(Die Waldstatt Einsiedeln)

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(Die Waldstatt Einsiedeln)
(Die Waldstatt Einsiedeln)
Geschichtliches und Wissenswertes - Einleitung
Wer auf der Schweizerkarte von Chancy bei Genf nach St. Margrethen SG, vom nördlichsten
Grenzzipfel im schaffhausischen Randen nach Chiasso, von Boncourt in der Ajoie zum Piz
Sesvenna im Engadin je eine Linie zieht, wird erstaunt feststellen, dass sich alle auf jenem Punkt
schneiden, wo Einsiedeln liegt: Herzland der Urschweiz und der Eidgenossenschaft. Die alten
Eidgenossen haben den Wallfahrtsort schon als Heimat des Herzens betrachtet und ihn in einem
Brief an den Mailänder Herzog Ludovico Sforza als «die schönste Blume im Kranze
eidgenössischer Lande» bezeichnet.
Das Hochtal von Einsiedeln, identisch mit dem Bezirk gleichen Namens, umfasst eine Fläche von
ca. 11036 ha*, wovon ca. 1/3 Wald und 10 % unproduktives Gebiet sind.
Der Bezirk ist zugleich schwyzerische Gemeinde mit 12'330 Einwohnern (Stand 31.12.1999),
welche entweder im stadtähnlichen Flecken Einsiedeln (7'630) oder in den sechs diesen
umgebenden Dörfern - auch Viertel genannt - wohnen. Die Viertel sind Bennau (1'011), Egg (489),
Willerzell (738), Euthal (599), Gross (1'100) und Trachslau (738).
Die nachfolgenden Abschnitte stammen aus der Broschüre "Die Waldstatt Einsiedeln",
1983 verfasst im Auftrag des Bezirksrates Einsiedeln von Wernerkarl Kälin, 1993 überarbeitet von
Paul Schönbächler (Bezirksrat 1984 - 2000), ab 2000 laufend überarbeitet für den Internet-Auftritt
des Bezirkes Einsiedeln durch Landschreiber Walter Kälin
Die Broschüre "Die Waldstatt Einsiedeln" (letzte Auflage 1993) kann zum Preis von Fr. 12.-- an
folgenden Orten bezogen werden:
Bezirkskanzlei Einsiedeln, Postfach, 8840 Einsiedeln
Verkehrsbüro Einsiedeln, Hauptstrasse 85, 8840 Einsiedeln
Buchhandlung Benziger, Hauptstrasse 87, 8840 Einsiedeln
Erdgeschichtliche Hinweise
Beinahe alle erdgeschichtlichen Zeiträume haben im Einzugsgebiet der Sihl ihre Spuren
hinterlassen.
Der Wanderer, welcher vom Etzel im Norden gegen die Bergkette Mythen-Drusberg im Süden
schreitet, trifft zum Beispiel auf der Ibergeregg auf versteinerten Meerschlamm, der im Urmeer
abgelagert worden war, ehe es einen Atlantischen Ozean gab. Aus der Triasepoche findet er
bunte Mergel, Sandsteine und Dolomit, die am Grossen Schijen, in der Mördergruebi und am
Roggenstock auftreten.
Liasschiefer und -kalke gibt es unter anderem am Mythen zu treffen; aus der Unterkreide stammt
zum Beispiel die Drusbergschicht, die an der Nordwand dieses Berges erscheint. Auf Flysche aller
Art stösst man verschiedenen Orts, ebenso auf Molasse.
So entstand der Etzel zu Ende des Terziärs (65 – 1,5 Mio Jahre). Von geologischem Interesse ist
die Couches Rouges am Mythengipfel, die als älteres auf jüngerem Gestein aufliegt. Ansonst sind
die Mythen und die Klippen in der Gegend der Ibergeregg Reste einer von Süden auf die
helvetische Decke geschobenen Gesteinsschicht.
Teile des Süd-Helveticums treten beim Steinbach offen zu Tage. Dort und im Kalch wie im Ruostel
gibt es Nummulitenbänke mit seltenen Versteinerungen. Mergel-, Sandstein- und
Nagelfluhformationen geben grossen Teilen des Einsiedlergebietes ein charakteristisches Bild.
Vor etwa 600000 Jahren drangen die Gletscher infolge Verschlechterung des Klimas weit nach
Norden vor und bildeten bei ihrem Abschmelzen die typische Moränenlandschaft.
Die Stirnmoräne des Sihlgletschers staute einen urgeschichtlichen See, doch sägte sich das
Wasser bald eine Ablaufrinne im weichen Molassefelsen der Schlagen, so dass er verlandete und
sich im Laufe der Zeit mächtige Torfflöze bildeten.
Die geologischen Verhältnisse sind neben den klimatischen Gegebenheiten verantwortlich für die
bei uns vorkommende Flora. Der Botaniker trifft im Gebiet südlich von Euthal, in der Roblosen und
Schwantenau auf seltene zum Teil arktische Pflanzenexemplare.
Von den nämlichen Voraussetzungen ist auch der Baumbestand abhängig. Häufig sind es Bäume
mit weitverzweigtem, oberflächigem Wurzelsystem, also Nadelhölzer wie Fichten, Tannen, dann
Buchen, weniger Eschen und Ulmen. Ahorne findet man in den tieferliegenden Gegenden, Birken
und Sumpfföhren in moorartigen Bereichen.
Urgeschichtliche Funde
Bis heute hat man angenommen, dass das Hochtal zwischen Etzel und Mythen bis ins 9.
Jahrhundert unbewohnt war. Es wurden bisher auch ganz wenige Relikte aus der Bronzezeit
gefunden, die von Jägern aus dem Zürichseegebiet verloren wurden.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts wurde bei der Hüendermatt in ca. 1,8 m Tiefe ein guterhaltener
Dolch entdeckt. Im Rickenbach bei Willerzell stiessen Arbeiter auf ein schönes Bronzebeil, das
unter einem Felsblock verborgen war, möglicherweise war es eine Opfergabe eines Jägers.
Überraschenderweise wurde in neuerer Zeit im Sihlseegebiet Material aus prähistorischer Zeit
(8 –12000 Jahre) gefunden. Dieses Material wird von Archäologen als Silex bezeichnet. Silex ist
eine Gruppenbezeichnung für dichte kryptokristalline Varietäten wie Feuerstein, Hornstein, Flint
usw. Sie dienten als Rohmaterial zur Herstellung von Werkzeugen wie Faustkeile, Schaber und
anderes mehr. Bei der grossen Anzahl der gefundenen Stücke (über 1700) ist zu vermuten, dass
in der Gegend des heutigen Sihlsees eine Art Werkstatt bestanden hat. Ferner wird
angenommem, dass sich Jäger im damals tundraartigen und tierreichen Gelände aufgehalten
haben.
Besiedelung und Klostergründung
St. Meinrad, der erste Bewohner des Finstern Waldes
Der erste Bewohner des Hochtales, das man lange Zeit als den Finstern Wald bezeichnete, war
der Reichenauermönch Meginrat. Über ihn geben verschiedene Lebensbeschreibungen Auskunft,
wie etwa die «Vita sive passio venerabilis heremitae Meginrati», welche ein ReichenauerKonventuale kurz nach des Heiligen Tod aufgezeichnet hat.
Sie ist knapp und klar gefasst, wohingegen das Meinradsleben des Frater Georg von
Gengenbach, geschrieben 1378, viele legendäre Züge aufweist. Mit Meinrad haben sich bis in die
Neuzeit Historiker und Schriftsteller befasst.
Meginrat-Meinrad, Spross einer adligen Familie aus dem Sülichgau (zwischen Rottenburg und
Tübingen), kam zur Erziehung auf die Reichenau. Damals regierte über das Kloster Abt Heito,
zugleich Bischof von Basel. Unter seinem Nachfolger, Erlebald, empfing Meinrad die
Priesterweihe und legte Profess ab. Wenig später kam der junge Mönch als Lehrer an die für
christliche Alemannen errichtete Klosterschule von Babinchova am Tuggenersee.
Meinrads Sehnen aber ging dahin, Gott allein und in der Einsamkeit zu dienen, «ohne Hilfe
anderer unter göttlichem Beistand den Kampf gegen die Verkehrtheit des Fleisches und der
Gedanken», wie es die Benediktus-Regel vorsieht, aufzunehmen.
Um 838 baute er mit Hilfe Wohlmeinender auf dem Etzelpass eine Klause und zog dann sieben
Jahre später, der vielen Besucher überdrüssig, weiter in den Finstern Wald. In einer
Bergwinkelung unweit des Flüsschens Alp errichtete er wieder eine Kapelle. Hier diente Meinrad,
selten von Mitbrüdern und Gästen besucht, Gott mit Fasten, Beten und strenger Arbeit. An seine
Rodungsarbeit erinnert das «Meginrates geswende» (südöstlich der Luegeten). Nach der Legende
hielt sich der hl. Eremit zwei Raben, die heute noch in den Wappen des Klosters und des Bezirkes
Einsiedeln flattern.
Mitten im strengen Winter 861 wurde er von zwei Gesellen, einem Alemannen und einem Rätier,
aufgesucht, die bei ihm Schätze zu finden hofften. Trotz der genossenen freundlichen Aufnahme
erschlugen sie den hl. Eremiten am 21. Januar. Bei der Leiche ereigneten sich wundersame
Dinge: Lieblicher Wohlgeruch erfüllte die Klause, Kerzen fingen von selbst zu brennen an.
Voll Schrecken flohen die Mörder, von den beiden Raben verfolgt, bis nach Zürich, wo sie
festgenommen und vom Gericht zum Feuertod verurteilt wurden. Mitbrüder holten den Leichnam
Meinrads auf die Insel Reichenau. 1039 wurden die hl. Überreste erhoben und am 6. Oktober
nach Einsiedeln gebracht, wo das Haupt des Heiligen seit 1984 im Hochaltar verehrt wird.
Zahlreiche Waldleute haben im Laufe der Jahrhunderte bei der Taufe den hl. Meinrad zum
Namenspatron erhalten.
Der selige Benno
Etwa 40 Jahre nach Meinrads Tod kam der Strassburger Domherr Benno in den Finstern Wald. Er
richtete zusammen mit Gleichgesinnten die Meinradsklause wieder her und rodete den Brüel und
die Gegend, welche heute Bennau heisst. 927 wurde er Bischof von Metz, kehrte aber das Jahr
darauf, geblendet und geschändet, vertrieben von seinen Feinden, wieder ins Hochtal zurück. Er
leitete die Schar der Waldbrüder bis er diese einem Jüngeren anvertrauen konnte. Benno starb
am 3. August 940.
Eberhard kommt
Die Chronik Hermann des Lahmen von der Reichenau meldet kurz für das Jahr 934: «Eberhardus
pater venit cum magno apparatu – Eberhard, der Vater, kommt mit grossem Gefolge und
Ausrüstung». Er, bislang Dompropst zu Strassburg und mit den Herzögen von Schwaben
verwandt, war willens, die Schar der Eremiten unter die Regel des hl. Benedikt zu stellen und zu
diesem Zwecke ein Kloster zu bauen.
Dazu schenkte Hermann I. von Schwaben das nötige Land und erwirkte 947 von Otto I. die
Bestätigung der Klostergründung, die Reichsunmittelbarkeit und die freie Abtswahl.
Engelweihe
Am 14. September 948 konnte der hl. Konrad von Konstanz (Bischof 934 – 975) die Klosterkirche
weihen. Mit diesem Ereignis ist die Legende der Engelweihe verbunden.
Konrad soll in der Nacht auf den Weihtag gesehen haben, wie Christus selber, umgeben von
Engeln und Heiligen, die von der Kirche umbaute Kapelle geweiht habe. Es mag dahingestellt
bleiben, ob die Gnadenkapelle von Christus geweiht wurde, oder ob der Weihetitel in der Ehre des
Erlösers zur Legende beigetragen hat. Sicher ist: Die Kapelle, wo seit Jahrhunderten «Unsere
Liebe Frau» von den Mönchen, Anwohnern und ungezählten Pilgern verehrt wird, ist eine Stätte
des Segens, der Gnade und des Trostes.
In der Gnade der Fürsten und Kaiser
Das junge Kloster durfte sich der Gunst der Fürsten und Kaiser erfreuen, vor allem der Ottonen.
1018 schenkte Kaiser Heinrich II. in der Pfalz zu Zürich Abt Wirunt (996 – 1026)
die Täler der Sihl, Alp und Biber mit Alpen, Forsten, Tälern, Sümpfen, Ebenen, Matten, Weiden,
Wasserflüssen, Fischereien und dem Wildbann. Otto I. übergab schon 958 Eschenz, 965 die
Ufenau und Besitz im Vorarlberg, Schenkungen, welche Otto II. am 14. August 972 mit seinem
kaiserlichen Siegel bestätigt hat.
Erste Blüte
Unter Eberhards Nachfolgern erlebte Einsiedeln seine erste grosse Blütezeit. Vor allem unter Abt
Gregor (964 – 996) wurde es als regeltreues Reformkloster weitherum bekannt. Petershausen
(980), Muri (1027) und Schaffhausen (1050) erhielten ihre ersten Mönche aus dem Meinradsstift.
Berühmt war des Klosters Schreibstube. Werke derselben hütet die Stiftsbibliothek.
Schicksalsschläge
Neben der glücklichen Entwicklung hatte Einsiedeln harte Schicksalsschläge zu erleiden.
Eberhard IV. von Nellenburg steckte 1029 das Kloster in Brand, wobei wertvolle Gegenstände,
Schriften und Bücher verloren gingen. Am 5. Mai 1226 suchte eine weitere Feuersbrunst das
Gotteshaus heim, durch die insbesondere der Verlust von Urkunden und Fürstendiplomen zu
beklagen war.
Ringen um Freiheit und Bestand
Marchenstreit mit den Schwyzern
Schwerwiegendere Folgen hatte der unter Abt Gero (1101 – 1122) einsetzende Marchenstreit mit
den Schwyzern. Die Schenkung Heinrich II. von 1018 hatte für Einsiedeln verhängnisvolle Folgen.
Der Kaiser hatte, gemäss damaligem Recht, unbewohntes und unbestelltes Land, der Krone zu
eigen, verschenken können, damit es bewirtschaftet werde. Im 12. Jahrhundert mussten die
Landleute von Schwyz, weil eine vermehrte Nutzung des Talbodens der Muota nicht mehr möglich
war, ihr Vieh über die nördliche Wasserscheide zur Sömmerung treiben. So kamen sie auf
Einsiedler Besitz.
Später erhoben sie eigentliche Gebietsansprüche in den obern Tälern der Sihl und Alp. Es setzte
nun ein Handel um den Besitz der Alpweiden ein, der sich über 250 Jahre hinzog. Die Landleute
schädigten das Gotteshaus und seine Untertanen durch Raubzüge und Brandschatzung.
Einsiedeln suchte das Recht beim Kaiser. 1114 und 1143 entschied das kaiserliche Gericht
zugunsten des Klosters.
Die Schwyzer hielten sich nicht an die ergangenen Urteile, appellierten erneut an den Richter und
erboten sich sogar, Beweise für ihre Eigentumsansprüche zu erbringen. Graf Rudolf von
Habsburg, «von rechter Erbschaft rechter Vogt und Schirmer der Leute von Schwyz» erklärte am
11. Juni 1217 die Rechtstitel beider Teile als aufgehoben und zog neue Grenzlinien, wodurch das
Stift Einsiedeln den südlichen Teil seines bisherigen Gebietes, nämlich das obere Alpthal, das
Iberg mit den Alpen Hesisbohl, Käsern usw., verlor.
Der Überfall der Schwyzer 1314
Trotz des Urteils von 1217 hielten die Überfälle der Landleute auf Einsiedlergebiet an, wie der
Klagrodel von 1311 ausweist. Sie kehrten sich weder um Bann und Interdikt noch um die
Versöhnungsversuche der Zürcher. Der Hass stieg derart an, dass sie vom 6. auf den 7. Januar
1314 das Kloster und die Waldstatt überfielen. Die Mönche wurden gefangen genommen und
nach Schwyz geführt, den Einsiedlern raubten sie das Vieh.
Schulmeister Rudolf von Radegg hat den Überfall als Augenzeuge in seinem Gedicht «Capella
Heremitana» dargestellt und charakterisierte die Schwyzer als «Menschen, die man nicht
Menschen nennen kann» und «als Ungeheuer bezeichnen müsse». Die Fürsprache der Grafen
von Habsburg und Toggenburg setzte der Gefangenschaft der Mönche ein Ende. Den Abt aber
konnten die Schwyzer nicht dingfest machen, er war mit den wichtigsten Urkunden nach Pfäffikon
in den festen Turm geflohen.
Der Überfall von 1314 war das auslösende Moment zur Morgartenschlacht. Als Schirm- und
Kastvögte konnten die Habsburger die Untat nicht ungesühnt lassen. Sie bot zugleich die
Möglichkeit, dem Freiheitsstreben der Schwyzer Einhalt zu gebieten. Der Ausgang des
Morgartenkrieges aber beraubte den Abt der Möglichkeit, den Marchenstreit zu seinen Gunsten zu
beenden.
Erst 1350 gelang es dem Abt von Disentis, Thüring von Attinghausen, den Frieden zwischen
Einsiedeln und Schwyz herbeizuführen. Allerdings verlor das Gotteshaus noch mehr von seinem
Besitz. Der Marchenstreit kostete es 120 km², gut die Hälfte seines Territoriums, das es 1018
erhalten hatte. Die 1350 gesetzten Grenzen haben heute noch ihre Gültigkeit.
Einsiedeln unter Schwyz
Der Abt, gleichzeitig Reichs- und Kirchenfürst, konnte dem Hochgericht (Blutbann) nicht selber
vorstehen und viele mit der Reichsabtei verbundene Aufgaben (Kriegs- und Waffendienst) nicht
wahrnehmen. Um dem Kloster den weltlichen Arm zu leihen, das Recht zu weisen und es vor
Gericht und Feinden zu verteidigen, setzte der Fürstabt Kast- und Schirmvögte ein, zuerst die
Nellenburger, dann die Rapperswiler, bis das Amt erbweise an die Habsburger kam.
