Juli/August 2010

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Juli/August 2010
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Happy Birthday, Ladyfest! Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10 Ruth Klüger Was Frauen schreiben Kriechend zum Mann werden Militarismus und Männlichkeit in der Türkei Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >>
Österreichischer Frauenbericht 2010 >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr an.schläge Nr. 7-8/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
Selbstständig
Unselbstständig
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Infobroschüre
für KünstlerInnen und
andere prekär Tätige
www.kulturrat.at
Der Kampf
ums Gewicht
Körper & Gewicht im Spannungsfeld von Wirtschaftsinteressen,
Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil
28. September 2010
9-18 Uhr
Wiener Rathaus
Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at
17. aktualisierte Auflage:
Bundesdeutsche
Flüchtlingspolitik und ihre
tödlichen Folge
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Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften
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Antirassistische Initiative e.V. – Dokumentationsstelle
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an.schläge
Politik
an.riss politik
>>> 06
Risiken und Nebenwirkungen
Das Wissen über hormonelle Verhütung ist noch immer unzureichend
>>> 08
>>> 10
Lust in kleinen Dosen
Wen hat die Antibabypille eigentlich befreit?
Saubere Kleidung im Stundenplan
Interview: Gewerkschafterin Beauty N. Zibula spricht über die Textilbranche in Südafrika
>>> 12
an.riss international
>>> 14
Thema: Ladyfeste
Some Grrrls are Ladies
Ein Reisebericht vom ersten Ladyfest in Olympia, Washington, 2000
>>> 17
Von der Lady zur Lady*
München 2010: Hat Lady*fest neuerdings ein Label-Problem?
>>> 19
Guerilla-Strategie: Lady
Interview: Melanie Groß reflektiert die Entwicklung der Ladyfest-Bewegung in Deutschland
>>> 20
Ladyspace: Aktiv Räume schaffen
Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste
Ladyfest hits Europe
>>> 21
>>> 22
>>> 23
Gesellschaft
an.riss arbeit wissenschaft
>>> 26
Fakten zertrümmern Mythen
Der österreichische Frauenbericht 2010 demontiert Scheinargumente gegen Frauenförderung >>> 28
Kriechend zum Mann werden
Interview: Pınar Selek hat das Männlichkeitslaboratorium Militär in der Türkei erforscht
>>> 30
Kultur
an.riss kultur
>>> 32
Der Augenöffner
Interview: Ruth Klüger liest und bespricht, „was Frauen schreiben” >>> 35
an.sage: Keep it wheel!
sprechblase: Sager des Monats
plusminus: USA vs. „Österreich”
an.frage: Die Unbeirrbare
medienmix: biberica, Journalistinnenbund &
Radio Frauenzimmer
an.sprüche: pro & pro Körperarbeit
an.lesen: Ingeborg Bachmann, Gina Mayer,
Therese Roth, Lena Correll, Alexandra Weiss/Verena Simetzberger, Leah C. Czollek u.a., Torsten
Heinemann/Christine Resch
an.klang: Ideale Stimmen in Hörbüchern
an.sehen: United States of Tara
an.künden: Termine & Tipps
05
06
06
07
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25
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Kolumnen
>>> 34
Rubriken
Die Farben der Freiheit
„Women without Men” erzählt von der Emanzipation iranischer Frauen in den 1950ern
neuland
zeitausgleich
heimspiel
lebenslauf
lesbennest
bonustrack: clara luzia
katzenpost
zappho des monats
11
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46
Impressum
24
editorial
Für das aktuelle Heftcover gab’s diesmal ein eigenes
Foto-Shooting: an.schläge’s next Topmodel hat nämlich
die Muckis an den richtigen Stellen. Nicht nur Muskelkraft gekostet hat uns wiederum der lange vorbereitete
Relaunch und seine Umsetzung, während sich gleichzeitig ein neues Koordinierenden-Team zusammenfinden
musste. Erschöpft, aber glücklich haben wir bisher
überwiegend positive Rückmeldungen erhalten und die
konstruktive Kritik zur Kenntnis genommen. Anfang Juni
feierten wir dann endlich die verdiente Relaunch-Party
mit Leser_innen, Freund_innen und dem DJ-Kollektiv
Quote.
Wie immer liegt der aktuellen Sommer-Ausgabe der
„Weiberdiwan” bei. Wir wünschen uns und euch, dass
aus diesem Sommer auch wirklich noch einer wird, den
wir alle schmökernd an Stränden, auf Wiesen oder in
Wäldern verbringen können. Anfang September lesen wir
uns wieder!
an.schläge werden gefördert von:
Feminist Superheroines
Louise Joséphine Bourgeois (1911–2010), französischamerikanische Bildhauerin. Schon ihre ersten Skulpturen
waren eine Flucht vor dem herrschsüchtigen Vater, eine ihrer berühmtesten Skulpturen ist „The Destruction of the
Father“. Die Mutter war die Beschützerin, dargestellt in
ihren riesigen Spinnenskulpturen („Maman“). Als Bildhauerin leistete sie Pionierarbeit und arrangierte Skulpturen
als zusammenhängende Teile in einem räumlichen Kontext.
Die teuerste Künstlerin der Gegenwart starb Ende Mai
98-jährig in New York.
Illustration: Lina Walde
leserinnenbriefe Betrifft: an.schläge-Relaunch
Spät aber doch möchte ich euch zum neuen
Format des Heftes gratulieren! Vor allem
möchte ich euch dafür danken, dass das Papier
nicht mehr jede Lichtquelle reflektiert und ich
nun ohne Sonnenbrille die Beiträge lesen kann.
Liebe Grüße,
Daniela Jovanovic, Wien
Betrifft: „Reif für die freie Liebe”
in an.schläge 05/2010
Betrifft: „I love my muff”
in an.schläge 06/2010
Vielen Dank für das Interview mit Elfriede Vavrik. Mir scheint, das Thema ist aber
noch lange nicht zu Ende gedacht. Es fallen
wichtige Stichworte, auch Kritik klingt an,
doch insgesamt endet auch dieses Gespräch in
einem oberflächlichen Freie-Liebe-Lob. Ohne
Überlegung, was Freie Liebe bedeuten könnte
oder – historisch gesehen – bedeuten sollte,
als Emma Goldman dafür plädierte. Geradezu
geschüttelt hat es mich bei der Annahme der
Gesprächspartnerin, Vavrik habe „ein weises
Buch” geschrieben. Da wäre die Überschrift
„80 und kein bisschen weise” schon passender gewesen. Insgesamt hätte ich mir etwas
fundierteres erwartet und nicht nur die
Masche „Frau spricht frei über ihre sexuellen
Bedürfnisse = prima!”.
Danke für die vielen anregenden Beiträge, nicht
zuletzt für den Artikel zur Burka-Debatte! Nur
eines hat mich irritiert: Ausgerechnet in dem
Artikel „I love my muff” wird das weibliche
Genital mehrmals fehlbenannt. Die Scheide
oder Vagina ist der eben nicht zu sehende Muskelschlauch, der zur Gebärmutter führt. Das äußere, sichtbare Genital ist die Vulva. In diesem
Sinne bezeichnen sich die fröhlichen VaginaLadys leider auch fehl, was die Aussage eures
Artikels nur bestätigt – dass frau sich nicht
auskennt bzw. nicht auskennen soll. Undenkbar,
dass Männer in der Konfusion erzogen würden,
Hoden und Penis ständig zu verwechseln ...
In diesem Sinne empfehle ich das wunderbare
Buch „Vulva” von Mithu Sanyal: www.sanyal.de
Herzlichen Gruß nach Wien,
Heike Friauf, Berlin
04 l an.schläge Juli August 2010
Herzliche Grüße,
Melanie Stitz, Duisburg
(Wir Frauen - www.wirfrauen.de)
an.sage
Keep it wheel!
Ein Kommentar
von Vina Yun
Ein Trend geht um: Fixies (kurz für „Fixed Gear”) und Singlespeeds sind das neue Lifestyle-Accessoire urbaner Biker_innen.
Ohne technischen „Schnickschnack” (auch bekannt als Bremse, Licht und Gangschaltung) versprechen die neuen Bikes vor
allem eines – Distinktion. Pur, authentisch und „straight forward” soll das Fahrerlebnis mit Fixie & Co. sein, die in den
1980ern in der Fahrradkurier-Szene
New York Citys zum Kult erhoben
wurden. Wie auch bei den „exzentrischen” metropolitanen Messengers
schwingt bei den hippen Fahrrädern
der Generation 2.0 ein Hauch Rebellion mit: Von der „Ein-Gang-Gang” ist
in Medienberichten zur Fixomania die
Rede, „wilder als die Polizei erlaubt”
und „im täglichen Kampf durch den
Asphaltdschungel”.
Das klingt nicht nur nach ordentlich
strammen Wadeln, sondern auch nach
jeder Menge Männerschweiß. Nicht
selten geriert sich männlicher BikeNerdism als Alternativkultur. Ein
Schweizer Bike-Shop etwa definiert
den Fixie-Coolness-Faktor mit den
Worten: „Etwas für harte Mädels
und Kerle. Und solche, die es werden
wollen.”
Übrigens: Olle Spandex-Radlerhosen
und hässliche Kunststoffschüsseln
am Kopf sind passé, seit einiger Zeit
setzen Designer-Bike-Wear und -Helme auf die Kaufkraft von
Bobos und Lohas. Vor zwei Jahren zerbrachen sich Studierende der Köln International School of Design darüber den
Kopf, wie Fahrradhelme für Frauen aussehen könnten: Der
gemeine „Helm zerstöre die Frisur, lasse sich schlecht mit
der Kleidung kombinieren, verhunze die Gesichtszüge und sei
schlecht fürs Make-up”, wurden die Ergebnisse ihrer – nicht
repräsentativen – Umfrage in der „FAZ” zitiert.
Ziemlich stereotyp mutet zunächst auch der Titel einer länderübergreifenden Studie an, die 2008 von der britischen Darlington Media Group initiiert wurde: „Beauty and the Bike”. Das
Projekt untersuchte die Mobilitätskulturen von Mädchen und
jungen Frauen in Bremen und Darlington und ihre soziokulturellen Implikationen: Wie bewegen sich Mädchen und Frauen
durch die Stadt, und unter welchen Bedingungen ist Radfahren
für sie attraktiv?
Während die Bremerinnen das Fahrrad vor allem dazu nutzen,
um ihre Wege zu erledigen, fahren die Mädchen in Darlington mit
dem Bus, gehen zu Fuß oder sind auf ihre mit dem Auto fahrenden
Eltern angewiesen. Einer der Gründe: Das Rad ist in Großbritannien weniger Teil der Alltags- und Freizeitkultur als beispielsweise in Deutschland und wird als reines (männliches) Sportgerät
identifiziert. Radler_innen im Verkehrsalltag gelten als „Weirdos”. Gegenüber Autos muss mit entsprechend
mehr Selbstbewusstsein aufgetreten
werden, „nahezu machohaft”, wie es
in der Projektbeschreibung heißt.
Paradoxerweise lag in den Anfängen
der modernen Fahrradkultur die Beteiligung von Frauen in Großbritannien
wesentlich höher als in Deutschland. Als
das Fahrrad Ende des 19. Jahrhunderts
zum Massenprodukt wurde und hier wie
dort immer mehr Frauen – entgegen
allen Schicklichkeitsgeboten – auf’s
Rad stiegen, wurde heftig um die „anständige Bekleidung” der Damenwelt
gestritten, die zum Fahren Korsett und
bodenlange Röcke ab- und stattdessen Hosen anlegten. „Das Bicycle hat
zur Emanzipation der Frauen aus den
höheren Gesellschaftsschichten mehr
beigetragen als alle Bestrebungen der
Frauenbewegung
zusammengenommen”, konstatierte Rosa Mayreder zu
Anfang des 20. Jahrhunderts.
Doch zurück zu „Beauty and the Bike”: „It’s the infrastructure,
stupid!”, kommt die Studie zum Schluss. Die Entwicklung des
Radverkehrs sei nämlich nicht nur an die im jeweiligen Land herrschende Verkehrskultur gebunden, sondern vor allem von konkreten lokalen Maßnahmen und Angeboten abhängig – und beginne
schon bei der Planung und Gestaltung der Verkehrswege.
Gendersensible Mobilitätserhebungen und Gender-Budgeting
im Verkehrsbereich fordert hierzulande neben anderen auch
der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Allein in Wien sind laut
Statistiken 72 Prozent der Frauen mit Öffis, per Rad oder zu
Fuß unterwegs (Männer: 59 Prozent).
Indes entstehen – neben überteuerten stylishen Bike-Shops,
Special-Interest-Medien und Großevents – immer mehr
selbstorganisierte, aktivistische Zusammenschlüsse von Radfahrer_innen. Dyke-Bike-Gang, bitte kommen! l
Juli August 2010 an.schläge l 05
an.riss politik
antifeministen
Achtzig stolze Väter
Demonstration des Bündnisses „Good Night Daddy’s Pride” am 12. Juni 2010, Wien
prekäre situation
Drohender Hebammen-Notstand
3.689 Euro pro Jahr – so viel müssen Hebammen in Deutschland ab
1. Juli an Jahresprämien für die Haftpflichtversicherung zahlen. Im
Vergleich dazu: 2007 waren es nur 1.218 Euro. Gleichzeitig stagnieren
die Einnahmen, wodurch viele Hebammen in ihrer Existenz bedroht sind.
Die freiberufliche Ausübung dieser Tätigkeit können sich viele kaum
mehr leisten, daher gibt es in abgelegenen Gebieten bereits jetzt einen
Mangel an Geburtshelfer_innen. Bei einem Treffen Ende Mai zwischen
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und Martina Klenk, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes, konnte man sich nicht auf eine
sofortige Lösung einigen. Rösler sagte jedoch Verhandlungen zu. Ab Juli
ist eine Lösung auch dringend nötig, da dann bereits zehn Prozent der
Geburtshäuser keine Geburten mehr betreuen können. Die Hebammen
fordern höhere Löhne oder als Zwischenlösung einen Fonds zur Finanzierung der Haftpflichtprämie. trude

www.hebammenverband.de, www.hebammen-protest.de
Dich
„
kriegen wir
auch noch“
warnt uns der aktuelle Werbespot der
Drogeriemarktkette BIPA, der unter dem
Titel „Deadhead“ in TV und Web läuft.
Gefesselt und geknebelt am Friseurstuhl
bangt eine junge Frau um Kopf und Kragen. Das Rasiermesser wird gewetzt, eine
scharfe Schere blitzt auf, Gemetzel. Cut.
Eine Schönheitsprinzessin bewundert sich
nach dem blutigen Make-over im Spiegel:
Beauty ist ein Folterkeller. Nach Protesten
wurde der Werbespot vorzeitig aus dem
Programm genommen. viyu
06 l an.schläge Juli August 2010
Für den 12. Juni hatte die rechtskonservative Väterrechtsbewegung in Wien
zu einer europaweiten Daddy’s Pride aufgerufen, an der sich schlussendlich
ca. achtzig Väter beteiligten. Bereits in den vergangenen Jahren fanden sich
in verschiedenen Städten Vertreter dieser zutiefst frauen- und auch kinderfeindlichen Gruppierungen zusammen, um als stolze Väter ihre antifeministischen Forderungen kundzutun. Dennoch stand die Väterbewegung bislang
kaum im Fokus der Kritik (vgl. an.schläge 06/2010 und 10/2009). Auch das
Bündnis „Good Night Daddy’s Pride”, das erstmals breit gegen „partiarchale
Väter, Familienfundamentalisten und heterosexistische Zustände” mobilisiert
hatte und bei der Gegendemonstration mit massiver Polizeirepression konfrontiert wurde (ein Aktivist befand sich zu Redaktionsschluss noch immer in
Haft), fand nicht die erwünschte Unterstützung. Obwohl sich nur an die 100
Menschen an den Protesten beteiligten, war die Gegenmobilisierung dennoch
ein wichtiger Schritt, um die Kritik voranzutreiben, da das Unwissen um die
reaktionären Inhalte dieser Väter ihre eigentliche Gefahr darstellt. leela
preisverleihung
„Spitze Feder“ an Ina Freudenschuß
Die diesjährigen Gewinnerinnen des Journalistinnenpreises „Spitze Feder”
sind Ina Freudenschuß von diestandard.at und Tatjana Duffek von „News”.
Der von Monika Vana, Wiener Grüne, gestiftete Preis würdigt die journalistischen Leistungen von Frauen und soll außerdem Mut machen, gegen
den Meinungsmale- und -mainstream anzuschreiben. Die Jury wurde vom
unabhängigen „Frauennetzwerk Medien” gebildet, das im Juni übrigens
seinen zehnten Geburtstag feierte. Für Ina Freudenschuß entschied sich
die Jury, weil sie „seit Jahren die Emanzipationsfahne hochhält”, Duffek
schaffe es, „Hintergrundwissen gezielt einzusetzen und politisch Verantwortliche vor den Vorhang zu ziehen”. Wir gratulieren! pix/trude
www.diestandard.at, www.frauennetzwerk.at
plus
Passabel (+)
Blamabel (–)
Seit Juni können transgender US-Bürger_innen ihren Reisepass im gelebten Geschlecht
ausstellen lassen, ohne eine geschlechtsanpassende OP vorweisen zu müssen. Zukünftig
reicht „nur” eine ärztliche Bestätigung, dass
der_die Antragsteller_in eine entsprechende
medizinische Behandlung für die „gender
transition” erhalten hat. Mit dieser neuen
Richtlinie folgt das US-Außenministerium
den Empfehlungen der World Profes�������
sional Association for Transgender Health
(WPATH). viyu
„Ihre große Chance auf eine GratisSchönheits-OP” verspricht die Tageszeitung
„Österreich” in seiner jüngsten Werbekampagne (retuschiertes Nacktmodell inklusive).
Ob ein „perfektes Gesicht”, „ideale Brüste”,
ein „straffer Bauch” oder „schlanke Schenkeln” – „Österreich” verlost unter seinen
Leserinnen (von männlichen Hängebäuchen
freilich keine Rede) zehn maßgeschneiderte
Schönheitsoperationen. Hässlich sexistische
Boulevard-PR, die wir sicher nicht geschenkt
wollen. viyu
an.frage
frauenfeuer
Dreißig Jahre Frauenzentrum Linz
Das autonome Frauenzentrum Linz feierte seinen dreißigsten Geburtstag
Mitte Juni mit einem großen Frauen(freuden)feuer. Seit 1980 bietet der
autonome Verein Frauen zum einen psychosoziale Hilfe – beispielsweise
bei Trennung bzw. Scheidung oder Gewalterfahrung – und rechtliche
Prozessbegleitung, zum anderen beherbergt er eine feministische Bibliothek und Videothek sowie einen geschützten Frauenraum zur Vernetzung
und Kommunikation. Kurse, wie z.B. Selbstverteidigung für Frauen, und
Workshops zu den Themen sexualisierte Gewalt und Selbstbehauptung
runden das Angebot ab. Wir hoffen auf viele weitere Jahre! trude
Die Unbeirrbare
Im Mai vergab der Presseclub Concordia den Preis in der Kategorie „Pressefreiheit” – und zwar an Antonia Gössinger von der
„Kleinen Zeitung” in Kärnten. „Gegen alle und zum Teil massiven
Versuche, sie einzuschüchtern, hat Antonia Gössinger ihre journalistische Verantwortung unbeirrt wahrgenommen”, so die Begründung.
Die Preisträgerin im E-Mail-Interview mit Claudia Amsler.
www.frauenzentrum.at
bericht
„Schwarze Menschen in Österreich“
Im Juni wurde erstmals für Österreich ein Lagebericht zur Situation
Schwarzer Menschen im Land vorgestellt. Der 64-seitige Bericht basiert
auf den Erfahrungen von Menschen aus den Schwarzen Communitys in den
letzten zehn Jahren und behandelt speziell die Bereiche Wirtschaft, Medien, Rassismus, Kunst/Kultur und politische Repräsentation. Präsentiert
wurde er von den Studienherausgeber_innen Beatrice Achaleke (AFRA)
und Simon Inou (www.afrikanet.info), zusammen mit Chefredakteurin Clara Akinyosoye, Habiboulah Ndongo Bakhoum (Ausschuss der afrikanischen
Unternehmen in Österreich), Alexis Nshimyimana Neuberg (Radio Afrika
TV, Afrika-Vernetzungs-Plattform) und Kojo Taylor (Panafa). Zusammenfassend, so halten Achaleke und Inou fest, seien Schwarze Communitys ein
dynamischer Bestandteil der österreichischen Gesellschaft. Gleichzeitig
seien sie aber insbesondere von einem „Anti-Schwarze-Rassismus” betroffen. Der Bericht ist gegen einen Unkostenbeitrag von acht Euro im Verlag
Black European Publishers zu bestellen. trude/viyu
Beatrice Achaleke, Simon Inou (Hg.): Schwarze Menschen in Österreich. Lagebericht.
Bestellung: Black European Publishers c/o AFRA – International Center for Black
Women‘s Perspectives, 1150 Wien, Pelzgasse 7, www.blackwomencenter.org
jüdisches wien
Mahnmal für zerstörten Turnertempel
Während der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als
historischer Arbeiter_innenbezirk bekannt ist, ist die starke jüdische
Präsenz gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit
geraten: Der 15. war damals Mittelpunkt der vorstädtischen jüdischen
Gemeinde Wiens mit zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen,
darunter die Synagoge in der Turnergasse 22, der Turnertempel. Im
Novemberpogrom 1938 wurde der Turnertempel von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt und vollkommen zerstört. Anfang 2010 schrieb
die KÖR, die „Kunst im öffentlichen Raum GmbH” der Stadt Wien, einen
Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals an dieser Stelle aus.
Gewonnen haben nun die KünstlerInnen Iris Andraschek und Hubert Lobnig sowie das Atelier Auböck + Kárász. Das Siegerprojekt sieht ein Netz
aus schwarzen Beton-Balken vor, das den eingestürzten, zerborstenen
Dachstuhl des Tempels symbolisieren soll, in den Boden eingelassene Mosaiken fungieren als „archäologisches” Gegenstück. Laut der Initiative
„Herklotzgasse 21” soll das Mahnmal jenen Ort symbolisch wiederbesetzen, der einst das sichtbare und selbstbewusste Zentrum dieser bedeutenden jüdischen Community darstellte. viyu
www.herklotzgasse21.at, www.koer.or.at, www.millisegal.at
Ist die Pressefreiheit in Kärnten gefährdet?
Ja, immer wieder, wir müssen sehr wachsam sein. Vor allem wird
versucht, wirtschaftlichen Druck auf die Medien auszuüben. Das
geht zwar in erster Linie von der seit 1999 den Landeshauptmann
stellenden Partei aus – zuerst FPÖ, dann BZÖ, jetzt FPK. Bedauerlicherweise dulden das aber die anderen Landtagsparteien stillschweigend.
In welcher Form wurden Sie selbst unter Druck gesetzt?
Als Politik-Ressortleiterin der „Kleinen Zeitung” in Kärnten
beobachte und kritisiere ich seit fast zwei Jahrzehnten die Entwicklung der Landespolitik. Jörg Haider stempelte mich deshalb zum
Feindbild, was seine politischen Erben bis heute nachvollziehen.
Weil meine Berichte nie widerlegt werden konnten, konzentrierte
man sich auf die persönliche Verunglimpfung. Ich wurde in Presseaussendungen sinngemäß als frustrierte alte Schachtel herabgewürdigt. Im Landtagswahlkampf 2009 wurde ich von Uwe Scheuch und
zuletzt auf dem FPK-Parteitag im Jänner von Landeshauptmann
Gerhard Dörfler in übler sexistischer Weise lächerlich zu machen
versucht. Man belegte mich mit Informations- und Interviewverbot
und hielt alle Parteifunktionäre an, nicht mehr mit mir zu reden.
Außerdem wurden mehrseitige Inseratebeilagen in Gratiszeitungen
geschalten, mit denen man mich attackierte.
Hatte das auch Folgen für die „Kleine Zeitung“?
Weil ich nicht einzuschüchtern war und bin, wurde versucht, die
Zeitung unter Druck zu setzen – etwa durch Abbestellungskampagnen. Seit einem Jahr hält zudem seitens der FPK (und teilweise der
ÖVP) ein Inserateboykott an, der verhängt wurde, weil ich den Parteienförderungsskandal aufgedeckt habe. Es wurde und wird auch
versucht, mich innerhalb der Redaktion zu isolieren, indem anderen
Kollegen wichtige Informationen zugespielt werden, die in meinen
Verantwortungsbereich fallen. Erfreulicher- und dankenswerterweise verhalten sich aber hier alle solidarisch.
Fühlen Sie sich durch den Concordia-Preis bestätigt?
Ja, das ist sehr wichtig – wie auch der Kurt-Vorhofer-Preis 2006
und der Journalisten-Sonderpreis für Mut 2007. Einerseits freuen
mich die Auszeichnungen persönlich sehr, weil sie zeigen, dass
außerhalb Kärntens wahrgenommen wird, dass es hier kritischen
Journalismus gibt. Andererseits ist es bedenklich, dass es heute
mitten in Europa und in einer Demokratie persönlichen Mut von
JournalistInnen und Standfestigkeit von Medien erfordert, um
seiner journalistischen Aufgabe nachzukommen.
www.kleinezeitung.at, www.concordia.at
Juli August 2010 an.schläge l 07
verhütung
Risiken und Nebenwirkungen
Die Pille ist seit fünfzig Jahren Vorreiterin
der hormonellen Verhütungsmittel.
Grund genug für Irmi Wutscher und Bettina Enzenhofer,
die Normalität der Pilleneinnahme genauer zu beleuchten.
Fotos v.l.n.r.: UK Health Education Council, CBG Network, Ladies Manjoe/flickr
1 Bayer-Presseinformation
(30.4.2010): 50 Jahre
„Pille”: Die andere Bilanz,
www.cbgnetwork.org/3360.
html
2 Deutsche Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Leitlinie
Empfängnisverhütung,www.
uni-duesseldorf.de/AWMF/
ll/015-015.htm
3 www.fgz.co.at
08 l an.schläge Juli August 2010
Ramona geht zu ihrem Gynäkologen.
Sie will ein anderes hormonelles Verhütungsmittel, denn sie hat, so erzählt sie
ihrem Arzt, seitdem sie die Pille nimmt,
starke Gefühlsschwankungen: „Wenn
mich jemand nur schief ansieht, muss
ich gleich weinen.” Der Arzt zuckt mit
den Schultern und meint: „Das liegt
nicht an der Pille. Das werden schon Sie
sein.”
Cordula hat einen neuen Freund. Er
fragt sie, ob sie die Pille nimmt. Sie
verneint und vermutet, dass er von ihr
fordern könnte, dass sie die Verhütung
übernimmt. Doch wider Erwarten sagt
der Freund: „Gut so. Ich habe nämlich
mit der Pille schlechte Erfahrungen
gemacht. Meine letzte Freundin hat sie
genommen, von da an hatte sie keine
Lust mehr auf Sex.”
Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele
sprachen in diesem Frühjahr bei der
Hauptversammlung des Pharmariesen
Bayer vor und lösten unter den Aktionär_innen große Betroffenheit aus: Beide hatten aufgrund der Einnahme der
Pille „Yasmin”, die mit dem Wirkstoff
Drospirenon arbeitet, schwere Lungen-
embolien erlitten und tragen bleibende Gesundheitsschäden davon. Sie
müssen ihr Leben lang blutverdünnende
Medikamente nehmen und Kompressionsstrümpfe tragen. Und das, obwohl
sie vor der Pilleneinnahme vollkommen
gesund waren.1
Nicht sehr aufgeklärt. Dies sind nur
einige wenige Beispiele für die teils
gravierenden gesundheitlichen Nebenwirkungen der Pille, mit denen in der
Aufklärung allerdings recht unsensibel
umgegangen wird. Und das, obwohl die
Pille das am weitesten verbreitete Verhütungsmittel in der westlichen Welt ist.
In Deutschland beispielsweise nehmen
6,6 Millionen Frauen im reproduktionsfähigen Alter (zwischen 14 und 44
Jahren) die Pille, das entspricht 38,5
Prozent der weiblichen Bevölkerung.2
Besonders unter jungen heterosexuellen Frauen ist das Verhüten mit der
Pille weitverbreitet und mittlerweile so
selbstverständlich, dass es kaum mehr
hinterfragt wird.
Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum Graz3 sieht darin ein
Problem. Ihr begegnen täglich Frauen,
„die sagen, ,Ich möchte und brauche ein
Verhütungsmittel’. Über die möglichen Begleiterscheinungen sind sie
oft nur schlecht informiert. Wenn sie
Nebenwirkungen, wie z.B. depressive
Verstimmungen, Lustlosigkeit oder Gewichtszunahme verspüren, assoziieren
sie das nicht mit der Pille. Der Gedanke,
dass sie verhüten müssen, ist stärker.”
Für Groth wäre es daher wichtig, einen
guten Sexualpädagogikunterricht anzubieten – für Buben und Mädchen. „Man
sollte meinen, dass sich in puncto Information und Aufklärung in den letzten
vierzig Jahren viel geändert hat, doch
das ist nicht der Fall”, konstatiert sie.
Health Feminism. Die Frage der
ausreichenden sexuellen Aufklärung von
Frauen war schon in den 1970er-Jahren
Thema für Feministinnen. Das Präparat
wurde von Feministinnen zunächst enthusiastisch begrüßt (siehe dazu auch den
Artikel von Bärbel Mende-Danneberg, S.
10). So meinte etwa Clare Booth Luce
in der „Los Angeles Times”: „Modern
woman is at last free, as a man is free,
verhütung
to dispose of her own body, to earn her
living, to pursue the improvement of her
mind, to try a successful career.”4
Mit der Zeit wurde die Pille allerdings
zunehmend infrage gestellt, vor allem
weil die Nebenwirkungen verschwiegen
oder trivialisiert wurden. Radikale Feministinnen forderten eine umfassende
Aufklärungspflicht, und zum ersten Mal
trat der „health feminism” als bedeutende politische Kraft in Erscheinung.
1970 stürmten Alice Wolfson und ihr
National Women’s Health Network die
Hearings zur Pille im US-Senat: Sie
klagten an, dass Frauen als Versuchskaninchen missbraucht werden, dass keine
bergen gerade Pillen wie „Yasmin” ein
besonders hohes Embolie-Risiko. Dennoch verweigerte der Pharmakonzern
Bayer genaue Angaben zur Häufigkeit
von schweren Nebenwirkungen und
Todesfällen – angeblich, „um Kundinnen
nicht zu verunsichern”.5 Erst durch den
öffentlichen Auftritt der beiden Frauen
ist Bayer nun bereit, die Informationen
auf dem Beipackzettel zu ändern.
Externe Untersuchungen, die ein
erhöhtes Nebenwirkungsrisiko feststellten, werden vom Bayer-Konzern aber
weiterhin nicht anerkannt. Im Gegensatz dazu wurde jene Studie, die die
Sicherheit der Pille „Yasmin” bestätigt,
„Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei
manchen wirkt sich die Pille nicht negativ
aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine
Wahrscheinlichkeit?“ (Sylvia Groth)
Patientinnen bei dem Hearing aussagten, und empörten sich darüber, dass
es keine Pille für den Mann gab. Diese
Proteste wurden über einen längeren
Zeitraum – inklusive Sit-Ins – geführt.
Das Ergebnis: In der Packungsbeilage
der Pille wurde erstmals unter anderem vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und Thrombosen gewarnt. Daraufhin
sank tatsächlich die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Pille,
da gefährdete Frauen sie nicht mehr
einnahmen.
