Von einem Höhepunkt zum Nächsten

Transcription

Von einem Höhepunkt zum Nächsten
OBERNBURG & UMGEBUNG 19
MONTAG, 24. OKTOBER 2011
Pure Lebensfreude – virtuos, temporeich und mitreißend
Musik: Klezmer Quartett Heidelberg begeistert mit Fidel, Klarinette, Trommel und Akkordeon bei Konzertpremiere in der Kleinwallstädter Zehntscheune
KLEINWALLSTADT. Noch vor der offiziel-
Kein Stuhl war mehr frei bei »Elsenfeld liest!«
in der Gemeindebibliothek, als JEGler ihre Reportagen vortrugen.
Foto: Heinz Linduschka
Stelldichein von
Autoren, Lesern
und Musikern
Literatur: »Elsenfeld liest«
in der Gemeindebibliothek
ELSENFELD. Zu »Elsenfeld liest« hatten
die Bibliotheksleiterin Gisela Schlange-Schäfer und die Bibliotheksfreunde
am Freitagabend eingeladen. Bücherfreunde aller Altersgruppen erlebten
vier Stunden lang ein Programm, das
für jedem etwas bot: Zunächst lasen
Jana Bauer, Lea Fischer, Magdalena
Heß, Lena Hock, Janina Klotz, Moritz
Klug, Melina Lieb, Chantal Rücker und
Luisa Schäfer – neun Schülerinnen und
Schüler aus der K 12 des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld – 90 Minuten lang 15 Reportagen, die sie in den
vergangenen Monaten im P-Seminar
»Journalismus« geschrieben haben.
Fotos am neuen Großbildschirm rundeten die Lesung ab. Viele dieser Texte sind schon in der »FAZ« oder im
»Main-Echo« abgedruckt worden.
Ökumenische Lesart
Eine Art »ökumenische Literaturbegeisterung« zelebrierten anschließend
der katholische Pfarrer Dr. Heinrich
Skolucki, der mit großer Empathie
Grass’ »Blechtrommel« aus »pastoraler
Sicht« als Sehnsuchtssignal nach Frieden und Freiheit interpretierte und als
Einladung, in »einen ganz persönlichen Dialog mit der Weltliteratur« zu
treten, bevor der evangelische Pfarrer
Stefan Meyer Ausschnitte aus dem fiktiven Briefwechsel von Dorothea KühlMartini zwischen Marilyn Monroe und
Papst Johannes XXIII. von 1958 bis
1962 las und bekannte: »Als Studierende fanden wir: Briefe zwischen diesen beiden Personen – das passt!« In
einer Art verzweifeltem Hilferuf wendet sich die Schauspielerin an den »gütigen Papst« und fragt: »Kommen Sie
klar mit Ihrer Doppelrolle?«
Ganz kreativ wurde es, als zwei
»dichtende Elsenfelder Damen« aus
ihren Werken lasen. Elisabeth Leibmann, die in einem viel beachteten
Büchlein »Alltagsgeschichten« ihre
Erlebnisse als Altenpflegerin beschrieben hat, trug Ausschnitte aus ihrem neuen, noch ungedruckten Kriminalroman »Nur die Rosen waren
Zeuge« vor, der – mit authentischen
Grundzügen – von Kindermissbrauch
und Rache handelt.
Viel Beifall erhielt sie für ihren Text,
den sie zum Klassentreffen eines 70Jährigen verfasst hat. »Wir sind 70! Na
und?« Dort blättert sie witzig und
nachdenkenswert eine Chronik der
Jahre 1940/41 auf und kulminiert im
»Alles in allem: abge-Brand-t, verKohl-t und ausge-Merkel-t! Aber wir
sind fit!«
Von »Burn out« und »Einsamzeit«
Marga Hartig, mit ihrem Bändchen
»L(i)ebenswert« noch in bester Erinnerung, las ganz neue Prosa und Lyrik, provozierte befreiendes Lachen mit
ihrer Dialektfassung von »Burn out«,
wo es heißt »Die Stunde und ach die
Minute – sinn bis zum Rand total verstoppt / Und dabei wird der Mensch
mitunner überzwerch und fast bekloppt.« Ernst klang ihr hochdeutsches »Die Einsamzeit« mit den Zeilen
»Mit Zeit ein neuer Tag beginnt – Oh
Zeit, wie ich dich hasse!«
Es waren kurzweilige, anspruchsvolle Texte, die musikalisch stilvoll vom
Joanis-Trio aus Großostheim umrahmt
wurden. Einfühlsam spielte Johannes
Kraiß auf dem Keyboard und die Stimmen der Sängerinnen Angelika Hoffmann und Isabell Goldhammer brachten viele Besucher zum Schwärmen,
genau wie die Bilder der Elsenfelder
Malerin Sylvia Kester, die derzeit mit
großem Erfolg im Niedernberger Seehotel ausstellt.
