„That`s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild

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„That`s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild
Das Weltatlas Magazin • 02 / 2010 • www.diercke.de
360°
Tourismus
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Wohin geht die Reise?
Die Zukunft des Tourismus
Touristische Ziele an der
schleswig-holsteinischen
Nordseeküste
(Unterrichtseinheit Sek I)
„That´s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild ausländischer Touristen
(Unterrichtseinheit Sek I)
Boomende Tourismusdestination Ruhrgebiet?
(Unterrichtseinheit Sek Il)
St. Ulrich – wenn der Tourismus zur Belastung wird
(Unterrichtseinheit Sek Il)
Klausuren konstruieren
mit www.diercke.de
Diercke Weltatlas
jetzt mit Karten-Code
Diercke 360°
INTERVIEW
Diercke Weltatlas Magazin
Ernst Burgbacher, MdB
Parlamentarischer Staatssekretär (BMWi) und Beauftragter der Bundesregierung für
Mittelstand und Tourismus
Im Gespräch mit Ernst Burgbacher
Diercke 360°-Redaktion:
Welchen Stellenwert nimmt der Tourismus in Deutschland ein?
in heimischen Gefilden und bescherten Deutschland einen
Zuwachs bei den Urlaubsreisen von 2 %.
Ernst Burgbacher:
Der Tourismus ist in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit rund 2,8 Mio. Beschäftigten und mehr als 105.000 Ausbildungsplätzen. Die überwiegende Zahl der Unternehmen sind
kleine und mittelständische Betriebe. Die Tourismuspolitik der
Bundesregierung verfolgt das Ziel, die Rahmenbedingungen der
Tourismuswirtschaft noch weiter zu verbessern. Dazu gehören
angemessene Regelungen, z.B. in den Bereichen Steuern, Verkehr,
Umwelt und Verbraucherschutz; außerdem stützen wir wichtige
Trends wie Kultur und Gesundheit. Auch kommuniziert die
Bundesregierung in die Tourismusbranche verstärkt die enormen
Herausforderungen und Chancen angesichts des demografischen
Wandels und des Klimawandels, auf die sich die Tourismusanbieter
einstellen müssen.
Diercke 360°-Redaktion:
Welche Bedeutung messen Sie der Orientierung mithilfe von Atlanten
bzw. Karten in der heutigen Zeit bei?
Diercke 360°-Redaktion:
Früher hieß es: „Je weiter weg, desto besser“. Heute dagegen: „Warum
in die Ferne schweifen?“ Was steckt hinter dieser Veränderung?
Ernst Burgbacher:
Im Rahmen meiner politischen Arbeit bin ich viel auf Reisen.
Daher sind Karten für mich unverzichtbar. Zugegeben, hier helfen
natürlich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber ich schaue
grundsätzlich auch selber rein. Karten haben nun einmal eine
gewisse Faszination. Ich möchte schon wissen, wo ich gerade bin
und wo ich hinfahre. Und das vermittelt einem eine echte Karte
einfach besser als die standardisierte Optik von Navigationsgeräten.
Ernst Burgbacher:
Denn das Gute liegt so nah. Die Deutschen haben ihr eigenes Land
wiederentdeckt. Zu Deutschlands Stärken gehören Städte- und
Kulturreisen, aber auch Erholungstourismus. Deutschland ist
überaus facettenreich und lädt zum Entdecken, Erleben und
Genießen ein. Das ist nicht nur den faszinierenden Kultur- und
Naturschätzen, wie den 32 Welterbestätten zu verdanken, sondern
auch der landschaftlichen Vielfalt: vom Meer bis hin zu den Bergen
ist alles im Angebot. Deutschland bietet die Vielseitigkeit Europas
in konzentrierter Form. Dazu ein angenehmes Klima. Auch das gute
Preis-Leistungs-Verhältnis ist ein starkes Argument für Deutschland
– gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Deutschland
behauptet sich im weltweiten Tourismus-Wettbewerb immer
besser.
Diercke 360°-Redaktion:
Hat die globale Terrorismusgefahr und die wirtschaftliche Krise das
Tourismus- und Reiseverhalten der Deutschen verändert.
Ernst Burgbacher:
Natürlich wirken sich internationale Krisen und Gefahren auf das
Reiseverhalten der Deutschen aus. Die Finanz- und Wirtschaftskrise
hat den Tourismus weltweit getroffen. Die deutsche Tourismuswirtschaft hat sich aber stets als äußerst robust und innovativ gezeigt,
auch im internationalen Vergleich. So konnte Deutschland sich
2009 gut behaupten: Die Welttourismusorganisation verbuchte
weltweit einen Rückgang von 4,3 %, europaweit sogar einen
Verlust von 5,6 % bei den internationalen Gästeankünften. In
Deutschland ging die Anzahl der Ankünfte aus dem In- und
Ausland nur um 2,7 % zurück. Das Reiseland Deutschland hat sich
als erfreulich wettbewerbsfähig erwiesen. Dabei haben insbesondere die Deutschen zur Stabilisierung ihrer Tourismuswirtschaft
beigetragen. Angesichts der Wirtschaftskrise blieben sie vermehrt
2
Ernst Burgbacher:
Wir leben in einer multimedialen Welt. Navigationsgeräte,
GPS-Systeme und Internet verbreiten sich mehr und mehr. Aber
Hand aufs Herz, wer hat keine Karten im Auto, beim Fahrradfahren, Wandern oder wenn er ins Ausland reist? Ich verzichte
jedenfalls nicht darauf und schmökere auch heute noch gerne in
meinem Atlas.
Diercke 360°-Redaktion:
Welche Rolle spielen Karten bei Ihrer politischen Arbeit?
Diercke 360°-Redaktion:
Mit welchem Atlas sind Sie aufgewachsen und besitzen Sie ihn noch?
Ernst Burgbacher:
Diercke Weltatlas. Ich besitze und benutze ihn nach wie vor, sein
Zustand ist entsprechend.
Diercke 360°-Redaktion:
Können Sie sich an eine Lieblingskarte aus Ihrer Schulzeit erinnern?
Ernst Burgbacher:
Die politische Weltkarte (heute nicht mehr aktuell, aber umso
interessanter).
Diercke 360°-Redaktion:
Was war Ihre schönste Klassenfahrt, bzw. Klassenreise?
Ernst Burgbacher:
Die Fahrt 1968 nach Berlin. Mauer, Ostberlin, Nächte ohne
Sperrstunde, Udo Jürgens (schon damals!) in der Philharmonie.
Diercke 360°-Redaktion:
Wohin fahren Sie als nächstes in den Urlaub?
Ernst Burgbacher:
Das ist mein privates Geheimnis.
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Diercke 360°-Magazin thematisiert in
dieser Ausgabe den Tourismus aus unterschiedlichsten
Richtungen. So geht der Einführungsartikel beispielsweise der Frage nach, worin die Zukunft des Tourismus
begründet sein könnte.
Die Nord- und Ostsee sind beliebte Ziele für Klassenfahrten. Am Beispiel der schleswig-holsteinischen
Nordseeküste zeigt der Autor die Naturvielfalt auf, die
auf spannende Art in Ihre Klassenreise integriert werden
kann.
Deutschland = Schwarzwald + Oktoberfest? Die Unterrichtseinheit zu Klischeevorstellung über Deutschland
bzw. die Deutschen, verdeutlicht, an was ausländische
Touristen denken, wenn sie nach Deutschland reisen.
Essen ist „Kulturhauptstadt Europas“ – ein weiterer
Beweis für den erfolgreichen Strukturwandel des Ruhrgebiets. Steigende Besucher- und Übernachtungszahlen
belegen, dass der „graue, rauchende Ruhrpott“ einen
erfolgreichen Imagewandel hin zu einer boomenden
Tourismusdestination vollzogen hat.
Inhalt
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Interview – Im Gespräch mit
Ernst Burgbacher, MdB
Prof. Dr. Horst W. Opaschowski: Wohin geht
die Reise? Die Zukunft des Tourismus
Prof. Dr. Jürgen Newig: Touristische Ziele an
der schleswig-holsteinischen Nordseeküste
(Unterrichtseinheit Sek I)
Prof. Dr. Christiane Meyer: „That´s Germany!“
– Überlegungen zum Deutschlandbild ausländischer Touristen (Unterrichtseinheit Sek I)
Die Probleme und Schwierigkeiten des alpinen Tourismus werden am Beispiel von St. Ulrich (Italien) aufgezeigt. Der Wandel vom beschaulichen Alpenurlaub um
1950 hin zum alpinen Massentourismus in 2010 wird
den Schülern im Rahmen eines Mysterys verdeutlicht.
In der Sekundarstufe II stehen jedes Jahr neue Klausuren
auf der Agenda. Wie Sie eigene Klausuren mithilfe der
Hintergrundtexte und zahlreichen Materialien unter
www.diercke.de erstellen können, zeigt ein Beitrag aus
der Redaktion.
Auch in dieser Ausgabe werden wieder neue, spannende und hilfreiche Neuerscheinungen präsentiert, die
Sie zu attraktiven Konditionen bestellen können.
Wenn Sie eine Klassenfahrt nach NRW oder ins Ruhrgebiet planen, könnte sich eine Teilnahme am Gewinnspiel besonders lohnen, falls nicht, gewinnen Sie doch
eine spektakuläre Fahrt mit dem Diercke Heißluftballon.
Es gibt also viel Neues zu berichten und auszuprobieren.
Entdecken Sie die Welt mit Diercke Weltatlanten!
Ihre Diercke 360°-Redaktion
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Ina Bartels: St. Ulrich (Italien) – wenn der
Tourismus zur Belastung wird (Unterrichtseinheit Sek lI)
Klausuren konstruieren mit www.diercke.de
Diercke Klausuren Band 2
Diercke Weltatlas jetzt mit Karten-Code
Diercke Arbeitsblätter zur Kartenarbeit
Diercke 360° Gewinnspiel
Ein Gewinnspiel
Prof. Dr. Wilfried Hoppe u. a.:
Boomende Tourismusdestination Ruhrgebiet?
(Unterrichtseinheit Sek ll)
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Diercke 360°
Titelthema
Diercke Weltatlas Magazin
zum Autor:
Prof. Dr. Horst W. Opaschowski
Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für
Zukunftsfragen (ehemals BAT FreizeitForschungsinstitut), führte von 1989 bis 2009 die Deutsche
Tourismusanalyse durch, in der jährlich 4000 Personen ab 14
Jahren repräsentativ nach ihrem Reiseverhalten befragt
wurden
Wohin geht die Reise?
Die Zukunft des Tourismus
Der Tourismus wird in den nächsten dreißig Jahren mit einem vierfachen
Wandel leben lernen müssen, wenn er weiterhin eine Art Leitökonomie
für andere Branchen bleiben will: 1. Klimawandel, 2. Strukturwandel,
3. Demographischer Wandel und 4. Anspruchswandel. Bewegte Zeiten
kommen auf die Tourismuswirtschaft zu und zwingen sie zu Langfristplanungen und -perspektiven, die weit über das Tages- und Saisongeschäft
hinausreichen.
Veränderung 1: Klimawandel
Der Klimawandel kann dramatische
Ausmaße für den Tourismus annehmen.
Wenn die Erde fiebert, Mallorca wegen
chronischen Wassermangels und
regelmäßigen Stromausfällen massenhaft Urlaubsgäste verliert, das große
Schmelzen im Wintertourismus beginnt
und viele klassische Skigebiete sterben,
dann brauchen wir neue touristische
Konzepte, die auch alternative Entwicklungen und Nutzungen des Meer- und
Alpenraumes in Erwägung ziehen.
Veränderung 2: Strukturwandel
Terror und Krieg, Vogelgrippe und Vulkanausbruch geraten schnell in Vergessenheit. In Wirklichkeit ist die touristische Krise mehr struktureller Art. Das
Tourismusmanagement, nicht die
Urlaubsreise befindet sich in der Krise.
Die Tourismusbranche läuft Gefahr, ihre
eigene Philosophie zu zerstören und das
Geschäft künstlich herunterzureden.
Umsatzrückgänge werden nicht selten
mit sinkender Gästenachfrage verwechselt. Sicher: Die Urlauber verreisen kürzer
und auch billiger. Aber: Weniger bezahlt
heißt nicht weniger gereist. Eher gilt:
„Reiselust – aber preisbewusst“.
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Veränderung 3:
Demographischer Wandel
Dem Tourismus steht eine Revolution auf
leisen Sohlen bevor: Die schrumpfende
und alternde Bevölkerung lässt auch die
„weiße Industrie“ grauer werden.
„Jungsein“ muss neu definiert werden,
weil in Zukunft manche Rentner auch
Trendsetter sind. Der Zukunftsmarkt der
„neuen“ Senioren ist nicht einfach nur
eine Spar-Version des Jugendmarktes,
sondern etwas völlig anderes, eine
eigene Erlebniswelt. Die „neuen“
Senioren wollen im Urlaub keine
Inline-Skates mit Stützrädern, sondern
Qualität und Serviceangebote rund um
die Uhr. Der Wachstumsmarkt Tourismus
stirbt auch in der älter werdenden
Gesellschaft nicht aus.
gelingen muss: Er muss Freiheit von der
Stange verkaufen, ohne dass der
Urlauber dies merkt – obwohl er um den
Seriencharakter des Urlaubsangebots
weiß.
Die entscheidende Motivation des
modernen Reisenden ist nicht mehr der
Bedarf, sondern der Wunsch nach
Sich-verwöhnen-Wollen. Der Tourismus
wird zum Motor einer Wohlfühlgesellschaft.
Der Strukturwandel im Tourismus
bewirkt, dass die Unterscheidungen
„pauschal“ oder „individuell“ immer
fragwürdiger werden. Der Gegensatz
von Pauschaltourismus und Individualtourismus ist überholt, ebenso die
Sprachakrobatik von Reiseveranstaltern,
die von „individualistischer Pauschalreise“ sprechen. Tatsächlich entscheiden
sich die Urlauber je nach zeitlichen oder
finanziellen, familiären oder ganz
persönlichen Möglichkeiten mal für
mehr Fremd- und mal für mehr
Selbstorganisation. Baukastenreisen
lösen die Reisen „von der Stange“
zunehmend ab.
Veränderung 4: Anspruchswandel
Der Tourismus hat sich bisher als der
beständigste und dynamischste
Wirtschaftsbereich erwiesen, der sich in
Zukunft zum größten Wirtschaftszweig
entwickeln und den Handel mit Industrie- und Energieprodukten übertreffen
kann. So gesehen bleibt der Reisemarkt
auch in Zukunft ein Wachstumsmarkt,
dem allerdings die Quadratur des Kreises
Konsequenzen für den Qualitätsurlaub im 21. Jahrhundert
Urlaub, die populärste Form von Glück,
muss im 21. Jahrhundert eine DreifachQualität aufweisen. Dazu zählen die
natürliche Qualität (z. B. schöne Landschaft, gesundes Klima), die materielle
Qualität (z. B. preiswerte Unterkunft) und
die immaterielle Qualität (z. B. freundliches Personal). Alle drei Qualitätsbe-
reiche haben die Urlauber nach der
Deutschen Tourismusanalyse des Jahres
2009 auf ihrer letzten Reise geboten
bekommen – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Dabei wird für die Urlauber
das Atmosphärische, die immaterielle
Qualität des Urlaubs, immer wichtiger,
seitdem materielle Steigerungen kaum
mehr bezahlbar sind.
