ute Hölzl, Sushila Mesquita und Iris Weißenböck packten damals ihre Koffer und reisten zum FrauenKunst-Festival Ladyfest.* Irgendwie war das Ganze wie ein Traum: Sechs Tage lang eine Stadt erobert, sie gemeinsam mit mehr als tausend anderen Frauen und Mädchen gewissermaßen in Beschlag genommen. Jeden Tag Workshops, Konzerte, Veranstaltungen, neue Bekanntschaften. Klingt, als wären wir Fanatikerinnen des Bildungsurlaubs. Oder aber auf einem globalen PfadfinderInnen-Treffen gewesen. Waren wir aber nicht. Wir waren beim Ladyfest, in Olympia, Washington, im Nordwesten der USA, jenem Teil des Landes, der schon einmal als Geburtsort eines Musikstils hergehalten hat, der die Welt erobern sollte: Grunge. Doch keine Angst, das Ladyfest wird nicht zu einem neuen Mode-/Trenddiktat führen. Irgendwie schade, eigentlich. Aber das Ladyfest war eben auch nicht der Beginn eines neuen Stils, sondern vielmehr die Bestandsaufnahme und der Neubeginn einer Bewegung: der Riot Grrrls. Who’s that grrrl? Anfang der 1990erJahre entstand aus der Auflehnung gegen die männerdominierte, sexistische Indie-/Rock-Musik-Szene die Riot-Grrrl-Bewegung. Ziel war es, das Vorurteil, Frauen könnten nur lahme Songs auf der Gitarre schreiben, umzustoßen und stattdessen selbst ein kraftvolles, neues Image zu entwickeln: Frau/Mädchen mit elektrischer Gitarre, Texte singend/rausschreiend über Dinge, die sie wirklich betreffen. Und aus den wenigen in Olympia entstand bald ein US-weites Netzwerk. Riot Grrrl war nicht nur Musik, auch wenn das neben der Kleidung jenes Merkmal ist, worauf die Rezeption von außen beschränkt blieb. Als sich die Mainstream-Medien auf die Bewegung stürzten, blieb wenig übrig von Riot Grrrl. Die vielfältigen politischen Inhalte gingen in dieser Wahrnehmung verloren, lediglich die eindimensionale Reduktion auf modische und sexuel- le Aspekte wurde überliefert. Dabei wurde unterschlagen, worauf sich die Bewegung bezog: Im neu aufkeimenden repressiven, höchst reaktionären Klima Anfang der 1990er, das geprägt war von wachsender Prüderie, Homophobie und Rassismus, traten die Riot Grrrls vehement für die Rechte von Frauen und Mädchen ein. Entgegen den gängigen Schweigemechanismen thematisierten sie lautstark Missbrauchserfahrungen, kritisierten Schönheitsideale und boten vor allem jungen weißen Frauen Alternativen zu den vorherrschenden Identitätskategorien. Durch die Medien mutierte „Grrrl Style Revolution Now” zu „Girl Power” – ein leicht verdauliches Sammelsurium konsumentInnenfreundlicher Slogans: Aus den Riot Das Ladyfest, von Frauen für Frauen organisiert, folgte der Tradition der Riot Grrrl Conventions, die seit den frühen 1990ern in den USA und auch in Europa (vor allem in Großbritannien) stattgefunden haben – Festivals, bei denen nicht nur Musik im Vordergrund steht, sondern es auch Workshops, Ausstellungen, Filmvorführungen, Diskussionen und vieles andere gibt. Ein typischer Tag beim Ladyfest. Gegen Mittag starteten die ersten Workshops (von denen fast alle, wie auch die übrigen Veranstaltungen, ebenso Männern zugänglich waren, auch wenn diese, meist nur eine Handvoll, eher nur zu Konzerten gingen), die von „basic car repair” über „rather be fat Aber das Ladyfest war eben auch nicht der Beginn eines neuen Stils, sondern vielmehr die Bestandsaufnahme und der Neubeginn einer Bewegung: der Riot Grrrls. Grrrls waren die Spice Girls geworden. Corin Tucker, Sängerin und Gitarristin von Sleater-Kinney und ehemals Mitglied bei Heavens to Betsy, formulierte es folgendermaßen: „Die MainstreamMedien trivialisierten die ganze Bewegung zu einem Mode-Statement. Dabei ist der Punkt an Riot Grrrl, dass wir damit fähig waren, Feminismus für das 21. Jahrhundert neu zu schreiben. Wir nahmen die Ideen und übersetzten sie in unsere eigene, für uns verständliche Sprache. Das sind die eigentlichen wichtigen Errungenschaften – in den Medien war davon jedoch nicht mehr die Rede.” Doch Riot Grrrl existierte weiter, wenn auch abseits der breiten Medienöffentlichkeit, aufrechterhalten von alternativen Kommunikationsstrukturen, die abgelöst vom Mainstream funktionierten. than brainwashed” die verschiedensten frauenbezogenen Themen abdeckten. Ab 13 Uhr fanden die ersten Konzerte statt, zeitgleich wurden Dokumentaroder Kurzfilme gezeigt, Ausstellungen und Spoken-Word-Performances abgehalten. Konzerte bildeten den Abschluss des Tages. Wie die Workshops war auch das musikalische Programm äußerst breit gestreut: Neben Gitarrenmusik gab es HipHop, einen CountryAbend und Stand-Up-Comedians. Es traten Bands auf, die schon seit Anfang der 90er im Riot-Grrrl-Umfeld aktiv waren – Bratmobile etwa nutzten die Gelegenheit und feierten eine bejubelte Reunion –, Bands, die von der RiotGrrrl-Bewegung beeinflusst worden waren wie Sleater-Kinney, The Bangs oder The Butchies, aber auch Frauen, die aus ganz anderen Kontexten stammen, wie * Dieser – geringfügig überarbeitete – Text erschien erstmals in „nylon. KunstStoff zu Feminismus und Popkultur”, Heft 2, im Herbst 2000 und stellt den wahrscheinlich ersten deutschsprachigen Bericht über das Ladyfest in Olympia dar. Juli August 2010 an.schläge l 17 thema: ladyfeste Olympia, Capitol Theatre: ein Ladyfest in Psycho-Land ... z.B. Cat Power. In dieser einen Woche haben wir so viele Shows gesehen wie sonst nicht in einem ganzen Jahr. Warum Lady? Immer wieder haben wir uns gefragt, warum der Name „Grrrl”, der aus einer Neu-Definition und Aneignung von „Girl” entstanden ist, in der Namensgebung des Festivals durch „Lady” ersetzt worden war. „Ich sehe mich selbst als Lady”, meinte die Fotografin und Videokünstlerin Tammy Rae Carland, „ich fühle mich durch Grrrl nicht angesprochen.” Und Sarah Dougher (Cadillaca) fügte hinzu: „Viele der Frauen, die in den Anfängen von Riot Grrrl engagiert waren, sind nun in ihren Dreißigern – und nennen sich selbst ‚Ladys’”. Überhaupt: Girl Power – „I’m so over Girl Power!” Wird nun „Lady” „Grrrl” als Begriff ersetzen? Wahrscheinlich nicht. Lady fungiert wohl eher als Persiflage auf Grrrl und was daraus wurde. In Lady schwingt eine starke Klassenzuschreibung mit – die bürgerliche Konnotation des Begriffs enthebt ihn somit einer unreflektierten Aneignung. Aus diesem Grund hat es auch großen Widerstand gegen den Begriff gegeben. Nicht alle können sich damit identifizieren, zusätzlich kommt auch noch die Variable „Alter” mit ins Spiel. Eine 15-Jährige wird sich eher als Grrrl fühlen denn als Lady. Und „Lady Power” wird als Verkaufsstrategie nicht funktionieren, denn es gibt keine neue dissidente Schreibweise für den Begriff, was einschlägige Assoziationen verhindert und ihn damit schwer identifizierbar macht – zudem stellt man sich unter „Lady” immer noch eine 18 l an.schläge Juli August 2010 ... American Psycho’s gone. Ladyfest bleibt. Fotos: Ute Hölzl ältere, der höheren Schicht angehörige „Dame” vor. Der Begriff wird – bis jetzt jedenfalls – vor allem von jenen verwendet, die sich, altersbedingt, eben nicht mehr als Girl respektive Grrrl sehen. „A Call to arms …“ Das Ladyfest wurde von der ersten Generation der Riot Grrrls veranstaltet. „Wir wollten den Leuten zeigen, dass feministische Organisationen und kulturelle Produktionen von Frauen immer noch existieren und einen wichtigen Stellenwert einnehmen – trotz des gegenwärtigen Höhepunkts misogyner Aussagen der Musik-Szene in den USA”, sagte Sarah Dougher. Ein halbes Jahr haben die Vorbereitungen gedauert, etwa dreißig Frauen waren beteiligt, um das sechstägige Festival auf die Beine zu stellen. „Das Ladyfest war und ist wichtig, um wieder neue Bündnisse zu schließen – die einzelnen Beteiligten haben sich seit Jahren nicht mehr über politische und kulturelle Inhalte ausgetauscht. In Olympia haben jetzt wieder alle zusammengefunden”, so Carrie Brownstein, ihres Zeichens Sängerin und Gitarristin bei SleaterKinney und Mitorganisatorin des Festivals. „Let’s do it smarter this time!“ „Schließlich”, so Sarah Dougher weiter, „können wir jetzt bei nationalen Magazinen anrufen und sagen, dass wir ein Festival organisieren, worüber sie zu berichten haben – und sie werden kommen!” Die Machtverhältnisse zwischen Medien und Riot Grrrls haben sich verändert – durch die Erfahrung im Umgang mit medialen Mechanis- men können diese nun gezielter für die eigenen Zwecke instrumentalisiert werden. Und so hat das „Time Magazine” Olympia aufgrund des Ladyfests, eines Festivals von Frauen für Frauen, zur coolsten Stadt der USA erkoren. Vor zehn Jahren wäre das nicht möglich gewesen. Das Ladyfest war ein Rückblick. Aber auch ein neuer Anfang. „Wenn nur eine Person von hier mit neuer Inspiration und Motivation, die Dinge zu verändern, weggeht, dann, denke ich, haben wir gewonnen”, so Carrie Brownstein. Eine Woche in Olympia fühlte sich an wie true life und heaven zugleich. Das Aufwachen zwei Tage später in der realen Welt – in einer Shopping Mall in Seattle – war für uns dafür umso ernüchternder. Die Welt hat sich nicht verändert, was bleibt, ist die Erinnerung – oder war es doch nur ein Traum? l Ute Hölzl arbeitet bei FM4 und legt Platten auf für Quote und FMqueer. Sushila Mesquita ist Philosophin und verstrickt in diverse queer-feministische Projekte. Iris Weißenböck ist als freie Lektorin für feministische und andere Medien tätig. thema: ladyfeste Von der Lady zur Lady* Im April ging das Lady*fest München in die zweite Runde – mit einem entpolitisierten D.I.Y.-Programm und zu wenig „Gendertroublizing”, wie Judith Goetz feststellen musste. „If you feel like a lady, be part of our ladyfest”, lautete das Motto des ersten Ladyfests in München, das Anfang 2008 mit dem Ziel stattfand, „die patriarchal-männliche Dominanz in Musik und Kultur zu brechen, indem ein öffentlicher Raum für queere, transgender und feministische Kultur geschaffen wird”, wie die OrganisatorInnen betonten. Im April 2010, also rund zwei Jahre später, trafen sich in München erneut Ladys, um mehrere Tage gemeinsam und kreativ zu gestalten. Die bei Ladyfesten angeregten Konzepte von Aneignung und Selbstermächtigung, die Infragestellung der Kategorie „Frau*”, die Kritik an heterosexistischen Strukturen sowie die Diskussion über die Vervielfältigung von Lebensentwürfen machten diesmal allerdings nur einen marginalen Teil der Veranstaltung aus. Stunde Garn nachgekauft werden musste. Auch zwei Jahre zuvor war D.I.Y. zentraler Bestandteil des Münchner Ladyfests, wenngleich in einem politisierteren Kontext. Damals stand etwa der „DIY! Grrrl Zines Workshop”, in dem die Ladys ein eigenes „Grrrl Zine” (über das Ladyfest) gestalteten und in weiterer Folge bei einem der Vorträge auch präsentierten, nicht nur in der Tradition des „Selbermachens”, sondern vor allem auch der Riot-GrrrlBewegung. In weiteren Workshops wurden im Sinne der Selbstermächtigung Veranstaltungstechnik erlernt oder im „Hardware Crash Course” Computer selbst auseinander- (und wieder zusammen-) geschraubt. Andere Ladys wiederum nahmen die Kameras in die Hand und produzierten selbst Kurzfilme. „Filmen, cutten, Während das diesjährige Programm vorwiegend „alte“ feministische Debatten in den Vordergrund stellte, blieb „Gendertroublizing“ eher auf Kunst und Comic-Ausstellungen beschränkt. Alles selber machen. Die Idee des „Do it yourself” war ja von Beginn an ein zentrales Motto bei Ladyfesten. In München fand die D.I.Y.-Philosophie vorrangig in unterschiedlichen Nähund Bastelworkshops ihre Umsetzung: Ausgehend von der Idee der „krambeutel” („Behältnisse für alle Dinge, die täglich mit uns unterwegs sind”, so Steffi Ramb von krambeutel.de) konnte „jed*em genau die Tasche” geliefert werden, die „er* braucht”, gebastelt wurde aber auch an Kleidercollagen, Beanies und diversen Stoffexperimenten (mit Steffi Müller aka rag*treasure). Der Andrang war groß, wie sich beispielsweise am HäkelWorkshop zeigte, als bereits nach einer präsentieren in drei Tagen” lautete die Devise dieses Filmworkshops, der sich der Aufgabe stellte, das Ladyfest 2008 filmisch zu dokumentieren. Hot Topic? Ähnlich praxisorientiert waren auch in diesem Jahr die Workshops zu Linux, Schreiübungen („Ladys take the megaphone!”) sowie zu Selbstverteidigung gegen gegenderte Gewalt gestaltet. Dass die Revolution gebloggt werden wird, war Thema eines weiteren geplanten Workshops über das „Web 2.0 und seine queer-feministischen Inhalte”. Inhaltlich diskutiert wurde auch über Homophobie in der Linken, kontroverse Vorstellungen von Sexarbeit, Geschlecht und Geschichte, Foto: heartbeaz/flickr internationale Abtreibungsrechte und die Väterrechtsbewegung in Österreich. Während das diesjährige Programm vorwiegend „alte” feministische Debatten in den Vordergrund stellte, blieb „Gendertroublizing” eher auf Kunst und Comic-Ausstellungen (unter anderem mit Comics von Trouble X) beschränkt. Das bestätigt, dass viele Themen kaum an Aktualität eingebüßt haben – inwieweit diese auch in einen queerfeministischen Kontext gesetzt wurden, schien jedoch von den einzelnen Workshopleiter_innen abzuhängen. Mancherorts scheint das Programm nicht das zu halten, was das Label „Ladyfest” verspricht. Noch vor zwei Jahren wurde etwa über die „Soziale Konstruktion von Geschlecht” debattiert und festgestellt: „Any gender is drag – all gender is dreck”. Unter „Eine, keine, viele” standen unterschiedliche Beziehungskonzepte zur Diskussion. Die Annäherung an „klassische” feministische Themen nahm damals oft die Auseinandersetzung mit der eigenen Privilegiertheit zum Ausgangspunkt Links: www.ladyfestmuenchen.org www.myspace.com/ladyfesteurope Juli August 2010 an.schläge l 19 thema: ladyfeste – wie etwa in der Lesung aus der Anthologie „Hot Topic. Popfeminismus heute” von Sonja Eismann, in der es nicht bloß um anekdotenhafte Geschichten von Frauen ging, „die sich den radikalen ‚Luxus’ eines feministischen Bewusstseins leisten”: Christiane Erharters Text zum Beispiel, der einerseits Schwangerschaftsabbruch thematisiert, aber andererseits auch auf den sehr präsenten konservativen Backlash und die moralischen Implikationen des Abtreibungsdiskurses verweist. Neue alte Schule. Aus diesen Gründen wäre eine Auseinandersetzung über die weitere inhaltliche wie auch praktische Ausrichtung der Ladyfeste wünschens- wert – um die Beschäftigung mit „Old School”-Themen aus neueren Perspektiven voranzutreiben oder auch um festzustellen, dass nicht jeder Bastelworkshop automatisch über einen politischen Background verfügt. Nicht zuletzt könnte auch die Frage diskutiert werden, ob der Unterrepräsentation von Mädchen und Frauen in der Musik- und Kunstszene in den letzten zehn Jahren entgegengewirkt werden konnte und wodurch sich (queer-)feministische Bands auszeichnen. Wie schon zuvor stellte das altbekannte „Bandproblem” einen großen Schwachpunkt dieses Ladyfests dar –- eben weil der feministische Anspruch alleine leider noch keine Partystimmung garantiert. So sorgte die eine oder andere SingerSongwriterin eher für gedämpfte Laune, und nicht alle der zahlreichen Besucher_innen hielten durch, bis Awesome Wells, Hooker und Get Rid! zu späterer Stunde die Menge feiern ließen. l Judith Goetz schreibt gerade ihre Diplomarbeit in Politikwissenschaft/Vergleichende Literaturwissenschaft. Guerilla-Strategie: Lady Melanie Groß forscht zu Ladyfesten als kritische Interventionsform in heteronormative Geschlechterverhältnisse. Im Interview mit Silke Graf und Vina Yun reflektiert die Sozialwissenschaftlerin die Entwicklung der Ladyfest-Bewegung in Deutschland und sieht genügend Diskussionsstoff für die Zukunft. an.schläge: Seit dem ersten Ladyfest in Olympia vor zehn Jahren wurden weltweit Hunderte von Ladyfesten organisiert. Was hat diesen Boom ermöglicht? Melanie Groß: Zu sagen, was den Boom ermöglicht hat, ist ja im Nachhinein immer eine Konstruktion. Ich meine, dass das grundsätzlich offene Prinzip der Ladyfeste neue und andere Möglichkeiten als bislang dafür geschaffen hat, um unter einem verbindenden 20 l an.schläge Juli August 2010 Label verschiedene feministische und queer-feministische Perspektiven, Inhalte und Positionen zu verhandeln. Die Thematisierung und Sichtbarmachung von sexistischen Strukturen innerhalb der Musikkultur fand hier ebenso ihren Platz wie die grundsätzliche Kritik an der gewaltförmigen Struktur der Zweigeschlechtlichkeit. Ladyfeste haben gezeigt, dass es eine durchaus starke subkulturelle Szene gibt, die bereit ist, mit sehr viel Energie und Zeit feministische und queer-feministische Inhalte zu bündeln. Je nach Region unterscheiden sich Ladyfeste teilweise sehr stark voneinander. Kennst du Ladyfeste außerhalb des angloamerikanischen und deutschsprachigen Raums? Leider bin ich nie auf einem Ladyfest außerhalb Deutschlands gewesen und daher mit meinen Recherchen auf das Internet als Quelle begrenzt. forum wissenschaft Allerdings ist gerade die lokale Differenz ein wesentliches Ergebnis des erwähnten Prinzips der Offenheit und des aus dem Punk stammenden D.I.Y.- zunehmend und immer konsequenter in den Blick genommen und zum Teil ja auch heftig debattiert worden: Wer organisiert die Feste? Frauen, Lesben, „Ladyfeste haben noch viel expliziter als zuvor die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie ‚Frau‘ infrage gestellt.