FLAG aktuell: Von FLAG zum «Neuen ergebnisorientierten
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FLAG aktuell: Von FLAG zum «Neuen ergebnisorientierten
Eidgenössisches Finanzdepartement EFD Eidgenössische Finanzverwaltung Ausgabenpolitik Programm FLAG Benjamin Pauli / Marc Elsener FLAG aktuell Von FLAG zum «Neuen ergebnisorientierten Führungsmodell der Bundesverwaltung» Welche Zukunft für FLAG? Dieser Frage gingen rund hundert Mitarbeitende und Kader der Bundesverwaltung anlässlich der Informations- und Erfahrungstagung vom 19. August 2010 nach. Im ersten Teil analysierten Fachleute aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung in drei Referaten die Chancen und Optionen einer Weiterentwicklung der ergebnisorientierten Führung. Die präsentierten Szenarien, Thesen und Erfahrungen boten dem Podium im zweiten Block beste Voraussetzungen, die Erfolgsfaktoren eines neuen Führungsmodells für den Bund auszuloten. Mit der Einladung, einen mutigen Blick in die Zukunft zu wagen, eröffnet Martin Heimgartner, Programmleiter FLAG, die diesjährige Tagung. Wie soll die Bundesverwaltung in zehn Jahren geführt werden? Welche Faktoren entscheiden über den Erfolg einer Neuausrichtung der Führungsprinzipien? Wird FLAG dabei zum Vorbild, oder ist es ein Auslaufmodell? Mit Blick auf die Erfahrungen der letzten Jahre darf festgestellt werden: FLAG funktioniert. Prozesse und Instrumente bewähren sich, Ergebnisorientierung, Leistungsbewusstsein und Arbeitszufriedenheit sind in den FLAG-Einheiten im Vergleich zur traditionell geführten Verwaltung nachweislich höher. Ebenso tragen die ControllingSysteme zu mehr Transparenz und damit zu einem informierteren Diskurs an der Schnittstelle zwischen politischer und betrieblicher Führung bei. Fest steht aber auch, dass namentlich die Eidgenössischen Räte dem FLAG-Modell bis anhin mit Zurückhaltung begegnen und mit seinen Prinzipien nur mässig vertraut sind. Kaum jemand stellt jedoch in Frage, dass das Nebeneinander zweier Führungsmodelle auf Dauer nicht erfolgsversprechend sein kann. Dies zeigt auch die Analyse des nationalen und internationalen Umfelds, wo duale Modelle nur eine Übergangsphase markierten und der Trend zu einer flächendeckenden Anwendung ergebnisorientierter Steuerungsmodelle anhält. Mithin scheint die Zeit reif, auch für die Bundesverwaltung konkreter über Gestaltung und Gestalt eines neuen, integrierten Führungsmodells nachzudenken. Verwaltungsführung 2020: Vier Szenarien Stefan Rieder vom Luzerner Institut Interface für Politikstudien und profunder FLAG-Kenner, eröffnet den ersten Teil der Veranstaltung mit der Herleitung von vier Szenarien zur Zukunft von FLAG. In einem ersten Schritt blickt Rieder vergleichend auf die jüngere Entwicklung der Verwaltungsführung im In- und Ausland. Dabei stellt er einen deutlichen Trend des Ausbaus wirkungsorientierter Modelle fest. Während die bisherigen „NPM“-Vorreiter Neuseeland und Grossbritannien die Nase weiter vorne haben, sind in den Niederlanden, Deutschland und Österreich Modelle ergebnisorientierter Steuerung in Kraft bzw. in Planung. In Frankreich wurde vor wenigen Jahren ein vergleichbares Führungsmodell eingeführt (vgl. Info- / Erfa-Tagung 2008). Insbesondere auch im Vergleich zu den Kantonen hat sich der Bund bei der Ausweitung von FLAG deutlich langsamer entwickelt. In einem zweiten Schritt hält Rieder die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umsetzung von FLAG fest. Sein Gesamturteil: Die positiven Befunde überwie- Stefan Rieder vom Luzerner Institut Interface für Politikstudien gen. Günstig fällt das Fazit zunächst auf Stufe Verwaltung aus, wo der erhöhte Handlungsspielraum, die