In der Urlaubswelt von morgen setzt der
Gast die Maßstäbe und nicht der
Anbieter oder Veranstalter. Eine reiseerfahrene Masse fordert Qualitätsstandards, die nachweisbar, aber auch
bezahlbar sind. Ein Dilemma für die
Reisebranche: Sie soll Klasse versprechen, aber gleichzeitig Massen zufriedenstellen. Das ist nur möglich durch
Qualifizierung des Personals.
Zwei Urlaubsformen bleiben auch in
Zukunft aktuell: der Badeurlaub und der
Ausruhurlaub. Relaxen wird groß- und
Aktivsein eher kleingeschrieben. Im
Urlaub liegen viele Bundesbürger lieber
auf der faulen Haut. Sonnen- und
Seelenbaden sind für sie attraktiver als
sportliches Aktivsein zwischen Wandern
und Skifahren.
Auf den zweiten Blick ist jedoch erkennbar, dass es zu einer Vielfalt von Urlaubsund Reiseformen kommt, wie sie in
früheren Jahrzehnten kaum vorstellbar
war. Jeder kann heute „seinen“ Urlaub
buchen. Und fast für jeden Wunsch gibt
es ein eigenes Angebot: vom Cluburlaub
und der Studienreise über den Wellnessurlaub bis zur Städtereise und dem
Musicalbesuch. Vorbei sind die Zeiten
des „Einheitsurlaubs“, der eigentlich
nach der Urlaubsgesetzgebung ausschließlich der Regeneration der
Arbeitskraft dienen sollte.
Zukunftstrends im Tourismus
Auf der Suche nach Neuem
Die Angst geht um in der Touristikbranche: Auf dem Weg in die Zukunft
könnten den Urlaubsmachern die Ideen
ausgehen. Die Reisenden hätten fast
alles schon erlebt und im 21. Jahrhundert
gebe es keine touristischen Abenteuer
mehr. Es sei nicht mehr möglich, nach
neuen Ufern aufzubrechen, Reisen sei
alltäglich und der Tourismus eine
Banalität geworden. Doch was passiert,
wenn wir fast schon alles gesehen
haben, wenn es keine echten Erlebnisse,
keine natürlichen Lebensgefahren und
keinen Kampf um das physische
Überleben mehr gibt?
In Zukunft wird es immer schwieriger, im
Massentourismus neue Erlebnisse
anzubieten. Der Tourismus, der größte
Quelle: Stiftung für Zukunftsfragen
Arbeitgeber der Welt, der mehr Beschäftigte als die Automobilindustrie oder die
Medienbranche hat, kann im 21. Jahrhundert fast alles ertragen – Kriege, Krisen
und Konflikte – nur eines nicht: Langeweile. Wenn die organisierte Reise durch
Rundum-Sorglos-Pakete zu professionell,
perfekt und sicher wird, kommt zwangsläufig Langeweile auf. Die Gefahr
besteht, dass die Urlaubsangebote der
Reiseveranstalter bald nicht mehr mit
den Erlebniserwartungen der Urlauber
übereinstimmen. Die „weiße Industrie“
muss sich daher erneuern – neue Ideen
sind gefragt.
Links:
www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/
5
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe I
Diercke Weltatlas Magazin
zum Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig
ehem. Direktor am Geographischen
Institut der Universität Kiel, Arbeitsschwer
punkte: Küstenmorphologie, insbesondere
der schleswig-holsteinischen Westküste, Tourismusgeographie, Kartographie, Geographie der Kulturerdteile, Didaktik
der Geographie
Touristische Ziele an der schleswigholsteinischen Nordseeküste
„Das Meer erleben“ ist der wohl am meisten verwendete touristische
Slogan an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste – und tatsächlich
haben sich die großen Fremdenverkehrsorte direkt am Meer entwickelt –
dort, wo die großen Strände zum Baden einladen. Daneben gibt es aber
auch weitere Touristenziele.
Klassische Ziele
Die großen klassischen Fremdenverkehrsorte an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste weisen heute
zusammen mehr als eine Million
Übernachtungen auf – das sind jeweils
mehr als 100 000 Gäste, die in jedem Ort
rund 10 000 Fremdenbetten belegen. Es
handelt sich um Westerland auf Sylt, Wyk
auf Föhr, St. Peter-Ording im Westen von
Eiderstedt und Büsum in Dithmarschen
(Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke
Drei ◆ S. 82). Spitzenreiter ist Westerland,
das im Jahre 2009 das Rekordergebnis
von 3,08 Millionen Übernachtungen
erzielte.
Anders als die Ostseeorte, die sich nicht
selten wie Zwillinge ähneln, unterscheiden sich die Nordseebäder deutlich
voneinander. Das ist durch ihre Lage in
unterschiedlichen Naturlandschaften
bedingt. Westerland und St. Peter-Ording liegen an der Außenküste und sind
nach Westen exponiert und damit
unmittelbar der Brandung der Nordsee
ausgesetzt. Die Schorre, der untermeerische Strand, ist hier relativ steil geneigt.
Deshalb verschiebt sich die Uferlinie
zwischen Ebbe und Flut nur um einige
Zehnermeter. Wyk und Büsum hingegen
gehören zur Innenküste, liegen also im
Bereich des Wattenmeeres, wo sich
aufgrund des sanft abfallenden Watts
6
die Gezeiten viel stärker bemerkbar
machen. Das Baden richtet sich hier nach
dem Tidekalender.
Neue Ziele
Zunehmend geraten aber auch zuvor
abgelegene Küstengebiete in den
Blickpunkt der Touristen, wie z. B. Orte
mit reizvollem Ortsbild wie Husum
(Kreisstadt von Nordfriesland) oder das
„Holländer“städtchen Friedrichstadt.
Hinzu kommen einzelne Punkte des
Hinterlandes, wie z. B. das Nolde-Museum in Seebüll, der Windpark in Kronprinzenkoog oder das Eidersperrwerk,
die sich zu touristischen Anziehungspunkten entwickeln. Auch neue bedeutende Küstenschutzbauwerke im Zuge
der Deichverkürzung und Küstensicherung ziehen Touristen an. Zu nennen
sind die Eiderabdämmung (1973), die
Vordeichung des Speicherkoogs
Dithmarschen (1978) und die Schaffung
des Beltringharder Koogs (1986). Die
meisten dieser Stätten liegen am oder
Das 1973 fertiggestellte Eidersperrwerk, ein beliebtes Touristenziel, dämmt die von links oben
her fließende Eider im breiten Mündungstrichter ab. Es dient vor allem zwei Zwecken: der
Entwässerung und dem Sturmflutschutz, denn bei Sturmflut können alle fünf Sieltore (je 40 m
breit) geschlossen werden. Zum Aufnahmezeitpunkt herrschte ablaufendes Wasser, erkennbar
an den glitzernden Wasserwirbeln unmittelbar seewärts des Sperrwerks. An der linken Seite ist
neben einem Leitdamm das schmale Schleusenbauwerk für die Schiffe erkennbar. Oberhalb
der Abschlusswand der rechten Sielkammer ist – als kleiner heller Fleck – der mit drei
Touristenbussen und zahlreichen Pkws voll besetzte touristische Parkplatz zu erkennen.
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– Zuordnung von Beschreibungen zu
Fotos der vier wichtigsten Fremdenverkehrsorte (Aufgabe 1)
– Die Schüler verfolgen die Hauptdeichlinie auf der Karte Diercke ◆
S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆
S. 82 von Süden nach Norden unter
besonderer Berücksichtigung der
modernen Deichlinienverkürzung
(Signatur!). Dazu fährt jeder Schüler
die Linie mit seinem Finger auf der
Atlaskarte ab.
– Untersuchung des Deichschutzes
der vier Fremdenverkehrsorte
(Aufgabe 2, Arbeit mit der Atlaskarte
Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1,
Diercke Drei ◆ S. 82)
46
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(Tønder)
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Rickelsbüller
Sylt-Ost
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Westerland
Norddorf
Die Schüler sammeln ihnen bekannte
Touristenziele an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Bei Bedarf
kann unterstützend die Atlaskarte
Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1,
Diercke Drei ◆ S. 82 hinzugezogen
werden.
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Øster Højst
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Kampen
52
31
Das Thema im Unterricht
C
9°
D ä n e m a r k
Sylt
be
Hagemeister, J.: Rungholt – Sage und Wirklichkeit.
St. Peter Ording 1979.
Hassenpflug, W., Kortum, G., Newig, J., Pollex, W.,
www.boelling.de/rungholt/start.htm
www.vmb-webdesign.de/Rungholt/Register/
karte6.htm
400204
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Links:
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Literatur:
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10
Auf ins Watt ...
und in die Vergangenheit!
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich
Wattwanderungen mit kulturhistorischem Hintergrund. Es gibt zahlreiche
Überreste untergegangener Ortschaften
im Wattenmeer. Sie liegen oft weit von
der Küste entfernt und können nur
mithilfe eines erfahrenen Wattführers
aufgesucht werden. Zu gefährlich sind
plötzliche Schlicklöcher oder reißende
Priele, vor allem aber das Aufkommen
von Nebelbänken, die dem Unerfahrenen jegliche Orientierung nehmen.
Zwei Sturmfluten, die Tausende von
Menschenleben forderten und daher
„Mandränken“ genannt wurden, tragen
die Hauptschuld am Untergang vieler
Kirchspiele. In der ersten Mandränke von
1362 ging u. a. das gesamte Gebiet
zwischen Südfall und der roten Linie
(= Küstenverlauf um 1634) nördlich der
Norderhever unter (Diercke ◆ S. 28.1,
Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆ S. 82).
Zuvor gab es eine riesige Insel mit
Namen „Strand“ zwischen dem Heverstrom im Süden und dem NorderaueTief im Norden. Im Süden dieser Insel lag
der rot eingetragene Ort Rungholt, der
1362 unterging. Er zog sich südlich der
Hallig Südfall bis zum Priel hin, den man
auch auf der Karte Diercke ◆ S. 28.2,
Diercke 2 ◆ S. 24.2 als Nebenarm der
Norderhever am unteren Bildrand
erkennen kann. Heute bildet er die
Fahrrinne für die Fähren zwischen
Nordfall und Pellworm und heißt „Fuhle
Slot“.
Schmidtke, K.-D.: An Nord- und Ostsee. SchleswigHolsteins Küsten. Husum 1985.
Henningsen, H.-H.: Rungholt. Der Weg in die
Katastrophe. Band 1: Husum 1998. Band 2: Husum
2000.
Lengsfeld, K.: Gab es das sagenhafte Rungholt
wirklich? In: Newig, J. und Theede, H. (Hrsg.):
Sturmflut. Husum 2000.
10m
im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, der seit 2009 zum
Welterbe der UNESCO gehört.
Neufeld
Medemsand
Brunsbüttel
C.-Döse
C.- Sahlenburg
Balje
B
Otterndorf 9°
C
Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke
Drei ◆ S. 82
Vertiefung
Sonderfall: Rungholt (Aufgabe 3;
Arbeit mit den Atlaskarten Diercke ◆
S. 28.1 und 28.2, Diercke 2 ◆ S. 24.1 und 24.2,
Diercke Drei ◆ S. 82)
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
7
Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig
Diercke 360° 2/2010 M1 M2 M3 M4 M 5 Westerland
Westerland liegt an der offenen Nordsee. Der Ortskern verfügt
aufgrund der zahlreichen Appartementhochhäuser über ein
großstädtisches Aussehen. Die vorherrschenden Westwinde
lassen die Wellen direkt auf die Küste prallen. Sylt wird seit
Jahrtausenden abgetragen, jährlich um rund einen Meter. Erst
die Sandvorspülungen, die seit 1972 regelmäßig durchgeführt
werden, haben dem Abbruch Einhalt geboten. Die Gäste
erfreuen sich an einer stets erfrischenden Brandung und der
gesunden salzhaltigen Luft, die bei Atemwegserkrankungen
Linderung bringt. Westerland liegt am südlich des Ortes
ausstreichenden Roten Kliffs, einer Moräne der vorletzten
Vereisung. Durch die Überbauung durch eine Strandmauer und
Uferbefestigungen ist das Kliff heute nicht mehr erkennbar. Die
Westerländer Gäste können auch die großen Dünenlandschaften der nördlichen und südlichen Halbinsel besuchen
oder die alten Dörfer von Sylt-Ost am Rande eines ausgedehnten Marschgebietes.
M 6 Föhr
Der Sylter Dreiklang von Geest, Dünenland und Marsch
verengt sich auf Föhr zu einem Zweiklang von Geest und
Marsch, denn Dünen fehlen dort. Dass Wyk überhaupt einen
bearbeitet von:
COPY
Sandstrand hat, den einzigen größeren im gesamten Wattenmeer, liegt am westlich davon befindlichen Goting-Kliff, dem
natürlichen Sandlieferanten nach Sturmfluten. Im Schutze des
Wattenmeers macht Wyk einen viel lieblicheren Eindruck als
Westerland. Der geringe Wellenschlag im Rhythmus von Ebbe
und Flut sowie das grandiose Panorama der Warften der Hallig
Langeneß, die wie Schiffe auf dem Meer zu schwimmen
scheinen, verstärken noch den übersichtlichen, anheimelnden
Eindruck des Ortes. Schon das dänische Königshaus liebte
dieses Seebad (1842–1847). Man lustwandelte gern auf dem
„Sandwall“, einer eigens angelegten Allee an der Küste.
M 7 St. Peter-Ording
Ganz anders als Westerland und Föhr präsentiert sich St.
Peter-Ording an der Westspitze der Marschenhalbinsel
Eiderstedt. Der Ort liegt inmitten der die Halbinsel nach
Westen abschließenden Dünenzone und den davor liegenden
ausgedehnten Stränden, die man teilweise mit dem Pkw
erreichen kann, denn das Meer liegt recht weit vom Ort
entfernt. Das im Gegensatz zu Sylt nur sanft abfallende
Küstenvorfeld (Schorre) verhindert eine stärkere Brandungsbildung. St. Peter-Ording gilt daher als besonders familienfreundlich. Außerhalb der Saison werden auf den weiten Stränden
Strandsegel-Meisterschaften ausgetragen.
Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig
M 8 Büsum
COPY
Diercke 360° 2/2010 M 10 Querschnitt durch einen der in M9 erkennbaren Entwässerungsgräben
aufgefüllte Kleierde,
heute abgetragen
ich
t
Torf-Klei-Gemisch
c
ht
To
bra
ns
ge
ch
ein
Büsum kann als reiner Wattenmeerort nicht mit einem natürlichen Sandstrand dienen. Die Außenböschung des Deiches,
der sogenannte „grüne Strand“, lädt daher mit seinen vielen
Strandkörben zum Aufenthalt ein. Immer wenn es Ebbe wird,
vergrößert sich die touristisch nutzbare Fläche enorm und man
kann sich dann doch in dem über 100 Meter breiten Wattenmeerstreifen vor der Küste aufhalten. So hat Büsum seine ganz
eigene Klientel: Zum einen sind es die alten Menschen, die sich
direkt vom Strandkorb zum Spaziergang auf die Deichkrone
begeben können. Zum anderen kommen auch gerne Familien
mit kleinen Kindern, die bei Ebbe gefahrlos im Wattenmeer
spielen können.
ehemals sichtbare Pflugspuren
e
60 – 80 cm
M 11 Rungholt
M 9 Ehemalige Entwässerungsgräben im Watt als
Zeugen landwirtschaftlicher Nutzung
Blick bei tiefer Ebbe über die alte landwirtschaftliche Kulturlandschaft
von Rungholt auf den Priel „Fuhle Slot“, einen Nebenarm der
Norderhever, mit roter Boje. Die schwarzen Streifen sind Entwässerungsgräben unter dem inzwischen abgetragenen Ackerboden. Die
schwarze Farbe beruht auf der Torffüllung.