Ein weiterer Effekt, den sich die
Gesundheitsfeministinnen seit dieser
Zeit auf die Fahnen schreiben können:
Mediziner_innen zeigten sich offener
im Umgang mit Frauen, es gab weniger
Geheimnistuerei, Verschleierung oder
Herablassung, wie sie Patientinnen seit
jeher erfahren mussten.
Beständiges Schweigen. Dass
sich das Problem der unter den
Tisch gekehrten Nebenwirkungen
seit den 1970ern nicht wesentlich
gebessert hat, zeigt das eingangs
beschriebene Beispiel von Felicitas
Rohrer und Kathrin Weigele. Denn
auch bei den Pillen der neuesten
Generation, die wie „Yasmin” mit
dem Wirkstoff Drospirenon arbeiten,
wurde bisher am Beipackzettel nicht
auf sämtliche mögliche Risiken und
Nebenwirkungen hingewiesen. Dabei
von der Firma Schering durchgeführt,
die Teil des Bayer-Konzerns ist. Hinzu
kommt, dass Studien, die über Nebenwirkungen berichten, im Allgemeinen
seltener veröffentlicht werden als solche,
die die Sicherheit von Medizinprodukten
bestätigen. Sylvia Groth dazu: „Eine
Forderung wäre: Alle Studien müssen
veröffentlicht werden! Außerdem können
derzeit nur Ärzt_innen Nebenwirkungen
melden – Patient_innen nicht. Auch das
muss geändert werden. Und: Frauen
brauchen Quellen, Zugang zu Websites,
zu wissensbasierten Ergebnissen, die
nicht von der Pharmaindustrie bezahlt
werden. Sie müssen einschätzen können,
welche Quellen seriös sind.”
Streit um Hormone. Welche Hormone
welche Auswirkungen auf den Körper

P
e
ill
haben, wo und wie sie genau wirken,
– darüber bekommt frau immer noch
unterschiedliche Auskünfte. Christian Fiala, Gynäkologe und Leiter des
Wiener Museums für Verhütung und
Schwangerschaftsabbruch, meint, dass
ein Hormon per se nicht schädlich und
die Verteufelung aller Hormonpräparate
daher nicht zielführend sei: „Hormone
sind nichts anderes als Botenstoffe, die
ohnehin im Körper vorkommen.” Er
räumt jedoch ein, dass jedes Hormonpräparat auf jeden individuellen Körper
unterschiedlich wirken kann: „Wenn
eine Frau eine bestimmte Pille nicht
verträgt, kann sie daraus nicht schließen, dass sie Hormone an sich nicht
verträgt. Sie verträgt dann dieses eine
spezielle Präparat nicht, ein anderes
vermutlich schon. Sie muss ausprobieren, welches Präparat bei ihr am
wenigsten Nebenwirkungen aufweist.
Das perfekte Verhütungsmittel gibt es
nicht. Man muss sich das suchen, das am
wenigsten stört.”
Medizinsoziologin Sylvia Groth sieht
bei der Einnahme von Hormonen über
einen langen Zeitraum hingegen sehr
wohl ein Problem: „Dass es keine
Langzeitwirkungen gibt, kann man nicht
sagen. Es gibt natürlich Auswirkungen
auf den gesamten Körper, zum Beispiel
die Möglichkeit einer Thrombose oder
eines Schlaganfalls. Außerdem wirkt
die Pille auf das Herz-Kreislauf-System.
Bei welchen Krebsarten sich das Risiko
durch die Pilleneinnahme erhöht, ist
noch nicht geklärt. Und es gibt Studien,
die belegen, dass Hormone langfristig
lustbeeinflussend sind.” Das bedeutet,
dass auch Jahre nach Absetzen der
Pille die Libido – im Gegensatz zu vorher
– vermindert sein kann. Groth: „Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei
Wusstest du eigentlich ...
… dass die Pille von zwei Feministinnen ermöglicht wurde?
Margaret Sanger (1879–966) war eine US-amerikanische
Krankenschwester und Frauenrechtlerin. In ihrem Berufsalltag sah sie, wie Frauen unter ständigen Schwangerschaften
litten, und gründete 1921 die American Birth Control League,
auf der Suche nach einfachen und billigen Mitteln zur Empfängnisverhütung. In dieser Funktion lernte sie Katharine McCormick kennen, eine reiche Industriellengattin, die Suffragette und Philantropin
war. Sanger brachte sie auf einer Dinner-Party im Jahr 1953 mit dem
Gynäkologen Gregory Pincus zusammen. Das Resultat: McCormick
finanzierte schließlich Gregory Pincus und sein Team – in dem auch
Carl Djerassi war – und deren Forschungsprojekt zu einem hormonellen Verhütungsmittel, wenig später war die Pille erfunden. be/trude
4 Zitiert nach Barbara
Seaman u. Laura Eldridge:
The Pill in Cheris Kramarae,
Dale Spender: Routledge
International Encyclopedia
of Women: Identity politics
to publishing. 2000
5 1 Bayer-Presseinformation (30.4.2010): 50 Jahre
„Pille”: Die andere Bilanz,
www.cbgnetwork.org/3360.
html
Juli August 2010 an.schläge l 09
verhütung
manchen wirkt sich die Pille nicht negativ
aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine
Wahrscheinlichkeit?”
Eben diese Nebenwirkung der Pille
erscheint besonders paradox: einerseits,
weil sie von den Frauen selbst, aber
auch von Gynäkolog_innen nicht als
ernst zu nehmende Folgeerscheinung
angesehen wird. Andererseits, da die
Pille doch insbesondere in ihren Anfängen als Mittel zur sexuellen Befreiung
der Frau gefeiert wurde.
Befreiung der Sexualität. Vor der Erfindung der Pille lag die Verantwortung
der Verhütung bei den Männern. Sylvia
Groth erzählt: „Früher musste ein Mann
eine Frau heiraten, wenn sie schwanger
wurde. Das hat sich geändert – was per
se nicht schlecht ist.” Mit der Freigabe
der Pille lag die Verhütungskontrolle
erstmals bei den Frauen. Auch Christian
Fiala sieht das so: „Mit Einführung der
Pille hatten erstmals Frauen die Kontrolle über ihren Körper, das heißt, ob sie
schwanger werden wollten oder nicht.
Bis heute haben sie durch die Pille die
Kontrolle über die Verhütung. Prinzipiell muss man zur Pille sagen: Sie
hat eine gute Verträglichkeit, wenige
Nebenwirkungen und eine relativ hohe
Sicherheit.”
Der theoretische Pearl-Index6 bei
fehlerfreiem Gebrauch beträgt bei
der Pille nämlich 0,3 – der praktische
Pearl-Index bei normalem Gebrauch
liegt da schon höher, und zwar bei 8. Im
Vergleich dazu liegt der theoretische
Pearl-Index bei Verwendung von Kondomen bei 3, der praktische Pearl-Index
schon bei 14 – also weit höher als bei
der Pille.
So hat die Pille Frauen von der Last
der dauernden Schwangerschaften bzw.
der permanenten Angst davor befreit.
Gleichzeitig hatten sie erstmals die
Möglichkeit, bestimmte Abläufe in ihren
Körpern mithilfe des Hormonpräparats
zu kontrollieren und selbst zu bestimmen, ob und wann sie schwanger sein
wollten.
Lust in kleinen Dosen
Von Bärbel Mende-Danneberg
Da saß nun der Herr Pillenerfinder kürzlich im „Club 2”
und plauderte über die reife Lust mit fünfzig plus: Carl
Djerassi, ein älterer Herr, dem der Ruf nacheilt, mehreren
Frauengenerationen den Spaß am Sex beschert zu haben,
ist 1939 aus Wien in die USA emigriert und ließ 1951
einen Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons
Progesteron als Verhütungsmittel patentieren.
6 Mit dem Pearl-Index kann
die Zuverlässigkeit von Methoden der Empfängnisverhütung gemessen werden.
Ein Pearl-Index von 15
zeigt an, dass von 100 Frauen, die mit einer bestimmten
Methode ein Jahr (zwölf
Zyklen) lang verhüten, etwa
15 schwanger werden, d.h.
je niedriger der Pearl-Index
ist, desto sicherer ist die
Methode.
7 Die APC-Resistenz ist
eine Erbkrankheit, bei
der das Thrombose-Risiko
erhöht ist. Der Test würde
damit einen der wichtigsten Risikofaktoren für die
Frauen abklären.
10 l an.schläge Juli August 2010
Die heilige Mutter. 1960 kam die erste Antibabypille auf
den Markt. Das war meine Reifezeit. Der Pubertät entwachsen, dem Frausein noch nicht ganz zugewachsen, war
alles, was mit Sexualität zu tun hatte, ein geheimnisvoller,
sagenumwobener Kontinent. Den zu erforschen war gefährlich. Lustvolle Angst. Nicht Geschlechtskrankheiten, sondern
Schwangerschaft hieß das Damoklesschwert, das über
jedem Bett schwang. Zwar hatte schon Oswald Kolle in den
1960ern die Geheimnisse des Geschlechtlichen ans mediale
Licht geholt. „Dein Kind, das unbekannte Wesen” war eines
seiner ersten Bücher, das den Eltern (eine lustfeindliche
Kriegsgeneration, die sich mit anderen Verdrängungen abmühte) den Glauben an die sexuelle Unschuld ihrer Kinder
nahm. Aber „darüber” wurde in den meisten Familien nicht
gesprochen. Sexualität war zum Rotwerden. Die Folge war
ein Baby-Boom, der mit dem aus der Nazi-Zeit herübergeretteten weiblichen Mutterideal korrespondierte.
„Beheben von Menstruationsstörungen“. Carl Djerassi,
der Pillen-Patentierer, kam für mich zu spät. Ich wurde
mit 21 (damals ein normales Gebäralter) ungewollt und
unverheiratet schwanger. Die gerade in Umlauf gebrachte
Antibabypille war im Nachkriegsdeutschland umstritten
und kollidierte mit den herrschenden Moralvorstellungen.
In einem Rundschreiben vom 25. Juli 1968 an die KatholikInnen vertrat Papst Paul VI. die Meinung, „dass jeder
einzelne eheliche Akt (quilibet matrimonii usus) nur dann
sittlich gut ist, wenn er für die Weitergabe des Lebens offen
bleibt” (und so sieht es der Vatikan ja mehr oder weniger
auch heute noch). Der Pharmakonzern Schering führte
„die Pille” daher als „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen” ein. Sie wurde zunächst nur verheirateten
Frauen verschrieben, später mit elterlicher Erlaubnis auch
den ledigen Töchtern. Und so trat ich den entwürdigenden
Canossagang durch Berliner Arztpraxen an, deren Adressen
unter der Hand gehandelt wurden. Abtreibung stand damals
unter Strafe. Kein Gynäkologe und keine Gynäkologin
konnte oder wollte helfen, und der Preis für einen illegalen
Eingriff unter fragwürdigen Umständen war sowieso unerschwinglich für mich.
Sexueller Männer-Freibrief. Heute, 45 Jahre später, bin ich
sehr froh darüber, denn ich habe zwei wundervolle Töchter
und zwei tolle Enkelkinder, die mein Leben sehr bereichern. Damals hätte ich mir aber gewünscht, meine Zukunft
selbstbestimmter planen zu können. Und schließlich hatten
es auch meine Töchter nicht leicht, in ein ungeplantes Leben
zu finden.
Ich gehöre aber zu jenen Frauen, die jahrzehntelang, oft
ohne Pause, die Pille geschluckt haben. Diese Hormonhämmer habe ich zum Glück gut vertragen und auch nach
der Menopause keine gravierenden Beschwerden gehabt.
Was ich nicht vertragen habe, war der sexuelle Freibrief,
den sich die lustbetonte, patriarchale 68er-Männerwelt
bar jeder Verhütungsverantwortung selbst ausgestellt hat.
Das Pillendöschen durfte in keiner weiblichen Handtasche
fehlen, und wenn doch: selber schuld.
Ob Herr Carl Djerassi meine sexuelle Lust gesteigert hat?
Seine chemische Großtat hat mir zumindest streckenweise die
Angst genommen. Die Lust habe ich anders entdecken müssen.
Bärbel Mende-Danneberg lebt als Journalistin und Autorin in Wien.
Unabhängige Information. Das
Potenzial der Pille, die Befreiung und
Selbstbestimmung, die sie den Frauen
in den letzten fünfzig Jahren ermöglicht
hat, ist unbestreitbar. Und auch heute
ist es für viele Frauen der einfachste
Schritt, sich für diese relativ sichere
und gleichzeitig einfach zu handhabende Form der Empfängnisverhütung
zu entscheiden. Einziges Manko: das
mangelnde Bewusstsein darüber, was
mit dem Körper geschieht und ob frau
das auch will.
Sylvia Groth betont, dass es einige
Risiken und Nebenwirkungen gibt, über
die Frauen Bescheid wissen müssen:
„Wenn ich Hormone zu mir nehme,
habe ich Wirkungen und Nebenwirkungen. Und ich muss schauen, was mir
wichtig ist, auch im Kontext mit meinen
Wertevorstellungen. Frauen müssen
darüber informiert sein, was sie tun.”
Daher fordert sie einen autonomen
Sexualpädagogikunterricht für alle Jugendlichen, damit sie fundiertes Wissen
über ihren Körper erhalten. „Man muss
die Frauen stärken, sie ermutigen. Egal,
was andere sagen: Frauen müssen sich
selbst ernst nehmen. Was für die eine
Frau passt, passt für eine andere nicht”,
plädiert Groth.
Dazu braucht es frei zugängliche und
unabhängige Information, denn nur
so kann frau wissensbasierte Entscheidungen treffen. „Vor allem muss
die Information auch der Zielgruppe
entsprechen: Bildung, soziale Schicht
etc. spielen hier eine Rolle”, sagt Groth.
Christian Fiala ist ähnlicher Meinung:
„Das Verhütungsmittel muss vor allem
zu den Lebensgewohnheiten der Frau
passen. Ich frage meine Patientinnen
zum Beispiel, ob sie immer in derselben Wohnung schlafen. Verneinen sie
dies, so rate ich ihnen von der Pille ab.
Denn eine regelmäßige und pünktliche
Einnahme ist wesentlich für die Wirksamkeit der Pille. Das kann schwierig
werden, wenn eine Frau häufig woanders übernachtet und die Pille zu Hause
vergisst.”
Viele Gynäkolog_innen klären aber die
Lebensverhältnisse ihrer Patientinnen
nicht ab, häufig sind sie in diesen und
anderen Punkten der notwendigen Anamnese zu wenig sorgfältig. So ordnen
etwa bei Weitem nicht alle einen Test
auf APC-Resistenz7 an, bevor sie einer
Frau die Pille verschreiben.
Aber einmal angenommen, all dies wäre
gegeben – gute Aufklärung seitens der
Ärzt_innen, die Möglichkeit für Patient_innen, eine freie und informierte
Entscheidung zu treffen, und passende
Lebensumstände –, dann steht frau zu
guter Letzt immer noch vor der Frage:
Bin ich damit einverstanden, selbst die
Kontrolle über die Schwangerschaftsverhütung (und damit den eigenen
Körper) zu haben, oder finde ich es
mühsam, alleine dafür verantwortlich
zu sein?
Die Zukunft. Große Änderungen oder
Neuerungen sind in den nächsten
Jahren in Sachen Empfängnisverhütung
nicht zu erwarten. Das Prinzip der
hormonellen Verhütung – im Körper
der Frau – hat sich etabliert, es sind
nur neue Darreichungsformen (Pflaster, Spritze etc.) hinzugekommen. An
nicht-hormonellen Alternativen wird
derzeit nicht geforscht. Angeblich gibt
es Bemühungen seitens der Pharmaindustrie, auch Männer in die Verhütungsverantwortung zu holen. Sylvia Groth
meint dazu lakonisch: „Von der Pille für
den Mann höre ich schon seit dreißig
Jahren.” Außerdem glaubt sie, dass
Männer Nebenwirkungen viel weniger
tolerieren würden: Ihre Libido würden
sie sich nicht nehmen lassen, das Produkt
müsste wesentlich ausgereifter sein, bis
ein Mann es nehmen würde.
Christian Fiala hingegen glaubt, dass
die Männer mittlerweile sehr daran
interessiert sind, wieder die Kontrolle darüber, „was mit den Spermien
passiert”, zu übernehmen. Seiner
Meinung nach wird sich in Zukunft ein
hormonelles Implantat für den Mann
gegenüber der Pille durchsetzen. Groth
und Fiala sind aber beide skeptisch, was
das Übergeben der Verantwortung an
den Mann anlangt: „Würden Frauen den Männern vertrauen, wenn es
letztlich die Frauen sind, die schwanger
werden?” l
neuland
entdeckungen im alltag
Beate Hammond
Dumme Fragen
Es gibt ja angeblich keine dummen Fragen, sondern nur
dumme Antworten. Doch seit der internationale Fußballverband FIFA im Jahr 2004 beschlossen hat, die
Fußball-WM der Männer an Südafrika zu vergeben, werden viele Fragen gestellt. Ich bin mir nicht immer sicher,
ob all diese Fragen so intelligent sind. Im Kern geht es
darum, ob ein afrikanischer Staat überhaupt kompetent
ist, ein sportliches Großereignis auszurichten. Egal, dass
Südafrika schon Gastgeberland für die Rugby-WM und
Cricket-WM war. Egal, dass bei FIFA-Besuchen kein
nennenswerter Kritikpunkt bemängelt wurde. Nun ist die
Männerfußball-WM bald wieder vorbei – und es bleibt
zu hoffen, dass inzwischen folgende Fragen, die auf einer
südafrikanischen Tourismus-Webseite von internationalen Reisewilligen gestellt und vom Webmaster der Seite
beantwortet wurden, restlos geklärt sind.
Frage: Wie läuft die Zeit in Südafrika? (USA)
Antwort: Rückwärts. Bleiben Sie nicht zu lange, sonst
sind Sie zu klein, um allein wieder zurückzufliegen.
F: Kann ich Besteck in Südafrika einführen? (GB)
A: Wieso? Nehmen Sie doch die Finger, genau wie wir.
F: Gibt es die Beulenpest in Südafrika? (Deutschland)
A: Nein. Aber bringen Sie sie doch mit!
F: Bitte schicken Sie mir eine Liste mit Krankenhäusern, die
ein Serum gegen Klapperschlangenbisse besitzen. (USA)
A: Klapperschlangen gibt es nur in A-me-ri-ka, wo Sie
herkommen. In Südafrika gibt es nur vollkommen harmlose Schlangen – diese können sicher gehandhabt werden
und eignen sich hervorragend als Spielkameraden für
Hamster und andere Haustiere.
F: Gibt es Supermärkte in Kapstadt, und gibt es das
ganze Jahr über Milch? (Deutschland)
A: Nein, wir sind eine Nation von streng veganischen
Beerensammlern. Milch ist bei uns illegal.
F: Regnet es eigentlich in Südafrika? Ich habe im Fernsehen noch nie gesehen, dass es regnet. Wie wachsen dort
dann die Pflanzen? (GB)
A: Wir importieren alle Pflanzen voll ausgewachsen und
graben sie hier ein. Dann schauen wir zu, wie sie langsam
eingehen.
In diesem Sinne einen schönen Sommer!
Beate Hammond lebt in Wien und macht ihre Entdeckungen
überall.
Juli August 2010 an.schläge l 11
gewerkschaftsarbeit
Saubere Kleidung
im Stundenplan
Beauty Ntombizodwa Zibula, Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte
der Textilgewerkschaft SACTWU*, kam Anfang Mai
auf Einladung von Südwind nach Österreich. Sie informierte über die
sozialen und arbeitsrechtlichen Herausforderungen,
denen TextilarbeiterInnen in Südafrika täglich gegenüberstehen.
Katharina Weßels traf die Aktivistin zum Interview.
Beauty Ntombizodwa Zibula, © Südwind Agentur
an.schläge: Wie wirkt sich das Geschäft
mit der Fußballweltmeisterschaft in
Südafrika auf die Textilbranche und
insbesondere auf die ArbeiterInnen
aus?
* SACTWU (Southern
African Clothing and
Textile Workers Union) ist
die größte Gewerkschaft
der südafrikanischen
Textilindustrie mit mehr als
100.000 Mitgliedern. Die
Löhne, die SACTWU für
die Branche ausverhandelt,
kommen mehr als 150.000
ArbeiterInnen zugute.
www.sactwu.org.za, www.
sactwuaidsproject.org.za
12 l an.schläge Juli August 2010
Beauty Ntombizodwa Zibula: Wir
versuchen, die Regierung dazu zu bringen, die Trikots unseres Nationalteams
„Bafana Bafana” in Südafrika herstellen zu lassen. Das würde es uns ermöglichen, mehr ArbeiterInnen anzustellen.
Gleichzeitig stellen wir auch sicher, dass
die Trikots in Clean-Clothes-Unternehmen angefertigt werden und diese auch
den Auflagen unserer Tarifkommission
entsprechen. Allerdings fragen wir uns,
wie es nach der Fußballweltmeisterschaft weitergehen soll. Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM besonders
Frauen betroffen sein werden. Letzten
Monat hat die Regierung jedoch ein
Programm verabschiedet, das vorsieht,
Unternehmen finanziell zu unterstützen,
die diese Arbeitslosen einstellen. Jetzt
geht es darum, das Programm entsprechend zu implementieren.
Darüber hinaus gewährleisten wir, dass
Arbeiterinnen, deren Arbeitsverhältnis nach der Weltmeisterschaft endet,
eine entsprechende Abfindung von den
Firmen erhalten, auch um diesen Frauen
die Chance zu geben, sich selbstständig
zu machen. Wir hoffen, dass dieses Programm auch hilft, unsere Branche gegen
die Konkurrenz aus China zu schützen,
denn allein in den letzten vier Jahren gingen hier 70.000 Arbeitsplätze
verloren. Wir haben in Südafrika eine
Arbeitslosenquote von 31,2 Prozent,
und über 26 Prozent der SüdafrikanerInnen leben von weniger als 9,40 Rand
[ca. 0,97 Euro] am Tag.
Wie haben sich die Arbeitsbedingungen für Frauen in der Textilindustrie
in den letzten Jahren entwickelt?
Sehr gut, denn unsere Tarifkommission konzentriert sich stark auf den
Gender-Aspekt. Außerdem sind wir
der Meinung, dass es keinen Job gibt,
den wir nicht erledigen können. Wenn
ein Mann dazu in der Lage ist, dann
sind wir es auch. Wir möchten nicht
allzu sehr beschützt werden, sondern
vielmehr die gleichen Möglichkeiten
erhalten wie Männer. Auch was das
Thema Schwangerschaft und Karenzzeit betrifft, setzt sich die Tarifkommission sehr sein. Die Maßnahmen
beinhalten auch alltägliche Dinge, zum
Beispiel wenn ein Kind krank wird,
sollten ArbeiterInnen die Möglichkeit
haben sich freizunehmen.
Was machen speziell Sie als GenderBeauftragte der SACTWU?
Unsere Aufgabe im Gender-Büro ist es,
den Frauen mehr Macht zu geben, gerade wenn es um die Unternehmensführung geht. Heute haben auch innerhalb
unserer Organisation Frauen höhere
Positionen inne, ganz anders als früher,
als man nur Chöre von Männern sehen
konnte. Und heute werden auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür
geschaffen, und Frauen können sogar an
den Wahlen innerhalb der Gewerkschaft
teilnehmen.
Unsere Ziele sind eher langfristige. Wir
vergeben auch Stipendien für Bildung,
denn bei der Bekämpfung des Analphabetismus wollen wir uns nicht auf die
gewerkschaftsarbeit
Regierung allein verlassen.
Weitere zentrale Themen sind die
Bekämpfung des Missbrauchs in den
Familien und die Beratung und Betreuung von Arbeiterinnen mit HIV und
AIDS. Wir beschäftigen auch eigene
SozialarbeiterInnen und unterhalten
eigene Kliniken. Die Krankheit ist sehr
weit verbreitet in Südafrika. Unsere
Kliniken sind sehr wichtig, denn sie
helfen nicht nur dir als Gewerkschaftsmitglied, sondern deiner ganzen
Familie. Ich erwähne das, da ich im
Jahr 2003 selbst meine Tochter an
AIDS verloren habe. Die Gewerkschaft
half mir sehr, man betreute mich, denn
gleichzeitig musste ich damals noch
erfahren, dass auch meine Enkelin mit
HIV infiziert worden war. Heute ist
sie elf Jahre, sie ist gesund, und die
Organisation erkundigt sich weiterhin,
wie es ihr geht.
Unser Ziel ist es, dass sich die ganze
Branche Tests unterzieht, um über
ihren Status informiert zu sein. Die
Tests laufen gerade an, aber wir sollten
für eine so große Branche noch mehr
Leute anstellen, als wir jetzt haben, die
da noch zur Schule, war zum Beispiel,
nicht dazu gezwungen zu werden, in
Afrikaans zu lernen, denn das ist nicht
unsere Muttersprache. Wir sahen uns
schon überall versagen, weil wir diese
Sprache nicht gut genug beherrschten.
Es ging außerdem um unsere politischen Anführer und deren Befreiung aus
dem Gefängnis. Und es war ein Hauptanliegen, unsere Version der Geschichte
zu erzählen. Wir wollten, dass unser
Land antirassistisch wird, dass es keine
Diskriminierung, auch keine religiöse,
mehr gibt.
In welcher Weise beeinflusst die
Erfahrung mit dem Kampf gegen die
Apartheid Ihr Engagement für mehr
Arbeiterinnenrechte?
Ja, da gibt es eine Verbindung. Meine
Mutter arbeitete zum Beispiel auf einer
Farm und war ihr Leben lang Analphabetin. Ich denke, dass unser Gender-Büro
heute die Möglichkeit hat, die Leute aus
solchen Situationen herauszuholen. Früher wurden Menschen wie meine Mutter
dafür verachtet und diskriminiert, wie
sie lebten bzw. leben mussten, denn sie
„Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist
die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM
besonders Frauen betroffen sein werden.“
sich um die sterbenskranken Menschen
kümmern.
Welchen Stellenwert haben denn
genderspezifische Fragestellungen in
der aktuellen Regierung?
Es ist hier zu einigen Veränderungen
gekommen. Es gibt nun viele Frauen,
die auch höhere Ämter einnehmen, als
Ministerinnen, Delegierte, als Bürgermeisterinnen oder als Ratsmitglieder.
Die Regierung setzt sich sehr für Gender-Angelegenheiten ein, schult Frauen,
um sie zu ermächtigen. Daneben gibt es
finanzielle Zuschüsse für arme Frauen
oder auch Wohnbeihilfen. Es gibt auch
eine eigene Gender-Abteilung, zu der
wir gute Kontakte haben.
Sie waren bereits im Kampf gegen
das Apartheid-Regime aktiv. In
welcher Form haben Sie sich damals
engagiert?
Ein spezielles Anliegen damals, ich ging
hatten gleichzeitig gar keine Chance, ihr
Leben zu verändern oder sich Bildung
anzueignen. Die Unterdrückung wurde
vom Apartheid-Regime mit „kulturellen
Unterschieden” begründet.
Dass ich heute hier mit Ihnen so offen
darüber reden kann, liegt daran, dass
ich beim Kampf gegen die Apartheid dabei war, aber was ist mit den Menschen,
die es nicht waren? Die denken vielfach,
dass die Bestimmungen von damals
besser waren. Unser Job ist es, diesen
Leuten zu erklären, was richtig und was
falsch ist. Es liegt dann allerdings an
ihnen, wie sie weitermachen wollen.
Sie waren ja nun einige Tage in Österreich. Welche Eindrücke nehmen Sie
von Ihrem Besuch mit?
In Graz war ich sehr beeindruckt, als
ich von den ModestudentInnen erfuhr,
dass die Idee der „Clean Clothes” Teil
ihres Stundenplans ist.1 Sie sind sehr
gut informiert. Ich werde überlegen,
was wir in Südafrika in dieser Hinsicht
unternehmen können, denn wir haben
es der Regierung überlassen, wie sie
die Stundenpläne gestaltet, und unsere
Anliegen als Textil- und Bekleidungsindustrie bislang nicht hineinformuliert.
Wir müssen unsere Gesellschaft über
die Clean-Clothes-Kampagne aufklären.
Schließlich wird jemand, der nicht weiß,
ob ein Produkt gut oder schlecht ist,
es kaufen, weil es billig ist, ohne dabei
zu bedenken, dass das unsere Branche
zerstört.
Was mich auch beschäftigt, ist die
Sache mit den Designerklamotten. Ein
Unternehmen kommt hierher nach
Europa, kauft ein bestimmtes Label,
nimmt es mit nach Südafrika, repliziert
es und gibt ihm einen neuen Namen
– was bedeutet, dass die Person, die
dieses Design eigentlich kreiert hat,
unsichtbar wird. Meiner Meinung nach
ist das Betrug, und es zerstört unseren
Industriezweig. Es wird dazu führen,
dass unsere jungen Talente sich letztlich
von der Textilbranche abwenden, denn
wenn die Unternehmen weiter so
vorgehen, wer kauft dann dein Label?
Die Leute werden sagen: „Das Design
gibt’s auch in Südafrika, nur billiger.”
Wir haben gerade erst wieder neue
DesignerInnen rekrutiert, und man hört
bereits ihre Beschwerden. Es ist einfach
nicht richtig, dass du fünf Jahre auf eine
Modeschule gehst, um am Ende gesagt
zu bekommen „Kopier das mal.”
Unsere Branche muss geschützt werden
– auch in dem Wissen, dass besonders
viele Frauen für diesen Industriezweig
arbeiten. Ohne uns wären doch alle
nackt. l
Beauty Ntombizodwa Zibula, geb. in Durban, engagierte sich bereits als Schülerin
gegen das Apartheid-Regime. 1978 bekam
sie ihren ersten Job in der Textilbranche,
zehn Jahre später wurde sie für die
Gewerkschaft aktiv, bald darauf wurde sie
von ihren KollegInnen zur Gewerkschaftsrepräsentantin ernannt. 1989 entstand
SACTWU aus einer Fusion mehrerer Gewerkschaften. Heute ist sie Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte von SACTWU.
1 Dazu die Agentur
Südwind: „Der Aspekt der
sozialen und ökologischen
Verantwortung ist neu und
erst seit der Reform im
Jahre 2009 im Curriculum
verankert. Wir durften dabei
mitreden und auch Vorschläge einbringen.”
Juli August 2010 an.schläge l 13
an.riss international
Demonstration in Windhoek, Namibia, Foto: http://endforcedsterilisation.wordpress.com
8. August im Zentrum für Frauen- und Friedensbildung ANIMA in Kotor stattfindet. Die
Sommerakademie setzt sich mit der Bedeutung
und der Notwendigkeit von gemeinschaftlichem
Trauern und Erinnern auseinander und diskutiert,
„wie dieses in die Gesellschaft re-integriert werden kann”. Das Forum wird vom Bremer Verein
protranskultur e.V. in Kooperation mit ANIMA
organisiert und wendet sich an Frauen mit Interesse an Methoden der Trauer-, Erinnerungs- und
Friedensarbeit.