Nach der Schlacht von Sempach 1386 besetzte Schwyz die Waldstatt Einsiedeln und riss die
Vogtsgewalt an sich. Über das Kloster behielt Habsburg-Österreich die Schirmgewalt. Hugo von
Thierstein,1396 Pfleger geworden, ging mit den Landleuten ein schirmverwandtes Verkommnis
ein, und 1414 beschworen die Waldleute Schwyz das Landrecht. 1415 gelang es Ital Reding, von
Kaiser Sigismund den Blutbann über Einsiedeln zu erhalten und 1417 die Vogtei über das Kloster
an sich zu bringen. Das Schirmverhältnis zu Schwyz blieb bei wechselnder Strenge und Milde bis
zur Französischen Revolution bestehen.
An der Schwelle des Mittelalters zur Neuzeit
Im Mittelalter war es strenge Übung, keinen Mönch ohne adeligen Abstammungsnachweis ins
Kloster aufzunehmen. Albrecht von Bonstetten († 1502), einer der bedeutendsten Humanisten der
Eidgenossenschaft, klagte, das Kloster sei lediglich Versorgungsstätte nachgeborener Söhne
adeliger Eltern, die wenig Neigung zum Mönchtum hätten. Die Zahl der Mönche sank immer mehr,
einzelne Klosterämter wurden gleichsam als Pfründen aufgeteilt. Damit verschlechterte sich die
finanzielle Lage des Gotteshauses, das zu allem Unglück noch 1465 und 1509 schwere Brände zu
erleiden hatte. Dabei nahm auch das Dorf Schaden.
Seit 1510 lebte neben dem Abt, Konrad von Hohenrechberg (1480 – 1526), nur mehr ein Mönch
im Gotteshaus: Diebold von Geroldseck († 1531) der als Pfleger eingesetzt war. Zur Betreuung
des Chorgebetes und der Seelsorge mussten Abt und Pfleger Weltgeistliche berufen. So kam
1516 Ulrich Zwingli als Leutpriester nach Einsiedeln. Wenn er auch nur zwei Jahre hier
verbrachte, war sein Einfluss durch Predigt und Lebenswandel derart, dass zeitgenössische
Chronisten über die religiös-sittlichen Zustände in Einsiedeln Klage führen mussten. Geroldseck
fiel 1531 mit seinem Freund Zwingli bei Kappel. Als Abt Konrad 1526 auf seine Abtei resignierte –
er starb bald danach – holten die Schwyzer Ludwig Blarer, Dekan in St. Gallen, als Abt (1526 –
1544) nach Einsiedeln. Ihm und seinem Nachfolger, Joachim Eichhorn (1544 – 1569), ist es zu
verdanken, dass das Benediktinerkloster U. L. Frau wieder erstarkte und neuer Blüte
entgegenging.
Die Jahrhunderte der grossen Baukunst
Wurde im 16. Jahrhundert, nach dem Niedergang, die klösterliche Zucht und das monastische
Leben wiederhergestellt, so brachten das 17. / 18. Jahrhundert neben dem Aufleben der Wallfahrt
herrlichste Werke der Kunst und Kultur hervor.
Die grösste Schöpfung jener Zeit ist der heutige Kloster- und Kirchenbau. Das gotische Münster
wurde niedergelegt und ein Neubau nach den Plänen des Laienbruders Caspar Mosbrugger
(1656 – 1723) aus Au, Vorarlberg, in Angriff genommen. Süddeutsche und oberitalienische
Meister, Maler, Freskanten und Stukkateure, wetteiferten in der Ausstattung des Gotteshauses.
1718 war das Klosterviereck vollendet, 1735 konnte die Kirche geweiht werden. So entstand in
jahrelanger Arbeit ein Bau, wie es in ähnlicher Grösse und Geschlossenheit keinen in der
Eidgenossenschaft gibt.
Seit 1975 wird die Klosterkirche einer umfassenden Renovation unterzogen. Das Innere der
Kirche ist weitgehend wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt worden, so dass das
religiöse Zentrum der Schweiz weit über die Landesgrenzen hinaus in neuem Glanz erstrahlt.
Die Eidgenossenschaft, der Kanton Schwyz, der Bezirk Einsiedeln und viele ungenannte Gönner
tragen mit ihren Beiträgen und Spenden zur Erhaltung einer der bedeutendsten Kulturstätten
Mitteleuropas bei.
Das Frauenkloster Allerheiligen in der Au / Beginen und Waldbrüder
Im frühen Mittelalter lebten in einiger Entfernung vom Benediktinerkloster sowohl Waldbrüder als
Waldschwestern. Flurnamen erinnern noch an diese Eremiten, wie das Bruderhöfli in Willerzell.
Der Name dieses Viertels geht ebenfalls auf Waldbrüder zurück.
Am Ostabhang der Samstagern und des Katzenstricks lebten seit dem 14. Jahrhundert Beginen in
einfachen Wohnhäusern. Diese standen in der Hagelrüti, der Alpegg und in der vordern wie
hintern Au. Auch im Dorf war ein Haus von Schwestern, den «Willigen Armen», bewohnt.
1483 ist die grösste Schwestern-Sammlung, die in der vordern Au, zu einem Klösterlein ausgebaut
worden. Abt Augustin Hofmann (1600 – 1629) hat es erweitert. Hier wurden die Schwestern der
einzelnen Häuser vereint. Seit 1617 tragen die Schwestern den Benediktinerinnenhabit. Unter der
Leitung von Einsiedler Mönche – zeitweilig unter Kaplänen aus dem Weltpriesterstand –
entwickelte sich das Klösterlein zu Allerheiligen in der Au recht gut. 1648 brannte das
Klostergebäude nieder. Es wurde unmittelbar wieder aufgebaut. Seit 1846 halten die Schwestern
die Ewige Anbetung.
Die Benediktinerinnen erwerben sich ihren Lebensunterhalt durch fleissige Arbeit im Garten, in der
Landwirtschaft und führen eine weitbekannte Web- und Paramentenstube. Die Kirche, 1881 / 82
im basilikalen Stil errichtet, ist 1974 durch ein modernes Gotteshaus ersetzt worden.
Paracelsus – grosser Einsiedler und Schweizer
Paracelsus – eigentlich Theophrastus Bombastus von Hohenheim – wurde 1493 oder Anfang
1494 in Einsiedeln geboren. Seine Mutter war ortsansässige Einsiedlerin, der Vater ein zugereister
Arzt, welcher den Knaben nach dem Tod der Mutter 1502 nach Villach (Österreich) in sein neues
ärztliches Arbeitsgebiet mitnahm.
Paracelsus arbeitete als Hospitant an der Bergschule und als Laborant in den nahen Metallhütten
und Mineralbergwerken. Seine medizinischen Universitätsstudien schloss er 1516 mit dem
Doktorat in Ferrara ab. Danach wirkte er von 1519 bis 1520 als Feldarzt, bevor er sich 1524 als
praktizierender Arzt in Salzburg niederliess. 1527 wurde Paracelsus zum Stadtarzt und
Honorarprofessor an der Universität in Basel ernannt.
Bald geriet er in Konflikt mit der Fakultät und seinen Kollegen, denen seine neuartigen
Auffassungen widerstrebten. Mit der Flucht aus Basel im Jahre 1528 begann für ihn ein bewegtes,
lehrreiches Wanderleben und zugleich eine bedeutende schriftstellerische Tätigkeit.
In St. Gallen und im Appenzellerland, wo er als Arzt und als Laienprediger wirkte, entstanden die
ersten theologischen Aufzeichnungen (1532 / 33). 1541 kehrte Paracelsus nach Salzburg zurück,
wo er noch im selben Jahr am 24. September verstarb.
Paracelsus entwickelte neue Arzneimittel mit Hilfe von anorganischen Verbindungen, durch die er
die bisher üblichen Drogen und Pharmaka ersetzte. Zudem bezog er die Chirurgie ausdrücklich in
seine Heilkunst ein.
Mit seiner ganzheitlichen Behandlung versuchte er eine Krankheit nicht nur zu diagnostizieren,
sondern auch deren Ursache und Therapie in einem grösseren Zusammenhang zu sehen und zu
deuten. Kosmische Einflüsse, aber auch seelische bzw. psychische Faktoren wurden mit
einbezogen. Als Arzt, Alchimist, Philosoph und Theologe hat Paracelsus gerade heute wieder viel
an Bedeutung gewonnen.
Erstmals gedachten die Einsiedler ihres berühmtesten Sohnes im Jahre 1941, anlässlich des 400.
Todestages. 1993 wurde der 500. Geburtstag von Paracelsus in der Schweiz und im
benachbarten Ausland gefeiert. Die Einsiedler feierten Paracelsus mit der Herausgabe einer
Sonderbriefmarke, einer Gedenkmünze, Ausstellungen, Filmzyklus, Theateraufführungen,
Symposien, einer offiziellen Gedenkfeier und einem festlichen Spiel in der Klosterkirche.
Ziel der Organisatoren war und ist, Paracelsus in breiten Bevölkerungsschichten wieder heimisch
zu machen. Diese Bestrebungen wurden grosszügig von der Eidgenossenschaft, dem Kanton
Schwyz und dem Bezirk Einsiedeln unterstützt, was die Bedeutung des Erneuerers der Medizin
noch unterstreicht.
Der politische Umbruch
Der Einsiedlerhandel
Gemäss ihm zustehendem Recht und geltender Ordnung konnte der Abt Ehehaften (Bäckerei,
Mühlen, Tavernen usw.) sowie die Bewilligung zur Ausübung verschiedener Gewerbe erteilen
oder einschränken. Abt Nikolaus Imfeld (1734 – 1773) ordnete an, dass ein Waldmann gleichzeitig
nur zwei Gewerbe ausüben dürfe.
Aufgeschreckt durch Ereignisse des Schwyzer Harten- und Lindenhandels (Befürworter und
Gegner des französischen Solddienstes) wandten sich zehn Einsiedler wegen dieses Erlasses an
Schwyz. Dort wollte man sich ihrer annehmen und für die Ausübung mehrerer Gewerbe einsetzen.
Später mussten die Waldleute Ahndung wegen Ungehorsams gegen das Kloster erfahren.
Bei der Maiengemeinde 1764 kam es in der Waldstatt zu Tätlichkeiten. Das Waldstattarchiv wurde
durch Unbotmässige untersucht, ob sich dort nicht Urkunden für ihre geforderten Rechte fänden.
In Schwyz wurde der Stiftskanzler gefangen genommen.
Als sich aber der Harten- und Lindenhandel zugunsten der Franzosenfreunde wendete, machte
man den rebellierenden Einsiedlern den Prozess. Drei Rädelsführer liess das Gericht 1766 auf der
Weidhuob in Schwyz hinrichten. Die abgeschlagenen Köpfe mussten nach Einsiedeln gebracht
und am Hochgericht auf dem Waldweg angenagelt werden. Andere Rebellen hatten harte Strafen
auf sich zu nehmen und Abbitte zu leisten.
Man kann den Einsiedlerhandel 1764 – 1767 zusammen mit den weitern Aufständen in der
Eidgenossenschaft als Wetterleuchten der kommenden politischen Umwälzung, der
Französischen Revolution, betrachten.
Die Franzosen kommen
Von Frankreich her drangen gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Ideen politischer Neuerung in
die Eidgenossenschaft. Freiheitliche Gedanken machten sich breit, Untertanengebiete kündeten
der Obrigkeit den Gehorsam auf. Die Tagsatzung war unfähig, etwas gegen die Neuerungen zu
unternehmen. Bern wurde von den französischen Truppen angegriffen. Die Einsiedler hatten
Hilfstruppen zu stellen.
Mit dem Fall Berns war der Weg frei, den eidgenössischen Orten die Helvetische Verfassung
aufzuzwingen. Schon zu Beginn des Jahres 1798 hatte Abt Beat Küttel mit den Waldleuten ein
Abkommen getroffen, wodurch sie einige Rechte zugestanden erhielten.
Am 18. Februar erklärte Schwyz Einsiedeln frei und dem Alten Lande gleichberechtigt. Schwyz
weigerte sich, die Helvetische Verfassung zu beschwören, Frankreich wollte es mit einem
kriegerischen Zuge dazu zwingen. Die Einsiedler besetzten unter Pfarrer Marian Herzog den
Etzel. Bei Rothenthurm besiegten die Landleute unter Alois von Reding die Franzosen. Als es
unmöglich wurde, die Schindellegi zu halten, zogen sich die Waldleute vom Etzel zurück. Am 3.
Mai besetzten die Franzosen Einsiedeln. Am 17. Mai 1798 erfolgte die formelle Aufhebung des
Klosters, der Stiftsbesitz wurde als Nationaleigentum erklärt. Die meisten Mönche flohen, Kirche
und Kloster wurden geplündert und die Gnadenkapelle niedergelegt. Damit hörte die Wallfahrt
nach Einsiedeln auf und grosse wirtschaftliche Not machte sich breit, die durch Tragung der
Besatzungskosten noch grösser wurde.
Nach dem Amnestiegesetz vom 18. November 1801 kehrten die Mönche allmählich wieder
zurück. Die Mediationsakte Napoleons erklärte die Aufhebungsakte von 1798 als nichtig, das
Kloster konnte neu erstehen. Das frühere Untertanenverhältnis lebte aber nicht wieder auf.
Einsiedeln wurde politisch selbständig.
Der Kampf um politische Gleichberechtigung
Am 5. Januar 1804 wurde Einsiedeln ein schwyzerischer Bezirk. Das ehemalige Alte Land
beanspruchte für sich aber Vorrechte, welche die Souveränität der neuen Bezirke arg beschnitten.
Diese mussten sich, wenn auch verbittert und eigener staatlicher Verwaltung noch unfähig und
wenig erfahren, mit den Nachteilen bereit erklären.
Die Verfassung von 1821 änderte an der Hintansetzung der ehemaligen Untertanengebiete zum
Alten Land wenig, obschon sich die Vertreter der neuen Bezirke bereits 1814 in Einsiedeln
getroffen hatten und sich als Nebenbehörde zu jener von Schwyz proklamierten. Gut fünf Monate
gab es zwei Behörden im Kanton Schwyz. Dann gelang es von aussen, eine Annäherung
herbeizuführen.
1830 reichten die äusseren Bezirke, unter ihnen auch Einsiedeln, ein Begehren nach Erlass einer
neuen Kantonsverfassung ein, in welcher die Vorrechte des Innern Landes zugunsten der neuen
Bezirke geändert werden sollten. Der Kantonsrat ging auf das Gesuch nicht ein.
Neben Franz Joachim Schmid und Dr. Melchior Diethelm aus Lachen setzten sich in Einsiedeln
Bezirksammann Josef Carl Benziger (1799 – 1873) und Ratsherr Matthias Gyr vehement für die
Unabhängigkeit des äusseren Landes ein. Am 6. Januar 1831 trafen sich in Lachen gegen 3000
Stimmbürger, stellten erneut Forderungen an Schwyz und drohten, falls man ihnen nicht Gehör
schenke, die Bezirke March, Pfäffikon, Einsiedeln und Küssnacht unter einer neuen selbständigen
Behörde zu vereinigen und die Organisation eines eigenen Kantons an die Hand zu nehmen.
Die Landsgemeinde vom 23. Januar 1831 lehnte eine Kantonstrennung ab und beschloss, an den
Verhältnissen von 1814 festzuhalten. Am 20. Februar 1831 trennte sich die March administrativ
von Schwyz. Einsiedeln und die übrigen äusseren Bezirke folgten nach. Am 26. Juni 1831 fand auf
dem Brüel zu Einsiedeln die erste ausserschwyzerische Landsgemeinde statt. Jene vom 15. April
1832 beschloss am gleichen Ort die Ausarbeitung einer Verfassung für den eidgenössischen
Halbkanton «Schwyz, äusseres Land». Die Tagsatzung anerkannte – nachdem alle
eidgenössischen Vermittlerversuche gescheitert waren – den neuen Kanton und gewährte eine
halbe Standesstimme. Einsiedeln und Lachen waren abwechslungsweise Hauptort des neuen
Standes. Schwyz verwahrte sich gegen die Trennung. Es kam sogar zu kriegerischen
Auseinandersetzungen, vor allem in Küssnacht, worauf das Äussere Land die Eidgenossen um
Hilfe anging. Nun wurde der ganze Kanton Schwyz von eidgenössischen Truppen besetzt.
Bundes-Kommissäre versuchten eine Wiedervereinigung herbeizuführen und eine neue
Verfassung durchzubringen. Sie wurde am 13. Oktober 1833 in Rothenthurm angenommen. Zum
ersten wieder gemeinsamen Landammann erkoren die Stimmbürger Nazar von Reding (1806 –
1865), dem es gelang, den Kanton Schwyz zu einem untrennbaren Gebilde werden zu lassen. In
die Verfassung von 1833 sowie in jene von 1848 flossen einige wichtige Ideen des seinerzeitigen
Grundgesetzes des Äusseren Kantons ein.
