nach vorn - Baukonzept Neubrandenburg
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nach vorn - Baukonzept Neubrandenburg
40 Schwerpunkt n n n Investitionsplanung 47. Woche 2015 BauernZ eitung Ein Schritt nach vorn Der Familienbetrieb „Landhof Schmuggerow“, nahe der Stadt Anklam gelegen, hat in einen neuen Milchviehstall investiert. Familie Wiedemann blickt gemeinsam mit Bauingenieur Thorsten Haker auf die Baupläne: Mutter Kerry, Ingenieur Haker, Vater Kay, Tochter Marie (v. r.). Fotos: SAbine Rübensaat Die junge Generation Marie Wiedemann ist eine junge, engagierte Studentin, die mit Herz und Verstand in der Landwirtschaft Fuß gefasst hat und ihre Zukunft auf dem elterlichen Betrieb sieht. „Marie wollte schon immer Bauer werden wie ihr Papa!“ so ihre Mutter Kerry. Sie entschied sich schon früh, in die Fußstapfen der Eltern zu treten und begann nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung ein Studium der Agrarwirtschaft an der nah gelegenen Fachhochschule Neubrandenburg. In ihrer Abschlussarbeit beschäftigte sie sich mit der Anlagenplanung und der Wirtschaftlichkeit des eigenen Familienbetriebes und konnte so zur Entscheidungsfindung maßgeblich beitragen. Ihr Masterstudium absolviert sie jetzt, mittels eines Fernstudiums, an der Hochschule Bernburg. n N och watet Kay Wiedemann in seinen grünen Gummistiefeln an diesem trüben, verregneten Spätherbsttag durch den Matsch seiner Baustelle. An den alten, aus DDR-Zeiten stammenden Ställen vorbei, geht er geradewegs auf den neuen, silberfarbenen Milchviehstall zu und tritt hinein. Ein schöner, großer und offen wirkender Stall, der lichtdurchflutet und mit allerhand Raffinessen ausgestattet ist. Der erste Blick fällt sofort auf die elektrischen Kuhbürsten und auf den sich langsam nähernden und seine Arbeit selbstständig verrichtenden, automatischen Futterschieber. Die Kühe liegen zufrieden in ihren Boxen. Einige wagen es, die Köpfe durch den Ausgang des Auslaufes zu stecken, entscheiden sich jedoch, bei dem Sauwetter lieber im Stall zu bleiben. Familienbetrieb mit Zukunft Den Landhof Schmuggerow, einen Milchviehbetrieb mit 250 Kühen, bewirtschaften zwei Generationen der Familie Wiedemann: Neben Vater Kay und Mutter Kerry Wiedemann hat sich auch Tochter Marie entschlossen, in das Familienunternehmen einzusteigen. Der Entschluss zur Investition stand einstimmig fest, doch was hat Familie Wiedemann dazu bewogen, während der ausgeprägten Niedrigpreisphase in einen neuen Stall zu investieren? Das alte Stallgebäude hat seine besten Tage hinter sich – sowohl äußerlich als auch vom Stand der Technik. Die Investition begann 2009 durch den Bau einer Biogasanlage mit 1,4 Megawatt. Dass diese aus der Not heraus entstanden ist, als die Milchpreise sehr schlecht waren, gibt Kay Wiedemann zu. Die Idee, einen neuen Milchviehstall zu bauen, liegt nun schon einige Jahre zurück, ergänzt seine Ehefrau Kerry Wiedemann. Dabei hat die Familie auch das Ende der Milchquote, einhergehend mit starken einkalkuPreisschwankungen, liert. „Einen solchen Stall baut man für mehr als 25 Jahre“, so Kay Wiedemann. Das ist auch der Grund, weshalb die Landwirtsfamilie die Entscheidung zugunsten des neuen Milchviehstalls nicht bereut und optimistisch in die Zukunft blickt. Für die Planung der gesamten Anlagen und die anschließende Bauüberwachung haben sich Wiedemanns für die Firma Baukonzept Neubrandenburg unter der Leitung von Thorsten Haker entschieden. Der Entschluss für einen Neubau entwickelte sich nach Aussage Hakers durch einen „gewissen Erkenntnisprozess“. Trotz der Möglichkeit eines erneuten Umbaus der alten Stallanlagen entschieden sich die Milchbauern für einen Neubau. Bezogen auf die Kosten machte dies keinen großen Unterschied. Neben einem verbesserten Tierwohl führt Thorsten Haker die gesteigerte Attraktivität des Arbeitsplatzes auf. Dies entsprach dem Anliegen von Kay Wiedemann, der sich sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kühe eine deutliche Verbesserung versprach. Ansicht und Einrichtung des neuen Stalls Gebaut wurde der Milchviehstall für 400 Tiere mit den Abmessungen von 106 m Länge und einer Breite von 35 m mit einer sich daraus ergebenden Grundfläche von ca. 3 700 m². Der Stall besteht aus einer