“ Gedankens. Genau diese Prinzipien ermöglichen erst die Artikulation und Verhandlung von sich teilweise widersprechenden Positionen. Die Organisationsgruppen müssen an bestimmten Punkten im Vorbereitungsprozess Entscheidungen treffen, die dann eben stets temporäre und lokale Entscheidungen sind und sich durchaus unterscheiden können. Gleichzeitig gibt es aber die gemeinsame Erzählung über die Geschichte der RiotGrrrl-Bewegung und über die Ladyfeste in anderen Städten und Ländern, auf die sich alle beziehen können und wollen. Das schafft durchaus das Gefühl, „Teil einer Bewegung” zu sein – auch dann, wenn diese intern stark von Auseinandersetzungen und Kämpfen um Definitionsmacht charakterisiert sein mögen. Uns fällt auf, dass sich – insbesondere bei Ladyfesten im deutschsprachigen Raum – eine Verschiebung von „feministisch“ zu „queer-feministisch“ beobachten lässt. Hat hier ein Paradigmenwechsel stattgefunden? Meiner Einschätzung nach haben die Ladyfeste noch viel expliziter als zuvor die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie „Frau” infrage gestellt und damit auch ein interessiertes Publikum gefunden. Auch die Riot Grrrls haben geschlechtliche Identitätszumutungen thematisiert, lächerlich gemacht und demaskiert – auf den Ladyfesten ist dieses Thema Bi, Trans, Queers, …? Wer gehört dazu, wer nicht und warum eigentlich nicht? Für wen machen wir welche Veranstal- tungen? Dürfen alle Interessierten zum Drag-Workshop oder zumindest nur die, die sich als Nicht-Männer identifizieren? Solche und viele andere Fragen sind immer wieder neu und lokal zu diskutieren. Judith Butlers „Gender Trouble” wurde für so manche zum absoluten Reizwort, für andere zum Synonym für eine bestimmte Form der „Befreiung” oder zumindest für eine Möglichkeit, bislang wenig bis gar nicht thematisierte Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen innerhalb der Gesellschaft, aber auch innerhalb feministischer Szenen zu skandalisieren. Das kann in der erweiterten Bezeichnung als queer-feministisch sichtbarer werden. In meiner Lesart ist das aber weniger ein Paradigmenwechsel als eine konsequente Weiterführung. Bei Ladyfesten wurde auch immer wieder Kritik unter anderem am Weißen und institutionalisierten Mainstream-Feminismus und seinen Ausschlüssen formuliert. Ist es denn Ladyspace: Aktiv Räume schaffen Von Eva Trimmel Der Begriff „Ladyspace” entstand im Zuge der Vorbereitungen für das erste Ladyfest in Wien 2004 als Reflexion über Räume und deren konkrete wie symbolische Besetzung. Ladyfeste erheben den Anspruch, mit traditionellen Geschlechtszuschreibungen zu brechen und das Modell der Zweigeschlechtlichkeit zumindest temporär aufzulösen – zugleich wird versucht, die Repräsentation von Frauen zu stärken. Dies führt zwangsläufig zu Konflikten, da sich diese beiden Ansätze widersprechen und konträre Ein- und Ausschlusspolitiken erfordern (z.B. Workshops nur für Frauen oder für Frauen und Transgenders). Anstatt diesen Konflikt zuzudecken, wurde mit der Idee von Ladyspace die Diskussion neu fokussiert: Wie kann am Ladyfest ein sozialer Raum hergestellt werden, in dem Sexismus, Homophobie oder Rassismus keinen Platz finden und Frauen, Lesben und Transgenders ihre Raumansprüche selbstverständlich umsetzen können? Räume sind nicht einfach gegeben, sondern werden durch jene Menschen konstruiert, die sie nutzen und die sich in ihnen aufhalten. Das heißt, erst die Interaktion, die in diesen Räumen passiert, gibt ihnen ihren Sinn. Räume sind sozial hergestellt – daher kann auch in sie interveniert werden. Strategien der Intervention sind etwa die Aneignung von repräsentativen Positionen wie Bühnenraum, Ausstellungs- oder Projektionsflächen. Zudem wird in einem Ladyspace versucht, alle Anwesenden in das Raumkonzept einzubinden (erwünschte und unerwünschte Verhaltensweisen sind explizit formuliert), sodass sie Verantwortung für das Geschehen im Raum übernehmen. Das bedeutet z.B., dass im Fall von sexistischen, homophoben oder rassistischen Übergriffen gemeinsam eingeschritten wird („self security”). Durch die Gleichzeitigkeit und das Zusammenwirken von unterschiedlichen Strategien wird es möglich, Veränderungen im sozialen Raum herbeizuführen: In einem queer-feministischen Gegenraum nimmt der respektvolle Umgang miteinander sowie das Vertrauen ineinander einen hohen Stellenwert ein. Wenn das Ladyspace-Konzept aufgeht, findet idealerweise sowohl bei Akteur_innen als auch Teilnehmer_innen ein Umdenkprozess statt, dem ein bewussterer Umgang mit sozialen Raumverhältnissen folgt. Und so kann ein Ladyspace dann auch in weitere Räume hineingetragen werden. Eva Trimmel lohnarbeitet im Bereich Architektur und interessiert sich für queer/feministische Raumproduktion. Juli August 2010 an.schläge l 21 forum wissenschaft aus deiner Sicht gelungen, diese Kritik produktiv zu verhandeln, etwa indem Hierarchisierungen in den eigenen Reihen angegangen wurden? Leyen für einen Vortrag einladen würde, nur weil sie von einem „konservativen Feminismus” spricht, dem sie nicht abgeneigt sei. Aber vielleicht Was ist von den ursprünglich sehr heterogenen organisatorischen Bündnissen von Ladyfest geblieben? Zuweilen scheint es, als ob sich die Ladyfest- Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste Von Elke Zobl und Rosa Reitsamer Die feministischen Bewegungen haben dem Organisationsmodus „Do It Yourself” (D.I.Y.) zu neuer Attraktivität und Verbreitung verholfen. Seit den 1990er-Jahren ist eine Vielzahl von feministisch-queeren Medien und Festivals – wie etwa Ladyfeste – entstanden, in deren Mittelpunkt die Idee steht, selbst aktiv zu werden und sich zu vernetzen. Die 2008 gegründete Online-Plattform „Grassroots Feminism: Transnational Archives, Resources and Communities” dient der Dokumentation und dem Austausch dieser Aktivitäten. Das Archiv umfasst internationale „Grrrl Zines” sowie Informationen zu Ladyfesten aus allen Teilen der Welt und feministischen Medien in Europa. Das transnationale Netzwerk der „Grrrl Zines” – also selbstständig produzierte Magazine in kleineren Auflagen mit Interesse an Feminismus, Alternativkultur und Aktivismus – hat sich durch neue Formate wie E-Zines und Blogs weiter ausgedehnt. In der Folge ist eine kaum mehr überschaubare Bandbreite feministischer Netz-Magazine entstanden, die Feminismen im Alltag sowie in größeren gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen diskutieren. Das Ladyfest-Archiv widmet sich einerseits der Bestandsaufnahme von Ladyfesten, andererseits können Das sind für mich zwei Punkte: Als Weiße Akademikerin kann ich die Frage nach der Veränderung an Weißen Strukturen schwer beantworten, weil ich Teil davon bin beziehungsweise mittendrin stehe. Meine Wahrnehmung ist aber, dass sich die Räume, in denen Ladyfeste stattfinden, ihrem Selbstverständnis zufolge zwar meist als antirassistisch begreifen, sie aber überwiegend von Weißen aufgesucht und gestaltet werden und nicht per se frei von Rassismus sind. Der Raum strukturiert die Gestaltung der Feste durchaus mit: Wer geht hier hin, wer gestaltet, wer wird durch die meist informellen Netzwerke erreicht und eingeladen mitzugestalten usw. Die zunehmende Thematisierung von postkolonialen Perspektiven und Critical-Whiteness-Ansätzen ist also eine notwendige Erweiterung. Hier führt die kritische Auseinandersetzung zumindest zur Sichtbarkeit von Ausschlussprozessen. Mit dem sogenannten institutionalisierten Mainstream-Feminismus gibt es meiner Erfahrung nach wenig direkte Berührungspunkte. Ich glaube nicht, dass jemand Ursula von der 22 l an.schläge Juli August 2010 hier Interviews mit Ladyfest-Organisator_innen nachgelesen werden. Seit dem ersten Ladyfest im Jahr 2000 in Olympia, Washington konnten wir bislang 246 Ladyfeste in 34 verschiedenen Ländern recherchieren, von denen 125 in Europa, 85 in Nordamerika, 22 in Südamerika, neun in Australien/Neuseeland, drei in Afrika und zwei in Asien stattfanden. All jene, die in die Welt der Ladyfeste, feministischen GrassrootsMedien und feministisch-queeren Musiker_innen eintauchen möchten, können das unter www.grassrootsfeminism.net, www.grrrlzines.net und www.digmeout.org tun. Rosa Reitsamer ist Soziologin und arbeitet derzeit am Projekt „Feminist Media Production in Europe“ an der Uni Salzburg. Gemeinsam mit Maria José Belbel gründete sie das digitale Archiv „DIG ME OUT. Discourses on Popular Music, Gender and Ethnicity“. Elke Zobl ist Hertha-Firnberg-Stipendiatin und forscht am Fachbereich Kommunikationswissenschaft an der Uni Salzburg zum Thema „Young Women as Creators of New Cultural Spaces“ und zu „Feminist Media Production in Europe“. Im Zuge dieser beiden, vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Projekte wurde die Online-Plattform „Grassroots Feminism“ aufgebaut. müsste man erst einmal klären, was jeweils mit Mainstream-Feminismus gemeint ist, um der Sache näher zu kommen. Zur Frauenprojektebewegung beispielsweise gibt es ja durchaus Berührungspunkte. Szene homogenisiert hätte … Ladyfeste im deutschsprachigen Raum haben meines Wissens nach ganz starke Verbindungen in die linke Szene. Ganz so breite Bündnisse wie etwa 2003 in Hamburg habe ich hier forum wissenschaft allerdings schon lange nicht mehr gesehen. Ladyfeste haben verschiedene parallele Strategien verfolgt: sprachliche Verschiebungen und Wiederaneignungen von Begriffen, ironische Inszenierungen, visuelle Fehlzitate etc. – du hast das einmal als „semiotische Guerilla“ bezeichnet. Greifen solche Strategien heute noch? Oder haben sie sich unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen ebenfalls gewandelt? Meine Begeisterung für Ladyfeste liegt gerade in der Verbindung unterschiedlicher politischer Strategien unter einem Label. Zum einen Strategien aus dem Bereich der Kommunikationsguerilla: Versuche der Verschiebungen von Bedeutung, entlarvende Ironie und Parodie halte ich nach wie vor für sehr geeignete Mittel, um die Gewaltförmigkeit der kulturell konstruierten Zweigeschlechtlichkeit sichtbar zu machen. Es sind Strategien auf der Ebene der symbolischen Repräsentation oder auch Methoden einer semiotischen Guerilla, weil sie auf der Zeichenebene ansetzen und mit deren Mitteln arbeiten. Damit wird nicht behauptet, dass man sich als außerhalb des Zeichensystems stehend begreifen würde. Scheinbare „Normalität” und „Natürlichkeit” auf die Bühne zu holen und den Lack abzukratzen – auch wenn nie die letzte Schicht erreicht und aufgelöst werden kann –, oder eben den Lack noch dicker aufzutragen, um die Künstlichkeit aufzuzeigen, sind Interventionen in die symbolische Ordnung und deshalb auch gerade auf der Ebene der Symbolik angreifbar. Doch weder die Kritik an der strukturellen, juristischen und sozialpolitischen Verankerung der heteronormativ verfassten Zweigeschlechtlichkeit noch die radikale Kritik an kapitalistischen und rassistischen Strukturen und Ausbeutungsverhältnissen kann auf den symbolischen Raum begrenzt bleiben. Konsequenterweise verbinden sich diese Themen auch auf Ladyfesten. Bei vielen Ladyfesten haben eben beide Perspektiven Platz im Programm – damit wird nicht immer der innere theoretische und politische Widerspruch dieser Gleichzeitigkeit aufgelöst. Aber meiner Ansicht nach ist dieser Widerspruch auch nicht auflösbar und muss permanent und auch konflikthaft bearbeitet werden. Wir haben es mit einer Gleichzeitigkeit verschiedener Macht- und Herrschaftsformen zu tun. Ladyfeste setzen in der Folge auf die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Strategien. Seit einigen Jahren zeichnen sich Veränderungen ab – statt Ladyfesten werden z.B. immer öfter „QueerFeministische Tage“ organisiert. Steht eine solche Umbenennung für eine inhaltliche Neuausrichtung oder bedeuten sie gar das Ende von Ladyfest? Was kommt nach Lady? Schwer zu sagen – vielleicht ist nach zehn Jahren Ladyfest mancherorts Lust auf etwas Neues im Spiel. „QueerFeministische Tage” gab es aber auch schon um 2000, oft waren sie lediglich etwas „kleiner” organisiert als Ladyfeste. Grundsätzlich glaube ich, dass sich Strategien mit der Zeit verändern und verändern müssen, um nicht vereinnahmt oder kommerzialisiert und inhaltlich entleert zu werden. Vielleicht findet gerade tatsächlich eine inhaltliche Verschiebung statt, die nicht unbedingt ein grundsätzliches Ende von Ladyfest hits Europe Von Silke Graf Etwa zehn Jahre nach den Anfängen von Riot Grrrl fanden sich vormalige Akteur_innen dieser Bewegung im US-amerikanischen Olympia zusammen, um das erste Ladyfest zu organisieren (siehe dazu S. 17). Diese einmalig geplante Veranstaltung war der Impuls zu einer globalen Verbreitung von Ladyfesten, wobei es schon im Programmheft zum ersten Ladyfest über die strittige Verwendung des Begriffs „Lady” hieß: „This name debate is boring. How could we ever decide what to call ourselves, when we can’t decide what we are? And we don’t want to. So we won’t.” Der Wunsch von Sleater-Kinney-Gitarristin Carrie Brownstein, das erste Ladyfest möge Frauen dazu inspirieren, in ihre Communitys zurückzukehren, um ähnliche Schritte für Netzwerke und Allianzen zu setzen, erfüllte sich prompt. Die Verbreitung funktionierte in einer Art Schneeballsystem: 2001 fanden bereits drei Ladyfeste in den USA (in Bloomington/Indiana, Chicago und New York) und das erste in Europa, und zwar in Glasgow, Schottland, statt. 2002 waren es bereits zwölf Ladyfeste, neun davon in den USA und drei in europäischen Städten. Die Informationen und Berichte über Ladyfest führten im Jahr 2003 zu bereits 21 Ladyfesten. Europäische Ladyfeste, die das erste Ladyfest in Wien 2004 beeinflussten, waren neben dem Ladyfest London das Ladyfest Amsterdam (2003) und die frühen Ladyfeste im deutschsprachigen Raum: Ladyfest Hamburg und Berlin (beide 2003). Alle diese Ladyfeste wurden von der einen oder anderen Organisator_in aus Wien besucht und dienten als Inspiration und erweiterten das Netzwerk. Vor allem das Ladyfest Hamburg mit seiner Betonung der Heterogenität des Organisationsteams und seiner expliziten Aufforderung, Feminismus neu zu definieren, nämlich „jenseits von Zwangsheterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit” bereitete den Weg. 2005 und 2007 folgten weitere Ladyfeste in Wien, 2008 die Queer-Feministischen Tage. Silke Graf war Teil des LF-Organisationskollektivs 2004 und 2007 und verfasste ihre Diplomarbeit zum Thema Verhandlungen von Geschlecht am Beispiel Ladyfest Wien 2004. Juli August 2010 an.schläge l 23 forum wissenschaft Ladyfesten bedeuten muss. Ich könnte es auch anders interpretieren: Ladyfeste haben so viel Diskussionsstoff auf den Tisch gelegt, dass nun immer mehr „Queer-Feministische Tage” initiiert werden, um die anstehenden Diskussionen auch weiterhin zu führen. Quellen der Ladyfest-Bilder: Programmheft und Festivalpässe Ladyfest Olympia 2000 T-Shirt Ladyfest London 2002 Programmheft Ladyfest Hamburg 2003 T-Shirt, Stofffetzen und Buttons Ladyfest Wien 2004 Found Footage von flickr.com: Elo Vazquez/Ladyfest Südspanien 2007 & gaelx/Ladyfest Madrid 2009 Dank an Silke Graf, Ute Hölzl, Sushila Mesquita, Eva Trimmel und Iris Weißenböck für die Bereitstellung ihrer Devotionalien. Seit 2008 bist du Professorin für Erziehung und Bildung mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit an der Fachhochschule Kiel. Inwieweit lassen sich die Erkenntnisse aus den Auseinandersetzungen der Ladyfeste in die Institutionen tragen? Diese Frage ist gar nicht so leicht oder schnell zu beantworten. Zum einen ist es für mich selbstverständlich, aktuelle soziale Artikulationsweisen und Widerstandsformen zur Kategorie Geschlecht in der Lehre zu behandeln – und im idealen Fall auch weiter zu erforschen. Das ist mir ein großes Anliegen, insbesondere deshalb, weil ich mit Foucault davon ausgehe, dass erst die Analyse von Widerstand zeigen kann, welche Machtund Herrschaftsformen existieren. In meinem Verständnis kritischer Wissenschaft also quasi ein Dauerbrenner. Allerdings finde ich es sehr problematisch, dass Studierende immer weniger die Wahl haben, sich für Themen und Lehrende zu entscheiden – in so einem Klima, das obendrein noch durch Prüfungen und Scheine geprägt ist, ist die Thematisierung von prinzipieller Offenheit, D.I.Y. und der Infragestellung von Herrschaftsverhältnissen bisweilen paradox. Andererseits erlebe ich Studierende auch immer wieder als sehr interessiert und begeistert bei Themen wie Riot Grrrl oder Ladyfeste, und aktuell sind einige auch involviert in die Organisation von Kiels erstem Ladyfest! l Melanie Groß beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Ladyfesten und queer-feministischen Widerstandsformen. Sie ist Teammitglied des Feministischen Instituts Hamburg, www.feministisches-institut.de. Publikationen (Auswahl): Geschlecht und Widerstand. post..|queer..|linksradikal. Ulrike Helmer 2008; riot grrrls und ladyfeste – Angriffe auf die heterosexuelle Matrix. In: Gabriele Rohmann (Hg.in): Krasse Töchter. Mädchen in Jugendkulturen. Archiv der Jugendkulturen 2007, S. 71–81. impressum Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: [email protected], [email protected], www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, [email protected], T.01/920 16 78, Vina Yun, [email protected], T. 01/920 16 76 Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, [email protected], [email protected] l Termine, Tipps: Vina Yun, [email protected] l Inserate: Michèle Thoma, [email protected] l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh, Andrea Heinz/han, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/ viyu l Praktikum: Katharina Weßels/kw l Texte: Claudia Amsler/claude, Persson Perry Baumgartner, Mirjam Bromundt/mij, Christine Erharter, Denice Fredriksson, Lela Gahleitner, Silke Graf, Judith Goetz, Beate Hammond, Regina Himmelbauer, Ute Hölzl, Gabi Horak, Leela, Mia Kager/miak,Ursula Knoll, Birge Krondorfer, Clara Luzia, Alice Ludvig, Katharina Ludwig, Bärbel Mende-Danneberg, Sushila Mesquita, Gabriele Migdalek, Ute Mörtl, Atma Pöschl, Rosa Reitsamer, Verena Stern/vers, Eva Trimmel, Iris Weißenböck, Katharina Weßels/kw, Elke Zobl l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Inés Bacher, Silke Graf, Nadine Kappacher l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bianka Tschaikner, Lina Walde, Zappho l Fotos: an.schläge-Archiv, CBG Network, Jeffrey Dismer, Dontworry/wikicommons, Four Music, gaelx/flickr, H.A.P.P.Y., heartbeaz/flickr, Ute Hölzl, Gabi Horak, http://endforcedsterilisation.wordpress.com, Ursula Knoll, Ladyfest Trier, Ladies Manjoe/flickr, Michael Mann, Laura Moreno, NFP marketing & distribution*, Heldi Pema, Südwind Agentur, UK Health Education Council, Elo Vasquez, VIDC, Kurt Wachter/FairPlay, www.dexiner.com l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druck- erei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002 24 l an.schläge Juli August 2010 an.sprüche Arbeiten am Körper Was kann Körperarbeit, und was machen eigentlich Körpertherapeut_innen? Während Atma Pöschl mit tantrischer Körperarbeit die „innere Haltung” zu stärken versucht, hinterfragt Lela Gahleitner, klassische Physiotherapeutin, den „Haltungshintergrund” ihres Berufsfeldes. Illustration: Bianka Tschaikner Tantrische Körperarbeit? Kaum ein Job produziert so viele unterschiedliche Fantasien und Projektionen wie meiner. Ziel meiner Arbeit ist Gefühlsöffnung, volle Körperlebendigkeit und Ausdehnung der sexuellen Energie in den ganzen Körper – nicht kurze Triebabfuhr. Ein Orgasmus mag Wegbegleiter sein – neben Angst, Trauer, Schmerz –, aber nicht das Ziel: Nähe, das wissen wir alle, kann auch sogenannte negative Gefühle triggern. Der Körper speichert Erinnerungen, die bei Berührung an die Oberfläche steigen. Mit diesen Emotionen, die meist nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sind Liebende oft überfordert. Für Frauen, die Verantwortung dafür übernehmen wollen, ist meine Arbeit ein neutraler, liebevoller Rahmen für ihre Körpererinnerungen und ihre Lust. Meiner Ansicht nach ist Berührung ein guter Weg, um traumatische Gewebe- und Gefühlserstarrung aufzulösen und verlorenes Empfinden wieder zu wecken. In diesem Sinne reicht die Bandbreite der Motivation, tantrische Körperarbeit zu konsumieren, vom Einfach-genießen-Wollen bis hin zu medizinischen Diagnosen wie Adipositas, Magersucht und Borderline. Dabei kooperiere ich mit PsychotherapeutInnen, die mein Angebot weiterempfehlen. Transsexuelle begleite ich zum Beispiel zur Operation und danach, und für Frauen mit Behinderung biete ich Sexualbegleitung. Das kann bedeuten, dass ich frau zeige, wie sie sich selbst berühren kann