7 Treppen 2006 7 Treppen 2006
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14:38 Uhr Seite 1 7 Treppen KATALOG 2006 2. SEPTEMBER – 29. OKTOBER 2006 WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM EIN KUNSTPROJEKT DER ELISABETH MONTAG STIFTUNG IN KOOPERATION MIT DER STADT WUPPERTAL UND DER REGIONALE 2006 2006 14.06.2006 7 Treppen 7TREPPEN_Titel.qxd A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 1 7 Treppen KATALOG 2. SEPTEMBER – 29. OKTOBER 2006 2006 WUPPERTAL / OSTERSBAUM EIN KUNSTPROJEKT DER ELISABETH MONTAG STIFTUNG IN KOOPERATION MIT DER STADT WUPPERTAL UND DER REGIONALE 2006 MIT UNTERSTÜTZUNG DES MINISTERIUMS FÜR BAUEN UND VERKEHR NRW A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 2 Horst Gläsker Helga Griffiths Ottmar Hörl Maik und Dirk Löbbert Tatzu Nishi Babak Saed Paul Schwer 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 2 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 3 Inhalt Seite Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt Wuppertal Peter Jung 4 Den Umgang mit zeitgenössischer Bildender Kunst selbstverständlicher machen Carl Richard Montag 6 Grußwort des Geschäftsführers der Regionale 2006 Henry Beierlorzer 8 Soziale Stadt NRW Wuppertal Ostersbaum /Kunstprojekt 7 Treppen Karl Jasper 10 7 Treppen Ingrid Raschke-Stuwe 14 Horst Gläsker Helga Griffiths Ottmar Hörl Maik und Dirk Löbbert Tatzu Nishi Babak Saed Paul Schwer 20 32 40 50 58 68 78 Voraussetzungen für die Entstehung der Treppen Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke 86 Atmosphären urbaner Verführung Eine kleine Soziologie der Höhenlust Prof. Dirk Manzke 91 Biografien 96 Nachbetrachtung Ingrid Raschke-Stuwe 104 Impressum 106 Danksagung 107 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 4 4 Grußwort Wuppertal ist eine Stadt in Bewegung: Ganz besonders in diesem Jahr, wo anlässlich der Regionale 2006 und der „Pinguinale“ zum 125. Zoo-Jubiläum eine wunderbare Vielzahl von Veranstaltungen die Wuppertaler und viele Besucher von außerhalb auf Wuppertals Straßen und Plätze gebracht hat. Wuppertal ist auch deshalb eine Stadt in Bewegung, weil mit der Regionale 2006 neuer Schwung in die Stadt gekommen ist. Nicht zuletzt ist Wuppertal, sind die Wuppertaler deshalb in Bewegung, weil unsere Stadt über eine sehr schöne und abwechslungsreiche Stadtlandschaft verfügt. Wir in Wuppertal sind zwangsläufig in Bewegung: Hinauf zu den Höhen, wo unsere traditionellen, Metall verarbeitenden Betriebe, innovative Unternehmen und die beschaulichen Stadtviertel fürs Wohnen im Grünen liegen und hinab, talabwärts, wo das kulturelle Herz unserer Stadt im Theater, in Oper und Stadthalle, auf Kleinkunstbühnen und in Clubs schlägt, die Museen zu Rundgängen durch die Kunst und die Geschichte einladen und die Zentren mit ihren Geschäften und Gaststätten zum Einkaufen, Bummeln und Flanieren locken. Für uns Wuppertaler sind wegen der bewegten Topographie der Stadt Treppen oft die kürzeste – wenn auch nicht immer einfachste! – Verbindung zwischen Tal und Höhe. Typische Wuppertaler „Aufstiegschancen“ haben mal acht, mal über 100 Stufen und ein Geländer. Treppen sind für uns im Stadtbild ganz selbstverständlich: Rund 200 von ihnen mit insgesamt 9.000 Stufen hat Wuppertal – unsere Treppen sind Bestandteil unseres Alltags in der Stadt. Welcome Wuppertal is a city on the move. This year in particular has brought a large number of visitors from outside to the streets and squares of Wuppertal for a wide variety of events for the occasion of the “Regionale 2006” and the “Penguin Festival” celebrating the 125th anniversary of the zoo. Wuppertal is also a city on the move because the “Regionale 2006” has injected a new impetus into the city. Wuppertal and its residents are on the move not least because our city has a beautiful and varied cityscape. We in Wuppertal are bound by necessity to be on the move – up to the top of the valley where our traditional metal-working companies, innovative enterprises and tranquil leafy residential districts lie, and down to the bottom of the valley where the cultural heart of our city beats in theatre, opera and the guildhall and in its cabarets and clubs, where museums invite one to experience art and history and the shops, restaurants and bars in the centres entice one to while away the hours sauntering around and shopping. Because of the rolling topography of the city, for us Wuppertal residents steps are often the shortest, if not always easiest, link between the bottom of the valley and the top. The typical Wuppertal “stairways to the stars” sometimes have eight and at other times one hundred steps and a handrail. We simply take steps for granted in the cityscape – Wuppertal has some 200 flights with 9000 individual steps in total. Our steps are part and parcel of our everyday lives in the city. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 Jetzt sind einige dieser so selbstverständlich gewordenen Wege-Verbindungen zwischen Tal und Höhe mithilfe und auf Initiative der Montag Stiftung herausgelöst aus ihrer Alltäglichkeit. Sieben Künstler haben sich auf die Stadt und ihre Treppen im Quartier Ostersbaum eingelassen. Sie haben die Treppen – und es sind nicht unsere „Vorzeigetreppen“! – in den Focus gerückt, sie haben uns den Blick dafür geschärft, wie viel Potenzial im scheinbar so Alltäglichen liegt. Sie haben uns gezeigt, dass unsere Treppen etwas Besonderes sind – und wir sie nur immer wieder mit neuen, mit fremden Augen betrachten müssen, damit wir ihren Reiz immer wieder von Neuem erleben können. Schon deshalb sind wir für dieses Projekt der Elisabeth Montag Stiftung, dem Land und der Regionale 2006 außerordentlich dankbar: Neues entsteht eben auch durch Impulse von außen, durch den Dialog mit anderen – mit Menschen, die wie die sieben Künstler hier in der Stadt zu Gast waren und unter den Menschen, die hier am Ostersbaum leben. In diesem Sinne freuen wir uns über das Geschenk, das die Montag Stiftung mit „7 Treppen“ dem Ostersbaum und damit der Stadt Wuppertal und unseren Menschen hier gemacht hat und danken herzlich der Stiftung und den beteiligten Künstlern! Wenn die Ausstellung Ende Oktober ausläuft, werden viele Wuppertaler und auch Besucher von außerhalb das Viertel und seine Treppen mit anderen Augen gesehen haben – vielleicht irritiert, möglicherweise amüsiert, ganz sicher aber auf neue Weise aufmerksam gemacht auf unsere Stadtlandschaft und unsere Treppen. Fünf dieser Treppen im Stadtviertel Ostersbaum werden wir gleich nach dem Ende der Ausstellung „7 Treppen“ sanieren: Vielleicht für Sie ein guter Grund, noch einmal nach Wuppertal zu kommen und unsere Treppen auch „kunstlos“ zu bewundern! Peter Jung Oberbürgermeister 9:53 Uhr Seite 5 Now some of these commonplace connecting routes between the bottom of the valley and the heights have been freed from their mundanity on the initiative and with the aid of the Montag Foundation. Seven artists have taken on the city and its steps in the Ostersbaum district. They have placed the steps – and not the “showiest” of our steps either! – in the limelight, sharpening our view of how much potential lies in the seemingly mundane. They have shown us that our steps are something special – and that we must only look at them again through new and unfamiliar eyes to experience their charm afresh. For this reason we are extremely grateful to the Elisabeth Montag Foundation, the State and the “Regionale 2006” for this project. New things can also arise from impulses which come from the outside, from dialogue with others – with people who, like the seven artists, were guests in our city, and from among the people who live here in the Ostersbaum district. In this sense, we are delighted with the gift of “7 Stairways” which the Montag Foundation has presented to the Ostersbaum quarter and thus to the whole city of Wuppertal and its people, and we would sincerely like to thank the Foundation and the participating artists. By the time the exhibition draws to a close at the end of October, many Wuppertal residents and visitors from outside will have seen the quarter and its steps with new eyes – perhaps confused, perhaps entertained, but certainly made aware of our cityscape and our steps in a new way. Five of the flights of steps in the Ostersbaum quarter have been earmarked for renovation immediately after the “7 Stairways” exhibition. Perhaps a good reason for you to come to Wuppertal again to admire our steps also in their natural “unartistic” state. Peter Jung Mayor A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 6 Making the encounter with contemporary art more a matter of course Artistic undertakings in public places are increasingly coming to grapple with peculiar, unusual and idiosyncratic things, with architecture and history. For ten years now our Foundation has provided at selected sites the space and freedom that committed, critical artists with a willingness to engage in dialogue need to this end. Den Umgang mit zeitgenössischer Bildender Kunst selbstverständlicher machen Besonderheiten, Ungewöhnliches, Eigenartiges, Architektur und Geschichte werden zum Thema künstlerischer Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum. Seit nunmehr zehn Jahren schafft unsere Stiftung an ausgewählten Orten für dialogbereite, engagierte, kritische Künstlerinnen und Künstler hierzu den Freiraum. In Wuppertal entdeckte meine Vorstandskollegin und Kuratorin unserer Stiftung Ingrid RaschkeStuwe auf der Suche nach einem geeigneten Standort für das Kunstprojekt EINE HÖHLE FÜR PLATON (das, nebenbei gesagt, im Jahre 2008 an einem ebenfalls sehr ungewöhnlichen Ort stattfinden wird) eine Treppenwelt, in der über 200 Treppen seit Jahrhunderten die Täler und Höhen der Stadt miteinander verbinden. Dies war die Geburtsstunde für das Projekt „7 Treppen”. Die eingeladenen Künstler ließen sich mit Mut, Fantasie, Engagement und mitunter auch gewaltigem körperlichen Einsatz auf diesen Ort ein. Mit welcher Professionalität, Originalität und hoher Qualität ihre eindrucksvollen, aber auch nachdenklich stimmenden Ideen und Anliegen hier vor Ort umgesetzt wurden, zeigt dieser Katalog. Looking for a suitable location for the art project “A Cave for Plato” (which, by the way, will take place in 2008 at an equally unusual site), my fellow member of the Board and curator of the Foundation, Ingrid RaschkeStuwe, discovered a complex of stairs in which more than 200 stairways have linked the valley and the high ground of the city with each other for centuries. Thus was born the project “7 Stairways”. The artists whom we invited responded to this site with courage, imagination and commitment, and often enough with a huge physical effort. This catalogue shows the degree of professionalism, originality and quality that went into realising their impressive and thoughtful ideas and aspirations at this site. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 7 7 Die Künstler zählen damit zu den Freunden unserer Stiftung, so wie all diejenigen, die bisher mit ihren künstlerischen Beiträgen zum Erfolg unserer Ausstellungsprojekte AN ELBE UND RHEIN, VERBORGENE ORTE, DIE VERBOTENE STADT oder LASST UNS DREI HÜTTEN BAUEN, und somit zum Erfolg unserer Stiftungsarbeit, beigetragen haben. Zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum ist nicht unumstritten. Viele Menschen empfinden sie als Bereicherung, andere als Zumutung. Beides scheint wohl zusammen zu gehören, wie die zwei Seiten einer Medaille. Aber Diskussionen gehören zum Dialog, und alles ist besser als Sprachlosigkeit. Zu diesem Dialog und dazu, den Umgang mit zeitgenössischer Bildender Kunst selbstverständlicher zu machen, möchte die Stiftung mit ihren Kunstprojekten einen Beitrag leisten. Herzlich danke ich dem Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW, der Stadt Wuppertal und der Regionale 2006 für die tatkräftige Unterstützung dieses Projektes. Carl Richard Montag Stifter und Vorstand der Elisabeth Montag Stiftung These artists thus have their place among the friends of our Foundation with all those who have contributed to the success of our previous exhibition projects At the Rivers Elbe and Rhine, Hidden Places, The Forbidden City and Let us Build Three Shelters, and thus to the successful work of our Foundation. Contemporary art in public places is not uncontroversial. Many people find it enriching, others feel it to be an imposition. The two reactions seem to belong together like the two sides of a coin. But discussions are a part of dialogue, and everything is better than speechlessness. With its art projects, the Foundation would like to make a contribution to this dialogue and to making the encounter with contemporary fine art something that to a greater extent is a matter of course. I cordially thank the Ministry of Construction and Transportation of the Land North-RhineWestphalia, the city of Wuppertal and the project Regionale 2006 for their active support of this project. Carl Richard Montag Founder and Member of the Board of the Elisabeth Montag Foundation A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 8 8 Die Regionale 2006 ist als Strukturprogramm für das Bergische Städtedreieck angetreten, die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit einer Region und ihrer Städte herauszuarbeiten, verborgene Schätze wieder zu entdecken und in Wert zu setzen, Anstöße für die Menschen der Region zu geben, sich mit ihr zu identifizieren, sich an ihr zu reiben und sich für sie zu engagieren. The Regional Festival 2006 has been set up as a structural programme for the City Triangle of the Bergisch region to bring out the uniqueness and distinctiveness of a region and its towns and cities, to rediscover hidden treasures and appreciate their value, to stimulate local people to identify with the region, interact with it and get involved in it. Das geschieht über Projekte. Diese sind oft baulicher Art, wie die städtebauliche Erneuerung in den Mitten der Städte rund um die ehemals maroden Bahnhofsstandorte herum. Andere Projekte machen die faszinierende Kulturlandschaft mit dem Zusammenspiel von Spuren früher und grandioser Industriegeschichte eingebettet in den Mittelgebirgsraum des Bergischen zum Thema. Der neue Brückenpark Müngsten ist hier sicherlich ein grandioses Bild für diese Region. This is happening through projects. These are often to do with building, such as urban renewal in town and city centres around the previously run-down station areas. Other projects take for their theme the fascinating cultural landscape, picking up on traces of the earlier, grandiose industrial history which is embedded in the low mountain area of the Bergisch region. An example of this is the new Bridge Park in Müngsten, which is without doubt a magnificent symbol for this region. Die vom Brückenpark ausgehenden Wandererlebniswege und Routen der Industriekultur sind Beispiele für Projekte, die helfen, die Geschichte und das Wesen der Region sichtbar zu machen, die Schönheit der Landschaft in den Mittelpunkt zu rücken, Neues zu erschließen und Verbindungen in der Region zu schaffen. Es sind Künstler, die hier neue Spuren gelegt haben und besondere Orte durch ihre Intervention in unser Blickfeld rücken, die auffordern zum Innehalten, Verstehen und neu Sehen. The hiking adventure paths and industrial culture routes which start out from the Bridge Park are examples of projects which help to show the history and essence of the region, showcase the beauty of the landscape, open up new things and create connections in the region. It is artists who have set down new traces here and who, through their interventions, draw our attention to special places in the region and challenge us to pause and reflect, understand and see anew. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:53 Uhr Seite 9 9 Es gibt aber auch ganz subtile Projekte und Aktivitäten, deren räumliche Kulissen wenig glamourös wirken, die zunächst unsichtbar bleiben oder nicht offensichtlich sind. Der Stadtteil Ostersbaum als ein dichtes, städtisch-gründerzeitliches Wohnquartier, in dem seit einigen Jahren engagierte Stadtteilarbeit mit sozialen und kulturellen Initiativen geleistet wird, ist eher ein verborgener Schatz. Es sind die Treppen, die trotz der Ruppigkeit und auch der Vernachlässigung des Stadtbildes dem Ort ein Stück Einzigartigkeit geben, die dramatische Topografie an den Wupperhöhen verdeutlichen und entlang deren Verlauf öffentliche Räume mit Charakter entstehen. Schon lange warten die Treppen auf ihre bauliche Erneuerung und Inwertsetzung. Die Initiative der Elisabeth Montag Stiftung ist daher mehr als ein Kunstprojekt. Es ist auch ein Impuls zur Wertschätzung dieses besonderen Stadtteils, zur Wahrnehmung seiner aktuellen sozialen und kulturellen Erneuerung, zum Entdecken verborgener Schönheit und zum Aufbau von Identität und Identifikation. Vielleicht ist sie auch der Impuls, Treppen als öffentliche Räume nicht nur baulich zu erneuern, sondern künstlerische Interventionen als Bestandteil und Ausdruck öffentlichen Lebens in diesen Prozess einzubinden. Henry Beierlorzer Geschäftsführer der Regionale 2006 There are also, however, quite subtle projects and activities whose settings are less glamourous and which initially stay out of sight or do not stand out. The Ostersbaum district, a densely populated Gründerzeit residential area in which dedicated work on social and cultural initiatives has been going on at a local level for several years, is more of a hidden treasure. It is the steps which give this place its share of uniqueness in spite of the rough-and-ready character and neglect of the cityscape. It is the steps which also reveal the dramatic topography of the heights above the River Wupper and along whose course public spaces with character appear. The steps have been waiting for their renewal and appreciation for a long time. The initiative of the Elisabeth Montag Foundation is therefore more than just an art project. It also provides an impulse to appreciate this special part of the city, to see its current social and cultural renewal, to discover hidden treasures and to create a sense of identity and identification. Perhaps it also provides an impulse not only to renew steps as public spaces on a structural level, but also to integrate artistic interventions into this process as an element and expression of public life. Henry Beierlorzer Director of the Project Regionale 2006 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 10 10 Soziale Stadt NRW Wuppertal Ostersbaum/Kunstprojekt 7 Treppen Wuppertal Ostersbaum ist ein Stadtteil, der im Rahmen des Programms „Soziale Stadt NRW“ durch die Landesregierung unterstützt wird. Dieses Programm wendet sich an Stadtteile mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Auffälligkeiten oder Defiziten. Ziel des Programms SOZIALE STADT NRW ist es, diese Stadtteile zu stabilisieren und die Lebensverhältnisse der dort lebenden Menschen nachhaltig zu verbessern. In allen Stadtteilen besteht die Sorge, dass sich ein Negativimage bilden oder verfestigen kann. Um dieses zu überwinden, ist eine breit angelegte Bewusstseinsbildung erforderlich, die sich in den Stadtteil hinein genauso auszurichten hat wie nach außen; je nach Identifikation mit dem eigenen Wohnort wächst auch die Verantwortung für eine positive Entwicklung im Stadtteil. Social City North-Rhine-Westphalia Wuppertal Ostersbaum/Art project 7 Stairways Wuppertal Ostersbaum is an urban quarter which is being supported by the federal state government as part of the programme “Social City NRW (North-Rhine-Westphalia)”. This programme is directed at urban areas with social, economic and ecological peculiarities or deficiencies. The “Social City NRW” programme sets out to stabilise these urban areas and provide long-term improvements to the living conditions of the local people. In all the urban quarters there is the concern that a negative image might be formed or become fixed in people’s minds. To overcome this, it is essential that there is a wide-ranging process of awareness-raising which has to be carried out within the district itself as well as outside it – the higher the level of identification one has with the place where one lives, the more responsibility there is for a positive development within the district. A crucial element in establishing a positive approach to this image-building process is public space. It is here that it is first decided what impression people may receive from the regeneration going on in their local area. If the impression which emerges here is one of demonstrative inactivity, it is no wonder that A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 11 11 people lack a sense of commitment to their local area. It is precisely what goes on in public space – that is to say the streets, paths and squares – which is fundamentally decisive in whether a negative image of a district can be overcome. Through the quality of the place where people live, the appropriation of public space can be advanced by the local population, trade, industry and various other agents. This is how identity with the district comes about. Ein Kernstück für ein positives Herangehen an diesen imagebildenden Prozess ist der öffentliche Raum. Hier wird als erstes über den Eindruck entschieden, den die Menschen von der Erneuerung in ihrem Stadtteil gewinnen können. Wenn hier der Eindruck demonstrativer Untätigkeit entsteht, braucht man sich über fehlendes Engagement der Menschen in den Stadtteilen nicht zu wundern. Gerade was den öffentlichen Raum, das heißt die Straßen, Wege und Plätze betrifft, entscheidet sich im Wesentlichen, ob ein Negativimage eines Stadtteils überwunden werden kann. Über die Aufenthaltsqualität kann die Aneignung des öffentlichen Raumes durch die Bevölkerung, durch Handel, Gewerbe und sonstige Akteure befördert werden. So entsteht Identität mit dem Stadtteil. Ostersbaum weist ein Alleinstellungsmerkmal auf, das es wie keinen anderen Stadtteil in NordrheinWestfalen prägt: Es sind die Treppenanlagen, die den Platz der Republik mit der Innenstadt und den Nachbarquartieren in der Talsohle verbinden. Diese traditionellen Fußwege, die immer noch die kürzesten Wege zu den wichtigen Infrastruktureinrichtungen sind, haben an Bedeutung verloren. Lediglich zwei der sechs großen Treppen haben einen guten Erhaltungszustand. Viele sind bei Dunkelheit nicht mehr sicher begehbar. Ziel des Projektes „Treppenanlagen in Ostersbaum“ ist es, die Treppen wieder als nützliche Wegeverbindung im Bewusstsein der Anwohner zu verankern, sie sicher und einladend zu gestalten, möglicherweise auch zusätzliche Nutzungen zu finden. Ostersbaum has a unique feature which characterises it like no other district in North-Rhine Westphalia – the flights of steps which connect the Platz der Republik to the city centre and neighbouring areas at the bottom of the valley. These traditional footpaths, which are still the shortest way to vital facilities in the city’s infrastructure, have lost much of their importance. Only two of the six longer flights of steps are well preserved. Many are no longer safe to use in the dark. The aim of the project “Stairways in Ostersbaum” is to fix the steps once again in the minds of local residents as useful connecting routes, make them safe and inviting and possibly even find further uses for them. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 12 Eine kleine Auswahl der Mitwirkenden (Von oben nach unten): A small selection of participants: Klaus Hasbach, Olaf Engel, Michael Hasbach, Victor Greinel 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 12 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 13 13 In dem bisherigen Prozess seit Ende der neunziger Jahre haben Stadt und Bevölkerung durch eine weit über bauliche Maßnahmen hinausgehende Inszenierung der Treppen diesen integrierten Projekteinsatz deutlich werden lassen. Kreative und unkonventionelle Gestaltungskonzepte sollten zeigen, dass Stadterneuerung mit sozial integrativen Schwerpunkten nicht notwendigerweise langweilig und konventionell sein muss. Since the start of this continuing process at the end of the 1990s, the city and its people have shown their commitment to this integrated project by presenting the steps in ways which go far beyond mere structural measures. Creative and unconventional concepts aim to show that urban renewal which focuses on social integration must not necessarily be boring or conventional. Nach der sportlichen Herausforderung mit dem Treppenlauf im August nun die künstlerische Auseinandersetzung: Die Elisabeth Montag Stiftung will mit der Förderung junger Kunst einen Dialog im Spannungsfeld von historisch oder gesellschaftspolitisch ungewöhnlichen Orten eröffnen, die für Kunstprojekte eine besondere Herausforderung bereithalten. After the sporting challenge of the “Stairway Race” in August, now comes the artistic encounter. Through its promotion of young art, the Elisabeth Montag Foundation wants to initiate a dialogue in the confrontation of historically or socially unusual places which pose a particular challenge for art projects. In der sozial und ökonomisch angespannten Situation des Stadtteils ist das Projekt „7 Treppen“ deshalb auch ein Wagnis, das nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft. Die Künstler setzen sich einem Spektrum aus, das Begeisterung und Zustimmung genauso beinhaltet wie Vandalismus und behördliche Ignoranz. Die Künstler Ottmar Hörl, Maik und Dirk Löbbert, Tatzu Nishi, Helga Griffiths, Horst Gläsker, Babak Saed und Paul Schwer haben den Mut und die Kreativität, einen zum Teil ungepflegten und vernachlässigten öffentlichen Raum in Wert zu setzen. Alle Künstler haben sich der durchaus schwierigen Aufgabe gestellt, diesen topographisch herausfordernden öffentlichen Raum mit ihren Ideen neu zu inszenieren. Dabei ist es Ihnen gelungen, einen anderen bislang unbekannten Blick auf dieses Wesensmerkmal des Stadtteiles Ostersbaum zu lenken. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. Nach Abschluss des Kunstprojektes „7 Treppen“ werden die ersten baulichen Erneuerungsmaßnahmen auch tatsächlich in Angriff genommen. Der Bevölkerung ist es bislang gelungen, durch ihre Aktionen und ihre Beiträge für den Imagewettbewerb „Soziale Stadt NRW“ das Bewusstsein für die Treppen zu schärfen. Vielleicht ist das Kunstprojekt der Elisabeth Montag Stiftung ein Beitrag dazu, dass die Bevölkerung erkennt: „Das ist unser Raum“, „Das ist unser öffentliches Wohnzimmer.“ Dann können die Treppenanlagen auch real die Visitenkarte des Stadtteiles Ostersbaum bilden. Karl Jasper Ministerialdirigent Ministerium für Bauen und Verkehr NRW In the socially and economically strained situation of the district, the project “7 Stairways” is also a real venture, and one which does not meet with everyone’s approval. The artists expose themselves to a broad spectrum of opinion which ranges from enthusiasm and approval to vandalism and official ignorance. The artists Ottmar Hörl, Maik and Dirk Löbbert, Tatzu Nishi, Helga Griffiths, Horst Gläsker, Babak Saed and Paul Schwer have the courage and creativity to show the value of a somewhat untended and neglected public space. All the artists have set themselves the extremely difficult task of recreating this topographically challenging public space through their ideas. They have managed to present another, as yet unknown, view of this feature of the Ostersbaum district. For this we owe them our thanks and appreciation. After the art project “7 Stairways” ends, the first structural renovations will begin. To date, the local population has managed to increase awareness of the steps through their activities and contributions to the image competition “Social City NRW”. Perhaps the art project of the Elisabeth Montag Foundation is a contribution towards local people recognising that “this is our space”, “this is our public livingroom”. Then the steps really could be the calling card of the Ostersbaum district. Karl Jasper Assistant head of government department Ministry of building and traffic North-Rhine-Westphalia A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 14 14 7 Stairways The stairway is not only a functional element of architecture. It does not only serve to surmount differences in height and to access various levels within or outside of a multistorey building. In addition to its architectural purpose, it also provides a space for stories and material for myths. As a place of passage, it mediates the transition from worldly reality to the realms of transcendence. The ascent to higher regions is experienced as arduous, but it also makes itself felt as an initiation, granting access to other levels of consciousness. Thus, for example, the steps of the Temple of Salomon led to the middle chamber of an unknown future. As a dream symbol, the stairway refers to the descent to the subconscious, to “roaming through the building of thought”. 7 Treppen Die Treppe ist nicht nur ein funktionales Element der Architektur. Sie dient nicht nur der Überwindung von Höhenunterschieden, der Erschließung verschiedener räumlicher Ebenen innerhalb oder außerhalb eines mehrstöckigen Baukörpers. Neben ihrer architektonischen Bestimmung bietet sie Raum für Geschichten und liefert Stoff für Mythen. Als Passagenraum vermittelt sie den Übergang aus dem Real-Diesseitigen in Bereiche der Transzendenz. Der als mühsam erfahrene Aufstieg in höher gelegene Bereiche wird als Initiation erfahrbar und verschafft Zugang in andere Bewusstseinsebenen. Die Stufen des Salomonischen Tempels führten so etwa zur mittleren Kammer einer unbekannten Zukunft. Als Traumsymbol weist die Treppe auf das Hinabsteigen in das Unterbewusstsein, auf das „Wandern im Denkgebäude“. In der Architektur wird die Treppe als dramaturgisches Element eingesetzt, um Machtverhältnisse oder religiöse Bedeutungen raumhaft zu inszenieren und eine andächtige, gegebenenfalls auch unterwürfige Haltung herbeizuführen. Dies gilt bereits für die alt-ägyptische Stufenpyramide, für In architecture, the stairway is used as a dramaturgic element to stage power relationships or religious meanings spatially and to bring about a reverential, if need be a subservient attitude. This already applies to the ancient Egyptian step pyramids, to the medieval fortress complex springing from rock walls or to the Baroque palace rising above terraces. As a place of architectural splendour, the Baroque stairway complex provides the terraced stage for the rigid court ceremony of absolutism. As the end of an arduous ascent, the pilgrimage church figures as a symbol of the purification that has thus been carried out. The arcane knowledge of the Egyptians was set forth in seven steps. For the free masons, the seven cardinal virtues are linked with the seven steps of life. And these stand for the insight that philosophical truths can only be A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 15 15 die einem Felsmassiv entwachsende Burganlage des Mittelalters oder auch das aus Terrassen sich erhebende Barockschloss. Als architektonischer Repräsentationsort bildet die barocke Treppenanlage den gestaffelten Bühnenraum für das festgeschriebene höfische Zeremoniell des Absolutismus. Als Abschluss eines mühsamen Aufstiegs figuriert die Pilgerkirche ein Sinnbild für eine hiermit vollzogene Läuterung. Das geheime Wissen der Ägypter entfaltete sich in sieben Stufen. Bei den Freimaurern verbinden sich die sieben Kardinalstugenden mit den sieben Stufen des Lebens. Diese stehen wiederum für die Erkenntnis, dass man sich philosophischen Wahrheiten nur in Stufen nähern könne und, um diese zu begreifen, alle unnützen Belastungen abzulegen seien. Im Buddhismus ist nach der Lehre des Mahayana das Durchlaufen von 10 Bodhisattva-Stufen notwendig, um letztendlich die Ich-Vorstellung zu überwinden und die Erleuchtung zu erlangen. Im Alten Testament steht das Motiv der „Himmelsleiter“ für die Verbindung zwischen dem Göttlichen und dem Menschen, so wie sie sich in fast allen Religionen findet. Bei aller Unterschiedlichkeit in der inhaltlichen Ausgestaltung liegt dem Bild der Himmelsleiter stets das gleiche Anliegen zugrunde: die Überwindung der menschlichen Kontingenz, sei es durch einen „Abstieg Gottes zu den Menschen“ oder einen „Aufstieg des Menschen“. In diesem Sinn lässt sich die Himmelsleiter als komplexes kosmisches, eschatologisches Symbol sogar als Grundmotiv einer jeden Religion auffassen. approached in steps and that to understand them, all useless encumbrances have to be cast off. According to the Mahayana teaching in Buddhism, it is necessary to go through 10 Bodhisattva levels to definitively overcome the idea of self and to achieve enlightenment. In the Old Testament, the motif of “Jacob’s ladder” stands for the link between the divine and the human, something that is found in almost all religions. Despite all differences in the specific contents, the image of the ladder to heaven is always based on the same concern: overcoming human contingency, whether by way of “God’s descent to humankind” or an “ascent of humankind”. In this sense, the ladder to heaven can be interpreted as a complex cosmic, eschatological symbol that is in fact the fundamental motif of all religion. The metaphorical meaning of the stairway is also encountered in everyday proverbs and idiomatic expressions. If we believe what is said on the stairway, then social changes are only possible via backstairs politics. Idiomatically, we compare success and career with a ladder that one can climb up or fall down. The metaphor of the “steps” that follow one after another is used to describe life as it is lived or the progress in philosophical or moral knowledge. A thought or idea that occurs to A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 16 16 Auch in alltäglichen Sprichwörtern und Redewendungen findet sich die metaphorische Bedeutung der Treppe wieder. Glaubt man den Treppengesprächen, sind gesellschaftliche Veränderungen nur über politische Hintertreppen möglich. Umgangssprachlich vergleichen wir den Erfolg und die Karriere mit einer Leiter, die man heraufoder herunterfallen kann. Die Metapher der „Stufenfolge“ wird bemüht, wenn es darum geht, das gelebte Leben bzw. den philosophischen oder moralischen Erkenntnisfortschritt zu beschreiben. Als Treppenwitz bezeichnet man einen Einfall oder Gedanken, der jemandem einen Moment zu spät einfällt („beim Hinausgehen auf der Treppe“) und in der aktuellen Runde oder Diskussion nicht mehr vorgebracht werden kann. Geschichtliche Begebenheiten, die – vor allem im Nachhinein – absurd oder ironisch wirken, werden gerne als „Treppenwitz der Geschichte“ bezeichnet. Der Begriff der Skala (ital. Scala = Treppe) bezieht sich auf musikalische oder farbliche Ordnungsmuster, die aber auch in unseren Gefühlswelten auf ganz individuelle Weise erfahrbar werden können. Die Treppe bzw. deren Symbolik berührt also gleichermaßen den ganz persönlichen, alltäglichen Lebensbereich wie auch kulturhistorische, religiöse oder politische Aspekte unserer Wirklichkeit. So bildet sie den idealen Bezugspunkt für ein Kunstprojekt im urbanen Raum, das durch Interventionen und Installationen Fragestellungen des privaten und öffentlichen Lebens gleichermaßen verhandeln soll. one too late (“on leaving, going down the stairs”) so that it cannot be used in the current discussion is called “stairway wit” in German. Historical events that seem absurd or ironic, particularly ones that seem so after the fact, the ironies of history, are in German often called the “stairway wit of history”. The concept of the scale (Italian scala = step) refers to an ordering pattern for music or colours, and can be experienced in very individual manners in our emotional make-ups. Thus, the stairway and its symbolism touches the very personal, everyday sphere of life as well as aspects of our reality pertaining to cultural history, religion and politics. It thus forms the ideal reference point for an art project in urban space that is intended to treat questions pertaining both to private and public life by way of interventions and installations. Stairs are much used in Wuppertal to go about the city by foot and as a welcome short cut. The quarter Ostersbaum is characterised by a unique, concentrated accumulation of various stairways around the centre of gravity of the quarter, Platz der Republik (Republic Square). Characteristic of the quarter is that it is densely built up with large, multi-storey tenement buildings and the factory premises of middle-sized industry and skilled trades dating back to the period of rapid industrialisation in the late 19th century. To utilise the land available for building to the maximum, the residential buildings are built into the slope. Instead of gardens and courtyards between the individual building complexes, there are terraces that are accessible from the various storeys via narrow foot bridges and slanted crossovers. Seen from the street, the façade A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 17 17 Treppen werden in Wuppertal für die fußläufige Erschließung der Stadt und als willkommene Abkürzung vielfach genutzt. Der Stadtteil Ostersbaum zeichnet sich durch eine einzigartige, konzentrierte Ansammlung unterschiedlicher Treppenanlagen rund um den Platz der Republik als Quartiersmittelpunkt aus. Der Stadtteil ist geprägt durch eine dichte Bebauung aus mehrstöckigen Mietskasernen und Fabrikbauten mittelständischer Industrie- und Handwerksbetriebe der Gründerzeit. Um die verfügbare Baufläche maximal auszunutzen, sind die Wohnbauten in die Hänge hineingebaut. Anstelle von Gärten und Höfen zwischen den einzelnen Gebäudekomplexen finden sich Terrassen, die über schmale Brücken und abgestufte Stege aus den verschiedenen Geschossen heraus zugänglich sind. Auch die zum Straßenverlauf hin geschlossene Fassadengliederung ist immer wieder durch schmale Treppenverläufe durchschnitten. Diese verbinden den Höhenrücken auf dem Platz der Republik mit der Innenstadt von Elberfeld und den Nachbarquartieren in der Talsohle. Durch Brandmauern sind die durch Passanten genutzten Durchgangsräume von den Wohnquartieren abgetrennt. Die hoch aufragenden Wände sind an einigen Stellen durch Fenster und Türen durchbrochen, so dass privates und öffentliches Leben sich hier unmittelbar zu begegnen oder zumindest zu berühren scheinen. Die pittoresk durch das Stadtquartier gezogenen Treppen bereiten dabei nicht einen architektonischen Höhepunkt vor; in labyrinthisch kleinteiliger Anordnung verknüpfen sie private, berufliche und öffentliche Lebensräume, die im Platz der Republik schließlich ihren kommunikativen Mittelpunkt finden sollen. Das Kunstprojekt rückt die Ostersbaumer Treppen und deren Umfeld in den Mittelpunkt künstlerischer Auseinandersetzung. Sieben Künstler wurden eingeladen, sich mit den architektonischen, topografischen, gesellschaftlichen, historischen, philosophischen und poetischen Aspekten der Wuppertaler Treppenanlagen zu beschäftigen und speziell für diese Orte neue Projektideen zu realisieren. Das ortsspezifische Kunstprojekt gewinnt hier seine besondere Qualität, sind es doch weder Plätze noch sogenannte „Unorte“, die eine besondere künstlerische Akzentuierung oder Verfremdung erfahren. Es geht darum, die Treppen in ihrem gegenwärtig eher verwahrlosten Zustand zu erkunden und in ihrer Bedeutung für das Stadtbild Wuppertals zu erfassen. Es handelt sich nicht um sogenannte „vergessene“, kaum noch genutzte Orte, vielmehr presents a closed structure, but is repeatedly cut by narrow flights of steps. These steps link the ridge at Republic Square with the city centre of the Wuppertal quarter Elberfeld and with the neighbouring quarters in the bottom of the valley. These passages for pedestrians’ use are separated from the residential quarters by firewalls. The high-rise walls are interrupted here and there by windows and doors, so that private and public life seem to encounter each other directly or at least to touch each other. The picturesque stairways through the city quarter do not pave the way for an architectural climax; rather, with their labyrinthine, small-scale layout, they link private, job-related and public living spaces that are ultimately supposed to have their communicative centre in Republic Square. The art project places the Ostersbaum stairways and their environment in the focus of artistic reflection. Seven artists were invited to reflect on the architectural, topographic, social, historical, philosophical and poetic aspects of the Wuppertal stairways and to realise new projects tailored to these places. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 18 18 um ständig von Passanten und Anwohnern frequentierte Passagenräume. Graffiti, Spuren der täglichen Nutzung, technische Installationen, selbst Abfälle zeugen von der Wichtigkeit dieser Durchgänge, die nicht nur unterschiedliche topographische Ebenen der Stadt miteinander verbinden, sondern darüber hinaus unterschiedliche Lebens- und Erfahrungsbereiche miteinander verschränken. Das temporäre Kunstprojekt lässt diese Aspekte vielschichtig sichtbar werden. Ottmar Hörl entwirft ein „Weltanschauungsmodell 1“, um die Wahrnehmung einerseits auf das Stadt- und Landschaftspanorama zu richten, andererseits die Vielfältigkeit und Offenheit unterschiedlicher Welterklärungsmuster, so wie sie auch diesen multikulturell geprägten Stadtteil bestimmen, als Interaktionsmodell vor Augen zu führen. Maik und Dirk Löbbert konfrontieren den Passanten mit einem „Reliefbild“, das in der lokalspezifischen Fassadenverschindelung eine besondere ästhetische Qualität offenbart. Helga Griffiths erkundet die klangliche Dimension eines Treppenraumes, indem sie die Stufen in einem interaktiven Spiel mit den Passanten als Tonskala erfahrbar werden lässt. Babak Saed ruft auf zum „Zivilen Ungehor- This is an art project specific to a certain locale, and as such it takes on a special quality here inasmuch as it is neither squares nor socalled “non-places” that are subject to a particular artistic accentuation or alienation. The point is to explore the stairways in their present state of disrepair, and to grasp their significance for Wuppertal’s cityscape. These are not so-called “forgotten” places that are hardly used any more, but rather passageways that are constantly frequented by passers-by and residents. Graffiti, traces of everyday use, technical installations, even rubbish are evidence of the importance of these passages, which not only link various topographical levels of the city with each other, but also bring different spheres of life and experience into contact with each other. The temporary art project makes these aspects visible on many levels. Ottmar Hörl has designed a “World-View Model 1”, on the one hand to direct perception to the panorama of cityscape and landscape, on the other hand to open our eyes to the diversity and openness of the different manners of explaining the world such as are characteristic of this multicultural quarter, displaying this diversity and openness as an interaction model. Maik and Dirk Löbbert confront the passer-by with a “relief image” that reveals a special aesthetic quality when seen in the context of the façade shingling specific to this locale. Helga Griffiths explores the acoustic dimension of a stairway by making the steps experienceable as a musical scale played interactively with passers-by. Babak Saed makes an appeal for “civil disobedience”: he mobilises citizens of the city first to oppose the soiling of the façades by graffiti, then to engage them for a typographical intervention on one façade. Horst Gläsker collects disparate emotions from a wide-ranging scale of feelings, fashioning them to visual poetry that is A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 sam“: er mobilisiert Bürgerinnen und Bürger der Stadt, sich zunächst der Verschmutzung von Fassaden durch Graffiti entgegenzustellen, um sie dann selbst für eine typographische Intervention an einer Fassade in den Dienst zu nehmen. Horst Gläsker sammelt disparate Emotionen einer weit gefächerten Gefühlsskala und gestaltet diese zur visuellen Poesie, die sich durch die Transformation der Treppe in einen gestuften Farbraum auf einer anschaulich-sinnlichen Ebene weiter entfaltet. Paul Schwer umfaltet eine klassizistische Pavillon-Architektur durch ein schwereloses Farbgebilde, das Raum-Lichterfahrungen aus unterschiedlichen kulturhistorischen Kontexten zusammenführt. Tatzu Nishi verwandelt die Treppenanlage als Außenraum in ein Interieur, das die Wahrnehmung auf vorhandene Spuren gelebten Alltags zoomt und so öffentliches und privates Leben, Handlungsspuren und gegenwärtiges Leben interagieren lässt. Das Alltagsbild dieses Stadtteils wird als Denkmal selbst auf den Sockel erhoben. Damit verdichtet sich in der Arbeit von Tatzu Nishi das entscheidende Thema dieses Kunstprojekts, in dem es ja gerade um das vielschichtige Zusammenspiel unterschiedlicher Erfahrungs- und Handlungsräume zwischen dem ganz persönlichen und dem öffentlichem Leben geht. Künstlerische Setzungen dringen bis an die Grenzen des Privaten vor, um die Intimsphäre jedoch nicht voyeuristisch zu durchbrechen, eher um Respekt vor diesem lebenswerten, ein wenig in Vergessenheit geratenen Stadtteil und den hier wohnenden und arbeitenden Menschen zu vermitteln. Ingrid Raschke-Stuwe Kuratorin und Vorstand der Elisabeth Montag Stiftung 9:54 Uhr Seite 19 further unfolded by the transformation of the stairway to a graduated colour space on a perceptible, sensory level. Paul Schwer envelops a classicistic pavilion architecture with a weightless colour structure uniting experiences of space and light from various contexts in the history of culture. Tatzu Nishi transforms the stairway from an exterior to an interior, zooming perception in on existing traces of everyday life, thus making public and private life, traces of action and present life interact with each other. The everyday picture of this quarter itself becomes a monument and is put on a pedestal. Thus, the key theme of this art project, the multifarious interaction of various spaces of experience and action between very private and public life, is concentrated in Tatzu Nishi’s contribution. Artistic fiats advance up to the limits of the private, but not to voyeuristically break into the sphere of privacy, but rather to convey respect for this liveable, somewhat forgotten quarter and for the people who live and work here. Ingrid Raschke-Stuwe Curator and Member of the Board of the Elisabeth Montag Foundation A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 20 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 21 21 Horst Gläsker – HOLSTEINER TREPPE »Scala« WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 22 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 22 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:54 Uhr Seite 23 23 Der Weg über die Hintertreppe zur philosophischen Paradetreppe Die Holsteiner Treppe, von Horst Gläsker zur Scala transformiert Dr. Sabine Fehlemann Nicht die Mailänder Scala, sondern die Wuppertaler Scala gibt es neuerdings, dank Horst Gläsker, der sie zusammen mit Margret Masuch, seiner Ehefrau, inhaltlich abgestuft hat. Scala ist die italienische Bezeichnung für Treppe. Horst Gläsker hat ein temporäres Kunstobjekt erstellt, indem er verbalisierte Emotionen damit verbindet. Er nannte diese Installation ursprünglich: „Treppe der Sinne“, oder „Scala dei sentimenti“. Er will die Menschen vor Ort auf ihre Gefühle und Befindlichkeiten beim Besteigen der Treppen aufmerksam machen und ihre Emotionen durch Begriffe herausfordern, die er fortlaufend auf die Stirnseiten der Treppen montiert hat. In bunten Farben begleiten einzelne Wörter den Aufsteiger, stufenweise. Die Holsteiner Treppe, eingepfercht zwischen Häusern, zieht sich zwischen der Gathe und der Holsteiner Straße mit 112 Stufen, kaum wahrzunehmen, aufwärts. Der Künstler hat sie von unten nach oben mit Wörtern bedacht. Diese Treppe hat neun Absätze, die der Künstler auch für seine Wortgefüge als Absätze eingesetzt hat. So hat er jeweils neun Ensembles von Wortideen geprägt. Jede Stufe trägt ein Wort, nur im Aufsteigen zu lesen. Adjektive, einzelne Verben und Substantive hat er verwendet. Neun Treppenabschnitte erinnern an die Lebensstufen in ebenfalls neun Abstufungen. Die Darstellungen der menschlichen Lebensstufen als Treppen führen nach dem Höhepunkt von 50 Jahren wieder abwärts. Hier sind die Stufen wie Himmelsleitern nur nach oben gerichtet. „Scala“, Farbe auf Treppenstufen “Scala”, paint on steps The way over the backstairs to the philosophical parade steps The Holsteiner Treppe, transformed into Scala by Horst Gläsker Dr. Sabine Fehlemann Not to be confused with La Scala in Milan, Wuppertal now has its own Scala thanks to Horst Gläsker who, with his wife Margret Masuch, has divided steps into sections according to content. Scala is the Italian word for steps. Horst Gläsker has created a temporary art object by connecting verbalised emotions to it. He originally named this installation “Steps of Feelings” or “Scala dei sentimenti”. He wants to make people aware of their feelings and sensitivities as they climb the steps and challenge their emotions through concepts which he has mounted on the front side of each of the steps in succession. Single words in bright colours escort the climber step by step. Sandwiched between houses, the 112 Steps of the Holsteiner Treppe extend upwards, albeit hardly noticeably, between Gathe and Holsteiner Straße. The artist has covered them with words from the bottom to the top. The steps have nine landings which the artist has employed like paragraph breaks for his word arrangements. In this way, he has formed nine ensembles of word ideas for each one. Each step bears a word which can only be read when ascending. He has used adjectives, verbs and nouns. Nine sets of steps recall the stages of life, which are also divided into nine levels. The portrayals of the stages of human life as steps lead back down after the highpoint of 50 years. Here the steps are only directed upwards like ladders to heaven. