datenschutz aktuell - Datenschutzbeauftragter Schwyz • Obwalden

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datenschutz aktuell - Datenschutzbeauftragter Schwyz • Obwalden
DATENSCHUTZ AKTUELL
April 2015
(Öffentlichkeits- und)
Datenschutzbeauftragter
Schwyz - Obwalden - Nidwalden
Jahrgang 2015, Ausgabe 1
Editorial
In dieser Ausgabe:
Editorial
1
Öffentlichkeitsprinzip:
was ist ein amtliches
Dokument?
1/2
Recht am eigenen Bild vs.
Verbreitung von Fotos
2/3
„Aus der Praxis“
3/4
Liebe Leserinnen und Problemen. Wir erläutern die wichtigs- digen Interessen? Ist der Datenaustausch vom Sozialdienst an das Betreiten Kriterien.
Leser
bungsamt in derselben Gemeinde
Das Recht am eigenen Bild wird in der zulässig?
Im 1. Quartal 2015 hat
heutigen Zeit oft nicht allzu stark
sich bereits vieles getan beachtet. Man betrachtet es häufig Wir wünschen unseren Leserinnen
und wir hatten einige aus der Perspektive von Betroffenen und Lesern eine spannende Lektüre!
Fälle zu bearbeiten.
(die auf einem Foto ersichtlich sind).
Darunter waren auch
Was aber darf jemand mit einem z.B.
verschiedene Fragen zum Öffentlich- per Smartphone erhaltenen Foto tun?
keitsprinzip.
Darf er es weiter verwenden und
Aus einigen dieser Anfragen und
solchen aus der Vergangenheit ergab
sich der erste Artikel dieses Newsletters. Er befasst sich mit dem spezifischen Begriff des amtlichen Dokuments. Was genau ist ein amtliches
Dokument? Der Begriff erscheint
eigentlich klar, bietet in der Praxis
aber doch immer wieder Anlass zu
© Ulrich Erckenbrecht
(*1947), deutscher
Schriftsteller und
Aphoristiker
Philipp Studer
Zudem zeigen wir folgende drei kon- Stv. (Öffentlichkeits- und) Datenschutzbeauftragter
krete Fälle aus unserer Praxis auf:
Schwyz – Obwalden – Nidwalden
Dürfen Schulunterlagen dauernd aufbewahrt oder müssen diese zu einem
bestimmten Zeitpunkt vernichtet werden? Besteht eine Liste der für eine
Datensperre ausreichenden schutzwür-
Öffentlichkeitsprinzip: was ist ein amtliches Dokument?
Gemäss § 5 Absatz 1 des Gesetzes
über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz (ÖDSG)
hat jede Person einen Rechtsanspruch darauf, amtliche Dokumente
einzusehen oder Auskunft über
deren Inhalt zu erhalten. Diese Bestimmung bildet den Kern des Öffentlichkeitsprinzips. Der Anspruch
gilt jedoch nicht ausnahmslos: § 6
ÖDSG zählt eine Reihe von Ausnahmen auf, die den Zugangsanspruch
einschränken. Ausserdem bezieht
sich der Anspruch nur auf "amtliche
Dokumente".
„In den Akten
verschwinden die
Fakten.
Zumindest die
nackten.“
wenn ja, im welchem Rahmen?
§ 4 Buchstabe b ÖDSG definiert, was
als amtliches Dokument zu gelten
hat. Danach müssen kumulativ drei
Bedingungen erfüllt sein:
1. Die Information muss auf einem
beliebigen Informationsträger
aufgezeichnet sein;
stelle verfügt, sind in Dokumenten
aufgezeichnet. Das Öffentlichkeitsprinzip will jedoch nur den Zugang
zu tatsächlich existierenden Dokumenten ermöglichen. Eine Behörde
kann deshalb gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip nicht dazu verpflichtet werden, ein noch nicht
existierendes Dokument zu erstellen
oder zu beschaffen. Ebenso wenig
kann sie gezwungen werden, Informationen, die nicht aufgezeichnet
wurden, preiszugeben (zum Beispiel
den Inhalt eines nicht aufgezeichneten Gesprächs). Einzige Ausnahme:
Nur wenn eine noch nicht existierende Information durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus
einer bestehenden Datenbank generiert werden kann, darf von einem
amtlichen Dokument gesprochen
werden (s. nachfolgend "virtuelles
Dokument").