Kostentransparenz und die Kundenorientierung sowie FLAG aktuell die Arbeitszufriedenheit herausstechen. Auch auf Stufe Regierung / Departement sowie mit Blick auf die Einbindung des Parlaments ist die Bilanz tendenziell positiv: Während namentlich die Qualität der Instrumente und Prozesse oder auch die Miliztauglichkeit zu den Stärken zählen, ist die mässige Bekanntheit von FLAG im Parlament (zurückzuführen auf die politisch eher weniger sensiblen Aufgaben der FLAG-Einheiten) oder die parallele Verwaltungsführung mit zwei Modellen kritisch anzuführen. Ein grundlegendes Manko besteht zweifellos auch darin, dass auf politischer Ebene dem FLAGProgramm bis heute ein starker Promotor fehlt. Für Rieder sind drei Einflussfaktoren für FLAG von Bedeutung: Erstens die Staatsleitungsreform, aus welcher grundsätzlich eine Stärkung der Departemente und der Anwendung von Leistungsaufträgen hervorgehen kann. Zweitens der im Zuge der Schuldenbremse generell anhaltende Druck auf Effizienz und Wirksamkeit der Bundesämter sowie die einfa- Oktober 2010 chere Umsetzung von Sparvorgaben in Globalbudgets. Drittens die verstärkt auf die Wirkungsseite fokussierende Legislatur- und Departementsplanung. Gestützt auf die Analyse postuliert Rieder vier Szenarien: 1. FLAG als vorübergehender Modetrend, 2. die Zerlegung von FLAG, bei der einige wenige „NPM“Elemente erhalten bleiben, 3. die schrittweise Weiterentwicklung, 4. Der fundamentale Wechsel zu einer „NPM“-dominierten Verwaltungsführung. Gestützt auf unterschiedliche Annahmen bei der Entwicklung der zentralen Bestimmungsgrössen – z.B. Finanzdruck, Existenz eines Promotors oder Vorbilder im Inund Ausland – hält Rieder das Szenario 3, d.h. den schrittweisen Ausbau von „NPM“ in der Bundesverwaltung für das wahrscheinlichste Szenario. Zur Stärkung dieses oder auch des vierten Szenarios rät Rieder, dass sich namentlich Regierung und Verwaltungsspitzen verstärkt als Promotoren engagieren, dass der Messung von Leistungen und Wirkungen deutlich höhere Bedeutung zugeschrieben wird oder auch dass das Parlament besser auf FLAG vorbereitet wird. Weiterentwicklung von FLAG: Drei Optionen Nachdem Stefan Rieder sich der Frage über die Zukunft von FLAG aus einer wissenschaftlichempirischen Sicht genähert hat, fokussiert Karl Schwaar, stellvertretender Direktor der Eidg. Finanzverwaltung, auf die konzeptionellen Aspekte einer Weiterentwicklung der wirkungsorientierten Führung in der Bundesverwaltung. Ausgehend von den insgesamt positiven Ergebnissen des Evaluationsberichts FLAG 2009 erläutert er drei Optionen für die künftige Gestaltung von FLAG, die der Bundesrat einer vertieften Prüfung unterzieht. Karl Schwaar, stellvertretender Direktor Eidg. Finanzverwaltung Eine erste Option ist die Konsolidierung von FLAG. Diese Option verursacht kaum Aufwand, doch überwiegen aus Sicht der EFV die Nachteile: Die Vorzüge von FLAG könnten weiterhin nur von einem eher zufällig zusammengesetzten Teil der Verwaltung genutzt werden. Zu befürchten wäre, dass der Anschluss an die nationale und internationale Entwicklung verloren ginge. Nicht zuletzt droht auch die Gefahr, dass das Führungsmodell FLAG im Zuge von weiteren Ausgliederungen aus der zentra- len Bundesverwaltung die kritische Masse allmählich verliert. Die zweite Option sieht einen gezielten Ausbau von FLAG vor. Dabei müsste anstelle des bisherigen Freiwilligkeitsprinzips neu der Bundesrat anhand von Standardkriterien entscheiden, welche Verwaltungseinheiten nach FLAG geführt werden sollen. Rund die Hälfte der zentralen Bundesverwaltung würde so auf FLAG umgestellt, schätzt Schwaar. Auch diese Variante wäre mit relativ geringem