oder sie individuell dabei unterstütze, ihre Sexualität zu leben. Nicht zuletzt arbeite ich mit Paaren, denen ich zeige, wie sie sich berühren und massieren können. Während die Sau rauszulassen und sie zu unterdrücken zwei gleichermaßen unentspannte Seiten der Medaille unserer christlich geprägten Kultur ausmachen, ist ein natürlicher, würdevoller Umgang mit Sexualität meine Stärke und ein Wesenszug tantrischer Körperarbeit. Frauen eröffnet diese noch recht neue Form der Berührung und Prozessbegleitung spannende Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Sexualität als Praxisfeld: Weil Sex immer wieder neu zu erforschen und voll immenser Power ist! Atma Pöschl ist Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung. www.praxis-arsenal.at. Kontakt: [email protected], T. 0699/11784060 Ich mache gerade die Physiotherapie-Ausbildung, also eine bald hundert Jahre alte Form der Körperarbeit. Als Krankengymnastinnen haben sie einst begonnen, mit den Verwundeten des Ersten Weltkriegs. Bewegung ist in der Physiotherapie alles. Und für eine mögliche Bewegung braucht es immer einen Haltungshintergrund. Das war schon eigenartig damals, als ich in meinem Referat zu Bewegung dann auch von der nationalsozialistischen gesprochen hab. Und beim Haltungshintergrund fällt mir immer die Frage nach den Einstellungen zu bestimmten Themen ein. Obwohl ich weiß, dass das alles gar nicht gemeint ist – denn die Physiotherapie behandelt ja „nur” den Körper – wehre ich mich dagegen, dass davon keine Rede sein soll. Denn: Was soll das überhaupt sein, so ein Körper? Und was macht denn eine Frau, die mir gegenübersitzt, zu einer Frau, und was ist so wichtig daran? Ich merke, dass das Fragen sind, über die nur wenige meiner KollegInnen bereit sind, mit mir zu diskutieren. Was ich da denke, fühlt sich nicht wie Körperarbeit an, ist verkopft und nicht das, worum es geht. Und worum geht’s? Ums Behandeln und Hingreifen. Nicht nur reden – tun. Körperarbeit ist also direkt und unmittelbar: Die Schmerzen verringern oder verschwinden lassen ist ziemlich cool, den Schmerz provozieren oder verstärken weniger, denn bei Ersterem werde ich angelächelt, bei Zweiterem muss ich mich rechtfertigen. Dauernd soll ich Erklärungen liefern, aber eben immer im Rahmen: im physiotherapeutisch-natürlich-körperlichen. Und der ist mir als Soziologin zu eng. Bloß ist der soziologische meistens zu kompliziert. Was bleibt, und das ist einfach gehalten, ist: Ich mache mir mit meiner Patientin etwas aus, frage sie nach ihrem Hauptproblem, biete ihr eine Lösung an, erkläre, was ich mir dazu denke – und da hat mir auch das soziologische Wissen schon oft geholfen – und was helfen könnte. Das probieren wir dann – und wenn es funktioniert, ja, dann ist es fein. Da macht dann Körperarbeit direkt glücklich, beide nämlich. Lela Gahleitner ist Soziologin und hat soeben ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin abgeschlossen. Juli August 2010 an.schläge l 25 zeitausgleich arbeitsfragen in allen lebenslagen Text: Bärbel Mende-Danneberg, Illustration: Nadine Kappacher Alt und faul Nun schaukle ich also alt-fett-faul in der sozialen Hängematte. Wie ich da reingekommen bin? Ganz einfach: die Gnade der frühen Geburt. Ich genieße die Früchte eines langen Arbeitslebens in unterschiedlichen Berufen mit wechselnden Lebensabschnittspartnern, zwei Kindern und zwei Enkelkindern, streckenweise allein lebend. Angefressen? Nicht wirklich. Schließlich habe ich ein Grundeinkommen. Allerdings bescheiden und nicht bedingungslos. Die Bedingungen für meinen Pensionsanspruch sind schwer erarbeitet. Ach was: erkämpft! Das waren noch Zeiten, als ich jung war. Keine Pille, keine Waschmaschine, Windeln am Herd auskochen, kein Karenzgeld, Mutterschutz sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, keine Kindergärten, 45-Stundenwoche, Samstagarbeit. Aber es gab ein großes Wunder, das sie Wirtschaft nannten. Also Arbeit in Hülle und Fülle, nicht nur unbezahlte. Ich Frau war sehr gefragt – als Schneiderin in der Fabrik, als Au-pair in London, in Berlin als Krankenschwester, als Kneipenwirtin (da war ich mir selbst Arbeitgeberin) und dann als Journalistin in Wien. Überall offene Wirtschaftshände für mich Fräulein Wunder. Und natürlich habe ich (fast immer) brav eingezahlt in die Pensionskassen. Ging ja auch gar nicht anders. Denn im Unterschied zu heute gab es fast nur „gesicherte” Arbeitsplätze, bei denen dir sofort das Gerstl für die Pension (Generationenvertrag) abgezogen wurde. War ja auch irgendwie ein Glück für mich, siehe Hängematte. Dennoch bin ich wütend. Es wird gehetzt gegen langes Leben, gegen Normalarbeitsverhältnisse und staatliche Vorsorge. Uns Grauhaarigen wird Altersgeiz unterstellt, unser Pensionsluxus auf Mallorca sei für die Jungen ein provokanter Lebensstil. Meinen die etwa mich? Wenn ich nicht gerade in der Hängematte liege und „an.schläge” lese, versorge ich Enkelkinder, greife den prekär beschäftigten Töchtern finanziell unter die Arme. Die Pflege meiner demenzkranken Mutter über vier lange Jahre hat mich nicht jünger gemacht, und ich schreibe mir unbezahlt die Finger wund. Wen also meinen die? Bärbel Mende-Danneberg, nicht fett, nicht faul, aber mit 67 schon in die Jahre gekommen. Journalistin, Herausgeberin und Autorin verschiedener Bücher, u.a. „Alter Vogel, flieg! Tagebuch einer pflegenden Tochter“. Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh. tumblr.com 26 l an.schläge Juli August 2010 mindestlohn Wenig Hoffnung auf adäquates Einkommen In Deutschland beantwortete Schwarz-Gelb die Anfrage der Fraktion Die Linke nach einem gesetzlichen Mindestlohn negativ. Die Argumentation: Die Regierung besitze nicht die Kompetenzen, um ein solches Vorhaben rechtfertigen zu können. Welche Branche welchen Lohn auszahlen will, sei durch die Tarifautonomie bestimmt. Verhandlungen, die Tarifänderungen vorsehen, müssten von den jeweiligen Sozialpartnern getätigt werden. Mehrheitlich leiden Frauen unter Niedriglöhnen. Jede dritte deutsche Frau verdient weniger als 9,85 Euro pro Stunde (bei Männern sind es knapp 14 Prozent). Dass sich der Gender Pay Gap – derzeit 23 Prozent – nicht schließt, verwundert daher nicht. Die Forderung eines gesetzlichen Mindeststundenlohns von 8,50 Euro wurde vom Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 18. Mai beschlossen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer am deutschen Horizont ist die von Arbeitgeber_innen, Arbeitnehmer_innen und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vereinbarte Einführung des gesetzlichen Mindestlohns für Pflegekräfte mit 1. August. Wermutstropfen hierbei: Der Stundenlohn beträgt 8,50 Euro im Westen und mickrige 7,50 Euro im Osten. Nicht genug damit, sperrt sich nun Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gegen die Vereinbarung. Er möchte, dass sich das Kabinett mit dem Mindestlohn befasst und dass dieser bis 2011 begrenzt wird. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ruft zu einer Briefbzw. Fax-Protestaktion auf, um die Mindestlohnvereinbarungen für den Pflegebereich durchzusetzen. Pflegearbeit ist eine der am stärksten belastenden Tätigkeiten – physisch wie psychisch. Besonders viele Pfleger_innen klagen über Gesundheitsprobleme, vor allem durch schwierige Körperhaltungen oder Hantieren mit schweren Lasten. Außerdem wird Pfleger_innen eine besonders hohe Arbeitszeitflexibilität, inklusive Nacht- und Wochenenddiensten abverlangt. Nicht zuletzt leiden viele von ihnen unter Zeitdruck sowie Arbeitsüberlastung. Gleichzeitig ist die Pflegearbeit noch immer Frauensache – im Jahr 2008 waren 86 Prozent der Pflegebediensteten in Deutschland Frauen. miak/trude www.frauenrat.de, www.verdi.de einkommenstransparenz Großer Plan, kleine Schritte Nach schwedischem Vorbild müssen in Österreich ab 2011 die Einkommen von Betrieben mit mehr als eintausend Mitarbeiter_innen anonymisiert veröffentlicht werden. Betroffen sind von dieser Regelung ca. 200 Betriebe, d.h. rund 15 Prozent aller Arbeitnehmer_innen. Diese Unternehmen müssen einen jährlichen Einkommensbericht erstellen, in dem die durchschnittlichen Löhne und Gehälter von Frauen und Männern in vergleichbaren Positionen betriebsintern aufgezeigt werden. Nachdem allerdings für säumige Betriebe keine Sanktionen zu erwarten sind, ist fraglich, inwieweit die neue Verpflichtung umgesetzt werden wird. Die Transparenz soll jedenfalls helfen, die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (derzeit bei 18 Prozent) zu verkleinern. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wollte ursprünglich die Einkommenstransparenz für Unternehmen ab 25 Mitarbeiter_innen und mit Sanktionen bei Weigerung der Veröffentlichung durchsetzen – stattdessen kommt nun bloß ein Stufenplan über mehrere Jahre: Im Jahr 2012 gilt die Regelung für Betriebe ab 500 Mitarbeiter_innen, 2013 an.riss arbeit wissenschaft ab 250 Mitarbeiter_innen – bis 2014 werden damit vierzig Prozent der Beschäftigen erfasst sein. SPÖ und Gewerkschaften freuen sich über den Beschluss, Kritik kommt u.a. von den Grünen. Die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner sieht „keinen Meilenstein” und „bestenfalls einen Anstoß zur Sensibilisierung”. Auch auf Facebook formiert sich Widerstand samt Praxisanleitung: Die Gruppe „transparente gehälter und einkommen konkret”ruft dazu auf, das eigene Einkommen – ganz ohne Anonymität oder Parteiapparat – auf der Pinnwand offenzulegen. be www.diestandard.at, www.frauen.spoe.at, www.facebook.com/group. php?gid=370305217343&v=wall kunstarbeitsmarkt Infos für prekäre Künstler_innen Hoher Identifikationsgrad, großes Engagement, unterdurchschnittliches Einkommen und geringe soziale Absicherung – all das sind typische Merkmale von Menschen, die im Bereich Kunst und Kultur arbeiten. Für diese Nutzer_innenguppe des Arbeitsmarktservice (AMS) hat der Kulturrat Österreich die Infobroschüre „Selbstständig – Unselbstständig – Erwerbslos” herausgebracht. Der Kulturrat ist ein Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden. Er setzt sich gegen Prekarisierung und für Transparenz und Meinungsvielfalt ein. Die 44 Seiten starke Broschüre beleuchtet die Entwicklung des Arbeitsmarktes für Kunstschaffende in Österreich. Weitere Schwerpunkte sind Arbeitslosengeld, Selbstständigkeit, Karenz und wie man Problemen mit dem AMS begegnen kann. Ziel ist die Aufklärung über die Rechte der Betroffenen. Bei der Erstellung der Broschüre hat der Kulturrat mit Abteilungen des AMS, dem Sozialministerium (bm:ask) und der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft zusammengearbeitet, um verbindliche aktuelle Informationen zu liefern. fis http://kulturrat.at/agenda/ams/infoAMS online-test Hausarbeitende Männer? sucht Nichtraucherinnentag Marlboro Man und seine Freunde waren in den 1970er-Jahren Vorbild für 85 Prozent der männlichen und 15 Prozent der weiblichen Raucher_ innen. Seitdem steigt die Zahl der qualmenden Frauen stetig – in Österreich greift mittlerweile rund jede dritte erwachsene Frau zur Zigarette. Besonders gefährlich ist, dass bereits 27 Prozent aller Jugendlichen unter 15 Jahren mindestens einmal pro Woche rauchen. Der Weltnichtrauchertag am 31. Mai stand heuer unter dem Motto „Geschlecht und Tabak”. Die Tabakindustrie setzt zunehmend auf Konsumentinnen, da diese weltweit betrachtet noch eine wenig erschlossene Zielgruppe darstellen. „Der Anstieg der weiblichen Raucherkarrieren ist eine traurige Erfolgsstory. Frauen emanzipierten sich beim Rauchen, aber beim Raucherausstieg haben sie viel weniger Engagement als ihre männlichen Kollegen”, erklärte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe Paul Sevelda in einer Presseaussendung. Eine von Pfizer in Auftrag gegebene Studie kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis: Männer wie Frauen benötigen demnach durchschnittlich drei Versuche, um das Rauchen aufzugeben. fis www.krebshilfe.net, www.pfizer.at Ein Online-Test bringt das Ergebnis: Die Bereitschaft der Männer, unentgeltlich Hausarbeit zu leisten, ist erheblich gewachsen – zumindest unter weißen nordamerikanischen Männern. Ilona Jerabek, Präsidentin von PsychTests AIM, konzipierte jüngst einen Fragenkatalog mit 126 Fragen, der die genderspezifischen Verhaltens- und Denkmuster der zu Befragenden durchleuchten sollte. Bisher nahmen 300 Frauen und 200 Männer an der Online-Befragung teil, von repräsentativer Aussagekraft kann also keine Rede sein, auch wenn das bisherige Ergebnis zum Träumen anregt – oder auch Anlass zur Verwunderung gibt: Angeblich sind Männer willig, die Aufgaben im Haushalt gerecht zwischen der Partnerin und sich selbst zu verteilen, allerdings gaben die meisten weiblichen Befragten an, die Umverteilung der Pflichten im Privathaushalt auf beide Parteien nicht zu unterstützen. Jerabeks Interpretation nach handeln die Frauen nach dem Motto: Geteilter Haushalt ist gut, Kontrolle über alle haushälterischen Tätigkeiten ist besser. Was sich in Haushaltsangelegenheiten jedoch zu kontrollieren lohnt, sei hier dahingestellt. miak auszeichnung Museumspreis für Wiener Verhütungsmuseum Bahnbrechende Arbeiten, innovative Denkansätze und das Aufgreifen kontroversieller Themen würdigt der 2010 erstmals vom „European Museum Forum” vergebene Kenneth-Hudson-Preis, der nun dem Wiener Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch verliehen wurde. 2007 eröffnete Johanna Dohnal das weltweit einzigartige Museum, das Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen und didaktischen Aufbereitung heikler Themen rund um Sexualität und Schwangerschaftsabbruch leistet. Vom Fischblasenkondom über die Entwicklung der Pille bis hin zum Küchentisch der Engelmacherinnen findet sich auf rund hundert Quadratmetern Anschauungsmaterial zum Thema Fruchtbarkeit und Gesellschaftspolitik. mij www.womensenews.org, Test: http://testyourself.psychtests.com/testid/2435 (Version für Verhütungsmuseum: 1150 Wien, Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock, Öffnungszeiten: Mi bis Frauen) bzw. http://testyourself.psychtests.com/testid/2436 (Version für Männer) So 14–18.00, www.muvs.org Juli August 2010 an.schläge l 27 frauenbericht Fakten zertrümmern Mythen Der österreichische Frauenbericht ist eine Fundgrube an Fakten und Zahlen – allesamt geeignet, diverse Scheinargumente gegen Frauenförderung zu demaskieren. Mythos: Frauen sind eh schon gleichberechtigt. Fakt ist: Sie sind es nicht! Von Gabi Horak Frauen noch schwerer, Vollzeitjob und Familie zu vereinbaren. Foto: Jeffrey Dismer Frauenbericht 2010. Bericht betreffend die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008. Hg. Von Bundesministerium für Frauen. Bestellung: broschuerenversand@ bka.gv.at 28 l an.schläge Juli August 2010 Mythos: Frauen arbeiten nur Teilzeit, weil sie das so wollen. Fakt ist: Rund vierzig Prozent der Frauen in Teilzeit geben an, dass dies aufgrund von Betreuungspflichten notwendig sei. Fast zehn Prozent aller erwerbstätigen Frauen wünschen sich längere Arbeitszeiten. Bei den Männern wünschen sich das nur knapp drei Prozent, wobei über siebzig Prozent ohnehin schon vollzeitbeschäftigt sind. Außerdem findet jede fünfte Frau, dass ihre Tätigkeit nicht ihrer Qualifikation entspricht. Mit einer Teilzeitquote von 41,5 Prozent liegen Frauen in Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt von 31 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren ist die Vollzeiterwerbstätigkeit bei Frauen zurückgegangen, dafür hat Teilzeitarbeit massiv zugenommen. Gesetzliche Neuerungen haben das Problem verschärft: Nach der Novelle des Arbeitszeitgesetzes 2007 – wonach die tägliche/wöchentliche Arbeitszeit weiter ausgedehnt werden kann – wurde es für Mythos: Frauen verdienen nur deshalb weniger, weil sie öfter Teilzeit arbeiten. Fakt ist: Selbst wenn das Lohngefälle um Effekte wie geringere Beschäftigung, Segregation, Alter und Ausbildung bereinigt wird, verdienen Frauen immer noch um 18 Prozent weniger – ohne ersichtlichen Grund. Auch vollzeiterwerbstätige Frauen verdienen nur 78 Prozent des Einkommens der Männer. Insgesamt (nach EU-Berechnung) liegt der Bruttostundenverdienst von Frauen sogar 25 Prozent unter dem der Männer. Der EU-Durchschnitt: 18 Prozent. Die Gründe: Branchen mit niedrigem Einkommen haben einen besonders hohen Frauenanteil, aber auch innerhalb der Branchen und Berufe verdienen Frauen deutlich weniger als ihre Kollegen, besonders Arbeiterinnen. Zwar sind Frauen immer besser gebildet, allerdings ändert das nichts an der Einkommensdiskriminierung – bei Berufseinsteigerinnen hat diese seit 1995 sogar noch weiter zugenommen. Mythos: Frauen sind deshalb nicht in Führungspositionen, weil sie schlechter ausgebildet sind. Fakt ist: Frauen sind mittlerweile besser ausgebildet als Männer. Berufliche Weiterbildung müssen sie im Gegensatz zu Kollegen jedoch öfter in der Freizeit absolvieren – trotzdem tun sie es häufiger als Männer. Nicht zuletzt führt die hohe Teilzeitrate bei Frauen dazu, dass sie die Karriereleiter nicht hinaufkommen. Insgesamt benötigen Frauen ein besseres Bildungsniveau, um bestimmte Positionen zu erreichen, die von Männern auch mit geringerer Qualifizierung eingenommen werden. Noch immer herrscht sowohl bei der Ausbildung als auch am Arbeitsmarkt eine starke Segregation: Frauen studieren kaum Technik, wählen traditionelle Lehrberufe (die Hälfte aller weiblichen Lehrlinge sind im kaufmännischen Bereich), arbeiten im Gesundheits-, Sozial-, Dienstleistungsbereich oder als Lehrerinnen. Viele dieser Frauenberufe haben eines gemeinsam: Sie sind schlecht bezahlt und bieten kaum Aufstiegschancen. Mythos: Frauen wollen keine Kinder mehr, weil sie lieber Karriere machen. Fakt ist: Junge Frauen wünschen sich mehr Kinder; wenn sie älter werden, zeigt sich aber, dass das nicht zu realisieren ist. Eine Frau in Österreich bekommt durchschnittlich 1,4 Kinder. Rund zwanzig Prozent der Frauen bleibt kinderlos. Auch bei den Männern steigt die Wunschkinderzahl mit dem Alter übrigens an. Derzeit gehen vier Prozent der Männer in Elternkarenz. Die Geburt eines Kindes stellt für Frauen nach wie vor einen nachhaltigen Ein- oder sogar Rückschritt in der Erwerbskarriere dar. Der Wiedereinstieg ist schwierig: Über ein Drittel der vor dem Kind erwerbstätigen Frauen ist selbst 32 Monate nach der Geburt ohne Beschäftigung. Kehren Frauen zurück zur Arbeit, reduzieren sie meist die Stunden auf Teilzeit. Bei Vätern ist es eher umgekehrt: Sie arbeiten sogar mehr. Der Vergleich von Frauen mit und ohne Kinder zeigt: Die Erwerbsquote kinderloser Frauen ist in den letzten Jahren auf hohem Niveau stetig gestiegen. Mythos: Frauen mit Kindern sind heim spiel leben mit kindern durch Sozialleistungen sehr gut versorgt, immerhin gibt der Staat viel Geld dafür aus. Fakt ist: Alleinerzieherinnen und Haushalte mit vielen Kindern zählen zu den am stärksten armutsgefährdeten Gruppen. Der Lebensstandard von Frauen ist oft von der Höhe der Einkünfte des Partners abhängig. Allein lebende Frauen haben einen um 17 Prozent geringeren Lebensstandard als allein lebende Männer. In den letzten zehn Jahren ging die Zahl der Bezieherinnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe um ein Viertel zurück. Vor allem die Notstandshilfe wird schnell gestrichen, weil das Einkommen des Partners, das bei der Berechnung berücksichtigt wird, zu hoch ist. Die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld wurden in den letzten zwanzig Jahren sukzessive verschärft, was das ohnehin bereits niedrige Leistungsniveau für Frauen mit Kindern weiter reduzierte. Ein Viertel der alleinlebenden Frauen ist armuts- eigenständigen Absicherung. 