Wir schließen uns dem Wattführer Robert Brauer zu einer
mehrstündigen Wattwanderung vom Deich im Westen von
Nordstrand zur Stätte des sagenhaften Ortes Rungholt an. Auf
der Rungholtstätte finden wir ausgedehnte Grabensysteme
mit Torfverfüllung. Das waren die Dränagen der Kulturfläche
des alten Ortes Rungholt, angelegt vor rund 700 Jahren und in
ihrer schnurgeraden Linienführung heute noch beeindruckend. Das Land liegt hier fast einen Meter unter dem mittleren
Meeresspiegel, unter Normalnull. Schon damals lag das
Kulturland so niedrig, dass man es durch sehr hohe Deiche vor
der Nordsee geschützt hat. Von den Deichen ist heute kaum
noch etwas zu sehen. Dafür tauchen in der Erosionszone am
Priel Strukturen alter Wege und Ackerflächen auf. Ab und zu
findet sich ein Ziegelstein oder ein Haustierknochen. Robert
Brauer erzählt von vielen Objekten, die den Weg in das
Archäologische Landesmuseum in Schleswig gefunden haben:
Schwerter, Bronzetöpfe, Pilgerabzeichen, Krüge mit wundervollen farbigen Mustern. Die schönsten Stücke sind „maurische
Krüge“, die nur im spanischen Andalusien hergestellt wurden
und einen Hinweis auf einen internationalen Handel geben,
der im alten Rungholt betrieben wurde. Es gibt Urkunden, die
darauf hindeuten, dass dieser Ort eine Handelssiedlung war.
Eine große Stadt, wie der Dichter Liliencron sie in seinem
Gedicht „Heut’ sind wir über Rungholt gefahren“ beschrieb,
war der Ort jedoch nicht, denn es finden sich keinerlei archäologische Hinweise auf eine solche „Weltgeltung“. Aber nun
bricht unser Führer ab und blickt auf die Uhr. Es wird höchste
Zeit, dass wir den Rückweg antreten. Bald kommt die Flut, und
dann ist das Land verschwunden, so wie damals, 1362, als die
große Mandränke [Sturmflut mit vielen Todesopfern] kam.
Aufgaben
1.Ordne die Fotos (M1–M4) den großen Fremdenverkehrsorten
zu, die in M5–M8 beschrieben werden. Schreibe die Namen
der Orte auf die Linie über die Fotos. Versuche, möglichst
viele der in der Beschreibung genannten Fakten im Foto
wiederzuerkennen und weitere Einzelheiten herauszufinden.
bearbeitet von:
2. S ieh dir die Lage der vier großen Fremdenverkehrsorte
genau an. Stelle fest, wie es mit dem Deichschutz bestellt
ist und begründe, warum einzelne Orte keinen Deichschutz
haben.
3. W
orauf deuten die Grabensysteme von Rungholt hin?
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe I
Diercke Weltatlas Magazin
zur Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer
Leibniz Universität Hannover; Arbeitsschwerpunkte: ethische Urteilskompetenz,
bilingualer Geographieunterricht,
interkulturelles Lernen
„That’s Germany!“ – Überlegungen zum
Deutschlandbild ausländischer Touristen
Wenn ausländische Touristen sich
für eine Reise nach Deutschland
entscheiden, so haben sie Stereotype über Land und Leute im Kopf.
Diese Fremdbilder sind pauschal
und werden durch die Erfahrungen
vor Ort sicher revidiert. Dennoch
kann sich niemand von Klischeevorstellungen oder sogar Vorurteilen wirklich frei machen.
Basis: eine wissenschaftliche Untersuchung
M. Agreiter hat in ihrer Dissertation 2003
das Deutschlandbild in englisch-,
französisch- und italienischsprachigen
Reiseführern analysiert. Ihrer daraus
resultierenden Kartendarstellung lagen
22 Reiseführer zugrunde, die zum
1. Januar 2000 auf dem internationalen
Markt präsent waren. Es handelt sich um
einen australischen, sechs französische,
fünf britische, vier italienische und sechs
US-amerikanische Reiseführer. Die
Auswahl der Länder hat Agreiter damit
begründet, dass Gäste aus den USA
(9,7 %), Großbritannien (8,7 %), Italien
(5,8 %) und Frankreich (4,4 %) fast ein
Drittel aller Übernachtungen ausländischer Besucher ausmachen (Bezugsjahr 2004). Für 2009 gilt, dass von den
54,8 Mio. Übernachtungen ausländischer
Touristen 18 % auf Niederländer, 7,8 %
auf US-Amerikaner, 7,1 % auf Schweizer,
6,7 % auf Briten und 5,6 % auf Italiener
entfielen. Franzosen machten an achter
Stelle einen Anteil von 4,6 % aus (Berechnungen nach DZT 2010, S. 13). Top-Städte
an Übernachtungen ausländischer Gäste
waren Berlin (7,4 Mio.; 13,6 %), München
(8,1 %), Frankfurt (4,3 %), Hamburg (3 %)
und Köln (2,4 %) (vgl. ebd., S. 12). Generell
10
kann festgehalten werden, dass Süddeutschland regional überbetont wird
(fi weltweit bekanntes Oktoberfest,
Schloss Neuschwanstein). In den von
Agreiter ausgewählten Reiseführern werden insgesamt 69 Natur- und Kulturräume beschrieben, allen voran die
Bayerischen Alpen, der Schwarzwald
sowie der Harz. Mit Abstand folgen der
Bayerische Wald, das Ruhrgebiet, der
Thüringer Wald, der Spreewald und die
Lüneburger Heide. Bei den insgesamt 22
beschriebenen deutschen Flüssen und
dem Nord-Ostsee-Kanal dominiert der
Rhein, gefolgt von Neckar und Mosel.
Die britischen Reiseführer zeichnen ein
deutlich differenzierteres Bild – die Zahl
der behandelten Natur- und Kulturräume ist fast doppelt so hoch.
Beispiele
Aufschlussreich sind auch von „Exper-
ten“ vor allem für Jugendliche bzw.
Schüler verfasste Darstellungen über
Deutschland. So wird in der britischen
Reihe „Nations of the World“ von G.
Nickles und N. Walker schon auf der
Rückseite des Buchcovers als erstes
gefragt „Did you know that Germany’s
Green Party was the first environmentalist party to hold seats in a European
government?“ (Nickles/Walker 2003) Des
Weiteren wird auf über 1200 Brauereien
und 5000 Biersorten hingewiesen. Das
Bild der Vorderseite stellt einen Mann
auf einer Parade des Oktoberfests dar.
Die auf der Rückseite des Umschlags
angekündigte „detailed country map“
eignet sich hervorragend, um eine
Kartenbewertung durchführen zu lassen
(s. Aufgabe 1). Abgesehen davon, dass
nicht die Grenzen der Bundesländer
eingetragen sind, erfolgt keine Ausweisung der Stadtstaaten. Rheinland-Pfalz
und Sachsen-Anhalt werden gar nicht
aufgeführt. Interessant ist ferner, welche
Gebirge bzw. Landschaften vermerkt
sind und welche nicht. So werden
beispielsweise in Westdeutschland die
„Haardt Mountains“ genannt, hingegen
nicht der Pfälzerwald, zu dem diese
gehören. Die Eifel, der Hunsrück usw.
werden nicht erwähnt, nur der Taunus.
Die Landeshauptstadt Stuttgart wird mit
lediglich über 100 000 Einwohnern
eingeordnet und ist damit vermeintlich
weniger bedeutend als die westlich
davon gelegene Stadt Karlsruhe. Die
Lage des Harzes sowie des Brockens ist
fragwürdig, der im Ausland berühmte
Schwarzwald wurde in die Schweiz
verlegt, ... – die Liste ließe sich beliebig
fortsetzen.
Zu den Klischeevorstellungen über
Deutschland bzw. die Deutschen
gehören ganz typisch die Wurst und das
Bier, die deshalb auf dem Buchcover des
„Xenophobe’s guide to the Germans“
(Zeidenitz/Barkow 2002) mit dem
Brandenburger Tor präsentiert werden
(s. Abb.). Das Buchcover der deutschen
Ausgabe (s. Abb.) stellt eine korpulente
Frau im Dirndl mit diversen Bierkrügen
mit den Alpen im Hintergrund dar, die
zudem einen Tirolerhut aufhat. Dieser
undeutsche Hinweis rührt vermutlich
vom deutschen Schlager „Ich kauf mir
lieber einen Tirolerhut“ (von Billy Mo
1962; auch in der englischen Fassung „I‘d
Rather Buy Myself a Tyrolian Hat“
berühmt geworden). Die deutsche
Übersetzung des Titels dieser Reihe, die
für zahlreiche Nationalitäten publiziert
wurde, gibt auch einen Hinweis auf
kulturelle Unterschiede: „Die Deutschen
pauschal“ klingt wesentlich harmloser
als „Anleitung zur Xenophobie gegenüber den Deutschen“.
Fazit
Über die Thematisierung des (möglichen) Blicks von außen wird somit
deutlich, wie eingeschränkt die Wahrnehmung von Deutschland sein kann
bzw. ist und über den Umkehrschluss
hoffentlich auch, dass selbst unsere
Wahrnehmungen von Deutschland
sowie von anderen Ländern ebenfalls
sehr restriktiv bzw. pauschal sind und
fehlerhaft sein können.
Als Atlaskarten empfehlen sich,
abgesehen von physischen Karten
Deutschlands, folgende Karten zum
Tourismus in Deutschland:
Diercke ◆ S. 60.1, Diercke 2 ◆ S. 46.1,
Diercke Drei ◆ S. 80.1, eventuell auch
Diercke ◆ S. 60.2, Diercke 2 ◆ S. 47.2,
Diercke Drei ◆ S. 56.1.
Literatur:
Agreiter, M.: „Mad King Ludwig“, „Père Rhin“ und
„Foresta Nera“. Das Deutschlandbild in englisch-,
französisch- und italienischsprachigen Reiseführern. 2003. (Dissertation) (http://opus.ub.
uni-bayreuth.de/volltexte/2003/64/pdf/
Dissertation_Mechtild_Agreiter.pdf)
Agreiter, M.: Deutschland in Reiseführern – was
lenkt ausländische Besucher? In: Leibniz-Institut
für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Bd. 12: Leben in Deutschland.
Leipzig 2006, S. 118–119.
DZT: Deutsche Zentrale für Tourismus e. V. (Hrsg.):
Incoming Tourismus Deutschland. Zahlen, Daten,
Fakten 2009. 2010. (http://www.deutschland-extranet.de/pdf/DZT_Incoming_Brosch_10_itb_de_
web.pdf)
Nickles, G./Walker, N.: Germany. Oxford 2003.
Zeidenitz, S./Barkow, B.: Xenophobe’s guide to the
Germans. London 2002.
Das Thema im Unterricht
Das Vorgehen im Unterricht ergibt sich
aus den Aufgabenstellungen.
Über die Kartenbewertung in Aufgabe 1 reflektieren die Schüler u. a. über
ihr topographisches Raster von
Deutschland. Aufgabe 2 fordert die
Schüler auf, Entscheidungen aus
touristischer Sicht zu treffen. Über das
Abwägen, ob eine Region oder Stadt
für Touristen empfehlenswert ist, wird
die Urteils- und Argumentationskompetenz gefördert. Zugleich wird das
topographische Raster über Deutschland gefestigt und über eine Recherche und den Austausch werden die
Kenntnisse über Deutschland erweitert. Durch das Erstellen einer „Empfehlungskarte“ wird zur Kartenkompetenz beigetragen. Der Vergleich mit
den bevorzugten Natur- und Kulturräumen in ausländischen Reiseführern
in Aufgabe 3 ermöglicht einen
Perspektivenwechsel zum Deutschlandbild „von außen“ und es findet
ggf. eine andere Akzentuierung der
Regionen statt oder es kommen neue
hinzu, die zuvor noch nicht wahrgenommen wurden. Dies soll in Aufgabe 4 zu einer Erweiterung der Kenntnisse führen, sodass schließlich in
Aufgabe 5 auf Basis der neuen
Kenntnisse eine endgültige Empfehlung begründet werden kann.
Es empfiehlt sich, zum Abschluss der
Unterrichteinheit über die ggf.
unterschiedlichen Ergebnisse der
jeweiligen Gruppen zu reflektieren:
Welche Faktoren wurden bei der
Entscheidung für die Empfehlung
herangezogen? Welche wurden höher,
welche geringer gewichtet?
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
11
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer
M 1 Deutschandkarte in „Nations of the World –
Germany” (Nickels/Walter 2003)
M 3 Natur- und Kulturräume Deutschlands in
britischen Reiseführern
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 2 Natur- und Kulturräume Deutschlands in
US-amerikanischen Reiseführern
Aufgaben
1. Wie nehmen Briten Deutschland wahr?
a) Werte die Deutschlandkarte aus dem Buch „Nations of
the World – Germany“ von G. Nickles/ N. Walker (2003)
(M1) aus.
b) Bewerte die Karte im Hinblick auf die sachliche Richtigkeit
und die kartographische Darstellung.
2.E ine ausländische Reisegruppe mit Mitgliedern aus unterschiedlichen europäischen und außereuropäischen Ländern
(u. a. Italien, Frankreich, Großbritannien, USA, Japan und Singapur) möchte Deutschland für zwei Wochen besuchen. Für
ihre Planungen sollt ihr der Gruppe vorab Empfehlungen
geben, welche Regionen bzw. Landschaften und Städte aus
eurer Sicht sehenswert sind. Überlegt euch, was ihr warum
für interessant erachtet. Recherchiert hierzu im Internet
oder in Reiseführern und tragt eure Ergebnisse in die
stumme Karte (M4) ein. Arbeitet dabei in Gruppen. Präsentiert euren Gruppenvorschlag in der Klasse und vergleicht
anschließend eure Gruppenergebnisse.
3. V
ergleicht eure Vorschläge mit den Ergebnissen von
M. Agreiter (2003), die im Jahr 2000 sechs US-amerikanische
und fünf britische Reiseführer ausgewertet hat (M2 und M3).
Wie begründet ihr die Gemeinsamkeiten und Unterschiede
der räumlichen Auswahl?
bearbeitet von:
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 4 Aufgaben
4. Sucht euch in Gruppen jeweils unterschiedliche Regionen
heraus, die in den ausländischen Reiseführern stärker
beachtet wurden und über die ihr noch nicht viel wisst.
Informiert euch im Internet oder in anderen Medien über
das dort Sehenswerte. Präsentiert die Ergebnisse in eurer
Klasse.
bearbeitet von:
5. Nachdem ihr nun sowohl euren Blick auf das Sehenswerte
in Deutschland erarbeitet habt und einen Blick von außen
über die ausländischen Reiseführer kennen gelernt habt,
diskutiert in eurer Gruppe, welche Auswahl ihr abschließend
als Empfehlung für die ausländische Reisegruppe treffen
würdet.
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe II
Diercke Weltatlas Magazin
zu den Autoren: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas
Keil, Dr. Katja Makowka, Wolfgang Schneider, Friedrich
Schulte-Derne und Burkhard Wetterau gehören zum
Autorenteam von Diercke Spezial: Das Ruhrgebiet im
Strukturwandel. Braunschweig 2010.