verzinkten Stahlkonstruktion, ausgestattet mit einer Faserzement-Dacheindeckung. Die Installation von Lochblechen im Bereich der Giebeldreiecke sowie die Trauf-First-Lüftung ermöglichen eine permanente, passive Investitionsplanung 47. Woche 2015 BauernZ eitung n n n 41 Schwerpunkt Betriebsspiegel: Landhof Schmuggerow 1994 als GbR gegründet ■■ 630 ha Ackerland sowie 420 ha Grünland ■■ 250 Milchkühe ■■ 80 Mutterkühe ■■ 650 Tiere insgesamt ■■ 12 Angestellte ■■ seit 2009 Biogasanlage mit 1,4 MW ■■ ■■ foto: Werkbild Melkhaus Triftweg Abwurfschlitz zum Melkstand Auslauf Gussasphalt Übergang Gussasphalt Laufgang/Oberflurentmistung Gussasphalt 98 Liegeboxen mit Einstreu Oberflurentmistung/Lauf/Fressgang Futtertisch Neubau Milchviehstall mit 400 Liegeboxen Lauf/Fressgang/ Oberflurentmistung Gussasphalt 104 Liegeboxen mit Einstreu Übergang Gußasphalt Tränken Übergang Gussasphalt Schiebetor mit Schlupftür Schiebetor mit Schlupftür Schiebetor Schiebetor mit Schlupftür mit Schlupftür Schiebetor mit Schlupftür Seitenwandlüftungssystem Laufgang/Oberflurentmistung Seitenwandlüftungssystem Gussasphalt Schematische Darstellung der linken Hälfte des neuen Milchviehstalls. Auslauf Belüftung des gesamten Gebäu des. Im Bereich der Außenwände entschieden sich Wiedemanns für Seitenwandlüftungssysteme. Guss asphalt wurde in dem Bereich der Laufgänge sowie in den Ausläufen eingebracht. Diese erstrecken sich beidseitig über die gesamte Länge des Stalls mit einer Breite von 3,60 m. Eine Oberflurentmis tung in den beiden vorher ge nannten Bereichen sorgt für die nötige Sauberkeit und Hygiene. Neben Tiefliegeboxen, die mit se parierten Güllefeststoffen einge streut werden, frostsicheren Trän kebecken und elektrischen Kuh Wie geplant, so gebaut. Thorsten Haker ist zufrieden mit der erbrachten Leistung. Grafik: Wiebke Richter bürsten, wurde im Stall ein automatischer Futterschieber ein gesetzt. Aktuell ist der erste Bau abschnitt beendet, und „das Schlafzimmer der Kühe“ konnte bezogen werden. Weitsichtigkeit gilt es zu beweisen Gefördert wurde Familie Wie demanns Stallneubau aus dem Agrarinvestitionsförderungspro gramm, für das sie im Rahmen der Premiumstufe eine 40%ige Beihil fe erhalten haben. „Für die Höhe des Zuschusses war neben den Ausläufen der Kühe auch die feste Abdeckung des Güllebehälters notwendig“, so Kay und Kerry Wiedemann. „Die Finanzierung, die uns die Nord LB gewährt und bei der wir sehr von Christine Riek von der Landgesellschaft un terstützt wurden, sichert dabei die Zahlungsfähigkeit ab.“ Als zweiter Bauabschnitt sollen im nächsten Jahr das Melkhaus sowie ein neuer Abkalbebereich folgen. Auch das Umfeld und die angrenzende Straße werden da bei erneuert. Eine zentrale Rolle spielt die Anlagenentwässerung. Sie wurde im Zuge der Stallpla nung neu konzipiert und berück sichtigt sowohl die Alt- als auch die Neuställe sowie die Biogasan lage mit. Thorsten Haker legte bei der Planung besonderes Augen merk auf die in Zukunft mögli cherweise stärker auftretenden Kontrollen bei der Umsetzung der Anlagenverordnung und einer vo raussichtlichen Veränderung der Gesetzlichkeiten in Bezug auf die Mindestlagerkapazitäten. Anstelle eines großen Mischbehälters, wel cher Schmutz- und Regenwasser gesammelt auffängt, kann das Re genwasser nun problemlos in den Vorfluter abgeleitet werden. ANZEIGE 42 Schwerpunkt n n n Investitionsplanung 47. Woche 2015 BauernZ eitung Beim Blick vom neuen auf den alten Stall werden die vielen positiven Veränderungen ersichtlich. Sie zeigen, dass sich gelohnt hat, Kraft, Zeit und letzten Endes eine Menge Geld zu investieren. Fotos: Sabine Rübensaat, Thomas Tanneberger (1) Dadurch kann einerseits ein kleiner Beitrag zum Naturschutz geleistet werden, andererseits wurde so aber auch ein betriebswirtschaftlicher Knackpunkt gelöst, was zur Folge hat, dass das zeitaufwendige und zugleich kostspielige „Wasserfahren“ auf dem Betriebsgelände nun der Vergangenheit angehört. Künftig wird nur noch ein kleinerer Abwasserbehälter bedient. Die vorgeschriebene Lagerkapazität für eine Dauer von sechs Monaten bei Gülle und Gärresten wurde für die Berechnung der Güllebecken auf neun Monate erweitert, um einer möglichen Änderung des Gesetzlichkeiten vorzubeugen. Von vornherein