Kurzfassung des Zwischenberichts auf Deutsch - Leibniz

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Kurzfassung des Zwischenberichts auf Deutsch - Leibniz
Forschungsprojekt 10.08.06.1.59.6
im Auftrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung:
Aufbau Ost – Synthese gemeinsamer
deutsch-tschechischer Raumordnungsvorhaben
zur Stärkung der territorialen Kohäsion
Zwischenbericht
(Kurzfassung)
Dresden und Brno, 14. Februar 2006
Leibniz-Institut für ökologische
Raumentwicklung e. V. (IÖR)
Ústav územního rozvoje
(Institut für Raumentwicklung)
Auftraggeber
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Deichmanns Aue 31-37
53179 Bonn
Deutschland
Auftragnehmer
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. (IÖR)
Weberplatz 1
01217 Dresden
Deutschland
In Zusammenarbeit mit:
Ústav územního rozvoje (ÚÚR)
(Institut für Raumentwicklung)
Jakubské náměstí 3
601 00 Brno
Tschechische Republik
Projektteam
IÖR:
Dr.-Ing. Markus Leibenath (Projektleitung)
Dip.-Ing. Robert Knippschild
Cand. Dipl.-Geogr. Anke Hahn
Cand. Dipl.-Geogr. Dana Simon
ÚÚR:
Ing. Igor Kyselka, CSc.
Ing. arch. Josef Markvart, CSc.
Ing. Marie Polešáková, PhD.
Mgr. Robert Veselý
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IÖR / ÚÚR: Synthese gemeinsamer deutsch-tschechischer Raumordnungsvorhaben –
Kurzfassung des Zwischenberichts (Feb. 2006)
Inhaltsverzeichnis
1
Vorbereitung der deutsch-tschechischen Arbeitsgruppe für Raumentwicklung .............. 4
2
„Mitteleuropäischer Kristall“ – ein geeignetes Leitbild für den erweiterten
deutsch-tschechischen Grenzraum?............................................................................... 4
3
Schlüsselthemen der großräumigen deutsch-tschechischen Zusammenarbeit
im Bereich der Raumentwicklung.................................................................................... 7
4
Schlussfolgerungen aus dem Vergleich der raumbezogenen Planungssysteme
in Deutschland und der Tschechischen Republik ........................................................... 9
5
Mögliche Handlungsfelder der für Raumordnung zuständigen Ministerien
Deutschlands und der Tschechischen Republik ........................................................... 10
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Kurzfassung des Zwischenberichts (Feb. 2006)
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1
Vorbereitung der deutsch-tschechischen Arbeitsgruppe für
Raumentwicklung
Mit diesem Bericht sollen Informationen für die konstituierende Sitzung der deutschtschechischen Arbeitsgruppe für Raumentwicklung bereitgestellt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei:
•
die großräumige Einordnung des erweiterten deutsch-tschechischen Grenzraums
und der Vorschlag eines Entwicklungsleitbildes,
•
Schlüsselthemen der großräumigen deutsch-tschechischen Zusammenarbeit im
Bereich der Raumentwicklung,
•
der Vergleich der raumbezogenen Planungssysteme in Deutschland und der Tschechischen Republik und daraus resultierende Schlussfolgerungen für die grenzüberschreitende Koordinierung der Raumentwicklung sowie
•
mögliche Handlungsfelder der für Raumordnung zuständigen Ministerien Deutschlands und der Tschechischen Republik.
2
„Mitteleuropäischer Kristall“ – ein geeignetes Leitbild für den
erweiterten deutsch-tschechischen Grenzraum?
Im erweiterten deutsch-tschechischen Grenzraum besteht ein großer Stadt-Land-Gegensatz.
Die Metropolregionen dürften daher für die zukünftige Entwicklung des Gesamtraums besonders wichtig sein. Dies sind die Städte bzw. Regionen
•
Prag,
•
Breslau,
•
München,
•
Nürnberg,
•
Berlin sowie
•
das „Sachsendreieck“ der Städte Leipzig-Halle, Dresden und Chemnitz-Zwickau.
Während München noch dem westeuropäischen Kernraum („Blaue Banane“ / Pentagon)
angehört, liegen Prag, Berlin und Breslau bereits im mitteleuropäischen Pentagon als möglicher neuer weltwirtschaftlicher Integrationszone. Bei einer großräumigen Betrachtung ist der
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deutsch-tschechische Grenzraum also an der Nahtstelle zwischen West- und Mittelosteuropa
positioniert.