Boomende Tourismusdestination
Ruhrgebiet?
Steinkohlenbergbau sowie Eisen- und Stahlproduktion machten das Ruhrgebiet zwischen 1840 und 1960 zu dem industriellen Ballungsraum Europas. Nach wie vor wird das Image des Ruhrgebiets stark von der ehemals
dominierenden und später krisengeschüttelten Montanindustrie geprägt
(s. Abbildung). Ist es vielleicht gerade dieses Image, das in Verbindung mit
den spektakulären Hinterlassenschaften der industriellen Vergangenheit
das Ruhrgebiet auch für die Touristen interessant werden lässt?
Diercke ◆ S. 36.1 und 2, Diercke 2 ◆ S. 30.1 und 2, Diercke Drei ◆ S. 75.3-5, Diercke International
◆ S. 53.4-6
Die Präsentation des Ruhrgebiets 2010
als Kulturhauptstadt Europas unter der
Bezeichnung „Ruhr.2010“ ist mehr als nur
ein Hinweis, dass das Ruhrgebiet ein spezifisches Potenzial besitzt, von der
boomenden Wirtschaftsbranche des
Städtetourismus zu profitieren und
Erwartungen und Bedürfnisse von
Städtereisenden in einer spezifischen
Komplementarität erfüllen kann. In
Internet-Auftritten zum Ruhrgebiet wird
diese unter den Schlagwörtern „Mythos,
Menschen, Metropole“ angesprochen
(M1).
16697E
Typische Assoziationen zum Ruhrgebiet
Tatsächlich verzeichnete das Ruhrgebiet
– im Gegensatz zu den übrigen Landesteilen Nordrhein-Westfalens – einen
erheblichen Anstieg in den Gästeübernachtungen in den letzten 20 Jahren
(M2). Einzelne Ruhrgebietsstädte
(Bochum, Bottrop, Gelsenkirchen)
konnten zwischen 1990 und 2009 ihre
14
Übernachtungszahlen nahezu verdoppeln (M3). Die größten Städte des
Ruhrgebiets (Dortmund, Essen) verzeichneten in diesem Zeitraum immerhin
Anstiege, die denen der offenbar
attraktivsten urbanen Tourismusdestinationen Nordrhein-Westfalens (Düsseldorf und Köln) mindestens entsprachen.
Oberhausen mit dem 1996 eröffneten
Urban Entertainment Center CentrO
konnte die Übernachtungszahlen
zwischen 1990 und 2009 sogar mehr als
verdreifachen. Gleichwohl wurden im
Ruhrgebiet 2009 mit 5,78 Mio. Gästeübernachtungen die Übernachtungszahlen Kölns und Düsseldorfs (7,35 Mio.)
nicht erreicht (M3).
Die unterschiedliche Entwicklung der
Übernachtungszahlen einzelner
Ruhrgebietsstädte spiegelt zunächst
spezifische wirtschaftsstrukturelle
Entwicklungen (Essen z. B. als Messestandort und Sitz von Global Playern des
Energiesektors, Dortmund etwa als
Hauptsitz von Versicherungsunternehmen) und einen damit einhergehenden
Geschäftsreise-Tourismus wider.
Weiterhin sind punktuell errichtete
Freizeiteinrichtungen (Oberhausen:
CentrO [M6c]; Bottrop: Indoor-Skianlage
und Movie-Park; Gelsenkirchen: Großveranstaltungs- bzw. Sportarena) bzw.
der Musical-Standort Bochum (M8) zu
Publikumsmagneten und Trägern des
Städtetourismus geworden. Im Besonderen verfügt das Ruhrgebiet aber auch
über das Alleinstellungsmerkmal der
Industriekultur. Die ehemalige Industriebrache des Landschaftsparks
Duisburg-Nord (M6a) gilt als die nach
dem Kölner Dom von Touristen meist
besuchte Einzellokalität in Deutschland.
Die Zeche und Kokerei Zollverein in
Essen wurde sogar als UNESCO-Welterbe
ausgewiesen (M6b).
Industriekultur – Kulturhauptstadt
In den 1980er-Jahren war die große
Anzahl industrieller Brachflächen noch
ein weithin sichtbares Dokument für die
Krise des Ruhrgebiets. Doch aus der Not
wurde eine Tugend gemacht: Man
nutzte die vielen altindustriellen
Flächen, Gebäude und Anlagen als
Ausgangspunkte für einen ökologischen,
ökonomischen und sozialen Umbau. Sie
bekamen eine neue Wertigkeit, indem
sie zu Orten der Industriedenkmalpflege
und Geschichtskultur wurden (vgl. M6a,
M6b), die heute sowohl als Erholungsund Freizeiträume für die Bewohner des
Ruhrgebiets dienen als auch Besucher
von außerhalb anziehen. Zu diesem
Zweck wurde im polyzentrischen
Ruhrgebiet mit der Route der Industriekultur gleichermaßen ein organisatorischer Rahmen wie eine touristische
Infrastruktur konzipiert, welche die
bedeutendsten Standorte (sogenannte
Ankerpunkte) sowie charakteristische
Siedlungen und Panoramen der Industrielandschaft miteinander verbinden
(M5).
Nacht werden insbesondere Industrieanlagen von gestern und heute zu beeindruckenden Kulissen für kulturelle
Aufführungen, Konzerte, Führungen etc.
Aus städtetouristischer Sicht ist auch der
Bau der großen Fußballstadien (vor
allem in Dortmund und Gelsenkirchen)
zu erwähnen, da diese Mehrzweckarenen auch für zahlreiche Großveranstaltungen zur Verfügung stehen (M5).
Was macht das Ruhrgebiet zur Tourismusdestination?
Attraktionen und Events im Ruhrgebiet
Neben den Musical-Hochburgen
Hamburg und Stuttgart hat auch das
Ruhrgebiet einen Namen als MusicalStandort. In Bochum ist sogar das
erfolgreichste Musical der Welt (Starlight
Express) beheimatet (M8). In unmittelbarer Nähe zum Oberhauser CentrO
entstand 1999 zudem für das Musical „Tabaluga und Lilly” von Peter Maffay die
später in „Metronomtheater“ umbenannte Musicalhalle in Oberhausen. Die
bislang hier aufgeführten Stücke (z. B.
„Die Schöne und das Biest“) liefen mit
großem Erfolg. Weniger Erfolg war dem
Essener Colosseum beschieden. Der 1995
aus einer Werkshalle der Firma Krupp
hervorgegangene Musical-Standort
stellte im Sommer 2010 die Aufführungen ein (M9). Nur von kurzer Dauer
war die Spielzeit am eigens erbauten
Musical-Theater in Duisburg. Dort wurde
zwischen 1996 und 1999 das Musical „Les
Miserables“ aufgeführt (M5). Dieser
Theaterkomplex steht gegenwärtig zum
Verkauf.
Zahlreiche Events locken nicht nur
Einheimische, sondern auch Gäste von
außerhalb ins Ruhrgebiet. Ein Beispiel ist
die alljährlich stattfindende Extraschicht,
die Nacht der Industriekultur. Für eine
Tourismusregion Ruhrgebiet –
boomend auch in der Zukunft?
Über die Stellung des Ruhrgebiets im
Modell der Entwicklung von Tourismusregionen nach Butler (M11) als auch zu
den Perspektiven des Ruhrgebiets als
Tourismusstandort gehen die Meinungen auseinander. Einerseits werden
gerade die im Zuge des Kulturhauptstadtjahres geschaffenen Strukturen als
Impuls für einen auch zukünftig boomenden Städtetourismus gesehen.
Anderseits wird vor der Schnelllebigkeit
gerade von Freizeiteinrichtungen
gewarnt, die auf Konsum und Events
abgestellt sind. Zu hinterfragen ist auch,
ob sich das Ruhrgebiet als Tourismusdestination auf Chancen einzustellen
vermag, die mit einer alternden Gesellschaft verbunden sind.
Literatur:
Hoppe, W., Keil, A., Makowka, K., Schneider, W.,
Schulte-Derne, F., Wetterau, B.: Das Ruhrgebiet im
Strukturwandel. Diercke Spezial. Braunschweig
2010.
Juchelka, R.: Der Musical-Markt in Deutschland. In:
Geographische Rundschau, H. 2/2000, S. 34–40.
Krajewski, C., Reuber, P., Wolkersdorfer, G.: Das
Ruhrgebiet als postmoderner Freizeitraum. In:
Geographische Rundschau, H. 1/2006, S. 20–27.
Popp, M., Freytag, T.: Der Erfolg des europäischen
Städtetourismus. In: Geographische Rundschau,
H. 2/2009, S. 4–11.
Wehling, H.-W.: Entstehung und Wandel der
industriellen Kulturlandschaft. In: Prossek, A. u. a.
(Hrsg.): Atlas der Metropole Ruhr. Köln 2009,
S. 58–65.
Links:
www.metropoleruhr.de
www.ruhr2010.de
www.ruhrgebiet-regionalkunde.de
www.ruhr-tourismus.de
Das Thema im Unterricht
Ziel des Unterrichts ist es, dass die
Schüler das Ruhrgebiet als Tourimusdestination mit ihren spezifischen
Potenzialen und Problemen kennenlernen. Auf der Basis der Kenntnis der
Hauptattraktionen sollen die Schüler
eine – vielleicht sogar realisierbare
– Klassenfahrt ins Ruhrgebiet planen.
(Siehe dazu auch Seite 31)
Einstieg
Sammeln von Attraktionen, die das
Ruhrgebiet für Touristen allgemein/für
die Schüler speziell interessant
machen
Erarbeitung
– Analyse der Entwicklung der
Übernachtungszahlen (Aufgabe 1)
– Erörterung der Chancen des
Kulturhauptstadtjahres (Aufgabe 2)
– Gruppenarbeitsphase I: arbeitsteilige
Beschäftigung mit ausgewählten
Attraktionen (Aufgabe 3)
– Schwerpunkt: Das Ruhrgebiet als
Musical-Standort (Aufgabe 4)
– Gruppenarbeitsphase II: Entwicklung
eines Programms für eine Klassenfahrt ins Ruhrgebiet (Aufgabe 5)
Zusammenfassung/Hausaufgabe
– Beurteilung der Potenziale und
Defizite der Tourismuswirtschaft im
Ruhrgebiet (Aufgabe 6)
Vertiefung
– Das Ruhrgebiet im Kontext des
Tourismusmodells von Butler
(Aufgabe 7)
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
15
Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 1 Auszug aus einem Internet-Auftritt
M 4 Bettenauslastung im Ruhrgebiet 2010 –
zum Ruhrgebiet
Einschätzung eines Dortmunder Hoteliers
MYTHOS. MENSCHEN. METROPOLE.
Mit dem Motto „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“
konnte die Region auch auf europäischer Ebene überzeugen:
Stellvertretend für das Ruhrgebiet wurde Essen zur Kulturhauptstadt 2010 gewählt. Diese Auszeichnung trifft die
Metropole Ruhr nicht unvorbereitet: Mit 200 Museen, 100
Kulturzentren, 120 Theatern, 100 Konzertstätten, 3 Musicalbühnen, 250 Festivals und Festen sowie 1000 Industriedenkmälern
verfügt sie über das dichteste Kulturnetzwerk Europas. Das
kulturelle Angebot in der Metropole Ruhr ist seit jeher gekennzeichnet durch Vielfalt, Lebendigkeit und einen hohen
qualitativen Anspruch.
Quelle: www.metropoleruhr.de/metropole-ruhr/daten-fakten/tourismus-kultur.html
M 2 Entwicklung der Übernachtungen im Ruhrgebiet im Vergleich zum übrigen NRW 1990–2009
Für die Hotels in der Großstadt Dortmund sind bis Mitte 2010
noch keine nennenswerten Umsatzsteigerungen zu verzeichnen. Die Wirtschaft schwächelt immer noch. Tagungen,
Seminare und Schulungen haben noch nicht angezogen, es
wird noch gespart. Der Messeumsatz ist auf niedrigem Niveau
geblieben. Neue Messen sind nicht dazugekommen.
Anders zeichnen sich in den kleineren Städten, die direkt am
Tourismus partizipieren, erfreuliche Steigerungen ab. Der
Radtourismus hat enorm zugenommen, insbesondere der
Ruhrtal-Radweg und der Industrie-Kultur-Radweg durch das
gesamte Ruhrgebiet. Die Buchungen kommen sehr kurzfristig
rein, ein Zeichen dafür, dass das Wetter entscheidet und
weniger dass die Reisetermine langfristig geplant werden. Die
Radwege werden von entsprechenden Veranstaltern sehr gut
vermarktet.
Bezüglich der „Kulturhauptstadt Ruhrgebiet“ haben die
Großstädte positivere Ansätze zu verzeichnen. Hier wird den
Interessierten die Industriekultur großzügiger und zusammenhängender dargestellt. Man kann auf engerem Gebiet mehr
erleben, wobei die Mitte des Ruhrgebietes mehr davon
profitiert als die Randgebiete.
Der Fußballtourismus in Dortmund – insbesondere durch die
Erfolge des BVB – ist steigend. Oft wird ein Stadionbesuch mit
anderen Kulturangeboten gekoppelt.
Hans-Georg Riepe (Hotelier im Viersterne-Hotel Drees,
Dortmund)
Quelle: RVR-Datenbank
M 3 Übernachtungszahlen ausgewählter Ruhrgebietsstädte 1990–2009
durchschnittliche
Aufenthaltsdauer
2009 (Tage)
Anteil ausländischer Gäste
2009
Anzahl
4-SterneHotels
Anzahl
5-SterneHotels
1990
2000
2009
Anstieg
1990 – 2009
Bochum
264 700
428 800
512 500
93,6 %
1,6
16,1 %
4
0
Bottrop
337 900
66 000
73 300
93,4 %
1,7
29,4 %
1
0
Dortmund
445 800
597 00
749 300
77,9 %
1,5
20,2 %
9
0
Duisburg
261 400
322 300
361 600
38,3 %
2,0
16,5 %
3
0
Essen
674 100
910 600
1 067 800
58,4 %
2,1
16,9 %
12
1
Gelsenkirchen
136 700
140 400
256 400
87,6 %
2,3
12,5 %
2
0
Hamm
104 300
113 300
123 200
18,1 %
1,7
17,5 %
2
0
Mülheim
149 600
167 900
149 900
1,0 %
1,9
18,4 %
4
0
63 900
186 600
260 100
307,0 %
1,5
19,1 %
3
0
3 598 300
4 677 700
5 777 500
60,6 %
1,9
16,1 %
Düsseldorf
2 091 900
2 434 800
3 222 000
53,9 %
1,7
37,6 %
26
2
Köln
2 589 200 3 066 400
4 133 244
59,6 %
1,8
32,3 %
25
3
Oberhausen
Ruhrgebiet
zum Vergleich:
Quelle: RVR-Datenbank und www.hotelsterne.de
bearbeitet von:
Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 5 Touristische Attraktionen im Ruhrgebiet
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Diercke 360° 2/2010 COPY
Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 6a Landschaftspark Duisburg-Nord
M 6b UNESCO-Welterbe Zollverein, Essen
M 6c CentrO, Oberhausen
M 6d Ruhrtal-Radweg
M 7 Eine der spannendsten Kulturlandschaften der
M 8 Wo die Dampflok Rusty ihre Runden dreht
Welt
Das Ruhrgebiet hat sich immer wieder neu erfunden. Hier gibt
es viel Neues und Frisches zu entdecken. Eine unkonventionelle
Metropole mit einem ganz eigenen Menschenschlag, der
direkt, freundlich und mit einem besonderen Humor die Gäste
empfängt. Die Qualität der Opernhäuser und Konzerthäuser
kann sich an anderen Metropolen in Europa messen und auch
im Drumherum eines Stadtbesuchs – Parks, Einkaufen,
Restaurants und Szene –, kein Wunsch bleibt offen. Darüber
hinaus bietet die Metropole Ruhr Orte, die nirgendwo sonst auf
der Welt zu finden sind. Vor dem Museum Folkwang und dem
Ruhr Museum stehen am Wochenende lange Schlangen. Die
Zahl der auswärtigen Besucher, etwa aus Großbritannien und
den Beneluxländern, ist schon im zweiten Monat des Kulturhauptstadtjahres um 30 % gestiegen.