Aufwand verbunden. Allerdings würde das Problem der Dualität akzentuiert – namentlich bei der finanziellen Führung. So ist etwa bei Sparvorgaben nicht immer klar, welche Regeln nun für wen gelten. Die dritte Option schliesslich zielt darauf ab, die Vorteile der beiden bestehenden Modelle – d.h. die sichere und Steuerung des Haushalts einerseits und die transparentere Verknüpfung von Ressourcen und Leistungen mit dem Ziel einer stärkeren Ergebnisorientierung andererseits – unter einem Dach zu vereinen. Wie eine solche dritte Option, also ein Neues Führungsmodell der Bundesverwaltung (NFB), in den Eckpunkten zu gestalten wäre, darüber hat sich die Finanzverwaltung in jüngerer Zeit mit verschiedenen Exponenten der Wissenschaft ausgetauscht. Schwaar plädiert für eine gewisse Bescheidenheit: Unter dem Schlagwort „NPM“ wurden oft falsche Erwartungen geweckt und Enttäuschungen erzeugt. Während ein NFB wohl überfordert wäre, die strategisch-politische Steuerung durch den Bundesrat zu verbessern, darf als Hauptziel doch eine Stärkung der finanziellen Führung durch Parlament, Bundesrat und Verwaltung gefordert werden. Schlüsselfaktoren sind dabei: Vorgabe von klaren Leistungszielen und deren valide Messung, systematische Verknüpfung von Leistungen und Ressourcen, Verstärkung der Mittelfrist- FLAG aktuell Perspektive, Globalbudgets sowie Anreize für wirtschaftliches und wirksames Handeln. Wie ein neues Führungsmodell in die bestehende Steuerungslandschaft eingefügt werden könnte, diskutiert Schwaar anhand von sieben Thesen: Ein NFB sollte zunächst den unterschiedlichen Rationalitäten von Politik und Management Rechnung tragen. Dabei wäre ein dosiertes Miteinander anzustreben, das sowohl eine strikte Trennung als auch eine mechanistische Zielkaskadierung vermeidet. Drehund Angelpunkt eines NFB wäre ein Integrierter Aufgaben- und Finanzplan (IAFP), der sich sachlich über rund 80 Leistungsgruppen und zeitlich über die gesamte Finanzplanperiode erstreckt und dem die Funktion eines politischen Leistungsauftrags zukommt. Dieser soll als wichtigstes Führungsinstrument zwischen Departement und Verwaltungseinheit in einem – verglichen mit dem heutigen FLAGLeistungsauftrag – abgespeckten Leistungskontrakt konkretisiert werden. Ergänzende Führungsinstrumente sind überdies denkbar. Angesichts der vielgestaltigen Aufgaben der Bundesverwaltung wäre eine weitere Standardisierung aber kontraproduktiv. Wichtig bleibt indes ein griffiges Controlling, das jederzeit aussagekräftige Informationen über Leistung und Wirtschaftlichkeit bereit hält: „Kompetenz (Befugnis) gibt es nur gegen Transparenz!“ erklärt Oktober 2010 Schwaar. Wie die Einflussmöglichkeiten des Parlaments gestaltet werden sollen, ist eine zentrale Frage für ein NFB. Sicher ist etwa, dass die Budgethoheit nicht geschmälert werden darf. Zum andern soll aber auch – angesichts der vermehrten Verfügbarkeit leistungsseitiger Informationen – der Versuchung widerstanden werden, Bundesrat und Verwaltung zu übersteuern. Hier gilt es, im Spannungsfeld der Zuständigkeiten von Legislative und Exekutive einen angemessenen Mittelweg zu finden. Dies wird primär die Aufgabe des Parlaments selbst sein. Nicht zuletzt deshalb haben verschiedene Parlamentsmitglieder das Anliegen geäussert, dass ein solches Projekt von einer parlamentarischen Kommission eng begleitet werden müsse. In einem nächsten Schritt sollte der Bundesrat mit Blick auf rechtliche, ökonomische und politische Aspekte eine Richtungswahl unter den drei Optionen treffen und einen entsprechenden Projektauftrag erteilen. Dass das FLAG-Team und er selbst über einen Entscheid für die dritte Option eines NFB alles