Es ist offensichtlich, dass der deutsch-tschechische Grenzraum momentan keine europäische Region verstärkter wirtschaftlicher Integration bildet, die sich mit starken Regionen im
globalen Maßstab messen könnte. Doch welche Perspektive oder welches Zukunftsbild eignet sich für diesen Raum? – In diesem Zusammenhang ist es lohnenswert, zum Vergleich
einen Blick auf den deutsch-polnischen Grenzraum zu werfen, für den die Vision des
„deutsch-polnischen Hauses“ entworfen wurde. Der Begriff steht für das grenzüberschreitende Städte-Fünfeck Berlin – Dresden – Breslau – Posen – Stettin. Das Leitbild des
deutsch-polnischen Hauses wird von der deutschen und der polnischen Regierung getragen.
Beide Seiten haben sich dazu bekannt, in diesem Raum eine Wirtschaftsregion mit Brückenfunktion zwischen neuen und alten EU-Mitgliedstaaten zu entwickeln. Auf diese Weise soll
ein Beitrag zur polyzentralen Entwicklung in Europa geleistet werden.
Ähnlich wie der deutsch-polnische Grenzraum ist aber auch der deutsch-tschechische
Grenzraum mit einigen besonderen Hemmnissen konfrontiert, zum Beispiel:
•
Die Interessen der Akteure sind bislang noch nicht auf einen Nenner gebracht.
•
Die wirtschaftliche Perspektive des Grenzraumes als Ganzes ist nicht unbedingt günstig.
•
Die grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur weist Mängel auf.
•
Der Grenzraum ist von mentalen bzw. soziokulturellen Barrieren geprägt.
•
Hinzu kommt die naturräumliche Barriere in Gestalt der Mittelgebirge, die eine stärkere
grenzüberschreitende Vernetzung erschwert.
Vor dem Hintergrund der strukturellen Defizite des deutsch-tschechischen Grenzraums, der
Barrieren zwischen Tschechen und Deutschen sowie der Notwendigkeit, regionale Akteure
in die Erarbeitung eines grenzüberschreitenden Leitbilds einzubeziehen, können die nachfolgenden Ausführungen lediglich als eine Ideenskizze oder als ein Gedankenspiel aus Sicht
der Politikberatung betrachtet werden.
Ein Leitbild für die weitere Entwicklung des deutsch-tschechischen Grenzraums könnte der
„mitteleuropäische Kristall“ (s. Abb.) sein.
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Abbildung:
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Der „mitteleuropäische Kristall“
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Der Begriff „Kristall“ ergibt sich aus der facettenartigen Struktur des Bildes, das entsteht,
wenn man die Metropolen des deutsch-tschechischen Grenzraums mit Linien verbindet. Er
verweist außerdem auf die Tradition der Glas- und Keramikproduktion in diesem Gebiet.
Ein Glaskristall ist transparent und durchlässig – ein Symbol für die Verbindungs- und Vernetzungsfunktion des deutsch-tschechischen Grenzraums an der Schnittstelle zwischen
dem westeuropäischen Kernraum der EU und dem möglichen neuen mitteleuropäischen
Pentagon. Ein Kristall kann aber auch ein Juwel in sich sein – ein Symbol für die ökologischen Potenziale, die kulturhistorischen Besonderheiten sowie die zahlreichen Erholungs- und Kurorte der Region. Ein Kristall zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass er
über unterschiedliche Facetten verfügt:
•
Vor allem der sächsisch-tschechische Teilraum ist auch eine Technologie- und Industrieregion.
•
Darüber hinaus gibt es beiderseits der Grenze eine Vielzahl öffentlicher und privater
Hochschulen und sonstiger Bildungseinrichtungen, die grenzüberschreitend kooperieren
(z. B. das Sächsisch-Tschechische Hochschulnetzwerk zwischen der Technischen Universität Chemnitz und der Westböhmischen Universität in Pilsen), weswegen man auch
von einer grenzüberschreitenden Forschungs- und Bildungslandschaft sprechen
kann.