2. Das Dokument muss fertig gestellt Unerheblich ist hingegen, auf welund im Besitz eines öffentlichen chem Informationsträger die Information festgehalten ist. Ausser
Organs sein;
einem Papierdokument können also
3. Die Information muss die Erfüllung auch Daten-CDs, USB-Sticks, Hardeiner gesetzlichen Aufgabe betref- disks oder jedes andere Trägermedifen.
um ein amtliches Dokument darstellen.
Nur aufgezeichnete Informationen
Fertig gestellt und im Besitz eines
Nicht alle Informationen, über die
öffentlichen Organs
eine Behörde oder eine Verwaltungs-
Als fertig gestellt gilt ein Dokument
dann, wenn es vom Ersteller unterzeichnet oder dem Adressaten
definitiv übergeben worden ist (§ 2
Absatz 1 der Verordnung zum
ÖDSG). Ausserdem muss es tatsächlich im Besitz des angefragten
öffentlichen Organs sein.
Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe
Damit ein Dokument als amtlich
gilt, muss es sich auf die Erfüllung
einer gesetzlichen Aufgabe beziehen. Was dies beinhaltet, wird von
Verfassung und Gesetz festgelegt.
Dabei kommt es nicht darauf an,
wer ein Dokument erstellt hat. Der
Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe kann sich auch erst
aus dem Gegenstand des Dokuments oder dessen Gebrauch ergeben. So wird ein privates Dokument, das sich im Besitz einer Behörde befindet, zu einem amtlichen
Dokument, wenn es zur Ausübung
einer öffentlichen Aufgabe verwendet wird. Das ist zum Beispiel bei
Bauplänen regelmässig der Fall:
Diese werden normalerweise von
einem privaten Architekten erstellt
und vom Bauherrn bei der Baubewilligungsbehörde eingereicht. Von
diesem Augenblick an gelten ...
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Datenschutz Aktuell
sie, obwohl privat erstellt, als amtliche Dokumente, da sie für die Prüfung des betreffenden Baugesuchs
benötigt werden.
Virtuelle Dokumente
Sehr viele Informationen einer Behörde sind heute elektronisch in
Datenbanken gespeichert. Der in
einem Zugangsgesuch verlangte
Auszug aus einer oder mehreren
Datenbanken ist jedoch kein existierendes Dokument; er muss von der
angefragten Behörde erst erstellt
werden. Nur wenn dies mit einem
einfachen elektronischen Vorgang
möglich ist, sozusagen "auf Knopfdruck", kann von einem (virtuellen)
amtlichen Dokument gesprochen
werden. Erlaubt es das Informatiksystem hingegen nicht, das gewünschte Dokument auf einfache
Weise zu erstellen, dann existiert
dieses auch virtuell nicht und die
Behörde kann nicht dazu verpflichtet werden, es zu erstellen (d.h. die
betreffende Auswertung zu programmieren). Die Rohdaten einer
ment. Dabei ist entscheidend, ob die
betreffende Information tatsächlich
nur dem persönlichen Gebrauch
dient. Das heisst, eine handschriftliche Not iz, die zwar als
Eine Behörde kann gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip
nicht dazu verpflichtet werden, ein nicht existierendes
Dokument zu erstellen oder zu beschaffen.
Datenbank stellen für sich allein "PERSÖNLICH" klassifiziert, aber
intern an eine grosse Zahl von Persokein amtliches Dokument dar.
nen verteilt wurde, gilt nicht mehr
Ausschliesslich für den persönlichen als "ausschliesslich persönliches
Gebrauch bestimmte Informationen Dokument", sondern als amtliches
Das Gesetz nimmt schliesslich auch Dokument, zu welchem Zugang zu
Informationen und Dokumente, die gewähren ist (sofern die übrigen
ausschliesslich für den persönlichen Voraussetzungen gegeben sind).
Gebrauch bestimmt sind, vom Zu- Jules Busslinger
gangsanspruch aus. Darunter fallen
zum Beispiel persönliche Notizen,
Skizzen oder handschriftliche
Randbemerkungen zu einem Doku-
Recht am eigenen Bild vs. Verbreitung von Fotos
„Mobbing ist das
langsame
Abwürgen einer
nicht geduldeten
Persönlichkeit.“
© Franz Schmidberger
(*1942), deutscher Publizist
Im Zeitalter der Smartphones und
der dauernden Erreichbarkeit werden viele personenbezogene Daten
verschickt. Jugendliche verschicken
Nacktbilder per Smartphone an
andere Personen. Welche Fotos
dürfen verschickt werden und was
darf mit erhaltenen Fotos getan
werden? Dürfen Sie diese weiterverwenden (z.B. anderen Personen
weiterschicken) oder wird dies durch
das Recht am eigenen Bild verhindert?