Quelle: FAZ vom 29.04.2010, Interview mit Prof. Dr. Oliver Scheytt, Geschäftsführer
der Ruhr.2010 GmbH
Am 12. Juni 1988 schoss die alte Dampflok Rusty in Form eines
rollschuhfahrenden Künstlers zum ersten Mal in der dafür
eigens erbauten Starlight-Halle in Bochum über die Pisten an
den Zuschauern vorbei. Im Musical von Andrew Lloyd Webber,
1984 in London uraufgeführt und 1987 am Broadway in New
York gefeiert, konnte am 8. März 2010 der 13-millionste Besucher begrüßt werden. Damit zählt der Starlight-Express zum
aktuell erfolgreichsten Musical der Welt an einem Standort.
Quelle: nach www.starlight-express-musical.de
M 9 Zur Schließung des Musicaltheaters Colosseum
Die Entscheidung, den Betrieb im Colosseum Essen einzustellen, wirkt sich negativ auf unsere Anstrengungen aus, die
Metropole Ruhr als Reiseziel im Kurzreisesegment zu etablieren. Musicalreisen sind ein wichtiger Bestandteil im Städtereisesegment. Das Essener Opernhaus lockt eher die Kunstreisenden, aber eben nicht die Massen, für die ein Musicalbesuch
zum beliebtesten Programmpunkt bei der eigenen Urlaubsgestaltung gehört.
Quelle: Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH; in: Der Westen,
10.02.2010
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Autorenteam: Prof. Dr. Wilfried Hoppe, Prof. Dr. Andreas Keil, Dr. Katja Makowka, Wolfgang Schneider, Friedrich Schulte-Derne und Burkhard Wetterau
M 10 Jugendherberge Landschaftspark DU-Nord
Diercke 360° 2/2010 COPY
Aufgaben
1. Analysieren Sie die Entwicklung der Tourismusdestination
Erholung, Erlebnis, Kultur und viel Spaß dort, wo einst Schornsteine rauchten: 2001 hat die Jugendherberge Duisburg-Meiderich das ehemalige Verwaltungsgebäude der Thyssen Hüttenwerke mitten im neu gestalteten Landschaftspark DuisburgNord bezogen, einem Gelände, auf dem früher „stahlharte“
Arbeit verrichtet wurde. Hier können Besucher die Geschichte
des Ruhrgebiets hautnah erleben.
Quelle: Internet-Werbetext des Jugendherbergswerks Rheinland (www.jugendherberge.de/jh/rheinland/duisburg-meiderich/?m)
M 11 Modell zur Entwicklung von Tourismusregionen nach Butler
Ruhrgebiet auf der Basis der Übernachtungszahlen. (M2, M3)
2.„ Das Kulturhauptstadtjahr 2010 stellt für den Tourismus im
Ruhrgebiet eine große Chance dar.“ Erörtern Sie diese Aussage. (M1, M4, M7).
3. Informieren Sie sich arbeitsteilig in Kleingruppen über
folgende touristische Attraktionen und bewerten Sie jeweils
ihre Attraktivität. Präsentieren Sie Ihre Arbeitsergebnisse.
a) Landschaftspark Duisburg-Nord (M6a)
b) UNESCO-Welterbe Zollverein (M6b)
c) Ruhrtal-Radweg (M6d)
d) Urban Entertainment Center CentrO (M6c)
4.U
ntersuchen Sie das Ruhrgebiet als Musicalstandort. (M5,
M8, M9)
5.E ntwickeln Sie in Kleingruppen ein Programm für eine viertägige Klassenfahrt ins Ruhrgebiet. Tragen Sie die Route und
die einzelnen Stationen in M5 ein. Wählen Sie zudem einen
geeigneten Ausgangsstandort. (Siehe dazu auch Seite 31)
6.E rörtern Sie spezifische Potenziale und Defizite der Tourismuswirtschaft im Ruhrgebiet. (M1, M3–M10)
7.D
iskutieren Sie die Entwicklung des Ruhrgebiets zu einer
Tourismusdestination im Kontext des Modells von Butler.
(M11)
Quelle: Hopfinger 2007, S. 721; in: Gebhardt u. a.: Geographie: Physische Geographie
und Humangeographie. München
Wilfried Hoppe, Andreas Keil, Katja Makowka, Wolfgang
Schneider, Friedrich Schulte-Derne, Burkhard Wetterau:
Das Ruhrgebiet im Strukturwandel
128 Seiten
978-3-14-151054-6 13,50 €
Der Band stellt anhand anschaulicher Fallbeispiele den
Strukturwandel im Ruhrgebiet dar. Neben aktuellen
Dynamiken werden auch übergreifende gesellschaftliche
Problemfelder (wie der demographische Wandel) behandelt.
Weitere Informationen sowie eine interaktive Leseprobe
finden Sie unter:
www.westermann.de/diercke-spezial
bearbeitet von:
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe II
Diercke Weltatlas Magazin
zur Autorin: Ina Bartels
Referendarin am Studienseminar Hameln
St. Ulrich (Italien) –
wenn der Tourismus zur Belastung wird
Seit mehr als 100 Jahren besuchen Touristen das weltbekannte Grödnertal
in Südtirol. Grundlegend für diese Entwicklung war zum einen die frühe
Anbindung an das Fernstraßennetz, zum anderen die Grödner Schmalspurbahn (1915/16).
Zu Beginn der touristischen Erschließung gab es nur den einsaisonalen
Sommerfremdenverkehr mit ca. 7000 Übernachtungen. Heute dominiert
der Wintertourismus mit bis zu 1,4 Millionen Übernachtungen (2008/2009)
pro Saison. Diese Entwicklung hat positive wie negative Auswirkungen
auf die Region, ihre Natur, Struktur und die Bewohner.
Das Grödnertal
Das Grödnertal bezeichnet ein ca. 25 km
langes Seitental des Eisacktales, das im
Nordwesten der Südtiroler Dolomiten
liegt (Diercke ◆ S. 103.4, Diercke 2 ◆ S. 79.4).
Es erstreckt sich von Waidbruck (471 m)
hinauf bis zum Sellastock bzw. den
Passübergängen Sella- und Grödnerjoch
(über 2200 m).
Gemessen an der Einwohnerzahl ist St.
Ulrich mit 5500 Einwohnern das größte
Dorf der Region. Es folgen Wolkenstein
mit 2500 und St. Christina mit 1760
Einwohnern.
Tourismus im Grödnertal
Zu Beginn der touristischen Erschließung des Grödnertals dominierte der
Sommertourismus, in den 1950er-Jahren
kam der Wintertourismus hinzu. Der
Boom setzte ein mit der Austragung der
Alpinen Skiweltmeisterschaft im Jahr
1970. Aufgrund seiner Höhenlage hat das
schneesichere Wolkenstein heute das
höchste Übernachtungsaufkommen.
In der Saison 2008/2009 übernachteten
im Grödnertal 1,4 Millionen Gäste in der
Wintersaison und 0,9 Millionen Gäste in
der Sommersaison. Die durchschnittliche Übernachtungsdauer liegt bei 5,1
20
Nächten. Pro Tag geben die Urlauber 150
Euro für Essen, Unterkunft etc. aus.
1-Stern-Betriebe und Privatzimmer
verzeichneten 2009 im Verhältnis zum
Vorjahr große Einbußen bei den Übernachtungen. Zuwächse sind deutlich bei
den 4- bis 5-Sterne-Betrieben und bei
„Urlaub auf dem Bauernhof“-Betrieben
zu erkennen. Einen neuen Aufschwung
erlebten 2009 auch die Campingplätze,
nachdem diese in den vergangenen
Jahren rückläufige Übernachtungszahlen zu verzeichnen hatten.
Umweltbelastungen durch Tourismus
Mit dem Wandel von der traditionellen,
bäuerlichen Kulturlandschaft zur
„urbanen Erholungslandschaft“ inklusive
des Ausbaus im Tourismussektor
(Herbergen, Infrastruktur etc.) gehen
eine Vielzahl von Umweltbelastungen
einher.
In den Orten St. Ulrich, St. Christina und
Wolkenstein kommt es zu einer starken
peripheren Zersiedlung bei gleichzeitiger Verdichtung der Ortskerne. Das
traditionell gewachsene Ortsbild wird
dadurch stark verändert und überformt.
Wolkenstein um 1900 und 2003
Eine Folge ist die zunehmende Oberflächenversiegelung. Verstärkt werden
diese Tendenzen durch den Bau
flächenintensiver touristischer Anlagen
(z. B. Hallenbäder, Golfplätze). Häufig
werden die neuen touristischen Freizeitanlagen in ökologisch labile Höhen- und
Hangbereiche gebaut.
Untersuchungen der Verkehrsbelastung
im Grödnertal zeigten außerdem, dass
das Verkehrsaufkommen im Vergleich
zum benachbarten Villnößtal zehnmal
höher ist. Im Oberboden des inneren
Grödnertals wurden erhöhte Bleiakkumulationen festgestellt (ca. 275 mg/1000
ppm). Die Tallagen der Urlaubsorte im
Grödnertal begünstigen zudem eine
erhöhte, verkehrsbedingte Schallimmission. Aufgrund der im Winter häufig
vorkommenden Inversionswetterlagen
kommt es außerdem zu einer starken
Luftbelastung. Die ursprüngliche
Erholung der Gäste in den Kurorten ist
durch die steigenden Touristenzahlen
gefährdet.
Problematisch ist im Zusammenhang
mit den steigenden Touristenzahlen
zudem die Entsorgung von Müll und
Abwässern. Zur Erhaltung der Wasserqualität muss daher eine flächendeckende Klärung der Abwässer
durchgeführt werden.
Fallbeispiel: Seilbahnen
Vor allem in Südtirol lassen sich die
landschaftszerschneidenden Auswirkungen der Seilbahnen, deren Standorte
sich in Hochlagen befinden, feststellen.
Ursache ist dabei die Dominanz des
Wintertourismus. Die Folge ist eine
ganzjährige Nutzung der Liftanlagen
(Hauptliftanlagen): im Winter durch den
Skitourismus, im Sommer durch Wanderund Klettertourismus.
Besonders verheerend sind die Auswirkungen der Liftanlagen-Expansion in
den labilen Hochwaldlagen und den
sensiblen Standorten oberhalb der
Baumgrenze. Zwar nimmt der Bestand
an Seilbahnen von 1970 (86 Liftanlagen)
bis heute ab (2008: 78 Liftanlagen), dies
liegt jedoch daran, dass die Investoren
verstärkt auf technologische Neuerungen zur Maximierung der Förderungsleistung setzten – d. h. de facto
gibt es weniger Seilbahnen, die jedoch
mehr Passagiere pro Stunde transportieren können. Mittlerweile ist die Region
Gröden/Seiser Alm dank ihrer Förderkapazitäten von maximal 105 072 Personen
pro Stunde das Skigebiet mit der
höchsten Förderleistung in Südtirol
(2008).
Tourismus versus Umweltschutz
Im Gegensatz zum weltweiten Tourismusboom stagniert der Alpentourismus
seit einigen Jahren. Gleichzeitig steigt
aber der Investitionsbedarf (Schneekanonen, leistungsfähige Liftanlagen,
Neuerschließungen).
Vor diesem Hintergrund planen die
Südtiroler Gemeinden eine neue
Liftverbindung von der Seiser Alm
(Saltria) nach Monte Pana (Gemeindegebiet St. Christina). Der geplante Verbindungslift soll 4 km lang sein und auf 32
Stützen gebaut werden.
Protest gegen diese Planung regt sich
durch die CIPRA*. Der Dachverband für
Natur- und Umweltschutz weist darauf
hin, dass das von der Erschließung
betroffene Gebiet als Puffer- und
Ruhezone zwischen den touristisch stark
erschlossenen Gebieten erhalten
bleiben muss.
* CIPRA (Commission Internationale pour
la Protection des Alpes): Eine nichtstaatliche Dachorganisation von über 100
Organisationen aus dem gesamten
Alpenraum. Sie setzt sich seit über
einem halben Jahrhundert für eine
nachhaltige Entwicklung in den Alpen
ein. Die CIPRA wurde 1952 gegründet.
Literatur:
CIPRA: Geplante Skigebietserweiterung in Südtirol.
In: CIPRA alpMedia.net. 5/2002, S. 2. (http://www.
cipra.org/pdfs/30_de/)
Meurer, M.: St. Ulrich (Italien) – Fremdenverkehr
und Umweltbelastung. In: Diercke Weltatlas
Handbuch. Braunschweig 2008, S. 203–204.
(s. auch www.diercke.de –> Erläuterungen zur
Atlaskarte Diercke S. 103.4)
Prugger, B., Zuegg, A.: Südtirol in Zahlen. Zahlen
und Fakten 2009. SMG Bozen.
Vankan, L. (Hrsg.), Rohwer, G., Schuler, S.: Diercke
Methoden – Denken lernen mit Geographie.
Braunschweig 2007. Darin: Kapitel 8, Mystery,
S. 106–120.
Zegler, J.: Seilbahnen in Südtirol 2008. Hrsg.:
Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Amt für
Seilbahnen. Bozen 2009.
Links:
www.valgardena.it/de/
www.groednertal.com
Das Thema im Unterricht
Mysterys eignen sich besonders gut
zum Einstieg in ein Thema.
Mithilfe des Mysterys „Muss Maria
umziehen?“ (M1) können folgende
Themen erarbeitet werden:
• Chancen und Risiken des Skitourismus/Massentourismus
• Welche Interessengruppen gibt es
und in welcher Beziehung stehen
diese zueinander?
• Welche Maßnahmen müssen für
nachhaltigen Tourismus ergriffen
werden?
Kennen die Schüler noch keine
Mysterys, so sollten Sie mit ihnen
zuvor ausführlich die Anleitung (M2)
besprechen.
Im Anschluss an das Mystery bearbeiten die Schüler (evtl. als Hausaufgabe)
folgende Aufgabe mithilfe der
erarbeiteten Inhalte und der Atlaskarte
„St. Ulrich (Italien) – Tourismus und
Umweltbelastung“ (Diercke ◆ S. 103.4,
Diercke 2 ◆ S. 79.4):
Diskutieren Sie schriftlich unter
Berücksichtigung Ihrer Ergebnisse aus
Aufgabe 1 das Thema „St. Ulrich
(Italien) – wenn der Tourismus zur
Belastung wird“. Gibt es Lösungsansätze für diese Problematik?
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
21
Autorin: Ina Bartels
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 1 Mystery: Muss Maria umziehen?
1
2
Für den Liftbau müssen
Schutzwälder gerodet werden, die
Skipisten zerstören die schützende
Grasnarbe und der Hotelbau zersiedelt die
traditionellen Dörfer.
