2015 - Matthias Hell
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2015 - Matthias Hell
29.12.2015 2015/16 wow, was für ein jahr! damit meine ich nur bedingt die tollen songs, alben und konzerte, die mich 2015 begleitet haben. vor allem blicke ich dabei auf das ausmass an veränderung, das in den vergangenen monaten in meinem leben einzug gehalten hat: ich habe mich im arbeitsbereich von einflussreichen auftraggebern getrennt, ich habe die beziehung aufgegeben, die mein leben in den letzten 20 jahren geprägt hat, und ich habe zumindest temporär - die bequemlichkeit meiner westend-neubauwohnung gegen die windmühlenkämpfe mit einer gas-therme im glockenbachviertel eingetauscht. das überraschende daran ist, dass mir all diese veränderungen nur recht wenig angst machen und ich mich dabei sogar ziemlich wohl fühle. sicher, manches läuft noch nicht optimal, vor allem im hinblick auf den kleinen menschen, der mir in dieser welt am allerwichtigsten ist - eine situation, die sich schleunigst bessern muss. doch alles in allem bin ich am ende dieses jahres kein unglücklicher mensch. ich blicke deshalb mit zuversicht in das kommende jahr. die gewonnenen freiräume gilt es zu nutzen, um daraus ein mehr an zufriedenheit und lebendigkeit zu entwickeln. in gewohnt ominöser art könnten meine drei leitgedanken für 2016 dabei lauten: liebe, friede und mobilität. nicht zu vergessen auch freundschaft, denn in den schwersten zeiten des vergangenen jahres war der beistand meiner freunde eine großartige erfahrung, die ich nicht vergessen will. auch was das kulturelle geschehen betrifft, um das sich dieser blog schwerpunktmäßig dreht, schaut es blendend aus - bereits im januar gibt es hochkarätige musik-neuerscheinungen u.a. von david bowie, den mystery jets und bloc party. der nebenstehende konzertkalender ist gut gefüllt. und falls ich dafür zeit finde, sind bereits neue bücher u.a. von joel dicker und robbie robertson sowie filme von jim jarmusch, pedro almodovar und wong kar-wai angekündigt. in diesem sinne: prosit neujahr! 14.12.2015 best of 2015 es ist schon mitte dezember und damit höchste zeit für meine traditionellen jahresbestenlisten. los geht es mit den songs des jahres: https://www.mixcloud.com/mhlaim/2015/ weiter mit den alben des jahres: 1. the libertines - anthems for doomed youth 2. ernst molden und der nino aus wien - unser österreich 3. willie nile - if i was a river 4. sophie hunger - supermoon 5. simi stone - simi stone 6. paul smith and the intimations - contradictions 7. carl barat and the jackals - let it reign 8. schorsch hampel - sog gscheid 9. sufjan stevens - carrie & lowell 10. the maccabees - marks to prove it und schließlich die konzerte des jahres: 1. yemen blues (badehaus, berlin) 2. paul smith (strom) 3. stephan eicher (bardentreffen, nuernberg) 4. bob dylan (donau arena, regensburg) 5. natalie prass (privatclub, berlin) 11.12.2015 weihnachtsmusik 2015 es gab schon mal jahre, bei denen die vorweihnachtszeit bei mir unbeschwerter war. insofern verwundert es nicht, dass mein diesjähriges lieblingsweihnachtslied der pogues’ gossenkrippenspiel ‘fairytale of new york’ ist. einen ähnlich sozialrealistischen blick auf weihnachten wirft auch meine lieblingsneuerscheinung, die ‘felice navidad’-ep der felice brothers. mit zeilen wie ‘it’s christmas twenty-fifteen / in this shit-eating corporate dream’ (aber auch zärtlichen passagen wie ‘even the blind can see / all you mean to me’) kehrt die band aus dem new yorker hinterland zu ihren stärken zurück: wortgewaltige, auf den punkt gereimte texte und ein an den frühen dylan angelehnter, schön kaputter folk-sound. von vielen als weihnachts-highlight des jahres gehyped wird ‘it’s a holiday soul party’ von sharon jones & the dap kings. die stimmgewaltige dame und ihre durch die backing tracks für amy winehouse’ ‘back to black’ zu ruhm gekommene band machen auf dem album in der tat nichts falsch, doch irgendwie fehlt mir etwas. eine gänsehautverbreitende weihnachtssoulballade im stil von ‘a change is gonna come’? eine schwelgerische nummer wie ‘christmas (baby please come home)’ vom phil-spector-weihnachtsalbum? oder schön trockener funk á la james brown? egal, schlecht ist sharon jones’ ‘holiday soul party’ auch so nicht. ein echtes highlight ist für mich schließlich bill murrays von sofia coppola in szene gesetzten weihnachts-special für netflix, a very murray christmas. ein hauch von ‘lost in translation’ weht bei dem in einem eingeschneiten new yorker hotel angesiedelten einstünder an so mancher stelle mit und die auftritte von co-stars wie chris rock und george clooney sind wirklich nett. das beste ist aber der filmscore, bei dem bill murray und seine gäste wie jenny lewis, miley cyrus und die band phoenix angenehm ironische weihnachtsstimmung verbreiten. mein lieblingslied in dem film? ‘fairytale of new york’ mit new-york-dolls-sänger david johansen (mit seinem alter ego buster poindexter) in der rolle von shane macgowan. 11.12.2015 was sagt es mir, das maximo park zur ‘10th anniversary show’ ihres debutalbums ‘a certain trigger’ im backstage gastierten: ‘au mann, wie schnell die zeit vergeht’ oder ‘wow, ist das erst zehn jahre her’? warum wirkte leadsänger paul smith zu anfang des konzerts so bemüht-theatralisch, bei seinem solo-gig im strom anfang september dagegen ganz natürlich? und was bedeutet es, dass ich bei der akustik-version von ‘apply some pressure’ im september die zeilen ‘what happens when you loose everything? / you start again, start all over again’ bereits vage mitsang, sie nun aber - halsweh zum trotz - richtiggehend herausbrüllte? viele fragen, deren antworten wohl auch nicht in paul smiths berühmten notizbuch stehen. doch unterstrich der nordbrite eindrücklich, dass er zu den besten frontmännern der noughtiesbritrock-generation gehört. überhaupt zeigte das konzert, wie gut das debut von maximo park noch immer ist - und dass maximo park zu recht zu den (wenigen) überlebenden der britwelle von vor zehn jahren gehören. 24.11.2015 dass ich auf den hype aufspringe, kann man mir bei adele wirklich nicht vorwerfen: schon ende 2007 nahm ich die londonerin mit ihrer debutsingle ‘hometown glory’ in meine ‘10 für 2008′-playlist auf. mir gefiel ihre lokale verwurzelung und auch, dass sie ähnlich wie amy winehouse eine aura von melancholie in ihrer stimme mittrug. viele millionen verkaufte platten später ist es genau das, was für mich ihr drittes album ‘25′ aus dem mainstream-einerlei heraushebt. wie kitty empire in ihrer besprechung für den observer sehr schön herausarbeitet, verknüpft adele beispielsweise im neuen song ‘river lea’ auf grossartige weise das bild eines in ein betonbett gezwängten ostlondoner themse-zuflusses mit persönlichen befindlichkeiten. in songs wie ‘hello’ oder ‘i miss you’ schwingt zudem ein stück jener grossstadtmelancholie mit, die einst bei burial so verführerisch klang. und dass adele das eine oder andere mal ziemlich weit in richtung kitsch ausholt, sei ihr mit vorweihnachlicher milde vergeben - schließlich lässt sich bei stücken wie ‘when we were young’, ‘remedy’ und dem chansonesken ‘million years ago’ trefflich schwelgen. 