Heinz Linduschka
len Eröffnung des neuen Musentempels in Kleinwallstadt (siehe Seite 17),
der Zehntscheune, fand dort am Freitagabend die erste Vorstellung statt.
»Es ist die Premiere vor der Premiere«, sagte Veranstalterin Birgitte Funk.
Sie hatte das Klezmer Quartett Heidelberg in die neuen Räume geholt und
damit voll ins Schwarze getroffen. Die
Besucher im ausverkauften Haus zeigten sich begeistert und mitgerissen von
einer Musik, die pure Lebensfreude
ausstrahlt und dabei höchst virtuos und
facettenreich interpretiert wurde.
Bürgermeister Thomas Köhler fasste sich in seiner Begrüßung bewusst
kurz. »Sie sollen die schöne Musik genießen.« Mit großem Brimborium zog
das Quartett aus fünf Musikern in den
Saal ein. Die Interpreten ließen es
schon beim ersten Stück richtig krachen, untermalt mit rhythmischem
Trommelschlag, putzmunterer Fidel,
tänzelnden Akkordeonklängen, zwitschernder Klarinette und fröhlich
schmetternder Trompete. Die Melodie
war so temporeich und mitreißend,
dass die Zuhörer bereits zu Beginn in
muntere Stimmung versetzt wurden.
Die gute Laune wurde im Verlauf des
Abends noch getoppt und veranlasste
so manchen Zuhörer zu frenetischen
»Bravo«-Rufen. Aber es waren auch
leise, melancholische Töne, die vom
Klezmer-Quartett intoniert und mit
entsprechenden Begleittexten umrankt wurden.
Martin Leckebusch erzählte die Geschichte vom todkranken Rabbi, dem
ein junges Mädchen sein Leben
schenkte und daraufhin ihr eigenes
aushauchte. Der Rabbi wurde gesund
und durchlebte all das, was dem Mädchen widerfahren wäre, wenn der vorzeitige Tod es nicht dahin gerafft hätte. Die Hoffnung des Rabbis, dass der
Lebenslauf nur eine einzige Schattenseite aufweisen würde, bewahrheitete sich nicht. Das Mädchen hätte
ein sehr glückliches Leben gehabt.
Diese Geschichte hatte das fünfköpfige Ensemble in eine Musik gepackt, die von einer schluchzenden Violine (Michael Leckebusch) eingeleitet
wurde. Nach und nach klinkten sich die
übrigen Musikern ein: Holger Reichert
(Klarinette, Saxofon), Florian Scharnofske (Akkordeon), Roland Döringer
(Kontrabass und Percussion) und Jörg
Teichert (Trompete, Tuba, Mandoline,
Maultrommel), um die schwermütige
Melodie mit den verschiedenen Klangfarben der Instrumente zu nuancieren.
Fast schon schleppend zog sich die
Musik dahin, um zum Schluss in eine
fröhliche Tanzweise zu münden, und
die Zuhörer hatten das Gefühl: Alles
wird gut!
Alle fünf Interpreten zeigten sich
hervorragend aufeinander abgestimmt
und glänzten in ihren Soli als virtuose
Könner. Das Publikum belohnte die mit
Elementen aus Folk, Jazz und EthnoMusik angereicherten Klezmer-Stücke
mit anhaltendem Applaus. Zwei Zugaben wurden erklatscht, bevor die
Gäste das Birgitte Funkes Angebot
nutzten, bei einem Glas Sekt den Abend
ausklingen zu lassen.
Ruth Weitz
Von einem Höhepunkt zum Nächsten
Herbstkonzert: Blasorchester und Big Band des Musikvereins Klingenberg überzeugen im E-Werk mit funkigem Sound
Mit »Jubelklängen« von Ernst Uebel
kündigte Nolte, der von einem Gipfel
der Musikgeschichte zum anderen
durchs kurzweilige Programm führte,
einen weiteren »absoluten Höhepunkt« an. Und in der Tat bewies das
Blasorchester unter der Leitung von
Andreas Pötzl, dass es auch die gehobene Marschmusikliteratur bestens
beherrscht. Das Publikum klatschte
animiert mit. Die geforderte Zugabe
kam in Form von tropischen Rhyth-
Reinhold Wolfstetter
gab 100. Blutspende
OBERNBURG. 68 Teilnehmer, darunter
Auto fährt über Pfosten
1500 Euro Schaden
GROSSWALLSTADT. Ein unbekannter
Autofahrer hat am Samstag gegen
6.30 Uhr an der B 469 auf Höhe des
Parkplatzes einen Leitpfosten erfasst und auf die Fahrbahn geschleudert. Wenig später meldete
ein BMW-Fahrer der Polizei, dass
er über den Standfuß dieses Pfostens gefahren ist. Der Schaden am
Auto beträgt rund 1500 Euro. red
Quer durch die Musikwelt
Von Gipfel zu Gipfel
Nachrichten
drei Erstspender, kamen zum jüngsten Blutspendetermin. Zum 100. Mal
spendete Reinhold Wolfstetter aus
Obernburg. Betreut wurde der Termin von zehn Helfern der Rotkreuzbereitschaft Obernburg unter
Leitung von Anne Strobel. red
Beim
Klingenberger
Herbstkonzert am Samstag im alten EWerk jagte ein Höhepunkt den nächsten. Und: Der Musikverein Klingenberg mit seinem Blasorchester und der
Big Band kann sich nicht nur hören,
sondern auch sehen lassen. In einer
detailfreudig gestalteten Herbstdekoration und in warmes rotes Licht getaucht, überzeugten über 30 Musiker
das Publikum im alten E-Werk.