•
Das Bild macht auch deutlich, dass die Metropolregionen Prag, München, Nürnberg,
Sachsendreieck und Breslau die tragenden Eckpfeiler dieses Raumes und seiner zukünftigen Entwicklung darstellen.
Durch geeignete politische Prioritätensetzungen für die räumliche Entwicklung und ein
entsprechendes Regionalmarketing sollte in den nächsten Jahren die Wettbewerbsfähigkeit
der grenzüberschreitenden Großregion verbessert werden. Außerdem sollte eine Politik zur
Stärkung eines deutsch-tschechischen Verflechtungsraums darauf abzielen, der Skepsis
entgegenzuwirken, die in einigen Bevölkerungsschichten gegenüber einer tiefer gehenden
grenzüberschreitenden Kooperation besteht. Dies wird am ehesten dadurch möglich sein,
dass ganz praktische Verbesserungen der Lebenssituation für die Menschen im Grenzraum erzielt werden.
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Schlüsselthemen der großräumigen deutsch-tschechischen
Zusammenarbeit im Bereich der Raumentwicklung
Es gibt insgesamt 24 INTERREG-IIIB-Projekte mit deutscher und tschechischer Beteiligung. In diesen Projekten zeichnen sich vor allem drei Schlüsselthemen ab:
•
Hochwasserschutz und Flusseinzugsgebiets-Management,
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•
Verkehrsentwicklung und
•
Natur- und Umweltschutz sowie Landschaftsentwicklung.
Darüber hinaus wurden für diesen Bericht insgesamt 36 weitere großräumige grenzüberschreitende deutsch-tschechische Projekte und Einrichtungen untersucht, die nicht über INTERREG IIIB gefördert werden. Dabei sind zwei weitere Schlüsselthemen deutlich geworden:
•
Wirtschaft und Technologie sowie
•
Kultur.
Eine repräsentative Befragung deutscher und tschechischer Akteure der Regional- und Landesplanung aus dem Grenzraum hat unter anderem ergeben, dass Fachbegriffe oft unterschiedlich interpretiert werden und die grenzüberschreitenden Informationsgrundlagen
unzureichend sind.
Einen großen Stellenwert nehmen Verkehrsfragen ein. Das Untersuchungsgebiet wird von
den drei Paneuropäischen Verkehrskorridoren II (Berlin – Warschau – Minsk – Moskau),
III (Berlin / Dresden – Krakau – Kiew) und IV (Nürnberg / Dresden – Prag – Wien – Budapest
– …) berührt. Dabei ist zu beachten, dass die Abschnitte der Paneuropäischen Verkehrskorridore, die auf dem Gebiet der neuen EU-Mitgliedsstaaten liegen, per Beschluss vom April
2004 zusätzlich auch zu Bestandteilen des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) erklärt
wurden.
Von den regionalen Akteuren wurden im Bereich Verkehr die folgenden Probleme und Projekte angesprochen, bei denen noch grenzüberschreitender Abstimmungsbedarf besteht:
•
Schaffung eines Ausgleichs zwischen dem Ausbau der Verkehrinfrastruktur und dem
Naturschutz,
•
Bau von Staustufen in der Elbe,
•
Hochgeschwindigkeits-Schienenstrecke Dresden – Prag und Nürnberg – Prag (bzw. ehemals Paneuropäischer Verkehrskorridor IV),
•
Einrichtung zusätzlicher Grenzübergänge für Fußgänger und Radfahrer,
•
Fichtelgebirgsautobahn Nürnberg – Prag sowie
•
Verbesserung der Straßen- und Schienenverbindungen zwischen München und Prag
(speziell: Donau-Moldau-Bahn) und auch zwischen anderen Städten.
Als Schlüsselthema im Bereich der Wirtschaft wurde die Konkurrenz um Investitionen, Fördermittel, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen genannt. Gleichzeitig wurden Synergiepotenziale im grenzüberschreitenden Tourismusmarketing und bei der Schaffung grenzüberschreitender Gewerbegebiete und Unternehmensnetzwerke gesehen.
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Die befragten deutschen und tschechischen Akteure der Regional- und Landesplanung im
Grenzraum haben noch andere Schlüsselthemen erwähnt, die jedoch nicht mit dem Programm des tschechisch-deutschen Seminars am 23. März 2006 zusammenhängen.