Vom Herkommen der Einsiedler
Der schwyzerische Geschichtsschreiber Thomas Fassbind hatte nicht Unrecht, wenn er zu Beginn
des 19. Jahrhunderts schrieb, die Einsiedler seien «ein von allerlei Ländern zusammengeloffenes
Volk, ursprünglich Elsässer, von den Äbten an- und aufgenommen». Man kann in den
Gefolgsleuten Eberhards im Jahre 934 die ersten Einwohner erblicken; sie kamen aus der Gegend
von Strassburg. Im Elsass hatte das Kloster schon früh Besitzungen, so zu Sirenz und Riegel, wo
1289 ein Keheli – vielleicht ein Vorfahre der heutigen Kälin – Zinsen zu bezahlen hatte. In der
Folge kamen Leute aus andern klösterlichen Besitzungen ins Hochtal. Andere hat man immer
wieder ins Waldstattrecht aufgenommen. Diese Neubürger haben sich bestens akklimatisiert
Ursprüngliche Einsiedler Geschlechter sind die Bingisser (1535) Birchler (1331), Bisig (1331),
Eberle (1331), Fuchs (1230), Füchslin (1331), Grätzer (1356), Kälin (1319), Kuriger (1309), Lacher
(1331), Lienert (1500), Ochsner (1311), Öchslin (1470), Ringli (1356), Ruhstaller (1331), Schädler
(1356), Schönbächler (1356), Steinauer (1331), Weidmann (1356), Zehnder (1331) usw. Den Kälin
begegnet man in einem Abkommen von 1319 zwischen den Klöstern Einsiedeln und Rüti.
Aufnahme ins Waldstattrecht fanden unter anderen die Benziger 1584, die Effinger und Gyr 1520,
später die Kengelbacher, Trinkler, Wikart, Zingg usw.
Die Curiger stammen von den Zangger in Egg ab; die Zehnder schrieben sich einst zum Teil
Zehder.
Wappenfähig waren die Einsiedler nie. Aus den Hauszeichen sind die jetzigen Wappenschilder
entstanden, einige sind sogenannte sprechende Wappen. Die Schilder der alten
Waldleutegeschlechter sind an der Dachuntersicht des Rathauses gemalt.
Der frohmütige, aufgeschlossene Charakter der Einsiedler, aber auch ihre Anpassungsfähigkeit
und ihr Sinn für strenge Arbeit – und es sei nicht verschwiegen, für das Festen – mag ebenfalls ein
Angebinde der elsässischen Urheimat sein.
Die Einsiedler Mundart
Der Einsiedler Dialekt ist ein Teil des Alemannischen. Man kann mit ihm auf unnachahmliche
Weise sowohl der echten Fröhlichkeit als der tiefen Trauer Ausdruck geben.
Charakteristisch ist, dass die Vokale o, e und i meist stark zerdehnt werden, wie etwa bei Lejhrer,
Schneej, Beejri, Chilechouf, mouredess, Broud, chou, schnye, ghye, verbiy usw. Wegen der vielen
Diphtonge ihrer Sprache werden die Waldleute – hier seien nur als Beispiele angeführt: Chlouster,
Mou, Oubed, hüüroute, Strouss, bourze, schöin – von Fremden gern gehänselt.
Trotz seiner Herbheit eignet sich der Einsiedler Dialekt vorzüglich für Sang, Vers und Reim, wie
das Meinrad Lienert (1865 – 1933) in seinen Gedichten und Erzählungen bewiesen hat.
Vor ihm gab es wenige, welche die Mundart der Waldleute in Geschichten und Gedichten
verwendet haben, etwa die geborene Zürcherin Elisabeth Bodenmüller-Lavater (1789 – 1877).
Meinrad Lienerts Werke gehören zum Schönsten, was die Schweizer Mundart-Dichtung
hervorgebracht hat. Er verstand es, die innigsten Regungen des Herzens und der Seele
darzustellen. Nicht umsonst sind zahlreiche Verse Lienerts vertont worden. Sie gehören zum
Allgemeingut der Sänger- und Jodlerchöre unseres Landes.
Nach Meinrad Lienert hat sich auch sein Neffe, Otto Hellmut Lienert (1897 – 1965) der Einsiedler
Mundart bedient.
Die sprachlichen Unterschiede der Einsiedler- und der Schwyzer-Mundart kann man im Hochtal
sehr gut ablesen. Hinter Euthal liegt die trennende Sprachgrenze. Die Waldleute bedienen sich
der Wörter frouge, Beejri, nüd, abä, z Väsper, Hour, wofür die Schwyzer im Ibrig fraage, Beeri, nid,
appä, z Aabig, Haar verwenden.
Die Siedlungen
Einsiedeln
Älteste Formen: Einsidelen (979, 1073), Einsideln, Einsidla. In der Frühzeit auch Meinradszelle
und Eberhardszelle, Maria zum Finstern Wald, usf. geheissen. Der Name leitet sich von den
Waldmönchen ab, die sich hier im 10. Jahrhundert an mehreren Orten (Einsiedeln, Willerzell,
Bennau) angesiedelt haben.
Der Begriff «Die Waldstatt» lehnt sich an die Bezeichnung «Zum Finstern Wald» an, taucht aber
erst im 14. Jahrhundert auf.
Um das Dorf Einsiedeln, das erst 1073 unter dieser deutschen Bezeichnung erscheint, haben sich
neben den Streusiedlungen im Hochtal einzelne Dörfer entwickelt.
Das Dorf Einsiedeln ist mehrmals dem Feuer zum Opfer gefallen, so 1509 und letztmals 1680. Der
Grossteil der Häuser, unter anderem auch das Rathaus und das Beinhauskirchlein, fielen in Schutt
und Asche. Schon früh kannte man eigentliche Feuerordnungen. Die Dorfsiedlung wurde dabei in
bestimmte Quartiere eingeteilt. Im Dorf Einsiedeln selber leben 7'630 Einwohner (Stand
31.12.1999).
Viertel
Eine Analogie zu den Quartieren im Dorf sind die Viertel im Bezirk. Die Ortschaften Bennau, Egg,
Willerzell, Euthal, Gross und Trachslau – alle mit Schule für die Unterstufe und Kirche – bilden
zusammen mit dem nächsten Dorfumkreis (Binzen) die sieben Viertel. Sie werden so erstmals im
Waldstattbuch von 1572 genannt und bedeuten keineswegs einen mathematischen Begriff,
sondern bezeichnen Fraktionen. Man kennt Viertel im gleichen Sinn auch im Alten Land Schwyz,
wo man ebenfalls weniger eine Örtlichkeit, denn ein genau umgrenztes Gebiet meint. In neuerer
Zeit wurden verschiedene Schulhäuser renoviert oder neu erstellt und mit Räumlichkeiten
ausgestattet, die den Viertelsbewohnern ein eigenständiges Lebensgefühl in einer
überschaubaren Umgebung garantiert.
Bennau
Die älteste Form Bennowa stammt aus dem Jahre 1331. Bedeutung: Bennos Au (Au = Wiese).
Benno war Domherr in Strassburg und Bischof von Metz. Er zog sich später in den «Finstern
Wald» bei der ehemaligen Meinradszelle zurück, wo er 940 starb. Das Dorf Bennau liegt oberhalb
des SOB-Eisenbahnknotenpunktes Biberbrugg. Einwohner: 1'011 (31.12.1999).
Egg
Früheste Erwähnung im Jahre 1331 («Egga»). Egg bedeutet nicht nur Ecke, sondern auch
«Winkel, Kante, Wasserscheide». Vermutlich so genannt, weil die Sihl in dieser Gegend auf eine
tiefere Talstufe gelangt, ihre Nordrichtung aufgibt und nach Westen abfliesst. Hiess früher
«Untersyten». Berühmt ist die «Tüfelsbrugg», in deren Nähe Paracelsus 1493 geboren wurde.
Egg liegt am Fusse des Etzels. Völkerschaften aller europäischen Länder pilgerten hier vorbei.
Einwohner: 489 (31.12.1999).
Willerzell
In einem Spruchbrief 1319 wird «Willercella» fassbar und wird 1331 als «Willercella» wiederum
erwähnt. Der zweite Wortteil weist auf Zelle / Klause hin, was auf Waldbrüder hinweist. Deshalb
auch Namen wie: «Brudergut», «Bruderhöfli», «Bruderhaus». Der erste Wortteil «Villa» kann als
Weiler aufgefasst werden. Willerzell, wegen guten Gedeihens der Beeren scherzhaft auch
«Sirupviertel» genannt, bildet den Brückenkopf des grossen Sihlseeviaduktes. Einwohner: 738
(31.12.1999).
Euthal
Erstmals 1331 als «Oeutal» erwähnt. «Eu» ist zu «Aue, Auwe, Oi, Ei», das heisst Gelände am
Wasser, wässriges Wiesland, zu stellen. Damit hängen auch die Namen «Eubach» und «Aubrig»
(Berg mit Wiesen) zusammen. Gleiche Wortteile stecken auch in Au (Frauenkloster), Trachslau,
Gau (Land am Wasserlauf) usw. Euthal liegt am Ende des hinteren Sihlseeviaduktes und dient als
Eingangspforte ins Ybrig. Einwohner: 599 (31.12.1999).
Gross
Der älteste aller Viertelnamen, als «Obergross» schon 1301 greifbar. 1331 erscheint erstmals die
Bezeichnung «Grossewisa», bei der grossen Wiese. Volkstümlich wird der Name auch als beim
«grossen Tannenwald» gedeutet, wohl auch im Gegensatz zum «Dick» (Dickicht), weiter südlich.
Von den Zuflüssen in die Sihl auf Einsiedler Gebiet hat der «Grossbach» als einziger über 10 km2
Einzugsgebiet; der Name könnte also auch vom Bach herstammen. Man beachte auch die Namen
«Grossgrund» und «Grosser Ruus» (Runse, zu: rinnen) für das Amseltal. Gross ist ebenfalls ein
idyllisch gelegenes Sihlseedorf. Einwohner: 1'100 (31.12.1999).
Trachslau
1331 erstmals als «Trechsellun» aufgeführt. Es bedeutet Konrad Trachsels Au. Trachsel gehörte
zu jenen Schwyzer Geschlechtern, die sich während des Marchenstreites bei den nahen
Klosterbesitzungen niederliessen, wie z. B., die Blum vergl. «Blümenen», Zum Brunnen
«Brunnern», die Hunn «Hundwileren», Kätzi «Katzenstrick» und «Kätzerboden». usw. Wer von
Einsiedeln aus auf die Holzegg will, kommt an Trachslau vorbei, denn es ziert das Tal der Alp.
Einwohner: 738 (31.12.1999).
Binzen
Von Binsengräsern bewachsenes Land rund um das Dorf Einsiedeln. Dazu gehörten die Wäni, die
Langrüti (Dorf), Ennet der Alp, Dümpfeln, Riet, Rotenbach, Kobiboden, Blatten, Horgenberg,
Waldweg, Roblosen, Hüendermatt, Hermanneren, Guggus, Birchli und Gandschachenmatte
(Gross). Im Jahre 1708 wird Binzen erstmals als eigenes Viertel aufgeführt. 1835 war es mit 665
Seelen und 80 Häusern ausser dem Dorf Einsiedeln das bevölkerungsreichste Viertel. Binzen war
eingeteilt in Oberbinzen (das ganze Gebiet östlich der Alp bis an die Sihl) und Unterbinzen (das
Land westlich der Alp mit der Langrüti und Wäni). 1849 wurde die Genossame Binzen mit dem
Dorf verschmolzen; darum der heutige Name «Genossame Dorf-Binzen». Als eigentlicher Viertel
ist Binzen heute nicht mehr gegenwärtig, sondern stellt mit dem Dorf Einsiedeln eine Einheit dar.
Von den Genossamen im Bezirk Einsiedeln
Den vorausgehenden Darlegungen ist zu entnehmen, dass das Kloster Einsiedeln von Kaisern
und Fürsten das Gebiet des Hochtals der Sihl und Alp geschenkt erhielt. Die Mönche rodeten
zusammen mit ihren Gefolgsleuten den Wald und machten das Tal urbar, so dass es genutzt
werden konnte.
Das Kloster gab nicht nur Lehensgüter an seine Untertanen ab, sondern es stellte ihnen gewisse
Gebiete zum gemeinsamen Nutzen zur Verfügung. Wald, Weide und Alpen wurden so zu
gemeinsamer Allmeinde. Weil nicht freie Bauern Eigentümer der Allmeindgüter waren, sondern
diese vom Kloster zur freien Benutzung zur Verfügung gestellt wurden, muss man hier von einer
«Hofgenossenschaft» und nicht von einer Marktgenossenschaft wie in Schwyz sprechen. Die
Einsiedler Allmeinde entstand also nicht aus eigenem, sondern aus fremdem Recht. Somit kommt
dem Kloster die Begründung der Allmeinde – und später der Genossame – zu.
An den gemeinsamen Gütern (Allmeinden) hatte das Gotteshaus Anteil. Als 1386 die Schwyzer
nach Einsiedeln gezogen waren und das Gebiet unter ihre Hoheit nahmen, hatten auch sie neben
dem Kloster und den Waldleuten Rechte an den Allmeinden. Es bildete sich der Begriff der
«dreizerteilten Güter», eine Bezeichnung, der man erstmals 1399 begegnet. Unter Abt Joachim
Eichhorn (1544 – 1569) wurde ein Vertrag bezüglich der Nutzung der Allmeinden ausgehandelt.
Darin ist festgelegt, dass das Hauptgut an den gemeinsamen Allmeinden ungeschmälert erhalten
werden müsse; die Zinsen aber sollten zu deren Nutzen verwendet werden. Der Ertrag der
«dreizerteilten Güter» hatte für den allgemeinen Gemeindehaushalt zu dienen. So blieb es bis zur
Französischen Revolution. Die Munizipalität benützte die Allmeinderträge ebenfalls für den
Gemeindehaushalt. An der Landsgemeinde vom 22. Januar 1837 wurden die Güter der
ehemaligen Drei Teile, die zeitweilig wieder dem Kloster beziehungsweise der «Genossenschaft
Einsiedeln» gehörten, vom Besitztum des Bezirkes ausgeschieden. Es bildete sich erneut «die
Genossame Einsiedeln». Mit dem Übergang von Eigentum und Nutzniessung an die Genossame
wurde der ursprüngliche Zustand der «gemeinsamen Allmeinden» wieder rechtens hergestellt.
Um eine rationellere Bewirtschaftung der grossen Güter bewerkstelligen zu können, teilten die
Genossen 1849 ihr Vermögen unter die Dorf- und Viertelsbewohner auf und schufen damit die
sieben selbständigen, voneinander in allen Beziehungen unabhängigen Allmeindkorporationen
Dorf-Binzen, Bennau, Egg, Willerzell, Euthal, Gross und Trachslau. Einige Grundstücke, so der
Duliwald, und besondere Rechte am Hauptplatz, am Rathaus und Kernenhaus sowie am Brüel,
blieben bis heute in gemeinsamer Verwaltung.
Die einzelnen Genossamen wählen ihren Genossenrat. Wichtige Beschlüsse werden an der
Genossengemeinde gefasst, wo auch die Rechnungsabnahme und die Budgetberatung erfolgen.
Genossenbürger wird man in Einsiedeln nur durch durch Abstammung.
Die Genossamen tragen wesentlich bei für das Gemeinwohl aller Einwohner des Bezirkes, indem
sie grosse Lasten für den Strassenbau, für Bachwuhren und für die Verbesserungen der Alpen
und Weiden auf sich nehmen. Sie sind weiter ein tragendes Element der Selbstbestimmung und
des Verwurzeltseins in Heimat und Gemeinschaft.
Verkehrsverbindungen
Wie sich die Lichtstrahlen in einem Brennglas sammeln, so treffen sich von allen Richtungen der
Windrose die Strassen auf dem Platz vor der Klosterkirche. Im Laufe der Jahrhunderte sind die
ursprünglichen Fusspfade und Pilgerwege zu Strassen geworden.
Das änderte sich vor allem, als um 1860 / 1862 die Strasse über das Rabennest nach Einsiedeln
gebaut wurde. Ebenfalls von grosser Bedeutung war der Baubeginn der SOB-Linie Wädenswil –
Einsiedeln im Jahre 1877.
Schiene und Strassen ermöglichen es heute den vielen Besuchern aus allen Himmelsrichtungen,
das Einsiedler Hochtal im Sommer und Winter mit Leichtigkeit zu erreichen. Ein Parkhaus im
Oberdorf, unmittelbar in der Nähe des Klosters, und ein weiteres im Unterdorf bieten den
Automobilisten Parkpltze in ausreichender Zahl. Ausgehend von der Bahn- und Poststation
werden die umliegenden Dörfer des Bezirkes Einsiedeln und die Regionen Alpthal und Ybrig mit
Postautoverbindungen erschlossen.
Verschiedene Bergbahnen und Skilifte in der Region Einsiedeln laden die Gäste ein, zu allen
Jahreszeiten die herrlichen voralpinen Landschaften in und um Einsiedeln zu geniessen.
Der Sihlsee
Johann Wolfgang Goethe hat auf der Schweizerreise 1797 in seinem Tagebuch vermerkt, dass
die Wasser der Sihl bei Schindellegi «zur Wässerung und Werken in die unterhalb liegende
Gegend» geleitet werden sollten, «ein Unternehmen, das freilich in einem demokratischen Kanton
und bei der Kompliziertheit der Grundstücke, die es betreffen würde, nicht denkbar ist». Und doch
wurde viel später diese Idee – wenn auch in abgeänderter Weise – Tatsache. Um 1897 ist ein
Projekt Kürsteiner diskutiert worden, das vorsah, die Wasser der Sihl bei der Schlagen zu stauen
und unter Ausnützung des Gefälles für ein Elektrizitätswerk zu nutzen. Den Gedanken übernahm
die 1929 gegründete Etzelwerk AG (SBB und NOK). Es gab wohl keine so wichtige offene
Landsgemeinde, wie jene von 1928, als an die Schweizerischen Bundesbahnen die Konzession
zum Bau des Sihlsees erteilt wurde. Diesem Beschluss gingen langwierige Verhandlungen
bezüglich der Landentschädigung, des Strassenbaus und der Erstellung von Viadukten zwischen
dem westlichen und östlichen Seeufer voraus.
Bereits 1925 hatte die Baukommission für den zu erstellenden Stausee rund 85 % des benötigten
Landes erworben. Diskussionen über die Höhe des Stauwerkes, die Abgeltung von
Inkonvenienzen, wegen der Entschädigung an die Bauern und Genossamen, welche Land
abzutreten hatten, strapazierten die Geduld der Behörden und Einwohner wie der am See
Interessierten.