KLINGENBERG.
Das vielseitige Repertoire machte es
auch Nicht-Blasmusikfans leicht, sich
zu begeistern. Das Blasorchester spielte unter anderem den Beatles-Klassiker »Something« mit einem Tenorsaxofon-Solo von Franz Reisz, gefolgt von
»Nessajah« aus dem Tabaluga-Musical
von Peter Maffay. Die Perkussion-Solisten der Rhythmusgruppe durften
sich beim temporeichen »Fascinating
Drums« von Ted Huggens austoben.
Faszinierend war in der Tat, Florian
Nolte und seinen jungen Musikkollegen dabei zuzusehen, wie sie an den
Drums loslegten, Trommelwirbel auf
Pauken und Kongas losließen.
Harmonisch, aber flott und mit hohen Anforderungen an die Interpreten
verbunden, war das Stück »Twins« von
Jan Hadermann. Matthias Nolte, Pianist, Blechspieler und Moderator in einer Person, beschrieb das Stück mit
Zwillingen, die zwar miteinander aufwachsen, aber grundverschiedene
Charaktereigenschaften entwickeln.
Rhythmus und sonorer Klang: Roland Döringer (links) trommelt und Jörg Teichert bläst
die Tuba.
Foto: Ruth Weitz
Spiegel abgefahren
Polizei sucht Zeugin
KLINGENBERG. Eine Passantin hat am
Sie können einen ordentlichen Marsch blasen, aber noch viel mehr: Die Musiker des Klingenberger Blasorchesters grooven und swingen auch
ganz gut.
Foto: Sylvia Breckl
men der 70er Jahre: Barry Manilow’s
»Copacabana« zum Mitswingen.
Den Funkrhythmus der 70er hatte
auch die Big Band des Musikvereins
voll drauf. »Geil, oder?«, fragte Leiter
Thorsten Schölch, der im zweiten Teil
des Konzertabends durchs Programm
führte und viele der Bossa Nova,
Swing- und Latin-Stücke selbst arrangiert hatte. Und »geil« war der
Sound der Big Band in der Tat. Schon
der Auftakt, »Zarathustra Reloaded«,
einst klassisch von Richard Strauss
komponiert, jetzt von Schölch gefeatured, war an coolem funky Beat kaum
zu überbieten. Die 60er Jahre waren mit
den wunderbaren brasilianischen
Bossa-Nova-Stücken, »The Girl from
Ipanema« und »Quiet Nights of quiet
Stars« (Antonio Carlos Robin) vertreten. Den leicht unterkühlten Unterton
brachte Andi Schecher am Tenorsaxofon herrlich melancholisch rüber.
Die Swing-Zeit der 50er Jahre kam
mit Solistin Mona Daub, die mit Baritonsaxofon wundervoll im Stil des USamerikanischen
Jazz-Komponisten
Sammy Nestico spielte. Mit dem salsaähnlichen »Calle Ocho« bewies die Big
Band ihr Fable für lateinamerikanische Rhythmen, was beim Publikum
gut ankam, so dass unweigerlich »Pick
up the Pieces« als Zugabe folgte. Bei
dem groovigen Funkstück mit afroamerikanischem Soul und Jazz-Einflüssen offenbarte die Big Band ihr
ganzes Können.
Das Zusammenspiel von Solisten wie
Melanie Wolf am Piano, Arno Weimer
an der Posaune und Christina Schnabel machten den Reiz dieser fast psychedelisch anmutendend Sounds der
70er Jahre aus. Zum klanggewaltigen
Finale spielten Blasorchester und Big
Band gemeinsam das legendäre »Music« von John Miles. Das war dann
wirklich der absolute und letzte Höhepunkt.
Sylvia Breckl
Samstag um 10.30 Uhr beobachtet,
wie ein schwarzer Renault Clio in
der Rosenbergstraße in Klingenberg an einem geparkten Opel Astra den Außenspiegel demolierte
und ohne anzuhalten davonfuhr.