Um Erinnerung geht es auch beim internationalen Friedensmarsch in Bosnien, der heuer zum
fünften Mal stattfindet. Der dreitägige, 110
Kilometer lange Marsch nach Srebrenica/Potoˇ
cari,
folgt dem Weg jener wenigen Flüchtlinge,
die sich vor 15 Jahren während des Bosnienkrieges aus der ehemaligen „Sicherheitszone”
der Vereinten Nationen um Srebrenica retten
konnten. Im Juli 1995 kamen hier bis zu 8.000
BosnierInnen bei – sorgfältig geplanten –
Massenexekutionen durch serbische Armee,
Polizei und Paramilitärs ums Leben. Der Verein
protranskultur organisiert hierzu eine Solidaritätsreise vom 5. bis 12. Juli. viyu
namibia
HIV und Zwangssterilisationen
8.–10.7., Friedensmarsch durch Bosnien, allgemeine Informationen: www.marsmira.org,
Seit 1. Juni wird am Obersten Gerichtshof in Windhoek, Namibia, der
Fall von drei Frauen verhandelt, die den Staat verklagen. Die Frauen
wurden jeweils nach einem positiven HIV-Test in öffentlichen Spitälern
ohne ihr eindeutiges Einverständnis sterilisiert. Bei ihren Klagen handelt
es sich um Präzedenzfälle – und das obwohl bereits seit 2007 zahlreiche
Fälle von erzwungener Sterilisation an staatlichen Krankenhäusern in
mehreren Regionen Namibias bekannt sind. Das Gesundheitsministerium war seit 2008 offiziell darüber informiert, dennoch kam es in den
folgenden Jahren zu weiteren Zwangssterilisationen. Dutzende Frauen
solidarisierten sich mit den Klägerinnen und demonstrierten in Namibia,
aber auch vor namibischen Botschaften in Lukasa, Washington D.C. und
Pretoria. Sie befürchten vor allem, dass sich HIV-positive Frauen aus
Angst vor Sterilisation nicht mehr in Spitäler wagen und sich nicht mehr
behandeln lassen. Zudem wurde eine Petition initiiert, die die sofortige
Beendigung von Zwangssterilisationen fordert und die Diskriminierung
von HIV-positiven Menschen sowie die Verletzung der Menschenrechte
auf Würde und Gleichheit angeprangert und auf das Recht von Frauen
auf Selbstbestimmung über ihren Körper insistiert. Die Petition wurde
mit Beginn des Gerichtsprozesses an die namibische Gesundheitsministerin übergeben. Zu Redaktionsschluss wurden die weiteren Verhandlungen
auf Anfang September vertagt, da die Anhörungen mehr Zeit in Anspruch
nahmen als ursprünglich geplant. vers
men, Horner Straße 63, T. +49/421/3339515, www.verein.protranskultur.de
http://endforcedsterilisation.wordpress.com, http://allafrica.com, http://ipsnews.net
bosnien/montenegro
Erinnerungsräume
„Kollektive Trauer- und Erinnerungsräume” ist das Thema der ersten
internationalen Frauen-Sommerakademie in Montenegro, die vom 3. bis
14 l an.schläge Juli August 2010
Solidaritätsreise mit protranskultur e.V.: 5.–12.7.; 3.–8.8., Informationen u. Anmeldung
zur Sommerakademie in Montenegro: protranskultur e.V., Marijana Gršak, 28203 Bre-
brasilien
Fetal Rights vs. Women’s Rights
Abtreibung ist in Brasilien illegal. Ein neuer Gesetzentwurf, der im Mai dem
brasilianischen Parlament vorgelegt wurde, könnte die ohnehin schon prekäre
Lage ungewollt schwangerer Frauen in Zukunft noch weiter erschweren.
Demnach soll jedem Ungeborenen mit absoluter Priorität das Recht auf
Leben, Gesundheit, Entwicklung, Ehre, Würde, Respekt, Freiheit, und Familie
garantiert werden. Jegliche absichtliche Beeinträchtigung eines Fötus könnte
laut Entwurf strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Marianne Mollmann, Vertreterin für Frauenrechte bei der Menschrechtsorganisation Human Rights Watch, findet es zwar löblich, sichere Schwangerschaften und Geburten zu fördern, dennoch verurteilt sie die Gesetzesvorlage, da
Frauen aus Angst vor der Polizei notwendige medizinische Hilfe verweigern
könnten. Auch Abtreibungen im Falle von Vergewaltigung wären durch das
mögliche neue Gesetz verboten. Dies würde dem Recht auf Leben und Gesundheit jeder Schwangeren widersprechen, warnt Human Rights Watch. kw
www.hrw.org, www.dawnnet.org
russland
Moskau Pride à la James Bond
Zum fünften Mal in Folge hatte die Moskauer Stadtregierung unter Bürgermeister Juri Luschkow die diesjährige Pride Parade in der russischen
Hauptstadt verboten. Luschkow, der von einer „satanischen” Demonstration und einer „gesellschaftlichen Plage” sprach, ließ in den letzten
an.riss international
Jahren regelmäßig DemonstrationsteilnehmerInnen, die sich dem Verbot
widersetzten, verhaften. Trotzdem versammelten sich Ende Mai LGBTAktivist_innen und zogen mit Slogans wie „Russland ohne Homophobie”
durch das Moskauer Zentrum. Zuvor führten sie durch falsche Ankündigungen in Blogs und Foren die Polizei und die Antiterroreinheit OMON
in die Irre. „Moscow Pride ist eine Kommandoaktion im James-BondStil”, erklärten die Aktivist_innen im Live-Blog von UKGayNews, „sie
ist schwieriger zu organisieren als eine Parade in London oder Paris mit
zigtausend Teilnehmer_innen.” Die Blitzdemonstration verlief glücklicherweise friedlich – ganz im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren,
in denen es beim verbotenen CSD zu Übergriffen durch Rechtsradikale
und Polizisten kam. viyu
nun die „Clean-IT”-Kampagne ins Leben gerufen, um auf den erheblichen Druck, die enorm langen Arbeitszeiten sowie auf die zu niedrige
Bezahlung der chinesischen Arbeiter_innen aufmerksam zu machen.
Beim jüngst verstorbenen Foxconn-Mitarbeiter handelt es sich im Übrigen nicht um Selbsttötung. Der 27-jährige Yan Li starb nach 34 Stunden
ununterbrochener Arbeit an Erschöpfung. kw
www.queer-news.at, www.queer.de, www.ukgaynews.org.uk
Mitte Juni stellte der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen,
António Guterres, in Berlin zum Flüchtlingsschutz den Jahresbericht
des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) für 2009 vor. Demnach
waren im vergangenen Jahr 43,3 Millionen Menschen weltweit auf der
Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – die höchste Zahl seit Mitte
der 1990er-Jahre –, v.a. aus Afghanistan, dem Irak, Somalia sowie der
Demokratischen Republik Kongo. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge
– 27,1 Millionen – sind Binnenvertriebene, die vor den anhaltenden Konflikten im Kongo, Pakistan und Somalia fliegen. Die Hauptlast tragen daher nicht die westlichen Industriestaaten, sondern vor allem die Länder
im globalen Süden, wo sich achtzig Prozent der Geflohenen aufhalten.
Länder wie Pakistan, Simbabwe und der Kongo nehmen im Verhältnis zu
ihrer Wirtschaftskraft besonders viele Flüchtlinge auf.
Die Anzahl der weltweit gestellten Asylerstanträge stieg im vergangenen
Jahr auf fast eine Million. Die meisten Asylsuchenden zählte Südafrika
mit 222.000. In Europa waren es insgesamt 286.700, 86 Prozent davon
in den Staaten der Europäischen Union. Guterres zeigte sich besorgt
darüber, dass es inbesondere in Europa zu einer „Erosion des Asylraumes” komme. 19 Aufnahmestaaten akzeptierten im letzten Jahr 112.400
Flüchtlinge, darunter die USA (79.900), Kanada (12.500), Australien
(11.100), Deutschland (2.100), Schweden (1.900) und Norwegen
(1.400). viyu
china
Ein wahrlich unglaublicher Preis
Bereits in Deutschland erhältlich, kommt das neue iPad von Apple nun
auch auf den österreichischen Markt. Beteiligt an der Produktion der
Geräte ist der IT-Lieferant Foxconn, der größte Elektronikhersteller der
Welt. Unlängst geriet das Unternehmen ins Kreuzfeuer der internationalen Kritik: Zehn Selbstmorde von Arbeiter_innen der firmeneigenen
Fabrik im südchinesischen Shenzhen wurden allein in diesem Jahr mit
den dort vorherrschenden menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in
Verbindung gebracht. Foxconn weist jeglichen Vorwurf der Mitschuld
von sich und erklärte die Suizide mit persönlichen Beweggründen der
Betroffenen. Bereits 2006 wurde Foxconn wegen unmenschlicher Arbeitsbedingungen kritisiert, woraufhin auch iPhone-Auftraggeber Apple
unter Druck geriet. Wie schon 2006 blieben die von Apple veranlassten
jüngsten Untersuchungen allerdings ergebnislos. Foxconn beschäftigt
allein in der Stadt Shenzhen 300.000 MitarbeiterInnen und fertigt für
weitere Weltkonzerne, wie Hewlett-Packard, Dell, Nokia oder Sony.
1997 arbeiteten weniger als 10.000 Menschen für Foxconn, seit 2008
sind es mehr als 700.000. Die österreichische Organisation Südwind hat
www.suedwind-agentur.at, www.clean-it.at, http://diepresse.com
bericht
43 Millionen Menschen auf der Flucht
www.fr-online.de, www.unhcr.at
medienmix
Ivana in the City
Seit Mai beherbergt „biber”, das multikulturelle Gratis-Stadtmagazin für Wien, ein
neues Ressort: biberica. Es geht um „alles
für die neue Österreicherin”: Männer, Fashion, Schminke „und vieles mehr, was das
Migra-Frauenherz begehrt”: „Wöchentliche
Shoppingtouren gehören neben ihrer Karriere
und kulinarischen Zaubereien für die Großfamilie selbstverständlich dazu”, fantasiert die
Redaktion über das Dasein „mit scharf” von
Ivana, Sibel & Co. Ethno-Marketing, CarrieBradshaw-Style. viyu
Diskurs-Watch
Bereits seit über zwanzig Jahren ist in
Deutschland der Journalistinnenbund
(www.journalistinnen.de) aktiv. Unter
http://watch-salon.blogspot.com betreibt
das Netzwerk seit 2008 auch einen eigenen
Weblog. „Meinungsfreudig, streitlustig,
selbstbewusst” äußern sich laut Selbstdefinition die neun Autorinnen zu aktuellen Debatten
in Gesellschaft, Politik und Medien. Neben
den vielfältigen und pointiert-kritischen Einträgen finden sich auch persönliche Kulturtipps der Blogerinnen. fis
Feministischer Äther
„Don’t worry, come in”, lautet die Devise der
Sendungsplattform Frauenzimmer des freien
Salzburger Rundfunks Radiofabrik. Jeden
Mittwoch strömen ab 18.00 Uhr auf der
Frequenz 107,5 und 97,3 MHz Genderthemen
aus der Radioröhre: vom ÖH-Frauenzimmer,
das feministische Theorie und Praxis durchleuchtet, über die radiophone Selbsthilfegruppe „Überlebt” bis hin zum zweisprachigen
Gesellschaftsmagazin „zenska soba” (Deutsch/
Bosnisch). Das lässt das feministische Herz
höher schlagen! claude
Juli August 2010 an.schläge l 15
Happy
Birthday,
Ladyfest!
Vor genau zehn Jahren ging in der Nähe von Seattle das erste Ladyfest über die Bühne. Das feministische D.I.Y.Kunstfestival intervenierte insbesondere in die Repräsentationsverhältnisse in der Musik. Mittlerweile geht die
Kritik gegen Sexismus und Homophobie weit über die Popkultur hinaus. Die an.schläge nehmen den runden Geburtstag
zum Anlass, um einen Blick auf die Anfänge, die Entwicklungen und Veränderungen von Ladyfest zu werfen.
Programmcover Ladyfest, Olypmia 2000
thema: ladyfeste
Some Grrrls are Ladies
Olympia, Washington. Dort, wo die Labels K-Records, Kill Rock Stars und Chainsaw ihren Sitz haben,
nahm die Riot-Grrrl-Bewegung ihren Ausgang. Ein Jahrzehnt später, im Sommer 2000, wurde die 40.000Seelen-Stadt südlich von Seattle eine Woche lang erneut zum Mittelpunkt der Welt – für manche zumindest.
Ute Hölzl, Sushila Mesquita und Iris Weißenböck packten damals ihre Koffer und reisten zum FrauenKunst-Festival Ladyfest.*
Irgendwie war das Ganze wie ein
Traum: Sechs Tage lang eine Stadt
erobert, sie gemeinsam mit mehr als
tausend anderen Frauen und Mädchen
gewissermaßen in Beschlag genommen. Jeden Tag Workshops, Konzerte,
Veranstaltungen, neue Bekanntschaften.
Klingt, als wären wir Fanatikerinnen
des Bildungsurlaubs. Oder aber auf
einem globalen PfadfinderInnen-Treffen
gewesen. Waren wir aber nicht. Wir waren beim Ladyfest, in Olympia, Washington, im Nordwesten der USA, jenem
Teil des Landes, der schon einmal als
Geburtsort eines Musikstils hergehalten
hat, der die Welt erobern sollte: Grunge.
Doch keine Angst, das Ladyfest wird
nicht zu einem neuen Mode-/Trenddiktat führen. Irgendwie schade, eigentlich.
Aber das Ladyfest war eben auch nicht
der Beginn eines neuen Stils, sondern
vielmehr die Bestandsaufnahme und der
Neubeginn einer Bewegung: der Riot
Grrrls.
Who’s that grrrl? Anfang der 1990erJahre entstand aus der Auflehnung
gegen die männerdominierte, sexistische Indie-/Rock-Musik-Szene die
Riot-Grrrl-Bewegung. Ziel war es, das
Vorurteil, Frauen könnten nur lahme Songs auf der Gitarre schreiben,
umzustoßen und stattdessen selbst ein
kraftvolles, neues Image zu entwickeln:
Frau/Mädchen mit elektrischer Gitarre,
Texte singend/rausschreiend über Dinge,
die sie wirklich betreffen. Und aus den
wenigen in Olympia entstand bald ein
US-weites Netzwerk.
Riot Grrrl war nicht nur Musik, auch
wenn das neben der Kleidung jenes
Merkmal ist, worauf die Rezeption von
außen beschränkt blieb. Als sich die
Mainstream-Medien auf die Bewegung stürzten, blieb wenig übrig von
Riot Grrrl. Die vielfältigen politischen
Inhalte gingen in dieser Wahrnehmung
verloren, lediglich die eindimensionale
Reduktion auf modische und sexuel-
le Aspekte wurde überliefert. Dabei
wurde unterschlagen, worauf sich die
Bewegung bezog: Im neu aufkeimenden
repressiven, höchst reaktionären Klima
Anfang der 1990er, das geprägt war von
wachsender Prüderie, Homophobie und
Rassismus, traten die Riot Grrrls vehement für die Rechte von Frauen und
Mädchen ein. Entgegen den gängigen
Schweigemechanismen thematisierten
sie lautstark Missbrauchserfahrungen, kritisierten Schönheitsideale und
boten vor allem jungen weißen Frauen
Alternativen zu den vorherrschenden
Identitätskategorien. Durch die Medien
mutierte „Grrrl Style Revolution Now”
zu „Girl Power” – ein leicht verdauliches Sammelsurium konsumentInnenfreundlicher Slogans: Aus den Riot
Das Ladyfest, von Frauen für Frauen
organisiert, folgte der Tradition der Riot
Grrrl Conventions, die seit den frühen
1990ern in den USA und auch in Europa (vor allem in Großbritannien) stattgefunden haben – Festivals, bei denen
nicht nur Musik im Vordergrund steht,
sondern es auch Workshops, Ausstellungen, Filmvorführungen, Diskussionen
und vieles andere gibt.
Ein typischer Tag beim Ladyfest.
Gegen Mittag starteten die ersten
Workshops (von denen fast alle, wie
auch die übrigen Veranstaltungen, ebenso Männern zugänglich waren, auch
wenn diese, meist nur eine Handvoll,
eher nur zu Konzerten gingen), die von
„basic car repair” über „rather be fat
Aber das Ladyfest war eben auch nicht der
Beginn eines neuen Stils, sondern vielmehr
die Bestandsaufnahme und der Neubeginn
einer Bewegung: der Riot Grrrls.
Grrrls waren die Spice Girls geworden.
Corin Tucker, Sängerin und Gitarristin
von Sleater-Kinney und ehemals Mitglied bei Heavens to Betsy, formulierte
es folgendermaßen: „Die MainstreamMedien trivialisierten die ganze
Bewegung zu einem Mode-Statement.
Dabei ist der Punkt an Riot Grrrl, dass
wir damit fähig waren, Feminismus für
das 21. Jahrhundert neu zu schreiben.
Wir nahmen die Ideen und übersetzten
sie in unsere eigene, für uns verständliche Sprache. Das sind die eigentlichen
wichtigen Errungenschaften – in den
Medien war davon jedoch nicht mehr
die Rede.” Doch Riot Grrrl existierte
weiter, wenn auch abseits der breiten
Medienöffentlichkeit, aufrechterhalten
von alternativen Kommunikationsstrukturen, die abgelöst vom Mainstream
funktionierten.
than brainwashed” die verschiedensten
frauenbezogenen Themen abdeckten.
Ab 13 Uhr fanden die ersten Konzerte
statt, zeitgleich wurden Dokumentaroder Kurzfilme gezeigt, Ausstellungen
und Spoken-Word-Performances
abgehalten. Konzerte bildeten den
Abschluss des Tages. Wie die Workshops
war auch das musikalische Programm
äußerst breit gestreut: Neben Gitarrenmusik gab es HipHop, einen CountryAbend und Stand-Up-Comedians. Es
traten Bands auf, die schon seit Anfang
der 90er im Riot-Grrrl-Umfeld aktiv
waren – Bratmobile etwa nutzten die
Gelegenheit und feierten eine bejubelte
Reunion –, Bands, die von der RiotGrrrl-Bewegung beeinflusst worden waren wie Sleater-Kinney, The Bangs oder
The Butchies, aber auch Frauen, die aus
ganz anderen Kontexten stammen, wie
* Dieser – geringfügig
überarbeitete – Text
erschien erstmals in „nylon.
KunstStoff zu Feminismus
und Popkultur”, Heft 2,
im Herbst 2000 und stellt
den wahrscheinlich ersten
deutschsprachigen Bericht
über das Ladyfest in Olympia dar.
Juli August 2010 an.schläge l 17
thema: ladyfeste
Olympia, Capitol Theatre: ein Ladyfest in Psycho-Land ...
z.B. Cat Power. In dieser einen Woche
haben wir so viele Shows gesehen wie
sonst nicht in einem ganzen Jahr.
Warum Lady? Immer wieder haben
wir uns gefragt, warum der Name
„Grrrl”, der aus einer Neu-Definition
und Aneignung von „Girl” entstanden
ist, in der Namensgebung des Festivals
durch „Lady” ersetzt worden war. „Ich
sehe mich selbst als Lady”, meinte die
Fotografin und Videokünstlerin Tammy
Rae Carland, „ich fühle mich durch
Grrrl nicht angesprochen.” Und Sarah
Dougher (Cadillaca) fügte hinzu: „Viele
der Frauen, die in den Anfängen von
Riot Grrrl engagiert waren, sind nun
in ihren Dreißigern – und nennen sich
selbst ‚Ladys’”. Überhaupt: Girl Power
– „I’m so over Girl Power!”
Wird nun „Lady” „Grrrl” als Begriff
ersetzen? Wahrscheinlich nicht. Lady
fungiert wohl eher als Persiflage auf
Grrrl und was daraus wurde. In Lady
schwingt eine starke Klassenzuschreibung mit – die bürgerliche Konnotation
des Begriffs enthebt ihn somit einer
unreflektierten Aneignung. Aus diesem
Grund hat es auch großen Widerstand
gegen den Begriff gegeben. Nicht alle
können sich damit identifizieren, zusätzlich kommt auch noch die Variable „Alter” mit ins Spiel. Eine 15-Jährige wird
sich eher als Grrrl fühlen denn als Lady.
Und „Lady Power” wird als Verkaufsstrategie nicht funktionieren, denn es
gibt keine neue dissidente Schreibweise
für den Begriff, was einschlägige Assoziationen verhindert und ihn damit schwer
identifizierbar macht – zudem stellt
man sich unter „Lady” immer noch eine
18 l an.schläge Juli August 2010
... American Psycho’s gone. Ladyfest bleibt. Fotos: Ute Hölzl
ältere, der höheren Schicht angehörige
„Dame” vor. Der Begriff wird – bis jetzt
jedenfalls – vor allem von jenen verwendet, die sich, altersbedingt, eben nicht
mehr als Girl respektive Grrrl sehen.
„A Call to arms …“ Das Ladyfest wurde von der ersten Generation der Riot
Grrrls veranstaltet. „Wir wollten den
Leuten zeigen, dass feministische Organisationen und kulturelle Produktionen
von Frauen immer noch existieren und
einen wichtigen Stellenwert einnehmen
– trotz des gegenwärtigen Höhepunkts
misogyner Aussagen der Musik-Szene
in den USA”, sagte Sarah Dougher. Ein
halbes Jahr haben die Vorbereitungen
gedauert, etwa dreißig Frauen waren
beteiligt, um das sechstägige Festival
auf die Beine zu stellen. „Das Ladyfest
war und ist wichtig, um wieder neue
Bündnisse zu schließen – die einzelnen
Beteiligten haben sich seit Jahren nicht
mehr über politische und kulturelle
Inhalte ausgetauscht. In Olympia haben
jetzt wieder alle zusammengefunden”,
so Carrie Brownstein, ihres Zeichens
Sängerin und Gitarristin bei SleaterKinney und Mitorganisatorin des
Festivals.
„Let’s do it smarter this time!“
„Schließlich”, so Sarah Dougher
weiter, „können wir jetzt bei nationalen
Magazinen anrufen und sagen, dass wir
ein Festival organisieren, worüber sie
zu berichten haben – und sie werden
kommen!” Die Machtverhältnisse
zwischen Medien und Riot Grrrls haben
sich verändert – durch die Erfahrung
im Umgang mit medialen Mechanis-
men können diese nun gezielter für
die eigenen Zwecke instrumentalisiert
werden. Und so hat das „Time Magazine” Olympia aufgrund des Ladyfests,
eines Festivals von Frauen für Frauen,
zur coolsten Stadt der USA erkoren.
Vor zehn Jahren wäre das nicht möglich
gewesen.
Das Ladyfest war ein Rückblick. Aber
auch ein neuer Anfang. „Wenn nur eine
Person von hier mit neuer Inspiration
und Motivation, die Dinge zu verändern, weggeht, dann, denke ich, haben
wir gewonnen”, so Carrie Brownstein.
Eine Woche in Olympia fühlte sich an
wie true life und heaven zugleich. Das
Aufwachen zwei Tage später in der
realen Welt – in einer Shopping Mall
in Seattle – war für uns dafür umso
ernüchternder. Die Welt hat sich nicht
verändert, was bleibt, ist die Erinnerung
– oder war es doch nur ein Traum? l
Ute Hölzl arbeitet bei FM4 und legt Platten auf für Quote und FMqueer.
Sushila Mesquita ist Philosophin und
verstrickt in diverse queer-feministische
Projekte.
Iris Weißenböck ist als freie Lektorin für
feministische und andere Medien tätig.
thema: ladyfeste
Von der Lady zur Lady*
Im April ging das Lady*fest München in die zweite Runde –
mit einem entpolitisierten D.I.Y.-Programm
und zu wenig „Gendertroublizing”,
wie Judith Goetz feststellen musste.
„If you feel like a lady, be part of our
ladyfest”, lautete das Motto des ersten
Ladyfests in München, das Anfang
2008 mit dem Ziel stattfand, „die
patriarchal-männliche Dominanz in
Musik und Kultur zu brechen, indem
ein öffentlicher Raum für queere,
transgender und feministische Kultur
geschaffen wird”, wie die OrganisatorInnen betonten. Im April 2010, also
rund zwei Jahre später, trafen sich in
München erneut Ladys, um mehrere
Tage gemeinsam und kreativ zu gestalten. Die bei Ladyfesten angeregten
Konzepte von Aneignung und Selbstermächtigung, die Infragestellung
der Kategorie „Frau*”, die Kritik an
heterosexistischen Strukturen sowie
die Diskussion über die Vervielfältigung
von Lebensentwürfen machten diesmal
allerdings nur einen marginalen Teil
der Veranstaltung aus.
Stunde Garn nachgekauft werden
musste.
Auch zwei Jahre zuvor war D.I.Y.
zentraler Bestandteil des Münchner Ladyfests, wenngleich in einem
politisierteren Kontext. Damals stand
etwa der „DIY! Grrrl Zines Workshop”,
in dem die Ladys ein eigenes „Grrrl
Zine” (über das Ladyfest) gestalteten
und in weiterer Folge bei einem der
Vorträge auch präsentierten, nicht nur
in der Tradition des „Selbermachens”,
sondern vor allem auch der Riot-GrrrlBewegung. In weiteren Workshops
wurden im Sinne der Selbstermächtigung Veranstaltungstechnik erlernt oder
im „Hardware Crash Course” Computer
selbst auseinander- (und wieder zusammen-) geschraubt.
Andere Ladys wiederum nahmen die
Kameras in die Hand und produzierten selbst Kurzfilme. „Filmen, cutten,
Während das diesjährige Programm
vorwiegend „alte“ feministische Debatten
in den Vordergrund stellte, blieb „Gendertroublizing“ eher auf Kunst und
Comic-Ausstellungen beschränkt.
Alles selber machen. Die Idee des
„Do it yourself” war ja von Beginn an
ein zentrales Motto bei Ladyfesten. In
München fand die D.I.Y.-Philosophie
vorrangig in unterschiedlichen Nähund Bastelworkshops ihre Umsetzung:
Ausgehend von der Idee der „krambeutel” („Behältnisse für alle Dinge,
die täglich mit uns unterwegs sind”,
so Steffi Ramb von krambeutel.de)
konnte „jed*em genau die Tasche”
geliefert werden, die „er* braucht”,
gebastelt wurde aber auch an Kleidercollagen, Beanies und diversen
Stoffexperimenten (mit Steffi Müller
aka rag*treasure). Der Andrang war
groß, wie sich beispielsweise am HäkelWorkshop zeigte, als bereits nach einer
präsentieren in drei Tagen” lautete die
Devise dieses Filmworkshops, der sich
der Aufgabe stellte, das Ladyfest 2008
filmisch zu dokumentieren.
Hot Topic? Ähnlich praxisorientiert
waren auch in diesem Jahr die Workshops zu Linux, Schreiübungen („Ladys
take the megaphone!”) sowie zu
Selbstverteidigung gegen gegenderte
Gewalt gestaltet. Dass die Revolution
gebloggt werden wird, war Thema eines
weiteren geplanten Workshops über
das „Web 2.0 und seine queer-feministischen Inhalte”. Inhaltlich diskutiert
wurde auch über Homophobie in der
Linken, kontroverse Vorstellungen von
Sexarbeit, Geschlecht und Geschichte,
Foto: heartbeaz/flickr
internationale Abtreibungsrechte und
die Väterrechtsbewegung in Österreich.
Während das diesjährige Programm
vorwiegend „alte” feministische Debatten in den Vordergrund stellte, blieb
„Gendertroublizing” eher auf Kunst und
Comic-Ausstellungen (unter anderem
mit Comics von Trouble X) beschränkt.
Das bestätigt, dass viele Themen kaum
an Aktualität eingebüßt haben – inwieweit diese auch in einen queerfeministischen Kontext gesetzt wurden, schien
jedoch von den einzelnen Workshopleiter_innen abzuhängen.
Mancherorts scheint das Programm
nicht das zu halten, was das Label
„Ladyfest” verspricht. Noch vor zwei
Jahren wurde etwa über die „Soziale
Konstruktion von Geschlecht” debattiert
und festgestellt: „Any gender is drag
– all gender is dreck”. Unter „Eine,
keine, viele” standen unterschiedliche
Beziehungskonzepte zur Diskussion. Die
Annäherung an „klassische” feministische Themen nahm damals oft die
Auseinandersetzung mit der eigenen
Privilegiertheit zum Ausgangspunkt
Links:
www.ladyfestmuenchen.org
www.myspace.com/ladyfesteurope
Juli August 2010 an.schläge l 19
thema: ladyfeste
– wie etwa in der Lesung aus der Anthologie „Hot Topic. Popfeminismus heute”
von Sonja Eismann, in der es nicht bloß
um anekdotenhafte Geschichten von
Frauen ging, „die sich den radikalen
‚Luxus’ eines feministischen Bewusstseins leisten”: Christiane Erharters Text
zum Beispiel, der einerseits Schwangerschaftsabbruch thematisiert, aber
andererseits auch auf den sehr präsenten konservativen Backlash und die
moralischen Implikationen des Abtreibungsdiskurses verweist.
Neue alte Schule. Aus diesen Gründen
wäre eine Auseinandersetzung über die
weitere inhaltliche wie auch praktische
Ausrichtung der Ladyfeste wünschens-
wert – um die Beschäftigung mit „Old
School”-Themen aus neueren Perspektiven voranzutreiben oder auch um festzustellen, dass nicht jeder Bastelworkshop
automatisch über einen politischen
Background verfügt.
Nicht zuletzt könnte auch die Frage diskutiert werden, ob der Unterrepräsentation von Mädchen und Frauen in der
Musik- und Kunstszene in den letzten
zehn Jahren entgegengewirkt werden
konnte und wodurch sich (queer-)feministische Bands auszeichnen. Wie schon
zuvor stellte das altbekannte „Bandproblem” einen großen Schwachpunkt
dieses Ladyfests dar –- eben weil der
feministische Anspruch alleine leider
noch keine Partystimmung garantiert.
So sorgte die eine oder andere SingerSongwriterin eher für gedämpfte Laune,
und nicht alle der zahlreichen Besucher_innen hielten durch, bis Awesome
Wells, Hooker und Get Rid! zu späterer
Stunde die Menge feiern ließen. l
Judith Goetz schreibt gerade ihre Diplomarbeit in Politikwissenschaft/Vergleichende Literaturwissenschaft.
Guerilla-Strategie: Lady
Melanie Groß forscht zu Ladyfesten als kritische Interventionsform in
heteronormative Geschlechterverhältnisse. Im Interview mit Silke Graf
und Vina Yun reflektiert die Sozialwissenschaftlerin die Entwicklung der
Ladyfest-Bewegung in Deutschland und sieht genügend Diskussionsstoff
für die Zukunft.
an.schläge: Seit dem ersten Ladyfest
in Olympia vor zehn Jahren wurden
weltweit Hunderte von Ladyfesten
organisiert. Was hat diesen Boom
ermöglicht?
Melanie Groß: Zu sagen, was den Boom
ermöglicht hat, ist ja im Nachhinein
immer eine Konstruktion. Ich meine,
dass das grundsätzlich offene Prinzip
der Ladyfeste neue und andere Möglichkeiten als bislang dafür geschaffen
hat, um unter einem verbindenden
20 l an.schläge Juli August 2010
Label verschiedene feministische und
queer-feministische Perspektiven, Inhalte und Positionen zu verhandeln. Die
Thematisierung und Sichtbarmachung
von sexistischen Strukturen innerhalb
der Musikkultur fand hier ebenso ihren
Platz wie die grundsätzliche Kritik an
der gewaltförmigen Struktur der Zweigeschlechtlichkeit.
Ladyfeste haben gezeigt, dass es eine
durchaus starke subkulturelle Szene
gibt, die bereit ist, mit sehr viel Energie
und Zeit feministische und queer-feministische Inhalte zu bündeln.
Je nach Region unterscheiden sich
Ladyfeste teilweise sehr stark voneinander. Kennst du Ladyfeste außerhalb des angloamerikanischen und
deutschsprachigen Raums?