andere als unglücklich wären, legt Schwaar ohne Umschweife offen, geht es doch nicht zuletzt darum, die Bundesverwaltung agil und leistungsfähig zu halten und den Anschluss an die Entwicklungen im In- und Ausland zu gewährleisten. Angeregte Gespräche in der Pause Politische Anforderungen an ein Führungsmodell Im dritten Referat geht Nationalrätin Ida GlanzmannHunkeler (CVP, LU) auf die politischen Anforderungen an ein ergebnisorientiertes Führungsmodell ein. Hintergrund ihrer Ausführungen sind insbesondere die Erfahrungen im Kanton Luzern, der ab 1995 die wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WOV) in einem sechsjährigen Pilotversuch erprobte und ab 2001 flächendeckend für die ganze Kantonsverwaltung einführte. Dabei hat sich die Begleitung der Arbeiten durch eine parlamentarische Spezialkommission als besonders hilfreich erwiesen. Tatsächlich handle es sich bei einer solchen Reform ja nicht nur um die technische Entwicklung eines Steuerungsinstrumentariums, sondern auch um einen Lern- und Entdeckungsprozess, bei dem Skepsis anfänglich dominiere und erst im Lauf der konkreten Arbeit mit den Ämtern der Neugier und der Begeisterung weiche, berichtet die Referentin. Diese Erfahrung sei wichtig, um die anderen Parlamentskolleginnen und -kollegen von Gewinn und Tauglichkeit des neuen Modells überzeugen zu können, sei dies in informellen Gesprächen oder im Rahmen der formellen parlamentarischen Mitsprache. Seit der flächendeckenden Einführung von WOV im Kanton Luzern sind über acht Jahre vergangen. In ihrem Fazit hält Glanzmann-Hunkeler fest, dass WOV neue Akzente in der Rolle des Parlaments gesetzt hat: Der parlamentarische Einfluss in der politisch-strategischen Steuerung ist gesamthaft gesehen nicht geringer, sondern wesentlicher und mithin effizienter geworden. Dies ergibt sich beispielsweise aus dem systematischen Abgleich des Voranschlags mit dem Legislaturprogramm und basiert wesentlich auf einem straffen und überschaubaren Instrumentarium für die Oberaufsicht. Positiv hervorzuheben ist schliesslich, dass die institutionelle Neuerung den erhofften Kulturwandel FLAG aktuell namentlich auch beim Parlament in Gang setzte und, im Zuge einer kontinuierlichen Weiterentwicklung, weiter in Gang hält. Bezogen auf FLAG stellt Glanzmann-Hunkeler fest, dass die betroffenen Einheiten in der parlamentarischen Budgetberatung wenig Aufmerksamkeit geniessen. Dies mag einerseits mit den spezifischen Aufgaben zu tun haben, die politisch weniger stark exponiert sind. Insbesondere stellt sich aber auch die Frage, wie gut die Räte selbst FLAG kennen und Bescheid wissen über ihre eigenen Kompetenzen und jene der FLAG-Einheiten. Solches Wissen zu fördern muss daher ein vorrangiges Ziel sein, gerade mit Blick auf Weiterentwicklung der ergebnisorientierten Steuerung in der Bundesverwaltung. Eine Verfestigung des heutigen Nebeneinanders von zwei Führungsprinzipien ist aus Sicht der Referentin kaum zukunftsfähig. Anzustreben sei vielmehr eine klare Strategie zur Aufhebung der Dualität mit neuen, einfachen und abgestimmten Instrumenten – beispielsweise im Rahmen eines Integrierten Aufgabenund Finanzplans. Damit diese adäquat genutzt werden Oktober 2010 Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler (CVP, LU) können, sei eine gezielte Schulung aller Parlamentsmitglieder entscheidend. Denn erst mit ausreichender Kenntnis der Instrumente wächst auch das Vertrauen in diese und in das ganze Modell. An erster Stelle steht aber für Glanzmann-Hunkeler, dass der Bundesrat von einem neuen Führungsmodell des Bundes selbst überzeugt ist und alles daran setzt, das Parlament dafür zu begeistern. Erfolgsfaktoren