3
4
5
6
Tims Vater hat für alle den „DolomitiSuper-Skipass“ gekauft. Damit können sie
die Kabinenbahn nutzen und müssen
nicht so lange am Sessellift warten.
Herr Graser betreibt ein Skiliftunternehmen und das 4-Sterne-Hotel
„Dolomiti“.
7
Dieter und Peter beschließen, an der
Demonstration der CIPRA teilzunehmen,
um für den Erhalt der alten Pension
„Lichtblick“ zu kämpfen.
Damit der Weg zur Skipiste morgens
nicht zu weit ist, wohnen Tim und seine
Eltern in einem Hotel direkt an der neu
eröffneten Kabinenbahn.
Heike und Stefan sind Mitglieder der
CIPRA. Das ist der Dachverband „Naturund Umweltschutz Südtirol“.
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Sollte die Pension „Lichtblick“
abgerissen werden, würden Dieter und
Peter ihren Urlaub nicht mehr in St.
Ulrich verbringen.
Das 4-Sterne-Hotel „Dolomiti“, in dem
Tim und seine Eltern wohnen, hat auch
einen Pool, einen Wellness-Bereich und
eine kleine Diskothek.
Herr Graser besitzt drei Schlepp- und
vier Sessellifte am Pitzberg. Sein ganzer
Stolz ist die neue Kabinenbahn, in der
zwölf Personen gleichzeitig sitzen
können.
Tim (10) und seine Eltern fahren dieses
Jahr mit dem Auto nach St. Ulrich in den
Skiurlaub.
Mithilfe einer Demonstration an
der neuen Kabinenbahn will CIPRA die
Touristen darauf aufmerksam machen,
dass der Tourismus die Natur im Grödnertal stark belastet und zerstört.
Maria will nicht, dass die Pension
„Lichtblick“ abgerissen wird, denn das
Haus ist ihr Zuhause. Außerdem haben
schon ihre Uroma und Oma hier gewohnt
und die Pension geführt.
Tims Mutter war es besonders wichtig,
dass viele Pisten in der Nähe vorhanden
sind, damit es nicht so schnell langweilig
wird.
70 % der Gäste des Grödnertals
schlafen in 3- bis 4-Sterne-Hotels. Die
Übernachtungszahlen in den einheimischen Pensionen sind stark zurückgegangen.
Herr Graser will ein 4-Sterne-Hotel
mit angeschlossener Kabinenbahn ins
neu geplante Skigebiet am Außerraschötz bauen lassen. Das Hotel soll
„Lift&Loft“ heißen.
Marias Mutter kann kein Personal
mehr bezahlen. Sie putzt, kocht und
bedient die wenigen Stammgäste selbst.
Maria hilft ihr dabei.
18
Auf dem Grundstück, auf dem Herr
Graser sein Hotel „Lift&Loft“ bauen will,
steht noch die alte Pension „Lichtblick“.
19
20
21
22
23
24
Wenn weiter so wenige Gäste
kommen, muss Marias Mutter die Pension
verkaufen. Die beiden müssten dann in
eine Wohnung umziehen.
Dieter und Peter benutzen selten
den Lift, sondern machen Skiwanderungen. Sie möchten die Natur genießen,
abseits von den Menschenmassen.
Seit die großen Luxushotels gebaut
werden, kommen immer weniger Gäste
in die einfache Pension „Lichtblick“.
Dieter und Peter fahren schon seit
15 Jahren mit der Bahn nach St. Ulrich und
machen in der Pension „Lichtblick“
Urlaub.
Für das Projekt braucht Herr Graser ein
großes Grundstück, das nah am Berghang
liegt.
25
26
27
28
29
30
Von dem eingenommenen Geld
kann Marias Mutter nur das Nötigste (z. B.
Reparaturen) bezahlen. Geld für einen
Urlaub oder ein neues Fahrrad, das Maria
braucht, ist nicht übrig.
Pro Fahrgast nimmt Herr Graser
durchschnittlich 30 € pro Tag ein. An
manchen Tagen fahren fast 2000
Personen pro Stunde mit seiner Kabinenbahn.
bearbeitet von:
Marias Mutter hat ein gutes Angebot
von Herrn Graser bekommen. Der möchte
das 100 Jahre alte Haus abreißen und
seinen neuen Kabinenlift samt Hotel für
die Touristen an diese Stelle bauen.
Jede Wintersaison übernachten ca. 1,4
Millionen Gäste im Grödnertal.
Jeder Tourist bleibt im Durchschnitt
5,1 Nächte und gibt pro Tag ca. 150 €
für Essen, Unterkunft und Sportausrüstung aus.
Im Skigebiet Grödnertal gibt es
insgesamt 79 Lifte (3 Seilbahnen, 7
Kabinenbahnen, 28 Schlepplifte und
41 Sessellifte).
Maria (10) wohnt in St. Ulrich. Ihre
Mutter betreibt dort die kleine Pension
„Lichtblick“. Die Pension ist ein Familienbetrieb und wird seit Generationen
vererbt.
Mit der Demonstration möchte
die CIPRA für nachhaltigen und
sanften Tourismus werben und gegen
das neue Skigebiet am 2282 m hohen
Außerraschötz protestieren.
Autorin: Ina Bartels
M 2 Anleitung Mystery
Die Methode „Mystery“ gilt als Möglichkeit, Prozesse des
vernetzten Denkens, der Analyse von gegebenen Materialien
und der Wissenskonstruktion zu erlernen und zu üben. Das
Mystery folgt dabei der Tradition des problemorientierten
Unterrichts und besteht aus zwei Grundelementen: der
Leitfrage und den Informationskärtchen zum Fallbeispiel.
Aufgabe der Schüler ist es, die Kärtchen sinnvoll in Beziehung
zueinander zu setzten und so komplexe Themen diskursiv und
visuell in der Gruppe zu erarbeiten. Meist gibt es nicht nur eine
richtige Lösung, daher liegt der Schwerpunkt darauf, dass die
Schüler ihre individuelle Lösung schlüssig begründen.
Vorbereitung (für den Lehrer):
• Z
ur Bearbeitung des Mysterys wird die Klasse in 3er-Gruppen
aufgeteilt.
• Jede Gruppe bekommt alle Informationskärtchen, die vorher
kopiert, ausgeschnitten und in Umschläge gesteckt werden.
Auf den Umschlag wird die Leitfrage „Muss Maria umziehen?“ geschrieben.
• Jede Gruppe benötigt zudem ein DIN-A3-Blatt, auf das sie
die Kärtchen aufkleben kann sowie einen Atlas zur Verortung
des Mysterys.
Sehr geehrte 360°-Redaktion,
wir waren sehr überrascht, als Sie mich vom Gewinn der
Klassenfahrt informiert haben. Super, vielen Dank dafür, vor
allem auch im Namen der Schülerinnen und Schüler der 7a.
An dem Gewinnspiel haben wir teilgenommen, weil ich
ohnehin mit meiner Klasse im 8. Schuljahr ins Klimahaus und
möglichst auch ins Auswandererhaus fahren wollte. Da kam
das Gewinnspiel zur rechten Zeit. Allerdings haben wir nicht
wirklich damit gerechnet zu gewinnen.
In der 8. Klasse beginnen wir in Erdkunde mit der Unterrichtseinheit "Klima- und Vegetationszonen und ihre landwirtschaftliche Nutzung". Ein Besuch des Klimahauses passt perfekt zu
dieser Einheit und ich hoffe, dass den Schülern dort Teile des
Lernstoffes interessant und anschaulich vermittelt werden.
Wir freuen uns sehr auf die Fahrt und die Klasse und ich
bedanken uns recht herzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Birgitta Bergenthal
Klassenlehrerin der 7a, Realschule Wilhelm-von-der-Heyde
Delmenhorst
bearbeitet von:
Diercke 360° 2/2010 COPY
Durchführung (Schüler):
1.Jede Gruppe bekommt einen Umschlag, auf dem die
Leitfrage steht und der 30 Kärtchen enthält.
2.Lest in den Gruppen zu Beginn die Leitfrage vor und
vermutet, wie die Antwort lauten könnte.
3.Öffnet anschließend den Umschlag und legt die Informationskärtchen so aus, dass jeder sie lesen kann. Die Nummern
auf den Kärtchen geben keine Reihenfolge vor, sondern
helfen Euch bei der Benennung der Kärtchen.
4.Schaut euch die Kärtchen kurz an. Gibt es Wörter, die ihr
nicht kennt oder versteht? Klärt sie in der Gruppe oder ggf. in
der Klasse.
5.Schlagt die topographischen Namen auf den Kärtchen im
Atlas nach (Diercke ◆ S. 103.4, Diercke 2 ◆ S. 79.4).
6.Ordnet die Kärtchen auf einem DIN-A3-Blatt so an, dass ihr
die wichtigen Beziehungen darstellt. Ihr könnt die Kärtchen
z. B. nach Personen oder Themen ordnen und mit beschrifteten Pfeilen verbinden. (Achtung! Ihr müsst nicht alle
Kärtchen verwenden – unwichtige Informationen können
weggelassen werden!)
7.Beantwortet zum Schluss die Leitfrage „Muss Maria umziehen?“.
Diercke 360°
Diercke Weltatlas Magazin
Klausurthema:
TOURISMUS
Ziel der Klausur:
Die Schüler sollen die Auswirkungen
des Tourismus auf einen Raum/Naturraum
und seine Wirtschaft/Bevölkerung erkennen,
benennen und erörtern.
www.diercke.de
Kartensuche:
TOURISMUS
Auswahl einer Karte
Die fertige Klausur
stimmen
nicht überein
Ziele der Klausur
mit der ausgewählten
Karte abgleichen
Zugeordnete
Kartenmaterialien mit den
Klausurzielen abgleichen
nein
stimmen
überein
Material aus dem
Angebot auswählen
Ziele der
Klausur erfüllt
Konstruktion
der Klausur*
Voraussetzungen zur
Konstruktion der Klausur
ja
Konstruktion
der Lösungen
Überprüfung der
Anforderungsbereiche/
Operatoren
Abgleich der Materialien mit
den unterrichtlichen Inhalten
Erstellen der Klausur
*siehe Literaturhinweise
Klausuren mit www.diercke.de konstruieren
Atlaskarten stehen nicht selten im Mittelpunkt einer Klausur, da sich aus
ihnen meist zahlreiche Aspekte des Themas erarbeiten lassen. Doch zur
Konstruktion einer guten Klausur benötigt man mehr als die reine Karte.
www.diercke.de hilft weiter!
Gerade im Fach Geographie kann die
Konstruktion einer Klausur eine besondere Herausforderung sein: Anforderungsbereiche müssen abgedeckt,
aktuelle und vielseitige Materialien
schlüssig integriert und die Unterrichtsthematik aufgenommen, aber nicht
wiederholt werden.
Suchergebnis von Atlaskarten zum
Thema „Tourismus“
24
Doch wo findet man gute Materialien
ohne langes Suchen? Für den Geographieunterricht unerlässlich und damit
auch häufig Ausgangspunkt einer
Klausur ist die Atlaskarte. Auf der
Internetseite www.diercke.de kann –
ausgehend vom Unterrichtsthema (z. B.
Tourismus) – ein erster Überblick über
die infrage kommenden Atlaskarten
gewonnen werden (s. Abbildung unten).
Durch Auswahl einer Karte öffnet sich
eine Seite mit fachlichen Erläuterungen
sowie weiterführenden Materialien (z. B.
Diercke Grafiken), die zur Konstruktion
von Klausuren verwendet werden
können. Die Abbildung oben zeigt die
beispielhafte Konstruktion einer Klausur
zum Thema „Tourismus“, in deren
Mittelpunkt die Karte „Bali – Tourismus“
steht.
Übersicht zur Klausur „Bali – Tourismus”
D320
b) Fachbegriffe
115° Ost
B a l i s e e
Singaraja
Kubutambahan
Lovina
Gilimanuk
Seririt
1344
Batursee
Bratansee
Westbali Nationalpark
1717
Batur
Botanischer
Garten
al
is
tra
Besakih
Ayung
B
2152
Abang
2276
Batukau
Negara
ße
8° 30’
Süd
Amlapura
Bangli
Ubud
Affenwald
Elefanten- Klungkung
höhle
Tabanan
Gianyar
Tanah Lot
Denpasar
Java
Agung
Amed
3142
(letzte Eruption
1963)
Kuta
2002
Candi
Dasa
Wasserpalast
Padangbai
A
na uto
ch fäh
bok
L o re
Lom
mb
ch
na
ok
t
o
bo
ss
re
p
Sampalan
Sanur
Ex
Lembongan
hiff
ssc
flug
Aus
- Ferntourismus, Massentourismus, Individualtourismus
Nutzungskonflikte
- Umweltdegradation
- Nutzungsdruck durch Tourismus (M1)
- Bewässerungsfeldbau (M1)
- Nassreisanbau (M4)
- Regenfeldbau (M1, M4)
- Korallenriff (M1, M2)
- Mangrovenwälder (M2)
- Agro- und Öko-Tourismus (M1, M2)
- Nachhaltigkeit (M2)
Jimbaran
Unterrichtliche Voraussetzungen
Materialien
M1: Atlaskarte „Bali – Tourismus“
(Diercke Weltatlas 2008, S. 177.3)
M2: Infotext „Tourismus auf Bali“
M3: Diagramm „Unterhalb der Armutsgrenze lebende
Bevölkerung in den Regionen Indonesiens“
M4: Karten „Wandel einer ländlichen Siedlung durch
Tourismus“
M5: Foto „Muslimische Souvenirverkäuferin“
M6: Foto „Strandrestaurant in Jimbaran“
a) Inhaltlich
Bewertungsvorschlag
Kap Bantenan
2005
Ulu Watu
I n d i s c h e r
©
400616
Nusa Dua
Nusa
Penida
O z e a n
115° Ost
Diercke ◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3
Ziel
Die Schüler sollen mithilfe der Materialien die Auswirkungen
des Tourismus auf die Insel Bali, den Naturraum, die Wirtschaft
und die Bevölkerung erkennen, benennen und erörtern.
Die Klausur kann in den unterrichtlichen Zusammenhang der
Thematik „Individualtourismus/Massentourismus“ und
„Ferntourismus“ eingeordnet und in den Klassenstufen 10–13
eingesetzt werden.
Zur Bearbeitung der Klausur sollten die folgenden Themen im
Unterricht behandelt worden sein: Tourismus in Europa,
Vor- und Nachteile von Massentourismus und sanftem
Tourismus, Auswirkungen der Tourismusformen auf den
Naturraum (Nutzungsdruck/Degradation), Nutzungskonflikte
zwischen Tourismus und traditioneller Wirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung durch Tourismus und Ansätze von nachhaltigem Tourismus.
Bali selbst sollten die Schüler noch nicht behandelt haben. Die
naturräumlichen Grundlagen der Insel (Lage im Gradnetz,
natürliche Vegetation, Klima, Relief etc.) können überwiegend
anhand der Karte im Diercke Weltatlas (Diercke ◆ S. 177.3,
Diercke 2 ◆ S. 141.3) erarbeitet werden.
Anforderungsbereich
Prozentuale
Gewichtung
I
20 %
Aufgabe 2a)
II/III
30 %
Aufgabe 2b)
II
20 %
II/III
30 %
Aufgabe 1
Aufgabe 3
Literatur:
Brameier, U.: Erstellung von Klausuren – was zu beachten ist. In: Praxis
Geographie, H. 1/2009, S. 4–5.