Nach dem Recht am eigenen Bild
darf grundsätzlich jeder Mensch
selbst darüber bestimmen, ob überhaupt und in welchem Zusammenhang Bilder über ihn erstellt und/
oder veröffentlicht werden. Dieses
Recht ist als Teil des Persönlichkeitsrechts durch die Schweizerische
Bundesverfassung, das Zivilgesetzbuch und das massgebende Datenschutzgesetz geschützt. Gemäss
oder in einem überwiegenden priva- einer weiteren Öffentlichkeit verten oder öffentlichen Interesse an borgen bleiben sollen. Mit Hilfe
elektronischer
Datenverarbeitung
dem Foto bestehen.
können heute personenbezogene
Rechtsprechung
Informationen in beliebigem UmAuch gemäss Bundesgericht hat fang gespeichert, verknüpft und
jeder Mensch ein (Persönlichkeits-) reproduziert werden. So lassen sich
Recht am eigenen Bild (BGE 136 III auch an sich harmlose Informatio401 & 129 III 715). Prinzipiell darf nen, die ohne Weiteres der Öffentalso niemand ohne seine Zustim- lichkeitssphäre zuzurechnen wären,
mung abgebildet werden, sei es zu eigentlich schützenswerten Perdurch Zeichnung, Gemälde, Foto- sönlichkeitsprofilen verdichten.
grafie, Film oder ähnliche Verfahren Die jüngste Gerichtspraxis des Euro(BGE 136 III 401).
päischen Gerichtshofes für MenDas Recht am eigenen Bild schützt schenrechte geht in die gleiche,
als Selbstbestimmungsrecht vor restriktive Richtung. In einem Urteil
widerrechtlicher Verkörperung des hielt der Gerichtshof fest, ein effekeigenen
Erscheinungsbildes.
Es tiver Schutz des Rechts am eigenen
umfasst zwei inhaltlich verschiedene Bild setze voraus, dass die betroffeRechte: Erstens den Abwehran- ne Person bereits bei der Aufnahme
spruch gegen gezieltes, auf Identifi- – und nicht erst einer späteren
kation und Ausforschung gerichte- Veröffentlichung - zustimme.
tes Erstellen von Fotos und zweitens Nur letztere Auffassung wird der
das Recht auf Selbstbestimmung rasanten Entwicklung der Informationstechnologie und der Datenverar„Die Verwendung einmal verschickter Bilder kann nicht
beitung gerecht. Allerdings ist der
mehr kontrolliert werden“
Vorbehalt anzubringen, dass sich
diesen Regelungen darf niemand des Menschen bzgl. der Veröffentli- Abgebildete eine Abbildung gefalwiderrechtlich in seiner Persönlich- chung des eigenen Bildes, insbeson- len lassen müssen, wenn sie bloss
keit verletzt werden. Bezogen auf dere des Porträts, und seiner Ver- zufälliges Beiwerk auf einem nicht
das Recht am eigenen Bild darf also wendung in kommerzieller oder verbreiteten, nur im Privatbereich
dokumentierten Foto sind.
niemand ohne Rechtfertigungsgrund politischer Werbung.
ein Bild einer anderen Person erstelWeiterverwendung erhaltener Fotos
len oder ein solches bearbeiten. Gleichermassen soll das Recht auf
Bearbeiten ist in einem weiten und Achtung der Privatsphäre verhin- Zugeschickt erhaltene Bilder dürfen
umfassenden Sinne zu verstehen, dern, dass jede private Lebensäusse- gemäss dem Recht am eigenen Bild
wovon beispielsweise publizieren, rung der Allgemeinheit bekannt und den eingangs erwähnten Beonline stellen, vorzeigen, verschicken wird. Der Einzelne soll sich nicht stimmungen nicht einfach so weiter
dauernd beobachtet fühlen, son- verwendet (z.B. jemand anderem
und anschauen erfasst sind.
dern in gewissen Grenzen selber zugeschickt) werden. Auch dafür
Ein Rechtfertigungsgrund kann nur bestimmen dürfen, wer welches braucht es eine gesetzliche Grundin der Einwilligung (zum Foto), einer Wissen über ihn haben darf bzw. lage, die Einwilligung der betroffegesetzlichen Grundlage (im konkre- welche personenbezogenen Bege- nen Person oder ein überwiegendes
ten Fall ein Foto machen zu dürfen) benheiten des konkreten Lebens öffentliches oder privates ...