Wegen der herrschenden allgemeinen Arbeitslosigkeit entschloss man sich, bereits 1932 mit den
Bauarbeiten zu beginnen. Zuerst mussten ca 29 km Strassen um den geplanten See erstellt
werden. Dann folgten die beiden Viadukte Birchli – Willerzell und Steinbach – Ruostel, der eine
1115, der andere 412 Meter lang. Das wichtigste Bauwerk, die Staumauer bei der Schlagen, hat
eine Höhe von 28 m, eine Kronenlänge von 124 m und eine Mauerkubatur von 28000 m3. Der
Druckstollen von der Staumauer bis zum Wasserschloss misst 2900 m, jener vom Wasserschloss
zum Maschinenhaus in Altendorf 2200 m.
Die Ausmasse des Sihlsees sind: 8,5 km grösste Länge, 2,5 km grösste Breite, 25 m grösste
Tiefe; 11,3 km2 Fläche, Stauhöhe: 892,60 m ü. M. Heutiger Alleineigentümer der Etzelwerk AG ist
die SBB. Sie benötigt den Sihlseestrom für die Eisenbahn. Am 1. Mai 1937 wurde mit dem Stau
begonnen, und im Oktober konnte die kirchliche Weihe vorgenommen werden.
Die Opferbereitschaft der Einsiedler Bevölkerung war gross. Sie setzte im Interesse der
Allgemeinheit Eigennutz hinter Gemeinnutz. Um die 11 Mio. m2 Grund und Boden mussten die
Waldleute an die Konzessionsnehmer abtreten. Davon gehörten 46,7 % den Genossamen, 53,3 %
war privater Besitz. Von dem verkauften Land waren 14 % unproduktiv, 45 % Torf- und Streuland,
41 % Pflanz-, Wies- und Weidland. 356 Heimwesen mit einer Bevölkerung von rund 1800
Personen wurden durch den Bau des Sihlsees irgendwie in Mitleidenschaft gezogen. 107 Familien
mussten ihre angestammte Heimat verlassen. 34 Haushaltungen konnten in Neuansiedlungen um
den See und in dessen Nachbarschaft eine neue Wohnstatt finden.
Heute sieht niemand mehr, dass der Sihlsee künstlich angelegt wurde. Er erfreut Anwohner wie
Fremde. Fischer suchen den See gerne auf und machen reichen Fang. Segler und Surfer lieben
es, die Wasser zu befahren. Rund um den See sind zahlreiche Ferien- und Wochenendhäuser
entstanden. Am Bergwasser finden viele Ruhe, Entspannung, Erholung und Kraft für den Alltag.
Pastorationsverhältnisse im Bezirk Einsiedeln
Der Abt des Klosters hat seit eh und je die Einwohner des Klostergebietes – später des Bezirkes
Einsiedeln – durch seine Mönche seelsorglich betreuen lassen. Zur Zeit des Niedergangs haben
Weltgeistliche, Leutpriester, im Auftrag des Klosters diese Aufgabe übernommen. Die Pfarrei
Einsiedeln entstand demnach als Patronatspfarrei.
Einsiedeln besitzt rechtlich nur eine Pfarrei. Die Pfarrvikariate der einzelnen Viertel unterstehen
dem Pfarrer von Einsiedeln. Auch eine eigentliche Pfarrkirche kennt Einsiedeln nicht. Das Kloster
stellt die Wallfahrtskirche für pfarreiliche Gottesdienste und Anlässe zur Verfügung. Bis ca. 1850
besassen zwar die Waldleute ein eigenes Gotteshaus. Sie hatten aus eigenen Mitteln eine
Beinhauskirche erbauen lassen, in welcher die Totengedächtnisse und Seelgottesdienste gehalten
wurden. Beim Bau der Beichtkirche ist die Kapelle unter Abt Augustin Reding (1670 – 1692)
niedergelegt und vor dem heutigen Studentenrisalit wieder erbaut worden. Mitte des letzten
Jahrhunderts hat man sie aufgegeben; sie ist durch die Benediktskapelle auf dem Friedhof
überflüssig geworden.
Die Pfarrvikariate datieren aus dem letzten Jahrhundert: Euthal 1844, Willerzell 1848, Gross 1878,
Egg 1887 und Bennau seit 1942.
1974 haben die katholischen Einsiedler eine öffentlich-rechtlich anerkannte Kirchgemeinde
gegründet, in welcher die Kirchgenossenschaften der Viertel aufgingen. Die römisch-katholische
Kirchgemeinde Einsiedeln besteht rechtskräftig seit dem 1. Januar 1975. Ihr gehören alle im
Bezirk Einsiedeln wohnhaften Katholiken an. Oberstes Organ ist die Kirchgemeindeversammlung.
Das ausführende und verwaltende Organ ist der Kirchenrat, der aus 15 Mitgliedern besteht.
Die Gläubigen evangelisch-reformierter Konfession genossen in Einsiedeln immer freundliche
Toleranz. Anfänglich lag die Pastoration der reformierten Gläubigen beim Pfarramt Oberarth, dann
beim Pfarramt Höfe. Gottesdienste hielten sie bis 1943 in einem Schulzimmer, dann durften sie in
die neuerbaute Kirche an der Spitalstrasse einziehen.
Seit 1957 gibt es eine evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Einsiedeln mit eigenem Steuerrecht.
Ihr gehören die im Bezirk Einsiedeln und den politischen Gemeinden Rothenthurm, Oberiberg,
Unteriberg und Alpthal wohnhaften Glaubensgenossen an. Auch die evangelisch-reformierte
Kirchgemeinde kennt die Kirchgemeindeversammlung als oberstes Organ. Vollziehendes und
verwaltendes Organ ist der Kirchgemeinderat. Er besteht aus sechs Mitgliedern. Die Gemeinde
wird von einem hier ansässigen Pfarrer betreut.
Die Schulen
Der Bezirk Einsiedeln verfügt über ein gutausgebautes Schulsystem und kann den Lernwilligen ein
reiches Schulangebot vermitteln. Das Angebot umfasst den Kindergarten, alle Stufen der
Volksschule bis hinauf zum Gymnasium.
Einjährige Kindergärten und die Primarschule (1. bis 6. Schuljahr) werden sowohl im Dorf, wie
auch in den Vierteln angeboten. Für schulpflichtige Kinder, deren Schulreife zweifelhaft ist, besteht
die Möglichkeit zur Einschulung in die Einführungsklassen. Im Dorf besteht nach kantonaler
Gesetzgebung eine Mittelpunktschule für die Oberstufe (7. bis 9. Schuljahr), die als Schulversuch
im kooperativen Modell geführt wird. Schüler mit Lernschwierigkeiten werden in Einsiedeln in der
Kleinklasse und Werkschule unterrichtet. Neben dem Volksschulangebot gibt es für die musische
Freizeitgestaltung eine Musikschule. Die Dorf- und Viertels-Schulhäuser sind den heutigen
schulischen Bedürfnissen angepasst.
Die Stiftsschule des Klosters Einsiedeln, welche in dieser Form seit 1840 geführt wird, bietet die
Schultypen A und B mit eidgenössisch anerkannter Matura an. Sie geht auf die einstige
Klosterschule zurück, die schon im Mittelalter bestanden hatte, aber lediglich dem
Klosternachwuchs diente. Heute zählt die Stiftsschule, an welcher Mönche und Laien unterrichten,
rund 340 Schülerinnen und Schüler.
Zur Maturitätsausbildung Typus C / E und zum Besuch des Unterseminars bietet sich die
Möglichkeit, die Kantonsschule in Pfäffikon zu besuchen.
Wenn heute die Schulen des Bezirks Einsiedeln einen recht guten Ruf besitzen, so brauchte es
dazu viele Opfer und Zeit. Es sei nur daran erinnert, dass die meisten ersten Schulbauten in den
vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet wurden. In alten Zeiten waren die Drei Teile für
das Schulwesen zuständig. Es gab eine Deutsche und eine Lateinische Schule. Um das
ehemalige Schulwesen haben sich vornehmlich die Pfarrgeistlichen gekümmert, die auch die
eigentliche Oberaufsicht über den Unterricht führten. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts hat sich
der Kanton ordnend im Schulwesen engagiert. Es darf heute von einem sehr gut funktionierenden
Schulsystem gesprochen werden, das für Anpassungen und Neuerungen stets offen ist.
Nachdem in Einsiedeln keine Berufsschulen mehr vorhanden sind, besuchen die Lehrlinge und
Lehrtöchter die Berufsschule in Lachen, Pfäffikon, Goldau und Zürich. Neu ins Bildungsangebot
eingeschaltet hat sich wieder der mehr als 100jährige Fortbildungsverein Einsiedeln. Beruhend auf
der Bildungsoffensive des Bundes wird das Projekt WEBIZ (Weiterbildungszenturm Einsiedeln)
vom Kanton Schwyz unterstützt. Es beabsichtigt einen losen Zusammenschluss aller Anbieter von
beruflicher und allgemeiner Erwachsenenbildung im weitesten Sinne. Mit dieser wertvollen
Ergänzung darf in Einsiedeln getrost von einem umfassenden Bildungsangebot gesprochen
werden.
Brauchtum
Im Hochtal zwischen dem Etzel, den Sihltalerbergen und den Mythen konnten sich auf Grund des
Volkscharakters der Waldleute und wegen der früher nur im Sommer durch den Pilgerverkehr
gestörten Abgeschiedenheit viele Bräuche entwickeln. Einige sind stark vom Religiösen geprägt,
andere dem weltlichen Tun verhaftet. Die Bräuche aufzuzeigen, geschieht am besten, wenn wir
einige im Laufe des Jahres betrachten, so wie sie nach dem Kalender einfallen.
Sternsingen
In neuerer Zeit wird das Sternsingen wieder aufgenommen. Schulkinder werden um Drei Königen
herum ausgesandt, verkleidet als die Heiligen Drei Könige. Sie wandern von Haustüre zu
Haustüre und singen religiöse Lieder. Die Geldspenden, die sie dabei erhalten, werden für
Hilfsbedürftige im In- und Ausland verwendet. Als Dank werden die Anfangsbuchstaben der
Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar über der Türe aufgemalt.
Fasnacht
Ende der «unheimlichen zwölf Nächte» ist der Dreikönigstag. Gegen Abend treicheln und läuten
die Burschen die Fasnacht ein. Es beginnt die wohl übermütigste Zeit des ganzen Jahres. In der
Waldstatt gibt es typische Fasnachtsfiguren, wie man sie sonst nirgends trifft: die Süühudi, Figuren
mit selbstgefertigten Masken; die Joheen, einst verlumpte Senntenbauern, die nun die Treichel
und den Stallbesen mit sich tragen; die Mummerien, wohl ausgelumpte Pferdehändler, das
Rossgeschell umgehängt und den Rossschwanz in der Hand; der Teufel mit grossen Hörnern auf
dem Kopf, eine Mistgabel in den Händen und eine lange Kette nachziehend, angeführt vom
Fuhrmann mit der Geissel, eine Lederschürze umgebunden.
Joheen und Mummerien tragen alte holzgeschnitzte Masken im Biedermeierstil. Zusammen mit
den Hörelibajassen werfen sie am Fasnachtsdienstag von drei Bühnen an der Hauptstrasse Brot
unter das Volk. Die Umstehenden rufen im Chor: «I mir eis, i mir eis.» Ist der Güdelmontag dem
Süühudiumzug gewidmet, so bringt der Dienstag zahlreiches Volk auf die Strassen, um dem alten
Brauch des «Brouduusrüehre», beizuwohnen. Am Abend wird der Pagat (die Fasnacht) verbrannt.
Damit endet die übermütige Fasnacht der Einsiedler.
Heilige Agatha
Der Agathatag, einst ein Lostag bei der Bauernsame, bringt gesegnetes Brot auf den Tisch. Es
soll vor Feuer und Heimweh schützen. Der Brauch, beim Rosenkranz des St. Agathatages
Kerzlein brennen zu lassen und aus dem Erlöschen auf die Reihenfolge von Todesfällen in der
Familie zu schliessen, ist längst abgegangen. Hingegen wird der hl. Patronin noch beim
Sterbegebet gedacht: «Heiligi Sant Agatha, wöllist üs behüete vor Füür und Blitz, vor em gäche
und unversächne Toud».
Kartage
Noch vor Jahren war es hier lieber Brauch, dass die Kinder zur kirchlichen Palmweihe
Palmstangen und Widliringe mitbrachten. Die Palmen sind dann hinter das Stubenkreuz gesteckt
und im Estrich hinter den Dachrafen aufbewahrt worden.
Bei uns verwendet man als immergrüne Zweige die Stechpalme (Ilex), Buchs (Buxus) und Sevi
(Juniperus sabina), in die man Äpfel und Orangen steckt.
Die durch das Zweite Vatikanische Konzil angeordnete Karwochenliturgie und die Osternachtfeier
haben einige Bräuche eingehen lassen, die hier sonst eifrig gepflegt wurden: Judasverbrennen
(Osterfeuer-Weihe), Ostertaufe holen (Osterwasser).
St. Georgsprozession
Nach dem furchtbaren Dorfbrand von 1577 verordnete der Abt, dass am Sonntag nach St. Georg
die in der Klosterkirche aufbewahrten Reliquien in einer Prozession ins Dorf hinuntergetragen
werden sollten. An vier Stellen segnete der Pater Statthalter das gläubige Volk und rief Gott um
Verschonung vor Feuersbrunst und anderem Unglück an. Heute wird die Prozession (St.
Jörgenumgang) nur mehr im Kircheninnern gehalten.
Bittgänge
Um den Tag St. Johann Baptista machen die Einsiedler einen Bittgang auf den Etzel. Dieser
Brauch war ursprünglich eine Erinnerung an die Schlacht im Alten Zürichkrieg von 1439 und führte
auf den Hochetzel, wo eine hölzerne Schlachtkapelle stand. Mit der Zeit ist das Ziel des Bittgangs
nicht mehr einsichtig gewesen, und man suchte die St. Meinradskapelle auf dem Etzelpass auf.
Andere Bittgänge führten nach Steinen, im letzten Jahrhundert bis vor einigen Jahren nach
Biberegg; einer nach Oberiberg, später zur Schmerzhaften Mutter nach Euthal. Die beiden
letztgenannten Bittgänge sind dem Verkehr zum Opfer gefallen. Den Bittgang auf den Etzel macht
man jetzt an einem Abend um St. Johanni herum, die beiden andern sind durch einen Bittgang
nach dem Frauenkloster in der Au abgelöst worden.
Die Kilbi
Die Erinnerung an die Weihe der Klosterkirche, die gleichzeitig Pfarrkirche der Einsiedler ist
(1735), wird am 2. Mai (Kreuzauffindung) in rein kirchlicher Weise begangen. Hingegen ist am
Sonntag vor St. Verena in Einsiedeln Kilbi. Die Budenstadt ist weitherum eine der Grössten und
vermag Jahr für Jahr viel Volk auch von auswärts anzulocken. Sie dauert drei Tage: Am Montag
und Dienstag ist zugleich Markt.
St. Verena war einst der offizielle Festtag der Sennenbruderschaft, ausgezeichnet durch einen
feierlichen Gottesdienst und weltliche Festlichkeiten, bei denen die Sennen allerlei Spiele
aufführten.
Engelweihe
Der 14. September, Erinnerungstag an die Weihe der Gnadenkapelle und Klosterkirche von 948,
ist das hervorragendste Fest im Einsiedler Brauchtumskalender. Am frühen Morgen und am
Vormittag werden in der Kirche zwei Pontifikalämter zelebriert. Abends, nach der Complet, zieht
eine grossartige Prozession auf den Klosterplatz. Die Anwohner schmücken alle Fenstersimse mit
brennenden Kerzenlichtern. An Stelle des ehemaligen Lichtaltars zwischen Rathaus und Hirzen
steht ein Altar vor der Kirche. Wie an der Fronleichnamsprozession tragen Meister der löbl. Zünfte
den Baldachin und die Stablaternen über und neben dem Allerheiligsten.
St. Nikolaus / Weihnachten
Die Bräuche um St. Nikolaus und Weihnachten sind nicht sehr von anderen Orten verschieden.
Frühere Bräuche sind dem modernen Zeitalter gewichen. Neuerdings findet auf der Hauptstrasse
jeweils Ende November/Anfang Dezember ein Weihnachtsmarkt statt, der vom Detaillistenverein
Einsiedeln–Ybrig organisiert wird. Ebenfalls anfangs August wird seit 1997 ein Weihnachtsmarkt
auf dem Klosterplatz durchgeführt, der sich über zwei Wochenenden und die
dazuwischenliegende Woche erstreckt. Dieser Weihnachtsmarkt wird im Auftrag des
Verkehrsvereins Einsiedeln organisiert und hat in der Hauptsache das Ziel, weihnachtliche Artikel
zu präsentieren.
Feiertage
In Einsiedeln kennt man – mehr als an anderen Orten – bestimmte Festtage:
- 1. Januar: Neujahr
- 6. Januar: Dreikönige
- 21. Januar: Fest des hl. Meinrad, Gründer von Kloster und Dorf
- 19. März: Fest des hl. Josef
- Karfreitag
- Ostersonntag und -montag
- Christi Himmelfahrt
- Pfingstsonntag und -montag
- Fronleichnam mit Prozession
- Sonntag nach dem 16. Juli: Einsiedlerfest mit Pontifikalamt
- 15. August: Maria Himmelfahrt mit Pontifikalamt
- 14. September: Engelweihe mit feierlichen Gottesdiensten und abendlicher Lichterprozession
- Erster Sonntag im Oktober: Rosenkranzfest mit Pontifikalamt und Prozession; Erntedankfest
- 1. November: Allerheiligen
- 8. Dezember: Fest der Unbefleckt Empfangenen Gottesmutter
- 25. Dezember: Weihnachtsfest
- 26. Dezember: Nachheiligtag Weihnachten; Fest des hl. Stephan
Kulinarisches
Typische Einsiedler Spezialitäten sind der Rosoli, ein Getränk, und der Meginrat, ein Likör,
hergestellt nach altem Klosterrezept. Nur in Einsiedeln ist das «Ofenturli» bekannt, ein
Kartoffelkuchen mit viel Käse, Eiern und Zwiebeln. Überhaupt versteht man es in Einsiedeln, aus
Kartoffeln die vielfältigsten Speisen herzustellen. Die «Gumel» waren über zwei Jahrhunderte
hinweg die bevorzugte Speise, die täglich mehrmals und immer wieder anders auf den Tisch kam.