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 24 24 Gläsker has created word complexes. The first four flights each contain 15 steps, in accordance with building regulations for public spaces which allow no more than 15. Thereafter there are 11 steps on the 5th and 9th flights and between these 10 steps each with corresponding words. The lowest flight still seems homely; here the words refer to the family, which warms, protects, strokes, and caresses, but can also terrify and then forgive again. The words in this context speak of mother and happiness, home, family, honour, innocence, but also of fear and remorse. One can dream up and imagine an entire novel from them. The second flight could be entitled friendship. Here there are not only nouns and verbs such as laugh, speak, and reassure, which are fitting for this context, but also arm and defend oneself, and adjectives such as peaceful and aggressive. On the whole, however, the nouns show the way, with honesty, closeness, brother, enthusiasm and anger. Gläsker hat Wortkomplexe geschaffen. Die ersten 4 Treppenabsätze enthalten jeweils 15 Stufen, gemäß der Bauordnung im öffentlichen Raum, die nicht mehr als 15 zulässt, danach sind es an der 5. und 9. Treppe je 11 und dazwischen je 10 Stufen mit entsprechenden Wörtern. Der unterste Absatz wirkt noch ganz heimelig, da ist die Rede von der Familie, die wärmt, beschützt, streichelt, liebkost, aber auch erschrecken und dann wieder vergeben kann. Von Mutter und Glück, von Heimat, Familie, Ehre, Unschuld aber auch von Angst und schlechtem Gewissen ist in diesem Zusammenhang die Rede. Man kann sich einen ganzen Roman daraus zusammenphantasieren und vorstellen. Dem zweiten Treppenabsatz könnte man den Untertitel Freundschaft zuordnen. Hier gibt es nicht nur Haupt- und Tätigkeitswörter, die in einen solchen Zusammenhang passen, wie lachen, sprechen, beruhigen, aber auch wappnen und zur Wehr setzen, sondern auch Eigenschaftswörter wie friedlich und aggressiv. Im Ganzen aber zeigen hier die Hauptwörter, wo es lang geht, mit Ehrlichkeit, Nähe, Bruder, Begeisterung und Zorn. If one wants to climb the third flight and understand, caution is called for. Here one walks over such terms as rage, envy, accusations, trauma, lies and threat which should clearly be countered by words such as respect, prudence and restraint. Anyone who is distressed by malicious abuse and being offended would do well to be warned against the muddle of extremely different reactions. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 25 25 A new, fourth flight introduces an unreservedly positive feeling – love, affection, kiss on the hand, passion and admirer are the only nouns here. These are joined by adjectives such as ebullient and attractive, before the verbs make everything clear with come together, seduce, yearn, fall in love, dance or tingle. Will man den dritten Treppenlauf begreifend beschreiten, so ist Vorsicht geboten. Hier geht es um bzw. man geht über die Begriffe wie Wut, Neid, Vorwürfe, Trauma, Lügen, Drohung, die offenbar gekontert werden sollen durch Wörter wie Achtung, Besonnenheit und Beherrschung. Wen bösartiges Beschimpfen und Beleidigt sein betrübt, der soll wohl gewarnt werden vor dem Wirr(-Warr) höchst unterschiedlicher Reaktionen. Ein neuer, 4. Treppenlauf eröffnet eine ganz freizügig nachzuvollziehende positive Empfindung: Liebe, Zuneigung, Handkuss, Leidenschaft und Verehrer sind hier die alleinigen Hauptwörter. Dazu gesellen sich die Eigenschaftswörter wie überschwänglich und anziehend, bevor die Verben alles klar ziehen mit zusammenkommen, verführen, schmachten, verlieben, tanzen oder kribbeln. Der 5. Treppenlauf zeigt Unmut in diesmal nur 11 Stationen. Eifersucht, Panik und Zweifel werden hier mit Kurzschluss, Liebeskummer, Kränkung Hass und Enttäuschung gekoppelt. Da bleiben nur drei begleitende und erklärende Begriffe übrig: verzweifelt, weinen und sich verlassen fühlen. Der 6. Treppenlauf baut den nach oben Strebenden zum Ausgleich zehnteilig wortreich wieder auf. Er zeigt Würde, Treue, Güte, Tiefe, Klärung und Ausdauer auf. Er plädiert für standfest bleiben und für beistehen und überwinden. Darin scheint er sich göttlich zu finden. Doch hat man noch nicht alles Schlechte überschritten. In dem sprichwörtlich gefährdeten 7. Absatz folgt Schlimmes auf dem Fuße. Hier braucht man nur der Reihe nach aufzuzählen um zu begreifen, worum es hier geht: Um Schuld, Tränen, Rache, Leiden, Wahn, Schweigen, Missbrauch, Verfolgung, Schrecken und Terror. Nur Hauptwörter kommen zum Ausdruck. The fifth flight shows resentment, this time in only 11 stations. Jealousy, panic and doubt are coupled with rashness, lovesickness, offence, hatred and disappointment. Only three accompanying and explanatory terms remain – desperate, cry and feel abandoned. The sixth flight re-establishes equilibrium in the person striving upwards with a wealth of words in ten parts. It highlights worth, loyalty, benevolence, depth, clarification and perseverance. It advocates remaining steadfast, standing by someone and overcoming. In this it seems to find itself divine. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 26 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 26 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 27 27 Doch dann kommt der Frieden! Die 8. Treppe zeigt die große Versöhnung. Auf Hoffnung baut sie auf, auf Vertrauen und Wertschätzung, ebenso wie auf Verständnis, Besinnung, Einsicht und Mitleid. Nur zwei Verben sind ihre Erfüllungsgehilfen: heilen und beschämen. Die letzte und 9. Treppe hat den ermüdeten Wanderer dann endlich ganz nach oben geführt, zu einer Erhabenheit mit Mut, Sinn, Ehren und Respekt. Jetzt genießt er die Weite des Blicks, die Stille der Freiheit. Die Rücksicht kann er nun wörtlich nehmen, er hat mit seinen 112 Stufen die ganze Treppe und damit viel geschafft. Er kann sich bewundern und an sich glauben. Kurz: er ist zum Schluss von Dankbarkeit bewegt. Was eine stufenreiche Treppe alles an einem sie Betretenden, wenn er denn nicht achtlos darüber geht, bewirken kann, zeigt uns der Künstler zum Teil augenzwinkernd ironisch, zum Teil auch ernst. But not all the bad has been passed yet. In the endangered seventh flight, bad follows. Here one needs only to go through the list to understand what this is about – guilt, tears, vengeance, sorrow, delusion, silence, abuse, persecution, fright and terror. There are only nouns. But then comes peace! The eighth flight shows the great reconciliation. It is based on hope, trust and esteem, understanding, reflection, insight and sympathy. Only two verbs are here to assist – heal and shame. The ninth and last flight has finally led the exhausted wanderer to the top, to sublimity with courage, sense, honour and respect. Now he can enjoy the view in all its expanse and the tranquillity of freedom. He can now literally look back and consider – he has achieved a lot by climbing all 112 steps. He can be proud of himself and believe in himself. In short, he is moved by gratitude at the end. The artist shows us, in part with conscious irony, in part seriously, what a long flight of steps can provoke in a person who has climbed them if he does not just walk over them without thinking. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 28 28 Minimalistische Denkbilder hat Gläsker hier geschaffen. Die Concept Art hat dabei Pate gestanden, nur die Farbigkeit hat er beibehalten. Keine ganzen Sätze, wie bei Jenny Holzer, werden formuliert, sondern präzise Wörter setzen eine poetische Logik in Gang. Horst Gläsker ist prädestiniert ein solches Projekt künstlerisch zu gestalten, auch wenn diese Arbeit ein ganz neues Licht auf seine Interessen wirft. Kunst will er nicht nur für das Ghetto Museum oder Galerie schaffen, sondern sie in die alltägliche Umwelt integrieren oder wie hier in die Stadtarchitektur einbringen. Der „Stadtindianer“ mit dem bunten Federkopfschmuck, wie er sich gern selbst darstellt, ist 1949 in Herford geboren, studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie, hatte früh, bereits 1980-81 eine erste Einzelausstellung im Von der Heydt-Museum, hat seit 1988 verschiedene Gastprofessuren in Münster und Braunschweig inne und war von 1998-2004 ordentlicher Professor an der Kunsthochschule in Kassel. Seit langem beschäftigt er sich mit der Kunst im Dialog mit der Architektur, außerdem hat er vielfarbige, große und kleine Skulpturen geschaffen. So ist seine Auseinandersetzung mit Wörtern auf Treppen in Wuppertal, die er bereits selbst oft schon beschritten hat, für ihn ein besonderes Anliegen, das er meisterlich bewältigt. Die Wuppertaler Treppen sind ein architektonisches Juwel und eine besondere Spezialität dieser Stadt, die aufgrund erheblicher Höhenunterschiede die Wohngebiete im 19. Jahrhundert mit Fußgänger-Treppen verband. Damals entstanden 469 Treppen mit insgesamt 12.383 Stufen. Die berühmteste Treppe hat einen sehr onomatopoetischen Namen: Tippen-Tappen-Tönchen. Denn Treppen erzeugen durch den Benutzer Geräusche. Dass sie jedoch auch Empfindungen hervorrufen können, eine märchenhafte verbal geprägte Reise nach oben begleiten und gleichzeitig zur Ertüchtigung beitragen können, das hat jetzt Horst Gläsker aufgedeckt. So schafft er hier märchenhafte Metamorphosen. Gläsker has created minimalist notions here. It has been inspired by Concept Art – he has only preserved the colourfulness. No complete sentences are formed, as with Jenny Holzer; instead, precise words set off a poetic logic. Horst Gläsker was predestined to create such an artistic project, even though this work casts a new light on his interests. He does not want to create art for the ghetto, museum or gallery, but integrate it into the everyday environment or, as here, install it into the city architecture. The “Urban Indian” with the colourful feather head-dress, as he likes to portray himself, was born in Herford in 1949, studied at the Academy of Fine Arts in Düsseldorf, had his first solo exhibition in the Von der Heydt Museum as early as 1980-81, has held various visiting professorships in Münster and Braunschweig since 1988, and has been a full-time professor at the Kunsthochschule in Kassel since 1998. For a long time he has concerned himself with the dialogue with architecture; he has also created small and large multi-coloured sculptures. His approach using words on the steps in Wuppertal, which he himself has walked on many occasions, is of special concern to him and he executes it in masterly fashion. Wuppertal’s steps are an architectonic jewel and a special feature of the city, which connected the residential districts with flights of steps for pedestrians in the 19th century because of the considerable differences in the ground elevation. 469 flights of steps with a total of 12,383 individual steps were built at that time. The most famous flight of steps has the very onomatopoeic name of Tippen-TappenTönchen – from the sounds produced by visitors when they walk on them. Horst Gläsker has now revealed that steps can, however, also arouse sensations, accompany one on a fabulous, verbal journey upwards and at the same time help make one fit. This is how he creates fabulous metamorphoses here. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 29 29 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 30 Dank Horst Gläsker fängt diese so lange vernachlässigte Treppe nun endlich an zu erzählen und stellt sich auf ihre Begeher ein. Denn über diese Treppe schreiten Einige nachdenklich, Andere versuchen, sich im sportlichen Erobern, wieder Andere sind mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Viele können sich hier finden, die Familien, die Nachbarn, die Liebespaare, die Besorgten, die Beladenen, die Einzelgänger, sogar die Bösen sind von Horst Gläsker beim Wort genommen worden. Man kann die Treppe natürlich auch von oben kommend benutzen, doch dann wird das Lesen schwieriger, aber man hat den Genuss der reinen Farbskala, die nicht auf die Wörter bezogen wurde. Thanks to Horst Gläsker, these steps, which have been neglected for so long, now finally begin to tell a story and adjust to the people who walk over them, since some people walk over these steps pensively; others test themselves physically; still others are occupied with completely different things. Many people can find themselves here – families, neighbours, lovers, the troubled, the burdened, loners, even bad people are taken at their word. The steps can of course also be used to descend, but then it becomes more difficult to read. However, one has the pure pleasure of the spectrum of colours, which is not related to the words. Diese zwischen die Häuserfassaden eingeklemmte, hoch hinausführende Treppe kann sich nun endlich auch selbst zu Wort melden. Übrigens die gewählte Schrifttype heißt: Humanist. These steps, wedged in between the house façades, leading upwards, can now finally also have their own say. Incidentally, the font that is used is called Humanist. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 31 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 32 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 32 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 33 Helga Griffiths – ENGELNBERGTREPPE »Ascending Scale« WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 34 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:55 Uhr Seite 35 35 Helga Griffiths – Informationsträger Dr. Gregor Jansen Kennen gelernt habe ich Helga Griffiths auf der Papierbiennale in Düren. Es war eine dieser Ausstellungen, in denen die thematischen Vorgaben den Blick lenken, und dennoch hat es in ihrem Raum etwas anderes ausgelöst, etwas Übergreifendes bedeutet. Sie hat das (Thema) Papier als Informationsträger behandelt und ernst genommen, es in seiner Beschränktheit fixiert und zugleich die Beziehungen zwischen All-OverStruktur und Individuum provokativ eingebunden. Leitbilder wurden nur angedeutet, die LifestyleMagazine als Hochglanztapete benutzt, deren fade Botschaft diesmal wirklich unseren Lebensstil direkt umkleidete und mit hierin eingebetteten Bildschirmen die zeitgleich gefilmte Orientierungslosigkeit des Betrachters wiedergaben. Kleine, gut versteckte Überwachungskameras filmten ihn, wie er neugierig und hilflos zugleich versuchte, dem Papier Informationen zu entlocken, und sich selbst zu finden. Die Informations-Flut verharrte in hochglänzender, seidenmatt kalter Schönheit und papierener Inhaltsleere - Papier lügt! Und wir im Spiegel ihres Angesichts auch. Dies war 1998. „Ascending Scale“, Computer, elektronische Steuerung, Sensoren, Reflektoren, Lautsprecher “Ascending Scale”, computer, electronic controller, sensors, reflectors, speakers Helga Griffiths – Communication medium Dr. Gregor Jansen My first encounter with Helga Griffiths was at the Paper Biennial in Düren. It was one of those exhibitions which are governed by a given theme, and yet she had managed to make something quite different out of her space, using it to make allusions to a much wider context. She interpreted paper (the theme) as a communication medium and treated it seriously, demonstrating its limitations and at the same time incorporating provocative relationships between overall structure and the individual. Prototypical images were only hinted at; the lifestyle magazines used as glossy wallpaper, whose faded message on this occasion literally clothed our lifestyle and replayed by means of embedded monitors the loss of orientation of the observers, as filmed by tiny, well-hidden observation cameras that filmed them as they tried, curious but helpless, to extract information from the paper and find themselves at the same time. The flood of information was frozen in high-gloss, frigid beauty and the emptiness of paper – paper does lie! As do we in the mirror of its gaze. This was in 1998. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 36 Seit dieser Zeit befasst Helga Griffiths sich mit der menschlichen Wahrnehmung und mit den Codes, die unsere Kommunikationswelt prägen. Die Künstlerin tritt unserer visuell geprägten Kultur entgegen und stimuliert in Multi-SenseInstallationen zur Reflexion. Ihre Arbeit in Wuppertal trägt den Titel „Ascending Scale“. Diese Installation fordert wieder den Besucher, ist aber weitaus interaktiver als damals in Düren. Der Klang, den Griffiths als Material verwendet, ist das 1. Präludium von Bachs „Wohltemperiertem Klavier“. 24 Akkorde wurden in neuer Reihenfolge angeordnet, welche die Besucher durch an der Treppe angebrachte Sensoren und gegenüberliegende Reflektoren auslösen. Die Klangdateien kommen aus dem Computer, an den eine elektronische Steuerung angeschlossen ist: die Klänge überlappen sich. Das ständige Wechselspiel ist enervierend und spannend zugleich: inwiefern beeinflusst der Klang die Bewegung der Besucher oder umgekehrt? Es entsteht eine Gruppendynamik – im Gleichschritt, vorwärts – rückwärts, manche versuchen gar die ursprüngliche Komposition zu spielen. Diese Installation verändert den Rhythmus der Bewegung und gleichzeitig der Rhythmus die Musik. Since then, Helga Griffiths has been working with human perception and with the codes that define our world of communication. The artist makes a stand against our visually oriented culture and stimulates thoughtful reflection in multi-sense installations. Her work in Wuppertal is entitled “Ascending Scale”. This installation again makes demands on the observer, but in a much more interactive way than in Düren. The sound that Griffiths uses as material is the first prelude from Bach’s “WellTempered Clavier”. Twenty-four chords are arranged in new sequences, which are triggered by the visitors as they activate sensors fixed to the steps. The sound files come from a computer equipped with an electronic controller; the sounds overlap. The continual variation is both annoying and exciting: how does the sound influence the movement of the visitors or vice versa? A group dynamic begins to develop – in step, forwards, backwards, some try even to reconstruct the original composition. This installation changes both the rhythm of movement and the rhythm of the music. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 37 Die Lautsprecher sind in den darüber liegenden Bäumen platziert und kaum sichtbar. Generell ist die Installation nur auf den zweiten Blick sichtbar: Computer und Steuerung sind versteckt, alles Visuelle der Installation ist zurückgenommen – man sieht die 100 Jahre alte Treppe und die darüber hängenden Äste der großen Bäume, alte Häuser sowie eine Bank, die Griffiths aufstellte, damit die Besucher auch verweilen, um anderen zuhören und zuschauen zu können. Die Akteure sind erstaunt, wenn sie plötzlich Klang vernehmen, bis sie feststellen, dass es ihr Schritt ist, der diesen auslöst. Auch die Vögel machen ihr Spielchen mit. Die einzelnen Akkorde (aufsteigende Noten), die oft mit einem höheren Ton enden, führten zum Titel „Ascending Scale“. Die Treppe ist der Interaktionsort – steigert das Gruppengefühl, weil ein einzelner natürlich weniger Akkorde spielen kann als eine kleine Gruppe. Die Treppe, die eigentlich Passage ist – wird hiermit zum Verweilort im zeitbasierten Medium Musik für menschliche, zeitbegrenzte Interaktion. The loudspeakers are placed in the trees above the steps and hardly visible. In fact, the whole installation is hardly visible at first sight. Computer and control unit are hidden away, all the visual aspects of the installation minimized – one sees the 100-year old steps and the branches of the big trees hanging over them, the old houses and a bench, which Griffiths had installed so that the visitors could linger to watch and listen to others. These are amazed, when they suddenly hear the sounds, until they realize that they are set off by the movement of their own feet. Even the birds play along. The individual chords all end on a high note, thus giving the work its name (“Ascending Scale”). The steps are a place of interaction – the group feeling is reinforced, because a single person obviously cannot play as many chords as several people together. The steps, which are normally just a passage, become a place to linger in the time-based medium of music for temporary human interaction. The people on the steps become actors – sometimes even nature: leaves falling from the branches above influence the composition just like the birds, which are oddly animated and excited. Helga Griffiths chose the Bach piece because of its rhythm and the rising scales, which unite to give the sound a minimalistic structure and prevent it descending into total chaos. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 38 38 Die Passanten auf der Treppe werden zu Akteuren – manchmal aber auch einfach die Natur: herunterwehende Blätter von den darüber liegenden Ästen beeinflussen die Komposition genauso wie die Vögel, die komischerweise ganz an- und aufgeregt sind. Das Stück von Bach hat Helga Griffiths wegen des Rhythmus und der aufsteigenden Noten ausgewählt, die zusammengenommen dem Klang eine minimale Struktur geben und verhindern, dass er völlig im Chaos versinkt. Nicht zuletzt passt es hervorragend zum bekannten gegenläufigen Werk Marcel Duchamps, denn auch Griffiths Multi-Sense-Installationen sind Wahrnehmungsübersetzungen von Formen – hier die Bewegung in Klang. Andere Arbeiten formen den Braille-Code, der ja haptisch wahrgenommen wird, in eine visuelle Installation (Trust), Sprache in Morse (Sound Chair) oder Eigengeruch in visualisierte Moleküle (Olfactory Analysis). In Wuppertal ist es auch der Herbstgeruch der Blätter auf der Treppe – der gleichzeitig im Unterbewussten zur Musik und zur Bewegung wahrgenommen wird. Spannend wird es in den nächsten Wochen, wenn viele Blätter fallen – dann wird sicherlich eine neue Komposition entstehen – denn so schnell können die Menschen gar nicht gehen, wie die Klänge ausgelöst werden – vielleicht wird es aber auch eine Herbstkakophonie! In addition, the piece fits very well to the wellknown work of Marcel Duchamp (although ascending rather than descending!), because Griffiths’ multi-sense installations are perceptual transformations of forms – in this case movement into sound. Other works include the Braille code, which is perceived by touch, into a visual installation (“Trust”), language into Morse (“Sound Chair”) or the artist’s own smell into visualized molecules (“Olfactory Analysis”). In Wuppertal it is also the Autumn smell of the leaves on the steps, which the visitor perceives unconsciously together with the music and the movement. It will be exciting to see what happens in the next weeks, when more leaves fall – a new composition will surely be produced, as people would not be able to move as fast as the sounds are triggered – perhaps it will become an Autumn cacophony! A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 39 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 40 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 41 Ottmar Hörl – WÜLFINGTREPPE »Weltanschauungsmodell 1« WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 42 07.11.2006 9:56 Uhr Seite 42 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 43 43 Ottmar Hörl, “World View Model 1” (Wülfingtreppe) Dr. Christoph Kivelitz Ottmar Hörl, „Weltanschauungsmodell 1“ (Wülfingtreppe) Dr. Christoph Kivelitz Ein „Weltanschauungsmodell“ hat Ottmar Hörl für Wuppertal geschaffen. Unter einer Weltanschauung versteht man heute für gewöhnlich die auf Wissen, Erfahrung und Empfinden basierende Gesamtheit persönlicher Wertungen, Vorstellungen und Sichtweisen, die die Deutung der Welt, die Rolle des Einzelnen in ihr und die Sicht auf die Gesellschaft betreffen. Indem die Weltanschauung eine Gemeinschaft formt, wirkt sie gleichzeitig aus- und abgrenzend gegenüber Andersdenkenden, die sich diesen Vorstellungen nicht unterordnen mögen. Hier zeigt sich die politische Dimension des Begriffs. Andererseits ist der hiermit verknüpfte Anspruch durch den Titel relativiert. Es handelt sich ja offenbar „nur“ um ein zu reproduzierendes Muster, dem man sich geschmeidig oder widerständig anzugleichen hat. Als vereinfachendes und meist verkleinertes Abbild der Wirklichkeit dient das Modell der Nachahmung eines Vorbilds. Daraus ergibt sich die Frage, ob die von Ottmar Hörl geschaffene Skulptur sich abbildhaft auf ein bereits festgelegtes Konzept von Weltanschauung bezieht oder aber als Hilfsmittel zur Bestimmung einer solchen Einstellung zu betrachten ist. Die arabische „1“ als Teil des Titels suggeriert zudem, dass eine Sequenz weiterer Modelle folgen kann, wodurch die absolute Haltung weiter anzuzweifeln ist. „Weltanschauungsmodell 1“, 170 Kunststofffiguren “World View Model 1”, 170 plastic figures Ottmar Hörl has created a “World View Model“ in Wuppertal. By world view, nowadays one usually thinks of the sum of personal evaluations, notions and perspectives based on knowledge, experience and feeling which concern the interpretation of the world, the role of the individual in it and the view of society. By forming a community, the world view simultaneously excludes and restricts the dissenter who refuses to be subordinated to these notions. It is here that the political dimension of the term is revealed. On the other hand, the demand which is associated with it is relativised by the title. It clearly deals with “only” a reproduced model which one has to conform to with flexibility or resistance. As a simplifying and mostly miniaturised image of reality, the model serves as the imitation of an archetype. This raises the question whether the sculpture Ottmar Hörl has created is an image which refers to a pre-determined world view concept or should be regarded as an aid to defining such an attitude. The Arabic numeral “1” in the title also suggests that a sequence of further models might follow through which an absolute stance is to be further questioned. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 44 44 Das „Weltanschauungsmodell“ verkörpert sich in einer auf der Wülfingtreppe sitzenden, männlichen Gestalt, deren Größe exakt durch die Maße der einzelnen Stufen vorgegeben ist. Diese Figur begleitet in 170facher Ausführung – zu dichten Gruppen angeordnet – die oberen, auf das Tal ausgerichteten Treppenabsätze. Die Passanten sehen sich gezwungen, mäandernd zwischen und neben diesen kleinwüchsigen Gestalten ihren Weg zu finden. Diese nehmen ihrerseits von dieser Bewegung keinerlei Notiz, sind sie doch ganz in den Blick durch das Fernrohr auf das sich ihnen bietende Panorama versunken. Die graue Einfärbung der Oberfläche akzentuiert die Gleichförmigkeit der in Kunststoff gegossenen Figuren, die als „Weltanschauungsmodelle“ damit auf eine Ebene der Neutralität gestellt sind. Jede Farbgebung würde bestimmte Konnotationen im Hinblick auf das religiöse Bekenntnis, die politische Haltung oder die individuelle Einstellung zum Leben mit sich bringen. Diese Verknüpfungen scheinen nun zwar als mögliche Perspektiven auf, bleiben nun jedoch grundsätzlich in eine dynamische Austauschbeziehung vielfältiger, sicherlich auch heterogener „Weltanschauungen“ eingebunden. Auch die Gruppe weißer Beobachter, die am untersten Treppenabsatz aufgereiht sind, bewahrt eine neutrale Haltung. Das künstlerische Denken von Ottmar Hörl (geb. 1950 in Nauheim) zielt auf Bildmodule, die er aus den kulturellen, ökonomischen oder sozialen Besonderheiten seiner jeweiligen Aktionsorte ableitet. Dabei greift er Redewendungen – „geflügelte Worte“ – auf, in denen kulturhistorische oder gesellschaftliche Aspekte oftmals clichéhaft aufgehoben sind. Indem er Sprichworte in plastische Bilder übersetzt, diese seriell vervielfältigt und dann zu Ornamenten strukturiert in den öffentlichen Raum einbringt, ent- The “World View Model“ is embodied in the figure of a man sitting on the Wülfingtreppe, whose size is determined exactly by the dimensions of the individual steps. This figure is reproduced 170 times – arranged into dense groups – and follows the upper flights of steps along the slope of the valley. Passers-by find themselves forced to thread their way through and around these small figures. For their part, the figures take absolutely no notice of this movement, entirely engrossed as they are in the view of the panorama which they can see through their binoculars. The grey colouring of the surface accentuates the uniformity of the plastic moulded figures which thus places them on a level of neutrality as “world view models”. Any colour scheme would carry with it specific connotations as regards religious commitment, political stance or an individual attitude towards life. These associations may well now appear to be possible perspectives, yet they remain fundamentally bound to a dynamic relationship of exchange of diverse and certainly heterogeneous “world views”. The group of white observers which are lined up on the lowest flight of steps equally maintain a neutral stance. The artistic thinking behind the work of Ottmar Hörl (b. Nauheim, 1950) is directed towards image modules which he derives from the cultural, economic or social particularities of the area of activity in which he is working. In this, he seizes on figures of speech – “familiar quotations” – in which cultural historical or social aspects are often contained in cliché form. By translating sayings into sculptured images, duplicating them in series and then installing them in public space structured into ornaments, these expressions develop a function which organises their surroundings and thereby demonstrate their political and A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 45 45 social effectiveness. The philosophical “commonplaces” reveal their normative character and form themselves into a collective “reflection of opinion” which is, however, questioned by the respective context of the work as a directive for action. wickeln diese Aussprüche eine ihr Umfeld organisierende Funktion und demonstrieren hiermit ihre politische und soziale Wirksamkeit. Die philosophischen „Allgemeinplätze“ offenbaren ihren normativen Charakter und formieren sich zu einem kollektiven „Meinungsbild“, das allerdings durch den jeweiligen Kontext der Arbeit als Handlungsdirektive in Frage gestellt wird. Über die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, politischen, kunsthistorischen oder historischen Themen verschafft Ottmar Hörl seinem Werk eine größtmögliche Öffentlichkeit, so bspw. in den letzten Jahren durch „Das große Hasenstück“ mit 7.000 grünen Plastik-Repliken von Dürers Hase oder durch seine unzähligen Berliner Bären, die er auf Mittelstreifen Unter den Linden positionierte. In diesen Projekten zeigt sich die für Ottmar Hörl charakteristische Diskrepanz zwischen Trivialität und Erhabenheit. Die zentrale Grundfigur seiner Installationen bezieht sich By dealing with social, political, art historical or historical themes, Ottmar Hörl provides his work with the highest possible level of publicity, as for example in the past few years with “Das große Hasenstück” which involved 7,000 green plastic replicas of Dürer’s Hare, or with his countless Berlin Bears which he placed on the central reservation of Unter den Linden. In these projects, the discrepancy between triviality and sublimity, which is characteristic of Ottmar Hörl’s work, is revealed. The central basic figure of his installations refers to an everyday reality which, as a result of standardisation and through the serial patterns of order, takes on a superiority which dominates the space. The real references are lent a A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 46 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 46 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 47 47 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 48 48 jeweils auf eine Alltagswirklichkeit, die infolge der Standardisierung und durch die seriellen Ordnungsmuster eine den Raum beherrschende Übermacht gewinnt. Die realen Bezüge gewinnen durch die Vervielfältigung eine grotesk-satirische Wirkung. Durch diese Verschiebung wird einer grundlegenden Veränderung der Anschauung von Wirklichkeit Vorschub geleistet. Unter dem Überbegriff „Plastik als Organisationsprinzip“ entsteht ein bildhauerisches Werk, das insbesondere soziale Ordnungssysteme reflektiert und den Begriff der Plastik bereits in ihrem Entstehungsprozess zeit- und wahrnehmungsbezogen erweitert. In diesem Sinne wirft auch das „Weltanschauungsmodell 1“ weitere Fragen auf. Handelt es sich bei der den Blick in die Ferne richtenden Gestalt um die Wiederkehr eines romantischen Sehnsuchtsmotivs? Reflektiert der Künstler die in den medialen Bilderfluten verflossene Betrachtung von Wirklichkeit? Handelt es sich damit um ein Symbol für Wahrnehmung unter den Bedingungen ihrer Unmöglichkeit? Oder ist es schlicht und einfach eine Hommage an die außergewöhnliche Topographie der aus dem Tal in die Hänge hinein gewachsenen Stadt? Vielleicht ist es aber auch eine negative Projektionsfigur für die sich fortschreitend individualisierende Gesellschaft, deren Individuen sich nur noch per Voyeurismus miteinander auseinander setzen? In jedem Fall geht es darum, die Wahrnehmung des Betrachters auf die Besonderheit des Gewöhnlichen zu lenken, aber auch auf dessen Austauschbarkeit und damit die Nichtexistenz des Individuellen. Das Leben unterwirft sich einer DIN-Norm, die aber als Leerformel und Modell dazu herausfordert, sich in einem offenen System zu positionieren und in der alltäglichen, politischen und sozialen Wirklichkeit Gestaltungsansätze aufzufinden. grotesque and satirical impact through the duplication. This displacement fosters a fundamental change in the view of reality. With the umbrella term “sculpture as the organising principle”, a sculptural work is created with various different materials and techniques which reflect social order systems in particular and broaden the term sculpture with respect to time and perception right from the very creation process. In this sense, the “World View Model 1“ raises further questions. Is the figure looking into the distance a return to a Romantic motif of longing? Is the artist reflecting the blurred view of reality as seen through the floods of images in the media? Is it thereby a symbol for perception on the condition of its impossibility? Or is it quite simply an homage to the extraordinary topography of the city which grew out of the valley and onto the slopes? Perhaps it is also a negative projection figure for the progressive individualising society whose individuals only confront each other through voyeurism? Whatever the case may be, it is about steering the observer’s perception towards the particularity of the familiar, but also towards its interchangeability, and thus the non-existence of the individual. Life submits itself to an industrial standard which, as an empty formula and model, challenges one to position oneself in an open system and to discover new starting points for other designs within everyday, political and social reality. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 49 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 50 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 50 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 51 51 Maik und Dirk Löbbert – KOSAKENWEG »Relief« WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 52 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 52 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 9:57 Uhr Seite 53 Maik und Dirk Löbbert: „Relief“ Dr. Anne Schloch Kunst und Wirklichkeit – das sind die beiden zentralen Pole im Werk von Maik und Dirk Löbbert. Ihr Ziel: Die Trennung zwischen den beiden Bereichen aufzulösen, so dass sie fließend ineinander übergehen und eine Einheit bilden. Die Frage nach dem Ort der Kunst und deren gesellschaftlicher Akzeptanz ist dabei für die beiden Brüder elementar. Um die Kunst in den Alltag und in die Gesellschaft zu integrieren, arbeiten sie nicht nur im institutionellen Kunstkontext für ein kunstinteressiertes Publikum, sondern auch im öffentlichen Raum für den zufällig vorbeikommenden Passanten. Ihre Arbeiten platzieren sie dabei nie an den kulturhistorischen oder touristischen Höhepunkten, den allgemein bekannten und beliebten Postkartenmotiven. Ganz im Gegenteil: ihre künstlerische Vorliebe gilt den UnOrten, den eher unschönen „Sehenswürdigkeiten“, die in jeder Stadt existieren. Die Arbeiten von Maik und Dirk Löbbert bestehen oft aus nur minimalen Veränderungen, kaum wahrnehmbaren Interventionen, die sich stets wie ein Chamäleon ihrer Umgebung anpassen und erst auf den zweiten Blick sichtbar werden. Diese ortsspezifischen Eingriffe sind das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der jeweiligen Situation. Das Vorhandene wird von den beiden Brüdern sorgfältig analysiert, um die Besonderheit des jeweiligen Ortes, seine charakteristischen und spezifischen Eigenheiten, herauszufiltern. Für ihre subversiven Interventionen verwenden die beiden Künstler dann meist genau die Elemente und Materialien, die sich bereits an dem jeweiligen Ort befinden und seine Eigenart ausmachen. So gelingt es ihnen, zwischen dem Kunstwerk und seiner Umgebung eine untrennbare Einheit herzustellen, in der der Unterschied zwischen Vorgefundenem und Gestaltetem aufgehoben wird und die Polarität von Kunst und Wirklichkeit zu einer Symbiose geführt wird. „Relief“, 2006, Holz, Zink, Faserzement, 3,30 x 5,40 x 0,11 m “Relief”, 2006, wood, zinc, fibrous cement, 3,30 x 5,40 x 0,11 m Maik and Dirk Löbbert: „Relief“ Dr. Anne Schloch Art and reality – these are the two central poles of Maik and Dirk Löbbert’s work. Their goal – to eliminate the division between both spheres so that they blend fluidly with each other and form a unity. The question of the place of art and its social acceptance is fundamental to the two brothers. In order to integrate art into everyday life and society, they not only work in the institutional art context for an art-loving audience, but also in public space for people who just happen to be passing by. They never place their works in cultural historical or tourist hotspots, the generally well-known and loved postcard motifs. On the contrary, their artistic preference is rather for non-sites, those unpicturesque “sights” which exist in every city. Maik and Dirk Löbbert’s works often consist of only minimal alterations, hardly perceptible interventions, which, chameleon-like, always blend in with their surroundings and only become visible on closer inspection. These sitespecific intrusions are the product of an intense examination of the given conditions of the situation the artists are working in. The two brothers meticulously analyse what is already available to filter out the particularity of the site and its characteristic and specific singularities. The artists then use most of the elements and materials already present at the site which constitute its special character for their subversive interventions. In this way, they manage to establish an indivisible unity between the artwork and its surroundings in which the difference between what has been found at the site and what has been created is removed and the polarity of art and reality is brought into symbiosis. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:14 Uhr Seite 54 54 Auch in Wuppertal haben Maik und Dirk Löbbert eine solche, die Wahrnehmung des Betrachters herausfordernde Intervention realisiert. Die zahlreichen Treppenanlagen, die sich in dem Stadtteil Ostersbaum befinden, schlängeln sich versteckt zwischen den Häusern durch das Viertel und bieten dem Fußgänger ungewohnte Ansichten, da neben den zur Straße ausgerichteten und architektonisch gestalteten Häuserfassaden auch die schmucklosen Rückseiten der Gebäude sichtbar werden. Dabei handelt es sich sehr häufig um Brandwände, die mit grauen oder weißen Schindeln aus Faserzement verkleidet sind. Mit Schieferschindeln bedeckte Hauswände sind typisch für das Bergische Land und prägen auch das Stadtbild von Wuppertal. Doch immer häufiger wird der Schiefer durch kostengünstigere Materialien ersetzt. So auch am Kosakenweg, wo am Ende der kleinen Treppe mehrere unterschiedlich verschindelte Brandwände aufeinandertreffen – große monochrome, gleichmäßig gerasterte Flächen, die nur vereinzelt durch eine Fenster- oder Türöffnung unterbrochen werden, säumen den Weg. Genau an dieser Stelle wird der Fußgänger mit einem Stück Wand konfrontiert, das dort an eine Mauer angelehnt steht und mit den gleichen grauen Schindeln verkleidet ist wie eines der direkt dahinter aufragenden Gebäude. Vollkommen selbstverständlich und doch irgendwie fremd In Wuppertal, Maik and Dirk Löbbert have also carried out such an intervention which challenges the observer’s perception. The numerous sets of steps which are to be found in the Ostersbaum district wind their way through the quarter, concealed between the houses, and provide the pedestrian with unfamiliar views because, besides the architectonically designed house façades which look onto the street, the unadorned rear of the buildings can also be seen. These are often fire walls which are lined with grey or white fibre cement shingles. House walls covered with slate shingles are typical for the Bergisches Land region and also characterise the cityscape of Wuppertal. However, slate is being increasingly replaced by cheaper materials. This is also the case in Kosakenweg, where several different shingled fire walls meet at the end of the short flight of steps – large, monochrome, uniformly grid patterned surfaces line the path, only occasionally interrupted by a window or doorway. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 wirkt dieses Fragment. Irritiert sieht sich der Betrachter die Wände der umliegenden Häuser genauer an: Hat sich irgendwo ein Stück aus der Wand gelöst oder soll eventuell ein neues Stück eingesetzt werden? Wurde das Stück Wand vielleicht vergessen oder ist es absichtlich dort abgestellt? „Nichts ist schwerer zu wissen, als was wir eigentlich sehen“, hatte schon 1945 der französische Philosoph Maurice Merleau-Ponty erkannt. „Relief“ – so lautet der Titel dieser Arbeit von Maik und Dirk Löbbert. Das Relief, das jahrtausendelang überwiegend im architektonischen Zusammenhang anzutreffen war und sich erst im 20. Jahrhundert als autonome Kunstform etabliert hat, bewegt sich zwischen Malerei und Plastik, Fläche und Volumen, Zwei- und Dreidimensionalität. Charakteristisch für das Relief ist, dass ausschließlich die Vorderseite bearbeitet wird und sich die Darstellung plastisch vom Hintergrund abhebt. Diese Merkmale zeigt auch das Löbbertsche „Relief“ auf dem Kosakenweg: Nur auf der Vorderseite ist es mit Schindeln bedeckt und da sich diese überlappen, entsteht auf der Fläche eine leichte, eine „reliefhafte“ Plastizität. Auch 10:14 Uhr Seite 55 At this very point, the pedestrian is confronted by a piece of wall which has been leant up against the outside wall and lined with the same grey shingles as one of the buildings directly behind it. This fragment seems quite natural and yet somehow strange. Confused, the observer looks more closely at the walls of the surrounding houses – has a piece of wall come away or is a new piece perhaps being put in? Has the piece of wall perhaps been forgotten or has it been left there on purpose? “Nothing is harder to know than that which we can actually see,” remarked the French philosopher Maurice Merleau-Ponty back in 1945. “Relief” is the title of this work by Maik and Dirk Löbbert. The relief, which has been a prominent feature in the architectonic context for millennia and first established itself as an autonomous art form in the 20th century, moves between art and sculpture, plane and volume, two and three dimensionality. What A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:14 Uhr Seite 56 56 in ihren architektonischen Kontext fügt sich die Arbeit „Relief“ ein, aber nur scheinbar. Ein kleiner Teil hängt über der Treppe in der Luft, ein Stück ragt oben über die Mauer – „Relief“ passt sich nicht wirklich an, sondern greift das Vorhandene auf, um es in eine neue Dimension zu überführen. „Relief“ zeigt kein auffälliges Gegenbild, keine spektakuläre Installation, sondern eine stille Intervention, in der mit einfachen Mitteln nicht nur ein spannendes Wechselspiel zwischen Fläche und Volumen, Sein und Schein, Oberfläche und Körper, Gewöhnlichem und Außergewöhnlichem geschaffen wird, sondern auch eine komplexe Verschränkung von Kunst und Leben, da der Kontext zum Inhalt der Arbeit und die Arbeit zugleich zum Bestandteil des Kontextes wird. „Relief“ – ein minimaler Eingriff mit maximaler Wirkung. is characteristic of the relief is that only the front side is modelled and the image is projected out from the background as a sculpture. This feature is also present in the Löbbert “Relief” in the Kosakenweg – only the front side is covered with shingles and because these overlap, a light, “relief-like” plasticity emerges on the surface. The work “Relief” also fits in with the architectonic context, but only seemingly. A small part hangs over the steps in the air, a piece protrudes over the outside wall – “Relief” does not really blend in, but rather seizes on what is already present in order to transport it into a new dimension. “Relief” does not present a conspicuous opposing image or spectacular installation, but a silent intervention in which a fascinating interplay between plane and volume, appearance and reality, surface and body, the ordinary and the extraordinary is created by simple means. It also shows a complex interweaving of art and life since the context becomes the content of the work and at the same time the work becomes an integral part of the context. “Relief” – a minimal intrusion with a maximum effect. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:14 Uhr Seite 57 57 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 58 07.11.2006 10:14 Uhr Seite 58 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:14 Uhr Seite 59 Tatzu Nishi – FLENSBURGER TREPPE »Die Treppe« WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 60 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 60 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 61 Tatzu Nishi „Die Treppe“ (Flensburger Treppe) Dr. Christoph Kivelitz Auf die Frage, wer er sei, antwortet er: Tatsurou Bashi, Tazro Niscino, Tatzu Nishi. Der Frage, welches seine Lieblingsstadt sei, entgegnet er, er möge alle Städte, wenn er sie als Fremder besuche. Wenn es möglich wäre, würde er nicht immer an einem Ort bleiben wollen. Lieblingsskulptur im öffentlichen Raum sei ihm die Stadt selbst mit ihren Hochhäusern, Autobahnen, Baustellen, jungen Leuten, alten Leuten, Autos, Straßenbahnen, Neonlampen etc. Tatsurou Bashi alias Tazro Niscino alias Tatzu Nishi lebt als Wanderer zwischen den Welten und ewiger Flâneur eine transkulturelle Identität.1 Als Künstler japanischer Herkunft arbeitet er vornehmlich im westlichen Europa. Bevorzugt bewegt er sich an den Rändern des Betriebssystems Kunst, verlässt er den institutionellen Rahmen und umspielt mit Installationen und Interventionen die Schnittstellen von öffentlichen, halb-öffentlichen und privaten Räumen. Als Grenzgänger beobachtet er einen Alltag und eine Kultur, die seiner Herkunft fremd sind, spürt er Zeichen auf, die dem gewöhnlichen Passanten durch Gewöhnung oder Unachtsamkeit kaum noch wahrnehmbar sind: Denkmäler, Skulpturen, architektonische Details, Elemente der Stadtmöblierung. Es sind Dinge, denen im Stadtraum eine funktionale oder zumindest symbolische Bedeutung zu Eigen ist, die aber in dieser Bestimmung fast vollständig unsichtbar geworden sind. Tatzu Nishi begreift diese Versatzstücke des öffentlichen Lebens als „objets trouvés“, die er dem gegebenen Kontext, damit auch ihrer eigentlichen Bedeutung entrückt und in ungewohnte Zusammenhänge einbringt. „Die Treppe“, OSB-Platten, Farbe, Leuchtstoffröhren, Türen “The Stairway”, OSB panels, paint, fluorescent tube, doors Tatzu Nishi “The Stairway“ (Flensburger Treppe) Dr. Christoph Kivelitz His answer to the question “Who are you?