Leider bin ich nie auf einem Ladyfest
außerhalb Deutschlands gewesen
und daher mit meinen Recherchen
auf das Internet als Quelle begrenzt.
forum wissenschaft
Allerdings ist gerade die lokale Differenz ein wesentliches Ergebnis des
erwähnten Prinzips der Offenheit und
des aus dem Punk stammenden D.I.Y.-
zunehmend und immer konsequenter
in den Blick genommen und zum Teil
ja auch heftig debattiert worden: Wer
organisiert die Feste? Frauen, Lesben,
„Ladyfeste haben noch viel expliziter als
zuvor die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie ‚Frau‘ infrage gestellt.“
Gedankens. Genau diese Prinzipien
ermöglichen erst die Artikulation
und Verhandlung von sich teilweise
widersprechenden Positionen. Die
Organisationsgruppen müssen an bestimmten Punkten im Vorbereitungsprozess Entscheidungen treffen, die
dann eben stets temporäre und lokale
Entscheidungen sind und sich durchaus
unterscheiden können.
Gleichzeitig gibt es aber die gemeinsame
Erzählung über die Geschichte der RiotGrrrl-Bewegung und über die Ladyfeste
in anderen Städten und Ländern, auf die
sich alle beziehen können und wollen.
Das schafft durchaus das Gefühl, „Teil
einer Bewegung” zu sein – auch dann,
wenn diese intern stark von Auseinandersetzungen und Kämpfen um Definitionsmacht charakterisiert sein mögen.
Uns fällt auf, dass sich – insbesondere
bei Ladyfesten im deutschsprachigen
Raum – eine Verschiebung von „feministisch“ zu „queer-feministisch“
beobachten lässt. Hat hier ein Paradigmenwechsel stattgefunden?
Meiner Einschätzung nach haben die
Ladyfeste noch viel expliziter als zuvor
die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie
„Frau” infrage gestellt und damit auch
ein interessiertes Publikum gefunden.
Auch die Riot Grrrls haben geschlechtliche Identitätszumutungen thematisiert,
lächerlich gemacht und demaskiert
– auf den Ladyfesten ist dieses Thema
Bi, Trans, Queers, …? Wer gehört dazu,
wer nicht und warum eigentlich nicht?
Für wen machen wir welche Veranstal-
tungen? Dürfen alle Interessierten zum
Drag-Workshop oder zumindest nur die,
die sich als Nicht-Männer identifizieren? Solche und viele andere Fragen
sind immer wieder neu und lokal zu
diskutieren.
Judith Butlers „Gender Trouble” wurde
für so manche zum absoluten Reizwort, für andere zum Synonym für eine
bestimmte Form der „Befreiung” oder
zumindest für eine Möglichkeit, bislang
wenig bis gar nicht thematisierte Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen
innerhalb der Gesellschaft, aber auch innerhalb feministischer Szenen zu skandalisieren. Das kann in der erweiterten
Bezeichnung als queer-feministisch
sichtbarer werden. In meiner Lesart ist
das aber weniger ein Paradigmenwechsel als eine konsequente Weiterführung.
Bei Ladyfesten wurde auch immer
wieder Kritik unter anderem am
Weißen und institutionalisierten
Mainstream-Feminismus und seinen
Ausschlüssen formuliert. Ist es denn
Ladyspace: Aktiv Räume schaffen
Von Eva Trimmel
Der Begriff „Ladyspace” entstand im Zuge der
Vorbereitungen für das erste Ladyfest in Wien
2004 als Reflexion über Räume und deren konkrete wie symbolische Besetzung.
Ladyfeste erheben den Anspruch, mit traditionellen Geschlechtszuschreibungen zu brechen und
das Modell der Zweigeschlechtlichkeit zumindest
temporär aufzulösen – zugleich wird versucht, die
Repräsentation von Frauen zu stärken. Dies führt
zwangsläufig zu Konflikten, da sich diese beiden
Ansätze widersprechen und konträre Ein- und
Ausschlusspolitiken erfordern (z.B. Workshops nur
für Frauen oder für Frauen und Transgenders).
Anstatt diesen Konflikt zuzudecken, wurde mit der
Idee von Ladyspace die Diskussion neu fokussiert:
Wie kann am Ladyfest ein sozialer Raum hergestellt werden, in dem Sexismus, Homophobie oder
Rassismus keinen Platz finden und Frauen, Lesben
und Transgenders ihre Raumansprüche selbstverständlich umsetzen können?
Räume sind nicht einfach gegeben, sondern werden
durch jene Menschen konstruiert, die sie nutzen
und die sich in ihnen aufhalten. Das heißt, erst die
Interaktion, die in diesen Räumen passiert, gibt
ihnen ihren Sinn. Räume sind sozial hergestellt
– daher kann auch in sie interveniert werden. Strategien der Intervention sind etwa die Aneignung
von repräsentativen Positionen wie Bühnenraum,
Ausstellungs- oder Projektionsflächen. Zudem wird
in einem Ladyspace versucht, alle Anwesenden in
das Raumkonzept einzubinden (erwünschte und unerwünschte Verhaltensweisen sind explizit formuliert), sodass sie Verantwortung für das Geschehen
im Raum übernehmen. Das bedeutet z.B., dass im
Fall von sexistischen, homophoben oder rassistischen Übergriffen gemeinsam eingeschritten wird
(„self security”).
Durch die Gleichzeitigkeit und das Zusammenwirken von unterschiedlichen Strategien wird es möglich, Veränderungen im sozialen Raum herbeizuführen: In einem queer-feministischen Gegenraum
nimmt der respektvolle Umgang miteinander sowie
das Vertrauen ineinander einen hohen Stellenwert
ein.
Wenn das Ladyspace-Konzept aufgeht, findet
idealerweise sowohl bei Akteur_innen als auch
Teilnehmer_innen ein Umdenkprozess statt, dem
ein bewussterer Umgang mit sozialen Raumverhältnissen folgt. Und so kann ein Ladyspace dann
auch in weitere Räume hineingetragen werden.
Eva Trimmel lohnarbeitet im Bereich Architektur und interessiert sich für queer/feministische Raumproduktion.
Juli August 2010 an.schläge l 21
forum wissenschaft
aus deiner Sicht gelungen, diese
Kritik produktiv zu verhandeln, etwa
indem Hierarchisierungen in den
eigenen Reihen angegangen wurden?
Leyen für einen Vortrag einladen
würde, nur weil sie von einem „konservativen Feminismus” spricht, dem
sie nicht abgeneigt sei. Aber vielleicht
Was ist von den ursprünglich sehr heterogenen organisatorischen Bündnissen von Ladyfest geblieben? Zuweilen
scheint es, als ob sich die Ladyfest-
Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste
Von Elke Zobl und Rosa Reitsamer
Die feministischen Bewegungen haben dem Organisationsmodus „Do It
Yourself” (D.I.Y.) zu neuer Attraktivität und Verbreitung verholfen. Seit
den 1990er-Jahren ist eine Vielzahl von feministisch-queeren Medien
und Festivals – wie etwa Ladyfeste – entstanden, in deren Mittelpunkt die Idee steht, selbst aktiv zu werden und sich zu vernetzen.
Die 2008 gegründete Online-Plattform „Grassroots Feminism: Transnational Archives, Resources and Communities” dient der Dokumentation
und dem Austausch dieser Aktivitäten. Das Archiv umfasst internationale „Grrrl Zines” sowie Informationen zu Ladyfesten aus allen Teilen der
Welt und feministischen Medien in Europa.
Das transnationale Netzwerk der „Grrrl Zines” – also selbstständig
produzierte Magazine in kleineren Auflagen mit Interesse an Feminismus, Alternativkultur und Aktivismus – hat sich durch neue Formate wie
E-Zines und Blogs weiter ausgedehnt. In der Folge ist eine kaum mehr
überschaubare Bandbreite feministischer Netz-Magazine entstanden,
die Feminismen im Alltag sowie in größeren gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen diskutieren. Das Ladyfest-Archiv widmet sich
einerseits der Bestandsaufnahme von Ladyfesten, andererseits können
Das sind für mich zwei Punkte: Als
Weiße Akademikerin kann ich die Frage nach der Veränderung an Weißen
Strukturen schwer beantworten, weil
ich Teil davon bin beziehungsweise
mittendrin stehe. Meine Wahrnehmung ist aber, dass sich die Räume,
in denen Ladyfeste stattfinden, ihrem
Selbstverständnis zufolge zwar meist
als antirassistisch begreifen, sie aber
überwiegend von Weißen aufgesucht
und gestaltet werden und nicht per
se frei von Rassismus sind. Der Raum
strukturiert die Gestaltung der Feste
durchaus mit: Wer geht hier hin, wer
gestaltet, wer wird durch die meist
informellen Netzwerke erreicht und
eingeladen mitzugestalten usw. Die
zunehmende Thematisierung von
postkolonialen Perspektiven und
Critical-Whiteness-Ansätzen ist also
eine notwendige Erweiterung. Hier
führt die kritische Auseinandersetzung zumindest zur Sichtbarkeit von
Ausschlussprozessen.
Mit dem sogenannten institutionalisierten Mainstream-Feminismus
gibt es meiner Erfahrung nach wenig
direkte Berührungspunkte. Ich glaube
nicht, dass jemand Ursula von der
22 l an.schläge Juli August 2010
hier Interviews mit Ladyfest-Organisator_innen nachgelesen werden.
Seit dem ersten Ladyfest im Jahr 2000 in Olympia, Washington konnten
wir bislang 246 Ladyfeste in 34 verschiedenen Ländern recherchieren,
von denen 125 in Europa, 85 in Nordamerika, 22 in Südamerika, neun
in Australien/Neuseeland, drei in Afrika und zwei in Asien stattfanden.
All jene, die in die Welt der Ladyfeste, feministischen GrassrootsMedien und feministisch-queeren Musiker_innen eintauchen möchten,
können das unter www.grassrootsfeminism.net, www.grrrlzines.net
und www.digmeout.org tun.
Rosa Reitsamer ist Soziologin und arbeitet derzeit am Projekt „Feminist
Media Production in Europe“ an der Uni Salzburg. Gemeinsam mit Maria
José Belbel gründete sie das digitale Archiv „DIG ME OUT. Discourses on
Popular Music, Gender and Ethnicity“.
Elke Zobl ist Hertha-Firnberg-Stipendiatin und forscht am Fachbereich Kommunikationswissenschaft an der Uni Salzburg zum Thema „Young Women
as Creators of New Cultural Spaces“ und zu „Feminist Media Production in
Europe“. Im Zuge dieser beiden, vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten
Projekte wurde die Online-Plattform „Grassroots Feminism“ aufgebaut.
müsste man erst einmal klären, was
jeweils mit Mainstream-Feminismus
gemeint ist, um der Sache näher zu
kommen. Zur Frauenprojektebewegung beispielsweise gibt es ja durchaus
Berührungspunkte.
Szene homogenisiert hätte …
Ladyfeste im deutschsprachigen
Raum haben meines Wissens nach
ganz starke Verbindungen in die linke
Szene. Ganz so breite Bündnisse wie
etwa 2003 in Hamburg habe ich hier
forum wissenschaft
allerdings schon lange nicht mehr
gesehen.
Ladyfeste haben verschiedene parallele Strategien verfolgt: sprachliche
Verschiebungen und Wiederaneignungen von Begriffen, ironische
Inszenierungen,
visuelle Fehlzitate etc. – du
hast das einmal
als „semiotische
Guerilla“ bezeichnet. Greifen
solche Strategien heute noch?
Oder haben sie
sich unter den
veränderten gesellschaftlichen Bedingungen ebenfalls gewandelt?
Meine Begeisterung für Ladyfeste liegt
gerade in der Verbindung unterschiedlicher politischer Strategien unter
einem Label. Zum einen Strategien
aus dem Bereich der Kommunikationsguerilla: Versuche der Verschiebungen
von Bedeutung, entlarvende Ironie und
Parodie halte ich nach wie vor für sehr
geeignete Mittel, um die Gewaltförmigkeit der kulturell konstruierten Zweigeschlechtlichkeit sichtbar zu machen.
Es sind Strategien auf der Ebene der
symbolischen Repräsentation oder auch
Methoden einer semiotischen Guerilla,
weil sie auf der Zeichenebene ansetzen und mit deren Mitteln arbeiten.
Damit wird nicht behauptet, dass man
sich als außerhalb des Zeichensystems
stehend begreifen würde. Scheinbare
„Normalität” und „Natürlichkeit”
auf die Bühne zu holen und den Lack
abzukratzen – auch wenn nie die letzte
Schicht erreicht und aufgelöst werden
kann –, oder eben den Lack noch dicker
aufzutragen, um die Künstlichkeit
aufzuzeigen, sind Interventionen in die
symbolische Ordnung und deshalb auch
gerade auf der Ebene der Symbolik
angreifbar. Doch weder die Kritik an
der strukturellen, juristischen und
sozialpolitischen Verankerung der
heteronormativ verfassten Zweigeschlechtlichkeit noch die radikale
Kritik an kapitalistischen und rassistischen Strukturen und Ausbeutungsverhältnissen kann auf den symbolischen
Raum begrenzt bleiben.
Konsequenterweise verbinden sich
diese Themen auch auf Ladyfesten. Bei
vielen Ladyfesten haben eben beide
Perspektiven Platz im Programm –
damit wird nicht immer der innere
theoretische und politische Widerspruch
dieser Gleichzeitigkeit aufgelöst. Aber
meiner Ansicht
nach ist dieser
Widerspruch auch
nicht auflösbar und
muss permanent
und auch konflikthaft bearbeitet werden. Wir
haben es mit einer
Gleichzeitigkeit
verschiedener
Macht- und Herrschaftsformen zu
tun. Ladyfeste setzen in der Folge auf
die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Strategien.
Seit einigen Jahren zeichnen sich
Veränderungen ab – statt Ladyfesten
werden z.B. immer öfter „QueerFeministische Tage“ organisiert.
Steht eine solche Umbenennung für
eine inhaltliche Neuausrichtung oder
bedeuten sie gar das Ende von Ladyfest? Was kommt nach Lady?
Schwer zu sagen – vielleicht ist nach
zehn Jahren Ladyfest mancherorts Lust
auf etwas Neues im Spiel. „QueerFeministische Tage” gab es aber
auch schon um 2000, oft waren sie
lediglich etwas „kleiner” organisiert
als Ladyfeste. Grundsätzlich glaube
ich, dass sich Strategien mit der Zeit
verändern und verändern müssen, um
nicht vereinnahmt oder kommerzialisiert und inhaltlich entleert zu werden.
Vielleicht findet gerade tatsächlich eine
inhaltliche Verschiebung statt, die nicht
unbedingt ein grundsätzliches Ende von
Ladyfest hits Europe
Von Silke Graf
Etwa zehn Jahre nach den Anfängen von Riot Grrrl fanden sich vormalige
Akteur_innen dieser Bewegung im US-amerikanischen Olympia zusammen, um
das erste Ladyfest zu organisieren (siehe dazu S. 17). Diese einmalig geplante
Veranstaltung war der Impuls zu einer globalen Verbreitung von Ladyfesten,
wobei es schon im Programmheft zum ersten Ladyfest über die strittige Verwendung des Begriffs „Lady” hieß: „This name debate is boring. How could we ever
decide what to call ourselves, when we can’t decide what we are? And we don’t
want to. So we won’t.”
Der Wunsch von Sleater-Kinney-Gitarristin Carrie Brownstein, das erste Ladyfest möge Frauen dazu inspirieren, in ihre Communitys zurückzukehren, um ähnliche Schritte für Netzwerke und Allianzen zu setzen, erfüllte sich prompt. Die
Verbreitung funktionierte in einer Art Schneeballsystem: 2001 fanden bereits
drei Ladyfeste in den USA (in Bloomington/Indiana, Chicago und New York) und
das erste in Europa, und zwar in Glasgow, Schottland, statt. 2002 waren es bereits zwölf Ladyfeste, neun davon in den USA und drei in europäischen Städten.
Die Informationen und Berichte über Ladyfest führten im Jahr 2003 zu bereits
21 Ladyfesten.
Europäische Ladyfeste, die das erste Ladyfest in Wien 2004 beeinflussten, waren neben dem Ladyfest London das Ladyfest Amsterdam (2003) und die frühen
Ladyfeste im deutschsprachigen Raum: Ladyfest Hamburg und Berlin (beide
2003). Alle diese Ladyfeste wurden von der einen oder anderen Organisator_in
aus Wien besucht und dienten als Inspiration und erweiterten das Netzwerk. Vor
allem das Ladyfest Hamburg mit seiner Betonung der Heterogenität des Organisationsteams und seiner expliziten Aufforderung, Feminismus neu zu definieren,
nämlich „jenseits von Zwangsheterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit”
bereitete den Weg. 2005 und 2007 folgten weitere Ladyfeste in Wien, 2008 die
Queer-Feministischen Tage.
Silke Graf war Teil des LF-Organisationskollektivs 2004 und 2007 und verfasste ihre
Diplomarbeit zum Thema Verhandlungen von Geschlecht am Beispiel Ladyfest Wien
2004.
Juli August 2010 an.schläge l 23
forum wissenschaft
Ladyfesten bedeuten muss.
Ich könnte es auch anders interpretieren: Ladyfeste haben so viel Diskussionsstoff auf den Tisch gelegt, dass
nun immer mehr „Queer-Feministische
Tage” initiiert werden, um die anstehenden Diskussionen auch weiterhin zu
führen.
Quellen der Ladyfest-Bilder:
Programmheft und
Festivalpässe Ladyfest
Olympia 2000
T-Shirt Ladyfest London
2002
Programmheft Ladyfest
Hamburg 2003
T-Shirt, Stofffetzen und
Buttons Ladyfest Wien 2004
Found Footage von
flickr.com: Elo Vazquez/Ladyfest Südspanien 2007 &
gaelx/Ladyfest Madrid 2009
Dank an Silke Graf, Ute
Hölzl, Sushila Mesquita, Eva
Trimmel und Iris Weißenböck für die Bereitstellung
ihrer Devotionalien.
Seit 2008 bist du Professorin für
Erziehung und Bildung mit dem
Schwerpunkt Jugendarbeit an der
Fachhochschule Kiel. Inwieweit lassen
sich die Erkenntnisse aus den Auseinandersetzungen der Ladyfeste in die
Institutionen tragen?
Diese Frage ist gar nicht so leicht oder
schnell zu beantworten. Zum einen ist
es für mich selbstverständlich, aktuelle
soziale Artikulationsweisen und Widerstandsformen zur Kategorie Geschlecht
in der Lehre zu behandeln – und im idealen Fall auch weiter zu erforschen. Das
ist mir ein großes Anliegen, insbesondere deshalb, weil ich mit Foucault davon
ausgehe, dass erst die Analyse von
Widerstand zeigen kann, welche Machtund Herrschaftsformen existieren. In
meinem Verständnis kritischer Wissenschaft also quasi ein Dauerbrenner.
Allerdings finde ich es sehr problematisch, dass Studierende immer weniger die Wahl haben, sich für Themen
und Lehrende zu entscheiden – in so
einem Klima, das obendrein noch durch
Prüfungen und Scheine geprägt ist, ist
die Thematisierung von prinzipieller
Offenheit, D.I.Y. und der Infragestellung
von Herrschaftsverhältnissen bisweilen paradox. Andererseits erlebe ich
Studierende auch immer wieder als
sehr interessiert und begeistert bei
Themen wie Riot Grrrl oder Ladyfeste,
und aktuell sind einige auch involviert
in die Organisation von Kiels erstem
Ladyfest! l
Melanie Groß beschäftigt sich seit einigen
Jahren mit Ladyfesten und queer-feministischen Widerstandsformen. Sie ist
Teammitglied des Feministischen Instituts
Hamburg, www.feministisches-institut.de.
Publikationen (Auswahl): Geschlecht und
Widerstand. post..|queer..|linksradikal.
Ulrike Helmer 2008; riot grrrls und ladyfeste – Angriffe auf die heterosexuelle Matrix.
In: Gabriele Rohmann (Hg.in): Krasse Töchter. Mädchen in Jugendkulturen. Archiv der
Jugendkulturen 2007, S. 71–81.
impressum
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: [email protected],
[email protected], www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, [email protected], T.01/920 16 78, Vina Yun, [email protected], T. 01/920 16 76
Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, [email protected], [email protected] l Termine, Tipps: Vina Yun, [email protected] l Inserate: Michèle Thoma, [email protected] l Redaktion:
Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh, Andrea Heinz/han, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/
viyu l Praktikum: Katharina Weßels/kw l Texte: Claudia Amsler/claude, Persson Perry Baumgartner, Mirjam Bromundt/mij, Christine Erharter, Denice Fredriksson, Lela Gahleitner,
Silke Graf, Judith Goetz, Beate Hammond, Regina Himmelbauer, Ute Hölzl, Gabi Horak, Leela, Mia Kager/miak,Ursula Knoll, Birge Krondorfer, Clara Luzia, Alice Ludvig, Katharina
Ludwig, Bärbel Mende-Danneberg, Sushila Mesquita, Gabriele Migdalek, Ute Mörtl, Atma Pöschl, Rosa Reitsamer, Verena Stern/vers, Eva Trimmel, Iris Weißenböck, Katharina
Weßels/kw, Elke Zobl l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Inés Bacher, Silke Graf, Nadine Kappacher l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bianka
Tschaikner, Lina Walde, Zappho l Fotos: an.schläge-Archiv, CBG Network, Jeffrey Dismer, Dontworry/wikicommons, Four Music, gaelx/flickr, H.A.P.P.Y., heartbeaz/flickr, Ute Hölzl, Gabi
Horak, http://endforcedsterilisation.wordpress.com, Ursula Knoll, Ladyfest Trier, Ladies Manjoe/flickr, Michael Mann, Laura Moreno, NFP marketing & distribution*, Heldi Pema,
Südwind Agentur, UK Health Education Council, Elo Vasquez, VIDC, Kurt Wachter/FairPlay, www.dexiner.com l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druck-
erei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen
vorbehalten. l ISSN 1993-3002
24 l an.schläge Juli August 2010
an.sprüche
Arbeiten am Körper
Was kann Körperarbeit, und was machen
eigentlich Körpertherapeut_innen? Während
Atma Pöschl mit tantrischer Körperarbeit
die „innere Haltung” zu stärken versucht,
hinterfragt Lela Gahleitner, klassische Physiotherapeutin, den „Haltungshintergrund” ihres
Berufsfeldes.
Illustration: Bianka Tschaikner
Tantrische Körperarbeit? Kaum ein Job produziert so viele unterschiedliche
Fantasien und Projektionen wie meiner. Ziel meiner Arbeit ist Gefühlsöffnung, volle Körperlebendigkeit und Ausdehnung der sexuellen Energie in den
ganzen Körper – nicht kurze Triebabfuhr. Ein Orgasmus mag Wegbegleiter
sein – neben Angst, Trauer, Schmerz –, aber nicht das Ziel: Nähe, das wissen
wir alle, kann auch sogenannte negative Gefühle triggern. Der Körper
speichert Erinnerungen, die bei Berührung an die Oberfläche steigen. Mit
diesen Emotionen, die meist nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sind
Liebende oft überfordert. Für Frauen, die Verantwortung dafür übernehmen
wollen, ist meine Arbeit ein neutraler, liebevoller Rahmen für ihre Körpererinnerungen und ihre Lust. Meiner Ansicht nach ist Berührung ein guter Weg,
um traumatische Gewebe- und Gefühlserstarrung aufzulösen und verlorenes
Empfinden wieder zu wecken.
In diesem Sinne reicht die Bandbreite der Motivation, tantrische Körperarbeit zu konsumieren, vom Einfach-genießen-Wollen bis hin zu medizinischen
Diagnosen wie Adipositas, Magersucht und Borderline. Dabei kooperiere ich
mit PsychotherapeutInnen, die mein Angebot weiterempfehlen. Transsexuelle
begleite ich zum Beispiel zur Operation und danach, und für Frauen mit Behinderung biete ich Sexualbegleitung. Das kann bedeuten, dass ich frau zeige,
wie sie sich selbst berühren kann oder sie individuell dabei unterstütze, ihre
Sexualität zu leben. Nicht zuletzt arbeite ich mit Paaren, denen ich zeige,
wie sie sich berühren und massieren können.
Während die Sau rauszulassen und sie zu unterdrücken zwei gleichermaßen
unentspannte Seiten der Medaille unserer christlich geprägten Kultur ausmachen, ist ein natürlicher, würdevoller Umgang mit Sexualität meine Stärke
und ein Wesenszug tantrischer Körperarbeit. Frauen eröffnet diese noch
recht neue Form der Berührung und Prozessbegleitung spannende Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Sexualität als Praxisfeld: Weil Sex immer
wieder neu zu erforschen und voll immenser Power ist!
Atma Pöschl ist Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung.
www.praxis-arsenal.at. Kontakt: [email protected], T. 0699/11784060
Ich mache gerade die Physiotherapie-Ausbildung, also eine bald hundert
Jahre alte Form der Körperarbeit. Als Krankengymnastinnen haben sie
einst begonnen, mit den Verwundeten des Ersten Weltkriegs. Bewegung ist
in der Physiotherapie alles. Und für eine mögliche Bewegung braucht es
immer einen Haltungshintergrund. Das war schon eigenartig damals, als ich
in meinem Referat zu Bewegung dann auch von der nationalsozialistischen
gesprochen hab. Und beim Haltungshintergrund fällt mir immer die Frage
nach den Einstellungen zu bestimmten Themen ein.
Obwohl ich weiß, dass das alles gar nicht gemeint ist – denn die Physiotherapie behandelt ja „nur” den Körper – wehre ich mich dagegen, dass davon
keine Rede sein soll. Denn: Was soll das überhaupt sein, so ein Körper? Und
was macht denn eine Frau, die mir gegenübersitzt, zu einer Frau, und was ist
so wichtig daran?
Ich merke, dass das Fragen sind, über die nur wenige meiner KollegInnen
bereit sind, mit mir zu diskutieren. Was ich da denke, fühlt sich nicht wie Körperarbeit an, ist verkopft und nicht das, worum es geht. Und worum geht’s?
Ums Behandeln und Hingreifen. Nicht nur reden – tun.
Körperarbeit ist also direkt und unmittelbar: Die Schmerzen verringern oder
verschwinden lassen ist ziemlich cool, den Schmerz provozieren oder verstärken weniger, denn bei Ersterem werde ich angelächelt, bei Zweiterem muss
ich mich rechtfertigen. Dauernd soll ich Erklärungen liefern, aber eben immer im Rahmen: im physiotherapeutisch-natürlich-körperlichen. Und der ist
mir als Soziologin zu eng. Bloß ist der soziologische meistens zu kompliziert.
Was bleibt, und das ist einfach gehalten, ist: Ich mache mir mit meiner Patientin etwas aus, frage sie nach ihrem Hauptproblem, biete ihr eine Lösung
an, erkläre, was ich mir dazu denke – und da hat mir auch das soziologische
Wissen schon oft geholfen – und was helfen könnte. Das probieren wir dann
– und wenn es funktioniert, ja, dann ist es fein. Da macht dann Körperarbeit
direkt glücklich, beide nämlich.
Lela Gahleitner ist Soziologin und hat soeben ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin abgeschlossen.
Juli August 2010 an.schläge l 25
zeitausgleich
arbeitsfragen in allen
lebenslagen
Text: Bärbel Mende-Danneberg, Illustration: Nadine Kappacher
Alt und faul
Nun schaukle ich also alt-fett-faul in der sozialen Hängematte. Wie ich
da reingekommen bin? Ganz einfach: die Gnade der frühen Geburt. Ich
genieße die Früchte eines langen Arbeitslebens in unterschiedlichen
Berufen mit wechselnden Lebensabschnittspartnern, zwei Kindern und
zwei Enkelkindern, streckenweise allein lebend. Angefressen? Nicht
wirklich. Schließlich habe ich ein Grundeinkommen. Allerdings bescheiden und nicht bedingungslos. Die Bedingungen für meinen Pensionsanspruch sind schwer erarbeitet. Ach was: erkämpft!
Das waren noch Zeiten, als ich jung war. Keine Pille, keine Waschmaschine, Windeln am Herd auskochen, kein Karenzgeld, Mutterschutz
sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, keine Kindergärten, 45-Stundenwoche, Samstagarbeit. Aber es gab ein großes Wunder,
das sie Wirtschaft nannten. Also Arbeit in Hülle und Fülle, nicht nur
unbezahlte. Ich Frau war sehr gefragt – als Schneiderin in der Fabrik,
als Au-pair in London, in Berlin als Krankenschwester, als Kneipenwirtin (da war ich mir selbst Arbeitgeberin) und dann als Journalistin in
Wien. Überall offene Wirtschaftshände für mich Fräulein Wunder. Und
natürlich habe ich (fast immer) brav eingezahlt in die Pensionskassen.
Ging ja auch gar nicht anders. Denn im Unterschied zu heute gab es fast
nur „gesicherte” Arbeitsplätze, bei denen dir sofort das Gerstl für die
Pension (Generationenvertrag) abgezogen wurde. War ja auch irgendwie ein Glück für mich, siehe Hängematte.
Dennoch bin ich wütend. Es wird gehetzt gegen langes Leben, gegen
Normalarbeitsverhältnisse und staatliche Vorsorge. Uns Grauhaarigen
wird Altersgeiz unterstellt, unser Pensionsluxus auf Mallorca sei für die
Jungen ein provokanter Lebensstil. Meinen die etwa mich? Wenn ich
nicht gerade in der Hängematte liege und „an.schläge” lese, versorge
ich Enkelkinder, greife den prekär beschäftigten Töchtern finanziell unter die Arme. Die Pflege meiner demenzkranken Mutter über vier lange
Jahre hat mich nicht jünger gemacht, und ich schreibe mir unbezahlt die
Finger wund. Wen also meinen die?
Bärbel Mende-Danneberg, nicht fett, nicht faul, aber mit 67 schon in die Jahre gekommen. Journalistin, Herausgeberin und Autorin verschiedener Bücher,
u.a. „Alter Vogel, flieg! Tagebuch einer pflegenden Tochter“.
Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.
tumblr.com
26 l an.schläge Juli August 2010
mindestlohn
Wenig Hoffnung auf adäquates Einkommen
In Deutschland beantwortete Schwarz-Gelb die Anfrage der Fraktion Die
Linke nach einem gesetzlichen Mindestlohn negativ. Die Argumentation:
Die Regierung besitze nicht die Kompetenzen, um ein solches Vorhaben
rechtfertigen zu können. Welche Branche welchen Lohn auszahlen will,
sei durch die Tarifautonomie bestimmt. Verhandlungen, die Tarifänderungen vorsehen, müssten von den jeweiligen Sozialpartnern getätigt
werden.
Mehrheitlich leiden Frauen unter Niedriglöhnen. Jede dritte deutsche
Frau verdient weniger als 9,85 Euro pro Stunde (bei Männern sind es
knapp 14 Prozent). Dass sich der Gender Pay Gap – derzeit 23 Prozent
– nicht schließt, verwundert daher nicht.
Die Forderung eines gesetzlichen Mindeststundenlohns von 8,50 Euro
wurde vom Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes am
18. Mai beschlossen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer am deutschen
Horizont ist die von Arbeitgeber_innen, Arbeitnehmer_innen und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vereinbarte Einführung des
gesetzlichen Mindestlohns für Pflegekräfte mit 1. August. Wermutstropfen hierbei: Der Stundenlohn beträgt 8,50 Euro im Westen und mickrige
7,50 Euro im Osten. Nicht genug damit, sperrt sich nun Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gegen die Vereinbarung. Er möchte, dass
sich das Kabinett mit dem Mindestlohn befasst und dass dieser bis 2011
begrenzt wird. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ruft zu einer Briefbzw. Fax-Protestaktion auf, um die Mindestlohnvereinbarungen für den
Pflegebereich durchzusetzen.