13.11.2015 natürlich sind stromlinienförmige lebensläufe einfacher - für das individuum, wie auch für seine umwelt. doch ist auch gegen verworrene lebensgeschichten nichts einzuwenden. vorausgesetzt, man kommt damit irgendwie klar und wandelt das in so großartige kunst um, wie bill ryder-jones auf seinem dritten soloalbum ‘west kirby county primary’. der nordengländer und gründungsmitglied von the coral verarbeitet seine seelische labilität darauf zu feinsinnigen textfragmenten und einem britsound mit sogwirkung, der von ryder-jones’ sanfter stimme, melancholischen gitarrenmelodien und gelegentlichen - aber umso willkommeneren - lärmausbrüchen geprägt wird. im nächsten sommer soll das album tatsächlich im vorprogramm von mumford & sons in der olympiahalle präsentiert werden. kann das gut gehen? einen versuch wäre es eigentlich wert… 13.11.2015 sein günstiger tourkalender ermöglichte mir nach bamberg nun in regensburg sogar ein zweites bob dylan-konzert in diesem jahr. die hallen waren fast identisch und auch einer recht statischen setlist ist dylan treu geblieben. doch gab es auch wieder neues: ganze 7 der an diesem abend gespielten 20 songs stammten aus dem aktuellen sinatra-projekt der songwriter-legende. das klingt auf den ersten blick nach einem gesetzten abend, war aber gar nicht so: die schön melancholisch-altersweisen jazz-nummern schien dylan zu nutzen, um sich danach mit umso mehr verve und lockerheit an rockige nummern zu machen. (ob dabei die aktuelle archivveröffentlichung ‘bootleg series 12: the cutting edge’ eine rolle spielt, auf der anregend dokumentiert wird, wie sich dylan in nur zwei jahren vom akustischen folkie zum elektrifizierten rock-poeten wandelte?) zu hören gab es in regensburg jedenfalls einen erfreulich zupackenden und beschwingten auftritt, u.a. mit einem kraftvoll zurückblickenden ‘she belongs to me’, einem schön fiesen 'pay in blood’, dem die rockenden midseventies in erinnerung haltenden 'tangled up in blue’, einen mehr rootsigen als apokalyptischen 'scarlet town’ sowie der angenehm kernigen schlussnummer 'love sick’. alles in allem war der abend in regensburg das wohl gefälligste dylan-konzert der letzten drei, vier jahre und für mich ein willkommener grund auf eine fortsetzung der 'neverending tour’ und weitere konzertabende zu hoffen. 12.11.2015 edie brickell ist seit ihren 1988er hits ‘what i am’ und ‘circle’ einer meiner favorites. umso besser, dass sie, seitdem die gemeinsamen kinder mit paul simon aus dem gröbsten raus sind, wieder häufiger musik macht. besonders gut ist ihr das nun auf 'so familiar’ gelungen, dem zweiten zwischen pop und americana schwebendem album mit comedian und banjo-ass steve martin. darauf zu hören sind zwölf ins ohr gehende songs über das leben und die liebe, die mal leichtfüßig, mal herzzerreissend, aber immer angenehm lebensweise sind. 08.11.2015 für sich genommen ist das, was die musik von joanna newsom ausmacht, ganz schön viel: barocker pop mit harfe, eine stimme irgendwo zwischen kate bush und billie holiday, das pop-format in struktur und länge immer wieder durchbrechende songs und texte, die mal wild assoziieren, bisweilen aber auch mit weisen pointen überraschen. doch kommt das wie auf newsoms neuen album ‘divers’ alles zusammen (und wird dabei auch noch von den genialen fotokunstwerken von kim keever begleitet) ist das ergebnis nichts anderes als überwältigend… 26.10.2015 plötzlich ist wieder alles wie 2005. die libertines spielen wieder, die nächte werden wieder länger und aus den kopfhörern dürfen auch wieder gerne heftigere und dunklere sounds quellen. da kommt es gut gelegen, dass the editors mit einer neuen platte am start sind. ‘in dream’ kommt ähnlich elektronisch daher wie seinerzeit das dritte album ‘in this light and on this evening’, hat aber auch einiges von der hymnischen kraft des 2007er zweitlingsalbums ‘an end has a start’. starker sound, der eigentlich lust macht auf das liveerlebnis, aber mal schauen… ebenfalls neue musik gibt es in diesen tagen von the enemy. auf ‘it’s automatic’ probieren die drei kleingewachsenen, aber recht toughen lads einen deutlich eighties-geprägten und sehr stadion-mäßig aufgemachten sound aus. nach ein bisschen gewöhnung funktioniert das ziemlich gut. und die songzeile ‘can’t live without it / but now i’m living without you / it’s automatic’ bleibt bei mir derzeit aus welchen gründen auch immer sehr treffsicher hängen… ebenfalls sehr gut: ‘mirrors’ von reverend and the makers. nach ansicht der libertines ist das album ja das ‘magnum opus’ der nordbriten - und so falsch liegen sie damit nicht einmal. denn der reverend hat die goldene mitte zwischen retro-britsound und indierock gefunden und liefert auf ‘mirrors’ jede menge richtig guter, nahtlos ineinander übergehender neuer songs, die zusammen eine kaleidoskop-artige wundertüte von einem album ergeben. 15.10.2015 wien hat zurzeit wirklich einen lauf: nach ernst molden und dem nino aus wien, das trojanische pferd, worried man & worried boy und wanda liefert nun raphael sas mit ‘nackerte lieder’ bereits das fünfte wiener top-album des jahres ab. wirkte sas, der im hauptberuf gitarre beim nino aus wien spielt, auf seinem debutalbum noch etwas verkrampft, sind die ‘nackerten lieder’ nun ein großer wurf: angenehm herbstliche, bittersüß instrumentierte großstadtchansons, die von einigen munter folkigen, schön gegen den strich gebürsteten selbstverortungen aufgelockert werden, die von der stimmung her auch auf bob dylans mittsiebziger-highlight ‘desire’ richtig am platz gewesen wären. 13.10.2015 was machen, wenn sich alles ändert und eintritt, was man nie gedacht hätte? dasitzen und verrückt werden? nein, dann lieber rausgehen, was (vorerst) nicht zu ändern ist annehmen und neues auf sich zukommen lassen. zum beispiel auch spontan zu fiva in die muffathalle gehen. und sich mitreißen lassen von der ausgelassenen/kämpferischen/neckischen ausstrahlung der rapperin. sich zu freuen, teil der selbstbehauptung des sich in diesen tagen zeigenden guten gesichts von münchen zu sein. und auch sich zu begeistern über eine progressiv-lokale musikwelle, zu der wanda genauso gehören wie fiva und ihre großartige wiener newcomer-vorband granada. 