“ is: Tatsurou Bashi, Tazro Niscino, Tatzu Nishi. His reply to the question “What is your favourite city?” is that he likes all cities when he visits them as a stranger. If it were possible, he would not always want to stay in one place. His favourite sculpture in public space is the city itself, with its high-rise buildings, motorways, building sites, young people, old people, cars, trams, neon lights and so on. Tatsurou Bashi alias Tazro Niscino alias Tatzu Nishi lives a transcultural identity as a wanderer between worlds and an eternal flâneur of Japanese origin, the artist primarily works in Western Europe.1 He prefers to move on the fringes of the operating system of art, leaving the institutional framework and playing around with the interfaces of public, semi-public and private spaces in his installations and interventions. As someone who constantly crosses frontiers, he observes an everyday way of life and culture which are foreign to him; he pinpoints symbols which have become all but imperceptible to the everyday passer-by through familiarity or inattentiveness – monuments, sculptures, architectonic details, elements of urban decoration. These are things which have a functional or at least symbolic meaning in themselves within the city space, but which have become almost entirely lost in this context. Tatzu Nishi sees these set pieces of public life as “objets trouvés” which he removes from the given context – and thereby their actual meaning – and places them in unfamiliar associations. By means of scaf- A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 62 62 Durch Gerüstkonstruktionen, Pavillons oder Umbauten werden sie aus dem öffentlichen Raum herausgeschnitten, isoliert und – im Sinne einer Verfremdung – durch den neu geschaffenen Kontext in eine eher privat anmutende Sphäre verpflanzt. Auch die gewohnte Maßstäblichkeit erfährt hierdurch eine Verfremdung. Die sich im architektonischen oder städtebaulichen Umfeld nahezu verlierende Skulptur dringt in ein Wohnoder Schlafzimmer ein. In ihrer Raum sprengenden Präsenz irritiert das Objekt die mit der Atmosphäre von Gemütlichkeit und Geborgenheit konnotierten Werte von privater Intimität und bürgerlicher Zurückgezogenheit. Die den öffentlichen und privaten Raum durchwirkenden Hierarchien und Ordnungsmuster werden gegeneinander verschränkt, durch absurd erscheinende Verknüpfungen angezweifelt und im Hinblick auf mögliche neue Konstellationen in Bewegung versetzt. folding constructions, pavilions or structural alterations, they are cut out of the public space, isolated and – for the purpose of alienation – transplanted into a rather more private-like sphere through the newly created context. This also causes the familiar scale to undergo a process of alienation. Sculpture, which has all but disappeared in the architectonic and urbanistic sphere, finds its way into a living-room or bedroom. In its presence, which seems to break open the space, the object confuses the values of private intimacy and middle-class security which are connoted by the atmosphere of cosiness and seclusion. The hierarchies and patterns of order which interweave public and private space are intermingled, challenged by seemingly absurd associations and set in motion in terms of possible new constellations. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 In Wuppertal-Ostersbaum hat Tatzu Nishi die Flensburger Treppe für seine Intervention ausgewählt. Die durch hoch aufragende Brandmauern in eine enge Schlucht transformierte Treppenanlage wird vielfach durch örtliche Passanten genutzt. Der schummerige Treppenabgang ist nur durch einige wenige nostalgisch wirkende, oftmals defekte Laternen aufgehellt. Von den städtebaulichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts nahezu vergessen, transportieren allein Graffiti, wenig fachmännisch angebrachte Stromleitungen oder Lüftungsklappen diesen zwar dunklen, doch auch „romantisch“ empfundenen Passagenraum in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts. Ein klassisches Gesims sowie ein dekoratives Wappen evozieren den gründerzeitlichen Boom der Industrialisierung, dem das gesamte Stadtviertel seine Existenz verdankt. Tatzu Nishi hat den Treppenlauf durch abschließende Stirnwände und eine Deckenkonstruktion aus dem eng bebauten Häuserquartier herausgelöst. Die Außenraumsituation wird in einen Innenraum transformiert, der durch Flügelglastüren zu betreten und auch wieder zu verlassen ist. Der offene Treppenabgang transformiert sich in ein architektonisches Gebilde, das wie eine Schleuse zwischen das höher und das tiefer gelegene Stadtviertel geschoben ist. Die eingezogene Decke setzt im vorderen Bereich in Höhe des das erste Geschoss abschließenden Gesimses an und wird diesem folgend mit nur einer Abstufung bis zur unteren Stirnwand fortgesetzt. Dabei wird die unter der Tragekonstruktion angebrachte, weiß gestrichene Holzdecke, einem Innenraum gemäß, vollkommen negiert. Während die Dimensionen des Raumes im oberen Bereich zunächst durchaus den Maßen einer Altbauwohnung entsprechen, vermittelt sich im weiteren Abstieg schließlich der Eindruck eines gewaltigen, fast sakral anmutenden Leerraums, der eine meditativ-kontemplative Haltung des Passanten befördert. Die nüchterne Beleuchtung durch 10:15 Uhr Seite 63 In the Ostersbaum district of Wuppertal, Tatzu Nishi has selected the Flensburger Treppe for his intervention. These steps, which have been transformed through high fire partitioning walls into a narrow canyon, are frequently used by local passers-by. The dimly lit steps are only illuminated by a few nostalgic, often defective street lanterns. All but forgotten by the urban developments of the 20th century, the graffiti and a few professionally installed electricity cables or air vents are all that transport this dark, but at the same time “romantic”, passage space into the 21st century present. A classical cornice and a decorative coat-of-arms evoke the Gründerzeit boom of industrialisation to which the entire district owes its existence. Tatzu Nishi has removed the steps from the densely built-up residential area by means of closed off end walls and a roof construction. The exterior space setting has been transformed into an interior space which can be entered and exited through sets of glass doors. The open steps have been transformed into an A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 64 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 64 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 65 65 Neonröhren überblendet das gewohnte Halbdunkel, so als sei jeder Besucher hier einer verschärften Beobachtung ausgesetzt. Doch auch bei diesem Projekt ist nicht die durch den Künstler eingebrachte Konstruktion Gegenstand der „Ausstellung“, vielmehr ist diese als Instrument zu verstehen, mit dessen Hilfe die Wahrnehmung um- bzw. neu orientiert werden soll. Auch die Leere und die gewaltigen Dimensionen des Raumes sind nicht der eigentliche „Inhalt“ des Projekts, sondern die Spuren menschlichen Handelns und Wirkens, so wie sie diesen Passagenraum durchdringen: die Elemente des gründerzeitlichen Dekors, Leitungen, Lüftungskanäle und Graffiti. Wie in Fährten und Zeichen wird durch sie die Qualität des Raumes als Ort der Begegnung, des Durchgangs und Aufenthalts, des Lebens, architectonic entity which has been inserted between the upper and lower lying districts of the city like a sluice gate. The built-in ceiling is attached in the upper section at the level of the cornice which closes off the first floor and follows this with only a single gradation to the lower end wall. This completely negates the white painted wooden ceiling, which is befitting for an internal space, mounted under the support construction. Whereas the dimensions of the space in the upper section correspond perfectly to those of a flat in an old building, the impression of a vast, almost sacred-like empty space is conveyed the further one descends which fosters a meditative and contemplative attitude in the passer-by. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 66 66 Wohnens und Arbeitens anschaulich. So wird die von Tatzu Nishi provisorisch eingebrachte Architektur tatsächlich als Resonanzkörper alltäglicher Erfahrungen im Umgang mit öffentlichen und privaten Räumen erlebbar. 2 Der Passant sieht sich beim täglichen Durchschreiten dieses Treppenraums in eine Konstruktion geworfen, die ihn in den Austauschprozess von Privatheit und Öffentlichkeit, zwischen Geschichte und Gegenwart einbezieht. Die gewohnten Abtrennungen und Grenzverläufe raumzeitlicher Strukturen verfließen in einem Kontinuum, in dem Besucher und Passanten sich bewusst positionieren und orientieren müssen. So schafft Tatzu Nishi hier in gewisser Weise einen Raum des Übergangs, an dem er den täglichen Nutzer dieses Treppenabgangs an seinem eigenen Grenzgängertum Anteil nehmen lässt. 1 In einem Gespräch mit Ali Subotnik, Broschüre zur Ausstellung der Gallery Michael Janssen, Köln 2002. 2 Vgl. Gregor Jansen: „Relativität und ihre Resonanz“, in: Tatsurou Bashi alias Tazro Niscino | obadch | ad hoch | Das habe ich gar zu gern | Der Neunsitzer | Hotel Continental | Tama | Gut zu wissen | Mir ist seltsam zumute. Hrsg. Junge Kunst e.V., Wolfsburg 2002, o.S. The sober neon strip lighting dispels the usual semi-darkness, as if every visitor is exposed to intense scrutiny. However, also in this project, the construction installed by the artist is not the object of the “exhibition”, but should rather be seen as an instrument with whose help perception should be realigned or newly oriented. Equally, it is not the emptiness and the vast dimensions of the space that are the actual “content” of the project, but the traces of human action and behaviour in the way that they penetrate the passage space – the elements of Gründerzeit décor, cables, air vents and graffiti. Just as with tracks and symbols, the quality of the space as a place to meet, to pass through and to rest, to live and to work comes to life through them. In this way, Tatzu Nishi’s temporarily installed architecture can actually be experienced as a sounding board of everyday human experiences in dealing with public and private spaces. 2 In passing through this step space every day, the passer-by finds himself thrust into a construction which draws him into the exchange process of the private and the public, between the past and the present. The familiar separation and demarcation of space-time structures blur in a continuum in which visitors and passers-by consciously have to position and orient themselves. Thus, in a certain way Tatzu Nishi creates a space of transition in which he allows the everyday user of these steps to share in his own frontier crossing. 1 In an interview with Ali Subotnik, exhibition brochure for the Gallery Michael Janssen, Cologne 2002. 2 cf. Gregor Jansen: „Relativität und ihre Resonanz“ (Relativity and its resonance), in: Tatsurou Bashi alias Tazro Niscino | obadch | ad hoch | Das habe ich gar zu gern | Der Neunsitzer | Hotel Continental | Tama | Gut zu wissen | Mir ist seltsam zumute. Published by Junge Kunst e.V., Wolfsburg 2002. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 67 67 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 68 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 69 Babak Saed – »Strafarbeit für Wuppertal« TREPPE AN DER HUSUMER STRASSE WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 70 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 71 71 NEW SENSE CONNECTIONS – A temporary installation on the Husumer Treppe in Wuppertal by Babak Saed NEUE SINNZUSAMMENHÄNGE – Über eine temporäre Installation von Babak Saed an der Husumer Treppe in Wuppertal Dr. Necmi Sönmez Babak Saed erforscht mit seinen Installationen und Projekten im öffentlichen Raum konsequent die verschieden Bedeutungsebenen der deutschen Sprache. Seine konzeptuellen Arbeiten, die sich mit Sinn, Ausdrucksstärke und Präzision der deutschen Sprache auseinander setzen, sind irritierend und anziehend zugleich. Wenn man sich seine Projekte vergegenwärtigt, begegnen einem immer wieder vieldeutige Sätze: GEHDOCHDAHINWOICHHERKOMME, ICHHABEIMMERNUREINENGEDANKEN,ICHKOMMEUNDGEHEOHNEDIRFREMDZUSEIN, DEINELUSTISTQUALVOLL. Diese Sätze, die nur aus Großbuchstaben ohne Leerzeichen und Zeichensetzung bestehen, funktionieren wie ein konzeptueller Fingerzeig, der den Lesenden bis zu einem gewissen Punkt geleitet, ihn dann jedoch eigenständig weitergehen lässt. Für sein aktuelles Projekt im Wuppertaler Stadtteil Ostersbaum nutzt Saed die an einem engen Treppendurchgang aufragende Seitenfassade eines Wohnhauses als Präsentationsfläche. Diese schmale, stark frequentierte Treppenanlage an der Husumer Straße bietet eine Abkürzung auf dem Weg zur Betreuungsstelle des Roten Kreuzes, die überwiegend von Drogenabhängigen und Wohnungslosen aufgesucht wird. Diese Passage ist, wie auch die anderen Treppen im historischen Stadtteil, insgesamt verwahrlost und an den flankierenden Wänden und Gemäuern von Graffiti überzogen. „Strafarbeit für Wuppertal“, Graffiti auf Wand, 12 x 10 m “Lines for Wuppertal”, graffiti on wall, 12 x 10 m Dr. Necmi Sönmez In his installations and projects in public space, Babak Saed rigorously explores the various levels of meaning of the German language. His conceptual works, which deal with the meaning, expressiveness and precision of the German language, are both unsettling and attractive. When one thinks of his projects, one repeatedly encounters ambiguous sentences – GEHDOCHDAHINWOICHHERKOMME, ICHHABEIMMERNUREINENGEDANKEN, ICHKOMMEUNDGEHEOHNEDIRFREMDZUSEIN, DEINELUSTISTQUALVOLL. These sentences, which consist only of capital letters without spaces or punctuation, function as a conceptual pointer which leads the reader to a certain point but then lets him continue on his own. For his current project in the Wuppertal district of Ostersbaum, Saed uses as his presentation surface the side façade of a residential building which stands next to a narrow flight of steps. These narrow, frequently used steps in Husumer Straße offer a short-cut to the drop-in centre of the Red Cross, which is mainly frequented by drug addicts and homeless people. This passage has, like the other steps in this historical district, by and large fallen into disrepair and is distinctly covered with graffiti on the masonry and walls on either side. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:15 Uhr Seite 72 Saeds Intervention mit dem Titel „Strafarbeit für Wuppertal“ ist als temporäre Installation unter Beteiligung der Anwohner entstanden. Die bereits zuvor Graffiti tragende Häuserwand wurde zunächst gründlich reinigt, wobei die vorhandenen Farbspuren nicht vollständig beseitigt wurden. Darüber wurde eine besondere, Graffiti abweisende Schutzschicht aufgetragen, um hierdurch die kontinuierliche Reinigung und Erneuerung der Arbeit zu ermöglichen. Saed’s intervention, entitled “Lines for Wuppertal”, was created as a temporary installation with the participation of local residents. The already graffiti-daubed house wall was first thoroughly cleaned, although the traces of paint which were already there were not completely removed. A special graffiti-resistant protective layer was then laid over it so as to make continual cleaning and renewal of the work possible. Als Beginn der Kampagne hat Babak Saed Wuppertaler Bürgerinnen und Bürger durch Annoncen in Zeitungen und Zeitschriften, im Radio und über Flugblätter zum Protest aufgerufen. Zielsetzung war hierbei ein „Aufruf zum zivilen Ungehorsam“, um die Menschen zu motivieren „nein“ zu sagen und ihrer Abwehrhaltung Ausdruck zu verleihen. Als Zeichen dieses Protests sollten die Mitakteure mit Hilfe von Schreibschablonen, die der Künstler vorbereitet hatte, die folgenden Sätze in Hellgrün und Purpur auf die Hausfassade sprühen: FREMDEWAENDEDARFICHNICHTBESCHMIEREN und FREMDEWAENDEDARFICHBESCHMIEREN. Diesen durch die Überlagerung der Schriftzüge nicht leicht zu lesenden Sätzen ist eine gewisse Signalwirkung zu Eigen, die unterschiedliche Reaktionen bei den Anwohnern und Passanten auslösen kann. Babak Saed began the campaign with advertisements in newspapers and magazines and on the radio and with flyers in which he called on Wuppertal’s citizens to protest. His aim in doing this was to initiate an “appeal for civil disobedience”, to motivate people to say “no” and express a defensive attitude towards rules and obligations. As a sign of this protest, the participants were to spray the following sentences in bright green and purple with the aid of writing templates which the artist had prepared: IMUSTNOTWRITEONOTHERPEOPLESWALLS and IMAYWRITEONOTHERPEOPLESWALLS. These sentences, which are difficult to read because they have been sprayed one on top of the other, have the effect of a signal which can trigger various different reactions in local residents and passers-by. The observer’s confusion is great because here the art project inevitably raises questions about sense and nonsense in art, in particular with regard to the artist’s work. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 73 73 Die Verwirrung des Betrachters ist groß, weil hier das Kunstprojekt unweigerlich Fragestellungen über Sinn oder Unsinn von Kunst, insbesondere im Hinblick auf die Arbeit des Künstlers ins Spiel bringt. Die Handzettel und Anzeigen, die als integrativer Teil des Projektes betrachtet werden sollen, fokussieren eben diesen Moment der Verwirrung. Der „Aufruf zum zivilen Ungehorsam“ besteht aus janusköpfigen Sätzen. Der Betrachter, der diese in sich paradoxen Sätze liest, wird immer wieder mit der Problematik von Sinn oder Unsinn der Arbeit konfrontiert. Diese Doppeldeutigkeit akzentuiert ein „ja“, das zwischen die Zeilen gerutscht zu sein scheint. Den „Aufruf zum zivilen Ungehorsam“ könnte man als künstlerische Strategie der Vermittlung und Verunklärung von Sinn betrachten. Auch dem Betrachter entzieht sich am Ende, welche Bedeutung er in diesen Sätzen auffinden soll. Der Aufruf war ein außerordentlicher Erfolg. Zahlreiche Anwohner haben die beiden Sätze in der vom Künstler festgelegten Reinenfolge am 24., 25. und 26. August 2006 auf die Wand gebracht. Die komplett besprühte Fassade wird nach einiger Zeit gesäubert werden, um sie umgehend wieder mit den gleichen Sätzen überziehen zu können. Fragmente der Fassade werden gereinigt, um erneut den Aufruf zum Besprühen der Fassade in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Verwirrung und Relativierung der alltäglichen Wahrnehmung sind wichtige Anliegen dieses Projekts. The flyers and advertisements, which are an integral part of the project, focus precisely on this moment of confusion. The “appeal for civil disobedience” consists of Janus-faced sentences. The observer who reads these sentences, which are paradoxical in themselves, is repeatedly confronted by the problem of the sense and nonsense of the work. This ambiguity accentuates a “Yes” which can partly be read between the lines. What the meaning to be found in these sentences is eludes the observer in the end. The appeal was an extraordinary success. A large number of local residents transferred the sentences to the wall in the order laid down by the artist on the 24th, 25th and 26th August 2006. The completely covered façade will be cleaned after a short while so that it can be immediately covered with the same sentences again. Fragments of the façade will be cleaned A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 74 Eine kleine Auswahl der Mitwirkenden (Von oben nach unten): A small selection of participants: Birgit Hethke, Georg Reinartz, Gerald Küpper, Olivia Trovato 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 74 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 75 75 Durch die Einbeziehung der Anwohner und Bürger der Stadt schafft der Künstler einen wichtigen Kristallisationspunkt, der für diesen Stadtteil eine große soziale Bedeutung haben kann. Wenn die Projektbeteiligten die Rolle des Graffitisprayers einnehmen und in unerlaubter Weise ihre Empfindungen für kurze Zeit auf fremden Wänden zum Ausdruck bringen, setzen sie einen Transformationsprozess in Gang, der etwa auch Konflikte zwischen Hausbesitzern und Graffitisprayern, Polizisten und dem Künstler sichtbar werden lässt. Das Projekt kann so auch als Rollenspiel verstanden werden. Die Teilnehmer nehmen für kurze Zeit die Rolle des Graffitikünstlers an, während Hausbesitzer und Polizisten sich als verständnisvolle, an Kunst interessierte Menschen offenbaren. Normalerweise formuliert jeder der Protagonisten dieser Beziehung den Anspruch, die Kriterien von „Ordnung“ und „Unordnung“ für sich festlegen zu können. Das Projekt von Babak Saed setzt genau an diesem Punkt an. Indem der Künstler das Thema Sinn/Unsinn des Kunstwerks polarisierend darstellt, mobilisiert er ein Protestpotenzial, das seiner Arbeit wiederum zusätzliche Spannungsfelder erschließt. so as to publicise the appeal to spray the façade again. The confusing and relativising of everyday perception are central concerns in this project. By involving the local residents and citizens of the city, the artist creates an important focal point which may have great social significance for this part of the city. Due to the active participation of citizens the project can also be seen as a role-play. The participants take on the role of the graffiti artists for a short time, while the house owners and the police reveal themselves to be understanding people with an interest in art. Usually each of the protagonists stakes his claim to be able to lay down the criteria for “order” and “disorder” for himself. Babak Saed’s project starts at exactly this point. By polarising the theme of the sense/nonsense of the artwork in his portrayal, the artist mobilises a potential for protest which in turn opens up further areas of conflict for his work. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 76 76 Saed greift in seinem Projekt „Strafarbeit für Wuppertal“ in vorgefundene gesellschaftliche Strukturen ein. Durch die hiermit aufgeworfenen Fragen wird die gewohnte Umwelt des Betrachters anders, eher als dynamisches und in sich veränderbares Aktionsfeld wahrgenommen. Die gegensätzlichen Positionen im Hinblick auf Sinn/Unsinn, Ordnung/Unordnung und das Anliegen, eine abschließende Deutung immer weiter aufzuschieben, sind Qualitäten des Projektes. Babak Saed konfrontiert den Betrachter aus einer philosophischen Perspektive mit absurden, keineswegs leicht zugänglichen Motiven. Diese künstlerische Haltung fordert den Betrachter dazu auf, den Rahmen von Normalität und Kausalität hinter sich zu lassen, um neue Paradigmen und Vorstellungen zu gewinnen. Wie schon frühere Arbeiten von Babak Saed, so verweigert sich auch das Wuppertaler Projekt der Übersetzung in die üblichen Deutungskategorien. Saed intervenes in the already existing social structures in his project “Lines for Wuppertal”. Through the questions which it raises, the familiar world of the observer is messed up. It is perceived rather as a dynamic field of action which can be changed in itself. The contradictory positions as regards sense/nonsense, order/disorder and the concern to defer any final interpretation again and again are qualities of the project. Babak Saed confronts the observer from a philosophical perspective with absurd and in no way easily accessible motifs. This artistic stance challenges the observer to leave behind the framework of normality and causality so as to acquire new paradigms and notions. As with Babak Saed’s previous works, the project in Wuppertal defies translation into the usual categories of interpretation. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 77 77 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 78 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 78 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 79 79 Paul Schwer – »Baozi für Wuppertal« PAVILLON AN DER PARADESTRASSE WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 80 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 81 81 Schmetterlinge, Teigtaschen und Explosionen Dr. Martin Engler Der erste Eindruck ist raumgreifende Dynamik. Von einem unerwarteten Windstoß angetrieben, ergießt sich luftige, semitransparente Farbe in die Stadt. In Zinnober, Pink, Magenta und rotem Krapplack bläht sich Paul Schwers „Baozi für Wuppertal“ in einen unscheinbaren urbanen Ort. Zwischen Treppen und Fassaden, zwischen Gehwegen und Autos erfährt ein verwinkelter horizontaler Straßenzwickel im Auf und Ab des Wuppertaler Stadtraumes eine erstaunliche Wendung – vom nüchternen Durchgangsort zum sinnlich aufgeladenen Farb- und Raumereignis. Schwers Intervention in den öffentlichen Raum ist dabei ebenso ephemer wie ortsbezogen. Die weich gewellten Farbflächen besetzen den Ort, um aus ihm heraus eine neue, überraschende Realität zu formulieren. Buntes Licht ergießt sich über das Pflaster und die Treppenstufen, Wind pfeift um den neuen Widerstand und erzeugt zuvor ungehörte Geräusche, die hochglänzenden Oberflächen reflektieren die Sonne, Autoscheinwerfer und die umliegenden Fassaden gleichermaßen. Ein – in den Augen nicht weniger Passanten – die Ordnung des Ortes empfindlich irritierender Eingriff in das urbane Gefüge aus Flächen und Linien, aus Alltag und Gewohntem. „Baozi für Wuppertal“, Baugerüst, PET-G, Pigmente, Siebdrucklack “Baozi for Wuppertal”, scaffolding, PET-G, pigments, screen print paint Butterflies, steamed filled buns and explosions Dr. Martin Engler One’s first impression is of a dynamic of great presence. Propelled by an unexpected gust of wind, airy, semi-transparent colour spills out into the city. In vermilion, pink, magenta and rose madder colours, Paul Schwer’s “Baozi for Wuppertal” billows into a non-descript urban location. Between steps and façades, pavements and cars, a level intersection of streets in the up and down landscape of Wuppertal’s city space, full of nooks and crannies, undergoes a spectacular transformation – from a sober thoroughfare to a sensually-charged colour and space event. Schwer’s intervention into public space is as ephemeral as it is sitespecific. The softly undulated coloured surfaces occupy the site to shape a new and surprising reality out of it. Colourful light spills out over the pavement and steps; wind whistles around the new obstacle, generating previously unheard noises; the glossy surfaces reflect the sun, car headlights and the surrounding façades in equal measure. An intrusion – in the eyes of many a passer-by – into the urban fabric made out of planes and lines, the everyday and the familiar, which severely disturbs the order of the site. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:16 Uhr Seite 82 82 „Baozi für Wuppertal“ hat sich wie eine Herde herumwehender Plastiktüten an einem vorgefundenen massiven Pavillon festgesetzt und richtet den Blick ganz beiläufig auf dessen vergessenen Zweck und Nutzen, seinen Ort und seine Umgebung. Sind doch Pavillons ursprünglich nur in Gärten und Parks anzutreffende Bauten, wunderbare Zwitter zwischen Stadt und Land, zwischen Architektur und Natur, zwischen offenem und sich verschließendem Raum. Vom französischen ‚papillon’ – Schmetterling – abgeleitet, sind sie „fliegende, schnell aufschlagbare“ Bauten. Sie beziehen sich als autonome, letztlich skulpturale Setzung auf ihre Umgebung, indem sie ihr Dasein “Baozi for Wuppertal” has set itself up on an existing solid pavilion like a swarm of plastic bags blowing in the wind, drawing one’s attention quite casually towards the pavilion’s forgotten purpose and use and its location and surroundings. After all, pavilions were originally buildings which one only encountered in gardens or parks, wonderful hybrids between the city and the country, between architecture and nature, between open and closed space. Derived from the French word “papillon”, meaning butterfly, they are “mobile, quickly pitched” constructions. They relate to their surroundings as autonomous, ultimately sculptural erections by deriving their existence solely from their topographical surroundings. That they can be used as a shelter, a place to sit or for diverse other amusements without being defined in any way perfectly encapsulates their astounding openness and availability. They are above all an undefined goal, a compositional accent, a vanishing point for the most varied interests or associations, and are only assigned their specific role at the moment of use. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 83 einzig von ihrer topographischen Umgebung herleiten. Dass sie als Unterstand, Sitzgelegenheit oder für diverse Vergnügungen Verwendung finden können, ohne in irgendeiner Weise festgelegt zu sein, beschreibt am besten ihre erstaunliche Offenheit und Verfügbarkeit: Sie sind zuallererst undefiniertes Ziel, kompositorischer Akzent, Fluchtpunkt unterschiedlichster Interessen oder Assoziationen und finden zu ihrer spezifischen Bestimmung erst im Moment der Nutzung. Diesen Moment des Flüchtigen und Offenen nimmt „Baozi für Wuppertal“ in wunderbarer Weise auf: als sich selbst dynamisierende skulpturale Formulierung zwischen Architektur und Malerei, die sich im selben Moment durchlässig macht für die reale Außenwelt, für Regen, Wind und Sonne, für unterschiedliche Nutzungen und Betrachter. Der Grundriss des vorgefundenen Pavillons, der einen heute nicht mehr genutzten Brunnen überdacht, wird durch Schwer verdoppelt und kragt nun waghalsig über sein schmal bemessenes Podest hinaus. Je nach Blickwinkel formuliert die einfache Konstruktion aus Gerüststangen und deformierten Plexiglasscheiben höchst unterschiedliche Assoziationen und Ansichten, zwischen sonnendurchflutetem Gewölbe und glänzender Kühlerhaube, zwischen Segelboot und im Winde sich blähender Wäsche. Der strenge Steinpavillon mit seinem dreistufigen Pagodendach wird so zur mobilen Behausung, die eher an eine mongolische Jurte erinnert als an das titelgebende chinesische Lebensmittel für Wuppertal: „Baozi“ steht hier für gedämpfte, gefüllte Teigtaschen, womit noch einmal ganz andere, unerwartete Zwischentöne anklingen ... “Baozi for Wuppertal” takes up this moment of transience and openness wonderfully – as a self-dynamising sculptural formulation between architecture and art which at the same moment allows itself to be penetrated by the real world outside, by rain, wind and sun, and is open for different uses and observers. The ground-plan of the existing pavilion, which covers a now unused fountain, has been doubled by Schwer and now extends boldly over its narrow platform. Depending on the angle one looks at it from, the simple construction made of scaffolding poles and deformed sheets of Perspex conjures up very different associations and views, ranging from a sundrenched arch to a shining car bonnet, from a sailing boat to wind-blown laundry. The severe stone pavilion with its three-level pagoda roof thus becomes a mobile home which recalls more a Mongolian yurt than the Chinese food which gives the work in Wuppertal its title – “baozi” is a steamed filled bun, which yet again carries its own quite different, unexpected overtones … A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 84 84 Vor allem aber findet sich der umgebende Stadtraum durch die sich blähenden Teigtaschen aus farbigem Plexi in überzeugender Weise dynamisiert und beschleunigt. Der zugige Unort zwischen Treppe und Asphalt wirkt plötzlich in ungewohnter Weise ausgefüllt und belebt. Der Assoziationsrahmen erweitert sich erneut, wenn die roten Plexiplatten nach ihrer hitzebedingten Deformation zu kraftvoll in den Himmel sich reckenden Fahnen werden und der behäbige Pavillon in ihrer Mitte zum Ausgangspunkt einer dynamisch ausgreifenden Manifestation in den Straßen Wuppertals. Die sich blähenden Teigtaschen sind hier einer älteren Werkgruppe Schwers nahe verwandt. So spielte etwa „Blast“, 2004, im Kunstverein Hannover in vergleichbarer Weise mit den Elementen Glas und Hitze. Deren auf Neonstrahlern montierte Glasscheiben waren nur bis zu einem gewissen Punkt hitzebeständig und explodierten dann in höchst malerischer Weise in den Galerieraum. Das in „Baozi“ verwendete Material widersteht einer Hitze von über 100° Celsius und wird so zur plastisch formbaren Masse. War „Blast“ das malerische Endprodukt eines vom Künstler nicht zu beeinflussenden Prozesses – eine Installation aus zerborstenem Glas und in den Scherben sich brechendem Licht, formuliert die Wuppertaler Arbeit einen prekären und gerade darum faszinierenden Moment der Latenz: Neben allen anderen Assoziationen und Anspielungen ist „Baozi für Wuppertal“ in erster Linie eine fulminante Explosionszeichnung aus Glas, Farbe und dynamisiertem Raum – die Schock gefrorene Momentaufnahme eines energetisch in den Stadtraum strebenden Prozesses. Above all, though, the surrounding city space sees itself positively dynamised and accelerated by the blowing steamed filled buns made of coloured Perspex. This draughty non-site between the steps and tarmac suddenly gives the unfamiliar impression of being filled out and animated. The framework of associations extends further when the red sheets of Perspex turn into flags stretching vigorously up to the sky when they are deformed by adding heat in certain places, and the solid pavilion in its centre becomes a starting point for a dynamically far-reaching demonstration in the streets of Wuppertal. The billowing steamed filled buns are closely related to one of Schwer’s previous group of works. His 2004 work “Blast” in the Kunstverein in Hanover played with the elements of Perspex and heat in a similar way. The work’s sheets of plastic glass mounted on neon spotlights were only heat-resistant to a certain point, at which they exploded into the gallery room in a highly artistic fashion. The material used in “Baozi”, on the other hand, can resist temperatures of over 100° Celsius and becomes a mouldable mass. If “Blast” was the pictorial end-product of a process which the artist could not influence – an installation made up of glass shattering and light falling through shards – the Wuppertal work expresses a precarious and, for that very reason, fascinating moment of latency. Besides all the other associations and allusions, “Baozi for Wuppertal” is primarily a brilliant exploded view made of glass, colour and dynamically charged space – the sudden snapshot of a process which is energetically striving to enter the city space. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 85 85 A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 86 86 Presuppositions for the Development of Stairs Prof. Dr. Friedrich Mielke The Upright Gait and the Transport of Loads Voraussetzungen für die Entstehung der Treppen The transition from four-legged to two-legged animal was a decisive step in the history of mankind. It was also the beginning of the development of devices equipped with steps to surmount differences in height. As long as primates moved on four extremities, on arms and legs, they did not need steps. They were and still are mobile enough to reach any height readily. Surmounting heights on the four extremities becomes a problem, however, as soon as there is a substantial object to transport. A child clasps its mother’s fur. It may be possible to take a piece of fruit in the mouth. But if the fruit is larger than the oral cavity, for example a coconut, apes will rip it from the tree, letting it fall to the ground where they eat it sitting. During the meal, the legs have nothing to do. They are not used. Only the arms and hands are needed. In quadruped motion, arms and legs act more or less synchronously, but take on different functions in eating. Consequently, the insight gains ground that arms are only relatively necessary for movement. The legs are enough. They are the most important supports for changing place. Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke Der aufrechte Gang und der Transport von Lasten The Opening of the Horizon and the Beginning of Spirituality Der Übergang vom Vierbeiner zum Zweibeiner war für die Menschheitsgeschichte ein entscheidender Schritt. Mit ihm begann auch die Entstehung von gestuften Hilfsmitteln zur Überwindung von Höhenunterschieden. Solange sich die Primaten auf vier Gliedern, auf Armen und Beinen, fortbewegten, brauchten sie keine Stufen. Sie waren und sind beweglich genug, jede Höhe mit Leichtigkeit zu gewinnen. Die Höhenbewältigung auf vier Extremitäten wird jedoch problematisch sobald ein größerer Gegenstand zu transportieren ist. Ein Kind krallt sich im Fell seiner Mutter fest. Eine Frucht kann man möglicherweise in den Mund nehmen. Ist die Frucht größer als das Gebiss, eine Kokosnuss zum Beispiel, reißen Affen sie vom Baum ab, lassen sie auf den Boden fallen und verzehren sie dort im Sitzen. Während der Mahlzeit sind die Beine unbeteiligt. Sie werden nicht gebraucht. Benötigt werden allein die Arme mit den Händen. Die bei der viergliedrigen Fortbewegung etwa synchron agierenden Arme und Forests make it necessary to climb trees, whether to obtain food or to escape predators. Arms are indispensable to this end. But if the living space changes, a division of labour between arms and legs will result. In the expanses of the savannah, for example, the legs are more useful for moving than are the arms. The arms are set free for gathering and hunting. Feet are not very suitable for crafting axes, spears and bows, but specialised hands A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 87 87 Beine bekommen bei der Mahlzeit unterschiedliche Funktionen. Folglich gewinnt die Erkenntnis an Boden, dass Arme für die Fortbewegung nur relativ gebraucht werden. Es genügen die Beine. Sie sind die wichtigsten Stützen der Ortsveränderung. Die Öffnung des Horizontes und der Beginn der Spiritualität Wälder zwingen zum Erklettern der Bäume, entweder um Nahrung zu gewinnen oder um Fressfeinden zu entgehen. Dazu sind Arme unentbehrlich. Tritt jedoch eine Veränderung des Lebensraumes ein, bewirkt sie eine Arbeitsteilung von Armen und Beinen. In der Fläche einer Savanne zum Beispiel sind die Beine zur Fortbewegung nützlicher als die Arme. Diese werden zum Sammeln und Jagen frei. Füße eigenen sich zur Anfertigung von Beilen, Speeren und Bögen wenig, wohl aber spezialisierte Hände. In den Ebenen weitet sich der Horizont. Man sieht den Himmel anders als in den Wäldern. Er offenbart überirdische Kräfte, verkörpert in Sonne und Mond, als Regen, Sturm und Blitze. Sie und ihr Wollen zu erkennen, weckt das Verlangen, sich ihnen zu nähern spirituell und körperlich – wo möglich auf Bergen, wo nicht möglich, in den Ebenen mit Hilfe von hohen Altären, die letztlich in den Zikkurati Mesopotamiens kumulierten. Zu beiden Verehrungsstätten, den Bergen ebenso wie den Altären, kann man auf Schrägen, Hängen oder Rampen, steigen. Aber ein Heiligtum verlangt nach Auszeichnung, nach Besonderheit. are. On the plains, the horizon is wider. The sky is seen differently than in the forest. It reveals heavenly powers, embodied in the sun and the moon, the powers of rain, storm and lightning. Recognising them and their will arouses the desire to approach them spiritually and physically – if possible on the mountains, if this is not possible on the flatland with the help of high altars, ultimately culminating in the Ziggurats of Mesopotamia. It is possible to climb up to both sorts of places of veneration, mountains as well as altars, by way of slopes, inclines or ramps. But a holy place requires distinction, noteworthiness. The Number System as a Medium of Meaning A special feature distinguishing human beings from apes and other animals is the ability to count. The obvious thing to do is to use the hands with their fingers. They are the basis of a decimal system. Doubling this, the Maya and Aztecs reckoned with a vigesimal system. That means that they used the toes in addition to the hands as a means of counting. The Babylonians’ duodecimal system, by contrast, is of heavenly origin. The zodiac was the inspiration. Reckoning by twelves could only develop when the stars had become the object of study and their cosmic number had been rendered in a system adequate to worldly understanding. It is reckoned to the divine inspirations, whereas the ten- and twenty-based systems A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 88 88 Das Zahlensystem als Bedeutungsträger Eine Besonderheit, die Menschen von Affen und anderen Tieren unterscheidet, ist das Vermögen zählen zu können. Dafür bieten sich primär die Hände mit ihren Fingern an. Sie sind die Grundlagen für ein Dezimalsystem. In seiner Verdopplung rechneten die Mayas und Azteken mit einem Vigesimalsystem. Das heißt, sie benutzen zu den Händen auch die Zehen als Zählhilfen. Das Duodezimalsystem der Babylonier dagegen ist himmlischen Ursprungs. Der Zodiakus hat Pate gestanden. Die Zwölferrechnung konnte erst entstehen, als man die Sterne studiert und ihre kosmische Menge in eine dem irdischen Verständnis adäquates System geordnet hatte. Sie zählt zu den göttlichen Eingebungen, während das Zehner- und das Zwanzigersystem vom menschlichen Körper abgeleitet werden. Ob menschliche Gliedmaßen oder himmlische Tierkreiszeichen die Voraussetzung boten, ist im Fall der Treppensymbolik zweitrangig. Zahlen schienen unseren Urahnen überirdischen Ursprungs zu sein. Man kann mit ihnen rechnen, addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Man kann mit ihnen die Tage zählen und in Gruppen von Wochen, Monaten und are derived from the human body. Whether human extremities or the zodiac signs of the heavens provided the presuppositions is secondary in the question of the symbolism of stairs. Numbers seemed to our ancestors to be of heavenly origin. It is possible to reckon, add, subtract, multiply and divide with them. They can be used to count and divide days into groups of weeks, months and years. All of these are abilities beyond the animals. Numbers lie in a spiritual dimension transcending the elementary function of feeding and reproducing. Consequently, the ascents to the places of veneration had to have a numerical reference that can be regarded as holy. The goal is thus not only to build a stairway with an arbitrary number of steps to the place of veneration, but rather to create an ascent with a number of steps with a significance. Distinct for various cultures, there are many numbers aside from the body-related numbers 10 and 20 which have taken on a symbolic significance and are regarded as holy. Number Symbolism as the Expression of the Significant For Muslims, the number 2 is holy because each of the 114 suras of the Koran (with the exception of the 9th) begins with “bismillah” (“in the name of God”), that is with a “b”, the second letter of the alphabet. Consequently, the seat from which Mohammed delivered his sermons was mounted on two steps, many mosques have two minarets even though only one is necessary for the muezzin’s call to prayer. The number three is not only derived from the Christian trinity. There was a threesome of gods in various religions, the family trio father-mother-child is also pertinent, as is the insight that a chair is most stable on three legs. It corresponds to the tripod on which the Pythia in Delphi sat. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 89 Jahren einteilen. Alles Fähigkeiten, die Tieren nicht zu eigen sind. Zahlen liegen in einer geistigen Dimension, welche die Elementarfunktionen von Ernähren und Vermehren übertrifft. Folglich mussten die Aufstiege zu den Verehrungsstätten einen Zahlenbezug besitzen, der als heilig eingestuft werden kann. Es gilt also, nicht nur eine Treppe mit beliebig vielen Stufen zur Verehrungsstätte zu bauen, sondern einen Aufstieg zu schaffen, dessen Stufenzahl eine Bedeutung hat. Nach Kulturen unterschieden, gibt es außer den körpereigenen Zahlen 10 und 20 zahlreiche Zahlen, die zu Symbolzahlen wurden und als heilig gelten. Zahlensymbolik als Ausdruck des Bedeutsamen Für Muslime ist die Zahl 2 heilig, weil jede der 114 Suren des Koran (mit Ausnahme der 9. Sure) mit ....Bismillah...(Im Namen Gottes), also mit einem B beginnt, das im Alphabet an zweiter Stelle steht. Folglich stand der Predigtstuhl Mohammeds auf zwei Stufen, viele Moscheen haben zwei Minarette, obwohl für den Gebetsruf des Muezzins nur eines nötig ist, usw. Die Zahl Drei ist nicht erst von der christlichen Trinität abzuleiten. In verschiedenen Religionen gab es eine GötterTrias, auch die Familiendreiheit Vater-Mutter-Kind gehört ebenso dazu, wie die Erkenntnis, dass ein Stuhl auf drei Beinen am sichersten steht. Ihm entspricht der Dreifuß, auf dem die Pythia in Delphi saß. Die Zahl Vier ist eine materielle Ordnungszahl. Sie steht für die vier Himmelsrichtungen ebenso wie für die vier Mondphasen. Chinesen, Maya, Kelten und andere Völker bauten Siedlungen im Quadrat, weil sie dachten, auch die Erde sei rechteckig beschaffen. Die Zahl Fünf bezieht sich nicht nur auf die Finger einer Hand, sondern ist auch Symbolzahl der Muttergottheiten, der antiken Gottheiten ebenso wie der christlichen Maria. In Kombination mit der heiligen Drei (3x5) kommt der 15 die gleiche Bedeutung zu. So gibt es 15 Geheimnisse des katholischen Rosenkranzes. Der Zahl Sieben wurden viele Geheimnisse attributiert. Neben der siebentätigen Woche steht sie in Beziehung zum menschlichen Wachstumsprozess, der sich in Abschnitte von sieben Jahren einteilen lässt. Im Altertum glaubte man an sieben Himmelsphären und zählte sieben Planeten. The number four is a number that gives concrete order. It stands for the four directions as well as for the four phases of the moon. The Chinese, Maya, Celts and other peoples built their settlements in squares because they thought that the earth, too, is rectangular. The number five relates not only to the fingers of one hand, but is also the symbolic number of the mother-goddesses, of ancient deities as well as of the Christian Mary. Combined with the holy three (3x5), it yields the number 15 with the same meaning. Thus, there are 15 mysteries of the Roman Catholic rosary. Many mysteries have been attributed to the number seven. In addition to the seven-day week, it is related to the process of human growth, which can be divided into stages of seven years. In ancient times, people believed in seven heavenly spheres, and seven planets were counted. Geometrically, every octagon is between a circle and a square. In the Babylonian era, the number eight was regarded as the number of the divinity and as the number of paradise. For A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 90 90 Geometrisch steht jedes Achteck zwischen Kreis und Quadrat. In babylonischen Zeiten galt die Zahl Acht als – Zahl der Gottheit – und als Zahl des Paradieses. Deshalb ist der obere, allseits sichtbare Teil vieler unten quadratischer Kirchtürme mit achteckigem Grundriss ausgeführt. Das Zwölfersystem ist dem Zodiakus entlehnt und spielt wegen seines himmlischen Ursprungs in abendländischen Regionen eine derart maßgebende Rolle, dass es unsere Zeiteinteilung bestimmt. Im katholischen Glauben ist die Zahl 28 bedeutsam, weil die von Jesus gestiegene Treppe des Pilatuspalastes in Jerusalem 28 Stufen gehabt haben soll. Deshalb hat die Scala Santa in Rom ebenfalls 28 Stufen. Universaler ist der Bezug zum Zyklus des Mondes und mit ihm zur Menstruation in 28 Tagen. Im vorderasiatischen Bereich ist die Zahl 40 wichtig. Mose blieb 40 Tage auf dem Berg Horeb, Jesu fastete 40 Tage in der Wüste und Ali Baba trat mit 40 Räubern auf. Andere Beispiele sind zahlreich. this reason, many church towers with a square base have for their upper part, the part that is visible from all sides, an octagonal ground plan. The twelve-based system is derived from the zodiac, and due to its heavenly origin it plays such a dominant role in the regions of the occident that it determines our division of time. In the Catholic faith, the number 28 is significant because the stairway that Jesus climbed to Pilate’s palace in Jerusalem is supposed to have had 28 steps. For this reason, the Scala Santa in Rome also has 28 steps. The number 28 has a more universal relationship to the cycle of the moon and with it to the menstruation period of 28 days. In the Near East, the number 40 is important. Moses remained on Mount Horeb for 40 days, Jesus fasted in the desert for 40 days, and Ali Baba came with his 40 thieves. There are numerous other examples. Für die hinduistische und buddhistische Tradition spielt die Zahl 108 (12x9) eine religiöse Rolle. Sie ist im gesamten indischen Kulturkreis heilig. Eine komplette Gebetsschnur besteht aus 108 Perlen und in Tibet sind 108 Gebetsmühlen üblich. For the Hindu and Buddhist tradition, the number 108 (12x9) plays a religious role. In the entire Indian cultural area it is holy. A complete string of prayer beads consists of 108 pearls, and in Tibet 108 prayer wheels are standard. Individuelle Assoziationen und beiläufige Treppengeschichten Individual Associations and Casual Stairway Stories Die vielfältigen Treppenanlagen in Wuppertal Ostersbaum sind ein gutes Beispiel dafür, wie unspektakulär und lebensnah die Treppe mit dem Lebensalltag einer Stadt und ihrer Anwohner verbunden sein kann. Stufenanzahlen und ihre symbolische Bedeutung innerhalb der Kulturgeschichte sind von Belang für die Kulturwissenschaften. Für den einzelnen Anwohner in Wuppertal Ostersbaum hat „ihre“ Treppen eine im besten Sinne beiläufige Bedeutung. Ohne darüber philosophisch zu reflektieren, mag manch ein Ostersbaumer, während er zum hundertsten Mal über „seine“ Stufen steigt, immer dieselben, immer neue oder wechselnde Gedanken fortentwickeln. Das Kunstprojekt „7 Treppen“ wird seine Bedeutung auch darin finden, diese persönlich assoziierte Symbolik der Wuppertaler Treppen als etwas Beachtenswertes zu würdigen. The diverse stairways in the Wuppertal quarter Ostersbaum are a good example of how stairs can be linked to the everyday life of a city and its inhabitants in an unspectacular and downto-earth manner. The number of steps and their symbolic significance in the history of culture are of import for the cultural sciences. For the individual resident of Wuppertal Ostersbaum, “their” stairways have a passing significance in the best sense of the word. Without reflecting on the matter philosophically, the one or other resident of Ostersbaum may well continue to develop the same thoughts as always while climbing “his” steps for the hundredth time, or he may work out new thoughts or different ones each time. The artistic project “7 Stairways” will achieve a significance of its own in appreciating this personal symbolism associated with Wuppertal’s stairways as something worthy of note. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 91 91 Atmospheres of Urban Seduction A Sociological Essay on the Joy of Heights Prof. Dirk Manzke The City as a Landscape of Stairs Atmosphären urbaner Verführung Eine kleine Soziologie der Höhenlust Prof. Dirk Manzke Stadt als Treppenlandschaft Das räumliche Wesen der Stadt Wuppertal erschließt sich vom Flusstal mit dem nostalgisch wirkenden Wunder der Wupper- Bahn bis hinauf zu den dicht bebauten Hanglagen. Straff konturierte Terrassen steigen an zu gestaffelten Formationen aus Straßen, Plätzen, Häusern. Entstanden ist eine rinnenförmige Stadtlandschaft. In bewegter Parallelität stufen sich die Häuser mit der Hanglage ab, um auf der gegenüberliegenden Seite des Tals wieder aufzusteigen. Dabei staffeln sich die Dächer der Häuser gleichsam zu Treppen auf. Überstreut von Schornsteinen, Antennen und Blitzableitern schieben sich ungezählte Dachformen zu einer gebauten Treppenlandschaft. Aus einzelnen Gauben beobachten Anwohner das Tal. Am Hang gegenüber rauscht ein Auto, später ein Bus entlang. Währenddessen schweift der Blick in ausgewachsene Baumkronen. Von unten steigen die Kirchtürme der ins Tal wie versenkt wirkenden Altstadt auf. Die Dächerlandschaft verschmilzt mit den Höhenlinien, während mancher Dachfirst die Bergkämme streift. Weiter unten führt, immer wieder zwischen den Häusern aufblinzelnd, das Flüsschen seine Wasser. So entlädt sich williges Siedeln und wird Stadt, wird gesetztes Leben, wird Ortung und Geste menschlicher Einlassung. Was entsteht, ist eine Treppenlandschaft des Siedelns. Und diese wird durchlässig über die diffizile Welt vielfältig ersonnener Treppen. The spatial essence of the city of Wuppertal becomes apparent by starting in the river valley, with the nostalgic miracle of the suspension railway above the River Wupper, and proceeding up the densely built-up slopes. Through the compact contours of the terraces the slopes rise to staggered formations of streets, squares and houses. A grooved cityscape is the result. In dynamic parallelism, the building layers descend the slope, then to ascend the opposite side of the valley. With their staggered arrangement, the roofs of the houses more or less take on the form of steps. Peppered with chimneys, aerials and lightning rods, roofs of countless shapes find their way into a structured landscape of steps. Here and there, residents look into the valley from their dormer windows. A car zips across the opposite slope, later a bus. Meanwhile, the gaze ranges over full-grown treetops. From below, the church towers rise from the old town nestled in the valley as if embedded. The roof landscape blends into the contour lines of the slope, while a few roof ridges graze the hill crests. Farther below, the stream flows its watery way, occasionally flashing into sight between the houses. Thus, the keenness of settling discharges itself to become a town, it becomes established life, becomes the location and gesture of human resolution. What emerges from this is the stepped landscape of settlement. And for its part, this becomes permeable by virtue of the intricate world of the inventive variety of stairways. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 92 92 Episoden für eine Treppensoziologie Episodes for a Sociology of Stairs Abschätzend Von der Straße ausgehend, trifft der Blick auf eine öffentliche Treppe. Näher heran schreitend, wird der zu überwindende Höhenversatz immer spürbarer. Noch liegt der zu leistende Einsatz vor dem Passanten. So lässt sich ein kurzes Zögern in dessen Schrittgeschwindigkeit beobachten, denn Treppen sind herausfordernd. Ihre Höhe vorm ersten Antritt abschätzend, so sucht der Passant ein leibliches Sich- Einstellen. Dabei wird eine Übereinkunft zwischen Höhenüberwindung und Leibvermögen ausgelotet. Zuerst wird die Treppe abgeschätzt, wenig später mit dem eigenen Leib codiert. Erst dann ist sie als Herausforderung vorgefühlt- und wird als Bewegung einverleibt. Assessing From street level, the gaze meets a public flight of stairs. Approaching it makes the vertical distance to be ascended more palpable. But the effort to be expended is still in front of the pedestrian. Thus, a brief hesitation can be seen in his stride because steps are challenging. Assessing the height before making the first step, the pedestrian tries to prepare himself bodily. This involves harmonizing the altitude to be climbed with the powers of the body. First the flight of steps is assessed, a little later it is encoded with his own body. It is only then that it is pre-sensed as a challenge and embodied as movement. Überwindend Quer durch alle Generationen könnte dieses Verzagen beobachtet werden, wären da nicht Kinder, Jugendliche, Sportler. Unbekümmert die Benutzbarkeit einer Treppe als Bewegungsfeld erfassend, streben sie zu offensiver Eroberung. Das Kleinkind erkrabbelt die Stufen und findet so ersten Kontakt mit den Oberflächen der Stadt. Zudem erfährt es frühzeitig Gefahren. Später zu Jugendlichen herangewachsen, sollte eher von einer Sturzmotivation bei der Überwindung der Treppenstufen gesprochen werden. Hier loten jüngere Menschen in erfrischender Eile aus, was der Leib an Vitalität hergibt. Und der Sportler sieht die Treppe als Hindernisbahn und Trainingsgerät. Surmounting Through all generations, this dejection could be observed were it not for children, adolescents, athletes. Free of care, they recognise the utility of a flight of stairs as a field of motion and directly strive to take it over. The infant crawls up the steps, making its first contact with the surfaces of the city. Moreover, it learns of dangers early. When the infant has matured into youth, it is more apt to speak of a dashing motivation in surmounting the flights of stairs. With refreshing swiftness, younger people here take the measure of the vitality that their bodies open to them. And the athlete regards the flight of steps as a hurdle track and training equipment. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 93 93 Wahrnehmend Von oben kommend eilt jemand lockeren Schrittes hinab, während von unten ein schleppendes Aufsteigen zu vernehmen ist. Die streng wirkende Dame trägt hochhackige Schuhe, während der entgegenkommende Junge leichte Turnschuhe trägt. Der Klang beider Gangarten und Schuhwerke trifft aufeinander, vermischt sich, hält unterschiedlichen Rhythmus. So sind Treppen auch hörbar und erschließen sich für den Beobachtenden als Klangkörper. Perspektivwechsel Beim Höhenwechsel verändert sich auch der perspektivische Einblick in den Stadtraum. Er ist Teil des Treppenerlebens. So ist mit dem Eintreffen am oberen oder unteren Ende ein erheblicher räumlicher Perspektivwechsel verbunden, der mitunter ein erhebendes Raumgefühl hervorruft. So wird das Benutzen einer Treppe elektrifiziert durch die Erfahrung räumlichen Höhenwandels. Dabei baut die nicht immer gegebene Einsehbarkeit in die anschließenden Stadträume Neugierde auf. Die Koordinaten des Sehens zirkulieren um ihr räumliches Erleben. Verweilend Georg Trakl schrieb in einem Gedicht ein schlichtes „Fremde lauschen auf den Stufen“. Er muss es empfangen haben, irgendwo in seinen Welten, dieses gelassene Hineinhorchen, Hineinsehen: verweilend auf irgendeiner Treppe inmitten städtischen Lebens. Wunderbar Zeit, immerhin Lebenszeit vertrödeln, ja verfließen lassend, schauen Menschen, die sich Zeit nehmen. Sie sind es, die das Alltägliche als etwas Vergängliches, aber auch Vitale betrachten, die sich wenigstens für Augenblicke neben den Alltag stellen und zuschauend anschauen. Sie verweilen in einem ruhigen Grundvertrauen. So verkörpern Treppen auch ein offenes Terrain für Gelassenheit. Sie sind markante Orte nicht nur des Durchschreitens, sondern des Bleibens. Kommunizierend Als Typ im öffentlichen Raum ermöglichen Treppen alltägliche Gebräuchlichkeit. Auf ihnen können sich Begegnung, Geschwätzigkeit, Klatscherei ausbreiten. Um reden zu können, bedarf es hier keiner Bank. Ein Gespräch entsteht auch, wenn die Gehstufe zur Sitzstufe wird. Für das Lesen streckt man sich gleich über mehrere Stufen und zum auszuruhen lässt es sich bestens hinfletzen. Treppen sind aber auch Herausforderungen für sportliche skateboard Invasionen einer urbanen Jugend. Ältere dagegen verlangsamen ihren Schritt und Gehbehinderte hoffen auf eine Rampe. So sind auf Treppen kommunikative Überlagerungen möglich. Sie sind Ort der Begegnung, der Verabredung, der Kontrolle, der Präsenz. Perceiving From above, someone comes down jauntily, whereas there seems to be a drag on the climb from below. The stern looking lady is wearing high-heeled shoes, whereas the boy coming from the other direction has light sneakers on. The sounds of the two gaits and footwear meet each other, mix, retain their different rhythms. Thus, steps are audible and manifest themselves to the observer as a sounding body. Changing perspective The change of altitude involves a change in the perspective on the city space. It is part of the experience of steps. Hence, arrival at the upper or lower end entails a considerable change in spatial perspective, sometimes resulting in an uplifting feel for space. Thus, the use of the steps is electrified by the spatial experience of changing altitude. The fact that the adjacent urban spaces are not always in view arouses curiosity. The coordinates of seeing circle around the spatial experience of them. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 94 94 Lingering Georg Trakl wrote in a poem of a simple “Strangers listening on the steps”. It must have come upon him, somewhere in his worlds, this calm listening in, viewing: lingering on some steps in the midst of urban life. Wonderful to waste time, and life-time it is, to let it pass, looking at people who take their time. They are the ones who regard everyday things as transitory, but also as full of vigour, the ones who set themselves apart from everyday life, at least for a few moments, and look at it attentively. They linger on a foundation of tranquil trust. Thus, steps embody an open terrain for calmness. They are striking not only as places of passage, but also of tarrying. Stadt mit Treppensphären Eingekeilt zwischen hoch aufsteigenden Giebeln, eingelassen in schattiger Schlucht, sanft umschlossen vom hölzernen Gartenzaun, von aufsteigenden Straßen flankiert, zu kleinen Plätzen führend, so offenbaren sich öffentliche Treppen. Sie sind Konstrukte aus Stufen, Podesten, Geländern. Darin ist ein auf den menschlichen Leib zugerechnetes Steigungsverhältnis eingearbeitet, das sie angemessen oder steil macht. Natürlich sind Treppen Wegstrecken zur Höhenüberwindung, doch sind sie mehr. Indem sie Angebote öffentlicher Raumbenutzung sind, bieten sie Raum zum Pausieren, Warten, Schauen, Bewegen, Begegnen, Versammeln. So sind Treppen ein gebauter Rahmen, zu dem sich der Mensch verhalten kann. Die Verführung einer Treppe offenbart sich in der Gleichzeitigkeit sinnlichen Wahrnehmens, sozialen Erlebens, subjektiven Bewegens. Indem sich der Mensch als Teilhaber einer urbanen Treppensituation erlebt, entfaltet sich Atmosphäre. Raum wird zu belebter Räumlichkeit. Wenn so technisches Konstrukt und soziales Leben verschmelzen, entstehen Treppensphären. Als Teil eines Weges sind sie unverwechselbare Orte, Gesten des Communicating Things of a kind in public places, flights of stairs provide everyday utility. Encounters, chatter, gossip can unfold on them. There is no need of a bench to be able to talk here. A chat will also come about when the step is used as a seat. To read, people stretch over several steps, and to take a rest it is inviting just to flop down. But flights of steps are also challenges for athletic skateboard invasions by urban youth. Older people, however, slow down, and the disabled hope for a ramp. Thus, communicative overlappings are possible on steps. They are places for chance encounter, for arranging to meet, for checking up, for being present. City with Spheres of Stairs Closed in between the high rising gables, nestled into a shady gorge, gently enclosed by a wooden garden fence, flanked by rising streets, leading to little squares: this is how public stairways manifest themselves. They are structures of steps, landings and railings. A grade is worked into them that is calculated to fit the human body, making them suitable or steep. Needless to say, steps are paths to surmount heights, but they are more. As offers to use space publicly, they provide space to take a break, wait, observe, move, encounter, gather. Thus, steps are a constructed framework to which people can take a stance. The seductive nature of the steps shows itself in the simultaneity of sense perception, social experience and subjective moving. Inasmuch as the person has a sense of being a participant in A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 95 95 Räumlichen, Raffinessen des öffentlichen Raumes, Momente der Stadt. Sie sind Zwischensphären, ruhend zwischen Oben und Unten, zwischen Gehen und Sitzen. Und sie sind Metaphern über das Auf und Ab des Lebens – doch die eigentliche Erfüllung der Treppe, sollte die etwa im Fahrstuhl liegen? Sollte es mit dem Verständnis der Moderne zu leiblicher Erleichterung auch hier um die Überwindung körperlicher Anstrengung gehen? Stadt der würdigen Treppen In einer Gegenwart von Überalterung und Behindertengerechtigkeit wächst der Bedarf nach leiblicher Erleichterung. So weiten sich geneigte Ebenen, Rampen, modellierte Geländewege, Rolltreppen, Fahrstühle aus. Und inzwischen haben es auch die Buchhalter entdeckt: Treppen lassen sich bestens als „zu teuer“ beäugen. Während Treppen harte, gut lesbare Kanten und Raumstaffelungen ausbilden, die Chorgestühlen gleich urbanes Leben empfangen können, drohen diese Schönheiten im weichen Einerlei zu verschwinden. So sind die Treppen im öffentlichen Raum unserer Städte bedroht. Und deshalb steht endlich ein VIVA auf alle Treppen an: Erfindet sie neu, damit sie um nichts in einer gleichförmiger werdenden Welt verschwinden! an urban step situation, atmosphere develops. Place becomes space for living. When a technical construction and social life merge in this way, step-spheres emerge. As parts of a path, they are unmistakable sites, spatial gestures, subtleties of public space, aspects of the city. They are intermediate spheres, resting between above and below, between walking and sitting. And they are metaphors of the up and down of life. – But is the genuine fulfilment of the flight of steps really the lift or elevator? Is here, too, the goal really to overcome physical exertion, as the modern era sees its project in relief of the body? City of Dignified Stairs In a present marked by a rising proportion of aged people and by handicapped accessibility, the demand for relief of the body is on the increase. Thus, inclined surfaces, ramps, shaped paths in the country, escalators, lifts are gaining ground. And now, the bookkeepers have discovered it: it is easy to regard stairways as “too expensive”. Although steps form clear, readily visible edges and graduations of space, like choir stalls ready to receive urban life, these beauties are at risk of disappearing in a soft monotony. Thus, the steps in the public space of our cities are threatened. Therefore, at last, it is time for a cry of “viva” to all steps: Reinvent them so that there is no way that they will disappear from a world that is becoming more uniform! A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 96 96 Biografien HORST GLÄSKER in Herford geboren 1973 -1979 Studium der Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie 1988 -1991 Gastprofessur an der Kunstakademie Münster Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl) „Les nouveaux Fauves – Die neuen Wilden“, Neue Galerie-Sammlung Ludwig, Aachen 1995 -1997 Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig „Bildwechsel“, Akademie der Künste, Berlin 1998 -2004 Professur an der Kunsthochschule Kassel 2006 „Kunst nu“, Groninger Museum, Groningen Guest lecturer am Savannah College of Art and Design, Georgia USA „Agri-art“, Gravina (It) „Kunstlandschaft BRD“, NBK Berlin lebt und arbeitet in Düsseldorf „Märchen, Mythen, Monster“, Neue Galerie Graz und Rheinisches Landesmuseum, Bonn Einzelausstellungen (Auswahl) 1979 Galerie Annelie Brusten, Wuppertal „Gefühlscollagen – Wohnen von Sinnen“, Kunstmuseum Düsseldorf Galerie Löhrl, Mönchengladbach Kunst- und Museumsverein Wuppertal / Von der Heydt-Museum Bonnefantenmuseum, Maastricht „Der Bilderbuch-Indianer“, Kunstmuseum, Chur Neue Galerie-Sammlung Ludwig, Aachen Galerie Maurer, Zürich „Exotische Welten – Europäische Phantasien“, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart Galerie Michael Haas, Berlin Kunsthistorisches Museum Osnabrück, in der Dominikanerkirche 1986 Galerie Zimmer, Düsseldorf 1987 Galerie Albrecht, München Galerie Zimmer, Düsseldorf Galerie Albrecht, München „Deutsche Kunst der Gegenwart“, Von der Heydt-Museum, Wuppertal „Vincent zuliebe, van Gogh zu Ehren“, Kunstverein Kassel 1992 Galerie Steinek, Wien „Ein Haus voller Häuser“, Galerie Lindinger und Schmid, Regensburg Galerie des Landes NRW, Brüssel Gustav-Lübcke-Museum, Hamm 1992 1998 Galerie Zimmer, Düsseldorf 2002 „Hic sunt leones !“, Isola Bella, Lago Maggiore 2003 „Die Verführung des heiligen Antonius“, Isola Bella, Lago Maggiore 2005 „Via Senese” 100 J. Villa Romana, Kunstraum Fuhrwerkswaage, Köln Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden Kunstmuseum Düsseldorf Galerie Albrecht, München 2000 Galerie Löhrl, Mönchengladbach Galerie Hans Mayer, Düsseldorf „Folkwang-Atoll“, Skulpturenmuseum Glaskasten, Marl Galerie Cornelissen, Wiesbaden Gallery van Dedem & Tielkemeijer, Wuppertal und Olst (NL) „Glut“, Kunsthalle Düsseldorf „Die Einbeziehung des Anderen“, Galerie Münsterland, Emsdetten Galerie Albrecht, München Gastatelier in der Villa Romana, Florenz „Cowboys & Indians“, Kunsthalle, Recklinghausen 2006 „7 Treppen“, Elisabeth Montag Stiftung, Wuppertal St. Petri Lübeck Galerie in der Residenz der Deutschen Botschaft, London www.horst-glaesker.de A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 97 97 HELGA GRIFFITHS 1959 geboren in Ehingen 1986–1992 wohnhaft im Raum New York 1991 Bachelor of Fine Arts (summa cum laude), Rutgers University, Mason Gross School of the Arts, N.J. 1992-1994 Aufbaustudium Kunstakademie Stuttgart 1994 Hochschule für Gestaltung Karlsruhe lebt und arbeitet in Ober-Ramstadt Preise Erster Preis, Kunst auf Zeit, Graz 1998 Anerkennung Paperbiennale, September 1998 Lichtenberg-Preis, Darmstadt, November 1998 Erster Preis, Lichtrouten Festival, Lüdenscheid, September 2003 Stipendien CITÉ INTERNATIONAL DES ARTS, Paris, 2001 NEA Gastprofessur, Escuela de Artes Plasticas, San Juan, Puerto Rico 2004 Einzelausstellungen (Auswahl) 2000 Galerie Hübner, Frankfurt am Main 2002 „Out -SIGHT-In“, Palais de Tokyo, Paris 2004 Galerie Hübner, Frankfurt am Main 2005 Kunstverein Ulm 2006 Galerie Dieter Reitz, Berlin Gruppenausstellungen (Auswahl) 2000 Hygienemuseum Dresden, CYNETart Festival Leopold-Hoesch-Museum Düren 2001 2002 Galerie Artis Darmstadt Papierbiennale, Leopold-Hoesch-Museum Düren Gelsenkirchener Kunstverein im Städt. Museum Gelsenkirchen „Luft“ – Internationaler Kongress Bundeskunsthalle Bonn 2003 Lichtrouten Lüdenscheid Havanna Biennale 2004 „Selections from Havanna Biennale“ Henie Onstad Kunstsenter, Oslo Contemporary Art Forum Kitchener (Can) 2005 Papierbiennale, Leopold-Hoesch-Museum Düren Darmstädter Sezession, Institut Mathildenhöhe Darmstadt Omni Art Project, Miami (Satellitenprojekt der Art Basel Miami) 2006 „Der Souvenir“, Museum für Angewandte Kunst, Frankfurt am Main Echigo Tsumari Art Triennale (Japan) „Codice - Festival de la Scienza Genua”- Festival della Scienza, Genua Cairo Biennale www.helgagriffiths.de A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 98 98 OTTMAR HÖRL 1950 geboren in Nauheim 1975-79 Hochschule für Bildende Künste, Frankfurt am Main 1979-81 Hochschule für Bildende Künste, Düsseldorf, bei Prof. Klaus Rinke 1978-81 Stipendium der Deutschen Studienstiftung 1985 Gründung der Gruppe Formalhaut, mit den Architekten Gabriela Seifert und Götz Stöckmann 1992-93 Gastprofessur an der TU Graz (mit Formalhaut) Galerie Erhard Witzel, Wiesbaden, „Neue Arbeiten“ 1994 Förderpreis für Baukunst, Akademie der Künste Berlin (mit Formalhaut) Arsenal HKM 1, Johannes-GutenbergUniversität Mainz, „Problemlösung“ 1997 art multiple-Preis, Internationaler Kunstmarkt in Düsseldorf Galerie Benden & Klimczak, Viersen 1998 Wilhelm-Loth-Preis, Darmstadt seit 1999 Professur für Bildende Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg 2002 Intermedien Award ZKM Karlsruhe 2005 Präsident der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg lebt in Frankfurt/Main und Wertheim (Baden-Württemberg) Einzelausstellungen (Auswahl) 1999 Kunst-Raum-Akademie Weingarten, „Schwarz auf Weiß“ 2002 2003 Kunstverein Würzburg, „Nachdenken über Deutschland“ Galerie Witzel, Wiesbaden, „Pretty Things“ Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl) 1999 