Die unbekannte Zeugin nannte
dem Halter des beschädigten Autos
die Daten des Verursachers. red
b
Die Zeugin wird gebeten, sich zwecks
Aussage bei der Obernburger Polizei zu
melden, Tel. 0 60 22 / 62 90.
Anzeige
Vielseitiges Mammutprogramm mit musikalischen Glanzpunkten
Festival nach Noten: Gemeinschaftskonzert des Jugendorchesters sowie der Blaskapellen aus Eschau, Hobbach und Sommerau in der Elsavahalle
ESCHAU. Dass eine Marktgemeinde mit
rund 4000 Einwohnern vier konzertreife Bläserensembles besitzt, ist eher
ungewöhnlich und erfreulich zugleich.
Das 27. Gemeinschaftskonzert in der
Elsavahalle Eschau war ein deutlicher
Beweis dafür. Bei der fast vierstündigen Mammutveranstaltung boten alle
Bläsergruppen ein attraktives Programm voller Glanzpunkte und übertrafen sich nicht selten in Stil und
Stimmführung.
Die Entwicklung der Young Brass
Generation fand besondere Aufmerksamkeit. Und der von Dieter Michler
geförderte und geleitete Nachwuchs
schlief nicht, wenn man sich der
»Highlights from Brother Bear« nach
Phil Collins, der »New Generation« von
Dennis Baker und der von Johnnie arrangierten »Disco Lives« erinnert.
Bei den ortsteilbezogenen Ensembles kam zwangsläufig ein gewisser
Ehrgeiz bei ihren Auftritten heraus.
Das fing schon mit dem Spessartklang
Hobbach an, der unter der temperamentvollen Christina Zipf dem un-
vergessenen Ernst Mosch und dessen
Schule mit dem schmissigen »Pfeffer
und Salz« sowie der »Steeephans Polka« (Ernst Pfluger) ein würdiges
Denkmal setzte. Auf dem Kurzprogramm des Hobbacher Ensembles
standen immerhin »Ich war noch niemals in New York« von Udo Jürgens,
ein sehr hübsches »Howard Carpendale-Medley«, »Hard Rock Cafe« von
Carole King und die Nationalhymne
»Dem Land Tirol die Treue« (Florian
Pedarnig), deren Text die Bläserinnen
und Bläser mitsangen. Anna Amrhein
(Klarinette) und Klara Brand (Saxofon) wurden an diesem Abend mit Silbernen Leistungsabzeichen geehrt.
Beim Sommerauer Bläserchor unter
Dieter Michler ließen vor allem die Saxofone und Klarinetten aufhorchen.
Auch das Blech war harmonisch. Die
Polka »Böhmischer Frühling« gab
Michler getragen wieder, während die
flotten »Songs of Elvis« den nötigen
Jazzrhythmus besaßen. Posaunen- und
Trompetensoli waren das Salz in der
Suppe. Musikalische Ausflüge zu Franz
von Suppés komischer Oper »Leichte
Kavallerie« und ein Besuch bei Jacques
Offenbach ( Hoffmanns Erzählungen –
Orpheus in der Unterwelt) würzten den
Auftritt der Sommerauer. Der obligate
Marsch, »Mars der Medici« des Niederländers Johann Wichers, durfte
nicht fehlen.
Der Musik- und Fanfarenzug Eintracht Eschau unter Dirigent Lothar
Gruza beendete das gut besuchte Festival nach Noten und erfreute besonders mit einem Jodler-Potpourri, in
dem der Andachts- und der Überseejodler sehr gut ankamen. Die Polka
»Junges Musikantenherz« und das
Stück »Wann wird’s mal wieder richtig
Sommer« erhielten ebenfalls viel Beifall. Soloauftritte für Trompete (Klaus
Jaxtheimer), Flügelhorn (Ludwig Dyroff) und Klarinette (Maximilian Herrmann) begleiteten das »Gloria« von
Zdenek Gursky. Der tschechische Altmeister Julius Fucik steuerte seinen
Leitmeritzer Schützenmarsch bei.
Vorsängerinnen bei der abschließenden Bayernhymne waren die neun-
jährigen Jana Hofmann und Lena Miltenberger.
Zwischendurch erfolgte die Ehrung
von Sven Freudenberger (12) und
Klaus Freudenberger (51), beide vom
Musik- und Fanfarenzug Eschau, de-
nen Moderator Heinrich Horlebein das
Leistungsabzeichen in Bronze n des
Musikverbands überreichte. Weitere
Moderatoren waren Gerhard Rüth,
Hobbach, und Wolfgang Janny, Sommerau.
Wolfgang Tulaszewski
Young Brass Generation beim Festival nach Noten in der Elsavahalle.
Foto: Wolfgang Tulaszewski