2008 betrug die neu zuerkannte Eigenpension für Frauen durchschnittlich 802 Euro. Mythos: Wir haben keinen Pflegenotstand. Fakt ist: Für viele Frauen herrscht Notstand, denn sie müssen ihre PartnerInnen und Eltern pflegen – neben oder statt Job, Karriere und Freizeit. Und angesichts der demografischen Alterung wird sich die Situation noch massiv verschärfen: Bis 2030 werden um zwei Drittel mehr Männer Pflegegeld beantragen und um zwei Fünftel mehr Frauen. Fast achtzig Prozent der pflegenden Angehörigen sind Frauen. Knapp ein Drittel ist nebenher erwerbstätig, die Hälfte der pflegenden Angehörigen hat aber kein Einkommen oder eines unter 700 Euro netto. Zwanzig Prozent der pflegenden Angehörigen haben keine Pensionsversicherung. Der tatsächliche Unterschied im Pensionszugangsalter ist nur gering. Frauen können sich eine frühere Pensionierung nämlich schlichtweg nicht leisten. gefährdet, ebenso ein Drittel der allein lebenden Pensionistinnen. Mythos: Frauen dürfen fünf Jahre früher in Pension gehen als Männer und das ist nicht fair. Fakt ist: Der tatsächliche Unterschied im Pensionszugangsalter ist nur gering. Frauen können sich eine frühere Pensionierung nämlich schlichtweg nicht leisten. Und außer der Anerkennung der Kindererziehungszeiten wurden bisher auch kaum weitere Schritte für den Ausbau der eigenständigen Alterssicherung gesetzt. Zudem ist die letzte Phase der Erwerbsarbeit vielfach geprägt durch die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen bei gleichzeitiger finanzieller Abhängigkeit vom Ehepartner. Ist das fair? Pensionistinnen müssen mit rund 57 Prozent des Einkommens von Pensionisten auskommen – ein Resultat des niedrigeren Einkommens, der Berufsunterbrechungen und der fehlenden Mythos: Wir brauchen keine Zuwanderung, MigrantInnen nehmen uns nur Arbeitsplätze weg. Fakt ist: Frauen migrantischer Herkunft sind in geringerem Maße erwerbstätig als im Inland geborene Frauen, sie sind deutlich öfter arbeitslos, verdienen nur rund zwei Drittel des Durchschnittseinkommens von Österreicherinnen und sind mehr als doppelt so oft armutsgefährdet. Die Zahl der Frauen in Österreich konnte zuletzt nur durch Zuwanderung wachsen. 2009 waren 17 Prozent der weiblichen Bevölkerung ausländischer Herkunft. Sie bekamen deutlich mehr Kinder als Mehrheitsösterreicherinnen. Migrantinnen sind öfter Arbeiterinnen als Österreicherinnen und öfter in atypischen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Sie verdienen nur 68 Prozent des Bruttojahreseinkommens der in Österreich geborenen Frauen. l 3 Tage reichen 9 bis 12:3 0 10 bis 14 nac hts nie Alice Ludvig Frankreich! Mein Sohn geht seit Ende Februar in eine – private – Krippe, deren Namen ich hier verschweige. Sie liegt am Rande des achten Bezirks. Tatsache ist, dass er damals noch nicht ganz sechs Monate alt war. Als Alleinerzieherin ohne Alimentebezug habe ich ihn, sobald ich nach seiner Geburt dazu fähig war, gleich für einen städtischen Krippenplatz angemeldet. Ich dachte: In Frankreich geht das ja auch! Dort waren 2006 achtzig Prozent der Frauen zwischen zwanzig und 45 Jahren erwerbstätig. Von welcher Qualität diese Jobs sind und wie viele Teilzeitjobs sich dahinter verbergen, steht – wie so oft – nicht in der Statistik. Gleichzeitig besuchten im besagten Jahr alle 2,6 Millionen Kinder zwischen drei und sechs Jahren die sogenannten Vorschulen (école maternelles). Deren Besuch ist wohlgemerkt freiwillig. In Wien erhalte ich hingegen weiterhin Absagen von der städtischen zuständigen Behörde: „Leider kein Platz frei.” Nur durch einen Zufall und viel Beharrlichkeit wurde er in besagter – privater – Krippe aufgenommen. Als jüngstes Mitglied macht er sich ganz gut dort. Zurzeit bleibt er werktags von zehn Uhr am Vormittag bis zwei Uhr am Nachmittag da. Nicht lange, wie einige wohl sagen würden. Nun sind durch einen weiteren Zufall mehrere Plätze in einer anderen, privaten und von mir sehr favorisierten Krippe frei geworden. Beim Infoabend stellte sich heraus, dass dort die Kleinen ab zwölf Monaten von neun bis halb eins betreut werden würden. Zwei der fünf anwesenden Mütter (ein einziger Vater war als Begleitung gekommen) fragten, ob ihr Kind auch an nur drei Tagen in der Woche hingehen könnte. Ich war baff – mir waren diese Zeiten eindeutig zu kurz und unflexibel. Doch ich wagte weder das anzusprechen, noch versuchte ich mir aktiv vorzustellen, dass es in Frankreich sogar Krippen gibt, die auch nachts geöffnet haben. Dort schlafen die Kinder dann. Warum ist so etwas zwei Länder weiter noch nicht einmal andenkbar? Alice Ludvig ist Alleinerzieherin und lebt in Wien. Juli August 2010 an.schläge l 29 männlichkeiten Kriechend zum Mann werden Pınar Selek befasst sich in ihrem Buch „Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt” mit der Institution des Militärs und ihrer (Re-)Produktion von männlichen Identitäten in der Türkei. Verena Stern traf die Soziologin zum Interview. Pınar Selek, 1971 in Istanbul geboren, ist Soziologin und eine der führenden feministischen Friedensaktivistinnen der Türkei. 1998 wurde ihr vorgeworfen, im Auftrag der PKK eine Bombe auf einem Istanbuler Markt gezündet zu haben. Sie verbrachte zunächst zweieinhalb Jahre im Gefängnis und ging – obwohl sie inzwischen freigesprochen wurde – vor Kurzem ins Exil nach Deutschland, da sie in der Türkei noch immer nicht sicher leben kann. Mitte Mai war Pınar Selek auf Einladung des VIDC (Wiener Institut für internationalen Dialog und Zusammenarbeit) und der Forschungsgruppe IN:EX vom Institut für Politikwissenschaft in Wien, um in einem Workshop ihre Studie „Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt” zu diskutieren. Dafür hatte sie mit ihrer Forschungsgruppe 58 Interviews mit Männern über deren Erlebnisse während des Militärdienstes geführt. an.schläge: Als Feministin haben Sie Männer in den Fokus genommen und einen Abschnitt in deren Leben analysiert. Warum? Pınar Selek: Weil ich Feministin bin! (lacht) Eine wichtige Fragestellung des Feminismus ist, wie Geschlechterverhältnisse (re-)produziert werden, insbesondere um zu verstehen, wie das Patriarchat funktioniert. Gesellschaftliche Gewalt beruht stark auf Sexismus. Ich wollte wissen, wie dessen Akteure funktionieren. Allerdings nicht nur auf einer erklärenden Ebene, sondern auch im Sinne einer Dekonstruktionsarbeit. Existiert eine Kritische Männlichkeitsforschung in der Türkei? Diese hat sich gerade erst entwickelt. Vor der Publikation meines Buches gab es dazu keine Veröffentlichungen, danach kamen ein bis zwei dazu. In der letzten Zeit findet immer mehr Forschung an den Universitäten zum Thema Männlichkeit statt, und auch in der 30 l an.schläge Juli August 2010 Foto: VIDC feministischen Forschung der letzten Jahre wurde die Frage der Männlichkeit immer präsenter. Vor einem Jahr wurde die Gruppe „Wir sind keine Männer” gegründet. Diese hat sich zu einer populären Bewegung von hetero- und homosexuellen Männern entwickelt, die sich als Oppositionelle sehen und unter anderem Kritik am Militär üben. AMARGI und andere feministische Gruppen unterstützen diese Bewegung und zeigen sich solidarisch. Wie wurde Ihr Buch in der Türkei rezipiert? Ungleiche Geschlechterverhältnisse wurden immer als Problem der Frauen betrachtet. Dadurch, dass ich in der Öffentlichkeit Männlichkeit zum Thema gemacht habe, wurde dies auch von Gewerkschaften und politischen Parteien aufgegriffen. Das Buch ist in der Türkei seit eineinhalb Jahren am Markt und erscheint mittlerweile in der vierten Auflage. Es wurde breit rezensiert und hat auch einen Preis gewonnen. Nach dem Erscheinen des Buches war ich jedoch nur noch sechs Monate in der Türkei, danach musste ich alles aus der Entfernung beobachten und konnte auch an der Diskussion nicht teilhaben. Warum war Ihnen die deutschsprachige Ausgabe ein Anliegen? Im Vorwort der deutschsprachigen Ausgabe sage ich, dass ich hiermit eine Einzelheit erzähle, die Teil des Großen ist, die es möglich macht, auch über das große Gesamte etwas zu sagen. Die Erfahrungen von anderen zu hören, impliziert auch die Funktion eines Spiegels. In Deutschland sind es oft feinere, aber in die Tiefe gehende Mechanismen von Männlichkeit, wie zum Beispiel gesellschaftliche Anerkennung über beruflichen Erfolg zu erhalten. Auch das erfüllt eine Funktion, nicht unbedingt wie beim Militär, aber das zu analysieren, kann eine Aufgabe für Feministinnen hier darstellen. männlichkeiten Welche Unterschiede bzw. Parallelen können Sie in den feministischen Bewegungen Deutschlands und der Türkei ausmachen? Überall gibt es mehrere feministische Bewegungen, die nicht homogenisiert werden können, was mir jedoch auffiel, ist, dass diese in Deutschland eher institutionalisiert sind und nicht unbedingt im Dialog miteinander stehen. In der Türkei wird mehr auf der Straße gearbeitet. Zudem haben theoretischradikalere Zeitschriften – also nicht die „Emma”, sondern theoretisch fundierte – in Deutschland weniger Breitenwirkung. In der Türkei scheint der Link zwischen Akademia und politischer Bewegung besser zu gelingen. Wir geben beispielsweise die feministische Zeitschrift „AMARGI” heraus, die sich mit theoretischen Fragen des Feminismus beschäftigt. Davon verkaufen wir 3.000 Stück pro Ausgabe, was darauf hindeutet, dass wir damit auch Menschen außerhalb der Universitäten erreichen. Wie waren die Erfahrungen mit den Männern, die Sie für Ihr Buch interviewten? Wir haben bereits in der Forschungsphase unsere Zielsetzung offen dargestellt. Einige gaben ihre Antworten gerne für das Archiv und die Analyse her, wollten mit ihren Erzählungen im Buch jedoch nicht vorkommen, andere wollten ein Pseudonym. Daran haben wir uns gehalten. Dennoch sagt diese Angst sehr viel aus: Die Männer machen wichtige Erfahrungen, doch wenn es darum geht, diese öffentlich zu erzählen, machen sie einen Schritt zurück. Das hatte ich nicht erwartet. Wir haben als Team gearbeitet, aber die meisten Interviews wurden von den Männern unserer Forschungsgruppe gemacht. Insbesondere ältere oder aus konservativeren Strukturen stammende Männer hatten Probleme, ihre Erfahrungen einer Frau zu erzählen. Brauchen Männer einen eigenen Raum, über diese Dinge sprechen zu können? Es gibt in der Türkei viele Räume nur für Männer, doch dort sprechen sie nicht einfach über eigene Probleme. Es ist der Raum der Macht und Repräsentation, der Solidarität unter Männern. Dort werden viele Militär-Geschichten erzählt, jedoch keine wie im Buch. Sie werden eher als Anekdoten und Witze verpackt. Wenn sich die Gruppe „Wir sind keine Männer” institutionalisieren sollte, kommt es vielleicht zu einem Raum, der tatsächlich ein Forum dafür bietet. Welche Rolle spielt die Figur der Mutter bei Männlichkeitskonstruktion? In traditionellen Familien, und das betone ich, definiert sich die Identität der Mütter sehr stark über den Sohn. Daher wird an Traditionen festgehalten, und sie gibt ihr Bestes, um diese, also ihre Identität zu stärken. In der Türkei wird eine oft biologistisch argumentierte Unterscheidung zwischen Männern und Frauen akzeptiert. Ein Beispiel ist die Erfahrung des Mutter- darüber. Vielmehr gibt es reaktionäre Reaktionen. Dadurch, dass keine Kultur der Reflexion existiert, findet wenig Auseinandersetzung damit statt. Das Militär beispielsweise ist ein wichtiges, verdichtetes Laboratorium, in dem Männlichkeit reproduziert wird. Es ist eine der mächtigsten Institutionen der Türkei, jeder muss hin. Daran lässt sich viel über eine Gesellschaft ablesen. Wie steht es um den Militärdienst in der Türkei? Es gibt einige Männer, die den Militärdienst aufschieben, und ebenso viele, die ihn als Pflicht sehen, um danach reisen und ins Ausland zu dürfen oder arbeiten zu können. In der Öffentlichkeit herrscht eine große Akzeptanz gegenüber dieser Verpflichtung und insofern eine positive Bezugnahme zum „Das Militär ist ein wichtiges, verdichtetes Laboratorium, in dem Männlichkeit reproduziert wird.“ seins. Auch Zeitschriften sprechen von den besonderen Stärken der Frauen. Die Wissenschaft geht oft von Differenz aus. Doch Differenz ist meiner Meinung nach kein Grund, Männer und Frauen nicht gleich zu behandeln, und wir wissen selbstverständlich, dass es auch nicht nur zwei Geschlechter gibt. Ich bin gegen eine Angst vor dem Thema der Differenz, obwohl es natürlich darauf ankommt, wie Differenz thematisiert wird. Die Rolle des Vaters ist oft die Rolle eines Über-Vaters, der immer korrekt ist. Der Sohn sollte sich ebenso verhalten. Was, wenn der Vater nicht der Imago entspricht? Ändert das etwas in der Erzählung der Söhne? Die Figur des Vaters ist eine Fiktion. Zwischen den Generationen werden unterschiedliche Männer- und Vaterfiguren konstruiert. Dadurch kommt es zu Widersprüchen: Es entwickelt sich etwa Neues, das Alte ist aber immer noch präsent. Einige leiden darunter und leben genauso widersprüchlich. Andere lehnen die Figur des Vaters ab. Dennoch, im Vergleich zu Frauen stellen Männer ihre Identität kaum infrage, es gibt keine Diskussionen Militärdienst. In der Wahrnehmung der Gesellschaft ist es eine „verpflichtende Stufe der Männlichkeit”. Wie wird dann mit Militärdienstverweigerern umgegangen? Eine Deserteursbewegung gibt es seit den letzten zwanzig Jahren. Desertieren ist in der Türkei sehr schwierig. Man lebt in lebenslanger Unsicherheit, dazu kommt die permanente Gefahr der Gefängnisstrafe. Dennoch gibt es Hunderte, die sich politisch artikulieren und den Militärdienst auch aus politischen Gründen ablehnen. Sie kommen deshalb immer wieder ins Gefängnis. Dann gibt es politische Kampagnen für diese Leute und sie kommen wieder raus – doch die permanente Unsicherheit und eine ungewisse Zukunft bleiben. l Verena Stern ist Politikwissenschaftlerin in Wien. Links: www.pinarselek.com Link zur Petition des deutschen P.E.N-Zentrums für die Rehabilitierung von Pınar Selek: www. ps-signup.de www.vidc.org http://inex.univie.ac.at Literatur: Pınar Selek: Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt. Männliche Identitäten (Türkisches Original: „Sürüne Sürüne Erkek Olmak” – „Kriechend zum Mann werden”; Übersetzerin: Constanze Letsch), Orlando Frauenverlag, 2010 Juli August 2010 an.schläge l 31 an.riss kultur te der Golden Girls zurück. Über ihre Figur Blanche sagte McClanahan in einem Interview, sie sei „verliebt in das Leben und liebe die Männer”. Ähnlich schien sie es selbst auch im Privaten zu halten: Mindestens fünfmal war sie laut eigenen Angaben verheiratet, ihre Brustkrebserkrankung in den 1990ern bekämpfte sie erfolgreich. Ähnlich wie ihre Kollegin Beatrice Arthur engagierte sich McClanahan für den Tierschutz, hielt daneben Vorträge zur Aufklärung über HIV und Krebs. Das Alter, so schien es, war für Rue McClanahan keine furchteinflößende Sache: „Die Wahrheit ist, dass das Kind in uns, unsere Jugend und die junge Frau, die wir waren, in uns weiterlebt.” Sie starb im Kreise ihrer Familie. han http://diestandard.at interventionen Kunst gegen Rechts Heldi Pema, o.T., Wien 2010 © Heldi Pema ausstellung Kunst aus Osteuropa Drei KünstlerInnen aus (Süd-)Ost-Europa und der Türkei stellen noch bis Ende Juli ihre Werke in der Galerie ArtPoint aus. Unter dem Titel „Herrscher, Krieger und Maskierte” sind Bilder und Installationen von ˘ Tea Hatadi aus Kroatien, Heldi Pema aus Albanien und Ardan Özmenoglu aus der Türkei zu sehen. Sie beschäftigen sich mit Krieg, Aggression und Angst, stellen Fragen nach Herkunft und Identität. Die KünstlerInnen selbst sind im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms von KulturKontakt Austria in Wien, das sich an bildende KünstlerInnen und FotografInnen aus Ost-, Südosteuropa und der Türkei wendet und seit 1992 ausgeschrieben wird. Seit Beginn des Programms haben sich mehr als 5.500 KünstlerInnen beworben, mehr als 220 nahmen bisher teil. han Herrscher, Krieger und Maskierte, bis 30.7., Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universitätsstraße 5, Mo–Fr 14–18.00, Eintritt frei, www.kulturkontakt.or.at/air nachruf Rue McClanahan (1934–2010) Sie war der Vamp und das jüngste Mitglied in der Vierer-WG der „Goldenen Mädchen”: Nach Beatrice „Dorothy” Arthur im Jahr 2009 und deren Serienmutter Estelle „Sophie” Getty 2008 verstarb vor wenigen Wochen auch „Blanche Devereaux” alias Rue McClanahan 76-jährig an einem Schlaganfall. Sie lässt die 88-jährige Betty „Rose” White als letz32 l an.schläge Juli August 2010 Nicht stürzen, sondern neigen, lautet das Ergebnis der Ausschreibung zur Umgestaltung des Wiener Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus, die letzten Herbst von Studierenden der Universität für Angewandte Kunst und dem Künstler Martin Krenn gestartet wurde. Aus 220 internationalen Einsendungen wurde nun der Entwurf von Klemens Wihlidal ausgewählt. Er sieht vor, dass die Statue des antisemitischen Wiener Bürgermeisters der Jahrhundertwende, Karl Lueger, und ein Teil des Sockels um 3,5 Grad nach rechts geneigt werden. Die InitiatorInnen fordern nun von der Stadt Wien die Umsetzung. Anlässlich der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Wien gibt es von der „Galerie vor Ort” eine Ausschreibung, bei der es um „10 KünstlerInnen und das blaue Wunder” geht, das der Bundeshauptstadt am 10. Oktober, dem Wahltag, blühen könnte. Die Galeristinnen Michaela Göltl, Eva Müller, Ulli Klepalski und Barbara Pipan wünschen sich künstlerische Stellungnahmen, die „der Blauäugigkeit vorbeugen”. Bis 20. Juli können Konzepte oder Dokumentationen fertiger Arbeiten in allen Techniken per E-Mail an [email protected] geschickt werden. Die zehn ausgewählten Arbeiten werden ab Anfang September ausgestellt. sylk http://luegerplatz.com, www.galerievorort.at todestag Die Mumin-Mama Am 27. Juni 2001 starb die finnlandschwedische Schriftstellerin, Malerin, Comic-Autorin und Illustratorin Tove Jansson, die Mutter der Mumins. Geboren in Helsinki wuchs sie in einer KünstlerInnenfamilie auf. Das Ferienhäuschen der Familie am Meer fand sich später in der Welt der Mumins wieder – der Geschichte, mit der sie weltberühmt wurde. Mit 15 Jahren beendete Jansson die Schule, studierte Malerei in Stockholm, Helsinki und Paris. Später lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin, der