wurde zudem eine statische Reserve für den Aufbau einer Solaranlage mitbedacht, welche jedoch im aktuellen Bauvorhaben noch nicht genutzt wurde. Auch beim Melkstand haben Haker und Wiedemanns Weitsicht ANZEIGE bewiesen. In dem geAnzahl an Arbeitsplanten Side-by-Sidekräften beinahe dopMelkstand wird, zum pelt so viele Milch Schutz vor Feuchtigkühe wie bisher zu keit und anderen witversorgen“, so Kay terungsbedingten Wiedemann. Schlussfolgernd wird die InEinflüssen, der Großvestition nicht durch teil der Elektronik in Einsparungen von Arden Keller verlegt, um dessen Langlebigkeit beitskräften, sondern n Kay Wiedemann abzusichern. Das erdurch eine gesteiger„Rückblickend würde ich die te Produktivität getralaubt den Melkern Investition in einen gen. künftig mehr Aktionsneuen Stall wieder freiheit und zudem eitätigen und schaue ne um ein Vielfaches Potenzial trotz der aktuellen reduzierte Lärmbefür die Zukunft Situation optimistisch lastung, die sich posiin die Zukunft.“ tiv auf Mensch und „Wir haben den MelkTier auswirkt. Des stand auch so geWeiteren wurden von Thorsten plant, dass man die Tierzahl noch Haker bei der Melkstandausrüseinmal erhöhen könnte“, ergänzt Kerry Wiedemann. Der neue Sidetung „arbeitserleichternde Techniby-Side-Melkstand ist für zweimal ken“ vorgesehen, weil dieser das 16 Tiere geplant, und könnte mit Hauptproblem des Melkens nach geringem Aufwand jedoch auf wie vor in der schweren körperlizweimal 20 Plätze erweitert werche Arbeit sieht. Künftig soll der Tierbestand auf den. Auch der Vorwartehof, so 400 Kühe aufgestockt werden, da Marie Wiedemann, wurde entsich diese Tierzahl mit den vorhansprechend angepasst und mit der erhöhten Tierzahl berechnet, sodenen Grünlandflächen optimal dass eine Erweiterungsoption in versorgen lässt. „ Im Moment sind allen Bereichen möglich wäre. wir dabei, die Arbeitsabläufe auf dem Hof umzustellen und AufgaEine Umrüstung auf das autoben neu zu verteilen, sodass künfmatische Melksystem kam nach tig produktiver gearbeitet werden einstimmiger Aussage der Familie kann. Dann gilt es mit der gleichen für sie nie wirklich in Betracht. Kostenvergleiche und auch die Ergebnisse aus Maries Bachelorarbeit haben gezeigt, dass ein automatisches Melksystem vergleichbare Kosten wie ein konventionelles mit sich bringt. Des Weiteren fügt Kay Wiedemann an, „dass schon heute Biogasanlage und das Alarmsystem des Hofes häufig nachts anschlagen. Ich will nicht noch mehr Stress und einen mich ständig anrufenden Melkroboter dazu“. Perspektivisch gesehen ist demnach eine weitere Aufstockung des Kuhbestandes möglich. Marie ist also in einer möglichen Betriebserweiterung oder -vergrößerung nicht eingeschränkt, so Mutter Kerry. Eine Auslagerung des Jungviehbestandes wäre dann denkbar. In der nahen Zukunft will Familie Wiedemann die Grobfutterqualität weiter verbessern, denn Vater Kay sieht genau hier die größte Reserve für den Betrieb. Eine auftretende Konkurrenz zwischen Biogasanlage und Kuhfutter verneint er jedoch. Er bezeichnet es eher als eine „Symbiose“, in der den Kühen das bessere Futter zugewiesen ist, währenddessen die Biogasanlage mit dem qualitativ minderwertigerem, dritten oder vierten Aufwuchs betrieben wird. Wiebke Richter Thorsten Haker Tendenzen im Stallbau: In der Planung von Bauvorhaben sehen wir momentan nur einen leichten Rückgang, währendessen sich in der praktischen Umsetzung ein starker Einbruch abzeichnet. Den Rückgang des reinen Stallbaus würde ich auf über 90 % benennen. Das hat zur Folge, dass sich Baukonzept Neubrandenburg im Jahr 2016 anderen Themengebieten des Bauens im ländlichen Raum zuwendet. Trotz alledem bleibe ich zuversichtlich, denn aufgrund der 365 Tage Produktionszeit, die die Landwirtwirtschaft 24 Stunden am Tag realisieren muss, wird es immer notwendig sein, neue Investitionen zu tätigen. Der Stallbau wird jedoch zukünftig immer mehr durch die gesellschaftlichen Ansprüche geprägt und verändert werden, aber Investitionen wird es geben, sonst findet keine Landwirtschaft statt. n Thorsten Haker ist seit 1999 Geschäftsführer der Baukonzept Neubrandenburg GmbH. Seit Januar 2013 bekleidet er zudem das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters in seinem Heimatort Siedenbollentin.