In den kulinarischen Bereich gehören die von den Pilgern gern gekauften Schafböcke und
Lebkuchen. Die Schafbockbäcker sind erstmals 1631 urkundlich fassbar. Sie gehörten zur
Bäckerzunft und wurden damals verhalten, sich beim Verkauf der Waren vor der Kirche eines
«ehrsamen Wandels» zu befleissen.
Die Schafböcke, eine «waldhonigduftende Leckerei», wie Waldstatt-Dichter Meinrad Lienert meint,
sind ein aus Honig und Mehl zubereitetes Gebäck mit langer Haltbarkeit.
Neben diesen «Leckerlein» gibt es Einsiedler Lebkuchen zu kaufen. Sie werden erstmals 1550
erwähnt. Diese Scheiben, das Kloster darauf abgebildet oder mit religiösen Motiven geziert,
gehören zur Gattung der Gebildbackwaren wie die Kräpflistangen, Herzli und Fische: ein braunes
oder weisses Backwerk mit verschiedener Füllung. Dafür verwendet man uralte Holz- oder
Tonmodelle. Bekannt sind neben diesen Spezialitäten die Einsiedler Tirggel, welche auf St.
Nikolausabend oder Weihnachten in den Bäckereien des Dorfes bereitgestellt werden. Heute
werden diese Spezialitäten teilweise maschinell hergestellt.
Vieh- und Warenmärkte
Einsiedeln ist einer der bedeutendsten Marktorte im ganzen Kanton. Mit der Inbetriebnahme der
Viehvermartungshalle Rothenthurm im September 2000 wurden die Viehmärkte ab dem Jahr 2001
erheblich reduziert. Ständiger Beliebtheit erfreuen sich – sowohl bei den Marktfahrern wie bei den
Marktbesuchern – die Einsiedler Warenmärkte. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Einsiedler
Viehausstellung, die als die grösste in der Urschweiz bezeichnet wird.
-
Kilbi-Montag: Vieh- und Warenmarkt (Kilbi-Märcht)
Kilbi-Dienstag: Warenmarkt (Kilbi-Märcht)
Dienstag vor St. Michael (29. September): Viehausstellung
Montag nach dem ersten Sonntag im Oktober: Vieh- und Warenmarkt (Gallus-Märcht)
Montag vor Martini (11. November): Vieh- und Warenmarkt (Marti-Märcht)
Ende November/Anfang Dezember: Weihnachtsmarkt auf der Hauptstrasse (1 Wochenende)
und auf dem Klosterplatz (9 Tage)
Eine Pferdeschau (mit Prämierung) findet jeweils im Oktober statt. Dabei gelangen Fohlen, Zuchtund Reitpferde zum Verkauf. Die entsprechenden Daten können bei der Stiftsstatthalterei erfragt
werden.
Das Kleid der Heimat, die Tracht
Die Einsiedler kennen eine Vielfalt von Trachten; es ist die überlieferte Kleidung aus alter Zeit.
Man zählt 12 Trachtenkleider: die Arbeits- und Werktagstracht der Frauen (Gingangrock =
Gstältlirock mit leinener Bluse und vorgebundener Schürze), die Männer-Werktagstracht
(Halbleinen-Hose und Hirthemd), die Mädchentracht (ähnlich der Frauen-Werktagstracht), die
Ausgangstracht der Frauen, die Frauen-Festtagstracht in Seide oder Wolle mit der Coifflehaube
(Scheitelhaube) und dem bestickten Fürstecker und der Schürze, die Herren-Festtagstracht aus
braunem Wollstoff, dem gestreiften Gilet und dem halbsteifen Hut, die Frauentracht der Ledigen
mit der schwarzen Rosenhaube, die Bürgertracht, die Tracht der Knaben, den «Annemärteli»
(Halbleinenhosen und gestrickter Lismer).
Kultur wird gelebt
Wahrlich das kann man von Einsiedeln getrost behaupten. Aus dem Kulturleben der Einsiedler ist
das Theaterspielen nicht weg zu denken. Liturgische Spiele (Oster- und Weihnachtsspiele) sind
seit den ältesten Zeiten in Einsiedeln bekannt. Nach dem von den Waldleuten 1576 aufgeführten
Meinradsspiel von Felix Büchser erlebte die Theaterpflege im Zeitalter des Barocks eine hohe
Blüte. Mönche des Klosters setzten an kirchlichen Festtagen aufwendige Spiele in Szene, die teils
vor dem Kloster, teils auf dem Brüel zur Aufführung gelangten. Dabei wurden alle nur möglichen
Theatereffekte eingesetzt: Blitz und Donner, Seeschlachten, kriegerische Kämpfe, Licht und
Musik. Die Prozessionen wurden zu wesentlichen Teilen der Aufführungen, die manchmal in
pompösen Verherrlichungen auf das Altarssakrament oder Maria ausmündeten.
Zu Ende des 18. Jahrhunderts sind die religiösen Bruderschafts- oder Wallfahrtsspiele verboten
worden. Die Mimen mussten sich auf die Tanzdiele des Rathauses oder in eine Wirtschaft
zurückziehen. Die 1849 gegründete Einsiedler Theatergesellschaft konnte dann für fast ein
Jahrhundert ihre Aufführungen im «Chärnehus» halten, wo Stücke nach der jeweils geltenden
Mode gegeben wurden.
Das Grosse Welttheater
1924 kam Peter Erkelenz aus Neuss am Rhein nach Einsiedeln und erkannte, dass sich der Platz
vor der Kirchenfassade für die Aufführung religiöser Freilichtspiele ausgezeichnet eignen würde.
Mit Gutheissung des Abtes Ignaz Staub und unter Mithilfe einiger kunstsinniger Männer gelang es
ihm, die Einsiedler zur Aufführung von Calderons «Grosses Welttheater» zu begeistern. 1925
folgte eine Wiederholung. 1930 übernahm ein Dreierteam die Regie: Prof. Dr. Linus Birchler,
August Schmid und Eugen Aberer. Damals durfte zum ersten Mal die Kirche ins Spiel einbezogen
werden, indem die «himmlischen Chöre» von dort her auf den obern Spielraum des Klosterplatzes
ziehen konnten. Betont einsiedlerische Elemente wurden in Calderons Werk eingebaut (Auftritt der
Hohen Frau, die vom Landmann um Fürbitte angerufen wird).
Mit dem bekannten Theaterhistoriker und Regisseur Oskar Eberle begann 1935 eine neue Ära des
«Einsiedler Welttheaters». Ganz im barocken Geiste wurden Szenenbild und Ausstattung geplant.
Text, Gesang, Aufmärsche, Licht und Musik liessen das «Spiel vom rechten Leben vor Gottes
Antlitz» zu einem ungeheuren Erlebnis werden. Eberle wirkte als Regisseur 1937, 1950 und 1955.
Wegen der Landesausstellung und der Grenzbesetzung im Zweiten Weltkrieg musste die 1939
geplante Aufführung entfallen. Die Aufgabe Eberles, der 1956 starb, übernahm Erwin Kohlund. Er
liess vom barocken Aufwand ab und gab dem Welttheater drei Spielebenen: vor dem Portal, auf
dem Zwischenfeld Treppe / Zuschauerbühne und die unsichtbare Sphäre, lediglich durch die
Stimme des hl. Geistes verkörpert. Kohlund war 1960, 1965 und 1970 als Regisseur tätig.
Verschiedener Überlegungen wegen verzichteten die Einsiedler 1975 auf eine Aufführung von
Calderons «Grosses Welttheater», bis dann 1981 Hans Gerd Kübel die Spielleitung übernahm.
1987 und 1992 wurde Dieter Bitterli mit der Gesamtregie beauftragt. Nachdem die
Besucherzahlen 1992 auf eine defizitäres Niveau gerieten, beschloss die Welttheatergesesllschaft
die Spiele mit einer Neufassung zu beleben. Der In Willerzell wohnhafte Schriftsteller Thomas
Hürlimann wurde mit der Neufassung von Calderons Werk beauftragt, während Volker Hesse mit
der Regie beauftragt wurde. Die neue, überraschend provokative Fassung wurde im Sommer
2000 aufgeführt und avancierte zu einem Grosserfolg.
Die Innerschweizerische Kulturstiftung verlieh 1974 dem anonymen Spielvolk – kein Programm
wies je die Namen der Spieler auf – für die periodische Aufführung des Grossen Welttheaters von
Pedro Calderon de la Barca und als Anerkennung einer grossen kulturellen Leistung, wie als
Aufmunterung für weiteres Wirken, den Kulturpreis der Innerschweiz.
Theatergruppen
Seit einigen Jahren hat die Theatergruppe des Kulturvereins Chärnehus die alte Theatertradition
der Waldstatt – einst von zahlreichen Ortsvereinen getragen – wieder aufgenommen und
beachtliche Erfolge erzielt. Auch auf den Vierteln gibt es anerkennenswerte Leistungen auf dem
Gebiet des Theaters.
Musik erleben
Auch die Musik spielt in Einsiedeln eine grosse Rolle. Angefangen bei den 7 Blasmusikvereinen
über verschiedene Formationen der Pop- und Rockszene bis hin zu Gruppierungen, die sich der
klassischen Musik widmen, ist in Einsiedeln fast alles zu geniessen. Immer wieder finden sich
Organisatoren, die entweder in der Klosterkirche, im Grossen Saal des Klosters, im Dorfzentrum
oder in anderen Lokalen Konzerte verschiedener Richtungen veranstalten.
Ausstellungen, Vorlesungen, Filme
Ausstellungen, Autorenlesungen mit bekannten Schriftstellern, Filmproduktionen ein eigenes Kino
und anderes mehr ergeben einen reizvollen Kontrast der weltlichen zur kirchlichen Kultur. Gegen
150 Vereine bieten Entspannung und Ablenkung und erleichtern Neuzuzügern den Kontakt zur
einheimischen Bevölkerung.
Arbeit und Verdienst - unsere Wirtschaft
Landwirtschaft und Viehzucht
Die Urproduktion – Pflege und Bewirtschaftung des Bodens – war seit 934 eine wesentliche
Aufgabe des Klosters. Die Bewohner des Hochtals folgten den Mönchen in diesem
Tätigkeitsbereich. Aus den Urbarien – insbesondere jenem von 1331 – ist zu entnehmen, dass die
Lehennehmer dem Kloster den Zins fast ausschliesslich in Form von Naturalien abzuliefern hatten.
In erster Linie handelte es sich um Milchprodukte, wie Butter, Käse und Ziger; erst an zweiter
Stelle werden Leder, Wolle, Korn und Nüsse erwähnt. Auf Grund dieser Zinsabgaben, aber auch
gemäss uralter Flurnamen, wie Rinderplätz, Küehweid, Schafhaltere, Ochsenboden usw., darf
man annehmen, dass die Einwohner Einsiedelns sich seit Mitte des 10. Jahrhunderts in
besonderem Masse der Viehzucht widmeten.
Diese Tatsache, aber auch eine Abbildung in der Manesse-Liederhandschrift (heute in der
Universitätsbibliothek Heidelberg), hat viele Historiker annehmen lassen, der Ursprung der
Braunviehrasse sei in Einsiedeln zu suchen. Die Darstellung der Liederhandschrift zeigt, wie die
Schwyzer nach dem Überfall von 1314 «mausfarbenes» Vieh in Einsiedeln geraubt und nach
Schwyz getrieben haben.
Seit dem 11. Jahrhundert wird in Einsiedeln die Pferdezucht betrieben. Unter dem Namen «Cavalli
della Madonna» sind diese Tiere im Mittelalter schon, und später wieder, vor allem nach
Oberitalien ausgeführt worden. Handelte es sich bei den Pferden um einzelne Stücke, so trieben
die Waldleute noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts ganze Herden von Braunvieh – Sennten
genannt – auf die Tessiner- und Mailändermärkte.
Die Zucht beider Tiergattungen fand durch das Kloster eifrige Unterstützung. Die Mönche haben
ihre landwirtschaftlichen Betriebe stets als Mustergüter geführt und damit manche Anregung für
die nähere und weitere Umgebung gegeben.
Flur- und Ortsnamen lassen darauf schliessen, dass im Hochtal trotz des rauhen Klimas zeitweilig
auch Ackerbau betrieben wurde. Zum letzten Mal erzielte man während des Zweiten Weltkrieges
gute Erträge. Seither ist der Kornanbau mehrheitlich eingestellt worden, wie man auch auf den
Anbau von Lein und Hanf verzichtet hat.
Hingegen fand der Anbau von Kartoffeln seit ca. 1750 im Hochtal intensive Pflege. Der
Tagebuchschreiber P. Michael Schlageter weiss zu berichten, dass als Erste die Frau des
Kleinsennen Meinrad Lienert, Barbara Lienert-Birchler, in der Wäni «Gumel» gepflanzt und zu
gutem Preis habe verkaufen können. Der Waldstatt-Dichter Meinrad Lienert meint von dieser
Einsiedlerin, sie habe «eine hochgesinnte Tat, erwähnenswerter als Mord und Tod in
Kampfeszeiten» erbracht (Das Ruhebänklein, 1923).
Dass in Einsiedeln und seiner Umgebung einst auch Nussbäume gehalten wurden, ist in den
Urkunden des 13. / 14. Jahrhunderts nachzulesen, wo von Nusszehnten die Rede ist. Gemüse
musste, wie alle andern Nahrungsmittel, bis in die Neuzeit ins Hochtal eingeführt werden. Heute
versorgen leistungsfähige Betriebe die Bevölkerung mit allen Gütern des täglichen Bedarfs.
Das Gastgewerbe im Dienste der Wallfahrer
Mit dem Aufkommen der Wallfahrt im 11. / 12. Jahrhundert wurde es notwendig, dass die
Waldleute den Pilgern Herbergen offen hielten und für Speis und Trank besorgt waren. Das Recht
zum Wirten erteilte der Abt. Nur wem das Tavernenrecht zuerkannt war, durfte ein Schild
aushängen und Wallfahrer beherbergen. Anderen war es erlaubt, Wein mit einem Stücklein Brot
zu verkaufen. Auf dem ausgeschenkten Wein wurde das sogenannte Umgeld (Ohmgeld) erhoben.
Der Wein musste amtlich geprüft und geschätzt werden, und der Wirt durfte erst den «Zapfen
ziehen», wenn der Amtmann die Erlaubnis dazu gab. Fast jedes Haus am Klosterplatz und an der
Hauptstrasse war ursprünglich eine Herberge. Sie tragen heute noch seltsame Wirtshausnamen,
dass man meinen könnte, sie seien alle der Heiligen-Litanei entnommen worden: St. Katharina, St.
Johann, St. Josef, St. Benedikt, St. Peter, St. Meinrad, St. Georg, Weisskreuz, Schwarzkreuz usw.
Das älteste dem Namen nach bekannte Gasthaus, das heute noch geführt wird, ist der Pfauen,
1469 erstmals erwähnt. In diesem Jahrhundert sind viele Gaststätten eingegangen. Die Häuser
haben aber immer noch nach Bauweise und Gestalt den Charakter einstiger Herbergen.
Handwerk und Gewerbe in der Vergangenheit
Die im Gotteshaus tätigen Handwerker machten sich im Laufe der Zeit selbständig und
begründeten zuerst im Dorf und später auf den Vierteln ein vielseitiges Gewerbe. Einige standen
dem Abt als Ehehaften zu, die er frei an die Waldleute verleihen konnte. Es sind zu nennen die
Pfisterei (Bäckergewerbe), die Mühlen, das Wirte- oder Tavernenrecht u. a.
Um 1620 gründeten die Handwerker eigene Zünfte, die zu einer kirchlichen Bruderschaft zur
Verehrung des hl. Altarssakramentes zusammengeschlossen wurden. Später haben sie sich
wieder getrennt und blieben nur mehr durch das Generalbot, die gemeinsame jährliche
Versammlung, miteinander verbunden.
Heute bestehen noch vier Zünfte – Metzger und Bäcker, Schneider und Weber, Schuhmacher,
Geschenkte – , welche neben der Pflege der Kameradschaft und Kollegialität einige jährlich
wiederkehrende Aufgaben im kirchlichen Bereich zu erfüllen haben. Auf ihr Bemühen geht die
Gründung der Bezirkskrankenkasse zurück.
Wirtschaft heute
Einige Zeit nach dem zweiten Weltkrieg veränderte sich das Bild des herkömmlichen
Wallfahrtstourismus. Wohl ist die Wallfahrt nach wie vor einer der Hauptpfeiler der lokalen
Volkswirtschaft. Unzählige Betriebe aller Branchen und deren Arbeitnehmer sind von diesem
wichtigen Wirtschaftszweig unmittelbar betroffen. Brachten früher lange Eisenbahnzüge die vielen
Pilger nach Einsiedeln, sind es heute Reisebusse und unzählige Privatautos, welche die
Hunderttausende von Besuchern nach Einsiedeln transportieren.
Schnelle und gut ausgebaute Autostrassen sorgen für kurze Reisezeiten, so dass sich die
Aufenthaltsdauer der Gäste in Einsiedeln drastisch verkürzen. Zahlreiche Hotels und Gastbetriebe
müssen sich auf die neue Situation einstellen. Gute Chancen rechnet man sich für den Tagungs-,
Kongress- und Kulturtourismus aus. Dieser Tourismus gewinnt in Einsiedeln immer mehr an
Bedeutung. Dabei steht die barocke Klosteranlage im Mittelpunkt.