06.10.2015 angeblich faken ja bereits studenten in mainz und anderswo einen österreichischen akzent, um im fahrwasser von wanda bei den frauen zu landen. wundern würde es mich nicht, denn ‘bussi’, das zweite album der wiener band, bietet nun auch im studio-breitwandformat alles, mit dem wanda bei ihrem münchner live-debut vor eineinhalb jahren begeisterten: einprägsame songs, einen kernigen rocksound, jede menge attitude und vor allem das wundervolle gebrüll von sänger marco. ist es hype? nein, wanda sind einfach die derzeit beste rockband im deutschsprachigen raum. 29.09.2015 ich hab’s schon mal gesagt: die leute müssen nur lang genug durchhalten, dann kriegen sie dich alle. so nun geschehen mit keith richards. ich bin zwar kein großer stonesfan, aber seine neue soloplatte ‘crosseyed heart’ gefällt mir richtig gut. wegen dem schön reduzierten rocksound, wegen langsamen stücken wie dem lasziv-knisternden norah-jonesduett ‘illusion’, vor allem aber wegen dieser verlebten stimme, die einem nicht selten eine gänsehaut verschafft, wie es sonst bei einem bob dylan oder leonard cohen der fall ist. 18.09.2015 ich hätte nicht gedacht, dass mich the libertines nochmal so erwischen. immerhin war die band vor gut zehn jahren ja so etwas wie das leitgestirn unserer britrock-begeisterung - auch wenn es für einen konzertbesuch nicht mehr reichte, bevor die gruppe 2004 von pete doherty gegen die wand gefahren wurde. doch schien das gar nicht so schlimm zu sein: schließlich gab es unvergessliche gigs mit pete und seinen babyshambles in london, packende alben der libertines-nachfolgeband dirty pretty things und die solo-platten von carl barat, die man auch als etwas reifer gewordener mensch schamfrei hören konnte. doch statt risikofrei so weiterzumachen, haben sich die jungs jetzt zum neuen libertines-album ‘anthems for doomed youth’ zusammengerauft. aber kann man einfach dort anküpfen, wo man vor elf jahren aufgehört hat? gegen meine skepsis haben pete, carl & co. eine clevere doppelstrategie: sie bleiben einerseits dem herrlich kaputten gitarrenrock treu, mit dem sie nicht nur selbst berühmt wurden, sondern seinerzeit auch dutzende von bands beeinflusst haben, von den paddingtons über the others bis zu den maccabees. andererseits ist ‘anthems for doomed youth’ aber auch erwachsener, sauberer produziert und verleugnet nicht die musikalische raffinesse, die pete und carl in den vergangenen jahren gewonnen haben. also singe ich zu ‘gunga din’ auf der straße mit, hüpfe zu ‘heart of the matter’ durch die wohnung, schwelge im elegischen ‘iceman’ und wünsche mir zu ‘fame and fortune’ den nächsten london-trip herbei. the libertines haben es geschafft: kein album hat mich bisher dieses jahr so begeistert. und auch die live-scharte könnte ich bald auswetzen: die karte für das münchen-konzert im nächsten februar ist bereits gekauft. 18.09.2015 supernett, lustig und vor allem supergut auch mit gitarre: maximo park sänger paul smith unterstrich beim solo-gig im strom club, mit wieviel herzblut er hinter seinen eigenen songs steckt. und wenn selbst so ein klasse-frontmann nach dem dayjob seinem ausgleich sucht, kann das für unsereins nur inspiration sein… 09.09.2015 ruby amanfu ist mir zum ersten mal vor zwei jahren mit ihrer seelenvollen version des bob-dylan-songs ‘not dark yet’ aufgefallen - ebenso wie dem produzenten mark howard, der einst an der aufnahme des originals beteiligt war. gemeinsam haben amanfu und howard nun ‘standing still’ aufgenommen, eine sammlung von neun treffsicher ausgewählten covers und einem original-song. das album überzeugt mich nicht nur mit seinem sound jenseits von country und soul, sondern auch mit ruby amanfus toller stimme, die genau in der perfekten mitte zwischen country-herzschmerz und soul-inbrunst liegt. und das passt ja auch bestens zu der sängerin mit ghanaischen wurzeln, die in nashville aufgewachsen ist und zuletzt als duett-partnerin von jack white ins rampenlicht trat. ach ja, der albumtitel stammt übrigens aus dem natürlich enthaltenen ‘not dark yet’ von bob dylan: ‘i know it looks like i’m moving, but i’m standing still’… 06.09.2015 rip rico rodriguez als ich ska-mitbegründer rico vor ein paar jahren in einem bbc-special sah, wirkte er schon ziemlich gebrechlich, nun ist er im alter von 80 jahren verstorben. immerhin hatte ich das glück, rico einmal im atomic cafe live zu sehen eigentlich ein viel zu bescheidener rahmen für den schöpfer von highlights wie dem skaklassiker ‘rudy a message to you’ und dem wunderbaren reggae-instrumentalalbum 'man from wareika’. doch auch mit damals schon über 70 jahren spielte rico ein hochklassiges, cleveres und mitreissendes set und zeigte auch im kleinen rahmen, dass er einer der ganz großen der popgeschichte war. nun verstärkt der posaunist das ensemble des great gig in the sky und dürfte auch dort allenorts für fröhliche gesichter und muntere tanzbeine sorgen. 04.09.2015 kein konzert hat mich in den letzten jahren so gerockt wie yemen blues im badehaus szimpla in berlin: akustischer jüdischer araberrock, verpunkte folklore, purer soul und einhundert prozent charisma und attitude - genial. 04.09.2015 blog-neustart/umzug mir ging es eigentlich nie darum, 'blogger' zu sein. als ich vor elf jahren damit anfing, auf meiner homepage aufzuschreiben, was ich so alles höre, sehe und lese, wollte ich nur festhalten, was meiner meinung nach notierwürdig war - zum beispiel für freunde, die aus münchen weggezogen waren und mit denen ich nicht so regelmäßig kontakt hatte, aber auch als eine art chronik für mich selbst. beides ist im prinzip noch heute aktuell. bevor ich meine freunde mit den immer gleichen geschichten über neue lieblingsplatten oder dem hinweis auf anstehende konzerttermine nerve, mache ich diese themen lieber auf dem blog öffentlich. und seitdem ich auf apple music umgestiegen bin, ist die chronik-funktion für mich selbst noch wichtiger - schließlich sammle ich ja keine mp3-datenberge mehr auf meiner festplatte an und könnte sonst vergessen, welche schöne klänge mich zu welcher zeit des jahres erfreuten. dennoch wurde die blog-ausbeute sichtlich magerer und drohte zuletzt fast ganz zu versiegen: außer drei ellenlangen kraftakt-updates habe ich in diesem jahr nichts zustande gebracht. das lag daran, dass ich für das blogeintragschreiben am rechner einfach nicht mehr die zeit hatte. um den blog nach elf jahren nicht einfach einschlagen zu lassen, versuche ich nun deshalb den neustart auf einer neuen plattform: auf tumblr. mit der app ist vor allem das mobile posten von beiträgen deutlich leichter und sollte sich so auch wieder mehr zeit für regelmäßige updates finden lassen. mal schauen, ob das klappt, versuchen will ich es aber wenigstens. wer auch künftig verfolgen will, welche musik, bücher und filme es mir besonders angetan haben, sei also eingeladen, sich die neue url zu bookmarken: matthiashell.tumblr.com dieser blog wird ab sofort nicht mehr aktualisiert. also, in diesem sinne: man sieht sich an neuer stelle - tschüss und auf wiedersehen! 