Pflegearbeit ist eine der am stärksten belastenden Tätigkeiten – physisch
wie psychisch. Besonders viele Pfleger_innen klagen über Gesundheitsprobleme, vor allem durch schwierige Körperhaltungen oder Hantieren
mit schweren Lasten. Außerdem wird Pfleger_innen eine besonders hohe
Arbeitszeitflexibilität, inklusive Nacht- und Wochenenddiensten abverlangt. Nicht zuletzt leiden viele von ihnen unter Zeitdruck sowie Arbeitsüberlastung. Gleichzeitig ist die Pflegearbeit noch immer Frauensache
– im Jahr 2008 waren 86 Prozent der Pflegebediensteten in Deutschland
Frauen. miak/trude
www.frauenrat.de, www.verdi.de
einkommenstransparenz
Großer Plan, kleine Schritte
Nach schwedischem Vorbild müssen in Österreich ab 2011 die Einkommen von Betrieben mit mehr als eintausend Mitarbeiter_innen anonymisiert veröffentlicht werden. Betroffen sind von dieser Regelung ca.
200 Betriebe, d.h. rund 15 Prozent aller Arbeitnehmer_innen. Diese
Unternehmen müssen einen jährlichen Einkommensbericht erstellen, in dem die durchschnittlichen Löhne und Gehälter von Frauen
und Männern in vergleichbaren Positionen betriebsintern aufgezeigt
werden. Nachdem allerdings für säumige Betriebe keine Sanktionen zu erwarten sind, ist fraglich, inwieweit die neue Verpflichtung
umgesetzt werden wird. Die Transparenz soll jedenfalls helfen, die
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (derzeit bei
18 Prozent) zu verkleinern.
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wollte ursprünglich die
Einkommenstransparenz für Unternehmen ab 25 Mitarbeiter_innen und
mit Sanktionen bei Weigerung der Veröffentlichung durchsetzen – stattdessen kommt nun bloß ein Stufenplan über mehrere Jahre: Im Jahr
2012 gilt die Regelung für Betriebe ab 500 Mitarbeiter_innen, 2013
an.riss arbeit wissenschaft
ab 250 Mitarbeiter_innen – bis 2014 werden damit vierzig Prozent der
Beschäftigen erfasst sein.
SPÖ und Gewerkschaften freuen sich über den Beschluss, Kritik kommt
u.a. von den Grünen. Die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner
sieht „keinen Meilenstein” und „bestenfalls einen Anstoß zur Sensibilisierung”. Auch auf Facebook formiert sich Widerstand samt Praxisanleitung: Die Gruppe „transparente gehälter und einkommen konkret”ruft
dazu auf, das eigene Einkommen – ganz ohne Anonymität oder Parteiapparat – auf der Pinnwand offenzulegen. be
www.diestandard.at, www.frauen.spoe.at, www.facebook.com/group.
php?gid=370305217343&v=wall
kunstarbeitsmarkt
Infos für prekäre Künstler_innen
Hoher Identifikationsgrad, großes Engagement, unterdurchschnittliches
Einkommen und geringe soziale Absicherung – all das sind typische
Merkmale von Menschen, die im Bereich Kunst und Kultur arbeiten.
Für diese Nutzer_innenguppe des Arbeitsmarktservice (AMS) hat der
Kulturrat Österreich die Infobroschüre „Selbstständig – Unselbstständig
– Erwerbslos” herausgebracht. Der Kulturrat ist ein Zusammenschluss
der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.
Er setzt sich gegen Prekarisierung und für Transparenz und Meinungsvielfalt ein.
Die 44 Seiten starke Broschüre beleuchtet die Entwicklung des
Arbeitsmarktes für Kunstschaffende in Österreich. Weitere Schwerpunkte sind Arbeitslosengeld, Selbstständigkeit, Karenz und wie man
Problemen mit dem AMS begegnen kann. Ziel ist die Aufklärung über
die Rechte der Betroffenen. Bei der Erstellung der Broschüre hat der
Kulturrat mit Abteilungen des AMS, dem Sozialministerium (bm:ask)
und der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft
zusammengearbeitet, um verbindliche aktuelle Informationen zu
liefern. fis
http://kulturrat.at/agenda/ams/infoAMS
online-test
Hausarbeitende Männer?
sucht
Nichtraucherinnentag
Marlboro Man und seine Freunde waren in den 1970er-Jahren Vorbild
für 85 Prozent der männlichen und 15 Prozent der weiblichen Raucher_
innen. Seitdem steigt die Zahl der qualmenden Frauen stetig – in Österreich greift mittlerweile rund jede dritte erwachsene Frau zur Zigarette.
Besonders gefährlich ist, dass bereits 27 Prozent aller Jugendlichen unter 15 Jahren mindestens einmal pro Woche rauchen. Der Weltnichtrauchertag am 31.
Mai stand heuer
unter dem Motto
„Geschlecht
und Tabak”. Die
Tabakindustrie
setzt zunehmend
auf Konsumentinnen, da
diese weltweit
betrachtet noch
eine wenig
erschlossene
Zielgruppe
darstellen. „Der
Anstieg der
weiblichen Raucherkarrieren
ist eine traurige
Erfolgsstory.
Frauen emanzipierten sich
beim Rauchen,
aber beim
Raucherausstieg haben sie viel weniger Engagement als ihre männlichen
Kollegen”, erklärte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe Paul
Sevelda in einer Presseaussendung. Eine von Pfizer in Auftrag gegebene
Studie kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis: Männer wie Frauen benötigen demnach durchschnittlich drei Versuche, um das Rauchen
aufzugeben. fis
www.krebshilfe.net, www.pfizer.at
Ein Online-Test bringt das Ergebnis: Die Bereitschaft der Männer, unentgeltlich Hausarbeit zu leisten, ist erheblich gewachsen – zumindest unter
weißen nordamerikanischen Männern.
Ilona Jerabek, Präsidentin von PsychTests AIM, konzipierte jüngst einen
Fragenkatalog mit 126 Fragen, der die genderspezifischen Verhaltens- und Denkmuster der zu Befragenden durchleuchten sollte. Bisher
nahmen 300 Frauen und 200 Männer an der Online-Befragung teil, von
repräsentativer Aussagekraft kann also keine Rede sein, auch wenn das
bisherige Ergebnis zum Träumen anregt – oder auch Anlass zur Verwunderung gibt: Angeblich sind Männer willig, die Aufgaben im Haushalt
gerecht zwischen der Partnerin und sich selbst zu verteilen, allerdings
gaben die meisten weiblichen Befragten an, die Umverteilung der Pflichten im Privathaushalt auf beide Parteien nicht zu unterstützen. Jerabeks
Interpretation nach handeln die Frauen nach dem Motto: Geteilter Haushalt ist gut, Kontrolle über alle haushälterischen Tätigkeiten ist besser.
Was sich in Haushaltsangelegenheiten jedoch zu kontrollieren lohnt, sei
hier dahingestellt. miak
auszeichnung
Museumspreis für Wiener Verhütungsmuseum
Bahnbrechende Arbeiten, innovative Denkansätze und das Aufgreifen
kontroversieller Themen würdigt der 2010 erstmals vom „European
Museum Forum” vergebene Kenneth-Hudson-Preis, der nun dem Wiener
Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch verliehen wurde.
2007 eröffnete Johanna Dohnal das weltweit einzigartige Museum, das
Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen und didaktischen Aufbereitung
heikler Themen rund um Sexualität und Schwangerschaftsabbruch
leistet. Vom Fischblasenkondom über die Entwicklung der Pille bis hin
zum Küchentisch der Engelmacherinnen findet sich auf rund hundert
Quadratmetern Anschauungsmaterial zum Thema Fruchtbarkeit und
Gesellschaftspolitik. mij
www.womensenews.org, Test: http://testyourself.psychtests.com/testid/2435 (Version für
Verhütungsmuseum: 1150 Wien, Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock, Öffnungszeiten: Mi bis
Frauen) bzw. http://testyourself.psychtests.com/testid/2436 (Version für Männer)
So 14–18.00, www.muvs.org
Juli August 2010 an.schläge l 27
frauenbericht
Fakten zertrümmern Mythen
Der österreichische Frauenbericht ist eine Fundgrube an Fakten
und Zahlen – allesamt geeignet, diverse Scheinargumente gegen
Frauenförderung zu demaskieren. Mythos: Frauen sind eh schon
gleichberechtigt. Fakt ist: Sie sind es nicht!
Von Gabi Horak
Frauen noch schwerer, Vollzeitjob und
Familie zu vereinbaren.
Foto: Jeffrey Dismer
Frauenbericht 2010. Bericht
betreffend die Situation
von Frauen in Österreich
im Zeitraum von 1998 bis
2008. Hg. Von Bundesministerium für Frauen. Bestellung: broschuerenversand@
bka.gv.at
28 l an.schläge Juli August 2010
Mythos: Frauen arbeiten nur Teilzeit,
weil sie das so wollen.
Fakt ist: Rund vierzig Prozent der
Frauen in Teilzeit geben an, dass dies
aufgrund von Betreuungspflichten
notwendig sei. Fast zehn Prozent aller
erwerbstätigen Frauen wünschen sich
längere Arbeitszeiten. Bei den Männern wünschen sich das nur knapp drei
Prozent, wobei über siebzig Prozent
ohnehin schon vollzeitbeschäftigt sind.
Außerdem findet jede fünfte Frau, dass
ihre Tätigkeit nicht ihrer Qualifikation
entspricht.
Mit einer Teilzeitquote von 41,5
Prozent liegen Frauen in Österreich
deutlich über dem EU-Durchschnitt von
31 Prozent. In den vergangenen zehn
Jahren ist die Vollzeiterwerbstätigkeit
bei Frauen zurückgegangen, dafür hat
Teilzeitarbeit massiv zugenommen.
Gesetzliche Neuerungen haben das Problem verschärft: Nach der Novelle des
Arbeitszeitgesetzes 2007 – wonach die
tägliche/wöchentliche Arbeitszeit weiter
ausgedehnt werden kann – wurde es für
Mythos: Frauen verdienen nur deshalb
weniger, weil sie öfter Teilzeit arbeiten.
Fakt ist: Selbst wenn das Lohngefälle
um Effekte wie geringere Beschäftigung, Segregation, Alter und Ausbildung
bereinigt wird, verdienen Frauen immer
noch um 18 Prozent weniger – ohne ersichtlichen Grund. Auch vollzeiterwerbstätige Frauen verdienen nur 78 Prozent
des Einkommens der Männer.
Insgesamt (nach EU-Berechnung) liegt
der Bruttostundenverdienst von Frauen
sogar 25 Prozent unter dem der Männer. Der EU-Durchschnitt: 18 Prozent.
Die Gründe: Branchen mit niedrigem
Einkommen haben einen besonders
hohen Frauenanteil, aber auch innerhalb
der Branchen und Berufe verdienen
Frauen deutlich weniger als ihre Kollegen, besonders Arbeiterinnen. Zwar sind
Frauen immer besser gebildet, allerdings ändert das nichts an der Einkommensdiskriminierung – bei Berufseinsteigerinnen hat diese seit 1995 sogar
noch weiter zugenommen.
Mythos: Frauen sind deshalb nicht in
Führungspositionen, weil sie schlechter ausgebildet sind.
Fakt ist: Frauen sind mittlerweile besser
ausgebildet als Männer. Berufliche
Weiterbildung müssen sie im Gegensatz
zu Kollegen jedoch öfter in der Freizeit
absolvieren – trotzdem tun sie es häufiger als Männer. Nicht zuletzt führt die
hohe Teilzeitrate bei Frauen dazu, dass
sie die Karriereleiter nicht hinaufkommen. Insgesamt benötigen Frauen ein
besseres Bildungsniveau, um bestimmte
Positionen zu erreichen, die von Männern auch mit geringerer Qualifizierung
eingenommen werden.
Noch immer herrscht sowohl bei der
Ausbildung als auch am Arbeitsmarkt
eine starke Segregation: Frauen studieren kaum Technik, wählen traditionelle
Lehrberufe (die Hälfte aller weiblichen
Lehrlinge sind im kaufmännischen
Bereich), arbeiten im Gesundheits-,
Sozial-, Dienstleistungsbereich oder
als Lehrerinnen. Viele dieser Frauenberufe haben eines gemeinsam: Sie
sind schlecht bezahlt und bieten kaum
Aufstiegschancen.
Mythos: Frauen wollen keine Kinder
mehr, weil sie lieber Karriere machen.
Fakt ist: Junge Frauen wünschen sich
mehr Kinder; wenn sie älter werden, zeigt sich aber, dass das nicht zu
realisieren ist. Eine Frau in Österreich
bekommt durchschnittlich 1,4 Kinder.
Rund zwanzig Prozent der Frauen bleibt
kinderlos.
Auch bei den Männern steigt die
Wunschkinderzahl mit dem Alter übrigens an. Derzeit gehen vier Prozent der
Männer in Elternkarenz.
Die Geburt eines Kindes stellt für
Frauen nach wie vor einen nachhaltigen Ein- oder sogar Rückschritt in der
Erwerbskarriere dar. Der Wiedereinstieg ist schwierig: Über ein Drittel der
vor dem Kind erwerbstätigen Frauen
ist selbst 32 Monate nach der Geburt
ohne Beschäftigung. Kehren Frauen
zurück zur Arbeit, reduzieren sie meist
die Stunden auf Teilzeit. Bei Vätern ist
es eher umgekehrt: Sie arbeiten sogar
mehr. Der Vergleich von Frauen mit
und ohne Kinder zeigt: Die Erwerbsquote kinderloser Frauen ist in den
letzten Jahren auf hohem Niveau stetig
gestiegen.
Mythos: Frauen mit Kindern sind
heim
spiel
leben mit kindern
durch Sozialleistungen sehr gut
versorgt, immerhin gibt der Staat viel
Geld dafür aus.
Fakt ist: Alleinerzieherinnen und Haushalte mit vielen Kindern zählen zu den am
stärksten armutsgefährdeten Gruppen.
Der Lebensstandard von Frauen ist oft
von der Höhe der Einkünfte des Partners
abhängig. Allein lebende Frauen haben
einen um 17 Prozent geringeren Lebensstandard als allein lebende Männer.
In den letzten zehn Jahren ging die
Zahl der Bezieherinnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe um ein
Viertel zurück. Vor allem die Notstandshilfe wird schnell gestrichen, weil
das Einkommen des Partners, das bei
der Berechnung berücksichtigt wird,
zu hoch ist. Die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld wurden in
den letzten zwanzig Jahren sukzessive
verschärft, was das ohnehin bereits
niedrige Leistungsniveau für Frauen mit
Kindern weiter reduzierte. Ein Viertel
der alleinlebenden Frauen ist armuts-
eigenständigen Absicherung. 2008
betrug die neu zuerkannte Eigenpension für Frauen durchschnittlich 802
Euro.
Mythos: Wir haben keinen Pflegenotstand.
Fakt ist: Für viele Frauen herrscht
Notstand, denn sie müssen ihre PartnerInnen und Eltern pflegen – neben
oder statt Job, Karriere und Freizeit.
Und angesichts der demografischen
Alterung wird sich die Situation noch
massiv verschärfen: Bis 2030 werden
um zwei Drittel mehr Männer Pflegegeld beantragen und um zwei Fünftel
mehr Frauen.
Fast achtzig Prozent der pflegenden
Angehörigen sind Frauen. Knapp ein
Drittel ist nebenher erwerbstätig, die
Hälfte der pflegenden Angehörigen hat
aber kein Einkommen oder eines unter
700 Euro netto. Zwanzig Prozent der
pflegenden Angehörigen haben keine
Pensionsversicherung.
Der tatsächliche Unterschied im Pensionszugangsalter ist nur gering. Frauen können sich
eine frühere Pensionierung nämlich schlichtweg nicht leisten.
gefährdet, ebenso ein Drittel der allein
lebenden Pensionistinnen.
Mythos: Frauen dürfen fünf Jahre
früher in Pension gehen als Männer
und das ist nicht fair.
Fakt ist: Der tatsächliche Unterschied
im Pensionszugangsalter ist nur gering. Frauen können sich eine frühere
Pensionierung nämlich schlichtweg
nicht leisten. Und außer der Anerkennung der Kindererziehungszeiten
wurden bisher auch kaum weitere
Schritte für den Ausbau der eigenständigen Alterssicherung gesetzt. Zudem
ist die letzte Phase der Erwerbsarbeit
vielfach geprägt durch die Betreuung
von pflegebedürftigen Angehörigen bei
gleichzeitiger finanzieller Abhängigkeit vom Ehepartner. Ist das fair?
Pensionistinnen müssen mit rund 57
Prozent des Einkommens von Pensionisten auskommen – ein Resultat des
niedrigeren Einkommens, der Berufsunterbrechungen und der fehlenden
Mythos: Wir brauchen keine Zuwanderung, MigrantInnen nehmen uns
nur Arbeitsplätze weg.
Fakt ist: Frauen migrantischer Herkunft sind in geringerem Maße
erwerbstätig als im Inland geborene
Frauen, sie sind deutlich öfter arbeitslos, verdienen nur rund zwei Drittel des
Durchschnittseinkommens von Österreicherinnen und sind mehr als doppelt so
oft armutsgefährdet.
Die Zahl der Frauen in Österreich
konnte zuletzt nur durch Zuwanderung
wachsen. 2009 waren 17 Prozent der
weiblichen Bevölkerung ausländischer
Herkunft. Sie bekamen deutlich mehr
Kinder als Mehrheitsösterreicherinnen.
Migrantinnen sind öfter Arbeiterinnen
als Österreicherinnen und öfter in atypischen Arbeitsverhältnissen beschäftigt.
Sie verdienen nur 68 Prozent des Bruttojahreseinkommens der in Österreich
geborenen Frauen. l
3 Tage
reichen
9 bis
12:3
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10 bis
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Alice Ludvig
Frankreich!
Mein Sohn geht seit Ende Februar in eine – private – Krippe,
deren Namen ich hier verschweige. Sie liegt am Rande des achten Bezirks. Tatsache ist, dass er damals noch nicht ganz sechs
Monate alt war. Als Alleinerzieherin ohne Alimentebezug habe
ich ihn, sobald ich nach seiner Geburt dazu fähig war, gleich
für einen städtischen Krippenplatz angemeldet. Ich dachte: In
Frankreich geht das ja auch! Dort waren 2006 achtzig Prozent
der Frauen zwischen zwanzig und 45 Jahren erwerbstätig. Von
welcher Qualität diese Jobs sind und wie viele Teilzeitjobs sich
dahinter verbergen, steht – wie so oft – nicht in der Statistik.
Gleichzeitig besuchten im besagten Jahr alle 2,6 Millionen Kinder zwischen drei und sechs Jahren die sogenannten Vorschulen
(école maternelles). Deren Besuch ist wohlgemerkt freiwillig.
In Wien erhalte ich hingegen weiterhin Absagen von der städtischen zuständigen Behörde: „Leider kein Platz frei.”
Nur durch einen Zufall und viel Beharrlichkeit wurde er in besagter – privater – Krippe aufgenommen. Als jüngstes Mitglied
macht er sich ganz gut dort. Zurzeit bleibt er werktags von zehn
Uhr am Vormittag bis zwei Uhr am Nachmittag da. Nicht lange,
wie einige wohl sagen würden.
Nun sind durch einen weiteren Zufall mehrere Plätze in einer
anderen, privaten und von mir sehr favorisierten Krippe frei
geworden. Beim Infoabend stellte sich heraus, dass dort die
Kleinen ab zwölf Monaten von neun bis halb eins betreut werden
würden. Zwei der fünf anwesenden Mütter (ein einziger Vater
war als Begleitung gekommen) fragten, ob ihr Kind auch an nur
drei Tagen in der Woche hingehen könnte.
Ich war baff – mir waren diese Zeiten eindeutig zu kurz und unflexibel. Doch ich wagte weder das anzusprechen, noch versuchte
ich mir aktiv vorzustellen, dass es in Frankreich sogar Krippen
gibt, die auch nachts geöffnet haben. Dort schlafen die Kinder
dann. Warum ist so etwas zwei Länder weiter noch nicht einmal
andenkbar?
Alice Ludvig ist Alleinerzieherin und lebt in Wien.
Juli August 2010 an.schläge l 29
männlichkeiten
Kriechend zum Mann werden
Pınar Selek befasst sich in ihrem Buch
„Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt” mit der
Institution des Militärs und ihrer (Re-)Produktion
von männlichen Identitäten in der Türkei.
Verena Stern traf die Soziologin zum Interview.
Pınar Selek, 1971 in Istanbul geboren,
ist Soziologin und eine der führenden
feministischen Friedensaktivistinnen der
Türkei. 1998 wurde ihr vorgeworfen, im
Auftrag der PKK eine Bombe auf einem
Istanbuler Markt gezündet zu haben. Sie
verbrachte zunächst zweieinhalb Jahre im
Gefängnis und ging – obwohl sie inzwischen freigesprochen wurde – vor Kurzem
ins Exil nach Deutschland, da sie in der
Türkei noch immer nicht sicher leben kann.
Mitte Mai war Pınar Selek auf Einladung des VIDC (Wiener Institut für
internationalen Dialog und Zusammenarbeit) und der Forschungsgruppe IN:EX
vom Institut für Politikwissenschaft in
Wien, um in einem Workshop ihre Studie
„Zum Mann gehätschelt. Zum Mann
gedrillt” zu diskutieren. Dafür hatte sie
mit ihrer Forschungsgruppe 58 Interviews mit Männern über deren Erlebnisse während des Militärdienstes geführt.
an.schläge: Als Feministin haben Sie
Männer in den Fokus genommen und
einen Abschnitt in deren Leben analysiert. Warum?
Pınar Selek: Weil ich Feministin bin!
(lacht) Eine wichtige Fragestellung
des Feminismus ist, wie Geschlechterverhältnisse (re-)produziert werden,
insbesondere um zu verstehen, wie das
Patriarchat funktioniert. Gesellschaftliche Gewalt beruht stark auf Sexismus.
Ich wollte wissen, wie dessen Akteure
funktionieren. Allerdings nicht nur auf
einer erklärenden Ebene, sondern auch
im Sinne einer Dekonstruktionsarbeit.
Existiert eine Kritische Männlichkeitsforschung in der Türkei?
Diese hat sich gerade erst entwickelt.
Vor der Publikation meines Buches
gab es dazu keine Veröffentlichungen,
danach kamen ein bis zwei dazu. In der
letzten Zeit findet immer mehr Forschung an den Universitäten zum Thema
Männlichkeit statt, und auch in der
30 l an.schläge Juli August 2010
Foto: VIDC
feministischen Forschung der letzten
Jahre wurde die Frage der Männlichkeit
immer präsenter. Vor einem Jahr wurde
die Gruppe „Wir sind keine Männer”
gegründet. Diese hat sich zu einer
populären Bewegung von hetero- und
homosexuellen Männern entwickelt,
die sich als Oppositionelle sehen und
unter anderem Kritik am Militär üben.
AMARGI und andere feministische
Gruppen unterstützen diese Bewegung
und zeigen sich solidarisch.
Wie wurde Ihr Buch in der Türkei
rezipiert?
Ungleiche Geschlechterverhältnisse
wurden immer als Problem der Frauen
betrachtet. Dadurch, dass ich in der
Öffentlichkeit Männlichkeit zum Thema
gemacht habe, wurde dies auch von Gewerkschaften und politischen Parteien
aufgegriffen. Das Buch ist in der Türkei
seit eineinhalb Jahren am Markt und
erscheint mittlerweile in der vierten
Auflage. Es wurde breit rezensiert und
hat auch einen Preis gewonnen. Nach
dem Erscheinen des Buches war ich
jedoch nur noch sechs Monate in der
Türkei, danach musste ich alles aus der
Entfernung beobachten und konnte auch
an der Diskussion nicht teilhaben.
Warum war Ihnen die deutschsprachige Ausgabe ein Anliegen?
Im Vorwort der deutschsprachigen
Ausgabe sage ich, dass ich hiermit eine
Einzelheit erzähle, die Teil des Großen
ist, die es möglich macht, auch über
das große Gesamte etwas zu sagen.
Die Erfahrungen von anderen zu hören,
impliziert auch die Funktion eines Spiegels. In Deutschland sind es oft feinere,
aber in die Tiefe gehende Mechanismen
von Männlichkeit, wie zum Beispiel
gesellschaftliche Anerkennung über
beruflichen Erfolg zu erhalten. Auch das
erfüllt eine Funktion, nicht unbedingt
wie beim Militär, aber das zu analysieren, kann eine Aufgabe für Feministinnen hier darstellen.
männlichkeiten
Welche Unterschiede bzw. Parallelen
können Sie in den feministischen
Bewegungen Deutschlands und der
Türkei ausmachen?
Überall gibt es mehrere feministische
Bewegungen, die nicht homogenisiert
werden können, was mir jedoch auffiel,
ist, dass diese in Deutschland eher
institutionalisiert sind und nicht unbedingt im Dialog miteinander stehen. In
der Türkei wird mehr auf der Straße
gearbeitet. Zudem haben theoretischradikalere Zeitschriften – also nicht die
„Emma”, sondern theoretisch fundierte
– in Deutschland weniger Breitenwirkung. In der Türkei scheint der Link
zwischen Akademia und politischer
Bewegung besser zu gelingen. Wir
geben beispielsweise die feministische
Zeitschrift „AMARGI” heraus, die sich
mit theoretischen Fragen des Feminismus beschäftigt. Davon verkaufen
wir 3.000 Stück pro Ausgabe, was
darauf hindeutet, dass wir damit auch
Menschen außerhalb der Universitäten
erreichen.
Wie waren die Erfahrungen mit den
Männern, die Sie für Ihr Buch interviewten?
Wir haben bereits in der Forschungsphase unsere Zielsetzung offen dargestellt. Einige gaben ihre Antworten gerne für das Archiv und die Analyse her,
wollten mit ihren Erzählungen im Buch
jedoch nicht vorkommen, andere wollten
ein Pseudonym. Daran haben wir uns
gehalten. Dennoch sagt diese Angst sehr
viel aus: Die Männer machen wichtige
Erfahrungen, doch wenn es darum geht,
diese öffentlich zu erzählen, machen sie
einen Schritt zurück. Das hatte ich nicht
erwartet.
Wir haben als Team gearbeitet, aber
die meisten Interviews wurden von den
Männern unserer Forschungsgruppe
gemacht. Insbesondere ältere oder aus
konservativeren Strukturen stammende
Männer hatten Probleme, ihre Erfahrungen einer Frau zu erzählen.
Brauchen Männer einen eigenen
Raum, über diese Dinge sprechen zu
können?
Es gibt in der Türkei viele Räume nur
für Männer, doch dort sprechen sie nicht
einfach über eigene Probleme. Es ist
der Raum der Macht und Repräsentation, der Solidarität unter Männern.
Dort werden viele Militär-Geschichten
erzählt, jedoch keine wie im Buch. Sie
werden eher als Anekdoten und Witze
verpackt. Wenn sich die Gruppe „Wir
sind keine Männer” institutionalisieren
sollte, kommt es vielleicht zu einem
Raum, der tatsächlich ein Forum dafür
bietet.
Welche Rolle spielt die Figur der Mutter bei Männlichkeitskonstruktion?
In traditionellen Familien, und das betone ich, definiert sich die Identität der
Mütter sehr stark über den Sohn. Daher
wird an Traditionen festgehalten, und
sie gibt ihr Bestes, um diese, also ihre
Identität zu stärken.
In der Türkei wird eine oft biologistisch
argumentierte Unterscheidung zwischen
Männern und Frauen akzeptiert. Ein
Beispiel ist die Erfahrung des Mutter-
darüber. Vielmehr gibt es reaktionäre
Reaktionen. Dadurch, dass keine Kultur
der Reflexion existiert, findet wenig
Auseinandersetzung damit statt. Das
Militär beispielsweise ist ein wichtiges,
verdichtetes Laboratorium, in dem
Männlichkeit reproduziert wird. Es ist
eine der mächtigsten Institutionen der
Türkei, jeder muss hin. Daran lässt sich
viel über eine Gesellschaft ablesen.
Wie steht es um den Militärdienst in
der Türkei?
Es gibt einige Männer, die den Militärdienst aufschieben, und ebenso viele,
die ihn als Pflicht sehen, um danach
reisen und ins Ausland zu dürfen oder
arbeiten zu können. In der Öffentlichkeit herrscht eine große Akzeptanz
gegenüber dieser Verpflichtung und
insofern eine positive Bezugnahme zum
„Das Militär ist ein wichtiges, verdichtetes
Laboratorium, in dem Männlichkeit reproduziert wird.“
seins. Auch Zeitschriften sprechen von
den besonderen Stärken der Frauen.
Die Wissenschaft geht oft von Differenz
aus. Doch Differenz ist meiner Meinung
nach kein Grund, Männer und Frauen
nicht gleich zu behandeln, und wir
wissen selbstverständlich, dass es auch
nicht nur zwei Geschlechter gibt. Ich bin
gegen eine Angst vor dem Thema der
Differenz, obwohl es natürlich darauf
ankommt, wie Differenz thematisiert
wird.
Die Rolle des Vaters ist oft die Rolle
eines Über-Vaters, der immer korrekt
ist. Der Sohn sollte sich ebenso verhalten. Was, wenn der Vater nicht der
Imago entspricht? Ändert das etwas
in der Erzählung der Söhne?
Die Figur des Vaters ist eine Fiktion.
Zwischen den Generationen werden
unterschiedliche Männer- und Vaterfiguren konstruiert. Dadurch kommt es
zu Widersprüchen: Es entwickelt sich
etwa Neues, das Alte ist aber immer
noch präsent. Einige leiden darunter
und leben genauso widersprüchlich.
Andere lehnen die Figur des Vaters
ab. Dennoch, im Vergleich zu Frauen
stellen Männer ihre Identität kaum
infrage, es gibt keine Diskussionen
Militärdienst. In der Wahrnehmung der
Gesellschaft ist es eine „verpflichtende
Stufe der Männlichkeit”.
Wie wird dann mit Militärdienstverweigerern umgegangen?
Eine Deserteursbewegung gibt es seit
den letzten zwanzig Jahren. Desertieren ist in der Türkei sehr schwierig.
Man lebt in lebenslanger Unsicherheit,
dazu kommt die permanente Gefahr der
Gefängnisstrafe. Dennoch gibt es Hunderte, die sich politisch artikulieren und
den Militärdienst auch aus politischen
Gründen ablehnen. Sie kommen deshalb
immer wieder ins Gefängnis. Dann gibt
es politische Kampagnen für diese Leute und sie kommen wieder raus – doch
die permanente Unsicherheit und eine
ungewisse Zukunft bleiben. l
Verena Stern ist Politikwissenschaftlerin
in Wien.
Links:
www.pinarselek.com
Link zur Petition des
deutschen P.E.N-Zentrums
für die Rehabilitierung
von Pınar Selek: www.
ps-signup.de
www.vidc.org
http://inex.univie.ac.at
Literatur:
Pınar Selek: Zum Mann
gehätschelt. Zum Mann gedrillt. Männliche Identitäten
(Türkisches Original: „Sürüne Sürüne Erkek Olmak”
– „Kriechend zum Mann
werden”; Übersetzerin:
Constanze Letsch), Orlando
Frauenverlag, 2010
Juli August 2010 an.schläge l 31
an.riss kultur
te der Golden Girls zurück. Über ihre Figur Blanche sagte McClanahan
in einem Interview, sie sei „verliebt in das Leben und liebe die Männer”.
