Naschgemüse für den Balkon – Sorten, Tipps und Tricks

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Naschgemüse für den Balkon – Sorten, Tipps und Tricks
Naschgemüse für den Balkon – Sorten, Tipps und Tricks
Marianne Scheu-Helgert, Bayerische Gartenakademie, 2. Februar 2013 Bad Neustadt
Gemüse ist voll im Trend:
Weniger Urlaubsreisen, mehr Cocooning
Top-Frische für Hobby-Gourmetköche
Gemüse in Garten und Balkon …
….liefern eigenes, gesundes und frisches Gemüse
….sind klimaschonend
….entlasten den Geldbeutel
….sind schön, sie beleben den Wohnraum
….bieten ein sinnvolles Betätigungsfeld, sie bieten Lernraum für alt und jung
Wichtige Auswahlkriterien:
Anzucht und Pflege zuverlässig
hochwertige Saatgutqualitäten, robuste Sorten
dekorativ über einen längeren Zeitraum
Frischgenuss möglich oder einfache Zubereitung
Ernte länger dauernd oder im Herbst
zusätzlich einige kurzlebige Kulturen
Spaß und Freude durch Erfolg oder „Der grüne Daumen“ ist kein Geheimnis:
Pflanzgefäße und Substrate wie für Balkonblumen (Wasserabzug, Balkonblumenoder Kübelpflanzenerde), Anzucht in salzarmen Aussaat- oder Pikiererden
Möglichst große Gefäße, da Ansatz und Ausbildung von Früchten nur bei laufend
guter Wasser- und Nährstoffversorgung. Ansonsten: Notblüte, Notreife, faserig, zäh!
Vergleich 2 Balkonkästen (1 m lang): a) 10 cm breit u.hoch, Inhalt 10 Liter Substrat
b) 20 cm breit u.hoch, Inhalt 40 Liter Substrat
Vergleich 3 runde Pflanzkübel: a) 20 cm Durchm., 20 cm hoch, Inh. 6 Liter Substrat
b) 40 cm Durchm.,20 cm hoch, Inh. 24 Liter Substr.
c) 40 cm Durchm.,40 cm hoch, Inh. 48 Liter Substr.
Fazit:
Gut speicherfähiges Substrat, voll sonniger Standort, luftig
Optimal: Bewässerungssystem
Düngung mit umhüllten Langzeitdüngern (3 – 5 g/Liter Substrat)
Oder: Flüssige Nachdüngung 0,2% wöchentlich
Oder: Substrat auf Kompostbasis, Düngung organisch möglich
Gemüse-Arten und –Sorten für den Balkongarten
1. Gewürzkräuter
Dauerpflanzung: Salbei, Lavendel, Thymian, Berg-Bohnenkraut, Ysop, Schittlauch,
Gartenampfer, Minzen (Einzeltöpfe), Oregano, Samenfenchel, Zitronenmelisse,
Wilde Rauke, Zuckerkraut (Stevia rebaudiana; nicht winterhart), Petersilie (2-jährig).
Einjährige: Basilikum, Bohnenkraut, Boretsch, Dill, Salatrauke, Kerbel, Majoran.
Die meisten Kräuter schmecken am besten kurz vor der Knospenbildung (Salbei,
Minzen, Thymian, Dill). Abgeblühte, nicht genutzte Triebe werden weit zurückgeschnitten, meistens gibt es danach noch einen jungen Durchtrieb (Zitronenmelisse,
Minzen, Gartenampfer). Verholzte Arten werden nie bis ins alte Holz zurückgeschnitten sondern immer nur oberhalb grüner Seitentriebe.
Kurzlebige Kräuter in eigenen Gefäßen, ansonsten muss man öfter nachpflanzen.
2. Tomate: Balkonstar Nummer 1
über 3000 Sorten
gelingt recht zuverlässig
idealer Standort: Sonnig, Dachüberstand als Regenschutz, an südlicher
Hauswand
Balkontomaten in rot, orange und gelb: determinierter Wuchs (nicht ausgeizen),
daher pflegeleicht wie Geranien; nicht veredeln.
Sortenbeispiele: ‚Tumbling Tom Yellow‘ und ‚Tumbling Tom Red‘ leicht überhängend,
‚Vilma‘ (rot), ‚Robin F1‘, ‚Ovalino F1‘(dattelfrüchtig), ‚Brillantino F1‘ (buschig
überhängend, ideal für Ampeln). ‚Siderno F1, ‚Balkonstar‘ mit stärkerem Wuchs.
Cocktailtomaten mit nicht determiniertem Wuchs (Stabtomaten) für die Aufleitung
am Stab (dabei Ausgeizen) an einer gespannten Schnur oder in Ampeln, sehr früh
reifend, Fruchtgewicht 20 bis 30 g. Bei Ampelkultur kein Ausgeizen.