04.09.2015 roundup bevor es zum blog-neustart mit hoffentlich wieder regelmäßigen beiträgen kommt, gilt es noch einmal, mit einem roundup meine kulturellen highlights der letzten wochen nachzutragen. los geht es mit neil young, der mit 'the monsanto years' schon wieder ein neues album vorlegte. dieses mal allerdings ganz schön rumpelig und mit der themensetzung gegen den gensaatgutkonzern monsanto gefährlich zeitgebunden. trotzdem gefällt mir, wie sich der 70-jährige neil young getreu dem platten-motto 'it’s a new day for love / it’s a new day for the planet' mit unerschütterlichem optimismus sowohl privat wie auch als aktivist in neue gewässer stürzt. und schön klingen tut die in einem hundertjährigen kinoraum aufgenommene platte auch. während sich im juli der sommer ausbreitete, lieferte bob-marley-sohn ky-mani marley mit 'maestro' dazu einen perfekten soundtrack. gerne ließ mich die platte mein vorurteil revidieren, bei ky-mani handle es sich um ein musikalisch eher schlichtes gemüt. wie er eckpunkte des roots-sounds seines vaters munter mit einer stilpalette von r’n’b über elektro bis zu rock mischt, ist große kunst. von dem album ließ ich mich gleich noch dazu inspirieren, ky-manis autobiographie 'dear dad' zu lesen - natürlich kein literarisches highlight, aber eine interessante erzählung darüber, wie sich der außerhalb des marley-clans in prekären verhältnissen aufgewachsene sänger seinen weg ins musik-business erkämpfte. aufgrund einer facebook-empfehlung von garland jeffreys machte ich mich dann an james maddock und sein album 'the green'. maddock startete im england der 80er jahre als linkslastiger soulrocker und bewegt sich seiner übersiedlung nach new york anfang der 2000er jahre im weitergefassten fahrwasser von bruce springsteen. auf the green gibt es warmherzige songs mit großem stimmlichen einsatz und satten arrangements. für mich als bekennender springsteenianer ein gefundenes fressen. schönen sommer-sound lieferte auch lianne la havas. die elegante londoner soul-chanteuse gibt sich auf dem zweitlingsalbum 'blood' zwar etwas stromlinienförmiger als bei ihrem debut, überzeugt aber weiterhin mit einer grossartigen stimme, geschmackvoll angejazzten songs und einer sympathisch nach uk-soul tönenden soundvariante. anfang juli kam es mit dem launch von apple music dann zu einer formatweiterentwicklung, die überraschenderweise inzwischen auch meine hörgewohnheiten beeinflusst hat. noch anfang des jahres kaufte ich mir einen neued ipod, da ich davon ausging, dass ich a) weiterhin auf alben-downloads statt streaming setzen würde und b) dafür weiterhin einen dezidierten mp3-player nutzen würde. doch dass es auf einmal möglich wurde, musikalben am (inzwischen gleichzeitig weltweit auf freitag vereinheitlichten) erscheinungstag auf mein iphone zu laden und dort innerhalb der attraktiv gestalteten musik-app zu hören, schuf für mich neue fakten. inzwischen habe ich apple music abonniert und nutze ich meinen ipod so gut wie nicht mehr. als erster apple music download fand die tributplatte 'nina simone revisited' den weg auf mein iphone - und das vor allem wegen der darauf enthaltenen sechs neuen aufnahmen von lauryn hill. allem zweifel zum trotz stellt die dame mit den eigenständigen coverversionen ihre ungebrochene klasse unter beweis und weckte bei mir hoffnungen, eines tages vielleicht doch noch einmal einen nachfolger zu ihrem klassikeralbum 'the miseducation of lauryn hill' zu gehör zu bekommen. ich stehe nun einmal auf das albumformat, weshalb es auch eps bei mir erfahrungsgemäß schwer haben. doch die 'lost worker bee' ep von elbow ist einfach so gut, dass ich mich über die magere anzahl von vier neuen songs gar nicht beschweren mag. wie auf keinem elbowrelease seit 'the seldom seen kid' beweisen elbow auf der ep ihren sinn für nichtalltägliche, aber dennoch hochgradig einprägsame melodien und komplexe, aber stets berührende arrangements. einen eigenständig-charakteristischen rocksound haben auch the maccabees auf ihrem dritten album mit dem titel 'marks to prove it' entwickelt. vielleicht liegt es an dem gelungenen artikel, den der guardian dem album widmete, aber ich höre in den neues maccabees-songs den sound des heutigen london, in nächtlicher atmosphäre und umgeben von bröckelnden 70erjahre-sozialbauten und neuen protzbauten. ach ja, und mit dem architekturfoto auf dem cover haben mich die maccabees natürlich auch sehr geschickt geködert. der sommer bewegte sich in richtung zenit und was passt da besser als ein gutes reggaealbum? überraschenderweise stammt dieses von joss stone. zwar ist 'water for your soul' nicht wie in vielen medien behauptet von damian marley produziert und tritt linton kwesi johnson auf dem album nicht als gastsänger, sondern nur als sample in erscheinung. doch immerhin zeigen diese referenzen bereits in welche richtung es geht: neben tropisch abgehangenen soul gibt es viel klassischen reggae-sound mit tollen arrangements und einprägsamen melodien volltreffer. ab ging es in den zweiten sommerurlaub des jahres, in den golf von venedig nach caorle. schon wenige tage vor der abreise entdeckten wir beim pizzaessen das diesjährige italopop album-highlight: 'naif' von malika ayane. auch in bella italia wehten die hochklassigen popsongs der dame mit der samtstimme einem allenorts um die ohren und bei der heimfahrt gelang es mir sogar noch, das cd-album in einer feltrinelli-buchhandlung (!) als hardcopy zu erstehen. weiterer urlaubssoundtrack war das selbstbetitelte album von worried man & worried boy, auf dem herbert janata, gründer der austriarock-urgesteine worried men skiffle group zusammen mit seinem sohn und 'ja, panik'-schlagzeuger sebastian janata ein so unterhaltsames wie bitterböses sixties-sound-update liefern - einen guestslot des nino aus wien inbegriffen. und schließlich entpuppte sich noch 'contradictions', das zweite solo-album von maximo-park-frontmann paul smith, als perfekte sommerplatte. subtiler als bei seiner