Grafikerin Tuulikki Pietilä, auf einer kleinen Insel im finnischen Meerbusen, die Winter verbrachten sie in Helsinki, wo Tove Jansson auch ihr Atelier hatte. Schon ab 1938 verdiente sie ihr Geld mit Karikaturen und Pressezeichnungen. Gerne versteckte sie an den Rändern kleine Mumintrolle, der erste Mumin erblickte das Licht der Öffentlichkeit ausgerechnet auf einer Hitler-Karikatur. Für ihre Mumin-Bücher erhielt Tove Jansson u.a. den Hans-Christian-Andersen-Preis. Später erhielt sie den von Kindern gewählten, internationalen Preis „Kavalier des Lächelns”, den Internationalen Jugendbuchpreis, den Nils-Holgersson-Preis und noch viele mehr. han www.reprodukt.com, www.kulturhus-berlin.de Der Mumin rechts oben ist aus: MUMINS 1 – Die gesammelten Comic-Strips von Tove Jansson, Reprodukt 2009 kalender Zweitausendelf mitgestalten lebenslauf auch feministinnen altern Der Queerfeministische Kalender geht in die zweite Runde und freut sich über Beiträge. Arbeitsthema für 2011 ist „Körper”. Als Ideenanstöße geben die Macher_innen ein paar Schlagworte: Körpergefühl, Schönheitsideale und -normen, Körperwahrnehmung und Identitätszuschreibungen sowie Körperbewegung und Körper im Raum. Eingereicht werden können kurze Erfahrungsberichte, theoretische Texte, Berichte von politischen Aktionen, Beschreibungen von Aktionsformen, Comix, Illustrationen, Bastelanleitungen und fiese Tricks, sei es von einem Team oder einer Einzelperson – einfach bis 15. Juli einschicken. Übrigens wird es auch wieder einen Vernetzungsteil geben: Wer dort mit seinem_ihrem Projekt vertreten sein möchte, sei es Infoladen, Ladyfest-Gruppe, autonome queere/feministische Gruppe, autonomes Frauenhaus, trans*aktivistische Gruppe, feministisches/queeres Uni-Referat, Projekt, Performance-Gruppe und und und, schickt einfach seine_ihre Kontaktdaten oder Projektbeschreibungen an die angegebene E-Mail-Adresse. han Call für den Queerfeministischen Kalender 2011, Einsendeschluss 15.7. [email protected], www.riot-skirts.de auszeichnung Ehrenzeichen für VALIE EXPORT VALIE EXPORT erhielt Anfang Juni das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Mit Körperaktionen wie dem „Tapp- und Tastkino” oder der „Aktionshose Genitalpanik” wurde die 1940 in Linz als Waltraud Lehner geborene Künstlerin zu einer Pionierin feministischer Performancekunst. Von „Frauenkunst” zu sprechen, sei heute obsolet, erklärte EXPORT in einem Interview anlässlich ihres siebzigsten Geburtstags, den sie vor Kurzem gefeiert hat: „Aber man muss darauf hinweisen, dass Frauen Kunst machen – nicht darauf, dass es männliche oder weibliche Kunst ist.” Kulturministerin Claudia Schmied lobte bei der Verleihung der Auszeichnung EXPORTS „künstlerische Auseinandersetzung mit Frauenbildern in Kunst und Gesellschaft”. Von Mitte bis Ende August wird die Film- und Medienkünstlerin bei der bereits zum dritten Mal stattfindenden Sommerakademie Traunkirchen einen Workshop zum Thema „Serielle Fotografie” leiten, Anmeldungen sind ab sofort möglich. les Infos u. Anmeldung: www.sommerakademie-traunkirchen.com; http://diestandard.at, http://derstandard.at archiv/bibliothek Kultur andersrum QWien hieß früher Ecce Homo und wollte schwule und lesbische Kultur nach Wien holen. Weil diese aber mittlerweile in der Mainstream-Kultur angekommen ist, wurden Name und Zielsetzung geändert: QWien ist jetzt Zentrum für schwule/lesbische Kultur und Geschichte. QWien Kultur veranstaltet KulturEvents – sozusagen „Wien andersrum” das ganze Jahr über. QWien Guide bietet Führungen durch das schwule/lesbische Wien. Im QWien Archiv wiederum findet sich das größte schwulen- (und lesben-)spezifische Archiv Österreichs (das Lesbenarchiv „Stichwort” ist noch größer, jedoch nur für Frauen zugänglich). Die Bibliothek des QWien umfasst mehr als tausend Bände zum Thema Homosexualität. Und auf der Homepage schließlich präsentiert QWien Tipp Neues vom Wiener Theater, Kino und dem schwulen/lesbischen Buchmarkt. Ende Juni eröffnen Archiv und Bibliothek offiziell – bis dahin lohnt sich auf jeden Fall ein Besuch der Homepage oder einer der Führungen. han www.qwien.at Christiane Erharter Coming of Age Zu meinem vorletzten Lebensabschnittspartner meinte ich, dass ich nur noch mit Frauen eine Beziehung haben werde, wenn es mit ihm vorbei ist. Verliebt habe ich mich danach doch in einen um acht Jahre jüngeren Norweger. Noch während ich mit ihm zusammen war, hatte ich im Sommer 2007 eine kurze, jedoch heftige, Identitätskrise. Bei der Präsentation des Buches „Drag Kings” im Fluc stellte sich mir plötzlich und scheinbar grundlos – wo ich doch Drag Kings kannte und mir auch schon mal selbst Bärte angeklebt hatte – die Frage, ob ich nicht eigentlich lesbisch bin, obwohl ich noch nie mit einer Frau zusammen gewesen war? Je länger ich darüber nachdachte, desto überzeugter war ich: Ich mag die Gegenwart von Frauen lieber als die von Männern, mein Freundinnenkreis besteht mehrheitlich aus Lesben, Schwulen und Feministinnen. In Oslo hab ich zwei Jahre in einer queeren WG gelebt und mich ein bisschen in meine französische Mitbewohnerin verliebt, oder besser: für sie geschwärmt. Ich wurde immer wieder für lesbisch gehalten, mir wurde sogar ein Liebesverhältnis mit meiner Chefin angedichtet. Aber warum kam mir selbst der Gedanke erst jetzt: Hatte ich eine verspätete Identitätskrise, die meine lesbischen Freundinnen bereits zwischen 15 und 25 hinter sich gebracht hatten? Ich begann mein Coming-out zu planen, wie und was ich meinen Eltern, meinem Bruder, vielleicht auch der gesamten Verwandtschaft – und vor allem meinem Boyfriend sagen würde. Das kam mir dann mit meinen 33 Jahren doch etwas übertrieben und dramatisch vor. Was war nur los mit mir? Eine meiner Freundinnen beruhigte mich und meinte, dass ich vorerst nichts überstürzen und vor allem mit dem familiären Coming-out noch warten sollte. Ob ich lesbisch bin, würde ich nämlich dann merken, wenn ich mich in eine Frau verliebe. Und das war nicht der Fall. Noch nicht. Das sollte sich erst im Sommer darauf ergeben und dauert nun bereits zwei Jahre an. Alles war aufregend neu und vertraut zugleich und fühlte sich an, als ob es immer schon so hätte sein sollen. Niemand war wirklich überrascht, und es gab keinen Zweifel mehr. Christiane Erharter, geb. 1974, arbeitet als Kuratorin im Programm Kultur der ERSTE Stiftung in Wien. Sie ist Teil des DJ-Kollektivs Quote und interessiert sich für Pop- und Subkultur, Frauen in Musik und Kunst. Juli August 2010 an.schläge l 33 spielfilm Die Farben der Freiheit Rauschend, bauschend, fließend und fliegend – Shirin Neshat installiert in ihrem ersten Kinofilm „Women without Men” surreale Momente der Unabhängigkeit. Von Katharina Ludwig Munis (Shabnam Tolouei) beteiligt sich an einer Demonstration, Foto: NFP marketing & distribution* Vom Bild zu Video zu Spielfilm: Die visuelle Künstlerin Shirin Neshat erweitert konsequent ihre Ausdrucksmittel. International bekannt wurde sie durch ihre Schwarz-Weiß-Fotografien von Frauen im Iran. Nun präsentiert sie ihre erste Kinoarbeit: „Women without Men” erzählt von vier Frauen, die 1953 in Teheran Schritte der Freiheit setzen. Die Geschichten basieren auf dem gleichnamigen Roman (im Original „Zanan bedun-e mardan”) von Shahrnush Parsipur, die Neshat zuvor bereits als Teile einer Videoinstallation verarbeitete. Der historische Rahmen: Der demokratisch gewählte Premier Mohammad Mossadegh will Anfang der 1950erJahre eine selbstbestimmte Position des Iran stärken. Er verstaatlicht die Ölvorkommen, die bis dahin mehrheitlich in britischem Besitz waren. Großbritannien reagiert mit einer Seeblockade iranischer Öltanker im Persischen Golf. Die ökonomische Lage im stark von Ölexporten abhängigen Land verschärft sich, der internationale Druck wächst und auch die inneriranische Auseinandersetzung zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen Mossadeghs spitzt sich zu. Im Jahr 1953 kommt es in der „Operation Ajax” zum Putsch gegen den Premier, unter massiver Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA und der britischen MI6. Das Militär und der Garten. In diesen Tagen hängt die junge Frau Munis (Shabnam Tolouei) permanent am Radio. Sie will Nachrichten hören, wissen, was geschieht, und für ihre Ansichten 34 l an.schläge Juli August 2010 kämpfen. Ihr Bruder hingegen hat nur eines im Kopf: ihre ausstehende Heirat. Erst nach einem Sprung vom Dach und einem vorgetäuschten Begräbnis kann Munis politisch aktiv werden und schließt sich einer Widerstandsgruppe und den Demonstrationen für Mossadegh an. Auf diese politisch persönliche und magische Weise verknüpfen sich in „Women without Men” die Emanzipationsbemühungen von mehreren Frauen: Der Künstlerin Fakhri (Arita Shahrzad) schnürt die Missachtung ihrer Person und ihrer Kunst durch ihren Ehemann die Luft zum Atmen ab. Sie trennt sich und schafft sich in einem außerhalb der Stadt gelegenen Obstgarten ein Exil, wo sie ihr Verhältnis zu sich und anderen neu definiert. Auch die strenggläubige Faezeh (Pegah Ferydoni) und die Prostituierte Zarin (Orsi Tóth) finden hier einige Momente lang Zuflucht und surreale Freiheit. Doch auch vor den Toren dieses Gartens bleibt das Militär nicht lange stehen. Die 1957 im Iran geborene Shirin Neshat ging selbst als Teenager zum Kunst-Studium in die USA. Die iranische Revolution und die Machtübernahme Ayatollah Khomeinis im Jahr 1979 veranlassten sie, dort zu bleiben. Auch die Autorin des Originalromans, Sharnush Parsipur, lebt im US-Exil. Diesen beiden Biografien folgend, opponieren die Bilder in „Women without Men” auf doppelte Weise: dem iranischen Staat, der den antiklerikalen Widerstand in der Vergangenheit und in der Gegenwart unsichtbar macht, und der US-amerikanischen Antiterror-Politik, die das Land unter dem aktuellen Regime als eine einzige soziale Einheit zusammenfasst. Malen und Übermalen. Neshats Filmsprache ist geprägt vom magischen Realismus, und so wird die Gewichtung von symbolträchtigem Materiellem („Ausstattung”) gegenüber der Dramaturgie spürbar. Die Geschichte hängt gewissermaßen in den Figuren – in starken, teils starr wirkenden Bildern (Kamera: Martin Gschlacht): zwischen mystischen Bäumen und in der Erde. In bauschigen Petticoats und fließenden Tschadors. Und an den Körpern selbst, die sich mal schleppen, quälen, selbst verletzen, mal fliegen und im Wasser treiben. Die Frauenkörper bildeten auch schon in der Fotoserie „Women of Allah” den Austragungsort für die Erzählung. Neshat stattete die Porträtserie von in schwarzen Stoff gehüllten Frauen mit kämpferischen Gegenständen aus und übermalte sie mit Textstellen feministischer Dichterinnen in Farsi. Ihr erster Spielfilm wurde nun selbst von der aktuellen Geschichte überschrieben: Die Nachrichten von den Wahlen im Iran 2009 und den massiven Protesten fielen in die Zeit der FilmEndproduktion. Von der Uraufführung in Venedig bis zu den Presseinterviews für den Kinostart dominierte – auch bei der Kleidung der Künstlerin – stets das Grün der heutigen Opposition im Iran. l „Women without Men” läuft bereits in den deutschen und Schweizer Kinos; Kinostart in Österreich ist im Herbst. Katharina Ludwig lebt als freie Journalistin in Berlin. literatinnen Der Augenöffner an.schläge: Frau Klüger, Sie fragen selbst in der Einleitung Ihres neuen Buches: Warum überhaupt eine Zusammenstellung von Büchern von Autorinnen? Ruth Klüger: Es gibt noch immer weitaus weniger Bücher von Frauen als von Männern, und ich meine, sie werden auch nicht so oft oder so intensiv besprochen. Außerdem war es interessant zu sehen, was sich ergibt, wenn man Bücher von Frauen im Aggregat liest. Ich bin ja der Ansicht, von einem einzelnen Buch lässt sich überhaupt nicht ablesen, ob es von einer Frau oder von einem Mann ist. Aber wenn man viele beieinander hat, dann zeichnet sich doch etwas ab, das anders ist, aus weiblicher und aus männlicher Sicht. Deswegen lohnt es sich, so ein Buch zusammenzufügen. Was genau ist denn anders? Es kommen mehr weibliche Hauptfiguren vor. Die Nebenfiguren sind nuancierter gezeichnet. Übrigens ist mir bei einem der letzten Bücher, die ich rezensiert habe, aufgefallen, dass die Männer eigentlich besser wegkommen als die Frauen. Aber der Grund ist, dass die männlichen Charaktere einfacher gestrickt sind, während die Frauen auch in ihren üblen Eigenschaften genauer gezeichnet sind. Es ist nicht einfach so, In den letzten Jahren rezensierte Ruth Klüger regelmäßig Neuerscheinungen von Autorinnen. Eine Auswahl der Besprechungen wird nun unter dem Titel „Was Frauen schreiben” als Buch veröffentlicht. Ursula Knoll traf die Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin zum Gespräch über das Schreiben, das Lesen und das Verstehen. Ruth Klüger beim Interview im Café Prückel, Foto: Ursula Knoll raturgeschichte versteht. Sie weisen darin auf die Unterschiede in den Schaffensbedingungen von schreibenden Frauen vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hin und bestehen darauf, diese nicht einfach „Es ist nicht einfach so, dass Autorinnen feministisch daherschreiben und nichts als gütige und hochintelligente Frauenfiguren kreieren.“ dass Autorinnen feministisch daherschreiben und nichts als gütige und hochintelligente Frauenfiguren kreieren. Wenn sie gute Autorinnen sind, kann eher das Gegenteil der Fall sein, nämlich dass sie genau die Schwächen ihrer Charaktere beschreiben. Dadurch, dass mehr Frauen Belletristik schreiben, ergibt sich eine neue, ich will nicht sagen Literatur, aber eine neue Facette der Literatur. Schon in Ihrem Buch „Frauen lesen anders“ gab es einen Essay, der sich als Entwurf einer alternativen Lite- unter die hegemoniale männliche Literaturproduktion zu subsumieren. Ist das jetzige Buch die Fortsetzung für die Gegenwart und über die deutschsprachige Literatur hinaus? Ja, man könnte das so sagen, aber man muss aufpassen, dass man nicht behauptet: Frauen schreiben anders. Denn das führt uns leicht zurück zu dem, was wir schon einmal gehabt haben, nämlich dass Frauen nicht so gut schreiben. In eine Situation also, wo das Andere das Minderwertige bedeutet, und die will ich natürlich überhaupt nicht haben. Der Titel lautet „Was Frauen schreiben“, und nicht „Wie Frauen schreiben“. Geht es also in erster Linie nicht um eine womöglich geteilte Ästhetik oder Poetik der Texte, sondern um das, was sie verhandeln? Es ist eher so, dass ich mich verwahre gegen Verallgemeinerungen, auch gegen meine eigenen. Im Grunde mach ich mir’s leicht – der Titel ist „Was Frauen schreiben” und dann gibt es Dutzende von Buchbesprechungen von Büchern von Frauen, das kann nicht falsch sein. Das ist, was Frauen schreiben, in den letzten Jahren. Dann kann sich die Leserin ihre eigene Meinung bilden, was das eigentlich ist, was diese Frauen geschrieben haben. Das ist also die Lektüre-Aufgabe? Ja. Denn es sind ganz verschiedene Bücher. An wen richtet sich Ihr Text? An – ich wollte sagen leider – Frauen. Natürlich bin ich glücklich, wenn Frauen das lesen. Aber es fällt mir doch immer wieder auf, dass Frauen die LeserinJuli August 2010 an.schläge l 35 literatinnen nen meiner Bücher sind. Auch „weiter leben” ist so bekannt geworden, weil Frauen es gelesen haben. Ich hab gerade eine Lesung gehabt in der Alten Schmiede – „weiter leben” ist ja ein Grundbuch der österreichischen Literatur nach 1945 geworden, also bitte, ich bin ein Grundbuch … Ist es schlimm, ein Grundbuch der österreichischen Literatur zu sein? Nein, ich bin stolz darauf. Wer möchte nicht ein Grundbuch sein? Jedenfalls hab ich mich in der Alten Schmiede umgeschaut und hab zum Veranstalter gesagt: „Ich rechne, es sind fünf Frauen für einen Mann da, und der Mann ist wahrscheinlich die Begleitung.” Und er schaute mich verdattert an und sagte: „So hab ich das überhaupt noch nie gesehen.” Dann sah er sich um und nickte und meinte: „Na sagen wir ist und es mir lieber ist, wenn ich diese Begriffe abwechselnd verwende. In so einem Buch wäre „Leserinnen” natürlich angebrachter. Ich glaube, hier ging es mir mehr darum, dass es keine richtige Leserschaft dafür gibt. „Leserschaft” ist ein altmodisches Wort, oder soll man’s doch noch verwenden? Das wäre natürlich eine Möglichkeit, dass man für beide Geschlechter „Leserschaft” sagt und das wieder einführt. Aber das klingt komisch, oder? Vielleicht sollte man es doch verwenden, um beide reinzubringen. Also das ist die Antwort. Was waren Ihre Motive für die Textauswahl? Sind die Texte zu Ihnen gekommen oder haben Sie sie gesucht, sind es Texte, die Sie schon lange begleiten? Es sind immer Bücher, die ich empfehlen will. Also wenn ein Buch kommt und „Das Lesen ist eine Fertigkeit wie das Tennisspielen – man muss es üben. Und wenn man’s nicht übt, dann wird’s schlecht.“ 4:1.” Aber es war ganz deutlich. Es ist immer so. Bücher von Frauen werden grundsätzlich und vor allem von Frauen gelesen. Aber Bücher von Männern werden auch mehr von Frauen gelesen, weil Frauen mehr lesen. Männer sehen fern. Tipps: Bücher von Ruth Klüger: Was Frauen schreiben. Zsolnay 2010; Frauen lesen anders. dtv 1996; weiter leben. Wallstein 1992; unterwegs verloren. Erinnerungen. Zsolnay 2008 Azar Nafisi: Lolita lesen in Teheran. DVA 2005 Angela Steidele: Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens. Suhrkamp/Insel 2010 36 l an.schläge Juli August 2010 Die einzelnen Rezensionen wechseln zwischen Leserinnen und Lesern, die darin angesprochen werden. Die Besprechung einer Biografie über Karoline von Günderrode schließen Sie beispielsweise mit der Bemerkung ab, dass das Werk Günderrodes heute kaum „Leser“ findet. Ist das Schleißigkeit oder eine gezielte Adressierung? Ich muss da ein bissl ausholen. Ich bin absichtlich nicht konsequent. Teilweise wohl, weil ich aus dem Englischen herkomme, wo, merkwürdigerweise ganz anders als im Deutschen, die weibliche Endung als verächtlich gilt und nicht verwendet wird. Also man kann gerade noch „waitress” sagen. Aber absolut nicht zum Beispiel „Negress”, das wäre rassistisch, „Jewess” ist antisemitisch. Und im Deutschen ist es genau umgekehrt, da will man Professorin genannt werden. Aber ich schwanke zwischen den beiden, weil das andere ja so eingesessen ich mag es nicht, dann leg ich es nach fünfzig Seiten beiseite und sag, das geht nicht. Es geht also schon um die Lust am Lesen? Absolut ja. Ich will, dass die Leute was davon haben. Nicht, dass die ein oder zwei Bücher lesen und sagen: Die hat einen ganz anderen Geschmack als ich. Bei mir hat’s jedenfalls funktioniert. Mit jeder Seite wurde ich neu überrascht, manchmal auch von alten Freundinnen. Bücher, die Sie schon kannten? Also Bettina Balaka oder Nadine Gordimer zum Beispiel. Ich hatte keinen Preis zu vergeben, ich hab nicht versucht, die besten Bücher auszusuchen, sondern solche, die mir in die Hand gefallen sind und die sich empfehlen lassen. Mir war es manchmal ganz recht, Autorinnen zu nehmen, die nicht besonders bekannt waren. Balaka zum Beispiel, die ist vielleicht hier gut bekannt, aber in Deutschland nicht. Und ja, ich habe drei Nobelpreisträgerinnen drinnen. Muss ich schon sagen, das habe ich ganz gut getroffen. Die Lessing, die Gordimer und die Herta Müller, die ich dreimal rezensiert habe. Ich bin eine alte Anhängerin von ihr. Die „Atemschaukel” habe ich rezensiert, bevor sie den Nobelpreis hatte. Sie hat mir eine Postkarte geschrieben und sich bedankt für die Rezension. Ich war sehr stolz darauf. Die habe ich aufbewahrt, noch nicht eingerahmt, aber aufbewahrt. Das Gros der besprochenen Texte sind Romane. Warum beschränken Sie sich auf diese Textgattung? Romane und ein paar Biografien. Eben weil wir den populären Appeal haben wollten. Wir, das sind meine Lektorin und ich, die macht das, die hat eine ganz gute Nase. Gar keinen dramatischen Text? Die kriegt man doch fast gar nicht als Rezensionsexemplar. Aber ich habe auch ein Filmbuch rezensiert, das von Doris Dörrie. Was hat Ihnen denn gefallen? Ich mochte ganz besonders „Lolita lesen“ von Azar Nafisi. Ja, man lernt derartig viel. Das ist zwar ein literarisches Buch, aber kein Roman. Es sind Lebensbeschreibungen oder historische Momente, die eingefangen sind in persönlichen Momenten. Das Buch erzählt vom heimlichen Lesen iranischer Frauen in einem von den Revolutionswächtern terrorisierten Staat. Über die Intention der Frauen, sich trotz Lebensbedrohung mit Literatur auseinanderzusetzen, vermuten Sie: „Dichtung […] eröffnet eine vernünftigere, differenziertere Welt. Sie erweitert die Gedanken und Gefühle, fördert die Selbstfindung und humanisiert die entfremdete Heimat.