Bräuer, K. u. a.: Diercke Klausuren. Braunschweig 2008.
Vorlaufer, K.: Bali – Tourismus und Terror im „Inselparadies“. In: Geographische
Rundschau, H. 3/2003, S. 50–55.
Vorlaufer, K.: Bali – Massentourismus und nachhaltige Entwicklung. In:
Erdkunde, H. 4/1999, S. 261–278.
Die Klausur und den Erwartungshorizont finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
25
Autorin: Ina Bartels
Diercke 360° 2/2010 Name: COPY
Datum: Klausur: Bali – Tourismus
Der Grundstein für den Tourismus auf Bali wurde durch die Eröffnung des internationalen Flughafens von Denpassar 1969 gelegt. Die Erschließung durch den Luftverkehr veränderte den Tourismus auf Bali grundlegend:
Gab es früher einen privilegierten Individualtourismus, dominiert heute der Massentourismus. Verstärkt wurde
dieser Trend zunehmend durch Pauschal- und All-inclusive-Reiseangebote der Touristikunternehmen.
Aufgabe 1
Beschreiben Sie die naturräumlichen, siedlungs- und verkehrsgeographischen Bedingungen der Urlaubsinsel Bali. (M1, M2)
Aufgabe 2
a)Stellen Sie die negativen Auswirkungen des Tourismus auf
die Umwelt Balis zusammen und überlegen Sie sich realisierbare Lösungsansätze. (M1, M2)
b)Erklären Sie beispielhaft mithilfe Ihrer Ergebnisse aus
Aufgabe 2a) das Legendensymbol „Umweltdegradation
durch hohen Nutzungsdruck“ in der Atlaskarte „Bali – Tourismus“ (Diercke ◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3).
Aufgabe 3
Erörtern Sie, welche Veränderungen der Massentourismus für
die einheimische Bevölkerung mit sich gebracht hat. (M3–M6,
zusätzlich: M1, M2)
M 1 Atlaskarte „Bali – Tourismus“
(Diercke
◆ S. 177.3, Diercke 2 ◆ S. 141.3)
M 2 Tourismus auf Bali
[…] Auch wenn der Tourismus im nördlichen Küstensaum um
das „Seebad“ Lovina seit einigen Jahren von wachsender
Bedeutung ist, konzentrieren sich die Beherbergungskapazitäten und Gästeübernachtungen bis heute zu über 90 Prozent
auf die Südküste der Insel. Eine jüngere touristische Wachstumszone gibt es an der Ostküste um das Zentrum Amed. Hier
sind die überwiegend noch intakten Korallenriffe die wichtigste Attraktion. An der Südküste wurden die vormals ausgedehnten Mangrovenwälder zu großen Teilen vernichtet. Da
auch die Korallenriffe im Süden stark degradiert sind, zum Teil
sogar völlig vernichtet wurden, ging auch ihre Schutzfunktion
für die Küste verloren. Künstliche Wellenbrecher wie vor Sanur
sollen die Abrasion (= Abtragung der Küsten durch die
Brandung) mindern und die noch verbliebenen Sandstrände
für den Tourismus sichern. Viele Sandstrände wurden hier
bereits stark zerstört oder vernichtet – auch infolge des
vormaligen Sandabbaus durch die für die Hotellerie arbeitende
Bauwirtschaft. […]
Seit etwa 1970 wurde die Küstenzone vom Massentourismus
bearbeitet von:
radikal überformt. Hier entstanden unter anderem die weitgehend ungeplanten Tourismuszentren Kuta und Sanur, die
Retortensiedlung Nusa Dua und der internationale Großflughafen. Heute ist diese Zone zusammen mit der stürmisch gewachsenen Hauptstadt Denpasar mit ihren derzeit rund 500 000
Einwohnern der am dichtesten besiedelte und am stärksten
verstädterte Raum Balis. […]
Der Massentourismus an der Südküste sichert zwar vielen
Tausend Menschen Arbeit und Einkommen, zeitigt aber auch
enorme Umweltprobleme, etwa im Hinblick auf die Abfall- und
Abwasserbeseitigung, die Trinkwasserversorgung, die Verkehrsbelastung und die Zersiedlung. Die meisten Touristen
besuchen die Kernräume der balinesischen Kultur im Küstenhinterland nur auf Tagesreisen. […]
Vor allem an der Südküste, aber auch um Ubud, wurden viele
touristische Einrichtungen auf früheren Reisfeldern errichtet,
die dadurch um Kuta fast vollständig beseitigt wurden. Auch
deshalb ist die abgeerntete Nassreisanbaufläche besonders
seit 1980 deutlich zurückgegangen. Die raumplanerische
Definition der südlichen Küstenzone als Destination für den
Agro- und Ökotourismus widerspricht der Realität; allenfalls
um Ubud mag bei sorgfältiger, am Leitbild der Nachhaltigkeit
ausgerichteter Landnutzung die Sicherung einer Koexistenz
zwischen der einzigartigen Reisbaulandschaft Balis und dem
Tourismus noch erreichbar sein. […]
Quelle: K. Vorlaufer (www.diercke.de; Erläuterungen zur Atlaskarte S. 177.3; gekürzt)
M 3 Unterhalb der Armutsgrenze lebende Bevölkerung in den Regionen Indonesiens
Autorin: Ina Bartels
Diercke 360° 2/2010 COPY
M 4 Wandel einer ländlichen Siedlung durch Tourismus
M 5 Muslimische Souvenirverkäuferin
Im Zuge der stürmischen touristischen Entwicklung auf Bali sind viele
muslimische Javaner in das hinduistische Bali zugewandert. Oft sind
damit Spannungen mit den Einheimischen verbunden.
bearbeitet von:
M 6 Strandrestaurant in Jimbaran
Oft unter Verdrängung der traditionellen Fischerei werden viele Strände touristisch genutzt.
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Impressum:
Herausgeber und Verlag:
Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann
Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH
Georg-Westermann-Allee 66
38104 Braunschweig
www.diercke.de
[email protected]
Redaktion: Christine Wenzel, Catharina Vater,
Sebastian Schlüter
Layout: GUD, Braunschweig,
Anna K. Lindner, geschwisterfront
Herstellung: Anna K. Lindner, geschwisterfront
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch
auszugsweise – nur mit Einwilligung des Verlages.
Georg Westermann Verlag GmbH
Georg-Westermann-Allee 66 · 38104 Braunschweig
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Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig
Diercke 360° 2/2010 COPY
Touristische Ziele an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste
Lösungen zur Unterrichtseinheit im Diercke 360° – Magazin 2/2010
zu 1: a) Westerland
Der am weitesten im Norden gelegene Ort Sylts ist Westerland.
Die richtige Zuordnung ist das Foto M2. Das Bild wurde mit
Blickrichtung nach Norden aufgenommen. Links ist das Meer
mit der verhältnismäßig starken Brandung zu sehen. Die
Zehn-Meter-Tiefenlinie reicht gemäß der Karte Diercke ◆ S. 28.1,
Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆ S. 82 sehr dicht an die Insel. Das
bedeutet einen relativ steilen Abfall der Schorre, des untermeerischen Strandes. Dadurch kann die Wellenenergie
ungestört bis vor die Küste gelangen. Die Wellen sind daher
besonders hoch. Das Winddiagramm der Karte Diercke ◆
S. 28.3, Diercke 2 ◆ S. 24.3 verrät, dass Westwindrichtungen
deutlich vorherrschen. So gelangen die Wellen weitgehend
ungebremst an die Küste. Auf den durch ständige Sandvorspülungen verbreiterten Naturstrand folgt die Strandmauer mit
der Kurpromenade und der halbrunden Musikmuschel, wo die
täglichen Kurkonzerte gegeben werden. Auf dem Sockel rechts
erkennt man das Hauptgebäude des 15-geschossigen „Neuen
Kurzentrums“, das in Wirklichkeit eine riesige AppartementAnlage darstellt. In den drei Gebäuden des „Neuen Kurzentrums“ haben auch drei Hotels Platz gefunden, die vorher auf
diesem Grundstück als Einzelobjekte gestanden haben.
b) Wyk
Die richtige Zuordnung ist das Foto M1. Das Bild ist in Blickrichtung Westen aufgenommen worden. Am Horizont erkennt
man einige Warften der Hallig Langeneß, die dem Ort Wyk ein
einmaliges Panorama bescheren. Am Strand befinden sich
Strandkörbe, ein Zeichen für ein sommerliches Aufnahmedatum. Der natürliche Strandwall, der sich als Haken ostwärts des
Gotinger Kliffs gebildet hat, wird „Sandwall“ genannt. Er ist mit
einer Promenade (links) versehen. Auf einem Grünstreifen
stehen die Alleebäume, rechts davon führt die Straße vor der
Häuserfront der meist eineinhalb- bis zweigeschossigen
Häuser entlang.
c) St. Peter-Ording
Die richtige Zuordnung ist das Foto M4. Das Schrägluftbild
zeigt, dass auf das Meer erst ein breiter Strand folgt, der in
Wirklichkeit eine Sandbank ist. Östlich von ihr liegt eine
Niederungszone mit Prielen und Salzwiesenvegetation, in die
bei Flut kleine Ströme von der Sandbank her eindringen.
Dieses Feuchtgebiet wird vom Hauptort St. Peter (rechts im
Bild, mit Hochhäusern) über den auf dem im Bild gut sichtbaren Betonsteg überquert, wenn die Gäste zum Baden wollen.
Dieser Ortsteil hat den bezeichnenden Namen „Bad“ erhalten.
Er ist umgeben von Nadelwaldanpflanzungen, die sich
teilweise auf der Marsch, teilweise im Dünengürtel befinden.
Helle Flecken lassen die baumfreien Dünengebiete erkennen.
Ganz hinten ist ein Teil der Eiderstedter Marsch zu erkennen.
Hier, im Ortsteil Ording liegt die Sandbank direkt am Ort.
Deshalb kann man hier auch die Sandbank mit dem Pkw
erreichen und lange Wege zum Strand vermeiden. Die Meeresbrandung ist geringer als auf Sylt. Die Zehn-Meter-Tiefenlinie
auf der Karte verläuft viele Kilometer westlich der Halbinsel
Eiderstedt.
d) Büsum
Die richtige Zuordnung ist das Foto M3. Büsum liegt in Dithmarschen, im Norden der Meldorfer Bucht, am Rande eines
größeren Priels, der „Piep“ genannt wird. Vom Hauptweg auf
dem Kamm des Deiches ganz rechts zweigt ein Nebenweg ab,
der in sanfter Neigung auf die Deichsohle mit ihrer unteren
Promenade führt. Die Sohle ist mit mächtigen Steinen geschützt, denn der Deich liegt „schar“, d. h. das Wasser steht bei
Flut direkt am Deich. Am Strandkorb 2574 sitzt ein älterer Herr,
der es sich im Schatten seines Strandkorbes auf einem Stuhl
bequem gemacht hat. Wie in M3 erläutert, bevorzugen viele
alte Menschen den Deichstrand.
zu 2: a) Westerland
Westerland liegt auf einer natürlichen Moränenhöhe der
vorletzten Vereisung. Diese erreicht übrigens ihre größte Höhe
von ca. 25 m in Kampen. An einer Stelle ist eine Düne von
nochmals gut 25 m aufgelagert, womit sich die Höhenangabe
„52“ direkt neben dem Roten Kliff in Kampen (Diercke ◆ S. 28.1,
Diercke 2 ◆ S. 24.1, Diercke Drei ◆ S. 82) erklärt. Südlich von
Westerland taucht die Geest bis zu einer nicht mehr hochwasserfreien Lage ab. Dort übernehmen die Dünen den Schutz.
Vor Westerland ist keine Kliffsignatur eingetragen, weil hier
eine Strandmauer, Tetrapoden als Uferbefestigung sowie
Dünen das Kliff verdecken.
b) Wyk
Auch Wyk liegt auf einem hochwasserfreien Geestkern der
vorletzten Vereisung und benötigt keinen Deichschutz. Die
Kliffsignatur außerhalb des Ortes deutet auf eine größere
Landhöhe hin. Im Osten des Ortes beginnt die Marsch, und
demzufolge gibt es hier auch Deiche.
1
Autor: Prof. Dr. Jürgen Newig
Diercke 360° 2/2010 COPY
c) St. Peter-Ording
St. Peter-Ording hat in den Dünen einen natürlichen Schutzwall. Er ist allerdings nicht gleichmäßig hoch ausgebildet,
sodass man auch hier, wie sonst überall auf Eiderstedt,
teilweise einen Deichschutz braucht.
d) Büsum
Büsum liegt weit entfernt von der Geest, die erst bei Heide
beginnt. Daher ist der Ort mitsamt der ganzen Umgebung von
Deichen geschützt.
zu 3: Die Grabensysteme liegen heute fast einen Meter unter dem
mittleren Hochwasser (NN). Schon damals werden sie sehr
niedrig gelegen haben, denn das Land konnte nach der
Sturmflut von 1362 nicht mehr wiederbedeicht werden. Die
Torfgräben ziehen sich parallel zueinander hin und sind ca.
einen halben bis dreiviertel Meter breit. Die Gräben wurden
nach einer Auskleidung mit Ton mit einem Torf-Klei-Gemisch
aufgefüllt und lagen unterhalb des Ackerbodens. So störten sie
die Anbaufläche nicht (M10).
Im Hintergrund des Fotos M9 erkennt man die rote Fahrrinnentonne des Priels „Fuhle Slot.“
Die Planmäßigkeit der Anlage spricht für intensive Landwirtschaft, die über die Selbstversorgung hinausging. Man betrieb
sowohl Ackerbau als auch Viehzucht.
Ob der Ortskern im Norden oder im Süden lag, wo der Schriftzug „Rungholt“ in der Atlaskarte Diercke ◆ S. 28.1, Diercke 2 ◆
S. 24.1, Diercke Drei ◆ S. 82 zu finden ist, ist bisher nicht eindeutig
geklärt.
2
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer
Diercke 360° 2/2010 COPY
„That’s Germany!“ – Überlegungen zum Deutschlandbild ausländischer Touristen
Lösungen zur Unterrichtseinheit im Diercke 360° – Magazin 2/2010
zu 1a: Die Karte aus dem Buch „Nations of the World – Germany“
zeigt die Umrisse Deutschlands und im Rahmen derer zahlreiche topographische Informationen zu Deutschland. Dargestellt sind die ungefähre Lage einiger Bundesländer (allerdings
ohne Grenzen) und Landschaften, die Lage von Städten und
Höhenzügen sowie einige Seen und Flüsse.
Aus der Unvollständigkeit der Darstellung ist zu schließen, dass
wohl vor allem solche Orte eingezeichnet wurden, die für
attraktiv befunden und als Reiseziel empfohlen werden oder
die den Briten schlichtweg bekannt sind. So stechen beispielsweise die Bayerischen Alpen, das Alpenvorland und der
Bodensee durch eine besondere Dichte der Signaturen aus der
Karte hervor. Die Seen im Alpenvorland etwa sind alle mit
Namen gekennzeichnet – im Gegensatz zu denen der Mecklenburgischen Seenplatte. Offenbar wird erstgenannten eine
höhere touristische Attraktivität zugestanden.