hauptband, aber eingängiger als auf dem solodebüt liefert smith einen strauss hochkarätiger songs, die von seiner charismatischen stimme und atmosphärischen gitarrensounds geadelt werden. wieder zurück in münchen wartete die aus australien eingeflogene, von der künstlerin selbst produzierte neue toni childs cd 'it’s all a beautiful noise' im briefkasten. die sängerin setzt darauf ihren mit dem crowdfunding-album 'citizens of the world' im vergangenen jahr eingeleiteten lauf fort - allerdings mit einem leichten schwenk: an die stelle des popsongformats sind nun längere, atmosphärische tracks jenseits des strophe/refrain-schemas getreten. vom charakter her erinnert das ganze erfreulich an die weltmusik-glanztaten eines peter gabriel und hinterlässt einen sehr stimmungsvollen höreindruck. soviel zu den cd-neuerscheinungen. daneben gab es tolle livemusik von haindling auf dem tollwood-festival (der wohl stärkste gig, den ich von hochwachen bayerischen träumer hansjürgen buchner bisher gesehen habe) und stephan eicher auf dem bardentreffen in nürnberg: der schweizer, in frankreich weltbekannte chansonnier verzauberte dabei mit der analogen mechanik seiner musikautomaten und der perfekt zur fränkischen vollmondnacht passenden romantik seiner songs. im lustspielhaus gab es nach der sommerpause ein wiedersehen und -hören mit denk. das akustik-programm zum 15-jährigen bandjubiläum zeigte eindrücklich die musikalische klasse der gruppe und machte deutlich, dass für die wiener lieblingsband auch künftig von rock über funk bis zu country und folkloristischem noch viele entwicklungswege offenstehen. frischen lesestoff gab es von peter hoeg, dessen 'susan-effekt' für mich nicht nur ein spannendes wiedersehen mit dem in sehr guter erinnerung verbliebenen kopenhagen bot, sondern auch eine gleichermassen fesselnde wie hochrelevante thriller-handlung entwickelt. das wiederentdeckte harper lee roman-debut 'go, set a watchman' entpuppte sich als stimmungsvoller, politisch bewegter blick in die us-südstaaten der 50er-jahre. als schmale, aber hochgradig beeindruckende urlaubslektüre sehr gut geeignet war 'der beweis' von cesar aira. der alles vorstellbare sprengende liebesbeweis zweier argentinischer punkmädchen bewegte sich in regionen, die mich erfreulich an roberto bolano erinnerten. weniger erfreulich ist schließlich, dass ernst molden seine freizeit.at-kolumne 'wien mitte' im august nach 333 folgen einstellte. seitdem ich die buchzusammenfassung der ersten fünf kolumen-jahre gelesen hatte, lieferte mir molden zuverlässig jeden samstag wien-insights, musik-tipps und vor allem inspirierende einblicke in eine hochgradig sympathische lebensund familiengestaltung. die wöchentliche dosis molden zum lesen fehlt mit definitiv, doch verspricht der wiener immerhin, das durch verstärkten musik- und konzert-output zu kompensieren, was ja auch nicht das schlechteste ist. 25.06.2015 sechs wochen nach dem letzten roundup mal wieder ein update. musikalisch ging es mitte mai mit einer willkommenen afro-/reggae-schlagseite los. alpha blondy veroeffentlichte mit 'positive energy' einmal mehr ein hochklassiges roots-reggae-album. zwar haelt die platte nicht ganz das niveau der ersten lieder, unterstreicht aber den status von alpha blondy als heute wichtigsten fackeltraeger des klassischen, engagierten reggae. auf das aktuelle schaffen von sally nyolo, die ich vor mehr als 20 jahren tatsaechlich kurz persoenlich kennenlernte, machte mich eine konzertankuedigung der nzz aufmerksam. nyolo wurde darin in einem atemzug mit der von mir hochgeschaetzten angelique kidjo als eine der originellsten vertreterinnen afrikanischer popmusik gewuerdigt. und tatsaechlich ist 'tiger run', das ende 2014 erschienene aktuelle album der einstigen zap-mama-saengerin, eine gekonnte verknuepfung vordergruendig traditioneller toene, die bei genauerem hinhoeren von pop, jazz und franzoesischem chanson durchdrungen sind. und mit 'kilimanjaro' hat sally nyolo einen echten hit am start. aus italien meldete sich schliesslich das reggae-kollektiv africa unite mit dem als gratis-download veroeffentlichten album 'il punto di partenza' zurueck. die darauf zu hoerenden flirts mit dubstep sind fuer die bereits 20 jahre alte band durchaus gelungen, doch am besten gefallen mir die italiener, wenn sie kaempferische, blaeser-verstaerkte rootsnummern anstimmen, die im besten sinne an die fruehen ub40 erinnern. eine echte musikentdeckung bescherte mir ernst molden in seiner 'wien mitte'-kolumne: das trojanische pferd bietet bestes indie-songwritertum mit einem punkigen unterton und muss dabei auch vor vergleichen mit internationalen stars des genres nicht zurueckschrecken. auf 'dekadenz', dem dritten album von das trojanische pferd, gibt es neben hochdeutsch gesungenen titeln erstmals auch ein paar lieder im dialekt, was im zusammenspiel mit dem ueberhaupt nicht volksmusikalischen sound einen spannenden kontrast schafft. im abschliessenden 'idiotenlied' sind dann schliesslich auch der nino aus wien und ernst molden (an der gitarre) mit von der partie. anfang juni ging es dann in den urlaub. erst nach hamburg, dann in die luebecker bucht, zwischendurch nach kopenhagen und heim schliesslich ueber berlin. eine schoene rundreise, die neben einer reihe interessanter staedte - mein highlight war das gleichermassen traditionelle wie dynamische kopenhagen - bei mir auch neues interesse am ostseeraum insgesamt weckte. musikalisch begleiteten mich in den urlaub zunaechst florence and the machine. aus dem indie-umfeld von den mystery jets ist florence ja inzwischen zum globalen verkaufsstar avanciert. das merkt man auch ihrem album 'how big, how blue, how beautiful' an. auf der gefuehlsebene trifft mich das nicht immer, doch enthaelt die platte so manchen schoenen, staerker us-gefaerbten song. ein kontrastprogramm dazu bot das israelische weltmusik-kollektiv yemen blues. das zweite album der band 'insaniya' wurde von crossoverpionier bill laswell produziert und bietet tolle arabisch getoente musik, die mit einer mitreissenden rock-attituede daherkommt. weiter ging es im urlaub mit ffs, der zusammenarbeit zwischen franz ferdinand und den sparks. manchmal toente mir das gleichnamige album zu schraeg um der schrulligkeit willen, enthielt aber auch einige songs, in denen es den beiden bands gelingt, spannende atmosphaeren zu schaffen. schliesslich meldete sich aus senegal mit cheikh lo noch ein alter weltmusik-bekannter zurueck. sein neues album 'balbalou' bietet afropop mit hochkaraetigen arrangements und einer erfreulich grossen stilistischen offenheit. zurueck aus