Darum herum hat sich ein eigenständiges Kulturangebot entfaltet, das auf Initiative von privaten
Institutionen und Organisationen aufgebaut ist. Gleich einem Regenbogen ist ein fruchtbares
Spannungsfeld zwischen Kloster und Dorf entstanden, das für die Fortentwicklung Einsiedelns in
kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht neue Perspektiven eröffnet.
Diese neuen Strömungen haben ihren Niederschlag auch in der gewerblichen Struktur gefunden.
Verschiedene ehemals blühende Kunstgewerbe- und Handwerksbetriebe sind inzwischen
verschwunden. So sind die Herstellung von Devotionalien, die Textilindustrie, mehrere Töpfereien
und Mühlen (heute noch je ein Betrieb), Ziegeleien und andere mehr Geschichte geworden. Das
grafische Gewerbe, einst gar von internationaler Bedeutung, musste beschäftigungsmässig dem
Bau- und Baunebengewerbe weichen. Die Einsiedler Wirtschaft ist, wie in der übrigen Schweiz
auch, kleinbetrieblich geprägt. Weniger als 30% der Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit mehr
als 50 Arbeitnehmern.
Einsiedeln verfügt über eine gute Gewerbestruktur. Zwischen 600 und 700 Handwerks- und
Dienstleistungsbetriebe decken die Bedürfnisse einer Region mit rund 15’000 Einwohnern ab.
Eine Auflistung der Beschäftigten in den hauptsächlichsten Wirtschaftszweigen, datiert aus dem
Jahre 1991, ergibt folgendes Bild: Baugewerbe ca. 750, Holzbe- und verarbeitung ca. 720, Handel
ca. 680, Gastgewerbe ca. 560, Metallgewerbe ca. 500. Im grafischen Gewerbe sind es noch gut
200 Beschäftigte. In der Zwischenzeit sind neue Erwerbszweige entstanden. Die Elektronik, neue
Formen der Holz- und Metallbearbeitung, Robotertechnik, die Informatik usw. haben in Einsiedeln
Einzug gehalten, so dass am Ort neue Berufe erlernt werden können. Nicht zu vergessen die
Landwirtschaft, die als kleinster der drei Wirtschaftssektoren jedoch einen bedeutenden Beitrag
zur Versorgung unserer Region leistet. Als Schlussbemerkung ist noch anzufügen, dass es für die
Wirtschaft wie auch für die Behörde und Genossamen eine vornehme Aufgabe ist, dafür zu
sorgen, dass die Mitbürgerinnen und Mitbürger unserer Region dort Arbeit und Verdienst finden,
wo sie auch wohnen.
Bemerkenswerte Bauten
Kloster und Wallfahrtskirche
Über die erste Klosterkirche, 948 geweiht, weiss man wenig. Der nach dem Brand von 1028
erstellte Kirchenbau bildete die Grenzen für die späteren Münster, sowohl des romanischen wie
des gotischen. Das Gotteshaus bestand bis zum Barock aus zwei Teilen: dem unteren Münster
mit der Gnadenkapelle, dem oberen als Mönchskirche. Beim Übergang beider Teile erhoben sich
die Türme. Über die spätmittelalterliche Klosterkirche sind wir durch die Bildchroniken, vor allem
jener Diebold Schillings, informiert.
Die Klostergebäude umgaben – unregelmässig angelegt und gebaut – das Gotteshaus. Sie lagen
meist gegen Süden.
1465 ist das untere Münster eingewölbt worden. Diesem war das sogenannte Helmhaus
vorgelagert. Unten breitete sich schon eine Kramgasse (Marktbuden) aus.
Von 1674 – 1684 errichtete Hans Jörg Kuen, ein Bregenzer, einen neuen Chor und die
Beichtkirche.
Unter Abt Maurus von Roll (1698 – 1714) beschloss das Klosterkapitel 1702 den Neubau von
Kloster und Kirche in barockem Stil. Die Grundsteinlegung zum Konventgebäude erfolgte 1704. Es
wurde 1718 vollendet. 1719 begann man mit dem Kirchenbau, der 1735 geweiht werden konnte.
Die Pläne zur Klosteranlage mit der Wallfahrts- und Benediktinerkirche stammen vom Laienbruder
Caspar Mosbrugger (1656 – 1723) aus dem Bregenzerwald. Die Konventgebäude bilden ein
grosszügiges Viereck, in welches in der Form des Kreuzes die Kirche, das Beichthaus und andere
Bauten integriert sind. Kunstkenner sind sich einig, dass der Einsiedler Kloster- und Kirchenbau in
Europa nur mit dem Escorial zu Madrid verglichen werden kann. Er macht in Ausmass und
Geschlossenheit einen überwältigenden Eindruck. Nach Vollendung dieser Bauten legte man im
Waldwinkel gegen Süden die Ökonomiegebäude an, wo sich Knechtewohnungen, Werkstätten
und Stallungen befinden. Nach der Benediktsregel sollen ja alle Werkstätten innerhalb der
Klostermauern liegen.
Am Kirchenbau waren süddeutsche, oberitalienische und einheimische Künstler tätig. Zu nennen
sind der Freskant Cosmas Damian Asam, der Stukkateur Aegid Quirin Asam, der Maler Carlo
Carlone, der die Altarbilder St. Benedikt und St. Meinrad geschaffen hat. Die beiden Altäre
Rosenkranzkönigin und Patrozinium stammen vom Mailänder Giudice, die andern kleinern Altäre
von J. A. Feuchtmayr.
Der Chor von 1684 wurde 1746 vom Söflinger Architekten, Maler und Stukkateur Franz Anton
Kraus-Kälin umgebaut. Johann Baptist Babel, in Einsiedeln wohnhaft, schuf die Apostelstatuen. Im
Oberen Chor, dem Psallierchor, haben die Gebrüder Torricelli gemalt; die Chorstallen stammen
vom Luzerner Bildschnitzer M. Hartmann (ca. 1680). Sie wurden aus dem früheren unteren Chor
hierher überstellt.
Die Gnadenkapelle wurde nach der Niederlegung durch die Franzosen 1798 unter Bruder Jakob
Natter im klassizistischen Stil neu erbaut (1817).
Sie wird durch das mächtige Oktogon überwölbt. Hier ist die Legende der Engelweihe dargestellt.
In der Gnadenkapelle steht seit 1466 das Gnadenbild, eine edle Madonnenstatue, wohl
süddeutsche Arbeit.
Dem Oktogon schliessen sich gegen den Chor hin zwei weitere Räume an: das Abendmahlsrund
und der Raum mit dem Weihnachtsbild.
Von hinten nach vorn wird der Kirchenraum schmäler, nach oben steigt er an, um unter der
Laterne die grösste Höhe zu erreichen.
Die fürr die Restauration der Klosterkirche erforderlichen finanziellen Mittel können vom Kloster
alleine nicht aufgebracht werden. Die Eidgenossenschaft, der Kanton Schwyz und der Bezirk
Einsiedeln sowie private Gönner leisten deshalb erhebliche Beiträge, um dieses religiöse Zentrum
der Schweiz den nächsten Generationen zu erhalten.
Die Beichtkirche – ursprünglich St. Magdalenenkapelle – und der Grosse Saal (Fürstensaal)
bergen Gemälde des Zugers Brandenberg. Die auf Anmeldung Besuchern zugängliche
Stiftsbibliothek mit abertausend Büchern, Frühdrucken (vor dem 15. Jahrhundert) und
Handschriften wurde von J. A. Feuchtmayr stukkiert.
Im nördlichen Trakt des Klosters befinden sich die Unterrichtsräume der Stiftsschule mit
Naturalienkabinett, Labors und Internat. Gegen den Brüel schliesst sich die Sportanlage an. Die
Doppelturnhalle ist 1982 vollendet, die frühere zum Theater umgebaut worden. Gegen das Dorf
hin findet man im rechten Risalit die Abtei, links von der Kirche das Pfarramt. Südlich des Hofes
erhebt sich die Alte Mühle mit Vortragssaal und Diaschau-Anlage (Tonbildschau über das Kloster
und seine Geschichte).
Der Frauenbrunnen
Er steht in der Mitte des Platzes unterhalb der Arkaden und geht auf den sogenannten
Meinradsbrunnen zurück, wie er schon im Blockbuch dargestellt ist.
H. J. Kuen schuf 1684 – 1686 den vierzehnröhrigen Brunnen, der mehrmals, zuletzt im Zuge der
grossen Fassadenrenovation der Klosterkirche unter Abt Benno Gut, erneuert wurde. 1749 ist das
Kuppeldach über den sieben Säulen durch Volutendocken ersetzt worden, die von einer
vergoldeten Krone überragt werden. Domenico Pozzi aus Mailand fertigte die kupfervergoldete
Statue der Unbefleckten Empfängnis.
Die St. Gangulfskapelle
Auf dem Brüel liess Abt Embrich 1030 die Gangulfskapelle erbauen. Sie ist in ihren Mauern das
älteste erhaltene Gebäude im Hochtal und besitzt im wesentlichen die Masse, wie man sie bei der
St. Martinskapelle auf der Ufenau findet oder wie sie einst die Gnadenkapelle hatte.
In alter Zeit – man kann das auf Bilderchroniken nachlesen – führte der Pilgerweg vom Etzel her
durch die Kapelle. Das Vorzeichen stammt aus dem Jahre 1814. Bei der Renovation während des
Zweiten Weltkrieges erhielt die Kapelle Glasmalereien von Albert Hinter, wobei die Heiligen im
Chorfenster besondere Beachtung verdienen. In die Seitenfenster sind die Wappen der WaldleuteGeschlechter eingefügt. Über dem Chorbogen hängt ein Kruzifixus aus der Kapelle in Rickenbach
/ SZ. Zwei vornehme Skulpturen zieren den Aufgang ins Chörlein: eine Würzburger Madonna und
eine Pietà, die einst in einer Wegkapelle zu Feusisberg gestanden hatte.
1967 erhielt in der Gangulfskapelle Prof. Dr. Linus Birchler (1893 – 1967) sein Grab.
Archäologische Grabungen haben im Sommer 1993 Überreste einiger Wallfahrtskapellen zu Tage
gebracht, die auf dem Brüel entlang des alten Pilgerweges standen.
Die Jugendkirche St. Wolfgang
Nach Plänen von Architekt Josef Steiner, Schwyz, ist mit dem Bau der Jugendkirche 1946
begonnen worden. Die Weihe erfolgte am 18. April 1949 in der Ehre des hl. Einsiedlermönchs
Wolfgang, später Bischof von Regensburg. Die auf dem einstigen Kanzlergut erbaute
Jugendkirche dient für Jugend- und Pfarrgottesdienste und dem traditionellen Sterbegebet für die
verstorbenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das einstige Hochaltarbild aus der Stiftskirche (KuenChor) dominiert den Sakralraum. Das grosse Kreuz soll aus dem aufgehobenen
Zisterzienserinnen-Kloster Rathausen stammen. Die Madonnenstatue kommt aus Kägiswil / OW.
1981 erhielt die Jugendkirche ein wohlklingendes Geläute, das auf jenes des Klosters abgestimmt
ist.
Die St. Benediktskapelle
Auf dem Friedhof steht die St. Benediktskapelle, die Abt Plazidus Reimann (1629 – 1670) 1631
weihen konnte. Das im Louis XVI-Stil gehaltene Altärlein zeigt St. Benedikt als Patron der
Sterbenden und zwei Apostelfiguren aus der Reihe, die an den Wänden des Schiffes angebracht
ist. Sie stammen, wie die beiden Bildtafeln (Rosenkranzgeheimnisse und Meinradsleben), aus der
1859 abgebrochenen Beinhauskapelle. Die vierzehn Stationen des Kreuzweges, 1745 hier auf
dem Gottesacker aufgestellt, besitzen schöne schmiedeiserne Ständer aus der Entstehungszeit;
die Kreuzwegbilder schuf Bildhauer Toni Bisig. Werke verschiedener bekannter Einsiedler
Bildhauer findet man noch heute auf dem Friedhof. Besonders sehenswert sind die sogenannten
Benziger Grabkreuze. Das wertvolle Fünfwunden-Kreuz ist eine Stiftung der Einsiedler
Goldschmiede (1745). Die St. Benediktskappelle erstrahlt nun nach erfolgter Renovation in neuem
Glanz.
Die evangelisch-reformierte Kirche
Sie wurde 1943 eingeweiht und ist am Ort erbaut, wo einst das Sondersiechenhaus
(Leprosenheim) stand. Die beiden Glocken sind Teile des Glockenspiels der Landesausstellung
1939 in Zürich.
Die St. Josefskapelle
An Stelle eines kleinen Wegkapellchens hat Frau Mutter Cäcilia Ochsner (1603 – 1659) aus der
Au die St. Josefskapelle erbauen lassen. Das war 1654. 1895 ist die Kapelle nach Plänen von P.
Viktor Stürmle durch den Einsiedler Baumeister Mrd. Stefan Birchler im neugotischen Stil neu
errichtet worden.
Auf den von Fritz Kunz (1868 in Einsiedeln geboren) entworfenen Altar kam wieder die Tongruppe
«Tod des hl. Josef» hin. Der geschnitzte Altar und die Bänke stammen von Altarbauer Karl Kälin
aus Einsiedeln.
Der «Grosse Herrgott» und das «Grosskreuz»
An der Gabelung der Strassen nach dem Etzel und gegen das Birchli steht, gegenüber dem Alten
Schulhaus, der «Grosse Herrgott». Er erinnert an die Romfahrt von Abt Gerold 1464. Die Figur
des holzgeschnitzten, überlebensgrossen Gekreuzigten wurde 1845 an die Chorwand der
Friedhofkapelle übersetzt. An seine Stelle trat ein gusseiserner Kruzifixus.
Das «Grosskreuz» im Einsiedler Unterdorf, 1558 erstmals erwähnt, könnte – wie der «Grosse
Herrgott» – ein Einungskreuz gewesen sein, das die Grenzen des Dorfes beschützte. Ähnlich
kennt man in Schwyz in gleicher Lage sogenannte Einungskapellen.
Das Rathaus
Das jetzige Rathaus hatte einige Vorgängerbauten, die weiter in den Platz hinaus standen und auf
Grund einer Bewilligung durch den Abt dort erstellt werden konnten. Sie brannten 1509, 1577 und
1680 nieder. In die Fenster hatten die eidgenössischen Orte Wappenscheiben geschenkt.
Nach dem Brand von 1680 machten sich die Waldleute unverzüglich an den Neubau des
Rathauses. Es wurde nicht mehr am alten Platz aufgeführt, sondern auf dem Hausplatz, den man
von Thietland Zingg erworben hatte. Damit kamen die Einsiedler dem Gebot des Klosters nach,
dass «niemand Gewalt habe, östlich des Hauses zum Ochsen ohne Bewilligung des Abtes etwas
zu bauen». Trotz der an sich ungewohnten Erhebung einer Landessteuer reichten die Mittel der
Waldleute nicht zum Bau des Rathauses, so dass sie sich an das Kloster wandten, es möchte den
Bau in seinen Kosten übernehmen; man wolle die Schuld durch Holzleistung und Abzahlung
begleichen. Die Einsiedler leisteten Frondienste. 1689 war der Bau vollendet und bot nun für die
Verwaltung und die Schule Raum. Im Rathaus waren ausserdem das Feuerwehrmagazin und das
Zeughaus untergebracht. Die Schule wurde erst 1846 aus dem öffentlichen Gebäude ausquartiert.
Später kamen die Postverwaltung und das Telefonamt ins Rathaus. 1903 erfolgte eine
umfassende Renovation. Damals kamen die beiden Türmchen hin, ebenso die Dachuntermalung
und die Steinmetzarbeiten über Türen und Fenstern. Eine weitere Renovation erfolgte 1975, die
eine völlige Neueinteilung der Innenräume mit sich brachte. Wappenscheiben, alte Waffen, Stiche
und Gemälde sind wertvolle Gegenstände der Innenausstattung von Sitzungszimmern und
Amtsräumen.
Das Dorfzentrum, ehemals Heilig-Geist-Spital
Das Dorfzentrum geht auf das vom Zürcher Chorherren Heinrich Martin 1353 gegründete HeiligGeist-Spital für «arme ellende Bilgrine, die ze unserm Gothuss jerlichs kommend», zurück. Es
wurde in der Folge Herberge für arme kranke Waldleute. Das Spital ist erst 1859 durch einen
Neubau ersetzt worden, der Waisen-, Armen- und Krankenhaus war. Nach dem Bau des
Bürgerheims 1907 und des Krankenhauses 1904 diente es noch als Kinderheim. 1977 wurde das
Gebäude unter Mithilfe der Einsiedler Dorfvereine zum Dorfzentrum umgebaut und erweitert.
Seitdem finden hier viele Vereinsanlässe, Tagungen und Kongresse statt. Das Dorfzentrum ist
kaum mehr wegzudenken und erfüllt eine wichtige Scharnierfunktion in touristischer und
gesellschaftlicher Hinsicht.
Das Regionalspital Einsiedeln
Landammann Josef Karl Benziger (1799 – 1873) begründete zusammen mit seinen Söhnen 1863
die «Stiftungsgesellschaft zur Gründung eines Krankenhauses für den Bezirk Einsiedeln». Zum
Bau des Spitals konnten später auch die Mittel der «Versorgungsanstalt Maria End» auf dem
Katzenstrick, gegründet durch Regierungsrat Stefan Steinauer (1820 – 1878), verwendet werden.