Die touristische Ausrichtung der Karte spiegelt sich auch in der
Auswahl der Städte mit weniger als bzw. um 100 000 Einwohnern wider. Hiervon sind Meersburg, Speyer, Worms, Wittenberg und Trier eingezeichnet. Die Nennung Meersburgs
unterstreicht noch einmal die Bedeutung, die dem Bodensee
eingeräumt wird. Dass sich Speyer und Worms in der Karte
wiederfinden, mag zum einen an den Sehenswürdigkeiten
liegen, die diese Städte zu bieten haben; zum anderen legt dies
den Rückschluss auf eine scheinbar besonders positive
Wahrnehmung des südlichen, „romantischen“ Rheinlandes
nahe. Dies wäre auch eine Erklärung für die Kennzeichnung des
Haardt, eines gemeinhin weniger bekannten Höhenzuges im
Pfälzerwald, der neben Taunus, Erzgebirge und Harz als
einziges Mittelgebirge namentlich genannt ist. Wittenberg hat
seine Nennung wohl dem dortigen Wirken Martin Luthers zu
verdanken. Trier ist sicherlich wegen der Römischen Baudenkmäler, v. a. der Porta Nigra, aber auch der Konstantinbasilika
und Thermenanlagen eingetragen (zudem auch Wallfahrten
zum Heiligen Rock, der Reliquie im Trierer Dom).
Im norddeutschen Raum nehmen der Harz und die Lüneburger
Heide eine herausgehobene Stellung ein. Der Brocken ist
neben der Zugspitze der einzige in der Karte verortete Berg,
die Lüneburger Heide neben dem Alpenvorland der einzige
gesondert hervorgehobene Landschaftsraum. Die Küsten und
die vorgelagerten Inseln dagegen spielen für die Briten
touristisch offensichtlich eine deutlich geringere Rolle. Hier
sind nur wenige Städte namentlich gekennzeichnet, und die
Inseln sind jeweils nur in der Gruppe als Nord- bzw. Ostfriesische Inseln benannt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Süddeutschland in der Wahrnehmung der Briten deutlich stärker
repräsentiert zu sein scheint als der Norden des Landes. Dies
zeigt sich auch allein schon an der Wahl des Kartenausschnittes: Während dieser im Süden großzügig gewählt wurde,
sodass die Karte auch Teile Österreichs und der Schweiz mit
abbildet, ist im Norden die Nordspitze Sylts abgeschnitten, und
Teile der Ostseeküste sind durch den Schriftzug „Germany”
verdeckt. Schwerpunkte des Interesses bilden der Karte
zufolge Oberbayern, der Bodensee, das Rheinland, die Lüneburger Heide, der Harz und die großen Städte (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt/Main und die Zentren des
Ruhrgebiets).
zu 1b: Bei der Betrachtung der Karte fallen gewisse Merkwürdigkeiten
und falsche Darstellungen ins Auge. Zum einen ist hierbei die
etwas fragwürdige Darstellung der Bundesländer zu nennen.
Da die Länder ohne Grenzen eingezeichnet sind, ist ihre Lage
mitunter recht ungenau wiedergegeben. Dies trifft vor allem
auf Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Bayern
zu. Die Stadtstaaten sowie Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz
sind in der Karte überhaupt nicht verzeichnet.
Eindeutig falsch verortet wurden der Brocken und der
Schwarzwald: Während erstgenannter ins Leinetal verlegt
wurde, findet sich letzterer sogar in der Schweiz wieder.
Missverständlich ist die Klassifizierung Stuttgarts als Stadt mit
über 100 000 Einwohnern, obwohl es in der Karte eine Kategorie mit Städten über 500 000 Einwohnern gibt, in die Stuttgart
eigentlich gehört hätte. Die vorhandene Darstellung erweckt
den Eindruck, Karlsruhe sei deutlich größer als Stuttgart.
Die sehr selektive Auswahl der in der Karte berücksichtigten
Mittelgebirge kann mit einer Einschätzung der touristischen
Attraktivität begründet sein. Dennoch verwundert es, dass
beispielsweise der Thüringer Wald, die Eifel oder der Bayerische Wald keine Berücksichtigung finden. Hinzu kommt die
ungünstige Darstellung des Reliefs, zu dem keine Höhenangaben erschließbar sind.
Die Schriftzüge für Harz, Erzgebirge, Haardt und Bayerische
Alpen sind relativ groß und entsprechen zudem in der Formatierung denen für die Nachbarländernamen.
Die kartographische Darstellung ist somit insgesamt als
unzureichend zu bewerten.
zu 2: individuelle Schülerlösung
1
Autorin: Prof. Dr. Christiane Meyer
Diercke 360° 2/2010 COPY
zu 3: Folgender Vorschlag könnte beispielsweise von den Schülern
gemacht werden:
• Berlin, München, Hamburg
• Nord- und Ostseeküste inkl. Inseln
• Oberbayern und Allgäu
• Bodensee und Mecklenburgische Seenplatte
• Lüneburger Heide
• Mittelgebirge
Allgemein ist festzuhalten, dass sich die Betrachtungen in den
britischen Reiseführern als deutlich differenzierter darstellen
als die in den amerikanischen. Folglich finden sich auch in den
britischen Reiseführern weitaus größere Übereinstimmungen
mit obiger Auswahl. Ein wesentlicher Unterschied besteht
allerdings im Hinblick auf die Küstenräume. Ein Grund dafür,
dass diese sowohl in britischen als auch in amerikanischen
Reiseführern so wenig Beachtung finden, könnte sein, dass die
Küsten nur in geringem Maße den in Amerika und Großbritannien vorherrschenden Deutschland-Stereotypen entsprechen.
Darüber hinaus könnte ins Gewicht fallen, dass Deutschland
aufgrund seiner Lage in den gemäßigten Breiten im Ausland
als allgemein wenig attraktiv für den Badetourismus angesehen wird.
Dass die amerikanische Darstellung im Vergleich zur britischen
so viel selektiver ausfällt, kann aus der größeren räumlichen
Distanz resultieren, die evtl. ein weniger differenziertes
Deutschlandbild zur Folge hat. In amerikanischen Reiseführern
finden vorwiegend alte, traditionelle Kulturlandschaften
Erwähnung. Die meistgenannten Landschaften sind dabei
zudem diejenigen, die über die Grenzen Deutschlands hinaus
am bekanntesten sind und die als landestypisch gelten:
Bayerische Alpen, Bayerischer Wald, Schwarzwald, Harz,
Thüringer Wald und Lüneburger Heide.
zu 4: individuelle Schülerlösung
zu 5: individuelle Schülerlösung
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Autorin: Ina Bartels
Diercke 360° 2/2010 COPY
Bali – Tourismus
Erwartungshorizont zur Klausur im Diercke 360° – Magazin 2/2010
Aufgabe 1: Naturräumliche Bedingungen:
• Bali gehört zu Indonesien und liegt südlich des Äquators
bei etwa 8° 30’ s. B. und 115° ö. L., mitten in den Tropen.
• Die Insel ist durch aktiven Vulkanismus geprägt und weist
ein starkes Relief auf. Eine Gebirgskette mit Vulkanen von
bis zu 3142 m Höhe zieht sich von Westen nach Osten quer
durch die Insel. Im Süden gibt es Tiefländer.
• Zahlreiche Flüsse entspringen in der Gebirgskette und
entwässern überwiegend nach Süden ins Meer.
• Die Insel wird überwiegend durch Bewässerungsfeld- sowie Regenfeldbau mit Dauerkulturen bestimmt.
• Im Westbali Nationalpark und auf den Berghöhen finden
sich noch große zusammenhängende Wälder. Ansonsten
gibt es in einigen Regionen Wiederbewaldungsprojekte auf
Asche- und Lavaflächen. Insgesamt ist der Waldanteil
gering.
• Um die Insel sind viele Korallenriffe zu finden (Ostküste mit
noch intakten Riffen [M2]). (M1)
Siedlungsgeographische Bedingungen:
• Die städtischen Siedlungen befinden sich überwiegend an
den Küsten, konzentriert an der Südspitze der Insel. In
weiten Teilen des Landes findet man keine städtischen
Siedlungen. (M1)
• 90 % der Beherbergungskapazitäten und Gästeübernachtungen konzentrieren sich auf die Südküste der Insel. (M2)
Verkehrsgeographische Bedingungen:
• Das Straßennetz ist sehr dünn. Es gibt eine Ringstraße um
die Insel sowie drei von Nord nach Süd die Insel querende
Straßen. Im Süden und an der Südostküste ist das Straßennetz etwas dichter. Dort gibt es auch eine Schnellstraße.
• Bali hat nur einen Flughafen ganz im Süden der Insel bei
Jimbarari.
• Vom Süden Balis aus gibt es Bootsverbindungen nach
Lombok und zur benachbarten Insel Nusa Penida. (M1)
Aufgabe 2a: Negative Auswirkungen
Lösungsansätze
Korallenriffe stark degradiert, teilweise völlig vernichtet →
Küsten ungeschützt der Abrasion ausgeliefert
Meeresverschmutzung reduzieren, z. B. durch Einleitung von
sauberen Abwässern.
Künstliche Wellenbrecher können die Aufgabe der Korallenriffe
übernehmen und die Küsten vor Abrasion schützen. (M2)
Mangrovenwälder abgeholzt
Schutz der noch vorhandenen Mangrovenwälder. Wiederaufforstungen auf Asche- und Lavaflächen (M1) sind nur ein geringer
Ausgleich, können Mangrovenwälder nicht ersetzen.
Sandstrände durch Baufirmen ausgebeutet, zerstört
staatliche Kontrolle der Beschaffung von Baumaterialien; Förderung des Imports von Baumaterialien z. B. durch günstige Zölle
hohes Müllaufkommen
Planung und Bau von Recycling-Zentren; Müllsteuer für Touristen
hohes Abwasseraufkommen
Bau von Kläranlagen; Kampagne, die Touristen auffordert Wasser
zu sparen; Wasser sparende Duschen/Toilettenspülungen etc. in
Hotels und öffentlichen Einrichtungen
zunehmende Zersiedlung
staatliche Regulierung der Bebauung durch ausländische Investoren (z. B. Bebauungspläne)
hohe Verkehrsbelastung
Ausbau des Busnetzes
problematische Trinkwasserversorgung
Wasserspeicher oberhalb der Siedlungen bauen (M1)
Hotelanlagen wurden auf ehemaligen Reisfeldern errichtet
–> Rückgang der für Bali landschaftsprägenden Reisterrassen sowie Rückgang der Anbauflächen
Entwicklung eines Raumnutzungsplans und Bebauungsplans zur
Regulierung des Bau-Booms und gezielter Erhaltung der Reisterrassen
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COPY
Autorin: Ina Bartels
Diercke 360° 2/2010 Aufgabe 2b: • Anschluss an die internationale Gemeinschaft und Marktwirtschaft (z. B. Wissenstransfer)
• Diversifizierung des lokalen Angebotes (Versorgung,
Freizeit etc.) (M2)
Das Legendensymbol „Umweltdegradation durch hohen
Nutzungsdruck“ ist durch einen Pfeil symbolisiert, der auf die
Bereiche der Insel Bali zeigt, die einem hohen Nutzungsdruck
ausgesetzt sind.
Unter dem Begriff „Nutzungsdruck“ können die Faktoren und
Ursachen zusammengefasst werden, welche die natürliche
Vegetation/Landschaft durch anthropogene Einflüsse/Nutzung
verändern, schädigen und zerstören. Die natürlichen Schutzfunktionen der Landschaft werden durch hohen Nutzungsdruck geschädigt. Degradation meint dabei die sukzessive
Verschlechterung der Umwelt durch Ausbeutung von Ressourcen wie Luft, Wasser, Boden, die Zerstörung von Ökosystemen
etc.
Folgende Umweltdegradationen können benannt werden:
• stark degradierte/zerstörte Korallenriffe
• abgeholzte Mangrovenwälder
• ausgebeutete, zerstörte Sandstrände
• Umweltprobleme durch Abwasser und Müll
• Zersiedlung
• Verkehrsbelastung
Das Legendensymbol zeigt also die Bereiche der Insel auf, an
denen vorwiegend durch Tourismus die natürlichen Ressourcen ausgebeutet, geschädigt oder zerstört sind.
Beispiel:
Viele Korallenriffe sind stark degradiert oder zum Teil sogar
völlig vernichtet. Ihre natürliche Schutzfunktion für die Küsten
ging dadurch verloren. Künstliche Wellenbrecher z. B. vor Sanur
sollen die Abrasion mindern und die noch verbliebenen
Sandstrände für den Tourismus sichern. Viele Sandstrände
wurden hier bereits stark zerstört oder vernichtet – auch
infolge des vormaligen Sandabbaus durch die für die Hotellerie
arbeitende Bauwirtschaft.
Aufgabe 3: Veränderungen für die einheimische Bevölkerung durch
Massentourismus:
Positive Auswirkungen:
• Schaffung von Arbeitsplätzen bei gleichzeitiger Steigerung
der Einkommen (M2, M3, M5)
• Chancen auf Bildung/Ausbildung steigen
• Bau/Ausbau von Infrastruktur (Flughafen, Straßen, Wasserversorgung, medizinische Versorgung etc.) (M2)
• Vermittlung der balinesischen Kultur (Besonderheiten der
Religion, …)
• Modernisierung des Küstenschutzes (M4)
Negative Auswirkungen:
• Umweltprobleme und dadurch Zerstörung der Natur- und
Kulturlandschaft Balis:
- (illegale) Mülldeponien verschmutzen die Umwelt;
Verunreinigung von Grundwasser (M4)
- Abwässer verschmutzen natürliche Wasserläufe/Trinkwasserquellen (M2)
- Luftbelastung durch erhöhtes Verkehrsaufkommen (M2)
• Landwirtschaftliche Flächen, die zur Subsistenzwirtschaft
dienten, wurden in Bau-/Siedlungsflächen (z. B. für Hotels)
umgewandelt. (M4)
• Wirtschaft ist vom Tourismus und dessen Investitionen
abhängig.
• Zersiedlung der traditionellen Landschaft (z. B. durch
Bebauung bis an die Hochwasserlinie, dadurch auch
Tsunami-Schutzzonen bebaut [M4])
• Traditionelle Berufsgruppen werden durch Tourismus
verdrängt. (M6, M4)
• Religiöse Stätten werden durch Touristen entweiht;
Touristen sind mehr an guten Fotos/Führungen interessiert
– Religion tritt dadurch in den Hintergrund.
• Touristische Erschließung hat Diversifizierung der Religionen zur Folge, dadurch können Konflikte entstehen. (M5)
• Steigende Disparitäten zwischen ländlicher und städtischer
Bevölkerung (Stadt dient dabei auch als Pull-Faktor, was die
Verstädterung/Zersiedlung weiter beschleunigt).
• Gewinne/hohes Einkommen kommt nur einem kleinen Teil
der Bevölkerung zugute, die Masse bleibt arm.
Fazit:
Nominell gesehen überwiegen die negativen Auswirkungen
auf die einheimische Bevölkerung Balis. Dies liegt sicherlich
daran, dass die mit dem Tourismus einhergehenden Veränderungen zu schnell vonstatten gehen, sodass die jeweiligen
Tourismusentwicklungsregionen wenig Zeit haben, Investitionen, Bebauung, Nutung etc. nachhaltig zu planen. Schnelle
Investitionen aus dem Ausland, die wichtig für die Wirtschaft
sind, will man nicht verlieren, daher nimmt man die Auswirkungen erst einmal in Kauf und bessert dann gegebenenfalls
nach – auch wenn es dann für den größten Teil der Bevölkerung große Nachteile (Armut, Luft- und Trinkwasserverschmutzung etc.) zur Folge hat.
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