Sortenbeispiele: ‘Dolce Vita F1’ (sehr kleinfrüchtig, sehr gut), ‘Philovita F1‘
(empfehlenswert, da die widerstandsfähigste Sorte ohne Überdachung), ‚Cupido F1
(dattelfrüchtig), ‚Sakura F1, Dasher F1‘, ‚Santorange F1‘ (dattelfrüchtig), ‚Orangino
F1‘, ‚Zebrino F1 (rot-grün gestreift), …..
Geschmackssorten (zwischen Normalfrucht und Cocktail), Fruchtgewicht bis 60 g
Sortenbeispiele:, ‘Picolino F1’, ‘Campari F1’, beide sehr guter Geschmack.
Normalfrucht (80 bis 100 g).
Sortenbeispiele: ‚Mercedes F1‘,‚Sportivo F1‘, ‚Phantasia F1 (tolerant gegen
Braunfäule, aber mäßig in Ertrag und Geschmack), ‚Flavance F1‘, ‚Pannovy F1‘
Eier-Tomaten: festeres Fruchtfleisch, für Soßen, oft etwas mehlig
Sortenbeispiele: ‚Conqueror F1‘, ‚Corianne F1‘ (mäßig im Geschmack), ‚San
Marzano‘-Typen (meist recht anfällig), ‚De Berao‘ sehr robust
Fleischtomaten (über 120 g): Spät einsetzender Ertrag, oft nur einzelne Früchte
Sortenbeispiele: ‚Matias F1‘, viele alte Sorten
3. Andenbeere (Physalis)
Frühe Anzucht (Anf. März), Ernte ab Ende August. Die Pflanzen können im Herbst
wie Engelstrompeten zurückgeschnitten und überwintert werden. Dann setzt die
Ernte im Folgejahr ab Anfang August ein.
4. Feuerbohnen (Phaseolus coccineus), andere Bohnen
Feuerbohnen sind robuster, weniger wind- und kälteanfällig, gleichzeitig dekorativer
in der Blüte, aromatischer und langlebiger als Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris =
Stangen- und Buschbohnen) mit grünen, gelben oder violetten Hülsen. Bei guter
Pflege bleiben sie lange grün und bilden einen Sichtschutz, wenn sie an Stangen
oder Schnüren je nach Ernährung gut drei Meter nach oben wachsen. Niedrige
‚Hestia’, weiß-rote Blüten, mit buschig überhängender Wuchs.
Sortenbeispiele: ‚Preisgewinner‘, ‚Lady Di (rote Blüten), ‚Weiße Riesen‘
(weißblühend). An geschützten, aber nicht zu trocken heißen Standorten wachsen
auch Gartenbohnen.
5. Kürbis und Zucchini
Ideal sind klein-fruchtige Sorten, die auch bei mäßiger Pflege im Gefäß Früchte
ansetzen. Ansonsten können Kürbisse auch im Gartenboden wachsen und zur
Terrasse oder zum Balkongeländer im Halbparterre geleitet werden.
Alle Kürbisse bringen ebenso wie Zucchini zunächst nur männliche Blüten hervor,
besonders in kühlen Witterungsphasen. Ob sie entfernt werden, ist unerheblich. Erst
später erscheinen die weiblichen Blüten, die unterhalb des Blütenbodens bereits den
Fruchtansatz zeigen. Nur wüchsige, gut versorgte Pflanzen behalten diesen
Fruchtansatz. Überzählige Fruchtansätze werden abgestoßen.
Alle Kürbisse – auch Zierkürbisse – sind im unreifen Zustand wie Zucchini
verwendbar.
Gartenkürbis (Cucurbita pepo):Zahlreiche kleinfruchtige Zierkürbisse, z. B.
grün/gelbe. Sehr wüchsig, 4-5 m lange Ranken, zahlreiche Früchte.
Zucchini mit länglichen, flachen (Ufo, Scaloppini) oder runden Früchten in grün, gelb
oder weiß, langtriebig ‚Black Forest F1’, sehr nährstoffbedürftig!
Riesenkürbis (C. maxima): Mittelgroß sind z.B. die beliebten ‚Hokkaido’-Typen in
orange, gelb oder grün, oranges oder gelbes, carotinreiches Fruchtfleisch
Moschuskürbis (C. moschata): Besonders wärmebedürftig; ‚Muscade de provence‘
(bis 10 kg, geschmacklich am besten), nur in großen Gefäßen oder im Boden.
‚Early Butternut‘ (weiß, birnförmig, sehr lange haltbar, geschmacklich gut)
6. Paprika
Wichtig ist ein voll sonniger, warmer Standort. Bei ungleichmäßiger Wasser- und
Nährstoffversorgung lang dauernde Wachstumsstockungen. Am schwersten, aber
sehr wichtig: Entfernen der „Königsblüte“ und am besten auch noch Entfernen der
nächsten Blütenetage, für einen kräftigen „vegetativen“ Grundaufbau.
Am zuverlässigsten sind Peperoni (scharf oder mild), dann dreieckige (und meist
nicht so dickfleischige) Sorten. Am anspruchsvollsten sind blockige, dickfleischige
Sorten, die aber auch am beliebtesten sind.