Das Krankenhaus ist am 19. Dezember 1903 eingeweiht worden. Der erste Patient kam an
Dreikönigen 1904. Die Krankenpflege oblag den Barmherzigen Schwestern von Ingenbohl. Die
Krankenanstalt war ein wahrer Segen für Einsiedeln. Am 9. Mai 1973 zerstörte ein Brand
weitgehend das Krankenhaus. Für fünf Jahre mussten die Patienten in einem Spitalprovisorium im
Einsiedlerhof betreut werden. Unterdessen wurde am Bau des neuen Regionalspitals – es liegt am
gleichen Ort wie das durch den Brand geschädigte – gearbeitet; 1979 ist es bezogen worden. Es
dient nicht nur den Kranken aus dem Bezirk Einsiedeln, sondern auch jenen der
Nachbargemeinden. Das Regionalspital untersteht der «Stiftung Krankenhaus Maria zum finstern
Wald».
Altersheime
Einsiedeln besitzt zwei Altersheime, die beide über Pflegeabteilungen verfügen: Das Alters- und
Pflegeheim Langrüti (ehemaliges Bürgerheim) und das Altersheim Gerbe. Das Alters- und
Pflegeheim Langrüti ist auf Grund eines Legats von Kantonsrat Meinrad Birchler (1834 – 1895)
erbaut und 1907 in Betrieb genommen worden. Dem Bedürfnis der älteren Mitbürgerinnen und
Mitbürger entsprechend, entstanden beim Alters- und Pflegeheim Langrüti Alterswohnungen.
Unter Beizug der bestehenden Infrastruktur ergänzen sich das Altersheim und die
Alterswohnungen in idealer Weise.
1978 eröffnete eine private Genossenschaft das Alters- und Wohnheim Gerbe, das inzwischen
umgebaut und um eine Pflegeabteilung erweitert wurde.
Die Schulhäuser im Dorf
Das Alte Schulhaus, erbaut nach Plänen des späteren Abtes Heinrich Schmid, konnte 1846 von
den Schülern, welche vordem im Rathaus unterrichtet wurden, bezogen werden. Im Erdgeschoss
befindet sich der festlich gestaltete Gemeindesaal. Er dient vor allem den BezirksgemeindeVersammlungen und für Empfänge.
Das Brüelschulhaus, stammt aus dem Jahre 1890. Wenig jünger ist die danebenstehende
Turnhalle.
Die Schulanlage «Furren» wurde 1971 eingeweiht. Inzwischen ist sie mittels Dachaufstockungen
erweitert worden.
Neu hinzugekommen ist das Schulhaus Nordstrasse, welches ein langjähriges Provisorium
ersetzt.
Das Panorama Kreuzigung Christi
Das Panorama ist 1892 / 93 durch Mrd. Stefan Birchler (1850 – 1920), einem genialen
Zimmermeister, als Holzrundbau erstellt worden. Die Kunstmaler Karl Hubert Frosch aus
München, J. Krieger aus Salzburg und William R. Leigh aus Baltimore fertigten das Rundgemälde
und die plastische Umgebung der Stadt Jerusalem. In eindrücklicher Weise und so, dass der
Beschauer sich als Augenzeuge wähnte, war hier die Kreuzigung Christi dargestellt. Zahllose
Besucher haben ergriffen vor dem Bild gestanden.
Am 17. März 1960 brach Feuer aus und zerstörte den Bau und das Rundgemälde. Unverzüglich
machte sich die Panoramagesellschaft an den Neubau, wozu Architekt Erwin Koch die Pläne
lieferte. An Hand von Farb-Dias malten die beiden Wiener Künstler Professor Hans Wulz und
Josef Fastl das Rundgemälde neu und schufen die plastische Umgebung dazu. Die
Gemäldeleinwand wiegt allein etwa eine Tonne, sie ist 10 m hoch und hat einen Umfang von rund
100 Metern.
Das Diorama Geburt Christi
1954 entstand an der Benzigerstrasse das Diorama Geburt Christi, eine Krippendarstellung mit
über 500 in Holz geschnitzten, bekleideten Figuren. Sie wurden vom Innsbrucker Ferdinand
Pöttmesser geschaffen, während der bayrische Kunstmaler Bartholomäus Wappmannsberger und
der Bildhauer Rheinhold Zeller für das Gemälde und die plastische Darstellung der biblischen
Szenen Verkündigung, Geburt Jesu mit dem Zug der Drei Könige und der Flucht nach Ägypten
verantwortlich waren.
Das Chärnehus
Im Juni 1736 beschloss die Session, ein Kornhaus zu bauen, um in Notzeiten mit Brotgetreide
stets versehen zu sein. Die Waldleute waren bereit, zu diesem Zweck öffentliche Mittel zur
Verfügung zu stellen. Den Bau übernahm das Kloster, das 1737 mit dem Hofpalier des Fürsten
von Messkirch, Franz Singer, einen Bauvertrag abschloss. Im Erdgeschoss wurde das
Schützenhaus der Waldleute untergebracht. Nach der Französischen Revolution zerfiel der Bau
immer mehr. Man plante hier eine Brauerei einzurichten oder das Haus für das Militär zu
benützen. Ab 1849 wurde im Chärnehus Theater gespielt. Öffentliche Betriebe und Vereine
erhielten hier ausserdem Gastrecht. Heute hat das Chärnehus wiederum die Funktion eines
«Musentempels» übernommen. Dank den Bemühungen des Kulturvereins Chärnehus und
weiterer kulturell und geschichtlich Interessierter steht das Haus renoviert der Öffentlichkeit zur
Verfügung.
Weitere interessante Bauten
Neben den hier dargestellten Bauten verdienen ausserdem Beachtung: die alte Klostermühle in
der Furren, erbaut unter Abt Beat Küttel (1780 – 1808); das Zunfthaus zum Bären, erstmals 1480
erwähnt; der Pfauen, anno 1469 genannt und kürzlich neu aufgebaut; das Haus Katharinahof,
1803 nach einem Brand im klassizistischen Stil aufgerichtet; der Adler am Hauptplatz usw. Die
Gasthäuser besitzen zum Teil alte, beachtenswerte Schilder.
Recht und Politik
Vom einstigen Recht in der alten Waldstatt
Die ältesten Rechtsquellen in Einsiedeln bildeten der «sonderbare Hofrodel» aus dem 15.
Jahrhundert und das Waldstattbuch von 1572. In den beiden Rechtsbüchern war die Lebensweise
der Waldleute umschrieben. Sie enthielten privatrechtliche Bestimmungen, Weisungen über
Frieden und Ordnungen bei Friedensbruch, Richtlinien für Eigentum und Dienstbarkeiten, für die
Setzung von Gülten und das Pfandrecht, das Zug- und Erbrecht, das Eherecht und für
Vormundschaften, aber auch strafrechtliche und polizeiliche Weisungen. 1702 sind die früheren
Rechtsbestimmungen in der «Waldstattverordnung» zusammengefasst worden. Hinzu kamen die
Umschreibungen der das Recht ordnenden und wahrenden Behörden: Session, Waldstattrat,
Gericht, Maien- und Herbstgemeinde.
Unter Maien- und Herbstgemeinde verstand man das sogenannte Jahrgericht, dem in gewissem
Sinne eine selbständige Gewalt zukam. Wer über Boden verfügte, hatte am Jahrgericht zu
erscheinen.
Dem von den Schwyzern aus der Reihe der Waldleute bestellten Schirmvogt kam keine eigene
Gewalt zu. Die höhere Gerichtsbarkeit und die Beratung aller Gegenstände, welche die Waldstatt
betrafen, mussten im Beisein des Stiftsammanns - des Schwyzer-Vogtes - durch die Waldleute am
Jahrgericht geregelt werden. Der Vogt schwor an dieser Versammlung, des Landes Schwyz und
der Waldstatt Nutzen und Ehre, vorbehältlich der Rechte des Klosters, zu fördern. Gleiches taten
die Einwohner.
Alle Beschlüsse erlangten am Jahrgericht nur Rechtskraft, wenn die Drei Teile – Kloster, Vogt und
Waldstatt – sich einig waren. Aus diesem Rechtsumstand ergab sich der Begriff und die
Benennung «Drei Teile», deren Behörde die Session war.
Dieser Gemeindebehörde gehörten an:
Die Abgeordneten des Fürstabtes, der Vogt als Delegat der Schwyzer Landeshoheit, der
Statthalter
und
Altvogt
namens
der
Waldleute.
Die
Session
besorgte
die
Gemeindeangelegenheiten, verwaltete das gemeinsame Vermögen und verfügte über das
Polizei-, Schul- und Armenwesen. Veräusserungen des Gemeingutes kamen dem Jahrgericht zu.
Der Session untergeordnet war der Waldstattrat, bei welchem der Vogt, beziehungsweise der
Statthalter, den Vorsitz führte. Dem Rat kam eine besondere Form der Gemeindegutsverwaltung
zu, wie Holzausteilet aus den Allmeindwäldern, Zuweisung von Rietern usw. Er vertrat die
Waldstatt gegenüber dem Kloster.
Die Gerichtsbarkeit hatte der Abt als Grundherr inne. Er bestellte den Ammann als Vorsitzenden
des Richtergremiums, die Richter und den Weibel. Dem Gericht konnten nur Waldleute
angehören. Wer nicht Gotteshausmann, also Waldmann, war, durfte nicht zu Gericht sitzen und
nicht Recht sprechen. Bussen, vom Waldstattgericht ausgefällt, wurden durch den Säckelmeister
von Schwyz eingezogen. Zu diesem Zwecke hatte er jährlich zweimal nach Einsiedeln zu
kommen. Urteile des Waldstattgerichtes konnten an das Appellationsgericht weitergezogen
werden. Es bestand aus einigen Mönchen und Waldleuten, welche früher irgend ein Amt bekleidet
hatten. Wurde ein Urteil gegen den Abt angefochten, so hatten die sechs Dinghöfe den Fall zu
behandeln.
Der Blutbann gehörte den Schwyzern. Malefizische, das heisst schwere Vergehen, waren durch
die Behörden der Waldstatt zu untersuchen und zu beurteilen. Doch mussten solche Fälle nach
Schwyz berichtet werden, und der dortige Rat nahm den Vollzug vor. Erging zum Beispiel ein
Todesurteil, so hatte der Weibel namens des Gotteshauses mit dem Schwert in der Hand dabei zu
sein.
Neben diesen Gerichten kannte man – wie in Schwyz und an andern Orten – auch das
sogenannte Strassengericht. Der Weibel musste unbescholtene Männer verpflichten, in
dringenden Fällen auf offener Strasse Recht zu sprechen.
Das Hypothekar-, Notariats- und Pfandwesen war als Bestandteil der niederen Gerichtsbarkeit
Sache des Klosters. Es führte zu diesem Zwecke eine eigene fürstliche Kanzlei mit Kanzler,
Substituten und Schreibern. Dort wurden Briefe, Gülten, Pässe und Verträge erlassen und
ausgefertigt.
Neben den geborenen Waldleuten kannte man in Einsiedeln Bei- oder Hintersässen, welchen
nicht die vollen Rechte eines Waldmannes zukamen und nur beschränkte Nutzung am Gemeingut
geltend machen konnten. Wollte ein Hintersässe im Hochtal Wohnsitz nehmen, bedurfte er dazu
der Erlaubnis der Drei Teile. Er hatte zudem ein Kautions- und Einzugsgeld zu entrichten. Den
Bei- und Hintersässen war es unbenommen, ein Gewerbe zu betreiben, lediglich das Fischen in
den Flüssen und Bächen war ihnen untersagt.
Mit der Französischen Revolution hörte das eigene Recht der Waldleute auf. Seither sind
Regierungsgewalt, Verwaltung und Gericht nach den schwyzerischen Rechtsnormen geregelt, wie
das in jedem anderen schwyzerischen Bezirk der Fall ist.
Der Bezirk
Der Kanton Schwyz ist in die sechs Bezirke Schwyz, Gersau, March, Einsiedeln, Küssnacht und
Höfe eingeteilt.
Während die Bezirke Schwyz, March und Höfe aus verschiedenen eigenständigen Gemeinden
bestehen, stellen die Bezirke Gersau, Küssnacht und Einsiedeln eine schweizerische
Besonderheit dar. Sie umfassen nämlich das Gebiet einer einzigen Gemeinde. In der Verfassung
des eidgenössischen Standes Schwyz wird die Gebietseinteilung für Einsiedeln folgendermassen
umschrieben: «Der Bezirk Einsiedeln begreift die Gemeinde Einsiedeln. Hauptort: Einsiedeln».
Nach der Kantonsverfassung erfüllen in den drei Bezirken Gersau, Küssnacht und Einsiedeln die
Bezirksorgane die der politischen Gemeinde obliegenden Aufgaben.
Oberstes Organ ist somit die Bezirksgemeinde (Legislative). Anstelle eines Gemeinderates kennt
Einsiedeln ausschliesslich den Bezirksrat (Exekutive). Wie jeder Bezirk verfügt Einsiedeln über ein
eigenes Bezirksgericht (Judikative).
Als einziges, reines Gemeindeorgan verbleibt das Vermittleramt.
Die Bezirksgemeinde
Der Bezirksgemeinde Einsiedeln stehen folgende Befugnisse zu:
- Erlass einer Gemeindeordnung
- Erlass von Rechtssätzen, soweit nicht nach kantonalem Recht ein anderes Organ zuständig ist
-
Wahl des Bezirksammanns, des Statthalters, des Säckelmeisters und der übrigen Mitglieder
des Bezirksrates
Wahl des Landschreibers, des Vermittlers und seines Stellvertreters und der
Rechnungsprüfungskommission
Wahl der dem Bezirk zugeteilten Kantonsrichter und Ersatzmitglieder
Wahl der Bezirksrichter und der Ersatzmitglieder sowie des Bezirksgerichtspräsidenten
Genehmigung der Jahresrechnung
Festsetzung des jährlichen Voranschlages und der Bezirkssteuern
Gewährung von Krediten für Schul- und Strassenbauten und andere Ausgaben, die durch den
Voranschlag eines Jahres nicht finanziert werden
Beschlussfassung über den Erwerb von Liegenschaften
Beschlussfassung über weitere durch das Gesetz vorgesehene Verwaltungsgeschäfte (Beitritt
zu Zweckverbänden, Erteilung des Gemeindebürgerrechts usw.).
Mit Ausnahme der Genehmigung der Jahresrechnung, der Festsetzung des jährlichen
Voranschlages und der Bezirkssteuern sowie der Erteilung des Ehrenbürgerrechts, welche
abschliessend behandelt werden, wird an der Bezirksgemeinde über alle Sachgeschäfte und
Initiativbegehren beraten. Anträge auf Ablehnung oder Nichteintreten sind unzulässig. Möglich
sind indessen Anträge auf Rückweisung, Verschiebung, Trennung oder Abänderung eines
Geschäftes. Wird die Rückweisung oder Verschiebung beschlossen, geht das Geschäft an den
Bezirksrat zurück und wird nicht der Urnenabstimmung überwiesen. Der Bezirksrat kann seinen
Antrag auch zurückziehen und von einer Weiterleitung an die Urnenabstimmung absehen, wenn
die Vorlage durch die Vorberatung derart in wesentlichen Teilen abgeändert wird, dass der
angestrebte
Zweck
offensichtlich
nicht
mehr
verwirklicht
werden
kann.
Die
Bezirksgemeindeversammlungen sind öffentlich.
Für Wahlen und Sachgeschäfte ist im Bezirk Einsiedeln das Urnensystem eingeführt. An den
ordentlichen und ausserordentlichen Bezirksgemeinden werden somit weder Wahlen
vorgenommen noch Sachentscheide getroffen.
Der Bezirksrat
Der Bezirksrat arbeitet nach dem Ressort-System und setzt sich zusammen aus dem
Bezirksammann, dem Statthalter, dem Säckelmeister und neun Mitgliedern (ab 2002 sechs
Mitglieder). Bezirksammann, Statthalter und Säckelmeister werden auf zwei Jahre gewählt. Die
Amtsdauer der übrigen Ratsmitglieder beträgt vier Jahre. Sie alle üben ihre Funktion nebenamtlich
aus.
Der Bezirksrat ist das vollziehende und verwaltende Organ des Bezirkes. Ihm stehen alle
Befugnisse zu, die nicht durch kantonales Recht einem anderen Bezirksorgan zugewiesen sind.
Der
Landschreiber
führt
das
Protokoll
der
Ratsverhandlungen
und
der
Bezirksgemeindeversammlung. Er ist der einzige vollamtliche, vom Volk gewählte Beamte des
Bezirkes Einsiedeln. Er ist Personalchef und zugleich Leiter der Bezirksverwaltung mit ungefähr
50 vollamtlichen Angestellten.
Mit Ausnahme der Rechnungsprüfungskommission, deren Mitglieder auf zwei Jahre vom Volk
gewählt werden, wählt der Bezirksrat alle übrigen Kommissionen und bestimmt deren Präsidenten
und Protokollführer.
Das Bezirksgericht
Das Bezirksgericht besteht aus dem Präsidenten und sechs weiteren Mitgliedern sowie sieben
Ersatzrichtern. Es wird vom Volk auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Vizepräsident und
Gerichtsschreiber werden vom Bezirksgericht gewählt.
Die Mitglieder des Bezirksgerichts sind nebenamtlich tätig. Der Gerichtspräsident und der
Gerichtsschreiber sind Juristen, die übrigen Mitglieder Laienrichter.
In den vom Gesetz bezeichneten Fällen amtet der Bezirksgerichtspräsident als Einzelrichter. Das
Bezirksgericht entscheidet als Zivilgericht, sofern nicht ein anderes Gericht zuständig ist,
erstinstanzlich alle Streitigkeiten, deren Streitwert Fr. 6000. – übersteigt oder nach der Natur der
Sache nicht geschätzt werden kann.
Als Strafgericht beurteilt das Bezirksgericht, unter Vorbehalt der Zuständigkeit des Einzelrichters,
der Untersuchungsrichter und des kantonalen Strafgerichtes, alle Verbrechen und Vergehen.