eines neuen ergebnisorientierten Führungsmodells Barbara Haering, econcept Zürich, moderiert das Podium: Als Teilnehmende zu den drei Referenten gestossen sind: Brigitte Rindlisbacher, Generalsekretärin VBS, Martin Dahinden, Direktor DEZA und Michael Gysi, Direktor Agroscope Liebefeld-Posieux. Ist FLAG primär ein Set technischer Instrumente? Oder bringt die Arbeit mit einer integrierten Steuerung von Leistungen, Wirkungen und Ressourcen auch einen Kulturwandel mit sich? Die vielfältigen praktischen Erfahrungen und Erkenntnisse aus der FLAGPraxis der vergangenen Jahre liefern auf die Frage der Moderatorin Barbara Haering, econcept Zürich, eine klare Antwort: FLAG wirkt. So hält Michael Gysi für Agroscope fest, dass das Verständnis der übergeordneten Ziele bei Mitarbeitenden und Kader geschärft und der eigene Beitrag an das Gesamtziel besser erkennbar wurde, was die Arbeitsmotivation stimuliert. Unbestritten ist auch, dass ein Globalbudget und erweiterte Handlungsspielräume dazu beitragen, Kosten zu senken und die Ressourcen dorthin zu lenken, wo sie am besten zur Zielerreichung beitragen, wie Martin Dahinden aus der Führungspraxis im Schweizer Aussennetz berichtet. Wirkungsorientierung in der täglichen Arbeit oder auch geeignete Anreize sind dabei fundamental. Allerdings bestehen bei der Messung von Wirkung und Leistung – wichtig für das Systemvertrauen der übergeordneten Führungsinstanzen wie Bundesrat und v.a. Parlament – nach wie vor grosse Herausforderungen. Für Stefan Rieder ist die Erhebung und Abbildung der Ergebnisseite einer der ganz grossen Knackpunkte: Nicht nur, dass sich gewisse Wirkungen einer Messung technisch bedingt entziehen können, oft ist die Interpretation so komplex und fragil, dass eine Darstellung politisch wenig erwünscht ist. Wo indes das Knowhow fehlt, ist die Lösung einfacher, da in der Evaluationsforschung und in der Verwaltungspraxis – auch ausserhalb von FLAG – beachtliche Fortschritte erzielt wurden. Überdies existieren für zahlreiche Aufgaben auch internationale Erhebungen, mit denen sich die Leistungsfähigkeit der Bundesverwaltung vergleichen lässt. Nicht zuletzt stellt auch die Dualität von FLAG und traditioneller Steuerung über Einzelkredite das Parlament und die Verwaltung im Vollzug vor Probleme: Heute sagt die eine Kommission, was zu kaufen sei und die andere, wo man sparen soll. Dabei zeigt sich auch grundsätzlich, wie wichtig die Kohärenz der Instrumente für eine funktionierende Wirkungssteuerung ist. Hier setzt Karl Schwaar an auf die Frage nach den kritischen Erfolgsfaktoren eines neuen Führungsmodells Bund: Gefragt ist ein einfaches und robus- FLAG aktuell tes System, das ohne Perfektionismus auskommt, praxistaugliche Instrumente bietet und auch elastisch genug ist, dass es Differenzierungen nach Aufgaben zulässt. Indirekt ist damit auch die Gestaltung der Nahtstelle von strategischer und operativer Steuerung als kritischer Faktor angesprochen. Hier sind primär Bundesrat und Parlament gefordert, die spezifischen Zuständigkeiten abzustecken und sich – auch im Sinn einer „Selbstbeschränkung“ – auf die Steuerung der übergeordneten Ziele auf mittlere Sicht zu konzentrieren. Übersichtliche Instrumente haben dabei einerseits die unerlässliche Transparenz herzustellen, andererseits kann die Aufgabendelegation an die operative Ebene nicht ohne ein gewisses Mass an Vertrauen stattfinden. Die Diskussionsrunde ist sich allerdings einig, dass sich die politische, strategische und operative Ebene nicht in ein rigides Regelsystem pressen lassen. Denn dass die Politik auch kurzfristige oder spezifische Ziele setzt, ist unvermeidbar und im schweizerischen Politsystem