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Jahrgang 2015, Ausgabe 1
Interesse. Liegt keine dieser drei Cybermobbing als inzwischen sehr Fazit
Voraussetzungen vor, begeht die verbreitetes Mittel gezielt gegen
Die Verbreitung einmal publizierter
Person, die erhaltene Daten anderer eine gewisse Person vorzugehen.
Personen weiter verwendet, eine Genau aus diesem Hintergrund Fotos ist praktisch nicht mehr zu
stoppen. Der Grundsatz „Einmal im
Persönlichkeitsverletzung. Ein ent- empfiehlt sich eine grosse ZurückInternet, immer im Internet“ gilt
sprechendes Verfahren aufsomit auch für das Versengrund dieser Verletzung
„Einmal im Internet, immer im Internet.“
den eigener Fotos. Einmal
wird allerdings erst auf Klaverschickt (egal an wen),
ge der betroffenen Person
ist die Kontrolle über weitere Bearhin eingeleitet.
haltung betr. Versand von Bilder,
beitungen dieses Fotos faktisch nicht
die einen selber zeigen. GrundsätzCyber-Mobbing
lich kann man sich vor dem Versand mehr möglich. Deshalb ist im Vorneherein abzuwägen, welche Bilder
Cyber-Mobbing ist die Belästigung, eines Bildes immer fragen, ob man verschickt werden und welche nicht.
eben
dieses
Bild
der
ganzen
Welt
Bedrängung und Nötigung anderer
Im Nachhinein schlauer zu sein,
Personen mit Hilfe elektronischer zur Verfügung stellen möchte oder nützt eben nichts…
Kommunikationsmittel per Internet, es lieber privat halten möchte. Ist
Chatrooms, Messaging und/oder letzteres der Fall, ist von einem Philipp Studer
Mobiltelefonen. Die Weiterverwen- Versand (an wen auch immer) abdung erhaltener Fotos stellt ein typi- zusehen. Im Unterschied zum tradisches Beispiel des Cyber-Mobbings tionellen Mobbing werden Cyberdar. Durch die Eigenheiten der sozia- Mobbing-Opfer nicht auf dem Paulen Medien ist Mobbing noch diffu- senplatz, sondern im Internet (und
ser, ungreifbarer und kaum mehr somit zugänglich für unzählige
Personen) fertiggemacht.
kontrollierbar geworden.
„Aus der Praxis“
Eine Gemeinde fragte an, wie und
wie lange sie die Schulakten aufbewahren muss. Das Datenschutzgesetz des Kantons Obwalden
enthält dazu keine expliziten Regelungen. Es sagt nur – aber immerhin – aus, dass gewisse Massnahmen zur Sicherheit der bearbeiteten (und somit auch der aufbewahrten) Personendaten beachtet
werden müssen. Aus der Schulgesetzgebung des Kantons Obwalden kann jedoch eine entsprechende Norm für die Praxis herangezogen werden.
rechtigungskonzepte, starke Passwörter, Weisungen oder Sensibilisierung. Grundsätzlich müssen Schulakten vom zuständigen öffentlichen
Organ so aufbewahrt werden, dass
Unbefugte keinen Zugriff darauf
haben können. Dies gilt unabhängig
davon, ob die Akten in Papier- und/
oder in digitaler Form aufbewahrt
werden.
se und Promotionsentscheide während mindestens 20 Jahren und alle
übrigen Akten im Aus- und Weiterbildungsbereich während mindestens 10
Jahren an geeigneter Stelle aufzubewahren.
Wir empfehlen, Art. 8 BVO sinngemäss auch auf die allgemeinen Schulakten anzuwenden. Die Akten wären
demnach zehn Jahre lang (sicher)
aufzubewahren und danach korrekt
zu entsorgen bzw. zu vernichten. Vor
der effektiven Entsorgung müssen sie
dem Staats- oder Gemeindearchiv zur
Langzeitarchivierung angeboten werden. Das zuständige Archiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der
Akten. Erst wenn die Archivwürdigkeit verneint wurde, dürfen die entsprechenden Akten vernichtet werden. Bei der Vernichtung ist zudem
ebenfalls darauf zu achten, dass Unbefugte keinen Zugriff erhalten (z.B.
keine Entsorgung via normalen Abfalleimer).
Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes
über den Datenschutz des Kantons
Obwalden in Verbindung mit Art.
7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
den Datenschutz müssen Personendaten durch angemessene
technische und organisatorische
Massnahmen gegen unbefugtes
Bearbeiten geschützt werden. Dies
geschieht beispielsweise mit folgenden Massnahmen: abschliessbares Mobiliar, Virenschutzprogramme, Firewall, Back-ups, Be-
Da keine explizite Bestimmung zur
Aufbewahrungsdauer besteht, ist
das
Verhältnismässigkeitsprinzip
heranzuziehen. Somit sind die Akten so lange aufzubewahren, wie es
für die Erfüllung der gesetzlichen
Aufgabe notwendig ist. Massgebend dafür ist die Schulgesetzgebung des Kantons Obwalden. Diese
enthält keine Regelung zur Aufbewahrungsdauer der allgemeinen
Schulakten. Für Zeugnisse und Promotionsentscheide sowie übrige
Akten im Aus- und Weiterbildungsbereich hingegen besteht eine entsprechende Regelung. Gemäss Art.
8 der Bildungsverordnung des Kan- DSB SZ-OW-NW
tons Obwalden (BVO) sind Zeugnis-
Die Bekanntgabe von Personendaten von einem öffentlichen Organ
(hier: Sozialdienst einer Gemeinde)
an ein anderes öffentliches Organ
(hier: Betreibungsamt derselben
Gemeinde) stellt eine Amtshilfe
gemäss § 14 des Gesetzes über die
Öffentlichkeit der Verwaltung und
den Datenschutz (ÖDSG) dar. Eine
solche ist nicht beliebig möglich,
sondern nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zulässig.
Grundsätzlich ist die Bekanntgabe
von Personendaten an andere öffentliche Organe nicht beliebig
zulässig. Denn nur weil der Datenempfänger eine Behörde oder
Amtsstelle ist (und nicht eine private
Person), besteht keine Pflicht, automatisch alle personenbezogenen
Informationen weitergeben zu müssen. Schliesslich gilt es, die von einer
solchen Datenbekanntgabe betroffenen Personen angemessen zu
schützen.
Soweit es um Personendaten geht
(und das trifft beim Sozialdienst wohl
meist zu), ist § 14 ÖDSG massgebend. Gestützt auf diese Bestimmung
dürfen Personendaten einem anderen
öffentlichen Organ bekannt gegeben
werden, wenn alternativ
a. eine gesetzliche Grundlage dafür
besteht,
b. die datenempfangende Stelle dartut, dass sie zur Bearbeitung ...
„Schule ist
überall.“
© Dr. phil. Manfred Hinrich
(1926-2015), deutscher
Philosoph, Philologe, Lehrer,
Journalist, Kinderliederautor,
Aphoristiker und
Schriftsteller
Seite 4
Datenschutz Aktuell
der verlangten Personendaten
berechtigt ist und der Bekanntgabe keine Geheimhaltungspflicht entgegensteht, oder
„Austausch ist
die vernünftigste
Form von
Abhängigkeit.“
© Thomas S. Lutter (*1962),
Lyriker und Musiker
Betreibungsverfahren konkret befindet. Im Rahmen der Pfändung oder
des Konkursverfahrens wäre der
Sozialdienst beispielsweise verpflichtet, dem Betreibungsamt Informatic. die betroffene Person eingewil- onen über Einkommen, Vermögensligt hat.
gegenstände etc. des Schuldners
Dies bedeutet für diesen konkreten bekannt zu geben. Dies ergibt sich
aus Art. 91 Abs. 5 bzw. Art. 222
Fall folgendes:
Abs. 5 des Bundesgesetzes über
Eine Einwilligung wird in der Praxis Schuldbetreibung und Konkurs.
wohl eher selten vorliegen. Deshalb sind die anderen beiden Alter- Das Betreibungsamt könnte im
Einzelfall wohl darlegen, dass es die
nativen zu prüfen.
gewünschten Informationen zur
Ob eine gesetzliche Grundlage für Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaeine Pflicht zur Datenbekanntgabe ben benötigt. Allerdings stellt hierzu
des Sozialdienstes besteht, hängt § 5 des Sozialhilfegesetzes des Kanvom Stadium ab, in dem sich das tons Schwyz eine gesetzliche Ge-
heimhaltungspflicht dar, welche eben
gerade dieser Bekanntgabe entgegensteht. Somit bleibt in der Praxis wohl
einzig die Möglichkeit der gesetzlichen Grundlage, aufgrund welcher
eine Datenbekanntgabe stattfinden
darf.