Der Vermittler
Der Vermittler ist Sühneberater in den vom Gesetz bezeichneten Streitigkeiten. In anderen
Kantonen wird er Friedensrichter genannt. Er ist nebenamtlich tätig und wird, wie sein
Stellvertreter, für eine Amtsdauer von vier Jahren vom Volk gewählt.
Die Herkunft von Berg-, Gewässer- und Flurnamen
Immer wieder stellt man sich die Frage, woher Flurnahmen stammen. Anschliessend eine
Auswahl, nach Ernst-Louis Bingisser, Jona
Berge
Amselstock: Ursprünglich «Ansellen-Stock». Von «Anselminen», auf den Abt Anselm von
Schwanden (1233 – 1266) zurückgehend.
Bolzberg: 1331 erwähnt. Berg, an dessen Fuss ein dem Kloster zinsender Bolz wohnte.
Chatzenstrick: Volkstümlich gedeutet als Berg, über den die Luzerner (Chatzenstrecker) nach
Einsiedeln zogen. Ist aber eine Ableitung vom Familiennamen Katzmann / Kätzi. Vgl. auch
«Trachslau».
Duli: Zur gleichen Wortfamilie gehört «Thäli», eng. «dell» (beides: kleines Tal). Es kann sowohl
rundliche Geländevertiefung bedeuten als auch auf eine Wasserzuleitung oder einen
Abzugsgraben hindeuten.
Etzel: Ein Name, der schwierig zu deuten ist. Er bezieht sich nicht auf den eingedeutschten
gleichnamigen Hunnenkönig Etzel (Attila) der Nibelungensage. Zum ersten Mal taucht der Name
schon im ältesten Klosterurbar von 1217 bis 1222 in der Form «Eczelin» auf; im Urbar von 1331
finden sich «Etzlin, Ezli und Etzel». Ringholz schreibt dazu: «Es ist derselbe Name wie «etzelin»,
eine Verkleinerungsform von «atzel», Elster, also der Elsterberg», der Berg, «wo sich Elstern mit
Vorliebe aufhalten.» Der Name könnte auch auf eine ahd. Zusammensetzung «egga + cella + lin»
zurückgehen: egg = Bergabsatz + cella = Zelle (des hl. Meinrad) + lin = klein. – Vielleicht steckt
darin auch der Personenname «Ezzo» wie in Esslingen ZH oder Etzwilen TG. – Darüber hinaus
wurde im Mittelalter Weidland gerne auch mit «Etz» bezeichnet.
Übrigens gehen dieses «Etz» und die bis 1965 auf dem Brüel genutzte «Atzung» sprachlich auf
die gleiche, nämlich «essen / weiden» bedeutende Wortwurtzel «at- / et-», lat. «edo» zurück.
Demnach würde der Name bedeuten, dass es sich um Hügelland handelte, das nicht gemäht
wurde, sondern wo man Vieh aufzutreiben pflegte.
Freiherrenberg: In der Mundart «Fryheeräbärg». Der Berg ist nach dem halbverrückten Freiherrn
Hansjakob von Mörsperg benannt, der nach O. Ringholz Mitte des 16. Jahrhunderts fast 20 Jahre
auf dem Berge gewohnt und unweit seines Wohnsitzes Schätze vergraben haben soll, die er bei
seinem Wegzug aber nicht mehr aufgefunden habe. Das Wort «Herr» hat sich aus «hehr» (wie die
Einsiedler heute noch zu sagen pflegen) gebildet. Der ganze Hügelkomplex hiess früher
Toppelsberg (Toppel, auch Doppel, ist ein Familienname).
Gschwändstock: Stock ist eine Übertragung des Baumstocks, -strunks auf kegel- und
kugelförmige Hügel und Berge. Dem Wort Gschwänd begegnet man im Alpenraum zuhauf. Ahd.
«swenten» ist zur Wortfamilie «verschwinden, schwinden, (dial.: «schwinä» = abnehmen)» zu
stellen. Konkret war damit gemeint: einen Baum unten schälen, so dass er abstirbt; früher auch als
«schwämmä / Schwamm» bezeichnet. Weitere Namen, die auf das gleiche Verb zurückgehen,
sind Schwänd, Schwand, Schwanden GL, Schwantenau (Einsiedeln).
Hundwilern: Bedeutet: bei der Siedlung des Hunn. Hunn ist ein altes Schwyzer Geschlecht. Bei
den Alemannen war ein «Hunn» der Anführer einer Hundertschaft, in welchem Wort der gleiche
Wortstamm steckt. Schwyzer Familien, die sich während des Marchenstreites auf Einsiedler
Gebiet ansiedelten, hinterliessen ihre Spuren auch in anderen Flurnamen, so z. B. bei den
Rempenen (Rempo), Brunneren, Blümenen (Blum), Chätzeren, usw.
Hummel: Im Urbar von 1331 steht: «…von aptes geschwende (Agschwänd) …, von dem Kalke
…, von humelsberge (d. h. vom Berg des Hummels) soundsoviel Zins.» Hummel ist ein alter
Familienname.
Mythen: Die Schweizer Humanisten stellten den Namen aufgrund der Bergform zu lat. mitra,
Bischofsmütze. Namensforscher J. U. Hubschmied deutete den Namen aus dem lat. meta,
Pyramide, Kegel, wozu auch tessinisch medon (Heuhaufen) und Meiden (VS) gehört. Der
Schwyzer Sprachforscher Viktor Weibel geht von ahd. «midan» (meiden) aus. Sprachlich kann
«mydä» zum angenommen «Mythä» in etwa mit «schmydä» (schmieden) zu «Schmittä»
(Schmiede) verglichen werden. Weibel setzt «meiden» im Sinne einer Stelle an, die man umgehen
müsse (bei der Holzegg, und viel häufiger noch Haggenegg). «Mythen» bezog sich im Mittelalter
nur auf den grossen Berg, der kleine Mythen hiess «Haggen» (= Hacken).
Samstagern: 1311 in der Form «ze Samstages Hütten», also bei der Hütte des Samstags. Der
Personenname Samstag meint den am Samstag Geborenen; zu ahd. sambaztag. Man vergleiche
auch den Personennamen und Familiennamen «Freitag». Mit «Tag» meinte man ursprünglich
«wenn die Sonne scheint»; «Samstag» von vulglat. sambaton, griech. sabbaton, hebr. sabbat.
Schnabelsberg: Die verschiedenen Formen am Kopf und Oberkörper dienten immer wieder zur
Bezeichnung von Geländeformen, so z. B. Nase, Rüssel, Zunge, Wange, Kopf, Hals, Kehle
(Chälä), Buckel, Brust und eben auch Schnabel. Der Name könnte vielleicht aber auch mit einem
schnabelartigen Gegenstand / Gerät oder dem Familiennamen Schnabel zusammenhängen.
Tristel: Relativ häufiger Name von gleichförmig-rundlichen Bergen und Hügeln, nur oberdeutsch.
Entstanden aus * trist-stal, zusammengesetzt aus «Triste» und «Stelle, Ort.» Für «stel / stal» vgl.
Netstal, Rebstel, Ruostel (zu: Ruhe und Stelle). Eine «Triste» ist ein rings um eine Stange
kegelförmig aufgeschichteter Heu- oder Streuhaufen. Das Wort geht zurück auf ein mit
«dreschen» verwandtes ahd. *driskta / driskida (der gedroschene / zu dreschende Haufen).
Tritt: Der Name benennt eine Stelle, die etwas mit einem Tritt / mit Tritten (treten) zu tun hat.
Entweder handelt es sich um einen Ort, der bekannt geworden ist durch einen besonderen Tritt,
einen Sturz oder die Überwindung eines Engnisses / Hindernisses. «Tritt» kann aber auch a) eine
mit Tritten markierte Wegstelle oder b) einen Hang mit einer oder mehreren trittähnlichen
Geländestufen bezeichnen. Der gleiche Name kommt auch in Engelberg und südlich der
Muotathaler-Berge im Kanton Uri vor.
Vogelherd: So hiess früher die (nach der Ähnlichkeit mit dem alten Herd im Hause) mit
Schlaggarnen, Leimruten und kleinen Locktieren eingerichtete Anlage zum Vogelfang. Im
Mittelalter bedeutete der Vogelfang einen willkommenen, mit Abgaben verbundenen
Nebenverdienst, und die Vogeljagd eine geschätzte Freizeitbeschäftigung der besser gestellten
weltlichen und geistlichen Herrschaft.
Flurnamen
Agschwänd: (Gross) Ursprünglich Aptesgeschwende (des Abts Geschwände); vgl.
Gschwändstock.
Brämen: (Egg) Bei den Brombeeren. Vgl. ahd. bramberi, engl. bramble (Brombeerstrauch).
Birchli: Die Gegend und Siedlung beim «Birchlin», bei der kleinen Birke, von diesem Namen
stammt wahrscheinlich auch der (in Einsiedeln) häufige Familienname Birchler ab.
Brüel: Grosse ebene Wiese oder Platz eines Ortes, wo ehedem Sumpf oder Gehölz war, der in
der Regel aber schon in der Frühzeit der betreffenden Siedlung zu fruchtbarem Wiesland gemacht
wurde.
Chälen: (Wänigebiet) Kehle im Sinne eines Geländeeinschnittes. Vgl. Chälen (Fronalpstock / SZ).
Eigen: (Trachslau) Bedeutet: privates Gut, Eigentum (im Gegensatz zu der Allmeind und dem
Klostergut).
Gschwänd: Vgl. oben: Gschwändstock.
Haldeli, Halten: (Euthal) Beide Namen hängen mit alem. «haldä / heldä» sowie dem hochdt. hold
und Huld zusammen. All diesen Begriffen ist die Vorstellung des Neigens / Zuneigens gemeinsam.
Beide Namen lassen sich somit als «geneigte Flächen» deuten.
Hinterhorben: (angrenzend Schwantenau) «Horben» gehört zu mittelhochdeutschem «hor,
horwes», kotiger Dreck, sumpfige Erde. Aus «horw» sind auch «Horgen» und unser
«Horgenberg» hervorgegangen.
Horgenberg: Vgl. Hinterhorben
Ijen: (Grosser Runs) Heisst: bei den Eiben. Das entsprechende Mundartwort «Ijä» liegt nicht nur
da zugrunde, sondern auch im Namen «Ybrig» (Eibenberg) und «Ibach». Früher schätzte man die
Eibe wegen ihres zähen Holzes für die Herstellung von Waffen.
Rickental: (Willerzell/Sattelegg) Mit «Ricken» (mhd. ric, rickes; alem. Rick) ist ein sich hin- oder
hinunterziehender Geländeeinschnitt gemeint. Verwandt ist dial. Rick (Geflochtenes) und ae. ric
(Flechtwerk an Hägen / Geländern). Damit hängt auch der Name «Rickenbach» (bei Willerzell ein
Bachname; ob Schwyz ein Ortsname; aber auch ein Familienname) zusammen. Vgl. auch: Ricken
(-pass) im Kanton SG und den Familienname Rickenbach / er.
Rüti: (Euthal/Trachslau) Beruht auf Rodung, urbar gemachtes Stück Land. Roden ist ursprünglich
norddt.; sehr viel häufiger war süddeutsch «Reute», alemannisch «Rüti». Vgl. auch Langrüti, Rütli,
Grütli, Rüttimann, Rüti (ZH), Reutemann, reuten (entfernen von Baum- und Strauchwerk).
Flurnamen mit dem Element «Rüti» sind überdurchschnittlich zahlreich.
Schachen: (1. Euthal; 2. im See) So werden a) Landzungen, Niederungen am Wasser und b)
einsame oder vereinsamte Wäldchen genannt. Ein häufiger Flurname. Vgl. veraltet engl. «shaw»,
Staudenwäldchen (dazu auch: G. B. Shaw, anglo-irischer Schriftsteller).
Schwantenau: Vgl. Gschwänd(stock) und Eu(thal).
Schweig: (Trachslau) Ist eigentlich kein Flurname, sondern ein Rechtsbegriff, der bis in die Zeit
Karls des Grossen zurückgeht. Erscheint in Einsiedeln urkundlich erstmals im ältesten
Schweigbrief von 1301. Bis 1798 sind die Schweigen Lehensgüter, die das Kloster i. d. R. nur an
die Waldleute verpachtete. Die betreffenden 24 Höfe, von denen das Kloster immer einige selber
bewirtschaftete, wurden mit der Zeit durch Teilung schliesslich auf 45 erhöht. – Typische Länder
mit Schweighöfen waren das Elsass, Bayern, Österreich und die Schweiz. Vgl. auch: Schwägalp,
AR.
Sulzel: (Willerzell) Gehört zusammen mit «Sulz, Sülze, Sole, Sölzer (Familienname), Selters (ein
Wasser), Sylt (Insel D)» zur Wortfamilie «Salz», zu dem es im Ablaut steht (wie z. B. Wuchs zu
wachsen). «Salz» ist verwandt mit lat. sal, und gr. hals (vgl. Halogen; Hall / Oe). Kommt von ahd.
«sulza» (Salzwasser); erweitert mit der Endung -el wie z. B. auch: Büöbel, Maitel, Trommel, usw.
Das Wort bedeutet «Salzwasserstelle, Salzquelle», auch «Salzlecke».
Steinbach: Der Name ist einsichtig. Sobald dieser Bach, dessen Eigenart u. a. Steine
ausmachen, aus dem Tobel austritt, wird das umliegende Gelände «Steinau» geheissen. Von
diesem Flurnamen leitet sich der Familienname «Steinauer» ab, ähnlich wie vom
gegenüberliegenden «Ruostel» der Familienname «Ruhstaller», vom Schönbächli (Willerzell)
«Schönbächler» und vom Birchli wahrscheinlich auch «Birchler», letztere im Urbar von 1331 als
«Steinowe», «Rustal / Ruostal», «Under-Birchlin» belegt.
Seichtenboden: (Gross) Auch «Seikäbodä» genannt. Seichte heisst: Boden, wo Wasser ein- oder
aussickert; Untiefe in einem Fluss oder See. Der erste Wortteil ist in die Familie «seihen
(ausfliessen), seichen (harnen), (ver)siegen, sickern, Secht» einzureihen. Im Dorf gab es zwei
sog. «Sechthütten» (Waschstuben), eine neben dem heutigen «Klostergarten» und eine westlich
der «Rosenegg» am Bahnhofplatz.
Wäni: (südl. Df) Das Urbar von 1331 spricht sowohl von der «Weni» als auch vom «Weniberge».
Die Deutung ist nicht einfach. A) Könnte mit dem 2. Teil von «Tagwan» zusammenhängen. «Wan»
ist eine Ablautform zu ahd. «winnan» (sich abmühen; gewinnen), analog z. B. zu «Trank / trinken»
oder «Drang / dringen». Das möglicherweise auf *waniu zurückgehende «Wäni» könnte somit das
Stück Land bedeuten, das einer Tagesarbeit entspricht. – Angesichts der Geländeform kann es
aber ebenso gut zu «Wanne» (bei Notker «wani») gestellt werden, sowie zu älterem lat.
«Vannus», Getreideschwinge, die im Mittelalter vom Aussehen her grosse Ähnlichkeit mit den
damals bekannten Badewannen gehabt haben muss.
Gewässer
Sihl: Ihre Namendeutung ist umstritten. Älteste Form «Silaha» aus dem Jahre 1018.
a) zu: «Siel», m, Schleuse, Deich, Kanal; «sielen», abfliessen, ablaufen lassen, flössen
(Sturmels / Bischof).
b) zu gall. «sigila», alt-alem. «sihla», mit der Bedeutung: überwältigen / überschwemmen
(Hubschmied).
c)
von einer Wurzel «si / sil», zu idg. «sei- / soi» (vgl. seihen) «ausrinnen, tröpfeln, fliessen», was
schon vor dem Bestehen des Sihlsees oft zutraf am Unterlauf, von wo aus die Bezeichnung
der Flüsse i. d. Regel ja auch ausgegangen ist (Krahe / Sonderegger).
d) von altkelt. «sil, silis», ockergelb. Am Unterlauf so benannt wegen der typischen
Wasserfärbung der Sihl nach längeren oder heftigen Niederschlägen in den höheren Lagen,
dies im völligen Gegensatz zur Limmat, die den See i. d. R. auch bei starkem Regen mit
ungetrübtem, dem Grünen zuneigendem Wasser verlässt.
Alp: Älteste bekannte Form von anno 1018 ist «Alba», Kurzform von «Albaha»; «-aha» heisst
«Bach», ist verwandt mit lat. aqua (Wasser) und steckt z. B. in «Sihlaha, Wäggitaleraa, Rigiaa,
Muota SZ; Aathal ZH, Idg. «albh-» bedeutet «weiss, weisslich» (vgl. Albino; lat. albus, gr.: alphos).
Die weisse Farbe von Wasser, Schaum und Wellen schien den europäischen Urvölkern so
typisch, das die Farbzeichnung schon sehr früh auch die Bedeutung des fliessenden Wassers an
und für sich bekam. Auf das uralte «albh-» gehen z. B. auch Albula GR, Elbe D, Aube F zurück
(Krahe, 292); vielleicht auch «Elfe» und «Alpen» (ursprünglich vielleicht nur das Schneegebirge
benennend). Viel jünger wäre der Name, wenn er von «Alp» (Bergweide, Sömmerungsweide) auf
das Gewässer übergegangen wäre im Sinne von «Alp-Bach» (Weibel).
Biber: Erstmals anno 1114 als «Bibera» erwähnt, vorauszusetzen ist eine «*Biber-Aha». Vgl.
auch Biberach D.
a) Eine Deutung sieht hinter dem Namen «das Flüsschen, an dem Biber lebten». «Biber»
bedeutet idg. «Der Hellbraune».
b) Die andere stützt sich auf die Vorstellung «schlammiges, hellbraunes Wasser» ab. Die zweite
Deutung wäre beträchlich älter als die erste. «Biberbrugg» bedarf keiner Erklärung. In
«Biberegg» heisst «Egg» die Wasserscheide.
Letzte Anpassung:
15.09.2000/W. Kälin