Es gibt rote, orange, gelbe, weiße und violette Sorten. In der Grünreife
(ausgewachsen in der Größe) sind sie meist grün oder cremeweiß.
Die ersten Früchte werden grünreif gepflückt, das fördert den weiteren Fruchtansatz.
Sortenbeispiele Peperoni: zahlreiche milde oder scharfe Sorten
Dreieckige Sorten: ‚Austrocapi’, ‚Pinoccio F1’, ‚Luigi F1’, ‚Agio F1’
Blockige Sorten: Balkonpaprika ‚Multi F1’ (gelb) und ‚Nazar F1’ (rot), ‚Bontempi F1’,
‚Mavras F1‘ (mäßig im Geschmack, dünnfleischig), Mini-Paprika ‘Kobold F1‘
7. Gurke
Kultur in großen Gefäßen in luftigem, mäßig aufgedüngtem Substrat. Viel Wärme,
aber bei trockener Luft drohen von Spinnmilben. Behandlung der Blattunterseiten
durch zugelassene Mittel, nach 1 Woche wiederholen.
Wüchsige, bitterfreie, mehltaufeste, möglichst parthenokarpe Sorten, z. B. ‚Itznik F1‘.
Brotzeitgurken (halbe Länge, heißen auch Slicer-Gurken); Sehr robust ist ‚Persika’
(Bingenheimer Saatzucht), aber stachelige Frucht, männliche Blüten; Einlegegurken.
8. Auberginen
Nur für erfahrene Hobbygärtner, sehr wärmebedürftig, sehr anfällig für Spinnmilben,
besonders auch im Kleingewächshaus.
Sorten in weiß, violett, gelb und rot. Es gibt etliche etwas robustere violette Sorten
wie Miniauberginen ‚Ophelia F1 und ‚Orlando F1.
9. Kiwano (Cucumis metuliferus)
Wächst wie Gurken an einem Stab oder Schnur 2-3 m nach oben, bekommt aber
kaum Mehltau oder Spinnmilben, daher guter Sichtschutz. Auch überhängend zu
pflegen. Die Blüte beginnt erst im August, die Früchte mit spitzen Stacheln
erscheinen ab September. Sie schmecken grün wie Gurken, orange ausgereift etwas
nach Melone. Unverletzte Früchte sind bis Frühjahr haltbar. Frühe Anzucht!
10. Erbsen
Kurzlebige Frühjahrskultur, nach dem Fruchtansatz sterben die Pflanzen im Sommer
ab und verdorren. Es gibt lange rankende Sorten (80 cm), die einige Bambusstäbe
zur Stütze brauchen oder auch in einer Ampel nach unten wachsen können.
Palerbsen (‚Rheinperle’, ‚Kleine Rheinländerin’, Germania’, ca. 40 cm) ab März,
Ernte im Juni. Kapuzinererbsen haben blaue Hülsen, sind etwas langlebiger und 1 m
lang rankend, schmecken aber auch leicht bitter.
Markerbsen ab April, Ernte im Juli. (‚Progress Nr. 9’, ‚Markana’, ‚Grandera’, ‚Vada‘);
Zuckererbsen (‚Delikata’ , ‚Zuccola’) Gegessen werden die ganzen grünen Hülsen,
bevor die Körner dick werden), Pflege wie Markerbsen, sie müssen wöchentlich
zweimal durchgepflückt werden, sonst werden die Hülsen zu zäh.
11. Blattgemüse
Mangold: ‚Lukullus’ am zartesten, ‚Bright Lights’, ‚Vulkan’, ‚Feurio’, ‚Glatter Silber’
Grünkohl , Redbor F1 (rotblättrig), Palmkohl (Schwarzkohl) (Jungpflanzen ab Juni)
Zierkohl (Jungpflanzen ab Juni, Fertigware zur Herbstbepflanzung ab Ende August)
Gartensalat: Riskant ist die Kopfbildung, daher besser Pflücksalate zu empfehlen (z.
B. Eichblattsalat in rot oder gelb, löwenzahnförmige Blätter). Für laufende Ernte 10
bis 12 mal neu pflanzen/säen. Noch einfacher gelingen Schnittsalate, z. B. ‚Redlo‘.
Insbesondere das Substrat soll sich in der Sonne nicht stark erhitzen.
12. Wurzelgemüse
Alle Arten sind möglich, allerdings wird von Sellerie oder Pastinaken abgeraten.
Möhren und Rettich brauchen luftiges, tiefgründiges Substrat. Einfacher und auch
pflanzbar sind runde Karotten (‚Parmex’), halblange Karotten (Chantenay-Typ),
Radies, Mairüben, Rote Rüben oder Kartoffeln.
Diese Kulturen stehen nur zwei bis drei Monate, optisch nicht immer attraktiv, weil sie
am Anfang in einem relativ weiten Abstand stehen müssen.
Interessante Internet-Adressen unter
www.lwg.bayern.de/gartenakademie/infoschriften/gemuese/linkurl_0_5_0_2.pdf