Ähnlich schien sie es selbst auch im Privaten zu halten: Mindestens
fünfmal war sie laut eigenen Angaben verheiratet, ihre Brustkrebserkrankung in den 1990ern bekämpfte sie erfolgreich. Ähnlich wie ihre
Kollegin Beatrice Arthur engagierte sich McClanahan für den Tierschutz,
hielt daneben Vorträge zur Aufklärung über HIV und Krebs. Das Alter, so
schien es, war für Rue McClanahan keine furchteinflößende Sache: „Die
Wahrheit ist, dass das Kind in uns, unsere Jugend und die junge Frau, die
wir waren, in uns weiterlebt.” Sie starb im Kreise ihrer Familie. han
http://diestandard.at
interventionen
Kunst gegen Rechts
Heldi Pema, o.T., Wien 2010 © Heldi Pema
ausstellung
Kunst aus Osteuropa
Drei KünstlerInnen aus (Süd-)Ost-Europa und der Türkei stellen noch
bis Ende Juli ihre Werke in der Galerie ArtPoint aus. Unter dem Titel
„Herrscher, Krieger und Maskierte” sind Bilder und Installationen von
˘
Tea Hatadi aus Kroatien, Heldi Pema aus Albanien und Ardan Özmenoglu
aus der Türkei zu sehen. Sie beschäftigen sich mit Krieg, Aggression
und Angst, stellen Fragen nach Herkunft und Identität. Die KünstlerInnen selbst sind im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms von
KulturKontakt Austria in Wien, das sich an bildende KünstlerInnen und
FotografInnen aus Ost-, Südosteuropa und der Türkei wendet und seit
1992 ausgeschrieben wird. Seit Beginn des Programms haben sich mehr
als 5.500 KünstlerInnen beworben, mehr als 220 nahmen bisher teil. han
Herrscher, Krieger und Maskierte, bis 30.7., Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universitätsstraße 5, Mo–Fr 14–18.00, Eintritt frei, www.kulturkontakt.or.at/air
nachruf
Rue McClanahan (1934–2010)
Sie war der Vamp und das jüngste Mitglied in der Vierer-WG der „Goldenen Mädchen”: Nach Beatrice „Dorothy” Arthur im Jahr 2009 und
deren Serienmutter Estelle „Sophie” Getty 2008 verstarb vor wenigen
Wochen auch „Blanche Devereaux” alias Rue McClanahan 76-jährig an
einem Schlaganfall. Sie lässt die 88-jährige Betty „Rose” White als letz32 l an.schläge Juli August 2010
Nicht stürzen, sondern neigen, lautet das Ergebnis der Ausschreibung
zur Umgestaltung des Wiener Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen
Antisemitismus und Rassismus, die letzten Herbst von Studierenden
der Universität für Angewandte Kunst und dem Künstler Martin Krenn
gestartet wurde. Aus 220 internationalen Einsendungen wurde nun der
Entwurf von Klemens Wihlidal ausgewählt. Er sieht vor, dass die Statue
des antisemitischen Wiener Bürgermeisters der Jahrhundertwende, Karl
Lueger, und ein Teil des Sockels um 3,5 Grad nach rechts geneigt werden.
Die InitiatorInnen fordern nun von der Stadt Wien die Umsetzung.
Anlässlich der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Wien gibt es von
der „Galerie vor Ort” eine Ausschreibung, bei der es um „10 KünstlerInnen und das blaue Wunder” geht, das der Bundeshauptstadt am
10. Oktober, dem Wahltag, blühen könnte. Die Galeristinnen Michaela
Göltl, Eva Müller, Ulli Klepalski und Barbara Pipan wünschen sich künstlerische Stellungnahmen, die „der Blauäugigkeit vorbeugen”. Bis 20. Juli
können Konzepte oder Dokumentationen fertiger Arbeiten in allen Techniken per E-Mail an [email protected] geschickt werden. Die zehn
ausgewählten Arbeiten werden ab Anfang September ausgestellt. sylk
http://luegerplatz.com, www.galerievorort.at
todestag
Die Mumin-Mama
Am 27. Juni 2001 starb die finnlandschwedische Schriftstellerin, Malerin,
Comic-Autorin und Illustratorin Tove Jansson, die Mutter der Mumins.
Geboren in Helsinki wuchs sie in einer KünstlerInnenfamilie auf. Das Ferienhäuschen der Familie am Meer fand sich später in der Welt der Mumins
wieder – der Geschichte, mit der sie weltberühmt wurde. Mit 15 Jahren
beendete Jansson die Schule, studierte Malerei in Stockholm, Helsinki und
Paris. Später lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin, der Grafikerin Tuulikki
Pietilä, auf einer kleinen Insel im finnischen Meerbusen, die Winter verbrachten sie in Helsinki, wo Tove Jansson auch ihr Atelier hatte. Schon ab
1938 verdiente sie ihr Geld mit Karikaturen und Pressezeichnungen. Gerne
versteckte sie an den Rändern kleine Mumintrolle, der erste Mumin erblickte das Licht der Öffentlichkeit ausgerechnet auf einer Hitler-Karikatur.
Für ihre Mumin-Bücher erhielt Tove Jansson u.a. den Hans-Christian-Andersen-Preis. Später erhielt sie den von Kindern gewählten, internationalen
Preis „Kavalier des Lächelns”, den Internationalen Jugendbuchpreis, den
Nils-Holgersson-Preis und noch viele mehr. han
www.reprodukt.com, www.kulturhus-berlin.de
Der Mumin rechts oben ist aus: MUMINS 1 – Die gesammelten Comic-Strips von Tove
Jansson, Reprodukt 2009
kalender
Zweitausendelf mitgestalten
lebenslauf
auch feministinnen altern
Der Queerfeministische Kalender geht in die zweite Runde und freut sich
über Beiträge. Arbeitsthema für 2011 ist „Körper”. Als Ideenanstöße geben
die Macher_innen ein paar Schlagworte: Körpergefühl, Schönheitsideale
und -normen, Körperwahrnehmung und Identitätszuschreibungen sowie
Körperbewegung und Körper im Raum. Eingereicht werden können kurze
Erfahrungsberichte, theoretische Texte, Berichte von politischen Aktionen, Beschreibungen von Aktionsformen, Comix, Illustrationen, Bastelanleitungen und
fiese Tricks, sei es von einem Team oder einer Einzelperson – einfach bis 15.
Juli einschicken. Übrigens wird es auch wieder einen Vernetzungsteil geben:
Wer dort mit seinem_ihrem Projekt vertreten sein möchte, sei es Infoladen,
Ladyfest-Gruppe, autonome queere/feministische Gruppe, autonomes Frauenhaus, trans*aktivistische Gruppe, feministisches/queeres Uni-Referat, Projekt,
Performance-Gruppe und und und, schickt einfach seine_ihre Kontaktdaten
oder Projektbeschreibungen an die angegebene E-Mail-Adresse. han
Call für den Queerfeministischen Kalender 2011, Einsendeschluss 15.7.
[email protected], www.riot-skirts.de
auszeichnung
Ehrenzeichen für VALIE EXPORT
VALIE EXPORT erhielt Anfang Juni das Große Goldene Ehrenzeichen
für Verdienste um die Republik Österreich. Mit Körperaktionen wie dem
„Tapp- und Tastkino” oder der „Aktionshose Genitalpanik” wurde die
1940 in Linz als Waltraud Lehner geborene Künstlerin zu einer Pionierin
feministischer Performancekunst. Von „Frauenkunst” zu sprechen, sei heute
obsolet, erklärte EXPORT in einem Interview anlässlich ihres siebzigsten
Geburtstags, den sie vor Kurzem gefeiert hat: „Aber man muss darauf
hinweisen, dass Frauen Kunst machen – nicht darauf, dass es männliche
oder weibliche Kunst ist.” Kulturministerin Claudia Schmied lobte bei der
Verleihung der Auszeichnung EXPORTS „künstlerische Auseinandersetzung mit Frauenbildern in Kunst und Gesellschaft”. Von Mitte bis Ende August wird die Film- und Medienkünstlerin bei der bereits zum dritten Mal
stattfindenden Sommerakademie Traunkirchen einen Workshop zum Thema
„Serielle Fotografie” leiten, Anmeldungen sind ab sofort möglich. les
Infos u. Anmeldung: www.sommerakademie-traunkirchen.com; http://diestandard.at,
http://derstandard.at
archiv/bibliothek
Kultur andersrum
QWien hieß früher Ecce Homo und wollte schwule und lesbische Kultur nach
Wien holen. Weil diese aber mittlerweile in der Mainstream-Kultur angekommen ist, wurden Name und Zielsetzung geändert: QWien ist jetzt Zentrum für
schwule/lesbische Kultur und Geschichte. QWien Kultur veranstaltet KulturEvents – sozusagen „Wien andersrum” das ganze Jahr über. QWien Guide bietet Führungen durch das schwule/lesbische Wien. Im QWien Archiv wiederum
findet sich das größte schwulen- (und lesben-)spezifische Archiv Österreichs
(das Lesbenarchiv „Stichwort” ist noch größer, jedoch nur für Frauen zugänglich). Die Bibliothek des QWien umfasst mehr als tausend Bände zum Thema
Homosexualität. Und auf der Homepage schließlich präsentiert QWien Tipp
Neues vom Wiener Theater, Kino und dem schwulen/lesbischen Buchmarkt.
Ende Juni eröffnen Archiv und Bibliothek offiziell – bis dahin lohnt sich auf
jeden Fall ein Besuch der Homepage oder einer der Führungen. han
www.qwien.at
Christiane Erharter
Coming of Age
Zu meinem vorletzten Lebensabschnittspartner meinte ich, dass ich nur
noch mit Frauen eine Beziehung haben werde, wenn es mit ihm vorbei
ist. Verliebt habe ich mich danach doch in einen um acht Jahre jüngeren Norweger. Noch während ich mit ihm zusammen war, hatte ich im
Sommer 2007 eine kurze, jedoch heftige, Identitätskrise. Bei der Präsentation des Buches „Drag Kings” im Fluc stellte sich mir plötzlich und
scheinbar grundlos – wo ich doch Drag Kings kannte und mir auch schon
mal selbst Bärte angeklebt hatte – die Frage, ob ich nicht eigentlich lesbisch bin, obwohl ich noch nie mit einer Frau zusammen gewesen war?
Je länger ich darüber nachdachte, desto überzeugter war ich: Ich mag
die Gegenwart von Frauen lieber als die von Männern, mein Freundinnenkreis besteht mehrheitlich aus Lesben, Schwulen und Feministinnen.
In Oslo hab ich zwei Jahre in einer queeren WG gelebt und mich ein
bisschen in meine französische Mitbewohnerin verliebt, oder besser:
für sie geschwärmt. Ich wurde immer wieder für lesbisch gehalten, mir
wurde sogar ein Liebesverhältnis mit meiner Chefin angedichtet. Aber
warum kam mir selbst der Gedanke erst jetzt: Hatte ich eine verspätete
Identitätskrise, die meine lesbischen Freundinnen bereits zwischen 15
und 25 hinter sich gebracht hatten?
Ich begann mein Coming-out zu planen, wie und was ich meinen Eltern,
meinem Bruder, vielleicht auch der gesamten Verwandtschaft – und vor
allem meinem Boyfriend sagen würde. Das kam mir dann mit meinen
33 Jahren doch etwas übertrieben und dramatisch vor. Was war nur los
mit mir? Eine meiner Freundinnen beruhigte mich und meinte, dass ich
vorerst nichts überstürzen und vor allem mit dem familiären Coming-out
noch warten sollte. Ob ich lesbisch bin, würde ich nämlich dann merken,
wenn ich mich in eine Frau verliebe. Und das war nicht der Fall. Noch
nicht. Das sollte sich erst im Sommer darauf ergeben und dauert nun
bereits zwei Jahre an. Alles war aufregend neu und vertraut zugleich
und fühlte sich an, als ob es immer schon so hätte sein sollen. Niemand
war wirklich überrascht, und es gab keinen Zweifel mehr.
Christiane Erharter, geb. 1974, arbeitet als Kuratorin im Programm Kultur
der ERSTE Stiftung in Wien. Sie ist Teil des DJ-Kollektivs Quote und interessiert sich für Pop- und Subkultur, Frauen in Musik und Kunst.
Juli August 2010 an.schläge l 33
spielfilm
Die Farben der Freiheit
Rauschend,
bauschend, fließend
und fliegend –
Shirin Neshat
installiert in ihrem
ersten Kinofilm
„Women without
Men” surreale
Momente der
Unabhängigkeit.
Von Katharina
Ludwig
Munis (Shabnam Tolouei) beteiligt sich an einer Demonstration, Foto: NFP marketing & distribution*
Vom Bild zu Video zu Spielfilm: Die
visuelle Künstlerin Shirin Neshat
erweitert konsequent ihre Ausdrucksmittel. International bekannt wurde sie
durch ihre Schwarz-Weiß-Fotografien
von Frauen im Iran. Nun präsentiert
sie ihre erste Kinoarbeit: „Women
without Men” erzählt von vier Frauen,
die 1953 in Teheran Schritte der Freiheit setzen. Die Geschichten basieren
auf dem gleichnamigen Roman (im
Original „Zanan bedun-e mardan”) von
Shahrnush Parsipur, die Neshat zuvor
bereits als Teile einer Videoinstallation
verarbeitete.
Der historische Rahmen: Der demokratisch gewählte Premier Mohammad
Mossadegh will Anfang der 1950erJahre eine selbstbestimmte Position des
Iran stärken. Er verstaatlicht die Ölvorkommen, die bis dahin mehrheitlich in
britischem Besitz waren. Großbritannien reagiert mit einer Seeblockade
iranischer Öltanker im Persischen Golf.
Die ökonomische Lage im stark von
Ölexporten abhängigen Land verschärft
sich, der internationale Druck wächst
und auch die inneriranische Auseinandersetzung zwischen BefürworterInnen
und GegnerInnen Mossadeghs spitzt
sich zu. Im Jahr 1953 kommt es in der
„Operation Ajax” zum Putsch gegen den
Premier, unter massiver Unterstützung
des US-Geheimdienstes CIA und der
britischen MI6.
Das Militär und der Garten. In diesen
Tagen hängt die junge Frau Munis
(Shabnam Tolouei) permanent am Radio.
Sie will Nachrichten hören, wissen,
was geschieht, und für ihre Ansichten
34 l an.schläge Juli August 2010
kämpfen. Ihr Bruder hingegen hat nur
eines im Kopf: ihre ausstehende Heirat.
Erst nach einem Sprung vom Dach und
einem vorgetäuschten Begräbnis kann
Munis politisch aktiv werden und schließt
sich einer Widerstandsgruppe und den
Demonstrationen für Mossadegh an. Auf
diese politisch persönliche und magische
Weise verknüpfen sich in „Women without Men” die Emanzipationsbemühungen
von mehreren Frauen: Der Künstlerin
Fakhri (Arita Shahrzad) schnürt die
Missachtung ihrer Person und ihrer
Kunst durch ihren Ehemann die Luft zum
Atmen ab. Sie trennt sich und schafft sich
in einem außerhalb der Stadt gelegenen
Obstgarten ein Exil, wo sie ihr Verhältnis
zu sich und anderen neu definiert. Auch
die strenggläubige Faezeh (Pegah Ferydoni) und die Prostituierte Zarin (Orsi
Tóth) finden hier einige Momente lang
Zuflucht und surreale Freiheit. Doch auch
vor den Toren dieses Gartens bleibt das
Militär nicht lange stehen.
Die 1957 im Iran geborene Shirin
Neshat ging selbst als Teenager zum
Kunst-Studium in die USA. Die iranische
Revolution und die Machtübernahme
Ayatollah Khomeinis im Jahr 1979
veranlassten sie, dort zu bleiben. Auch
die Autorin des Originalromans, Sharnush Parsipur, lebt im US-Exil. Diesen
beiden Biografien folgend, opponieren
die Bilder in „Women without Men” auf
doppelte Weise: dem iranischen Staat,
der den antiklerikalen Widerstand in der
Vergangenheit und in der Gegenwart
unsichtbar macht, und der US-amerikanischen Antiterror-Politik, die das Land
unter dem aktuellen Regime als eine
einzige soziale Einheit zusammenfasst.
Malen und Übermalen. Neshats Filmsprache ist geprägt vom magischen Realismus, und so wird die Gewichtung von
symbolträchtigem Materiellem („Ausstattung”) gegenüber der Dramaturgie
spürbar. Die Geschichte hängt gewissermaßen in den Figuren – in starken,
teils starr wirkenden Bildern (Kamera:
Martin Gschlacht): zwischen mystischen
Bäumen und in der Erde. In bauschigen
Petticoats und fließenden Tschadors.
Und an den Körpern selbst, die sich mal
schleppen, quälen, selbst verletzen, mal
fliegen und im Wasser treiben.
Die Frauenkörper bildeten auch schon
in der Fotoserie „Women of Allah”
den Austragungsort für die Erzählung.
Neshat stattete die Porträtserie von in
schwarzen Stoff gehüllten Frauen mit
kämpferischen Gegenständen aus und
übermalte sie mit Textstellen feministischer Dichterinnen in Farsi.
Ihr erster Spielfilm wurde nun selbst
von der aktuellen Geschichte überschrieben: Die Nachrichten von den
Wahlen im Iran 2009 und den massiven
Protesten fielen in die Zeit der FilmEndproduktion. Von der Uraufführung in
Venedig bis zu den Presseinterviews für
den Kinostart dominierte – auch bei der
Kleidung der Künstlerin – stets das Grün
der heutigen Opposition im Iran. l
„Women without Men” läuft bereits in
den deutschen und Schweizer Kinos;
Kinostart in Österreich ist im Herbst.
Katharina Ludwig lebt als freie
Journalistin in Berlin.
literatinnen
Der Augenöffner
an.schläge: Frau Klüger, Sie fragen
selbst in der Einleitung Ihres neuen Buches: Warum überhaupt eine
Zusammenstellung von Büchern von
Autorinnen?
Ruth Klüger: Es gibt noch immer
weitaus weniger Bücher von Frauen als
von Männern, und ich meine, sie werden auch nicht so oft oder so intensiv
besprochen. Außerdem war es interessant zu sehen, was sich ergibt, wenn
man Bücher von Frauen im Aggregat
liest. Ich bin ja der Ansicht, von einem
einzelnen Buch lässt sich überhaupt
nicht ablesen, ob es von einer Frau oder
von einem Mann ist. Aber wenn man
viele beieinander hat, dann zeichnet
sich doch etwas ab, das anders ist, aus
weiblicher und aus männlicher Sicht.
Deswegen lohnt es sich, so ein Buch
zusammenzufügen.
Was genau ist denn anders?
Es kommen mehr weibliche Hauptfiguren vor. Die Nebenfiguren sind nuancierter gezeichnet. Übrigens ist mir
bei einem der letzten Bücher, die ich
rezensiert habe, aufgefallen, dass die
Männer eigentlich besser wegkommen
als die Frauen. Aber der Grund ist, dass
die männlichen Charaktere einfacher
gestrickt sind, während die Frauen auch
in ihren üblen Eigenschaften genauer
gezeichnet sind. Es ist nicht einfach so,
In den letzten Jahren rezensierte Ruth Klüger regelmäßig Neuerscheinungen von
Autorinnen. Eine Auswahl
der Besprechungen wird nun
unter dem Titel „Was Frauen
schreiben” als Buch veröffentlicht. Ursula Knoll traf
die Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin zum
Gespräch über das Schreiben,
das Lesen und das Verstehen.
Ruth Klüger beim Interview im Café Prückel, Foto: Ursula Knoll
raturgeschichte versteht. Sie weisen
darin auf die Unterschiede in den
Schaffensbedingungen von schreibenden Frauen vom Mittelalter bis zum
Beginn des 20. Jahrhunderts hin und
bestehen darauf, diese nicht einfach
„Es ist nicht einfach so, dass Autorinnen feministisch daherschreiben und nichts als gütige
und hochintelligente Frauenfiguren kreieren.“
dass Autorinnen feministisch daherschreiben und nichts als gütige und
hochintelligente Frauenfiguren kreieren. Wenn sie gute Autorinnen sind,
kann eher das Gegenteil der Fall sein,
nämlich dass sie genau die Schwächen
ihrer Charaktere beschreiben. Dadurch,
dass mehr Frauen Belletristik schreiben, ergibt sich eine neue, ich will nicht
sagen Literatur, aber eine neue Facette
der Literatur.
Schon in Ihrem Buch „Frauen lesen
anders“ gab es einen Essay, der sich
als Entwurf einer alternativen Lite-
unter die hegemoniale männliche
Literaturproduktion zu subsumieren.
Ist das jetzige Buch die Fortsetzung
für die Gegenwart und über die
deutschsprachige Literatur hinaus?
Ja, man könnte das so sagen, aber
man muss aufpassen, dass man nicht
behauptet: Frauen schreiben anders.
Denn das führt uns leicht zurück zu
dem, was wir schon einmal gehabt haben, nämlich dass Frauen nicht so gut
schreiben. In eine Situation also, wo
das Andere das Minderwertige bedeutet, und die will ich natürlich überhaupt
nicht haben.
Der Titel lautet „Was Frauen schreiben“, und nicht „Wie Frauen schreiben“. Geht es also in erster Linie
nicht um eine womöglich geteilte
Ästhetik oder Poetik der Texte, sondern um das, was sie verhandeln?
Es ist eher so, dass ich mich verwahre
gegen Verallgemeinerungen, auch gegen
meine eigenen. Im Grunde mach ich
mir’s leicht – der Titel ist „Was Frauen
schreiben” und dann gibt es Dutzende
von Buchbesprechungen von Büchern
von Frauen, das kann nicht falsch sein.
Das ist, was Frauen schreiben, in den
letzten Jahren. Dann kann sich die
Leserin ihre eigene Meinung bilden,
was das eigentlich ist, was diese Frauen
geschrieben haben.
Das ist also die Lektüre-Aufgabe?
Ja. Denn es sind ganz verschiedene
Bücher.
An wen richtet sich Ihr Text?
An – ich wollte sagen leider – Frauen.
Natürlich bin ich glücklich, wenn Frauen
das lesen. Aber es fällt mir doch immer
wieder auf, dass Frauen die LeserinJuli August 2010 an.schläge l 35
literatinnen
nen meiner Bücher sind. Auch „weiter
leben” ist so bekannt geworden, weil
Frauen es gelesen haben.
Ich hab gerade eine Lesung gehabt in
der Alten Schmiede – „weiter leben” ist
ja ein Grundbuch der österreichischen
Literatur nach 1945 geworden, also
bitte, ich bin ein Grundbuch …
Ist es schlimm, ein Grundbuch der
österreichischen Literatur zu sein?
Nein, ich bin stolz darauf. Wer möchte
nicht ein Grundbuch sein?
Jedenfalls hab ich mich in der Alten
Schmiede umgeschaut und hab zum
Veranstalter gesagt: „Ich rechne, es
sind fünf Frauen für einen Mann da, und
der Mann ist wahrscheinlich die Begleitung.” Und er schaute mich verdattert
an und sagte: „So hab ich das überhaupt
noch nie gesehen.” Dann sah er sich um
und nickte und meinte: „Na sagen wir
ist und es mir lieber ist, wenn ich diese
Begriffe abwechselnd verwende. In so
einem Buch wäre „Leserinnen” natürlich angebrachter. Ich glaube, hier ging
es mir mehr darum, dass es keine richtige Leserschaft dafür gibt. „Leserschaft”
ist ein altmodisches Wort, oder soll
man’s doch noch verwenden? Das wäre
natürlich eine Möglichkeit, dass man für
beide Geschlechter „Leserschaft” sagt
und das wieder einführt. Aber das klingt
komisch, oder? Vielleicht sollte man es
doch verwenden, um beide reinzubringen. Also das ist die Antwort.
Was waren Ihre Motive für die
Textauswahl? Sind die Texte zu
Ihnen gekommen oder haben Sie sie
gesucht, sind es Texte, die Sie schon
lange begleiten?
Es sind immer Bücher, die ich empfehlen will. Also wenn ein Buch kommt und
„Das Lesen ist eine Fertigkeit wie das
Tennisspielen – man muss es üben. Und wenn
man’s nicht übt, dann wird’s schlecht.“
4:1.” Aber es war ganz deutlich. Es ist
immer so. Bücher von Frauen werden
grundsätzlich und vor allem von Frauen
gelesen. Aber Bücher von Männern werden auch mehr von Frauen gelesen, weil
Frauen mehr lesen. Männer sehen fern.
Tipps:
Bücher von Ruth Klüger:
Was Frauen schreiben.
Zsolnay 2010; Frauen lesen
anders. dtv 1996; weiter
leben. Wallstein 1992;
unterwegs verloren. Erinnerungen. Zsolnay 2008
Azar Nafisi: Lolita lesen in
Teheran. DVA 2005
Angela Steidele: Geschichte
einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens.
Suhrkamp/Insel 2010
36 l an.schläge Juli August 2010
Die einzelnen Rezensionen wechseln
zwischen Leserinnen und Lesern,
die darin angesprochen werden. Die
Besprechung einer Biografie über
Karoline von Günderrode schließen
Sie beispielsweise mit der Bemerkung
ab, dass das Werk Günderrodes heute
kaum „Leser“ findet. Ist das Schleißigkeit oder eine gezielte Adressierung?
Ich muss da ein bissl ausholen. Ich bin
absichtlich nicht konsequent. Teilweise wohl, weil ich aus dem Englischen
herkomme, wo, merkwürdigerweise ganz
anders als im Deutschen, die weibliche
Endung als verächtlich gilt und nicht verwendet wird. Also man kann gerade noch
„waitress” sagen. Aber absolut nicht zum
Beispiel „Negress”, das wäre rassistisch,
„Jewess” ist antisemitisch. Und im Deutschen ist es genau umgekehrt, da will
man Professorin genannt werden.
Aber ich schwanke zwischen den beiden, weil das andere ja so eingesessen
ich mag es nicht, dann leg ich es nach
fünfzig Seiten beiseite und sag, das geht
nicht.
Es geht also schon um die Lust am
Lesen?
Absolut ja. Ich will, dass die Leute was
davon haben. Nicht, dass die ein oder
zwei Bücher lesen und sagen: Die hat
einen ganz anderen Geschmack als ich.
Bei mir hat’s jedenfalls funktioniert. Mit jeder Seite wurde ich neu
überrascht, manchmal auch von alten
Freundinnen.
Bücher, die Sie schon kannten?
Also Bettina Balaka oder Nadine
Gordimer zum Beispiel.
Ich hatte keinen Preis zu vergeben, ich
hab nicht versucht, die besten Bücher
auszusuchen, sondern solche, die mir
in die Hand gefallen sind und die sich
empfehlen lassen. Mir war es manchmal
ganz recht, Autorinnen zu nehmen, die
nicht besonders bekannt waren. Balaka
zum Beispiel, die ist vielleicht hier gut
bekannt, aber in Deutschland nicht. Und
ja, ich habe drei Nobelpreisträgerinnen
drinnen. Muss ich schon sagen, das habe
ich ganz gut getroffen. Die Lessing, die
Gordimer und die Herta Müller, die ich
dreimal rezensiert habe. Ich bin eine
alte Anhängerin von ihr. Die „Atemschaukel” habe ich rezensiert, bevor sie
den Nobelpreis hatte. Sie hat mir eine
Postkarte geschrieben und sich bedankt
für die Rezension. Ich war sehr stolz
darauf. Die habe ich aufbewahrt, noch
nicht eingerahmt, aber aufbewahrt.
Das Gros der besprochenen Texte sind
Romane. Warum beschränken Sie sich
auf diese Textgattung?
Romane und ein paar Biografien. Eben
weil wir den populären Appeal haben
wollten. Wir, das sind meine Lektorin
und ich, die macht das, die hat eine ganz
gute Nase.
Gar keinen dramatischen Text?
Die kriegt man doch fast gar nicht als
Rezensionsexemplar. Aber ich habe auch
ein Filmbuch rezensiert, das von Doris
Dörrie. Was hat Ihnen denn gefallen?
Ich mochte ganz besonders „Lolita
lesen“ von Azar Nafisi.
Ja, man lernt derartig viel. Das ist
zwar ein literarisches Buch, aber kein
Roman. Es sind Lebensbeschreibungen
oder historische Momente, die eingefangen sind in persönlichen Momenten.
Das Buch erzählt vom heimlichen
Lesen iranischer Frauen in einem von
den Revolutionswächtern terrorisierten Staat. Über die Intention der
Frauen, sich trotz Lebensbedrohung
mit Literatur auseinanderzusetzen,
vermuten Sie: „Dichtung […] eröffnet
eine vernünftigere, differenziertere
Welt. Sie erweitert die Gedanken und
Gefühle, fördert die Selbstfindung
und humanisiert die entfremdete
Heimat.“ Ist das auch die heimliche
Intention Ihres Buches?
Vielleicht die heimliche Intention
meiner Autobiografie, meinen Sie
das?
Nafisi hat hier ein New Yorker Buch
geschrieben, und man muss das richtig
durchdenken, dass so etwas wie „The
Great Gatsby” irgendeinen Bezug hat
zum Iran. Das ist der Augenöffner in
diesem Text, dass Bücher aus einer
fremden Kultur eine derartig ansprechen und lebensverändernd wirken
können.
Ist es das, was Literatur leisten kann?
Ja. Das Buch müssen Sie lesen. Das ist
richtig gut. Also gerade jetzt, wo im
Iran wieder so viel los ist. So ein faszinierendes Land und kommt so herunter
mit dieser Regierung, aber bitte.
Kennen Sie auch „Persepolis“ von
Marjane Satrapi?
Ich hab nur den Film gesehen. Ich
habe Schwierigkeiten mit grafischen
Büchern. Ich bin nicht damit aufgewachsen und kann die nicht lesen. Mir
ist dabei wieder aufgefallen, was ich
vorher eigentlich schon wusste: Dass
man Bücherlesen ganz früh lernen
muss. Das Lesen ist eine Fertigkeit wie
das Tennisspielen – man muss es üben.
Und wenn man’s nicht übt, dann wird’s
schlecht. Ich hab versucht, viel zu spät,
das hebräische Alphabet zu lernen. Ich
wollte einfach jiddische Bücher lesen,
so viel Jiddisch beherrsche ich schon,
es ist ja eine Form von Deutsch. Und
das Alphabet habe ich auch irgendwie
hingekriegt, aber ich bin nie so weit
gekommen, bei allen Bemühungen, dass
ich es fließend lesen konnte. Weil da ein
Wort war, und das war eine Buchstabenwüste und es war lang, und dann hab
ich es mühsam wie eine Sechsjährige
zusammengestochert.
Satrapis „Persepolis” hab ich auch
versucht, nachdem ich den Film gesehen
hatte. Ich hab’s übrigens vorgeschlagen
als Wien-Buch, für „Eine Stadt. Ein
Buch”. Ich hab gedacht, so ein grafisches Buch ist gerade das richtige, das
wär mal was anderes, da könnte man
ein bisschen ausscheren. Ist es dann
aber nicht geworden.
Hören Sie jetzt auf oder wollen Sie
weiter Bücher rezensieren?
Bis jetzt hab ich noch immer Lust.
Irgendwann wird mir die Lust ausgehen,
man wird älter.
Aber ich sitze jetzt gerade an einem
Buch. Das ist eine Biografie über die
Schwester von Schopenhauer, Adele
von Schopenhauer, und ihre Freundin, die sie in Briefen immer wieder
angeschwärmt hat. Die Biografin sagt,
das war eine regelrechte lesbische
Beziehung. Und wenn man das von dem
Standpunkt liest, stellt sich das Ganze
völlig anders dar. Es sind Liebesbriefe,
aber keine übertrieben schwärmerischen. Die Autorin entwickelt ein Bild
von diesen halbwegs unabhängigen
Frauen im 19. Jahrhundert – halbwegs
unabhängig, weil sie Geld hatten und
nicht verheiratet waren. Sie kannten
einander ziemlich intim und haben
miteinander brieflich verkehrt auf eine
Weise, die mir jedenfalls vorher nicht
deutlich war. Ich glaube, dieses Buch
sollte schon im Rampenlicht stehen.