“ Ist das auch die heimliche Intention Ihres Buches? Vielleicht die heimliche Intention meiner Autobiografie, meinen Sie das? Nafisi hat hier ein New Yorker Buch geschrieben, und man muss das richtig durchdenken, dass so etwas wie „The Great Gatsby” irgendeinen Bezug hat zum Iran. Das ist der Augenöffner in diesem Text, dass Bücher aus einer fremden Kultur eine derartig ansprechen und lebensverändernd wirken können. Ist es das, was Literatur leisten kann? Ja. Das Buch müssen Sie lesen. Das ist richtig gut. Also gerade jetzt, wo im Iran wieder so viel los ist. So ein faszinierendes Land und kommt so herunter mit dieser Regierung, aber bitte. Kennen Sie auch „Persepolis“ von Marjane Satrapi? Ich hab nur den Film gesehen. Ich habe Schwierigkeiten mit grafischen Büchern. Ich bin nicht damit aufgewachsen und kann die nicht lesen. Mir ist dabei wieder aufgefallen, was ich vorher eigentlich schon wusste: Dass man Bücherlesen ganz früh lernen muss. Das Lesen ist eine Fertigkeit wie das Tennisspielen – man muss es üben. Und wenn man’s nicht übt, dann wird’s schlecht. Ich hab versucht, viel zu spät, das hebräische Alphabet zu lernen. Ich wollte einfach jiddische Bücher lesen, so viel Jiddisch beherrsche ich schon, es ist ja eine Form von Deutsch. Und das Alphabet habe ich auch irgendwie hingekriegt, aber ich bin nie so weit gekommen, bei allen Bemühungen, dass ich es fließend lesen konnte. Weil da ein Wort war, und das war eine Buchstabenwüste und es war lang, und dann hab ich es mühsam wie eine Sechsjährige zusammengestochert. Satrapis „Persepolis” hab ich auch versucht, nachdem ich den Film gesehen hatte. Ich hab’s übrigens vorgeschlagen als Wien-Buch, für „Eine Stadt. Ein Buch”. Ich hab gedacht, so ein grafisches Buch ist gerade das richtige, das wär mal was anderes, da könnte man ein bisschen ausscheren. Ist es dann aber nicht geworden. Hören Sie jetzt auf oder wollen Sie weiter Bücher rezensieren? Bis jetzt hab ich noch immer Lust. Irgendwann wird mir die Lust ausgehen, man wird älter. Aber ich sitze jetzt gerade an einem Buch. Das ist eine Biografie über die Schwester von Schopenhauer, Adele von Schopenhauer, und ihre Freundin, die sie in Briefen immer wieder angeschwärmt hat. Die Biografin sagt, das war eine regelrechte lesbische Beziehung. Und wenn man das von dem Standpunkt liest, stellt sich das Ganze völlig anders dar. Es sind Liebesbriefe, aber keine übertrieben schwärmerischen. Die Autorin entwickelt ein Bild von diesen halbwegs unabhängigen Frauen im 19. Jahrhundert – halbwegs unabhängig, weil sie Geld hatten und nicht verheiratet waren. Sie kannten einander ziemlich intim und haben miteinander brieflich verkehrt auf eine Weise, die mir jedenfalls vorher nicht deutlich war. Ich glaube, dieses Buch sollte schon im Rampenlicht stehen. Weil wir gerade im Café Prückel neben dem Lueger-Denkmal sitzen, über das Sie in „unterwegs verloren“ ja auch schreiben, also an einem Ort der politischen Zeichenproduktion, an dem sich die Krämpfe mit der österreichischen Zeitgeschichte und der Versuch, mit dieser kritisch umzugehen, einschreiben: Haben Sie die Diskussionen um die Neugestaltung des Denkmals für den antisemitischen Alt-Bürgermeister verfolgt? Nein, hab ich nicht mitbekommen. Erzählen Sie mir davon, das klingt gut. Das Gewinnerprojekt schlägt nun vor, das Denkmal nach rechts zu kippen, also in eine dauerhafte Schieflage zu versetzen. (lacht) Das ist nicht schlecht. Aber das muss man dann auch verstehen. Das versteht vielleicht nicht jeder. Das würde ich dagegenhalten. Touristen würden das nicht merken. Ja, es scheint mir, es ist nicht klar genug. l Ruth Klüger wurde 1931 in Wien geboren, 1942 mit ihrer Mutter nach Theresienstadt, Auschwitz und in weitere KZs deportiert. Beide überlebten, mehrere Familienmitglieder wurden jedoch ermordet. 1947 Emigration in die USA, Studium der Bibliothekswissenschaft und Germanistik, 1967 Promotion, seit 1980 Professorin u.a. in Princeton, Irvine und Göttingen, zahlreiche Publikationen und Preise. Ursula Knoll schreibt Theaterstücke und derzeit auch ihre Dissertation zu Figurationen von NS-TäterInnenschaft in zeitgenössischer Literatur. lesbennest the faboulous life of a queer femme in action denice Pro nails One of the reasons this column is so grammatically correct, is not that I’m such a spelling wizard and double check everything I’ve written. No. I’m way too lazy for that. It’s because I have this marvellous proof reader, Eva, my nr 1 favourite butch. She’s also an old friend of mine, (and by ”friend” you all should know by now what I mean …), who I see too seldom because we both run around waving our hands in the air screaming ”busy busy busy”. Last week we finally managed to have coffee, (and by ”coffee”, as you all should know by now, I mean I had wine). We were chatting away about life, love and this column. After an hour she blurted out, ”Now I finally see what’s different about you: You have long nails!! What’s that about?!” Where I of course tried to be funny and do the old joke: ”What do you call a lesbian with long fingernails? – Single!!” It didn’t really work in this case, though, since I’m not single … and, yeah, well … Then my head started swimming with a lot of stuff that I had read or heard recently: All the ’classics’ about fags being fabulous and dykes being practical (read: not very fabulous), and why the hell that is. Eva also told me to please write about that. So here I am trying to present my brilliant insights on why the hell seventy percent (here I’m being nice) of all lesbians favour washed-out outfits which make them look like less colourful members of the Barbafamily and have haircuts that would make Barry Manilow jealous. The honest truth is: I don’t fucking have a clue. I mean: I do know about the ”we all dress alike to show that we belong to this group and not to your heteronormative-bullshit-society”-thing. And I applaude that! But while goths have the lace, autonomous activists have the cool cut-offs and hoodies, fab-gayboys have the designer stuff, lesbians took the Birkenstock and Karottenhose. Why? Be butch. Be femme. Be boi. Be a techno-dyke. Be a sporty lesbian. Be comfortable in your style. But please leave the Martina-Navratilova-rejects in your closet! Denice grew her fingernails after finding out that if you put cottonballs on the tip of your nails and slip over a rubberglove you can still be a lesbian lover. And have safe sex. Juli August 2010 an.schläge l 37 an.lesen „Das ist der schönste Sommer meines Lebens“ Die Aufzeichnungen der jungen Ingeborg Bachmann aus Kriegszeiten zeugen von der Kraft der Literatur und der Stärke menschlicher Beziehungen in Tagen größter Hoffnungslosigkeit. Von Andrea Heinz Im September 1944 ist Ingeborg Bachmann 18 Jahre alt. Trotz ihres jungen Alters, trotz der Sozialisation in einem autoritären und nationalsozialistischen Österreich ist sie zu klarsichtig, um sich von Krieg und vaterländischer Propaganda täuschen zu lassen. Zu Beginn ihrer nun vom Suhrkamp-Verlag veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen tritt sie in die LehrerInnenbildungsanstalt ein – um nicht „nach Polen” zu müssen „zur Panzerfaustausbildung”. Die eidesstattliche Erklärung, auf das Studium zu verzichten, unterschreibt die junge Frau, die sich nichts sehnlicher wünscht als zu lernen, nach kurzem Zögern: „Nein, ich bin sicher, in diesem Land werde ich nicht mehr studieren, in diesem Krieg nicht mehr.” Mit derselben Chuzpe wird sie wenige Monate später, am 15. März 1944, im Garten sitzen und Rilke und Baudelaire lesen, während die Alliierten ihre schwersten Luftangriffe auf Klagenfurt fliegen. „Vielleicht ist es sündhaft, einfach sitzen zu bleiben und in die Sonne zu schauen”, schreibt sie und bleibt doch mit dem „Stundenbuch” und den „Fleurs du Mal” im Garten zurück. Schon damals erkennt sie, was in ihren späteren Romanen fortlaufend wiederkehren wird: die Zerstörung durch den symbolischen „Vater”, durch staatliche und gesellschaftliche Autorität, der Krieg, der im Kleinen beginnt und alles zum Mordschauplatz macht. Sie will sich nicht zerstören lassen. Sie ist zur Desertion bereit, denn sie hat durchschaut, „dass das zum Himmel schreit, was man mit uns treibt. Die Erwachsenen, die Herren ‚Erzieher’ die uns umbringen lassen wollen.” – „Nein, mit den Erwachse38 l an.schläge Juli August 2010 Sommer 1945 in Obervellach (Hermagor), Foto aus dem Privatbesitz der Erben. nen kann man nicht mehr reden.” Sechs eng beschriebene DIN-A4-Blätter umfasst das Manuskript aus dem Privatnachlass der Geschwister Bachmann. Vieles weist darauf hin, dass es sich um eine nachträglich redigierte Abschrift des handgeschriebenen Tagebuchs handelt. Im nächsten Absatz des Textes ist der Krieg vorbei. Ingeborg Bachmann lernt im Büro der „Field Security Section” den britischen Soldaten Jack Hamesh kennen. Ein Wiener, 1938 mit einem Kindertransport nach England gelangt. Anfangs findet sie ihn „klein und eher hässlich”. Erst als die beiden auf Bücher, auf ihre Begeisterung für „Thomas [Mann] und Stefan Zweig und Schnitzler und Hofmannsthal” zu sprechen kommen, ist „auf einmal alles ganz anders”. Beide teilen dieselbe Sehnsucht nach Büchern und intellektueller Erfahrung. Ingeborg Bachmann erweist sich darin als sehr konsequent: „Jetzt sind wir mitten in Sozialismus und Kommunismus (und wenn Mutti natürlich Kommunismus hören würde, tät sie ohnmächtig werden!), aber man muss natürlich alles genau kennen und studieren.” Jahre alt werde – das wird der schönste Frühling und Sommer bleiben.” – „Ich werde studieren, arbeiten, schreiben! Ich lebe ja, ich lebe. O Gott, frei sein und leben, auch ohne Schuhe, ohne Butterbrot, ohne Strümpfe, ohne, ach was, es ist eine herrliche Zeit!” Das Dorf und „die Verwandtschaft” fangen bald an zu reden über ihre Freundschaft mit „dem Juden”. Und wieder reagiert sie mit untrüglichem Unrechtsbewusstsein: „Ich werde mit ihm zehnmal auf und ab durch Vellach und durch Hermagor gehen, und wenn alles Kopf steht, jetzt erst recht.” Sie hat etwas zu verteidigen, denn Jack Hamesh bedeutet für sie Frieden und Zukunft: „Das ist der schönste Sommer meines Lebens, und wenn ich hundert Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch. Mit Briefen von Jack Hamesh an Ingeborg Bachmann. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hans Höller, Suhrkamp 2010, 16,30 Euro Jack Hamesh wird Kärnten bald verlassen und nach Israel gehen. Seine Briefe, die im Anschluss an das „Kriegstagebuch” abgedruckt sind, zeugen nicht nur von der großen Nähe zwischen ihm und Ingeborg Bachmann, sondern auch von seiner eigenen großen literarischen und intellektuellen Begabung. Eindringlich beschreibt er das Gefühl der Einsamkeit, das Gefühl, „dass im Jahre 1938 ein Kind allein in der Welt herumirren” muss. Alle Versuche, ihn ausfindig zu machen, blieben vergeblich. Auch die Briefe Ingeborg Bachmanns an ihn sind verschollen. Das Kriegstagebuch und Jack Hameshs Briefe aber bleiben als Zugang zu Ingeborg Bachmanns Werk – und vor allem als ein Manifest des Friedens, der Lebendigkeit und der Liebe zur Literatur in hoffnungs- und sprachlosen Zeiten. l an.lesen „Wie einer wirklich ist“ l Deutschland im Nationalsozialismus: Inge, wohlbehütete Tochter aus gutem Hause, lebt auf einem Gutshof in Schlesien. Ihre Eltern versuchen, sie gegen jegliche Kriegsnachrichten und politische Diskussionen der Erwachsenen abzuschirmen. Dementsprechend arglos führt sie ihr Jungmädchenleben und schwelgt unbekümmert in Gedanken um ihre erste große Liebe: der Nachbarssohn Wolfgang, ein begeisterter Nazi. Die junge Polin Wanda hat für so viel kindliche Naivität und Ignoranz nur Verachtung übrig. Sie ist zwar auch erst in Inges Alter, hat aber im Gegensatz zu ihr den Krieg schon hautnah erlebt. Von den Deutschen aus ihrer Heimatstadt Krakau verschleppt, muss sie nun auf dem Gutshof von Inges Eltern Zwangsarbeit verrichten. Ihre Gedanken kreisen ums blanke Überleben. Als die Rote Armee im Winter 1944/45 näher kommt, begeben sich Wanda und Inge gemeinsam auf die Flucht in den Westen. Die ungleichen Mädchen, die sich anfangs nicht ausstehen können, sind nun aufeinander angewiesen, lernen langsam, sich gegenseitig zu vertrauen und schließen letztlich Freundschaft. Gina Mayers Roman bringt Jugendlichen ab 13 die historischen Ereignisse des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieges näher und regt an, über Themen wie Schuld und Verantwortung nachzudenken. Ergänzend und zum besseren Verständnis befinden sich im Anhang des Romans ein Interview mit einer Zeitzeugin und ein Glossar. Gabriele Migdalek Gina Mayer: Die verlorenen Schuhe Thienemann 2010, 18,50 Euro 39 Tage l Der Thealit Verlag aus Bremen hat wieder ein kleines, feines Buch in der neuen Reihe „queer lab” herausgebracht. „Nervenkostüme und andere Unruhen” kreist um 39 Tage im Leben von Paula Paura in Hamburg. Es ist 2001, die Demonstrationen in Genua haben dank Polizeigewalt und zahlreicher Verhaftungen einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen, Flugzeuge rasen ins World Trade Center und die anstehende Bürgerschaftswahl in der Hansestadt bereitet Paula wegen der möglichen Wahl des Ultrarechten Ronald Schill Bauchschmerzen. Der politische Rahmen ist klar subkulturell und queer. Solifeste in der Roten Flora, Freund_innen, die zum Kongress über Körper und Identitäten im Postfordismus fahren, und Pink-SilverTreffen sind die Referenzpunkte in Paulas Leben, das letztlich aber viel mehr um ihr Innenleben, ihre Angstzustände und „Unfähigkeiten” kreist. Scheinbar einfache Dinge machen ihr größte Schwierigkeiten. Die Angst kommt in Wellen, ihr Körper gehorcht ihr nicht und die „Aktivmenschen” auf der Straße beobachtet sie wie eine fremde Spezies, während sie sich lieber absurden, unterhaltsamen Fantasien hingibt, die in Form von kleinen CorelDRAW-Zeichnungen im Buch auftauchen. Doch auch wenn sich Paula einsam und passiv fühlt – mit der Hilfe guter Freund_innen und einer aufkeimenden Verliebtheit schleicht sich, langsam, aber doch, Veränderung in ihr Leben. Silke Graf Therese Roth: Nervenkostüme und andere Unruhen Thealit/queer lab 2009, 12 Euro No kids, no cry l Zwar kam es aufgrund von Arbeitskräftemangel auch früher schon zu demografischen Steuerungsversuchen, die sich speziell an kinderlose Frauen richteten. Ledig und kinderlos zu leben war allerdings bis ins 19. Jahrhundert ein völlig normaler Lebensentwurf mit einem zeitweisen Anteil von etwa einem Drittel der Frauen im „heiratsfähigen Alter”. Eine ideologische „Anrufung zur Mutterschaft”, die Kinderlosigkeit als krankhaft und unnatürlich bezeichnet, taucht zur Zeit des Ersten Weltkriegs und danach auf – gleichzeitig mit dem Beginn der Eugenik-Bewegung. Schließlich machte der Nationalsozialismus die „arischen” Frauen endgültig zu Müttern von Natur aus, Abweichungen wurden verachtet und sozial bestraft. Diese Sicht auf Frauen konnte bis heute trotz Zweiter Frauenbewegung nicht restlos abgestreift werden. Das machen auch die im Buch vorgestellten Fallgeschichten von fünf aus verschiedenen Gründen kinderlosen Frauen deutlich. Alle empfinden einen starken Legitimierungsdruck, der von Politik, ArbeitskollegInnen, Familie und auch FreundInnen ausgeht. Die bekannten Argumente, nichts zur Pensionssicherung zukünftiger Generationen beizutragen oder sich egoistisch nur am Beruf zu orientieren, fallen beim Älterwerden mit eigenen Ängsten vor Vereinsamung zusammen, wenn sich im sozialen Umfeld zunehmend klassische Familien bilden. Endlich eine Studie, die weibliche Kinderlosigkeit ernst nimmt und nicht als zu lösendes Gesellschaftsproblem begreift. Sylvia Köchl Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft. Westfälisches Dampfboot 2010, 35,90 Euro Auf ewig l Mit politolo- gischen, soziologischen, ökonomischen, historischen Diagnosen wird mal wieder dem Thema „Frauen und Arbeit” zu Leibe gerückt. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn der weibliche Lebens- und Arbeitszusammenhang ist tatsächlich grenzenlos wie beschränkt – die nicht nur materielle Entwertung der Frauenarbeit ist dabei noch die offensichtlichste und scheint hierzulande „auf ewig” gestellt. Verschärft wird diese Problemlage durch die neoliberale Ideologie der Deregulierung, Individualisierung und Entsolidarisierung, die ganz real unser Leben (auch in Bildungsund Familienzusammenhängen) durchwuchert. Stichworte: allgemeine Prekarisierung und irreguläre Beschäftigungen – besonders von Migrantinnen. Spannend ist der Anspruch der Veröffentlichung, „sich an ein breites politisch interessiertes Publikum zu wenden und so das Einsickern der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung in die Gesellschaft zu befördern und Praxiswissen über gesellschaftliche Probleme an wissenschaftliche Forschung rückfließen zu lassen”. Die Texte sind eine gute Mischung Juli August 2010 an.schläge l 39 an.lesen zwischen statistischen Materialien, informativen Forschungsergebnissen und theoretischen Reflexionen. Birge Krondorfer Alexandra Weiss, Verena Simetzberger (Hg. innen): Frauen im 21. Jahrhundert. Situationen Herausforderungen Perspektiven. Gesellschafts- und sozialpolitische Aspekte innsbruck university press 2010, 15,90 Euro Queer lernen l Leah Carola Czollek, Gudrun Perko und Heike Weinbach bringen mit dem „Lehrbuch Gender und Queer” ein spannendes, kritisches, fundiertes und vielseitiges Buch auf den (Lehr-/ Lern-)Markt. Sie verbinden darin gekonnt verschiedene Theorien, Methoden und Praxisfelder: Gender Studies, Gender Mainstreaming, Kritische Männerforschung, Queer Studies und (kritische) Frauenbewegungen inklusive jener in der DDR werden ebenso vorgestellt wie (politisierte) Diversity, Enthinderungspolitiken, Flüchtlingsarbeit, klinische Sozialarbeit, Mahloquet und einiges mehr. Intersektionalität und Social Justice sind dabei wichtige Grundlagen, was sich sowohl in den Inhalten des Buches als auch der Herangehens- weise der Autorinnen zeigt. In zwölf Lehreinheiten werden theoretische Hintergründe, rechtliche Grundlagen und historische Kontexte von gender- und queergerechter sozialer Arbeit sowie wie Methoden und aktuelle Praxisfelder besprochen und Praxiskompetenzen und Umsetzungsschritte angeboten. Ein sehr empfehlenswertes Buch! Persson Perry Baumgartinger Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Heike Weinbach: Lehrbuch Gender und Queer. Grundlagen, Methoden und Praxisfelder. Studienmodule Soziale Arbeit Juventa 2009, 16,50 Euro Alles Märchen l Eine deutsch-österreichische soziologische Studie über die Fußball-Großereignisse der Weltmeisterschaft 2006 und Europameisterschaft 2008, die Fans beobachtet, mediale Diskurse zerpflückt und auf ökonomische, neokolonialistische und nationalistische Effekte solcher „Spektakel” hinweist – das klingt spannend und ist auch großteils gut aufbereitet, teilweise geht es aber auch ziemlich daneben. Im Minikapitel über weibliche Fans etwa, in dem zwar die medialen Inszenierungen der „Tribünen-Schönheiten” kritisiert werden, der Rest des Textes sich aber nur mit dem – von einem der Soziologen beobachteten – Flirtverhalten junger Frauen in den Fanzonen beschäftigt. Spannend werden hingegen die Klassenverhältnisse und die Aneignung des „proletarischen” Fußballs durch das „bürgerliche” Feuilleton abgehandelt – auch wenn der Verweis darauf fehlt, wie migrantisch der „proletarische Bubentraum” von einer Fußball-Karriere längst geworden ist und was Rassismus damit zu tun hat. Wirklich gelungen und dazu geeignet, auch die aktuelle WM in Südafrika kritisch zu betrachten, sind die Abschnitte über Ökonomie (StadionNeubauten haben nie nachhaltige Effekte), Kommerzialisierung (lokale Märkte schneiden am Merchandising nicht mit) und Sicherheitswahn (als Risiko eingestufte Bevölkerungsgruppen oder Stadtteile erfahren nachhaltige Marginalisierungen). Ökonomisch starke Staaten wie Deutschland oder Österreich haben das Minusgeschäft weggesteckt – für Südafrika jedoch lassen diese Befunde Schlimmes befürchten. Sylvia Köchl Torsten Heinemann, Christine Resch (Hg.): (K)ein Sommermärchen: kulturindustrielle Fußball-Spektakel Westfälisches Dampfboot 2010, 25,60 Euro e is r K : g n u z t e s s u Grundvora bonustrack: Clara Luzia Es darf wieder herumgesaut werden. Nein, es muss sogar herumgesaut werden! Nach Jahrzehnten der sauberen Pop-Püppchen ist der Dreck in die Popwelt zurückgekehrt – hoch leben wieder die persönlichen Notlagen, sie sind ein Muss, um am roten Teppich reüssieren zu können. Je krisengebeutelter ein/e MusikerIn, umso besser! Denn Kunst muss immer noch von Leiden kommen. Ein gewisses Niveau sollten diese Krisen allerdings schon erreichen, nicht jedes Problem ist gleich eine öffentlichkeitsrelevante Angelegenheit. Auf der Plusseite: Dauerbrenner Drogen (sowie sonstige, langfristig möglichst fatale Süchte), diverse psychische Krankheiten, tragische Kindheit. Den Joker haben natürlich jene gezogen, die gleich alle diese Punkte in sich vereinen können. Auf der (ganz fetten) Minusseite: Burn-out, chronische Krankheiten und Prekarität – das kann schließlich jedeR haben. Was aber tun, wenn kein Drogenproblem zur Hand ist, die Kindheit ein Traum war, die eigene Psyche auch nicht mehr Tiefen hergibt als jede andere und man trotzdem die roten Teppiche dieser Welt beschreiten will? Ewige Verdammnis als gesichtsloser Fan am Bühnenrand statt eines Lebens im Zentrum des Scheinwerferlichts? Oh nein, ein paar gewiefte Burschen zeigen uns wieder mal, wie’s geht: Die Straßen von Linz und Berlin werden zum Ghetto umfunktioniert, das Aufwachsen mit einer berufstätigen Mutter wird zur verwahrlosten Kindheit dramatisiert und eine gemeine Überheblichkeit wird zu einem – vom Geist des kreativen Genies umgebenen – Autismus stilisiert. Juhu, schon haben wir eine interessante Medienpersönlichkeit beieinander! Mit dieser können wir dann nicht nur Tonträger und Autobiografien befüllen, sondern auch Talkshows, Reality Soaps und Musicals. Alle Türen der ShowWelt stehen uns also offen, aber immer daran denken: Krise ist Pflicht! Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember) und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com 40 l an.schläge Juli August 2010 an.klang Ideale Stimmen Vom historischen Künstlerinnenroman bis zum gruseligen Pärchenmord-Krimi – Regina Himmelbauer hat in neue Audiobücher reingehört. Herta Müller, hier 2009 im Literaturhaus Frankfurt a.M., liest auch selbst im Hörbuch „Niederungen”. Foto: Dontworry/wikicommons Herta Müller wurde im Vorjahr durch die Verleihung des Literatur-Nobelpreises berühmt. Dabei sorgte bereits ihr erster Roman, der 1982 nur zensiert in Rumänien erschienen konnte, für Aufsehen. Teile dieser beklemmenden Geschichte über ihre Kindheit unter den Banatschwaben in Rumänien sind als Niederungen. Eine Auswahl (Hörbuch Hamburg) zu hören. Marlen Diekhoff, Albert Kietzl und die Autorin selbst lesen. Berührend ist das Hörbuch vor allem, wenn Herta Müller spricht: Dass hier nicht jemand mit geschultem Organ interpretiert, aber aus der Distanz mit der reifen Stimme eines ereignisreichen Lebens berichtet, macht die besondere Faszination aus. Humorvoll beschreibt dagegen Marina Lewycka in Das Leben kleben (der Hörverlag) die komplizierten Momente im Leben von Georgie Sinclair: Ihren Mann hat sie vor die Tür gesetzt, ihr Sohn verstrickt sich immer mehr in No-Future-Szenarien, und gegen ihren Willen wird sie nun auch noch in das Leben der skurrilen Mrs. Shapiro hineingezogen. Auch die Arbeit für ein Klebstoff-Fachmagazin ist für die Journalistin nicht gerade die Erfüllung ihrer Träume. Dennoch: Es gibt eine Art Happy-End … Katharina Thalbach entpuppt sich mit ihrer rauen Stimme als ideale Interpretin dieser kratzbürstigen Geschichte. Die Italienerin Sofonisba Anguissola zählte im 16. Jahrhundert zu den begehrtesten PorträtmalerInnen. Nina Blazon beschreibt in ihrem Roman Die Königsmalerin die bedrohliche Enge im Spanien der katholischen Inquisition, wohin die junge Künstlerin als Zeichenlehrerin der noch jüngeren Königin gerufen wurde. Die Autorin stellt der erfolgreichen Malerin eine fiktive holländische Assistentin gegenüber, die durch die Wahl ihrer Sujets das gesamte Atelier in Gefahr bringt. Nina Petri liest die gekürzte dramatische Erzählung (Osterwoldaudio), die ein beängstigendes Stimmungsbild einer intoleranten Gesellschaft zeichnet. Patti Smith hat die Rockgeschichte vor allem der 1970er-Jahre wesentlich mitgeprägt. Ihre Entwicklung als Künstlerin, ihre Freundschaft mit dem Fotografen Robert Mapplethorpe, die Suche nach Freiheit – alles das erzählt sie mit Offenheit und Wärme in Just Kids. Geschichte einer Freundschaft (tacheles!), gelesen von der wunderbaren Sophie Rois. Der Wiener Autorin Ursula Poznanski gelang mit Erebos (der Hörverlag), vorgetragen von Jens Wawrczek, ein faszinierender Jugendroman, der auch Erwachsene in seinen Bann zieht. An einer Londoner Schule wird ein Compu- terspiel unter der Hand weitergereicht, doch man erhält das Spiel nur unter strengen Auflagen und darf es dann nur ein einziges Mal spielen. Auch Nick wird süchtig danach – und merkt zu spät, wie das Spiel immer mehr das reale Leben bestimmt. Eine der wenigen, die davon unberührt bleibt, ist Emily, die mithilfe von HackerfreundInnen schließlich das Geheimnis, das dieses Spiel umgibt, zu lüften vermag. Sabine Thiesler liest ihren Roman Der Menschenräuber (Random House Audio) selbst, in dem ein Mann erbarmungslos Rache für den Tod seiner Tochter übt. Tania Carver hingegen lässt in Entrissen (Hörbuch Hamburg) die ungeborenen Babys gleich aus dem Bauch der Mutter schneiden. In Letzter Gruß (Random House Audio) von Lisa Marklund und James Patterson, gelesen von Claudia Michelsen und Sylvester Groth, werden in einem etwas konstruierten Plot verliebte Pärchen auf Hochzeitsreise grausam ermordet. Für Krimifans mit starken Nerven sei noch empfohlen: Die Minette Walters Hörspielbox versammelt drei zu Hörspielen umgearbeitete frühe Geschichten der englischen Kriminalautorin: „Dunkle Kammern”, „Die Bildhauerin”, „Das Echo” (Random House Audio). l Juli August 2010 an.schläge l 41 an.sehen Tara und ihre anderen Alles andere als katastrophal: Die US-Serie „United States of Tara” vereint viele Frauenrollen in einer Familienkonstellation. Von Bettina Enzenhofer und Irmi Wutscher Foto: www.dexigner.com Video-Tagebuch, erster Eintrag: Vor der Kamera sitzt eine Frau, die sich mit „It’s me, Tara, obviously” vorstellt. Sie erzählt, dass sie in der Tasche ihrer Tochter ein Rezept für die Pille danach gefunden hat und sie nicht weiß, wie sie darauf reagieren soll. Es wird ihr zu viel, sie bricht die Aufzeichnung ab. Danach schließt sie die Augen, wirkt wie weggetreten. Sie öffnet die Augen wieder mit einem völlig veränderten Gesichtsausdruck, reißt sich die Kleider vom Leib und wirft sich in die Klamotten ihrer Tochter: „T” hat die Bildfläche betreten. Sie will abhängen, Musik hören und im Shoppingcenter Typen aufreißen gehen. Tschüss, Vorstadt-Idylle! In Tara Gregson, so erfahren wir im Laufe der Episode, wohnen mehrere Persönlichkeiten. Neben T, einer verantwortungslosen Teenagerin, existiert zum Beispiel Alice, eine Südstaaten-Hausfrau aus den 1950ern, die mit ihren moralischkonservativen Ansichten den Rest der Familie regelmäßig in den Wahnsinn treibt. Und es gibt Buck, 42 l an.schläge Juli August 2010 einen Bier saufenden, rülpsenden Frauenaufreißer, der keinem Konflikt aus dem Weg geht. Tara ist auf den ersten Blick eine typische US-amerikanische Hausfrau, die mit Mann, Sohn und Tochter in einer idyllischen Vorstadt lebt. Dieses Bild wird jedoch schnell gebrochen, und das nicht nur, weil Tara unter einer dissoziativen Identitätsstörung leidet: Sohn Marshall hat mit seiner Sexualität zu kämpfen, Tochter Kate ist die Rebellin und sucht über diverse Jobs und Affären Selbstständigkeit, und Ehemann Max wird zwar mit allen Widrigkeiten Frau und Kinder betreffend fertig, geht aber der Familie mit seinem Helfersyndrom letztlich total auf die Nerven. Charmaine, Taras Schwester, fühlt sich benachteiligt und zeigt wenig Verständnis für sie, gleichzeitig scheint sie den Schlüssel zur Aufklärung von Taras Erkrankung zu besitzen. Multiple Überlebensstrategien. Die dissoziative Persönlichkeitsstörung ist oft Folge eines traumatischen Ereignisses in der Vergangenheit. Besonders häufig tritt sie nach sexuellem Missbrauch oder Kriegserlebnissen auf. Psychiater_innen gehen davon aus, dass Betroffene dissoziieren, also einen Teil der Persönlichkeit abspalten, um überhaupt weiterleben zu können. Meistens existieren verschiedene Persönlichkeiten, die sich nach Alter, Herkunft, Gender oder sexueller Orientierung stark von der Ursprungsperson unterscheiden können. Sehr oft übernehmen sie Missionen, die diese selbst nicht ausleben kann oder will. Die Persönlichkeiten handeln eigenständig, oft weiß die betroffene Person nicht, was ihre Alter Egos tun. So ergeben sich auch die meisten Konflikte bei Tara. Keine Katastrophe. Das Schöne an der von Diablo Cody („Juno”, „Jennifer’s Body”) entwickelten Serie ist, dass Taras Krankheit nicht als Katastrophe verhandelt wird. Tara ist kein Opfer – ebenso wenig verkommen ihre Persönlichkeiten zu Klamauk-Figuren. Die Situationen werden tragisch und komisch, teilweise dramatisch und emotional, dann wieder mit einer gewissen Ironie dargestellt, sind aber immer irgendwie okay. Die „kranke Mama” wird weder mit Samthandschuhen angefasst, noch wird sie aufgrund ihrer Krankheit abgelehnt. Auch die Probleme rundherum, von Stalking bis zu Selbstfindung mittels Brust-OP, werden erstaunlich unaufgeregt besprochen. Die Persönlichkeiten von Tara könnten außerdem als die unterschiedlichen Rollen, die Frauen heute zu erfüllen haben, gelesen werden: von Hausfrau über sexy Kätzchen bis zum Kumpeltyp. Dafür hält sich die erste Staffel allerdings sehr mit Beschreibung und Etablierung dieser Charaktere auf, wodurch teilweise der Drive fehlt. Ein wenig nervt auch die ewige Geheimniskrämerei, die an „Desperate Housewives” erinnert, mit dunklen Flecken in Taras bzw. auch Charmaines Vergangenheit. Im Gegensatz zu den verzweifelten Hausfrauen ist Tara aber glaubwürdig. Es macht Spaß, der Familie dabei zuzusehen, wie sie sich untereinander und auch Tara und ihren Persönlichkeiten begegnen. l „United States of Tara“ ist in den USA auf Showtime zu sehen, die zweite Staffel ist soeben zu Ende gegangen. Staffel 1 ist bereits auf DVD erhältlich. an.künden Redaktionsschluss Termine 09/10: 11.8.2010 [email protected] tanz fest musik 2.7., 22.00, Wien g.spot – for queers & friends to check in and freak out Camera Club, 1070 Wien, Neubaug. 2, www.gspot.at 2.7., 20.00, Wien Myako Chica Go Go (F/D) & DJ chra (comfortzone) rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37, http://rhiz.org; http://soundcloud. com/myako 3.7., 22.00, Wien Regenbogenparade Abschlussparty mit H.A.P.P.Y. & Homoriental WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, VVK 8/AK 10 Euro, www.wuk.at 3.7., 21.00, Wien We are the lesbian women’s collective: Lesbenfest nach der Regenbogenparade. Mit DJanes Missus u. Mohak, live: Ramba Samba, Begrüßungspunsch, Family Surprise, Buffet FZ-Beisl im Autonomen FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59, UKB: 4 Euro, http://fz-bar.wolfsmutter.com 3.7., 21.00, Wien Official Pride Night 2010: Queer:Beat & BallCanCan, Ost-Klub, 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10, http://queerbeat.at Sündikat, brut Wien, 1010 Wien, Karlsplatz 5, www.suendikat.at, gemeinsamer Eintritt: VVK 7/AK 10 Euro 3.7., 21.00, Wien Club Burlesque Brutal: Boobs and Balls!, danach: Club Quote brut im Konzerthaus, 1030 Wien, Lothringerstr. 20, AK 15/erm. 10 Euro, www.brut-wien.at 3.7., Feldkirch; 11.7., Frauenfeld Ebony Bones (GB) Poolbar Festival, 6800 Feldkirch, Altes Hallenbad, Reichenfeldg. 10, http://poolbar.at; Openair Frauenfeld 2010, 8500 Frauenfeld, Große Allmend, www.openair-frauenfeld.ch; www.myspace.com/ebonybones 3.7., Ottensheim; 15.7., Wien MTS Multitask (A) – female HipHop aus Wien Rödlgelände, 4100 Ottensheim, http://openair.ottensheim.at; 1040 Wien, Karlsplatz – Resselpark im Rahmen von Kino unter Sternen, www.afterimage.at; www.myspace. com/multitaskingsistas 4.7., Bonn; 5.7., Berlin Patti Smith (US) & her band Museumsplatz Summer Stage Festival 2010, 53113 Bonn, Museumsplatz an der Bundeskunsthalle, FriedrichEbert-Allee 4; Citadel Music Festival, 13599 Berlin, Zitadelle Spandau (Am Juliusturm), www.citadel-musicfestival.de; www.pattismith.net 8.7., 16.00, Linz PINK (US): The Funhouse Summer Carnival Gugl-Stadion, 4020 Linz, Ziegeleistr.; www.pinkspage.com 13.7., 19.30, Wien Paperbird (A) Theater am Spittelberg, 1070 Wien, Spittelbergg. 10, Eintritt: 15 Euro, www.theateramspittelberg.at 15.7., Wien; 16.7., Linz Kumbia Queers (ARG/MEX) rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37, http://rhiz.org; Roter Krebs, 4020 Linz, Obere Donaulände 11, www. roterkrebs.net; kumbiaqueers.com 16.7., 19.00, Innsbruck Offen & Herrlich 2010. Live: Gustav & Band (A), Valient Thorr (US), Candie Hank (D), A.L.M. (A) & DJ-Line p.m.k., 6020 Innsbruck, Viaduktbogen 19-20, www.pmk.or.at 16.7., 19.00, Wien Dance the Ribbon. Warm-up Party zur AIDS-Konferenz 2010, Line-Up: Masala Brass Band (dunkelbunt/A) & Cloud Tissa (RWA/A), Fatima Spar (D), Bauchklang (dunkelbunt/A) DJ-Set WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, VVK: 8 Euro, AK: 10 Euro, www.wuk.at 22.7., 20.00, Wien Melanie Fiona (CAN) WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, www.wuk.at; www.melaniefiona.com 23.7., Dornstadt; 24.7., Puch; 11.9., Berlin Lali Puna (D) Obstwiesenfestival, 89160 Dornstadt, obstwiesenfestival.de; Open Air Puch 2010, Puch bei 85305 Jetzendorf/ Lueg, www.puch-openair.de; Berlin Festival, 12101 Berlin, Flughafen Tempelhof, Platz der Luftbrücke, www.berlinfestival.de; www.lalipuna.de 26.–28.7., 19.30, Wien Vienna Swing Sisters & The Moods (A) mit Markus Richter: Rum and Coca Cola! A Tribute to the Andrew Sisters – die Revue Theater am Spittelberg, 1070 Wien, Spittelbergg. 10, www.theateramspittelberg.at 27.7., 19.00, Wien CocoRosie (USA) & Guests Arena, 1030 Wien, Baumg. 80, www.arena.co.at; www.cocorosieland.com 30.7.–15.8., Wien 6. Afrika Tage Wien. Musikprogramm mit: Marla Glen & Band (US/D), Angélique Kidjo (BJ/F), Jenny Bell (UG/A), Cloud Tissa (RWA/A) u.v.m. Donauinsel, Floridsdorfer Brücke, 1210 Wien, www.afrika-tage.at 11.8., Budapest; 14.8. Zofingen; 20.8. Lausanne Peaches (CAN/D) Sziget Festival, Obuda Island, Majus 9 Park, www.szigetfestival.com; Heitere Open Air, 4800 Zofingen, Heitere-Platz, www.heitere.ch; For Noise Festival, 1009 Pully, Chemin du Stand 5, www.fornoise.ch; www.peachesrocks.com 27.8., München The xx (GB) Tonhalle, 81671 München, Grafinger Str. 6, www.tonhalle-muenchen.de; http://thexx.info film 5.–8.7., Linz normaleLINZ 2010 – das gesellschaftspolitische Filmfestival Schulvorstellungen tägl. 9.00, 4020 Linz, AK OÖ, Kongresssaal, Volksgartenstr. 40, Abendvorstellungen tägl. 19.00, Moviemento, 4020 Linz, OK-Platz 1, Reservierungen: T. 0732/78 40 90, Infos u. Programm: www.normale.at/33067.html www.ak-kultur.at, www.moviemento.at bühne 2.–3.7., 18.00, BurgschleinitzKühnring Zu Gast bei Bertha von Suttner. Ein Erlebnistheater im Schloss Harmansdorf 3730 Burgschleinitz-Kühnring (Bezirk Horn), Harmannsdorf 1, www. portraittheater.net 3.7., 19.30, Wien Catch-Pop String-Strong Theater am Spittelberg, 1070 Wien, Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85, www.theateramspittelberg.at 4.7., 19.30, Wien Anna Klinge: Der Fußmord und andere Liebesdramen Theater am Spittelberg, 1070 Wien, Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85, www.theateramspittelberg.at 15.7.–15.8., Wien ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival. Mit Anne Teresa De Keersmaeker, Wim Vandekeybus, Ultima Vez, Cie. Marie Chouinard, Anne Juren, Alain Platel, Anna MacRae, Mathilde Monnier, Xavier Le Roy, Maija Hirvanen u.v.m. diverse Spielstätten, Detailprogramm u. Infos: www.impulstanz.com 23.8.