dem urlaub, schlug das pendel wieder in richtung us-amerikanischer sounds aus: simi stone verfolge ich seit ihrer zusammenarbeit mit simone felice bei the duke and the king. auf ihrem debut liefert die saengerin aus woodstock soul- und popsongs mit angenehmen retro-einschlag und sympathisch persoenlichen texten. und ein paar ohrwuermer hat die huebsche dame ebenfalls am start. ein verspaetetes debut liefert auch das ehemann/frau-duo larry campbell & teresa williams ab. campbell kenne ich ja als gitarrist aus bob dylans tourband und so ist es auch keine ueberraschung, dass das duo ein munteres americanapotpourri von hoher qualitaet liefert. besonders gelungen sind die langsameren songs sowie das stuermische blues-cover 'keep your lamp trimmed and burning'. meine jaehrliche dosis bob dylan live holte ich mir vor ein paar tagen bei einem trip nach bamberg ab. auch mit 74 jahren ist bei dylan veraenderung trumpf. zum einen ist erfreulicherweise nach laengerer kontinuitaet die setlist wieder in bewegung geraten. und zum anderen klang die musik wieder deutlich lebhafter als im vergangenen jahr auf tollwood, als dylan sein sinatra-album 'shadows in the night' vorwegzunehmen schien. die livepremiere des sinatra-stuecks 'i’m a fool to want you' sowie 'autumn leaves' waren denn auch zwei innig dargebotene highlights des konzerts. daneben uueberzeugte dylan mit einem bedrohlich stampfenden 'pay in blood', einem zurueckgenommenen 'early roman kings' und einem beruehrend klagenden 'forgetful heart'. ebenfalls ein sehr erfreuliches live-erlebnis bot natalie prass im privatclub in berlinkreuzberg. auf ihr gleichnamiges debutalbum machte mich der konzerttermin aufmerksamm, doch ging der gig noch einmal deutlich darueber hinaus. wo prass auf platte mit liebesdramen betoert, die mit ihren streicherarrangements den southern soul der seventies heraufbeschwoeren, gab es live einen deutlich kernigeren soul-sound, der eindrucksvoll eine lanze fuer die musikszene des new south brach. ebenfalls am rande eines arbeitstrips nach berlin ging es im schoenen ambiente des kant kinos in charlottenburg in den brian-wilson-biopic love and mercy. die geschichte des beach-boysmasterminds und seiner daemonen ist stellenweise ganz schoen starker tobak, doch beruehrt mich - wie auch bei wilsons 2015er album 'no pier pressure' - wie es der musiker dennoch alles in allem geschafft hat, die kurve zu kriegen. spannend dazu ist auch ein aktueller artikel des us-rolling stone. 28.05.2015 nach lauter ellenlangen roundups hier zu abwechslung mal ein kurzes video: brian wilson performt mit musikschulkindern fuer einen guten zweck 'love and mercy' (im gleichen studio, wo einst 'pet sounds' entstand). schoen, dass wilson trotz allem neben-derspur-sein irgendwie seinen platz gefunden zu haben scheint... 15.05.2015 zum ende einer (wegen wiederholter infekte in unserer kleinen familie ungewollt ausgedehnten) vierwoechigen schreibphase fuer mein zweites 'local heroes'-buch, schaffe ich es endlich mal wieder, ein update zu den kulturellen highlights der letzten zeit zu geben: musikmaessig ging es los mit sufjan stevens und 'carrie & lowell', seinem sublimen albumnachruf an seine vor drei jahren verstorbene, ziemlich katastrophenhafte mutter. mit feinen folksounds, aber auch mit den christlich aufgeladenen texten war das album der passende soundtrack fuer die karwoche. ostern begleiteten mich dann ringo starr's angenehm solides neues album 'postcards from paradise', der spannende 'wie geht das leben weiter, wenn der grosse traum geplatzt ist?' coming-of-age-roman 'barracuda' von christos tsiolkas sowie passend dazu der australische songwriter-indierock von courtney barnett. ihr album 'sometimes i sit and think and sometimes i just sit' liegt wortgewaltigerweise wohl naeher an patti smith als an bob dylan, macht aber trotzdem viel spass. zu meinem geburtstag schaenkte ich mir dann selber 'no pier pressure', das neue album von brian wilson. nach einer reihe eher rueckwaerts gewandter projekte macht der beach-boyskopf darauf einfach wieder popmusik, im klassischen chor-sound, aber auch mit einer reihe sympathischer zeitgemaesser gaeste. schoen. gut dazu passte es, dass auch bei der kurz darauf erschienenen neuen wombats-cd 'glitterbug' die beach boys zumindest teilweise pate standen. denn hat man sich erst einmal durch die 80s-bombast-produktion hindurchgehoert, trifft man darunter auf eine angenehm stimmungsvolle beziehungs-auf-und-ab-platte. fuer spass sorgten bei mir dann the title trackers, eine studiomusiker-kombo aus los angeles, die es sich zum ziel gesetzt hat, fehlende album-titeltracks nachzuliefern, also z.b. 'the joshua tree' fuer u2 oder 'greetings from asbury park' fuer den boss. das ist richtig lustig, am besten aber ist 'blood on the tracks', wo die titel-trackers erst gar nicht versuchen, dylan nachzumachen, sondern mit einem beruehrenden song ganz einfach sie selbst sind. weiter ging es mit den alabama shakes und derem zweitlingswerk 'sound and color'. von den retro-soul-rock-klaengen des debuts geht es hier zu einem zeitgemaessen, angenehm farbenfrohen suedstaatensound, der zwar viel elektrischer klingt, mich aber von der stimmung dennoch angenehm an valerie june erinnert. da robyn hitchcock der lieblingsmusiker von einer reihe meiner lieblinsmusiker ist, probierte ich den mann mal live aus. eine entdeckung als konzertlocation war auf jeden fall der club unter deck. herr hitchcock selber entpuppte sich als alleinunterhalter erster klasse und hochkaraetiger songwriter, irritierte mich aber auch ein bisschen mit seiner etwas durchgeknallten art. ggf. bleibe ich an dem mann weiter dran. nachdem damon albarns solodebut im letzten jahr zu meinem favorites zaehlte, bot das neue blur-werk 'the magic whip' fuer mich oasis-ianer nun den geeigneten anlass, um mich erstmals ausfuehrlicher mit der britpop-kombo zu beschaeftigen - mit einem ausgesprochen positiven ergebnis: die britpop-throwbacks sind angenehm, noch viel spannender aber die zwischen krautrock und grossstadt-melancholie angesiedelten neuen sounds von blur. ein bisschen zeit brauchte ich fuer 'supermoon', das neue album von sophie hunger. doch dann fing mich die schweizerin wieder mit ihrer gedehnten phrasierung, ihrer engagierten gesangsweise und tollen songs ein. gefestigt wurden die bande dann an meinem ersten sophiehunger-konzert in der freiheizhalle. die saengerin bewies dort mit ihrer musik und auch zwischen den songs einen auf charismatische weise leicht linken charme. und auch beim support act bewies frau hunger eine sichere hand: der junge schweizer