Weil wir gerade im Café Prückel
neben dem Lueger-Denkmal sitzen,
über das Sie in „unterwegs verloren“
ja auch schreiben, also an einem Ort
der politischen Zeichenproduktion,
an dem sich die Krämpfe mit der
österreichischen Zeitgeschichte und
der Versuch, mit dieser kritisch umzugehen, einschreiben: Haben Sie die
Diskussionen um die Neugestaltung
des Denkmals für den antisemitischen
Alt-Bürgermeister verfolgt?
Nein, hab ich nicht mitbekommen. Erzählen Sie mir davon, das klingt gut.
Das Gewinnerprojekt schlägt nun vor,
das Denkmal nach rechts zu kippen,
also in eine dauerhafte Schieflage zu
versetzen.
(lacht) Das ist nicht schlecht. Aber das
muss man dann auch verstehen. Das
versteht vielleicht nicht jeder. Das würde ich dagegenhalten. Touristen würden
das nicht merken. Ja, es scheint mir, es
ist nicht klar genug. l
Ruth Klüger wurde 1931 in Wien geboren, 1942 mit ihrer Mutter nach Theresienstadt, Auschwitz und in weitere KZs
deportiert. Beide überlebten, mehrere
Familienmitglieder wurden jedoch
ermordet. 1947 Emigration in die USA,
Studium der Bibliothekswissenschaft und
Germanistik, 1967 Promotion, seit 1980
Professorin u.a. in Princeton, Irvine und
Göttingen, zahlreiche Publikationen und
Preise.
Ursula Knoll schreibt Theaterstücke und
derzeit auch ihre Dissertation zu Figurationen von NS-TäterInnenschaft in
zeitgenössischer Literatur.
lesbennest
the faboulous life of a queer femme in action
denice
Pro nails
One of the reasons this column is so grammatically correct, is not
that I’m such a spelling wizard and double check everything I’ve
written. No. I’m way too lazy for that. It’s because I have this marvellous proof reader, Eva, my nr 1 favourite butch. She’s also an old
friend of mine, (and by ”friend” you all should know by now what
I mean …), who I see too seldom because we both run around waving our hands in the air screaming ”busy busy busy”. Last week we
finally managed to have coffee, (and by ”coffee”, as you all should
know by now, I mean I had wine). We were chatting away about
life, love and this column. After an hour she blurted out, ”Now I
finally see what’s different about you:
You have long nails!! What’s that
about?!” Where I of course tried
to be funny and do the old joke:
”What do you call a lesbian with long
fingernails? – Single!!” It didn’t really work in this case, though,
since I’m not single … and, yeah, well …
Then my head started swimming with a lot of stuff that I had read
or heard recently: All the ’classics’ about fags being fabulous and
dykes being practical (read: not very fabulous), and why the hell
that is. Eva also told me to please write about that. So here I am
trying to present my brilliant insights on why the hell seventy percent (here I’m being nice) of all lesbians favour washed-out outfits
which make them look like less colourful members of the Barbafamily and have haircuts that would make Barry Manilow jealous.
The honest truth is: I don’t fucking have a clue. I mean: I do know
about the ”we all dress alike to show that we belong to this group
and not to your heteronormative-bullshit-society”-thing. And I
applaude that! But while goths have the lace, autonomous activists
have the cool cut-offs and hoodies, fab-gayboys have the designer
stuff, lesbians took the Birkenstock and Karottenhose. Why?
Be butch. Be femme. Be boi. Be a techno-dyke. Be a sporty lesbian.
Be comfortable in your style. But please leave the Martina-Navratilova-rejects in your closet!
Denice grew her fingernails after finding out that if you put cottonballs
on the tip of your nails and slip over a rubberglove you can still be a
lesbian lover. And have safe sex.
Juli August 2010 an.schläge l 37
an.lesen
„Das ist der
schönste Sommer
meines Lebens“
Die Aufzeichnungen der jungen Ingeborg Bachmann aus
Kriegszeiten zeugen von der Kraft der Literatur und der Stärke
menschlicher Beziehungen in Tagen größter Hoffnungslosigkeit.
Von Andrea Heinz
Im September 1944 ist Ingeborg Bachmann 18 Jahre alt. Trotz ihres jungen
Alters, trotz der Sozialisation in einem
autoritären und nationalsozialistischen
Österreich ist sie zu klarsichtig, um sich
von Krieg und vaterländischer Propaganda täuschen zu lassen. Zu Beginn ihrer
nun vom Suhrkamp-Verlag veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen tritt sie in
die LehrerInnenbildungsanstalt ein – um
nicht „nach Polen” zu müssen „zur Panzerfaustausbildung”. Die eidesstattliche
Erklärung, auf das Studium zu verzichten,
unterschreibt die junge Frau, die sich
nichts sehnlicher wünscht als zu lernen,
nach kurzem Zögern: „Nein, ich bin sicher, in diesem Land werde ich nicht mehr
studieren, in diesem Krieg nicht mehr.”
Mit derselben Chuzpe wird sie wenige
Monate später, am 15. März 1944, im
Garten sitzen und Rilke und Baudelaire lesen, während die Alliierten ihre
schwersten Luftangriffe auf Klagenfurt
fliegen. „Vielleicht ist es sündhaft,
einfach sitzen zu bleiben und in die
Sonne zu schauen”, schreibt sie und
bleibt doch mit dem „Stundenbuch” und
den „Fleurs du Mal” im Garten zurück.
Schon damals erkennt sie, was in ihren
späteren Romanen fortlaufend wiederkehren wird: die Zerstörung durch den
symbolischen „Vater”, durch staatliche
und gesellschaftliche Autorität, der
Krieg, der im Kleinen beginnt und alles
zum Mordschauplatz macht. Sie will sich
nicht zerstören lassen. Sie ist zur Desertion bereit, denn sie hat durchschaut,
„dass das zum Himmel schreit, was man
mit uns treibt. Die Erwachsenen, die
Herren ‚Erzieher’ die uns umbringen lassen wollen.” – „Nein, mit den Erwachse38 l an.schläge Juli August 2010
Sommer 1945 in Obervellach (Hermagor), Foto aus dem Privatbesitz der Erben.
nen kann man nicht mehr reden.”
Sechs eng beschriebene DIN-A4-Blätter
umfasst das Manuskript aus dem Privatnachlass der Geschwister Bachmann.
Vieles weist darauf hin, dass es sich um
eine nachträglich redigierte Abschrift
des handgeschriebenen Tagebuchs
handelt. Im nächsten Absatz des Textes
ist der Krieg vorbei. Ingeborg Bachmann lernt im Büro der „Field Security
Section” den britischen Soldaten Jack
Hamesh kennen. Ein Wiener, 1938 mit
einem Kindertransport nach England
gelangt. Anfangs findet sie ihn „klein
und eher hässlich”. Erst als die beiden
auf Bücher, auf ihre Begeisterung für
„Thomas [Mann] und Stefan Zweig
und Schnitzler und Hofmannsthal” zu
sprechen kommen, ist „auf einmal alles
ganz anders”. Beide teilen dieselbe
Sehnsucht nach Büchern und intellektueller Erfahrung. Ingeborg Bachmann
erweist sich darin als sehr konsequent:
„Jetzt sind wir mitten in Sozialismus
und Kommunismus (und wenn Mutti
natürlich Kommunismus hören würde,
tät sie ohnmächtig werden!), aber man
muss natürlich alles genau kennen und
studieren.”
Jahre alt werde – das wird der schönste
Frühling und Sommer bleiben.” – „Ich
werde studieren, arbeiten, schreiben!
Ich lebe ja, ich lebe. O Gott, frei sein
und leben, auch ohne Schuhe, ohne Butterbrot, ohne Strümpfe, ohne, ach was,
es ist eine herrliche Zeit!”
Das Dorf und „die Verwandtschaft”
fangen bald an zu reden über ihre
Freundschaft mit „dem Juden”. Und
wieder reagiert sie mit untrüglichem
Unrechtsbewusstsein: „Ich werde mit
ihm zehnmal auf und ab durch Vellach
und durch Hermagor gehen, und wenn
alles Kopf steht, jetzt erst recht.” Sie
hat etwas zu verteidigen, denn Jack
Hamesh bedeutet für sie Frieden und
Zukunft: „Das ist der schönste Sommer
meines Lebens, und wenn ich hundert
Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch.
Mit Briefen von Jack Hamesh an
Ingeborg Bachmann.
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hans Höller, Suhrkamp 2010,
16,30 Euro
Jack Hamesh wird Kärnten bald verlassen und nach Israel gehen. Seine Briefe,
die im Anschluss an das „Kriegstagebuch” abgedruckt sind, zeugen nicht nur
von der großen Nähe zwischen ihm und
Ingeborg Bachmann, sondern auch von
seiner eigenen großen literarischen und
intellektuellen Begabung. Eindringlich
beschreibt er das Gefühl der Einsamkeit, das Gefühl, „dass im Jahre 1938
ein Kind allein in der Welt herumirren”
muss. Alle Versuche, ihn ausfindig zu
machen, blieben vergeblich. Auch die
Briefe Ingeborg Bachmanns an ihn
sind verschollen. Das Kriegstagebuch
und Jack Hameshs Briefe aber bleiben
als Zugang zu Ingeborg Bachmanns
Werk – und vor allem als ein Manifest
des Friedens, der Lebendigkeit und der
Liebe zur Literatur in hoffnungs- und
sprachlosen Zeiten. l
an.lesen
„Wie einer wirklich ist“ l
Deutschland im Nationalsozialismus: Inge, wohlbehütete
Tochter aus gutem Hause, lebt
auf einem Gutshof in Schlesien. Ihre Eltern versuchen, sie
gegen jegliche Kriegsnachrichten und politische Diskussionen
der Erwachsenen abzuschirmen. Dementsprechend arglos führt sie ihr Jungmädchenleben
und schwelgt unbekümmert in Gedanken um ihre
erste große Liebe: der Nachbarssohn Wolfgang,
ein begeisterter Nazi. Die junge Polin Wanda
hat für so viel kindliche Naivität und Ignoranz
nur Verachtung übrig. Sie ist zwar auch erst in
Inges Alter, hat aber im Gegensatz zu ihr den
Krieg schon hautnah erlebt. Von den Deutschen
aus ihrer Heimatstadt Krakau verschleppt,
muss sie nun auf dem Gutshof von Inges Eltern
Zwangsarbeit verrichten. Ihre Gedanken kreisen
ums blanke Überleben.
Als die Rote Armee im Winter 1944/45 näher
kommt, begeben sich Wanda und Inge gemeinsam auf die Flucht in den Westen. Die ungleichen Mädchen, die sich anfangs nicht ausstehen
können, sind nun aufeinander angewiesen, lernen
langsam, sich gegenseitig zu vertrauen und
schließen letztlich Freundschaft.
Gina Mayers Roman bringt Jugendlichen ab 13
die historischen Ereignisse des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieges näher und regt
an, über Themen wie Schuld und Verantwortung
nachzudenken. Ergänzend und zum besseren
Verständnis befinden sich im Anhang des
Romans ein Interview mit einer Zeitzeugin und
ein Glossar. Gabriele Migdalek
Gina Mayer: Die verlorenen Schuhe
Thienemann 2010, 18,50 Euro
39 Tage l Der Thealit Verlag
aus Bremen hat wieder ein
kleines, feines Buch in der
neuen Reihe „queer lab”
herausgebracht. „Nervenkostüme und andere Unruhen”
kreist um 39 Tage im Leben
von Paula Paura in Hamburg. Es ist 2001, die
Demonstrationen in Genua haben dank Polizeigewalt und zahlreicher Verhaftungen einen
bitteren Nachgeschmack hinterlassen, Flugzeuge
rasen ins World Trade Center und die anstehende
Bürgerschaftswahl in der Hansestadt bereitet
Paula wegen der möglichen Wahl des Ultrarechten Ronald Schill Bauchschmerzen.
Der politische Rahmen ist klar subkulturell und
queer. Solifeste in der Roten Flora, Freund_innen, die zum Kongress über Körper und Identitäten im Postfordismus fahren, und Pink-SilverTreffen sind die Referenzpunkte in Paulas Leben,
das letztlich aber viel mehr um ihr Innenleben,
ihre Angstzustände und „Unfähigkeiten” kreist.
Scheinbar einfache Dinge machen ihr größte
Schwierigkeiten. Die Angst kommt in Wellen,
ihr Körper gehorcht ihr nicht und die „Aktivmenschen” auf der Straße beobachtet sie wie
eine fremde Spezies, während sie sich lieber
absurden, unterhaltsamen Fantasien hingibt, die
in Form von kleinen CorelDRAW-Zeichnungen
im Buch auftauchen. Doch auch wenn sich Paula
einsam und passiv fühlt – mit der Hilfe guter
Freund_innen und einer aufkeimenden Verliebtheit schleicht sich, langsam, aber doch, Veränderung in ihr Leben. Silke Graf
Therese Roth: Nervenkostüme und andere Unruhen
Thealit/queer lab 2009, 12 Euro
No kids, no cry l Zwar kam
es aufgrund von Arbeitskräftemangel auch früher schon
zu demografischen Steuerungsversuchen, die sich
speziell an kinderlose Frauen
richteten. Ledig und kinderlos zu leben war allerdings
bis ins 19. Jahrhundert ein völlig normaler
Lebensentwurf mit einem zeitweisen Anteil von
etwa einem Drittel der Frauen im „heiratsfähigen Alter”. Eine ideologische „Anrufung zur
Mutterschaft”, die Kinderlosigkeit als krankhaft und unnatürlich bezeichnet, taucht zur Zeit
des Ersten Weltkriegs und danach auf – gleichzeitig mit dem Beginn der Eugenik-Bewegung.
Schließlich machte der Nationalsozialismus die
„arischen” Frauen endgültig zu Müttern von
Natur aus, Abweichungen wurden verachtet und
sozial bestraft. Diese Sicht auf Frauen konnte
bis heute trotz Zweiter Frauenbewegung nicht
restlos abgestreift werden.
Das machen auch die im Buch vorgestellten
Fallgeschichten von fünf aus verschiedenen
Gründen kinderlosen Frauen deutlich. Alle
empfinden einen starken Legitimierungsdruck,
der von Politik, ArbeitskollegInnen, Familie
und auch FreundInnen ausgeht. Die bekannten Argumente, nichts zur Pensionssicherung
zukünftiger Generationen beizutragen oder sich
egoistisch nur am Beruf zu orientieren, fallen
beim Älterwerden mit eigenen Ängsten vor Vereinsamung zusammen, wenn sich im sozialen
Umfeld zunehmend klassische Familien bilden.
Endlich eine Studie, die weibliche Kinderlosigkeit ernst nimmt und nicht als zu lösendes
Gesellschaftsproblem begreift. Sylvia Köchl
Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft.
Westfälisches Dampfboot 2010, 35,90 Euro
Auf ewig l Mit politolo-
gischen, soziologischen,
ökonomischen, historischen
Diagnosen wird mal wieder dem Thema „Frauen
und Arbeit” zu Leibe
gerückt. Das ist durchaus
wörtlich zu verstehen,
denn der weibliche Lebens- und Arbeitszusammenhang ist tatsächlich grenzenlos wie
beschränkt – die nicht nur materielle Entwertung der Frauenarbeit ist dabei noch die offensichtlichste und scheint hierzulande „auf ewig”
gestellt. Verschärft wird diese Problemlage
durch die neoliberale Ideologie der Deregulierung, Individualisierung und Entsolidarisierung,
die ganz real unser Leben (auch in Bildungsund Familienzusammenhängen) durchwuchert.
Stichworte: allgemeine Prekarisierung und
irreguläre Beschäftigungen – besonders von
Migrantinnen.
Spannend ist der Anspruch der Veröffentlichung, „sich an ein breites politisch interessiertes Publikum zu wenden und so das Einsickern
der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung in die Gesellschaft zu befördern und
Praxiswissen über gesellschaftliche Probleme
an wissenschaftliche Forschung rückfließen
zu lassen”. Die Texte sind eine gute Mischung
Juli August 2010 an.schläge l 39
an.lesen
zwischen statistischen Materialien, informativen Forschungsergebnissen und theoretischen
Reflexionen. Birge Krondorfer
Alexandra Weiss, Verena Simetzberger (Hg.
innen): Frauen im 21. Jahrhundert. Situationen Herausforderungen Perspektiven. Gesellschafts- und sozialpolitische Aspekte
innsbruck university press 2010, 15,90 Euro
Queer lernen l Leah Carola
Czollek, Gudrun Perko und
Heike Weinbach bringen
mit dem „Lehrbuch Gender
und Queer” ein spannendes,
kritisches, fundiertes und vielseitiges Buch auf den (Lehr-/
Lern-)Markt. Sie verbinden
darin gekonnt verschiedene Theorien, Methoden und Praxisfelder: Gender Studies, Gender
Mainstreaming, Kritische Männerforschung,
Queer Studies und (kritische) Frauenbewegungen inklusive jener in der DDR werden ebenso
vorgestellt wie (politisierte) Diversity, Enthinderungspolitiken, Flüchtlingsarbeit, klinische
Sozialarbeit, Mahloquet und einiges mehr.
Intersektionalität und Social Justice sind dabei
wichtige Grundlagen, was sich sowohl in den
Inhalten des Buches als auch der Herangehens-
weise der Autorinnen zeigt.
In zwölf Lehreinheiten werden theoretische
Hintergründe, rechtliche Grundlagen und
historische Kontexte von gender- und queergerechter sozialer Arbeit sowie wie Methoden
und aktuelle Praxisfelder besprochen und
Praxiskompetenzen und Umsetzungsschritte
angeboten. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
Persson Perry Baumgartinger
Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Heike
Weinbach: Lehrbuch Gender und Queer.
Grundlagen, Methoden und Praxisfelder.
Studienmodule Soziale Arbeit
Juventa 2009, 16,50 Euro
Alles Märchen l Eine
deutsch-österreichische
soziologische Studie über
die Fußball-Großereignisse
der Weltmeisterschaft 2006
und Europameisterschaft
2008, die Fans beobachtet,
mediale Diskurse zerpflückt
und auf ökonomische, neokolonialistische und
nationalistische Effekte solcher „Spektakel”
hinweist – das klingt spannend und ist auch
großteils gut aufbereitet, teilweise geht es aber
auch ziemlich daneben. Im Minikapitel über
weibliche Fans etwa, in dem zwar die medialen
Inszenierungen der „Tribünen-Schönheiten”
kritisiert werden, der Rest des Textes sich
aber nur mit dem – von einem der Soziologen
beobachteten – Flirtverhalten junger Frauen in den Fanzonen beschäftigt. Spannend
werden hingegen die Klassenverhältnisse und
die Aneignung des „proletarischen” Fußballs
durch das „bürgerliche” Feuilleton abgehandelt – auch wenn der Verweis darauf fehlt, wie
migrantisch der „proletarische Bubentraum”
von einer Fußball-Karriere längst geworden ist
und was Rassismus damit zu tun hat.
Wirklich gelungen und dazu geeignet, auch die
aktuelle WM in Südafrika kritisch zu betrachten,
sind die Abschnitte über Ökonomie (StadionNeubauten haben nie nachhaltige Effekte), Kommerzialisierung (lokale Märkte schneiden am
Merchandising nicht mit) und Sicherheitswahn
(als Risiko eingestufte Bevölkerungsgruppen oder
Stadtteile erfahren nachhaltige Marginalisierungen). Ökonomisch starke Staaten wie Deutschland oder Österreich haben das Minusgeschäft
weggesteckt – für Südafrika jedoch lassen diese
Befunde Schlimmes befürchten. Sylvia Köchl
Torsten Heinemann, Christine Resch (Hg.):
(K)ein Sommermärchen: kulturindustrielle
Fußball-Spektakel
Westfälisches Dampfboot 2010, 25,60 Euro
e
is
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K
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g
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u
z
t
e
s
s
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Grundvora
bonustrack: Clara Luzia
Es darf wieder herumgesaut werden. Nein, es muss sogar herumgesaut
werden! Nach Jahrzehnten der sauberen Pop-Püppchen ist der Dreck in
die Popwelt zurückgekehrt – hoch leben wieder die persönlichen Notlagen, sie sind ein Muss, um am roten Teppich reüssieren zu können.
Je krisengebeutelter ein/e
MusikerIn, umso besser!
Denn Kunst muss immer noch
von Leiden kommen. Ein gewisses Niveau sollten diese
Krisen allerdings schon erreichen, nicht jedes Problem ist
gleich eine öffentlichkeitsrelevante Angelegenheit. Auf
der Plusseite: Dauerbrenner Drogen (sowie sonstige,
langfristig möglichst fatale
Süchte), diverse psychische
Krankheiten, tragische Kindheit. Den Joker haben natürlich jene gezogen, die gleich alle diese Punkte in sich vereinen können. Auf der (ganz
fetten) Minusseite: Burn-out, chronische Krankheiten und Prekarität –
das kann schließlich jedeR haben.
Was aber tun, wenn kein Drogenproblem zur Hand ist, die Kindheit ein
Traum war, die eigene Psyche auch nicht mehr Tiefen hergibt als jede
andere und man trotzdem die roten Teppiche dieser Welt beschreiten
will? Ewige Verdammnis als gesichtsloser Fan am Bühnenrand statt eines
Lebens im Zentrum des Scheinwerferlichts? Oh nein, ein paar
gewiefte Burschen zeigen uns
wieder mal, wie’s geht: Die Straßen von Linz und Berlin werden
zum Ghetto umfunktioniert, das
Aufwachsen mit einer berufstätigen Mutter wird zur verwahrlosten Kindheit dramatisiert und
eine gemeine Überheblichkeit
wird zu einem – vom Geist des
kreativen Genies umgebenen –
Autismus stilisiert. Juhu, schon
haben wir eine interessante Medienpersönlichkeit beieinander! Mit dieser können wir dann nicht nur Tonträger und Autobiografien befüllen, sondern auch Talkshows, Reality Soaps und Musicals. Alle Türen der ShowWelt stehen uns also offen, aber immer daran denken: Krise ist Pflicht!
Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember)
und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik.
Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
40 l an.schläge Juli August 2010
an.klang
Ideale
Stimmen
Vom historischen Künstlerinnenroman bis zum
gruseligen Pärchenmord-Krimi –
Regina Himmelbauer hat in neue Audiobücher
reingehört.
Herta Müller, hier 2009 im Literaturhaus Frankfurt a.M.,
liest auch selbst im Hörbuch „Niederungen”. Foto: Dontworry/wikicommons
Herta Müller wurde im Vorjahr durch
die Verleihung des Literatur-Nobelpreises
berühmt. Dabei sorgte bereits ihr erster
Roman, der 1982 nur zensiert in Rumänien erschienen konnte, für Aufsehen. Teile dieser beklemmenden Geschichte über
ihre Kindheit unter den Banatschwaben
in Rumänien sind als Niederungen. Eine
Auswahl (Hörbuch Hamburg) zu hören.
Marlen Diekhoff, Albert Kietzl und die
Autorin selbst lesen. Berührend ist das
Hörbuch vor allem, wenn Herta Müller spricht: Dass hier nicht jemand mit
geschultem Organ interpretiert, aber aus
der Distanz mit der reifen Stimme eines
ereignisreichen Lebens berichtet, macht
die besondere Faszination aus.
Humorvoll beschreibt dagegen Marina
Lewycka in Das Leben kleben (der
Hörverlag) die komplizierten Momente
im Leben von Georgie Sinclair: Ihren
Mann hat sie vor die Tür gesetzt, ihr
Sohn verstrickt sich immer mehr in
No-Future-Szenarien, und gegen ihren
Willen wird sie nun auch noch in das
Leben der skurrilen Mrs. Shapiro
hineingezogen. Auch die Arbeit für
ein Klebstoff-Fachmagazin ist für die
Journalistin nicht gerade die Erfüllung
ihrer Träume. Dennoch: Es gibt eine
Art Happy-End … Katharina Thalbach
entpuppt sich mit ihrer rauen Stimme
als ideale Interpretin dieser kratzbürstigen Geschichte.
Die Italienerin Sofonisba Anguissola zählte im 16. Jahrhundert zu den
begehrtesten PorträtmalerInnen. Nina
Blazon beschreibt in ihrem Roman Die
Königsmalerin die bedrohliche Enge
im Spanien der katholischen Inquisition,
wohin die junge Künstlerin als Zeichenlehrerin der noch jüngeren Königin
gerufen wurde. Die Autorin stellt der
erfolgreichen Malerin eine fiktive
holländische Assistentin gegenüber, die
durch die Wahl ihrer Sujets das gesamte
Atelier in Gefahr bringt. Nina Petri liest
die gekürzte dramatische Erzählung
(Osterwoldaudio), die ein beängstigendes Stimmungsbild einer intoleranten
Gesellschaft zeichnet.
Patti Smith hat die Rockgeschichte
vor allem der 1970er-Jahre wesentlich mitgeprägt. Ihre Entwicklung als
Künstlerin, ihre Freundschaft mit dem
Fotografen Robert Mapplethorpe, die
Suche nach Freiheit – alles das erzählt
sie mit Offenheit und Wärme in Just
Kids. Geschichte einer Freundschaft
(tacheles!), gelesen von der wunderbaren Sophie Rois.
Der Wiener Autorin Ursula Poznanski
gelang mit Erebos (der Hörverlag),
vorgetragen von Jens Wawrczek, ein
faszinierender Jugendroman, der auch
Erwachsene in seinen Bann zieht. An
einer Londoner Schule wird ein Compu-
terspiel unter der Hand weitergereicht,
doch man erhält das Spiel nur unter
strengen Auflagen und darf es dann nur
ein einziges Mal spielen. Auch Nick
wird süchtig danach – und merkt zu
spät, wie das Spiel immer mehr das reale Leben bestimmt. Eine der wenigen,
die davon unberührt bleibt, ist Emily,
die mithilfe von HackerfreundInnen
schließlich das Geheimnis, das dieses
Spiel umgibt, zu lüften vermag.
Sabine Thiesler liest ihren Roman
Der Menschenräuber (Random
House Audio) selbst, in dem ein Mann
erbarmungslos Rache für den Tod
seiner Tochter übt. Tania Carver
hingegen lässt in Entrissen (Hörbuch
Hamburg) die ungeborenen Babys
gleich aus dem Bauch der Mutter
schneiden. In Letzter Gruß (Random
House Audio) von Lisa Marklund und
James Patterson, gelesen von Claudia
Michelsen und Sylvester Groth, werden
in einem etwas konstruierten Plot
verliebte Pärchen auf Hochzeitsreise
grausam ermordet.
Für Krimifans mit starken Nerven sei
noch empfohlen: Die Minette Walters
Hörspielbox versammelt drei zu Hörspielen umgearbeitete frühe Geschichten der englischen Kriminalautorin:
„Dunkle Kammern”, „Die Bildhauerin”,
„Das Echo” (Random House Audio). l
Juli August 2010 an.schläge l 41
an.sehen
Tara und ihre anderen
Alles andere als katastrophal: Die US-Serie „United States of Tara”
vereint viele Frauenrollen in einer Familienkonstellation.
Von Bettina Enzenhofer und Irmi Wutscher
Foto: www.dexigner.com
Video-Tagebuch, erster Eintrag:
Vor der Kamera sitzt eine Frau, die
sich mit „It’s me, Tara, obviously”
vorstellt. Sie erzählt, dass sie in der
Tasche ihrer Tochter ein Rezept für
die Pille danach gefunden hat und
sie nicht weiß, wie sie darauf reagieren soll. Es wird ihr zu viel, sie
bricht die Aufzeichnung ab. Danach
schließt sie die Augen, wirkt wie
weggetreten. Sie öffnet die Augen
wieder mit einem völlig veränderten Gesichtsausdruck, reißt sich die
Kleider vom Leib und wirft sich in
die Klamotten ihrer Tochter: „T”
hat die Bildfläche betreten. Sie
will abhängen, Musik hören und im
Shoppingcenter Typen aufreißen
gehen.
Tschüss, Vorstadt-Idylle! In Tara
Gregson, so erfahren wir im Laufe
der Episode, wohnen mehrere
Persönlichkeiten. Neben T, einer
verantwortungslosen Teenagerin,
existiert zum Beispiel Alice, eine
Südstaaten-Hausfrau aus den
1950ern, die mit ihren moralischkonservativen Ansichten den Rest
der Familie regelmäßig in den
Wahnsinn treibt. Und es gibt Buck,
42 l an.schläge Juli August 2010
einen Bier saufenden, rülpsenden
Frauenaufreißer, der keinem Konflikt
aus dem Weg geht.
Tara ist auf den ersten Blick
eine typische US-amerikanische
Hausfrau, die mit Mann, Sohn und
Tochter in einer idyllischen Vorstadt lebt. Dieses Bild wird jedoch
schnell gebrochen, und das nicht
nur, weil Tara unter einer dissoziativen Identitätsstörung leidet: Sohn
Marshall hat mit seiner Sexualität
zu kämpfen, Tochter Kate ist die
Rebellin und sucht über diverse
Jobs und Affären Selbstständigkeit,
und Ehemann Max wird zwar mit
allen Widrigkeiten Frau und Kinder
betreffend fertig, geht aber der
Familie mit seinem Helfersyndrom
letztlich total auf die Nerven. Charmaine, Taras Schwester, fühlt sich
benachteiligt und zeigt wenig Verständnis für sie, gleichzeitig scheint
sie den Schlüssel zur Aufklärung
von Taras Erkrankung zu besitzen.
Multiple Überlebensstrategien.
Die dissoziative Persönlichkeitsstörung ist oft Folge eines traumatischen Ereignisses in der Vergangenheit. Besonders häufig tritt sie
nach sexuellem Missbrauch oder
Kriegserlebnissen auf. Psychiater_innen gehen davon aus, dass
Betroffene dissoziieren, also einen
Teil der Persönlichkeit abspalten,
um überhaupt weiterleben zu
können. Meistens existieren verschiedene Persönlichkeiten, die sich
nach Alter, Herkunft, Gender oder
sexueller Orientierung stark von
der Ursprungsperson unterscheiden
können. Sehr oft übernehmen sie
Missionen, die diese selbst nicht
ausleben kann oder will. Die Persönlichkeiten handeln eigenständig,
oft weiß die betroffene Person
nicht, was ihre Alter Egos tun.
So ergeben sich auch die meisten
Konflikte bei Tara.
Keine Katastrophe. Das Schöne
an der von Diablo Cody („Juno”,
„Jennifer’s Body”) entwickelten
Serie ist, dass Taras Krankheit
nicht als Katastrophe verhandelt
wird. Tara ist kein Opfer – ebenso
wenig verkommen ihre Persönlichkeiten zu Klamauk-Figuren. Die
Situationen werden tragisch und
komisch, teilweise dramatisch und
emotional, dann wieder mit einer
gewissen Ironie dargestellt, sind
aber immer irgendwie okay. Die
„kranke Mama” wird weder mit
Samthandschuhen angefasst, noch
wird sie aufgrund ihrer Krankheit
abgelehnt. Auch die Probleme
rundherum, von Stalking bis zu
Selbstfindung mittels Brust-OP,
werden erstaunlich unaufgeregt
besprochen.
Die Persönlichkeiten von Tara
könnten außerdem als die unterschiedlichen Rollen, die Frauen
heute zu erfüllen haben, gelesen
werden: von Hausfrau über sexy
Kätzchen bis zum Kumpeltyp.