Landschaft. Positionen einer Idylle, Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd 2001 Centenarium, Mathildenhöhe Darmstadt, Installation Froschkönig „Die Speisung der Fünftausend“, Projekt für das XI. Internationale Bodenseefestival 1999 Triptychon, Klangperformance, mit Rainer Römer und Dietmar Wiesner (beide Ensemble Moderne) Hand + Fuß, Grafschaftsmuseum Wertheim, mit StudentInnen der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg Kunstraum der Thurgauischen Kunstgesellschaft, Kreuzlingen (Ch) „Entweder oder“ Galerie Ernst Hilger, Wien, „Wiener Blut“ Stadt ~ Landschaft ~ Fluss, Neuer Kunstverein Aschaffenburg 2002 Kunstverein Göppingen, Installation „Trockenübung“ Kunst im Bau, Bankakademie e.V., Frankfurt, mit StudentInnen der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg „Berlin – Bearlin“, Großskulptur Unter den Linden in Berlin European Business School, Schloss Reichartshausen, Oestrich-Winkel, „Sprünge“ Abstraktion - Das andere Bild der Realität, Kunstverein Schloß Plön Paper Art 8 - Turbulenzen in Papier, Leopold-Hoesch-Museum Düren Städtische Galerie am Markt, Schwäbisch Hall, „Traumhaus“ 2001 Galerie Parade, Amsterdam, „Multiples“ Galerie Peter Zimmermann, Mannheim, „Biotope“ „Ich sehe was, was du nicht siehst“, Götzenhain 2000 Espace Ernst Hilger, Paris, „La vache qui rit“ 2003 Zeichnung, Stadtmuseum Groß-Gerau, mit StudentInnen der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg Galerie F, Gießen, „Vorletzte Konsequenz“ Art Galerie Leuchter & Peltzer, Düsseldorf, „Traumhaus“ www.ottmarhoerl.de A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 99 99 MAIK LÖBBERT 1958 Galerie Carol Johnssen, München geboren in Gelsenkirchen 1984-1987 Studium der Fotografie an der GHK Kassel, Prof. Floris M. Neusüss Kunstverein Ruhr, Essen 2004 1987-1990 Studium der Malerei/Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, Prof. Fritz Schwegler; Meisterschüler 2005 Rektor der Kunstakademie Münster DIRK LÖBBERT „grünt“, Galerie mezzanin, Wien „lüften“, Staatliche Museen Kassel, Neue Galerie (Kat.) „Porta“, Galleria Sogospatty, Rom 2003 Galerie Carol Johnssen, München 2002 „Donnerwetter“, Artweb 24, Düsseldorf „Photoarbeiten“, Galerie mezzanin, Wien 1960 geboren in Wattenscheid „Wegweiser“, Kunstverein Lingen 1983-88 Studium der Bildhauerei an der FHS Köln, Meisterschüler „Tribüne“, Galerie Voges+ Deisen, Frankfurt am Main 1988-92 Studium der Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, Prof. Erich Reusch und Prof. Irmin Kamp; Meisterschüler Galerie Nicola Kiwall, Paris 2001 „Unplugged“, Kunstverein Bochum 2000 Galerie Voges + Deisen, Frankfurt am Main „zwischendurch“, Rheinisches Landesmuseum Bonn/Alte Rotation MAIK UND DIRK LÖBBERT „Verwandtschaft“, Stiftung DKM, Duisburg 1985-87 Anonyme Skulpturen im öffentlichen Raum 1992 Preisträger beim Deutschen Kunstpreis der V&R Banken 1992 - 93 Lehrauftrag an der Kunstakademie Münster Gruppenausstellungen (Auswahl) 1994 Ringenberg-Stipendium; Kultusministerium des Landes NRW 2006 Arbeitsstipendium des Kunstfonds e. V., Bonn 1995-96 Transfer-Stipendium, Turin (It); Sekretariat für gemeinsame Kulturarbeit und Kultusministerium des Landes NRW 1996 Villa Romana-Preis; einjähriger Aufenthalt in Florenz 1997-98 Karl Schmidt-Rottluff Stipendium 2000 Gastprofessur an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig 2000-01 Gastprofessur an der Akademie der Bildenden Künste, München seit 2001 Professur für Bildhauerei und Kunst im öffentlichen Raum an der Kunstakademie Münster, Hochschule der Bildenden Künste Maik und Dirk Löbbert leben und arbeiten in Köln und Münster, und lebten von 1964 –1968 in Duisburg-Neudorf. Einzelausstellungen seit 2000 (Auswahl) 2006 „Säulen“, KfW- Bank, Bonn 2005 Galerie Voges und Partner, Frankfurt am Main „Flamenco 2000“, Galerie Carol Johnssen, München „Part1. KLF“, New York, Galerie Michael Janssen, Galerie Dogenhaus, Voges und Partner Galerie „Glaspalast Augsburg“, H2- Zentrum für Gegenwartskunst „Family Affairs“, Palais des Beaux- Arts, Brüssel Klasse Kamp. Kunsthalle Düsseldorf „Memories”, Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden „Wo bitte gehts zum Öffentlichen?“ Kunstsommer Wiesbaden „7 Treppen“, Elisabeth Montag Stiftung, Wuppertal A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 100 100 MAIK UND DIRK LÖBBERT (Fortsetzung) 2005 „architektur mobil“, Rudolf-Scharpf-Galerie, Ludwigshafen „Künstlerbrüder“, Haus der Kunst, München „blind date“, Schloss Bentlage, Rheine TATZU NISHI „Via Senese. 100 Jahre Villa Romana“, Kunstraum Fuhrwerkswaage, Köln 1960 Graphische Sammlung, Die Kunstakademie Münster in Eskisehir, Türkei „Ein Arkadien der Moderne?“ Neues Museum Weimar 2004 „Arbeit in Bewegung“, Städtische Kunstsammlungen Augsburg Neue Galerie im Höhmannhaus, mit Chantal Michel und Stephan Reusse „Ar(T)chitecture”, Galerie Carol Johnssen, München Einzelausstellungen (Auswahl) 2006 „Cheri in the Sky”, Maison Hermes, Tokyo 2005 „Kabinet 3”, Stedelijk Museum vor Actuele Kunst, Gent 2004 „Cafe Moon Rider“, Dublin „heute mir morgen dir“, Luis Campana, Köln 2002 „Engel“, Littmann Kulturprojekte, Basel 2001 „Der Neunsitzer“, Junge Kunst e.V., Wolfsburg „1. ANNO DI SOGOSPATTY”, Galleria Sogospatty, Rom „Interventionen 24“, Sprengel Museum, Hannover „AH7”, Grand Hotel Croce di Malta, Montecatini 2000 „Totale. Fotografische Positionen“, Stadtmuseum Münster Gruppenausstellungen (Auswahl) „Freundschaftsspiel“, Museum of Painting and Sculpture, Istanbul 2003 „Über die Malerei in der Photographie“, Galerie Carol Johnssen, München 2006 2005 „Passagen, red dot for soupculpture”, Forum, Köln 2001 Skulptur-Biennale Münsterland 2005, Kreis Borken, Germany 2004 2003 1. International Biennial of Contemporary Art of Sevilla, Sevilla „Blum & Poe“, Los Angeles „At Least Begin to Make an End”, W139, Amsterdam „Sockelskulptur“, Vorgebirgspark Köln 2000 „Ecstasy”, The Museum of Contemporary Art, Los Angeles Yokohama Triennale 2005, Yokohama „Verstörtes Äusseres“, Volpinum, Wien „Spatial Intersections“, CCNOA Brüssel „Okkupation“, Berlin „Projekt Migration“, Köln. Kunstverein, Köln „The City“, U.B.R. Galerie – Raum für aktuelle Kunst, Salzburg „Kein Strich zuviel“, Museum der Stadt Lüdenscheid artothek, Köln „Enjoyable House”, Aichi Prefectural Museum of Art, Aichi (Japan) „imagesagainstwar.com“, Galerie Lichtblick, Köln 2002 geboren in Nagoya, Japan lebt und arbeitet in Köln 2002 „Licht-Routen“, Lüdenscheid „Künstlerpaare“, Kunsthaus Kaufbeuren 2. Liverpool Biennial, Liverpool „Zeitgenössische Architekturfotografie“, Museum Ludwig, Köln „Verzauberung durch Irritation“, Ahlen „hell-gruen“, Düsseldorf „Heldenfrühstück“, Kunstverein Rosenheim Karl Schmidt-Rottluff Stipendiaten, Akademie und Ausstellungsgebäude der Stadt Dresden und Kunsthalle, Düsseldorf „Beautiful Life?”, Art Tower Mito, Mito (Japan) 2001 „Poeziezome“, Watou (Be) „direttissima“, Münster „Highlight. plan2000”, Köln 2000 www.mdloebbert.de „Areale Neukölln“, Berlin „Kunstbaden“, Wiesbaden „Continental Shift“, Ludwig Forum für internationale Kunst, Aachen A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 101 101 BABAK SAED 1965 geboren im Iran/Maschhad 1995 Abschluss des Studiums: Diplom Volkswirt 1998 Büro für Video und Installationen im öffentlichen Raum 1998 Budapeststipendiat der Stadt Bonn 2000 Kunstpreis der Stadt Bonn 2002 Preisträger digital new art award (dna award) der DigitalART Gallery Frankfurt/M. „Deutlicher will ich es Dir noch nicht sagen“, Installation, Kunstraum Kreuzlingen (Ch) (EA) 2004 Internat. Wettbewerb Kunst am Bau der Deutschen Welle (Schürmannbau), Zuschlag „Nichts ist einfach – gar nichts“, Installation, Künstlerverein Malkasten, D’dorf 2005 Wettbewerb Kunst am Bau der Fachhochschule Bonn/Rhein/Sieg – Sankt Augustin, Innenraumplastik, 1. Preis Vortrag: „Künstlerische Interventionen im Stadtraum“, Haus der Commerzbank-Haus Sommer, Berlin. Organisation: Bundeszentrale für politische Bildung und Bundesarchitektenkammer „Grafik – Sommer – Schau – 2003“, Galerie Geiger, Konstanz lebt und arbeitet in Bonn „Reduktive Kunst“, BWA-Galeria „Stara“, Lublin (Pl) Ausstellungen (Auswahl) 2006 „NICHT und GENAU“, Kunst am Bau, Fachhochschule Bonn-Rhein/Sieg, St. Augustin „Luminale 2006“, Lichtinstallation am Leierkasten, in: Lichtfestival Luminale, Frankfurt am Main 2005 2004 „one-man-show“ Galerie PetersBarenbrock auf der art.fair 2005, Köln (EA) „Geschwindigkeit – Terrain der Zeit“, Videoinstallation, Bellevuesaal, Wiesbaden, in: Ausstellung ausgewählter Wettbewerbsbeiträge – Medienkunstpreis Kunstadapter „Brückenpark im Licht – Internationale Videokunst Videoprojektion“, Dreiradenspeicher, in: Europas Kulturhauptstadt 2010 Görlitz/Zgorzelec (V/GA) „AUFMICHHOERTJAKEINER“, 500 Großplakate (250 x 350 cm), Köln, Bonn, Düsseldorf und Bergisch Gladbach anlässlich der KUNSTKÖLN 2002 (EA) Vortrag: „Kunst im öffentlichen Raum + Kunst am Bau“, Alanus Hochschule, Alfter Vortrag: „Sprache und Film“, Burg Giebichenstein - Hochschule für Kunst und Design, Halle/Saale „Ich und der Hahn“, Kunst am Bau, Deutsche Welle, Bonn „fremde heimat“, Ausstellung ausgewählter Wettbewerbsbeiträge – digital new art award, Frankfurter Dominikanerkloster „Bleiben Sie bitte hier – bei mir“, Installation, Konzernzentrale der GEA-AG, Bochum (K/A/EA) „Du bist und Du bist“, Kunst am Bau, Lutherkirche, Bonn „auf und ab Aktion“ + Installation im PixelPark-Tower, Berlin, in: „FreiRäume – 10 Positionen internationaler Künstler“ „JENSEITSVON“, Kunst am Bau, Pädagogium Godesberg + Otto-Kühne-Schule, Bonn 2003 „Das hier ist meiiiiiin Zirkuus“, Installation, Museum für Moderne Kunst, Hünfeld, in: 30 Positionen+ 30 Räume „Sieben KünstlerInnen“, Galerie Erhard Klein, Bad Münstereifel – Mutscheid „ich bin hier – hier bin ich“, Galerie Monika Hoffmann, Paderborn (EA) 2002 2001 „Ein ganz schlimmer Satz“, Installation und Sprachperformance im Kunstmuseum Bonn (EA) „Jedes Wo-wo-wort eine Geburt-t-t“, Radiofeature für SWR 2 (mit der Autorin Anne-Kathrin Godec´ und der Schauspielerin Katharina Palm/55 Min.) „Madschnuns Ohr und Lailas Ring“, Ausstellung ausgewählter Wettbewerbsbeiträge, Künstlerhaus abraxas Augsburg „Innerer Monolog eines Stotterers“, Installation, in: Ausstellung ausgewählter Wettbewerbsbeiträge, Künstlerforum Bonn www.babak-saed.de A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 102 102 PAUL SCHWER 1951 geboren in Hornberg /Schwarzwald Medizinstudium, Arbeit als Arzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bis 1993 1981-88 Studium Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf 1984 Gründung und Leitung des UNARTProjektes (u.a. Kunstfondsstipendium zur Erweiterung künstlerischer Arbeitsfelder) Brühler Kunstverein, Orangerie Schloß Augustusburg, Brühl 1985 Lehrauftrag a.d. Kunstakademie Düsseldorf, Abteilung Münster Le Botanique, Brüssel, in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut 1986 Meisterschüler Prof. Erwin Heerich 1992/93 Lehrauftrag a.d. Hochschule für Bildende Kunst Saar, Saarbrücken 1995 Cité des Arts, Paris 1997 Städtische Galerie im Rathauspark, Gladbeck Galerie Willy d`Huysser, Brüssel, auch 2000 1998 Niederrheinischer Kunstverein Wesel Siemens Kulturprogramm Feldafing Internationales Malereisymposium, Piran (Slowenien) Musée du Château des Rohan, Saverne 1999 Städt. Museum Gelsenkirchen 1999 Lademoen Kunstnerverksteder, Trondheim (No) 2004 Lehrauftrag a.d. KFH/IAF Freiburg, Wien Kunstverein Wilhelmshöhe Ettlingen, mit Bernd Mechler Gastprofessur Sommerakademie Pentiment, Hamburg Christianssands Kunstforening Kristiansand / Goethe-Institut Oslo 2004/05 Bremerhaven Stipendium 2005 Vorschlagsliste Professur für die Leitung einer Grundklasse, Kunstakademie Stuttgart 2005/06 Artist in residence, Shanghai, Degussa-China 2000 Kunsthaus Essen Kunstverein / Kunsthalle Bremerhaven „Here we change“, Städt. Galerie Gladbeck, mit Wilhelm Mundt 2001 Kulturforum Alte Post, Neuss Konsthallen Trollhättan/ Goethe-Institut Göteborg lebt und arbeitet in Ratingen und Düsseldorf Galerie Schütte, Essen Gothaer Kunstforum, Köln Einzelausstellungen seit 1991 (Auswahl) 2002 Kuntverein Aichach 1991 Städt. Galerie Meerbusch Kunstverein Krefeld 1992 E- Werk, Hallen für Kunst, Freiburg 1993 „Farbraum“ in „Schichtwechsel“, Gebläsehalle der Völklinger Hütte Hochschule für Bildende Kunst Saar, Saarbrücken ART Frankfurt, Einzelpräsentation Galerie Schütte 1994 Landesvertretung NRW in Brüssel, mit Bert de Beul „See through colors”, Museum Katharinenhof Kranenburg, mit Jerry Zeniuk Städtische Galerie Donaueschingen Museum Katharinenhof, Kranenburg „Affiches métaphoriques“, Goethe-Institut Paris Regionalmuseum Xanten Kunstverein Oberhausen, Schloß Oberhausen 1995 Galerie Pudelko Bonn, auch 1998, 2001, 2005 Galerie Rainer Wehr, Stuttgart 1996 Kunstverein Region Heinsberg 2003 „Farbverkehr” ,Brückenturm, Galerie der Stadt Mainz „Bauland”, Kunstverein Siegen im Museum für Gegenwartskunst „Farbflächen“, Palais für Aktuelle Kunst, Kunstverein Glückstadt A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 103 103 2004 „Blast“, Kunstverein Hannover 1999 „Crossways“, Städt. Galerie „Die Fähre“, Bad Saulgau „Landschaft“, Sammlung Murken, Suermondt- Ludwig Museum Aachen 2000 „Treat yourself“, Kunstverein Recklinghausen „Here we go“ Maschinenhalle Zweckel / Städt. Galerie Gladbeck 2001 Museum Morsbroich, Leverkusen 2005 2006 „Potpourri V“, Kunstverein Bremerhaven Museum Baden, Kunstverein Solingen „Baozis und Boards“, Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf 2002 „Petit lait“, Installation auf den Donaueschinger Musiktagen Kunstmuseum Alte Post, Mülheim a.d. Ruhr 2003 „Mal doch mal ein Auto“, Garage Oberhausen, Galerie Tedden, Düsseldorf Galerie Pfefferle, München, mit Franziska Kneidl Regionale Donaueschingen „Freier Elbblick Nr. 47“, Projektraum Hamburg „International Sculpture and Envirement Art”, Shanghai Heidelberger Kunstverein Spring Art Salon , Shanghai „Blast“ - Bildperformance, Kunstverein Ettlingen Kunsthalle Bremerhaven „Ab in die Mitte“ – Michelstadt, in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Darmstadt Allgemeiner Konsumverein Braunschweig Grüner Salon, Galerie da entlang, Dortmund Kunstverein/Kunsthalle Lingen 2004 Galerie Stücker, Kunstverein/ Stadtgalerie Brunsbüttel mit Diana Rattray Bergischer Kunstpreis, Museum Baden, Solingen „Specific sites“ – fließende Räume, spezifische Orte Goethe-Institut Shanghai Städtische Galerie Böblingen Art Scene Warehouse-gallery, Shanghai „Vanitas“, IKOB, Eupen (Belgien) „la dolce vita“, Galerie Klaus Ebbers, Kranenburg Gruppenausstellungen seit 1992 (Auswahl) 1992 „Tier und Mensch – von Baselitz bis Vostell“, Städt. Museum Gelsenkirchen 1993 „Zwischenzeit-Malerei“, Malkasten Düsseldorf 2005 „Broken glass“, Glaspaleis, Heerlen (Nl) „Sommergäste“, Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf „Waldeslust“, Galerie Rainer Wehr, Stuttgart 1995 „account“, Galerie Klaus Ebbers, Kranenburg „Nichts als Farbe“, Kulturbahnhof Eller, Düsseldorf „es kommt wie es kommt“, Galerie da entlang, Dortmund Projekt Keleia, Muzej novejse zgodovine, Celje (Slowenien) 1996 Bergischer Kunstpreis, Solingen „Sammeln ist wie Tagebuchführen“, Galerie Rainer Wehr, Stuttgart 1997 Museum Schloß Moyland „Dreht Euch nicht um“ ( mit W. Haypeter u. W. Nestler), Rheinisches Landesmuseum, Bonn Klasse Heerich, Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg 1998 Arbeiten auf Papier – 150 Jahre Malkasten, Deutsche Bank Düsseldorf Regionale Donaueschingen „best“, Kunstraum, Essen 2006 „windrose – one“, Shanghai „7 Treppen“, Wuppertal – Projekt der Elisabeth Montag Stiftung, Bonn „einfach so“, Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf Niederrheinischer Kunstverein A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 104 104 7 Treppen Kurze Nachbetrachtung Ingrid Raschke-Stuwe Dass es nicht leicht sei, den Menschen ein geistiges Geschenk zu machen, stellte schon der Maler Paul Klee fest: Die Kunst zu verstehen als ein Geschenk an die Menschen, als ein Angebot des Künstlers an die Gesellschaft. In diesem Sinne versteht auch die Elisabeth Montag Stiftung die von ihr initiierten Kunstprojekte im öffentlichen Raum: Mit den Mitteln der Kunst werden besondere, unverwechselbare Orte temporär neu oder anders definiert oder interpretiert. Auch das Wuppertaler Stadtviertel Ostersbaum mit seiner einzigartigen Treppenanlage schien sich in außergewöhnlicher Weise als Ausgangs- und Bezugspunkt für künstlerische Interventionen zu eignen. Dass man es hier nicht mit einem musealen, durch Kunst verwöhnten Umfeld zu tun hatte, war allen Beteiligten von Anfang an klar. Vielleicht entstand aber gerade aus diesem Spannungsfeld das große Engagement, mit der sich die Künstler an die Arbeit machten. Von vielen Tagen in Folge bis hin zu mehreren Wochen bei Wind und Wetter dauerte ihr Arbeitseinsatz. Umso erschreckender war da die Feststellung, dass bereits während des Aufbaus der Installation „Weltanschauungsmodell 1“ von Ottmar Hörl erste Elemente gestohlen oder mutwillig zerstört wurden. Um die Arbeit vor der kompletten Zerstörung zu bewahren, wurde sie 14 Tage nach der Eröffnung abgebaut. Ähnlich ging es der akustischen Installation von Helga Griffiths. Natürlich ist Kunst im öffentlichen Raum nicht unumstritten. Wie aber die Kunst immer auch ein Spiegelbild der Zeit ist, so spiegelt sich im Umgang mit ihr aber immer auch die Befindlichkeit einer Gesellschaft. Wir leben in einer Zeit zunehmender Gewaltbereitschaft und Intoleranz. Die Gründe dafür sind mannigfacher Art. Sie zu benennen und wenn möglich, den Ursachen entgegenzuwirken, muss die vorrangige Aufgabe aller gesellschaftlich Verantwortlichen sein. Auch die Elisabeth Montag Stiftung ist sich dieser Verantwortung bewusst. Mit den Mitteln der Kunst wird sie auch in Zukunft zu dieser gesamtgesellschaftlichen Arbeit ihren Beitrag leisten. PS: Auf Initiative von Gabi Kamp vom Nachbarschaftsheim und Jutta Schultes von der Stadt Wuppertal wurden Wuppertaler Bürger in einem Zeitungsartikel aufgefordert, sich zum Abschluss des Projektes am 29. Oktober an der Wülfingtreppe einzufinden, um die zerstörte Arbeit „Weltanschauungsmodell 1“ von Ottmar Hörl „leibhaftig“ zu rekonstruieren. Über 100 Wuppertaler folgten diesem Aufruf. Die Elisabeth Montag Stiftung möchte allen Beteiligten für diese ungewöhnliche und originelle Aktion ganz herzlich danken. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 105 105 7 Stairways A short review Ingrid Raschke-Stuwe Presenting mental gifts to someone isn’t as easy as it seems, the painter Paul Klee once claimed: Art conceived as a gift to human beings is also an offer of the artist to the society. Exactly in this spirit the Elisabeth Montag Foundation conceives its art projects set off for public places: By means of art certain and distinctive places are temporarily newly defined or interpreted. Also the district Ostersbaum in Wuppertal with its unique facilities of stairs seemed to be an amazing vantage point for esthetical interventions. All participants realised straight from the beginning that it wasn’t a concern with an artistically embellished environment. But this area of conflict might have been the main cause for the emergence of such a huge commitment the artists felt when they started work. Their assignment lasted for days in succession until several weeks in wind and bad weather. So much more alarming was the assessment, that even during the set-up of Ottmar Hörl’s installation „Weltanschauungsmodell 1“ some parts had been vandalised or stolen. In order to prevent the complete demolition of the installation, it was removed two weeks after its official hours. The same counts for Helga Griffith’s sound-installation. Artworks in public places are certainly not indisputible. But as art is always a reflection of its time, so the exposure to art itself always reflects the conditions of a society. We live in times of increasing violence and intolerance. This has different causes. To specify and counteract these causes is the main task for everybody who takes responsibility for the society we live in. The Elisabeth Montag Foundation is also aware of this responsibility. By and with means of art it will carry on to contribute its part to this all-social task. P.S. On the initiative of Gabi Kamp of the neighbourhood centre and Jutta Schultes of the city administration of Wuppertal, a newspaper article called upon citizens of Wuppertal to come to the Wülfing Stairway at the conclusion of the project on 29 October to reconstruct with their own bodies Ottmar Hörl’s work “Weltanschauungsmodell 1”, which had been vandalised. More than 100 Wuppertal citizens followed the appeal. The Elisabeth Montag Foundation would like to extend wholehearted thanks to all involved for this unusual and original action. A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 106 106 Impressum Kuratorin: Ingrid Raschke-Stuwe, Vorstand der Elisabeth Montag Stiftung Mitarbeit: Dr. Christoph Kivelitz, Projektmanagement und wissenschaftliche Begleitung, Bochum Jörn Solbrig, Öffentlichkeitsarbeit, Montag Stiftungen, Bonn Verena Voigt, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Rosendahl Eva Wanzeck, Kostenmanagement, Montag Stiftungen, Bonn Fotografie: Carsten Gliese, Köln (Seite 4, 5, 6, 10, 11, 14-19, 22-27, 30, 37, 39, 53, 61, 63, 65, 70, 71, 73, 74, 76, 80-87, 90, 92-95, 102) Markus Rodler, (Seite 7-9, 11, 34, 36, 38, 42-47, 49, 52, 86, 88, 89) Weitere: Horst Gläsker, M. u. D. Löbbert, Jörn Solbrig, Renate Löbbecke (Seite 104-105) Texte: Dr. Martin Engler, Kunstverein Hannover Dr. Sabine Fehlemann, Dortmund Dr. Gregor Jansen, Museum für Neue Kunst, Karlsruhe Dr. Christoph Kivelitz, Künstlerischer Leiter des Dortmunder Kunstvereins Prof. Dirk Manzke, Fachhochschule Osnabrück Prof. Dr. Ing. Friedrich Mielke, Internationales Zentrum für Treppenforschung, Konstein Dr. Necmi Sönmez, Kunstverein Arnsberg Dr. Anne Schloch, Köln Übersetzungen: Donald Goodwin, Bochum (Seite 6-7, 14-19, 32-38, 82-86, 87-95) Stuart Vizard, Berlin (Seite 4-5, 8-13, 23-30, 43-76) Redaktionsbüro Korn (Seite 105) Lektorat: Dr. Christoph Kivelitz, Bochum Donald Goodwin, Bochum Konzeption des Kataloges: Ingrid Raschke-Stuwe Gestaltung: [designbüro], Münster Druck: LV-Druck, Münster Copyright: Elisabeth Montag Stiftung, Autoren, Künstler, Fotografen Herausgeber: Elisabeth Montag Stiftung Verwaltung und Vorstand: Raiffeisenstr. 2 53113 Bonn Tel. 0228- 267160 www.e-montag-stiftung.de A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 107 107 Danksagung Die Elisabeth Montag Stiftung bedankt sich, auch im Namen der Künstler, bei folgenden Firmen und Privatpersonen, die bei der Realisierung der Installationen mitgewirkt haben: The Elisabeth Montag Foundation would like to thank, also on behalf of the artists, the following companies and private individuals who have collaborated in the realisation of the installations: Gerüstbau Steingrüber & Rosenlöcher GmbH, Wuppertal Gabi Kamp, Nachbarschaftsheim Wuppertal Anette Kolkau, Regionale 2006 Dr. Britta Lenders, Nachbarschaftsheim Wuppertal Alexandro Nehring (Programmierung), Dörth Ossé (Firma Raumfabrik) Thomas B. Schmidt, M.A., Licht, Köln Georg Reinartz, Architekturbüro planAR, Wuppertal Jutta Schultes, Stadt Wuppertal Ralf Windmüller, Geschäftsführer der Firma Exuweg, Wuppertal heyen + lippross Entwicklungs GmbH&Co.KG, Münster (technische Illustration für Katalogtitel) A60067_7TreppenKatalog_Inhalt.qxd 07.11.2006 10:17 Uhr Seite 108 108 elisabeth montag stiftung Die beiliegende DVD und ihre Anwendungen sind urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen nur privat und nicht öffentlich vorgeführt werden. Die gewerbliche Nutzung ist untersagt und wird rechtlich verfolgt. Das Verkaufen, Kopieren, Vervielfältigen oder Überspielen ist nicht gestattet. Verleih oder Vermietung ist nur mit schriftlicher Genehmigung möglich. ©einfallsreich marketingkommunikation gmbh & Co.kg Gespräche mit den Künstlern: Burkhard Rosskothen Kamera: Alexx Köllner Produktion: einfallsreich marketingkommunikation gmbh & Co.kg www.einfallsreich.tv [email protected] 14:38 Uhr Seite 1 7 Treppen KATALOG 2006 2. SEPTEMBER – 29. OKTOBER 2006 WUPPERTAL / ORTSTEIL OSTERSBAUM EIN KUNSTPROJEKT DER ELISABETH MONTAG STIFTUNG IN KOOPERATION MIT DER STADT WUPPERTAL UND DER REGIONALE 2006 2006 14.06.2006 7 Treppen 7TREPPEN_Titel.qxd