faber singt seine akustischen songs mit rebellischer energie und mutiert zwischendurch muehelos zum italienischen cantautore. seine debut-ep 'alles gute' wurde kurzerhand gekauft. hubert von goiserns neues album 'federn' hatte ich ja bereits im letzten herbst in einer kompletten live-preview gehoert. die cd-version bestaetigt nun den guten eindruck: blues und cajun passen darauf bestens zu alpenlaendischer folklore und dazwischen gelingen dem oesterreicher wieder einige dieser wunderbar schwebenden ruhigen songs. schliesslich gab es noch das lang angekuendigte solo-debut von local hero schorsch hampel. ohne bagasch stellt der mann auf 'sog gscheid' die songs in den mittelpunkt und landet bei mir damit so manchen americana-getoenten volltreffer. die cd-praesentation im antons bestaetigte den positiven eindruck: statt ueberlanger akrobatischer mundharmonika-soli und blueseinerlei gab es tolle grossstaedtische songkunst und einen schorsch, der stimmungsvoll durch eine staerker persoenlich gefaerbte songauswahl fuehrte. jaja, alles veraendert sich, aber von mir aus geht das so in ordnung. 27.03.2015 das mit den blog-updates in sechs- bis achtwoechigem takt, scheint nun zur normalitaet zu werden. also gibt es auch dieses mal wieder einiges an kulturhighlights zu berichten: los ging es mit 'chasing yesterday', dem zweiten soloalbum von noel gallagher. nach dem wirklich guten zweiten album von beady eye, der inzwischen leider aufgeloesten band seines bruders liam, hat auch noel sichtlich einen gang hochgeschaltet. 'chasing yesterday' bietet toll arrangierte songs mit einem typisch nordenglischem sound - und am besten: mit 'lock all the doors' und 'you know we can't go back' zwei absolute kracher, die mir vor augen hielten, welch bleibenden einfluss oasis seinerzeit bei mir hinterlassen haben. claudia koreck ist mir klar als eine gute bekannt. und da ich auch mal wieder raus wollte, ging ich kurzerhand zur live-praesentation ihres neuen albums 'stadt land fluss' ins volkstheater. ob ich mit frau koreck verheiratet sein moechte, bin ich mir nicht sicher, aber das konzert war super kraftvoll, toll gespielt und vor allem leidenschaftlich gesungen. das ganze gefiel mir so gut, dass ich auch gleich die cd vor ort mitnahm und in den folgenden tagen mit bestem sound versorgt war, der seine heimat zwar im chiemhau hat, dessen roots aber klar in black america liegen. shirley grimes fiel mir im letzten jahr als duettpartnerin des schweizer bluesers hank shizzoe auf seinem von stephan eicher produzierten album 'songsmith' auf. dank der guten dienste ihres labels endorphin konnte ich nun 'lovesongs', die neue cd der nach bern exilierten irin, geniessen. darauf gibt es hochklassige songs zu vielfaeltigsten facetten des beziehungslebens, mit einer tollen stimme, stimmungsvollen akustischen arrangements und vor allem tollen melodien zwischen folk und irischen wurzeln. mit einiger anlaufzeit erwaermte ich mich dann auch fuer das neue steve earle album 'terraplane'. der country-rebell verarbeitet darauf das ende seiner ehe mit songwriter-kollegin allison moorer und tut das in form einer weitgehend reinen blues-platte. nun ist es mit dem blues immer so eine sache. doch earle geht das leitthema erfreulich vielseitig an und schlaegt sich mit einer rohen emotionalitaet durch die songs, die einen an ein wundes tier denken laesst. das naechste highlight kam aus oesterreich und zwar in gestalt des ersten duo-albums von ernst molden und dem nino aus wien. in einem lesenswerten interview mit dem falter verglich molden das austropopklassiker-coveralbum 'unser oesterreich' mit bob dylans 'shadows in the night': in beiden faellen sei es darum gegangen, songs zu de-covern und auf ihren wesensgehalt zurueckzufuehren. grosse worte, aber absolut wahr. molden und nino machen jeden der zwoelf songs zu ihrem eigenen stueck und liefern u.a. mit sigi marons 'de spur von dein nokatn fuass im saund' und andre hellers 'und dann bin i ka liliputaner mehr' neu-alte instant-lieblingslieder. nur kurz nach steve earle lieferte dann auch allison moorer ihre platte zur scheidung. der countryrock-sound von 'down to believing' erreicht zwar nicht ganz die rohe kraft von 'terraplane', doch liefert moorer die tiefergehenderen einsichten und hat mit dem albumtitelsong eine wunderschoene mantraartige ballade auf lager, die so manches beziehungsproblem absolut auf den punkt trifft. der beim letztjaehrigen best-of-mix erstmals so richtig zutage getretene trend nach gefaelligerer musikalischer nahrung scheint sich bei mir fortzusetzen: zuletzt hatte ich neu auf dem ipod spannende alben von the cribs, attwenger und moonchild sanelly, doch wenn ich dann abends im bett lag hoerte ich am liebsten 'tracker' von mark knopfler. immerhin kommt er auf der platte bisweilen fast an die stimmung eines van morrison heran, schaltet zwischendurch aber dann doch wieder auf autopilot. attwenger haetten auch gut zu meinem ersten kinobesuch seit einer ewigkeit gepasst: die neue wolf-haas-verfilmung 'das ewige leben' war wieder einmal um klassen besser als es das buch m.e. sein duerfte und zeichnete erneut das sinistre bild einer oesterreichischen (gross?)stadt: graz. schoen ist das nicht, hat aber durchaus seinen reiz. gelesen habe ich in den letzten wochen 'montecristo', den neuen roman von martin suter. zwar stoerte ich mich auch bei dieser mordgeschichte zum 'too big too fail' banken-komplex an suters etwas aufdringlich zur schau getragener sujetkenntnis (und an einigen arg patriotisch-schweizerisch eingefaerbten passagen). doch suter weiss wie man einen leser bei der stange haelt, gestaltet seine milieus lebendig und wird bei mir deshalb neben philippe djian (nicht nur wegen der geteilten stephan-eicher-connection) zu einem stammeintrag auf der leseliste. passend zur musik von steve earle habe ich schliesslich noch seinen roman 'i'll never get out of this world alive' gelesen. die geschichte eines alternden junkies und engelsmachers, der durch den quasi-metaphysischen einfluss einer jungen mexikanerin auf unerwartet rechtschaffene wege geraet, zieht einen mit seiner milieuschilderung in einen bann, der gerne noch laenger dauern duerfte. ein klasse musiker und ein toller autor - was mich nur noch mehr zum fan macht. 