Dafür hält sich die erste Staffel
allerdings sehr mit Beschreibung
und Etablierung dieser Charaktere
auf, wodurch teilweise der Drive
fehlt. Ein wenig nervt auch die
ewige Geheimniskrämerei, die an
„Desperate Housewives” erinnert,
mit dunklen Flecken in Taras bzw.
auch Charmaines Vergangenheit.
Im Gegensatz zu den verzweifelten
Hausfrauen ist Tara aber glaubwürdig. Es macht Spaß, der Familie
dabei zuzusehen, wie sie sich untereinander und auch Tara und ihren
Persönlichkeiten begegnen. l
„United States of Tara“ ist in den
USA auf Showtime zu sehen, die
zweite Staffel ist soeben zu Ende
gegangen. Staffel 1 ist bereits auf
DVD erhältlich.
an.künden
Redaktionsschluss Termine 09/10:
11.8.2010 [email protected]
tanz
fest
musik
2.7., 22.00, Wien
g.spot – for queers & friends to check
in and freak out
Camera Club, 1070 Wien,
Neubaug. 2, www.gspot.at
2.7., 20.00, Wien
Myako Chica Go Go (F/D) & DJ chra
(comfortzone)
rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,
http://rhiz.org; http://soundcloud.
com/myako
3.7., 22.00, Wien
Regenbogenparade Abschlussparty
mit H.A.P.P.Y. & Homoriental
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,
VVK 8/AK 10 Euro, www.wuk.at
3.7., 21.00, Wien
We are the lesbian women’s collective:
Lesbenfest nach der Regenbogenparade. Mit DJanes Missus u. Mohak, live:
Ramba Samba, Begrüßungspunsch,
Family Surprise, Buffet
FZ-Beisl im Autonomen FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien,
Währingerstr. 59, UKB: 4 Euro,
http://fz-bar.wolfsmutter.com
3.7., 21.00, Wien
Official Pride Night 2010:
Queer:Beat & BallCanCan, Ost-Klub,
1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10,
http://queerbeat.at
Sündikat, brut Wien, 1010 Wien,
Karlsplatz 5, www.suendikat.at,
gemeinsamer Eintritt: VVK 7/AK
10 Euro
3.7., 21.00, Wien
Club Burlesque Brutal: Boobs and
Balls!, danach: Club Quote
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,
Lothringerstr. 20, AK 15/erm. 10
Euro, www.brut-wien.at
3.7., Feldkirch; 11.7., Frauenfeld
Ebony Bones (GB)
Poolbar Festival, 6800 Feldkirch,
Altes Hallenbad, Reichenfeldg. 10,
http://poolbar.at; Openair Frauenfeld
2010, 8500 Frauenfeld, Große
Allmend, www.openair-frauenfeld.ch;
www.myspace.com/ebonybones
3.7., Ottensheim; 15.7., Wien
MTS Multitask (A) – female HipHop
aus Wien
Rödlgelände, 4100 Ottensheim,
http://openair.ottensheim.at; 1040
Wien, Karlsplatz – Resselpark im
Rahmen von Kino unter Sternen,
www.afterimage.at; www.myspace.
com/multitaskingsistas
4.7., Bonn; 5.7., Berlin
Patti Smith (US) & her band
Museumsplatz Summer Stage Festival 2010, 53113 Bonn, Museumsplatz
an der Bundeskunsthalle, FriedrichEbert-Allee 4; Citadel Music Festival,
13599 Berlin, Zitadelle Spandau
(Am Juliusturm), www.citadel-musicfestival.de; www.pattismith.net
8.7., 16.00, Linz
PINK (US): The Funhouse Summer
Carnival
Gugl-Stadion, 4020 Linz, Ziegeleistr.;
www.pinkspage.com
13.7., 19.30, Wien
Paperbird (A)
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,
Spittelbergg. 10, Eintritt: 15 Euro,
www.theateramspittelberg.at
15.7., Wien; 16.7., Linz
Kumbia Queers (ARG/MEX)
rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,
http://rhiz.org; Roter Krebs, 4020
Linz, Obere Donaulände 11, www.
roterkrebs.net; kumbiaqueers.com
16.7., 19.00, Innsbruck
Offen & Herrlich 2010. Live: Gustav
& Band (A), Valient Thorr (US), Candie Hank (D), A.L.M. (A) & DJ-Line
p.m.k., 6020 Innsbruck, Viaduktbogen
19-20, www.pmk.or.at
16.7., 19.00, Wien
Dance the Ribbon. Warm-up Party
zur AIDS-Konferenz 2010, Line-Up:
Masala Brass Band (dunkelbunt/A) &
Cloud Tissa (RWA/A), Fatima Spar (D),
Bauchklang (dunkelbunt/A) DJ-Set
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,
VVK: 8 Euro, AK: 10 Euro, www.wuk.at
22.7., 20.00, Wien
Melanie Fiona (CAN)
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,
www.wuk.at; www.melaniefiona.com
23.7., Dornstadt; 24.7., Puch; 11.9., Berlin
Lali Puna (D)
Obstwiesenfestival, 89160 Dornstadt,
obstwiesenfestival.de; Open Air Puch
2010, Puch bei 85305 Jetzendorf/
Lueg, www.puch-openair.de; Berlin
Festival, 12101 Berlin, Flughafen
Tempelhof, Platz der Luftbrücke,
www.berlinfestival.de; www.lalipuna.de
26.–28.7., 19.30, Wien
Vienna Swing Sisters & The Moods
(A) mit Markus Richter: Rum and
Coca Cola! A Tribute to the Andrew
Sisters – die Revue
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,
Spittelbergg. 10,
www.theateramspittelberg.at
27.7., 19.00, Wien
CocoRosie (USA) & Guests
Arena, 1030 Wien, Baumg. 80,
www.arena.co.at; www.cocorosieland.com
30.7.–15.8., Wien
6. Afrika Tage Wien. Musikprogramm
mit: Marla Glen & Band (US/D),
Angélique Kidjo (BJ/F), Jenny Bell
(UG/A), Cloud Tissa (RWA/A) u.v.m.
Donauinsel, Floridsdorfer Brücke,
1210 Wien, www.afrika-tage.at
11.8., Budapest; 14.8. Zofingen;
20.8. Lausanne
Peaches (CAN/D)
Sziget Festival, Obuda Island, Majus
9 Park, www.szigetfestival.com;
Heitere Open Air, 4800 Zofingen,
Heitere-Platz, www.heitere.ch; For
Noise Festival, 1009 Pully, Chemin du
Stand 5, www.fornoise.ch;
www.peachesrocks.com
27.8., München
The xx (GB)
Tonhalle, 81671 München, Grafinger
Str. 6, www.tonhalle-muenchen.de;
http://thexx.info
film
5.–8.7., Linz
normaleLINZ 2010 – das gesellschaftspolitische Filmfestival
Schulvorstellungen tägl. 9.00, 4020
Linz, AK OÖ, Kongresssaal, Volksgartenstr. 40, Abendvorstellungen
tägl. 19.00, Moviemento, 4020 Linz,
OK-Platz 1, Reservierungen:
T. 0732/78 40 90, Infos u. Programm: www.normale.at/33067.html
www.ak-kultur.at,
www.moviemento.at
bühne
2.–3.7., 18.00, BurgschleinitzKühnring
Zu Gast bei Bertha von Suttner.
Ein Erlebnistheater im Schloss
Harmansdorf
3730 Burgschleinitz-Kühnring (Bezirk Horn), Harmannsdorf 1, www.
portraittheater.net
3.7., 19.30, Wien
Catch-Pop String-Strong
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,
Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,
www.theateramspittelberg.at
4.7., 19.30, Wien
Anna Klinge: Der Fußmord und
andere Liebesdramen
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,
Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,
www.theateramspittelberg.at
15.7.–15.8., Wien
ImPulsTanz – Vienna International
Dance Festival. Mit Anne Teresa De
Keersmaeker, Wim Vandekeybus, Ultima Vez, Cie. Marie Chouinard, Anne
Juren, Alain Platel, Anna MacRae,
Mathilde Monnier, Xavier Le Roy,
Maija Hirvanen u.v.m.
diverse Spielstätten, Detailprogramm
u. Infos: www.impulstanz.com
23.8.–25.9., 20.00, Wien
Die Präsidentinnen. Von Werner
Schwab. Mit Lucy McEvil, Lilly
Prohaska, Roswitha Soukup
3raum-anatomietheater, 1030 Wien,
Beatrixg. 11, Premiere 23.8., Vorstellungen: 25.–28.8., 1.–4.9., 15.–18.9.,
22.–25.9., http://3raum.or.at
seminar
workshop
3.7., 9–17.00, Wien
Co-Abhängigkeit – der Tanz um die
Sucht. Über die Rolle als Angehörige,
Freundin oder Kollegin einer/eines
Suchtkranken od. Suchtgefährdeten,
mit Ingrid Trabe (Psychotherapeutin)
Institut Frauensache, 1030, Obere
Viaduktg. 24, Kosten: 145 Euro,
Anm.: T. 01/89 58 440, [email protected], www.frauensache.at
10.8. u. 12.8., 11–17.00, Wien
Zweiteiliger Fotografie-Workshop für
Mädchen
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789
45 45, www.sprungbrett.or.at
30.–31.8., 10–16.00, Wien
Hop into the Job! Berufsorientierung
für Mädchen
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789
45 45, www.sprungbrett.or.at
vortrag
diskussion
8.7., 19.30, Hamburg
Thanatea. Vernetzungstreffen und
Fachaustausch für Lesben und
lesbenfreundliche Frauen, die sich
professionell mit Sterben, Tod und
Trauer beschäftigen.
Lesbenverein Intervention e.V.,
Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.
+49/40/24 5002,
www.lesbenverein-intervention.de
21.7., Hamburg
anders altern. Der offene Arbeitskreis
widmet sich den vielfältigen Themen
rund ums Alter. Uhrzeit bitte erfragen.
Lesbenverein Intervention e.V.,
Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.
+49/40/24 5002,
www.lesbenverein-intervention.de
22.7, 20.30, Wien
Geschichte wirft lange Schatten: Gespräch mit Jo Schmeiser und Simone
Bader (Klub Zwei) im Rahmen von
Kino unter Sternen
1040 Wien, Karlsplatz – Resselpark,
Infos: www.kinountersternen.at
10.–12.9., Berlin
Konferenz „Antisexistische Praxen IV”
Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10961
Berlin-Kreuzberg,
www.antisexist-perspectives.so36.net
ausstellung
bis 9.7., Graz
kultura: Weibliche Positionen. Kuratiert von Veronika Dreier. Mit Norbertine Bresslern-Roth, Sarah Godthart,
Agnes Harrer, Lotte Hendrich, Doris
Jauk-Hinz, Karina Lernbeiß, Erika
Lojen, Doris Lötsch, Erika Thümmel
und Eva Ursprung, Eva & Co. u.v.m.
Galerie Kon-temporär, 8020 Graz,
Griesplatz 10, Di–Fr 11–18.00, Sa
10–13.00, T. 0316/877-2446,
www.kulturservice.steiermark.at
bis 9.7., Wien
Georgia Creimer: Mind/Mirror/Calf
Galerie Raum mit Licht, 1070 Wien,
Kaiserstr. 32, Mi–Fr 14–18.00, Sa
11–14.00, T. 01/524 04 94,
www.raum-mit-licht.at
bis 11.7., Salzburg
Partizipation. Politik der Gemeinschaft. Kuratiert von Hemma Schmutz.
Mit Irina Botea, Jeremy Deller Oliver
Hangl, Tellervo Kalleinen/Oliver Kochta-Kalleinen, Ruth Kaaserer, Christine
und Irene Hohenbüchler u.a.
Salzburger Kunstverein, 5020
Salzburg, Hellbrunner Str. 3, Di–So
12–19.00, T. 0662/84 22 94-27,
www.salzburger-kunstverein.at
bis 24.7., Wien
Judith Fegerl: SELF
Kunstraum Niederösterreich, 1014
Wien, Herreng. 13, T. 01/90 42
111, www.kunstraum.net, Di–Fr
11–19.00, Sa 11–15.00, Eintritt
frei
Juli August 2010 an.schläge l 43
an.künden
Tales from the flipside
Ein Highlight des diesjährigen Kasumama Afrika
Festivals im Oberen Waldviertel: Fatou Mandiang
Diatta, die in ihrer ehemaligen Heimatstadt Dakar als Sister Fa Karriere machte und seitdem als
erfolgreichste Rapperin Senegals gilt. Gleich am
nächsten Tag ist die mittlerweile in Berlin ansässige
Künstlerin und Aktivistin noch mal live on stage zu
erleben: am 10. Juli im Kulturforum Villach.
Welcome, Ladies!
Mitte August erlebt das deutsche Uni-Städtchen Trier
eine weitere Ausgabe des Ladyfests: Am Programm
stehen Filme, Workshops (u.a. zu „Stencils & Streetart” und „Pop & Gender”), Vorträge von Rapperin
Sookee („Homophobie im HipHop”) und der Berliner Sexpertin Laura Méritt sowie eine Lesung mit
„Vulva”-Autorin Mithu Sanyal. Mit dabei ist auch die
D.I.Y.-Truppe Muschiballett, danach geht’s zum Konzert mit Räuberhöhle und Sookee mit anschließender
Party.
13.–15.8., Tuchfabrik Trier e.V., 54290 Trier,
Wechselstr. 4, Kombi-Ticket 20/erm. 15 Euro, nur
Party und Konzert 12/erm. 7 Euro,
http://ladyfest.blogsport.eu
bis 24.7., Wien
WERKSCHAU XV: Lisl Ponger –
Fact or Truth
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,
Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa
10–14.00, Werkstattgespräch mit der
Künstlerin u. Katalogpräsentation am
20.7., 19.00,
www.fotogalerie-wien.at
bis 30.7., Wien
Herrscher, Krieger und Maskierte.
Artists in Residence: Tea Hatadi
(Kroatien), Heldi Pema (Albanien),
Ardan Özmenoglu (Türkei)
Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universi-
tätsstr. 5, www.kulturkontakt.or.at/air,
Mo–Fr 14–20.00
bis 4.8., Wien
Real Estates: Erinnerung an Orte/
Spuren von Verschwundenem.
Kuratiert von Gabriele Schor. Mit
Bernd und Hilla Becher, Gordon
Matta Clark, James Welling, Joachim
Koester
Vertikale Galerie, Verbund-Zentrale,
1010 Wien, Am Hof 6a, öffentlich
zugänglich im Rahmen der Kunstgespräche, Mi 18.00, Anm.: sammlung@
verbund.at od. T. 0503/13 500 44,
Eintritt frei
9.7., Kasumama Afrika Festival, 3970 Moorbad
Harbach, Holzmühlteich beim Gasthaus Holzmühle, Lauterbach 40, www.kasumama.at; 10.7., Kulturforum Villach, 9500 Villach, Park des Schlosses
Dinzl, Schlossg. 11, www.kulturforumvillach.at
Sister Fa: Hip Hop Yaw La Fal!
Foto: Michael Mann
bis 15.8., Berlin
Hans Bellmer, Louise Bourgeois:
Double Sexus
Sammlung Scharf-Gerstenberg,
14059 Berlin, Schloßstr. 70, Di–So
10–18.00, T. +49/30/266 42 42 42,
www.doublesexus.org
terrollen, Verführung und (sexuelle)
Metamorphose
Galerie Elisabeth Michitsch, 1010
Wien, Opernring 7/12 (Mezzanin),
Mo–Fr 10–18.00, Sommerschließzeit: 26.7.–15.8.,
www.elisabeth-michitsch.at
bis 29.8., Graz
Ines Kaag und Désirée Heiss: BLESS
No 41 – Retroperspektives Heim
Kunsthaus Graz, Space 01, 8020
Graz, Lendkai 1, Di–So 10–18.00, T.
0316/8017-9200, www.museumjoanneum.at/kunsthaus
bis 19.9., Dresden
Stoffe aus Lublin/Blawatne Z Lublina. Ulrike Grossarth – Stefan Kielsznia: Gegenwartskunst und historische
Straßenfotografien aus dem jüdischen
Viertel in Lublin
Kunsthaus Dresden, Rähnitzg. 8,
01097 Dresden, T. +49/351/804
14 56, Di–Fr 12–19.00, Sa u. So
12–20.00, Fr Eintritt frei,
www.kunsthausdresden.de
bis 3.9., Wien
ERSTE Foundation shows: „Gender
Matters” by Davor Konjikusic
ERSTE Foundation, 1010 Wien, Friedrichstr. 10, Besuch nach Terminvereinbarung, T. 01/50 100-15402,
www.erstestiftung.org/erste-foundationshows
bis 5.9., St. Pölten
Grete Yppen: Vom Klang des Malens.
Malerei und Zeichnung 1955–1995
Landesmuseum Niederösterreich,
3100 St. Pölten, Kulturbezirk 5,
Di–So, Feiertage 9–17.00, Mo (außer
Feiertag) geschlossen,
www.landesmuseum.net
bis 18.9., Wien
Christy Astuy, Michela Ghisetti:
Paintings and Drawings. Geschlech-
bis 26.9., Klosterneuburg
Niki de Saint Phalle: Im Garten der
Fantasie
ESSL MUSEUM – Kunst der Gegenwart, 3400 Klosterneuburg/Wien,
An der Donau-Au 1, T. 02243/370
50 150, www.essl.museum, Di-So
10–18.00, Mi 10–21.00
bis 3.10., Wien
Now I See – Retrospektive von
Brigitte Kowanz
MUMOK – Museum Moderner Kunst
Stiftung Ludwig Wien, 1070 Wien,
Museumsplatz 1, Mo–So 10–18.00,
Do 10–21.00, www.mumok.at
Feiern unter dem
Regenbogen
Foto: H.A.P.P.Y.
44 l an.schläge Juli August 2010
Wohin nach der Regenbogenparade? Die After-Pride-Party
im WUK hat Tradition: Zum sechsten Mal bitten der multikulturelle Club Homoriental und das queere House-Kollektiv
H.A.P.P.Y. auf die Tanzfläche. Gleich auf der anderen Seite des
schönen WUK-Innenhofs feiert das FZ-Beisl unter dem abgewandelten Motto der Parade „We are the lesbian women’s
collective”. Wer zur Official Pride Night möchte, begibt sich
entweder in den Ost-Klub, wo die beiden queeren Party-Institutionen Queer:Beat und BallCanCan fusionieren, oder ins
brut Künstlerhaus – dort hosten die Veranstalter von Sündikat
den Dancefloor. Im brut Konzerthaus wiederum wird – im Anschluss an die „Burlesque Brutal”-Show – das feministische
DJ-Kollektiv Quote das Haus bis in die queeren Morgenstunden rocken. Details siehe unter: tanz fest musik
bis 26.10., Hittisau
Ich bin Ich: Susi Weigel. Trickfilmzeichnerin und Illustratorin
(1914–1990)
Frauenmuseum, 6952 Hittisau,
Platz 501, T. 05513/620 930, www.
frauenmuseum.at, Do 15–20.00, Fr
14–17.00, Sa u. So 10–12, 14–17.00
31.8.–29.9., Wien
IDENTITÄT II: Identitätsstiftung.
Mit Oreet Ashery, Hubert Blanz, Katharina Cibulka, Shahram Entekhabi,
Astrid Korntheuer, Trish Morrissey
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,
Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00,
Sa 10–14.00,
www.fotogalerie-wien.at
lesung
9.7.–27.8., 20.30, Wien
o-töne. Aktuelle österreichische Literatur
im MuseumsQuartier. Mit Melitta Breznik, Franzobel, Verena Roßbacher, Wolf
Haas u.a., 1070 Wien, MuseumsQuartier
Wien, Museumsplatz 1, jeden Do, Open
Air, freier Eintritt, www.o-toene.at
aktivitäten
Do, 17.30–20.45, Wien
SAPPHO – Psychotherapeutische
Gruppe für lesbische und bisexuelle
Frauen: Das zufriedene les-bi-sche
Ich bin Ich
Beratungsstelle COURAGE, 1060
Wien, Windmühlg. 15/1/7, 14-tägig
jeweils Do, Kosten: Euro 48 pro
Abend, Anm.: T. 01/585 69 66, www.
courage-beratung.at
jeden 2. Fr im Monat, 17.30, Wien
ARGE Dicke Weiber: gegen Diskriminierung und Schlankheitsterror – für
Vielfalt und positive Selbstbilder
FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59/Stiege 6,
http://argedickeweiber.wordpress.com
jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien
Frauen-Lesben-Theatergruppe, für
Frauen und Mädchen jeden Alters
FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien,
Währingerstr. 59/Stiege 6, Infos:
Regina Stierschneider, T. 0664/186
06 13, [email protected]
1.7., 2.7., 3.7., 11.00 u. 17.00, Wien
Regenbogenführungen an der Universität Wien: Homosexualität in der
an.künden
Mach die Welle
Im Rahmen der Initiative „Ke Nako Afrika –
Afrika jetzt!” organisiert FairPlay am 3. Juli
ein Kleinfeldturnier für Frauen- und Mädchenteams ab 14 Jahren. Teilnehmen können
Vereinspielerinnen, Hobbyspielerinnen sowie
interessierte Mädchen und Frauen. Maximal zehn Teams spielen in zwei Gruppen,
die Gruppenersten und -zweiten spielen in
Kreuzspielen um den Finaleinzug. Die Spieldauer beträgt sieben Minuten. Teamgröße
am Spielfeld: vier Spielerinnen.
Foto: Kurt Wachter, FairPlay
Welt der Wissenschaft
Universität Wien, 1010 Wien, Dr.Karl-Lueger-Ring 1, Kosten: 3 Euro,
Dauer ca. 60 Minuten, Anm. u. Infos:
http://event.univie.ac.at/fuehrungen/
regenbogen-fuehrungen
2.7., 14.00, Wien
Schwul/lesbischer Stadtspaziergang.
Mit QWien-Guide Andreas Brunner
Treffpunkt: Burgtheater/Kasino, 1010
Wien, Schwarzenbergplatz 1, Kosten:
7 Euro/Person, T. 01/966 01 10,
http://qwien.at
3.7., 14–18.00, 1020 Wien, Sportanlage
Venediger Au (beim Praterstern), Anm. u.
Infos: [email protected] od. T. 01/713 35
94-97, http://fairplay.vidc.org
2.7., 18.00, Wien
Rathausführung andersrum, veranstaltet von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
Treffpunkt 18.00 beim RathausStadtinformationszentrum, 1010
Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 1, T.
01/4000-81449, www.hosiwien.at/
prideevent/rathausfuhrung-andersrum
3.7., 14.00, Wien
Regenbogenparade 2010. Motto
dieses Jahres: We are family!
Route: Urania, Franz-Josefs-Kai,
Schwedenplatz, Ringturm, Börse,
Universität, Rathausplatz, Oper,
17–22.00 Abschlusskundgebung am
Schwarzenbergplatz,
www.hosiwien.at/regenbogenparade
9.7., 15–18.00, Graz
Mini-Comic. Workshop mit Edda
Strobl (Graz), für Menschen von
11–99 Jahren. Ein A4-Blatt wird
mit wenigen Handgriffen zu einem
achtseitigen Comic-Heftchen.
Volksgarten, Arena vor der Kreuzkirche, bei Schlechtwetter im <rotor>,
8020 Graz, Volksgartenstr. 6a,
http://rotor.mur.at
20.7., 10–16.00, Wien
Dein Design mit Holz. Für Mädchen,
mit Katja Nußbaumer, Werk Möbelbau
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789
45 45, www.sprungbrett.or.at
„It‘s a free world” von Ken Loach im Volxkino am 10.7.
Freiluftbilder
26.–27.7., 10.–16.00, Wien
Girls in the City! Selbstverteidigung
für Mädchen von 14–17 Jahren. Bei
diesem Workshop sind wir mitten in
der Stadt unterwegs und probieren
aus, was dich sicherer und selbstbewusster macht.
Veranstaltet von Sprungbrett in
Kooperation mit jugendinwien, UKB:
15 Euro, mit jiw-Bon gratis, Anm.
erbeten, T. 01/789 45 45, www.
sprungbrett.or.at
26.7.–14.8. u. 16.–28.8., Traunkirchen
Sommerakademie Traunkirchen.
Mit u.a. Xenia Hausner und VALIE
EXPORT. 26.7.–14.8.: „Figurative Malerei” mit Xenia Hausner,
16.–28.8.: „Serielle Fotografie” mit
VALIE EXPORT
4801 Traunkirchen, Ortplatz 1, Infos
u. Anm.: T. 0664/166 38 13, office@
sommerakademie-traunkirchen.com,
www.sommerakademie-traunkirchen.com
31.7.–1.8., Innsbruck-Freiburg/
Breisgau
Berta Frauen-Kunstreise zur Ausstellung von Katharina und Barbara
Grosse und historische Stadtführung
zum Thema Hexenverfolgung
Kosten: 180 Euro (alles inkl.), Anm.:
[email protected]
oder 0660/5210674
1.8., 12.00, Wien
Brunch: Göttin des Glücks. Modeschau & Präsentation
liebenswert, 1060 Wien, Esterhazyg.
26, T. 01/595 52 55, www.liebenswert.at, www.goettindesgluecks.at
1.–6., 8.–13.8., Finnland
Frauen-Coaching-Wochen in Finnland.
Coaching, multimediale kreative
Methoden und Selbsterfahrung in
traditionellen finnischen Sommerhäusern.
Infos u. Anmeldung: daniela.reiter@
diereiterer.at, www.diereiter.at
1.9.–2.9., 14–17.00, Wien
Rap dich weg mit EsraP. Für Mädchen von 14–17 Jahren
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.
22-24/1/1, UKB: 3 Euro, Anm.
erbeten, T. 01/789 45 45, www.
sprungbrett.or.at
radio
fixtermine
Di, 18–19.00, Wien
Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums
Innsbruck
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di
Di, 21–22.00, Wien
female:pressure – Feministisches
Magazin zu Musik- und Clubkultur
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di
Mi 18–18.30, Salzburg
Frauenzimmer – Plattform für eine
frauenspezifische Information
Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg
Stadt), wöchentlich
Mi 18–19.00, Wien
Bauch, Bein, Po – Die Sendung für
die ganze Frau
Orange 94.0 MHz, jeden 2. Mi
Fr 19–20.00, Oberösterreich
SPACEfemFM Frauenradio
Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden
1., 3. u. 4. Fr
Sa 18–19.00, Deutschland
Rainbow City – Radio für Lesben und
Schwule
97.2 MHz (Berlin), Livestream auf
www.radiorainbowcity.de, wöchentlich
Sa 19–20.00, Steiermark
Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin
Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz),
jeden 4. Sa
So, 19–20.00, Tirol
Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums
Innsbruck
FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),
jeden 1. So
Mo 18–19.00, Wien
Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung
Orange 94.0 MHz, jeden 1. Mo
Mo 19–20.00, Kärnten
Frauenstimmen – Glas žena
Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac),
wöchentlich
Mo 21–22.00, Schweiz
K-Punkt Kalila – Feminine und
feministische Themen
Kanal K 94.9 MHz (Aargau),
Livestream auf http://kanalk.ch,
wöchentlich
Sommerkino ist Freiluftkino – und davon gibt es in
Wien gleich mehrere: etwa das VOLXkino, das älteste
Open-Air- und Wanderkino der Stadt, das in 16 Bezirken über siebzig Filme aus den verschiedensten Genres bei kostenlosem Eintritt anbietet.
Freies Filmvergnügen unter nächtlichem Himmel offeriert auch Kino unter Sternen am Karlplatz – und
das täglich. Vor Filmbeginn wird ein umfangreiches
Rahmenprogramm geboten, bei dem u.a. Regisseur_
innen und Musiker_innen vor die Leinwand treten.
VOLXkino: bis 17.9., Wien, diverse Orte u. Beginnzeiten, www.volxkino.at
Kino unter Sternen: 2.–25.7., Karlsplatz – Resselpark, täglich: Lesungen, Gespräche, Konzerte ab
20.30, Filmbeginn 21.30, www.kinountersternen.at
Di 13–14.00, Wien
Globale Dialoge – Women on air
Orange 94.0 MHz, wöchentlich
Hast du Töne!
Der Festivalsommer steht vor der Tür. Noch unentschlossen, wohin es gehen soll? Eine Empfehlung
ist das Pohoda-Festival in der Slowakei, das mit
einem ausgezeichneten Line-Up aufwartet: Neben
„Balkan-R’n’B-Queen” Miss Platnum und den britischen Indie-Darlings The xx werden mit Crystal
Castles, New Young Pony Club, Sexy Sushi, Metronomy, Scissor Sisters und vielen anderen gleich
mehrere Konzertwünsche auf einmal erfüllt.
„Chefa” Miss Platnum, Foto: Four Music
8.–10.7., Pohoda Festival, Flughafen, 91164
Trencin, www.pohodafestival.sk
Juli August 2010 an.schläge l 45
Vorschau auf die September-Ausgabe:
Peaches Christ Superstar
Kaffee und Interview mit Merrill Beth Nisker
aka Electro-Revoluzzerin Peaches
tv
an.schläge
19.7
., 21.00
zappho des monats
auf O
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to.tv
Ein
an.schläge-tv präsentiert:
B-Star, untötbar von
Sabine Marte – Diagonale-Preis als bester
Experimentalfilm 2010
an.schläge Abo, bitte!
Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro
Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro
Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro
* Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage.
Weitere Infos unter [email protected] oder auf
www.anschlaege.at.
an.schläge gibt‘s in folgenden Buchhandlungen:
Fachbuchhandlung ÖGB
Kuppitsch
Morawa Winter
Frick International
tiempo
Facultas
Lhotzkys Literaturbuffet
Buchhandlung polycollege
phil
Südwind
Tabak Trafik Brosenbauch
1010
1010
1010
1010
1010
1010
1010
1020
1050
1060
1070
1070
Rathausstr. 21
Schottengasse 4
Wollzeile 11
Rathausstr. 18
Schulerstr. 1-3
Johannesgasse 16
Universitätsstr. 7
Taborstraße 28
Reinprechtsdorferstr. 38
Gumpendorferstr. 10-12
Mariahilferstr. 8
Kaiserstr. 96
und auch in vielen Städten in Deutschland.
Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:
www.anschlaege.at
www.myspace.com/an.schlaege
46 l an.schläge Juli August 2010
Riedl
1080
Löwenherz
1090
Südwind
1090
Infoladen Infomaden
1110
Infoladen Treibsand
4040
Kulturverein Waschaecht 4600
Rupertusbuchhandlung
5020
Wagnersche Buchhdlg.
6020
Amazone-Zentrum
6900
Berta – Bücher & Produkte 8020
Hacek-Bücherei
9020
KBuch
9020
Alser Str. 39
Berggasse 8
Schwarzspanierstr. 15
Wielandgasse 2-4
Rudolfstr. 17
Dragonenstr. 22
Dreifaltigkeitsgasse 12
Museumstr. 4
Brockmanngasse 15
Siebenundvierzigergasse 27
Paulitschgasse 5/7
Universitätsstr. 90
Selbstständig
Unselbstständig
Erwerbslos
Infobroschüre
für KünstlerInnen und
andere prekär Tätige
www.kulturrat.at
Der Kampf
ums Gewicht
Körper & Gewicht im Spannungsfeld von Wirtschaftsinteressen,
Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil
28. September 2010
9-18 Uhr
Wiener Rathaus
Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at
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Bundesdeutsche
Flüchtlingspolitik und ihre
tödlichen Folge
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Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften
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Fon 030 – 617 40 440 Fax 030 – 617 40 101
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l
an.schläge
das feministische monatsmagazin. juli august 2010
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Happy Birthday, Ladyfest! Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10 Ruth Klüger Was Frauen schreiben Kriechend zum Mann werden Militarismus und Männlichkeit in der Türkei Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >>
Österreichischer Frauenbericht 2010 >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr an.schläge Nr. 7-8/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M