–25.9., 20.00, Wien Die Präsidentinnen. Von Werner Schwab. Mit Lucy McEvil, Lilly Prohaska, Roswitha Soukup 3raum-anatomietheater, 1030 Wien, Beatrixg. 11, Premiere 23.8., Vorstellungen: 25.–28.8., 1.–4.9., 15.–18.9., 22.–25.9., http://3raum.or.at seminar workshop 3.7., 9–17.00, Wien Co-Abhängigkeit – der Tanz um die Sucht. Über die Rolle als Angehörige, Freundin oder Kollegin einer/eines Suchtkranken od. Suchtgefährdeten, mit Ingrid Trabe (Psychotherapeutin) Institut Frauensache, 1030, Obere Viaduktg. 24, Kosten: 145 Euro, Anm.: T. 01/89 58 440, [email protected], www.frauensache.at 10.8. u. 12.8., 11–17.00, Wien Zweiteiliger Fotografie-Workshop für Mädchen Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg. 22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789 45 45, www.sprungbrett.or.at 30.–31.8., 10–16.00, Wien Hop into the Job! Berufsorientierung für Mädchen Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg. 22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789 45 45, www.sprungbrett.or.at vortrag diskussion 8.7., 19.30, Hamburg Thanatea. Vernetzungstreffen und Fachaustausch für Lesben und lesbenfreundliche Frauen, die sich professionell mit Sterben, Tod und Trauer beschäftigen. Lesbenverein Intervention e.V., Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T. +49/40/24 5002, www.lesbenverein-intervention.de 21.7., Hamburg anders altern. Der offene Arbeitskreis widmet sich den vielfältigen Themen rund ums Alter. Uhrzeit bitte erfragen. Lesbenverein Intervention e.V., Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T. +49/40/24 5002, www.lesbenverein-intervention.de 22.7, 20.30, Wien Geschichte wirft lange Schatten: Gespräch mit Jo Schmeiser und Simone Bader (Klub Zwei) im Rahmen von Kino unter Sternen 1040 Wien, Karlsplatz – Resselpark, Infos: www.kinountersternen.at 10.–12.9., Berlin Konferenz „Antisexistische Praxen IV” Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin-Kreuzberg, www.antisexist-perspectives.so36.net ausstellung bis 9.7., Graz kultura: Weibliche Positionen. Kuratiert von Veronika Dreier. Mit Norbertine Bresslern-Roth, Sarah Godthart, Agnes Harrer, Lotte Hendrich, Doris Jauk-Hinz, Karina Lernbeiß, Erika Lojen, Doris Lötsch, Erika Thümmel und Eva Ursprung, Eva & Co. u.v.m. Galerie Kon-temporär, 8020 Graz, Griesplatz 10, Di–Fr 11–18.00, Sa 10–13.00, T. 0316/877-2446, www.kulturservice.steiermark.at bis 9.7., Wien Georgia Creimer: Mind/Mirror/Calf Galerie Raum mit Licht, 1070 Wien, Kaiserstr. 32, Mi–Fr 14–18.00, Sa 11–14.00, T. 01/524 04 94, www.raum-mit-licht.at bis 11.7., Salzburg Partizipation. Politik der Gemeinschaft. Kuratiert von Hemma Schmutz. Mit Irina Botea, Jeremy Deller Oliver Hangl, Tellervo Kalleinen/Oliver Kochta-Kalleinen, Ruth Kaaserer, Christine und Irene Hohenbüchler u.a. Salzburger Kunstverein, 5020 Salzburg, Hellbrunner Str. 3, Di–So 12–19.00, T. 0662/84 22 94-27, www.salzburger-kunstverein.at bis 24.7., Wien Judith Fegerl: SELF Kunstraum Niederösterreich, 1014 Wien, Herreng. 13, T. 01/90 42 111, www.kunstraum.net, Di–Fr 11–19.00, Sa 11–15.00, Eintritt frei Juli August 2010 an.schläge l 43 an.künden Tales from the flipside Ein Highlight des diesjährigen Kasumama Afrika Festivals im Oberen Waldviertel: Fatou Mandiang Diatta, die in ihrer ehemaligen Heimatstadt Dakar als Sister Fa Karriere machte und seitdem als erfolgreichste Rapperin Senegals gilt. Gleich am nächsten Tag ist die mittlerweile in Berlin ansässige Künstlerin und Aktivistin noch mal live on stage zu erleben: am 10. Juli im Kulturforum Villach. Welcome, Ladies! Mitte August erlebt das deutsche Uni-Städtchen Trier eine weitere Ausgabe des Ladyfests: Am Programm stehen Filme, Workshops (u.a. zu „Stencils & Streetart” und „Pop & Gender”), Vorträge von Rapperin Sookee („Homophobie im HipHop”) und der Berliner Sexpertin Laura Méritt sowie eine Lesung mit „Vulva”-Autorin Mithu Sanyal. Mit dabei ist auch die D.I.Y.-Truppe Muschiballett, danach geht’s zum Konzert mit Räuberhöhle und Sookee mit anschließender Party. 13.–15.8., Tuchfabrik Trier e.V., 54290 Trier, Wechselstr. 4, Kombi-Ticket 20/erm. 15 Euro, nur Party und Konzert 12/erm. 7 Euro, http://ladyfest.blogsport.eu bis 24.7., Wien WERKSCHAU XV: Lisl Ponger – Fact or Truth Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa 10–14.00, Werkstattgespräch mit der Künstlerin u. Katalogpräsentation am 20.7., 19.00, www.fotogalerie-wien.at bis 30.7., Wien Herrscher, Krieger und Maskierte. Artists in Residence: Tea Hatadi (Kroatien), Heldi Pema (Albanien), Ardan Özmenoglu (Türkei) Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universi- tätsstr. 5, www.kulturkontakt.or.at/air, Mo–Fr 14–20.00 bis 4.8., Wien Real Estates: Erinnerung an Orte/ Spuren von Verschwundenem. Kuratiert von Gabriele Schor. Mit Bernd und Hilla Becher, Gordon Matta Clark, James Welling, Joachim Koester Vertikale Galerie, Verbund-Zentrale, 1010 Wien, Am Hof 6a, öffentlich zugänglich im Rahmen der Kunstgespräche, Mi 18.00, Anm.: sammlung@ verbund.at od. T. 0503/13 500 44, Eintritt frei 9.7., Kasumama Afrika Festival, 3970 Moorbad Harbach, Holzmühlteich beim Gasthaus Holzmühle, Lauterbach 40, www.kasumama.at; 10.7., Kulturforum Villach, 9500 Villach, Park des Schlosses Dinzl, Schlossg. 11, www.kulturforumvillach.at Sister Fa: Hip Hop Yaw La Fal! Foto: Michael Mann bis 15.8., Berlin Hans Bellmer, Louise Bourgeois: Double Sexus Sammlung Scharf-Gerstenberg, 14059 Berlin, Schloßstr. 70, Di–So 10–18.00, T. +49/30/266 42 42 42, www.doublesexus.org terrollen, Verführung und (sexuelle) Metamorphose Galerie Elisabeth Michitsch, 1010 Wien, Opernring 7/12 (Mezzanin), Mo–Fr 10–18.00, Sommerschließzeit: 26.7.–15.8., www.elisabeth-michitsch.at bis 29.8., Graz Ines Kaag und Désirée Heiss: BLESS No 41 – Retroperspektives Heim Kunsthaus Graz, Space 01, 8020 Graz, Lendkai 1, Di–So 10–18.00, T. 0316/8017-9200, www.museumjoanneum.at/kunsthaus bis 19.9., Dresden Stoffe aus Lublin/Blawatne Z Lublina. Ulrike Grossarth – Stefan Kielsznia: Gegenwartskunst und historische Straßenfotografien aus dem jüdischen Viertel in Lublin Kunsthaus Dresden, Rähnitzg. 8, 01097 Dresden, T. +49/351/804 14 56, Di–Fr 12–19.00, Sa u. So 12–20.00, Fr Eintritt frei, www.kunsthausdresden.de bis 3.9., Wien ERSTE Foundation shows: „Gender Matters” by Davor Konjikusic ERSTE Foundation, 1010 Wien, Friedrichstr. 10, Besuch nach Terminvereinbarung, T. 01/50 100-15402, www.erstestiftung.org/erste-foundationshows bis 5.9., St. Pölten Grete Yppen: Vom Klang des Malens. Malerei und Zeichnung 1955–1995 Landesmuseum Niederösterreich, 3100 St. Pölten, Kulturbezirk 5, Di–So, Feiertage 9–17.00, Mo (außer Feiertag) geschlossen, www.landesmuseum.net bis 18.9., Wien Christy Astuy, Michela Ghisetti: Paintings and Drawings. Geschlech- bis 26.9., Klosterneuburg Niki de Saint Phalle: Im Garten der Fantasie ESSL MUSEUM – Kunst der Gegenwart, 3400 Klosterneuburg/Wien, An der Donau-Au 1, T. 02243/370 50 150, www.essl.museum, Di-So 10–18.00, Mi 10–21.00 bis 3.10., Wien Now I See – Retrospektive von Brigitte Kowanz MUMOK – Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, 1070 Wien, Museumsplatz 1, Mo–So 10–18.00, Do 10–21.00, www.mumok.at Feiern unter dem Regenbogen Foto: H.A.P.P.Y. 44 l an.schläge Juli August 2010 Wohin nach der Regenbogenparade? Die After-Pride-Party im WUK hat Tradition: Zum sechsten Mal bitten der multikulturelle Club Homoriental und das queere House-Kollektiv H.A.P.P.Y. auf die Tanzfläche. Gleich auf der anderen Seite des schönen WUK-Innenhofs feiert das FZ-Beisl unter dem abgewandelten Motto der Parade „We are the lesbian women’s collective”. Wer zur Official Pride Night möchte, begibt sich entweder in den Ost-Klub, wo die beiden queeren Party-Institutionen Queer:Beat und BallCanCan fusionieren, oder ins brut Künstlerhaus – dort hosten die Veranstalter von Sündikat den Dancefloor. Im brut Konzerthaus wiederum wird – im Anschluss an die „Burlesque Brutal”-Show – das feministische DJ-Kollektiv Quote das Haus bis in die queeren Morgenstunden rocken. Details siehe unter: tanz fest musik bis 26.10., Hittisau Ich bin Ich: Susi Weigel. Trickfilmzeichnerin und Illustratorin (1914–1990) Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501, T. 05513/620 930, www. frauenmuseum.at, Do 15–20.00, Fr 14–17.00, Sa u. So 10–12, 14–17.00 31.8.–29.9., Wien IDENTITÄT II: Identitätsstiftung. Mit Oreet Ashery, Hubert Blanz, Katharina Cibulka, Shahram Entekhabi, Astrid Korntheuer, Trish Morrissey Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa 10–14.00, www.fotogalerie-wien.at lesung 9.7.–27.8., 20.30, Wien o-töne. Aktuelle österreichische Literatur im MuseumsQuartier. Mit Melitta Breznik, Franzobel, Verena Roßbacher, Wolf Haas u.a., 1070 Wien, MuseumsQuartier Wien, Museumsplatz 1, jeden Do, Open Air, freier Eintritt, www.o-toene.at aktivitäten Do, 17.30–20.45, Wien SAPPHO – Psychotherapeutische Gruppe für lesbische und bisexuelle Frauen: Das zufriedene les-bi-sche Ich bin Ich Beratungsstelle COURAGE, 1060 Wien, Windmühlg. 15/1/7, 14-tägig jeweils Do, Kosten: Euro 48 pro Abend, Anm.: T. 01/585 69 66, www. courage-beratung.at jeden 2. Fr im Monat, 17.30, Wien ARGE Dicke Weiber: gegen Diskriminierung und Schlankheitsterror – für Vielfalt und positive Selbstbilder FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59/Stiege 6, http://argedickeweiber.wordpress.com jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien Frauen-Lesben-Theatergruppe, für Frauen und Mädchen jeden Alters FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59/Stiege 6, Infos: Regina Stierschneider, T. 0664/186 06 13, [email protected] 1.7., 2.7., 3.7., 11.00 u. 17.00, Wien Regenbogenführungen an der Universität Wien: Homosexualität in der an.künden Mach die Welle Im Rahmen der Initiative „Ke Nako Afrika – Afrika jetzt!” organisiert FairPlay am 3. Juli ein Kleinfeldturnier für Frauen- und Mädchenteams ab 14 Jahren. Teilnehmen können Vereinspielerinnen, Hobbyspielerinnen sowie interessierte Mädchen und Frauen. Maximal zehn Teams spielen in zwei Gruppen, die Gruppenersten und -zweiten spielen in Kreuzspielen um den Finaleinzug. Die Spieldauer beträgt sieben Minuten. Teamgröße am Spielfeld: vier Spielerinnen. Foto: Kurt Wachter, FairPlay Welt der Wissenschaft Universität Wien, 1010 Wien, Dr.Karl-Lueger-Ring 1, Kosten: 3 Euro, Dauer ca. 60 Minuten, Anm. u. Infos: http://event.univie.ac.at/fuehrungen/ regenbogen-fuehrungen 2.7., 14.00, Wien Schwul/lesbischer Stadtspaziergang. Mit QWien-Guide Andreas Brunner Treffpunkt: Burgtheater/Kasino, 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 1, Kosten: 7 Euro/Person, T. 01/966 01 10, http://qwien.at 3.7., 14–18.00, 1020 Wien, Sportanlage Venediger Au (beim Praterstern), Anm. u. Infos: [email protected] od. T. 01/713 35 94-97, http://fairplay.vidc.org 2.7., 18.00, Wien Rathausführung andersrum, veranstaltet von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen Treffpunkt 18.00 beim RathausStadtinformationszentrum, 1010 Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 1, T. 01/4000-81449, www.hosiwien.at/ prideevent/rathausfuhrung-andersrum 3.7., 14.00, Wien Regenbogenparade 2010. Motto dieses Jahres: We are family! Route: Urania, Franz-Josefs-Kai, Schwedenplatz, Ringturm, Börse, Universität, Rathausplatz, Oper, 17–22.00 Abschlusskundgebung am Schwarzenbergplatz, www.hosiwien.at/regenbogenparade 9.7., 15–18.00, Graz Mini-Comic. Workshop mit Edda Strobl (Graz), für Menschen von 11–99 Jahren. Ein A4-Blatt wird mit wenigen Handgriffen zu einem achtseitigen Comic-Heftchen. Volksgarten, Arena vor der Kreuzkirche, bei Schlechtwetter im <rotor>, 8020 Graz, Volksgartenstr. 6a, http://rotor.mur.at 20.7., 10–16.00, Wien Dein Design mit Holz. Für Mädchen, mit Katja Nußbaumer, Werk Möbelbau Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg. 22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789 45 45, www.sprungbrett.or.at „It‘s a free world” von Ken Loach im Volxkino am 10.7. Freiluftbilder 26.–27.7., 10.–16.00, Wien Girls in the City! Selbstverteidigung für Mädchen von 14–17 Jahren. Bei diesem Workshop sind wir mitten in der Stadt unterwegs und probieren aus, was dich sicherer und selbstbewusster macht. Veranstaltet von Sprungbrett in Kooperation mit jugendinwien, UKB: 15 Euro, mit jiw-Bon gratis, Anm. erbeten, T. 01/789 45 45, www. sprungbrett.or.at 26.7.–14.8. u. 16.–28.8., Traunkirchen Sommerakademie Traunkirchen. Mit u.a. Xenia Hausner und VALIE EXPORT. 26.7.–14.8.: „Figurative Malerei” mit Xenia Hausner, 16.–28.8.: „Serielle Fotografie” mit VALIE EXPORT 4801 Traunkirchen, Ortplatz 1, Infos u. Anm.: T. 0664/166 38 13, office@ sommerakademie-traunkirchen.com, www.sommerakademie-traunkirchen.com 31.7.–1.8., Innsbruck-Freiburg/ Breisgau Berta Frauen-Kunstreise zur Ausstellung von Katharina und Barbara Grosse und historische Stadtführung zum Thema Hexenverfolgung Kosten: 180 Euro (alles inkl.), Anm.: [email protected] oder 0660/5210674 1.8., 12.00, Wien Brunch: Göttin des Glücks. Modeschau & Präsentation liebenswert, 1060 Wien, Esterhazyg. 26, T. 01/595 52 55, www.liebenswert.at, www.goettindesgluecks.at 1.–6., 8.–13.8., Finnland Frauen-Coaching-Wochen in Finnland. Coaching, multimediale kreative Methoden und Selbsterfahrung in traditionellen finnischen Sommerhäusern. Infos u. Anmeldung: daniela.reiter@ diereiterer.at, www.diereiter.at 1.9.–2.9., 14–17.00, Wien Rap dich weg mit EsraP. Für Mädchen von 14–17 Jahren Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg. 22-24/1/1, UKB: 3 Euro, Anm. erbeten, T. 01/789 45 45, www. sprungbrett.or.at radio fixtermine Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, jeden 2. Mi Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden 1., 3. u. 4. Fr Sa 18–19.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Livestream auf www.radiorainbowcity.de, wöchentlich Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), jeden 4. Sa So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck), jeden 1. So Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas žena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), wöchentlich Mo 21–22.00, Schweiz K-Punkt Kalila – Feminine und feministische Themen Kanal K 94.9 MHz (Aargau), Livestream auf http://kanalk.ch, wöchentlich Sommerkino ist Freiluftkino – und davon gibt es in Wien gleich mehrere: etwa das VOLXkino, das älteste Open-Air- und Wanderkino der Stadt, das in 16 Bezirken über siebzig Filme aus den verschiedensten Genres bei kostenlosem Eintritt anbietet. Freies Filmvergnügen unter nächtlichem Himmel offeriert auch Kino unter Sternen am Karlplatz – und das täglich. Vor Filmbeginn wird ein umfangreiches Rahmenprogramm geboten, bei dem u.a. Regisseur_ innen und Musiker_innen vor die Leinwand treten. VOLXkino: bis 17.9., Wien, diverse Orte u. Beginnzeiten, www.volxkino.at Kino unter Sternen: 2.–25.7., Karlsplatz – Resselpark, täglich: Lesungen, Gespräche, Konzerte ab 20.30, Filmbeginn 21.30, www.kinountersternen.at Di 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on air Orange 94.0 MHz, wöchentlich Hast du Töne! Der Festivalsommer steht vor der Tür. Noch unentschlossen, wohin es gehen soll? Eine Empfehlung ist das Pohoda-Festival in der Slowakei, das mit einem ausgezeichneten Line-Up aufwartet: Neben „Balkan-R’n’B-Queen” Miss Platnum und den britischen Indie-Darlings The xx werden mit Crystal Castles, New Young Pony Club, Sexy Sushi, Metronomy, Scissor Sisters und vielen anderen gleich mehrere Konzertwünsche auf einmal erfüllt. „Chefa” Miss Platnum, Foto: Four Music 8.–10.7., Pohoda Festival, Flughafen, 91164 Trencin, www.pohodafestival.sk Juli August 2010 an.schläge l 45 Vorschau auf die September-Ausgabe: Peaches Christ Superstar Kaffee und Interview mit Merrill Beth Nisker aka Electro-Revoluzzerin Peaches tv an.schläge 19.7 ., 21.00 zappho des monats auf O TO webstrK e a www.ok m: to.tv Ein an.schläge-tv präsentiert: B-Star, untötbar von Sabine Marte – Diagonale-Preis als bester Experimentalfilm 2010 an.schläge Abo, bitte! Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro * Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage. Weitere Infos unter [email protected] oder auf www.anschlaege.at. an.schläge gibt‘s in folgenden Buchhandlungen: Fachbuchhandlung ÖGB Kuppitsch Morawa Winter Frick International tiempo Facultas Lhotzkys Literaturbuffet Buchhandlung polycollege phil Südwind Tabak Trafik Brosenbauch 1010 1010 1010 1010 1010 1010 1010 1020 1050 1060 1070 1070 Rathausstr. 21 Schottengasse 4 Wollzeile 11 Rathausstr. 18 Schulerstr. 1-3 Johannesgasse 16 Universitätsstr. 7 Taborstraße 28 Reinprechtsdorferstr. 38 Gumpendorferstr. 10-12 Mariahilferstr. 8 Kaiserstr. 96 und auch in vielen Städten in Deutschland. Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf: www.anschlaege.at www.myspace.com/an.schlaege 46 l an.schläge Juli August 2010 Riedl 1080 Löwenherz 1090 Südwind 1090 Infoladen Infomaden 1110 Infoladen Treibsand 4040 Kulturverein Waschaecht 4600 Rupertusbuchhandlung 5020 Wagnersche Buchhdlg. 6020 Amazone-Zentrum 6900 Berta – Bücher & Produkte 8020 Hacek-Bücherei 9020 KBuch 9020 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Wielandgasse 2-4 Rudolfstr. 17 Dragonenstr. 22 Dreifaltigkeitsgasse 12 Museumstr. 4 Brockmanngasse 15 Siebenundvierzigergasse 27 Paulitschgasse 5/7 Universitätsstr. 90 Selbstständig Unselbstständig Erwerbslos Infobroschüre für KünstlerInnen und andere prekär Tätige www.kulturrat.at Der Kampf ums Gewicht Körper & Gewicht im Spannungsfeld von Wirtschaftsinteressen, Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil 28. September 2010 9-18 Uhr Wiener Rathaus Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at 17. aktualisierte Auflage: Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folge Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften ( Antirassistische Initiative e.V. – Dokumentationsstelle Fon 030 – 617 40 440 Fax 030 – 617 40 101 [email protected] www.ari-berlin.org FRAUENHOTEL artemisia BERLIN Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- Euro. Brandenburgische Str. 18, 10707 Berlin, T 0049 30 8738905 [email protected], www.frauenhotel-berlin.de € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 taschen l l an.schläge das feministische monatsmagazin. juli august 2010 Falls ihr die an sc hläge-Superheldin bei ihrer Stra könnt ihr die ndverkaufsto neuen Tasch ur verpasst h en auch bei u 1cm mit 30c abt, ns bestellen! m langen He nkeln, dunke llila mit weiße 5 Euro zzgl. V m Aufdruck (s e rs a ndkosten .Bild) Bestellungen an: redaktion @anschlaege.at Tasche: 38x4 Happy Birthday, Ladyfest! Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10 Ruth Klüger Was Frauen schreiben Kriechend zum Mann werden Militarismus und Männlichkeit in der Türkei Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >> Österreichischer Frauenbericht 2010 >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr an.schläge Nr. 7-8/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M