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Schlussfolgerungen aus dem Vergleich der raumbezogenen
Planungssysteme in Deutschland und der Tschechischen Republik
In Deutschland bestehen mit
•
Bund,
•
Ländern,
•
Regierungsbezirken,
•
Planungsregionen,
•
Landkreisen und
•
Gemeinden
bis zu sechs Ebenen, die auf die räumliche Planung Einfluss nehmen bzw. Kontrollfunktionen ausüben.
In der Tschechischen Republik gibt es hingegen nach der Verwaltungsreform mit
•
Nationalstaat,
•
Regionen und
•
Gemeinden (beziehungsweise Gemeinden mit erweitertem Wirkungsbereich)
nur drei Ebenen.
Die Regelungstiefe in der Regionalplanung (Regionalplan – Gebietsplan einer regionalen
Gebietseinheit) ist ebenfalls in beiden Ländern unterschiedlich. Weiterhin scheinen die Gemeinden im tschechischen Planungssystem eine größere Rolle als in Deutschland zu spielen.
Zu beachten ist die inhaltliche und organisatorische Trennung zwischen Regionalplanung
(Gebietsplanung) und Regionalentwicklung (Strukturpolitik) im Planungssystem der
Tschechischen Republik. Darüber hinaus findet im tschechischen Planungssystem keine
übergeordnete Betrachtung der Raumordnung wie in Deutschland statt.
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Nach deutschem Recht ist die grenzüberschreitende Abstimmung raumbedeutsamer
Planungen und Maßnahmen vorgesehen, sofern diese erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können. Ähnliche Pflichten resultieren aus der EU-Richtlinie über die Umweltprüfung für Pläne und Programme (SUP-Richtlinie). Außerdem haben beide Staaten die
Espoo-Konvention zur grenzüberschreitenden Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung bei
UVP-pflichtigen Vorhaben mit möglichen negativen Auswirkungen in einem Nachbarland
unterzeichnet, wobei allerdings bislang noch kein bilaterales Abkommen zur Konkretisierung
der Espoo-Konvention geschlossen werden konnte.
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Mögliche Handlungsfelder der für Raumordnung zuständigen
Ministerien Deutschlands und der Tschechischen Republik
Initiierung eines strategischen Ziel-3-Projekts zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der Vision des „Mitteleuropäischen Kristalls“
Der erweiterte deutsch-tschechische Grenzraum hat das Potenzial, sich zu einem noch dynamischeren Wirtschafts- und Kooperationsraum im Herzen Europas zu entwickeln. Dazu ist
es erforderlich, die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Umwelt,
Infrastruktur und Verkehr weiter zu intensivieren und die vorhandenen Ansätze besser zu
vernetzen. Gleichzeitig gilt es, die bestehenden Hindernisse schrittweise abzubauen. Das
vorgeschlagene Leitbild des „Mitteleuropäischen Kristalls“ könnte geeignet sein, die entsprechenden nationalen Anstrengungen zu bündeln und auf ein gemeinsames Ziel zu fokussieren.
Die Vision des „Mitteleuropäischen Kristalls“ ist jedoch noch vage und bedarf der weiteren
inhaltlichen Untersetzung. Vor diesem Hintergrund könnte es hilfreich sein, seitens der Regierungen der Tschechischen Republik und Deutschlands in der neuen EU-Förderperiode ab
2007 ein strategisches Projekt im Rahmen des neuen Ziels 3 – „Territoriale Zusammenarbeit“ – zu initiieren. Ein solches Projekt sollte auf der Basis einer eingehenden Analyse großräumige strategische Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten für die zukünftige Entwicklung des erweiterten deutsch-tschechischen Grenzraums identifizieren.
Gemeinsame Vertretung grenzüberschreitender Belange gegenüber der Europäischen
Union
Bestimmte Aufgaben und Anliegen, die mit der Entwicklung des deutsch-tschechischen
Grenzraums zusammenhängen, lassen sich nicht allein durch zwischenstaatliche Kooperation lösen, sondern erfordern die Einbeziehung europäischer Institutionen. Dies gilt zum Beispiel für die Strukturpolitik oder den Ausbau der großräumigen Verkehrsverbindungen. Hier
wäre es sinnvoll, bereits in frühen Phasen der Politikgestaltung gemeinsame deutschtschechische Positionen zu erarbeiten und diese auch gemeinsam in Brüssel zu
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kommunizieren. Dabei könnte auch besonders darauf hingewiesen werden, das Gewicht
der mitteleuropäischen Metropolregionen zu stärken und diese besser miteinander zu verbinden.