Jede betroffene Person, welche die
gesetzlichen
Voraussetzungen
erfüllt, kann die Bekanntgabe
bestimmter ihrer Daten sperren
lassen. Eine Gemeinde wollte
wissen, ob wir eine Liste der den
gesetzlichen
Voraussetzungen
genügenden Gründe bzw. schutzwürdigen Interessen führen. Dies
geschieht nur indirekt.
sich in der Praxis aufgrund verschiedenster Umstände immer wieder
neue schutzwürdige Interessen ergeben.
Im Kanton Nidwalden sind die
Voraussetzungen für eine Datensperre in Art. 15 des kantonalen
Gesetzes über den Datenschutz
(kDSG-NW) festgelegt. Nach Art.
15 Abs. 1 kDSG-NW kann eine
betroffene Person, die ein schutzwürdiges
Interesse
glaubhaft
macht, von der Inhaberin oder dem
Inhaber einer Datensammlung
verlangen, dass es die Bekanntgabe von bestimmten Daten sperrt.
Macht nun eine Person ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft, hat
sie einen Rechtsanspruch auf die
entsprechende Sperre. Das bedeutet, der Inhaber der entsprechenden Datensammlung muss ihr
diese Sperre gewähren. Eine solche
Sperre dient der betroffenen Person zur Durchsetzung ihrer Kontrollrechte, die sie gegenüber denjenigen Stellen hat, die ihre Perso-
nendaten bearbeiten (dürfen). Diese
Sperre betrifft aber nicht die Amtshilfe, sondern nur – aber immerhin – die Bekanntgabe an private
Personen.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das Betreibungsamt in seinem Amtshilfebegehren die gesetzliche Grundlage vorbringen muss, die
den Sozialdienst im konkreten Fall zur
Auskunft verpflichtet.
DSB SZ-OW-NW
Ein schutzwürdiges Interesse allein
Was ist nun ein schutzwürdiges genügt allerdings noch nicht. VielInteresse und wie wird ein solches mehr muss ein solches noch glaubhaft gemacht werden. Wann ist also
glaubhaft gemacht?
ein schutzwürdiges Interesse glaubEin schutzwürdiges Interesse ist haft gemacht?
keine allzu hohe (aber eben doch
eine) Schwelle. Beispiele solcher Glaubhaft machen bedeutet, dass die
schutzwürdiger Interessen, die in betroffene Person ihr schutzwürdiges
diversen Gemeinden bereits zu Interesse nicht (nach den für Gerichte
Datensperren geführt haben, kön- massgebenden Kriterien) beweisen
nen beispielsweise folgende Sach- muss, sondern dieses einfach der
verhalte sein: Schutz vor Nachstel- Gemeinde (als Inhaberin der entsprelungen (für ein Kind oder eine Frau, chenden Datensammlung, d.h. des
die von Vater bzw. Mann miss- Einwohnerregisters), welche über die
braucht wurde), Arbeit als Richter, Datensperre entscheidet, plausibel
Staatsanwalt, Polizist, Sicherheits- machen muss. Kurz: das schutzwürdipersonal (z.B. bei der Securitas) oder ge Interesse muss für die Gemeinde
in anderen ähnlichen und ebenfalls nachvollziehbar sein. So muss z.B. die
heiklen Berufsfeldern), Schutz einer eine Datensperre beantragende Peraus langer Haft entlassener Person, son der Gemeinde bekannt (d.h. für
die das Recht hat, ein neues Leben sie identifizierbar) und ihr Grund (z.B.
beginnen zu dürfen, Schutz promi- eine gewisse berufliche Tätigkeit)
nenter Persönlichkeiten vor grossem ebenfalls nachvollziehbar sein.
Medienaufmarsch. Dies stellt in
gewissem Sinne bereits eine solche DSB SZ-OW-NW
– von der Gemeinde erfragte – Liste
schutzwürdiger Interessen dar. Diese ist aber weder vollständig noch
abgeschlossen, vielmehr können
Unabhängig - Partnerschaftlich
- Dienstleistungsorientiert
(Öffentlichkeits- und) Datenschutzbeauftragter
Schwyz - Obwalden - Nidwalden
Gotthardstrasse 21
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