19.02.2015 acht wochen ist das jahr bereits alt und erst jetzt komme ich zum ersten blogeintrag. dafuer verantwortlich ist weiterhin die veraenderte einteilung meiner produktivzeit, die mir fuer zerstreuungen, wie dem blogschreiben nur wenig luft laesst. doch will ich nicht lamentieren, sondern lieber zusammentragen, was das junge jahr aus meiner sicht bisher alles so an kulturellen highlights zu bieten hatte. musikalisch startete ich mit der mir selbst zu weihachten geschenkten gesamtwerk-box von william onyeabor ins jahr. um den mann und seine wenig stichhaltige biografie hat sein label luaka bop ja inzwischen einen maechtigen marketingrummel veranstaltet, so dass ich anfangs von der tatsaechlichen musik gar nicht so sehr beeindruckt war und beim betrachten der youtube-doku zu william onyeabor schon fast an einen hoax glaubte. doch dann packte auch mich die supercoole mischung aus seventies-funk, afro-klaengen und kuriosen synthie-sounds und huepfte ich zu 'fantastic man' mit einer ausgelassenen kindermeute durchs zimmer. das erste grosse 2015er album war dann - fuer mich bisher komplett unbekannt - olli schulz mit 'feelings aus der asche'. vielleicht ist es mein glueck, dass ich schulz nicht als tvscherzkeks kannte, denn so konnte ich seine platte als ein toll getexteten und musikalisch traumwandlerisch umgesetzten deutschen rock mit indie-sympathien geniessen. zudem unterstrich 'feelings aus der asche' mit anklaengen an manchester-band wie elbow und i am kloot einmal mehr, dass hamburg - wo olli schulz hoerbar herkommt - deutschlands tor (bzw. hafen) zur insel ist. auf einen richtiggehenden instant-klassiker, der mir sonst fast durch die lappen gegangen waere, wurde ich durch die guten dienste der nzz am sonntag aufmerksam: mein new yorker lieblings-singer/songwriter willie nile hat mit 'if i was a river' sein erstes piano-album aufgenommen. grosse melodien treffen sich darauf mit grossen worten und ebensogrossen gefuehlen - pure rocknroll-poesie. weiter ging es mit benjamin clementine, dessen mischung aus piano-songs, theatralischem soul und klassik-einsprengseln ich bisher ja mehr interessant als toll fand. auf albumlaenge kommt das ganze aber super rueber und so ist 'at least for now' ein hochklassiges debut, das den sound meiner lieblingsmetropolen paris und london kongenial in sich traegt. gut gefielen mir auch mark ronson's eighties-pop-funk-suite 'uptown special' sowie das traditionelle, aber schoen wortmaechtige waterboys-album 'modern blues'. ausserdem lieferten dengue fever mit 'the deepest lake' eine gelungene weiterentwicklung ihres kamdoschanischen retrorocknroll ab. und dann war es auch schon zeit fuer das neue bob dylan album 'shadows in the night'. ob der 74-jaehrige dylan mit seiner kaputten stimme wirklich der richtige fuer eine jazzstandardsplatte ist, machte mich schon etwas skeptisch. doch siehe da, der mann gibt sich richtig muehe und schmiedet aus sixties-naeseln, seventies-crooning und nullerjahre-heiserkeit eine beruehrende 'neue' stimme, die zusammen mit den leise-atmosphaerischen bandarrangements 'shadows in the nights' zu einem wehmuetig-zaertlichen favoriten fuer die blaue stunde macht. weniger lauschig, aber auch sehr gut ist 'let it reign', das neue album von carl barat. der libertines-mann folgt dabei dem vorbild der kaiser chiefs vom letzten jahr, mit haerteren gitarren neuen drive zu entwickeln. da barat beim songwriting weiterhin auf hochkompetente partner setzt und auch bei der darbietung mit ganzem herz dabei ist, ist ein makelloses rockalbum herausgekommen, das den einstieg in ein super-libertines-jahr darstellen koennte: pete doherty hat mit dem stimmungsvollen amy-winehouse-tribute 'flags of the old regime' bereits einen vorgeschmack auf ein neues soloalbum veroffentlicht und dann soll ja auch noch die dritte libs-lp in diesem jahr erscheinen... weitere tolle aktuelle platten runden den guten jahreseinstieg ab: rhiannon giddens muenzt auf 'tomorrow is my turn' das bei den carolina chocolate drops und new basement tapes aufgenommene momentum in ein hochklassiges und wirklich schoenes americana-rootsalbum um. das zwillingsschwestern-duo ibeyi findet auf ihrem debut eine spannende mitte zwischen kuba (die roots), paris (da leben sie und schnuppern den vibe) und london (wo das album von richard russel produziert wurde, der damit seine mit alben fuer gil scott-heron, bobby womack und damon albarn begonnene reihe fortsetzt). 'italiens amy winehouse' nina zilli kehrt auf album nummer drei 'frasi&fumo' wieder mehr in die retro-ecke zurueck, bewahrt aber das mit dem zweiten, moderneren album gewonnene selbstbewusstsein. daneben hat mich der 70. geburtstag von bob marley auf einige diskografische erkundungen geschickt: neben dem unter dem namen 'uprising live' ende letzten jahres veroeffentlichten rockpalast-konzerts von 1980 (hatte ich lange jahre als vhs-mitschnitt) sind das auch das neue, sehr gut klingende und gespielte live-album 'easy skanking in boston 78' sowie die sehr solide bob-marley-biografie von chris salewicz. ich glaube, dieses thema wird mich dieses jahr noch laenger beschaeftigen... das konzertjahr eroeffnete sehr frueh mit dem auftritt von molden/resetarits/soyka/wirth. ein schoenes konzert, das allerdings recht wenig willi und noch weniger kurt enthielt, so dass ich den molden-auftritt vom letzten sommer fast etwas besser fand. aber ganz klar ist der ernst einer der ganz guten, von dem auch in diesem jahr noch viel zu erwarten ist. literarisch machte ich mich quasi 'post-charlie' an michel houellebecq's neues werk 'unterwerfung'. mir war es ein bisschen arg thesenroman und zwischendurch gibt es ganz schoen viel ungefiltertes rechtes denken zu hoeren. doch als ganzes kann man das buch wirklich nicht als islamfeindlich bezeichnen, schon eher als kritisch gegenueber einem geistig-politisch erlahmenden westen. kuehn ist houellebecqs szenario vom islam als neuer sinnstiftung fuer den alten kontinent auf jeden fall und bei der beschreibung dekadenter maennlicher protagonisten macht dem franzosen weiterhin keiner etwas vor. 'unterwerfung' laesst den leser nachdenken, ohne ihm endgueltige schluesse nahezulegen und ist damit eine faszinierend ambivalente lektuere. geseheneKonzerte: 9.1.molden,resetarits,soyka,wirth(lustspielhaus) 1.3.claudiakoreck(volkstheater) 20.4.robynhitchcock(unterdeck) 6.5.sophiehunger(freiheiz) 9.5.schorschhampel(antons) 15.6.natalieprass(privatclub,berlin) 23.6.bobdylan(brosearena,bamberg) 30.6.thehooters(muffathalle) 5.7.haindling(tollwood) 30.7.stephaneicher(bardentreffen,nuernberg) 2.9.denk(lustspielhaus) 4.9.yemenblues(badehaus,berlin) 14.9.bryanferry(circuskrone) 17.9.paulsmith(strom) 25.9.attwenger(oidewiesn,herzkasperlzelt) 1.10.thewaterboys(freiheiz) 13.10.fiva(muffathalle) 17.10.schorschhampel(stemmerhof) 3.11.ollischulz(circuskrone) 11.11.bobdylan(donauarena,regensburg) 10.12.maximopark(backstage) 13.12.ibeyi(technikum)