Aufgrund der räumlichen Verflechtungen im erweiterten deutsch-tschechische Grenzraum
sollte sich die Kooperation auf nationaler Ebene nicht auf die Tschechische Republik und
Deutschland beschränken, sondern auch zum Beispiel Polen einbeziehen. Es erscheint
sinnvoll, die Aktivitäten der neuen deutsch-tschechischen Arbeitsgruppe für Raumentwicklung mit der Arbeit des Ausschusses für Raumordnung zu verbinden, den die deutschpolnische Regierungskommission eingerichtet hat.
Verbesserung der Informationsgrundlagen
Die Verbesserung der Informationsgrundlagen sollte sich zum einen auf Informationen
über
•
Instrumente,
•
Verfahren,
•
Kompetenzen und
•
Gesetzesänderungen
im Bereich der Raumentwicklung beziehen. Die Praktiker beklagen vielfach, dass sie nach
wie vor unzureichend informiert seien über die Planungssysteme und -verfahren im jeweiligen Nachbarland. Durch fehlende Kenntnis der jeweiligen nationalen Fach-Terminologien
kommt es vielfach zu Missverständnissen und Komplikationen. Nachschlagewerke wie das
deutsch-tschechisch-slowakische Handbuch der ARL sind nach den Verwaltungsreformen in
Tschechien und der Slowakei nicht mehr aktuell. Abhilfe wäre daher in diesem Bereich dringend erforderlich.
Darüber hinaus sollten mehr Informationen über
•
räumliche Strukturen und
•
räumliche Probleme
erarbeitet und ausgetauscht werden, um die Entwicklung gemeinsamer Problemwahrnehmungen zu unterstützen. Außerdem werden manche konkrete grenzüberschreitende
Probleme der Raumentwicklung entweder unterschiedlich wahrgenommen oder aber nicht
wirklich thematisiert und gelöst.
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Bereitstellung von Kofinanzierungsmitteln für die Erarbeitung regionaler Entwicklungskonzepte
Ein weiteres Handlungsfeld bezieht sich auf die Erarbeitung grenzüberschreitender Raumentwicklungskonzepte. Da in modernen Gesellschaften eine erfolgreiche Regionalentwicklung nur möglich ist, wenn viele gesellschaftliche Akteure aus unterschiedlichen Bereichen
kooperieren, sind entsprechende Koordinierungs- und Planungsansätze erforderlich.
Es werden neue, „moderne“ grenzüberschreitende Entwicklungskonzepte benötigt, die in
einem diskursiven Prozess unter enger Mitwirkung regionaler und lokaler Akteure erarbeitet werden.
Dabei sollten auch die Ergebnisse der tschechisch-polnischen Entwicklungsstudie berücksichtigt werden, die momentan erarbeitet wird. Dabei handelt es sich um ein Entwicklungsdokument, dessen Ziel darin besteht, den Handlungsbedarf zu ermitteln und konkrete Maßnahmen zu formulieren. Das Untersuchungsgebiet umfasst die an der Grenze liegenden
tschechischen Regionen („kraj“) und polnischen Woiwodschaften. Die Studie beinhaltet eine
Raumanalyse; eine SWOT-Analyse, die Ableitung von Handlungsbedarfen und schließlich
einen Maßnahmenkatalog.
Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Erleichterung direkter grenzüberschreitender Abstimmungen
Nicht befriedigend geregelt ist derzeit die grenzüberschreitende Abstimmung raumbedeutsamer Vorhaben, die erhebliche Auswirkungen auf das Nachbarland haben könnten. Die
zuständigen Behörden tauschen zwar Informationen darüber aus, aber die Karten- und Textdokumente werden in der Regel nicht übersetzt. Außerdem scheint nicht immer nachvollziehbar zu sein, wie mit Einwänden und Stellungnahmen aus dem Nachbarland umgegangen wird. Eventuell könnte es daher hilfreich sein, weitergehende zwischenstaatliche Vereinbarungen zur Konkretisierung von § 16 des deutschen Raumordnungsgesetzes zu
treffen. Darin wird vorgeschrieben, dass raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die
erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, nach den Grundsätzen der
Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit mit diesen abzustimmen sind.
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