auch gewollt. „Wirkungsorientierte Führung ist weit mehr als die Optimierung von Instrumenten“ (Dahinden) Als weiterer Punkt werden die Anreizstrukturen angeführt: Anreize sind wichtig und können – richtig gesetzt – erheblich zu einem effizienten Mitteleinsatz beitragen. Doch ist diese Absicht diffizil umzusetzen. So führen Fehlanreize nämlich nicht nur zu Fehlentwicklungen, sie können auch die latente Skepsis des Parlaments gegenüber diesem Führungselement weiter vertiefen. Auf die abschliessende Frage, welche Schritte nun in die Zukunft führen sollen, spricht sich Nationalrätin Oktober 2010 Ida Glanzmann-Hunkeler für eine flächendeckende Einführung eines wirkungsorientierten Führungsmodells aus: Zu umständlich und zu schwerfällig wären jene Lösungen, die eine Parallelstruktur vorschlagen. Und ein Zurück in die Vergangenheit zur reinen Inputsteuerung ist heute ohnehin nur noch schwer vorstellbar. „Der wichtigste Erfolgsfaktor ist der Promotor. Wenn er nicht da ist, muss er gefunden werden.“ (Rieder) Sollte sich der Bundesrat für die Option eines Neuen Führungsmodells Bund entscheiden, ist aus einhelliger Sicht des Podiums drei Aspekten ganz besondere Beachtung zu schenken: Erstens muss das Parlament in den Prozess einbezogen werden. Formell ist dazu die Einberufung einer Spezialkommission naheliegend. Zweitens sollte sich der Bundesrat als oberstes Führungsorgan der Verwaltung für das Projekt engagiert einsetzen und den Wandel aktiv mittragen. Drittens schliesslich benötigt ein solches Vorhaben einen starken Promotor, der Verkäuferqualitäten besitzt. Idealerweise wäre dies ein Mitglied der Regierung, stellt Brigitte Rindlisbacher fest, denn „Führen heisst immer auch Verkaufen“. Alternativ kämen dafür auch Persönlichkeiten aus Parlament und / oder Verwaltung in Frage, ist sich die Runde einig. „Die Verwaltung braucht von Zeit zu Zeit ein solches Projekt, um die Reflexion über sich, seine Arbeit und wie man führt am Leben zu erhalten“ (Schwaar) „Window of opportunity“ Er sei in seiner Zeit beim IWF öfter auf den Stand von „NPM“ in der Schweiz angesprochen worden, berichtet Fritz Zurbrügg, Direktor EFV, in seinem Schlusswort. Fast immer kriegte er dabei zu hören, dass das Schweizer Interesse an Performance Budgets wohl gering sein müsse, da ohnehin genügend Geld vorhanden sei. Diese Zeiten, falls sie je existierten, sind heute vorbei, so Zurbrügg. Tatsächlich scheint mit Blick auf die Deskriptoren von Stefan Rieders vier Szenarien die Zeit günstig, sich intensiver mit einem Neuen Führungsmodell Bund auseinanderzusetzen und das „window of opportunity“ zu nutzen. Aufbauend auf dem Neuen Rechnungsmodell sollen Transparenz und Effizienz der Bundesverwaltung nun auch im Bereich Führung erhöht werden. Auch wenn das Parlament heute (noch) keinen Druck ausübt, geht es jetzt darum, im Dialog mit der Politik, die Weiterentwicklung der Führungsprinzipien beim Bund anzupacken. Klar ist, dass ein solches Projekt ehrgeiziger sein soll, als bloss den Status Quo zu optimieren. Es ist daher wichtig, dass der Bundesrat den Richtungsentscheid gut informiert treffen kann. Bei der Ausgestaltung ist unbedingt darauf zu achten, dass das Ganze nicht zu kompliziert wird, appelliert Zurbrügg. Barocke Indikatorenkataloge seien zu vermeiden: „Der Haushalt muss steuerbar bleiben!“ Erfahrungen aus dem In- und Ausland dürften hier überdies interessantes Anschauungsmaterial bieten. Er freue sich, in den nächsten Monaten gemeinsam diese wichtigen Schritte zu unternehmen, schliesst Zurbrügg, und dankt den Anwesenden namens der EFV für das Engagement und Interesse. Alle Referate und weitere Informationen unter: www.flag.admin.ch