erben und vererben

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erben und vererben
ERBEN UND VERERBEN
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INHALTSVERZEICHNIS
Teil A - Wichtige Informationen für den Erben ................................................. 2
1.Was ist bei einem Todesfall zu veranlassen ................................................ 2
Todfallaufnahme, Inventar....................................................................................... 2
Der Zwischenbeschluss .......................................................................................... 3
Berechtigungen und Verpflichtungen des Verstorbenen ........................................ 4
Was geschieht in der Bank? ................................................................................... 5
2.Was habe ich als Erbe zu beachten.............................................................. 7
Die unbedingte Erbantrittserklärung ....................................................................... 7
Die bedingte Erbantrittserklärung ........................................................................... 7
Bestattungskosten und andere Aufwendungen ...................................................... 8
Geldansprüche........................................................................................................ 8
Pensionsansprüche................................................................................................. 8
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer.................................................................. 9
TEIL B - Wichtige Informationen für den Erblasser........................................ 10
1.Der Nachlass – Die Vermögensaufstellung................................................. 10
2.Die gesetzliche Erbfolge.............................................................................. 11
Gesetzliche Erbfolge unter Verwandten................................................................ 11
Das gesetzliche Ehegattenerbrecht...................................................................... 11
Sonderregelungen ................................................................................................ 12
3.Die letztwillige Verfügung ............................................................................ 14
Das Testament...................................................................................................... 14
Das Vermächtnis................................................................................................... 14
Der Erbvertrag....................................................................................................... 14
Die Schenkung auf den Todesfall.......................................................................... 14
4.Voraussetzungen für eine gültige letztwillige Verfügung ........................... 15
Die Hinterlegung einer letztwilligen Verfügung...................................................... 16
Das Pflichtteilsrecht .............................................................................................. 16
Die Pflichtteilsminderung ...................................................................................... 17
Enterbung ............................................................................................................. 17
Erbverzicht ............................................................................................................ 18
5.Privatstiftung................................................................................................ 19
6.Der Notar – der Spezialist im Detail ............................................................ 20
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Teil A - Wichtige Informationen für den Erben
1. Was ist bei einem Todesfall zu veranlassen
Zur Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens müssen Sie selbst nicht tätig werden.
Das zuständige Standesamt verständigt das Bezirksgericht des letzten ordentlichen
Wohnsitzes des Verstorbenen vom Ableben und übermittelt eine Sterbeurkunde.
Dieses leitet als „Verlassenschaftsgericht“ die Verlassenschaftsabhandlung ein. Bei
Ableben im Ausland sollten Sie jedoch die Sterbeurkunde selbst dem zuständigen
Gericht bzw. dem Gerichtskommissär vorlegen.
Todfallaufnahme, Inventar
Das Verlassenschaftsgericht eröffnet einen Verlassenschaftsakt und übermittelt
diesen dem örtlich zuständigen Notar als „Gerichtskommissär“ zur Ergänzung der
Todfallaufnahme und allfälliger Durchführung der Abhandlung. Der Notar ergänzt mit
informierten Auskunftspersonen (nahe Angehörige, Mitbewohner) die erforderlichen
Daten, insbesondere die persönlichen Verwandtschafts- und Vermögensverhältnisse
des Verstorbenen – Aktivvermögen und Schulden – und übernimmt allfällige
letztwillige Verfügungen (jeder Gerichtskommissär ist überdies zu einer Anfrage
beim Zentralen Testamentsregister verpflichtet).
Gehen Sie gut vorbereitet zum Notartermin, es vereinfacht das Verlassenschaftsverfahren. Bringen Sie - soweit vorhanden – folgende Unterlagen mit:
 Namen, Adressen, Stand und Geburtsdaten der nächsten Verwandten
 Standesdokumente des Verstorbenen (insbesonders Abschrift aus dem
Sterbebuch, Geburtsurkunde, ggf. Heiratsurkunde, Scheidungsurteil oder
Sterbeurkunde des Ehepartners, Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldezettel,
Sozialversicherungsnummer)
 letztwillige Verfügungen (Testamente, Kodizille (Vermächtnisse), Erbverträge,
Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge, Verzichtserklärungen)
 Vormundschaftsdekrete, Gerichtsbeschluss über Bestellung zum Sachwalter
 letzte Pensionsabschnitte
 kurze Aufstellung und Belege über den Nachlass (Giro-, Spar- und
Wertpapierkonten, Versicherungsbelege, insb. Lebensversicherungspolizzen,
Grundbuchauszüge,
Grundbesitzbogen
und
Einheitswertbescheide,
Übergabeverträge,
Firmenbuchauszüge,
Kfz-Papiere,
etc.)
Original
Sparbücher mitnehmen!
 sowie Aufstellungen und Belege über Schulden und Auslagen anlässlich der
letzten Krankheit, des Todesfalles und des Begräbnisses (z.B.: Grabstein,
Gravur, Grabpflege - Kostenvoranschläge mit Akontozahlung genügen)
ERBEN UND VERERBEN
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Oft werden Banken gefragt, ob Vermögenswerte wie Sparbücher, Anleihen, etc.
überhaupt in die Verlassenschaft „gemeldet“ werden müssen bzw. sollen. Müssen –
ja, Sollen auch!
Nach der Ergänzung der Todfallaufnahme wird der Notar als Gerichtskommissär,
falls nötig, die erforderlichen Einkünfte einholen. Je nach dem Sie eine bedingte oder
unbedingte Erbantrittserklärung abgeben, wird der Gerichtskommissär die
Schätzung der Nachlasswerte veranlassen und das Inventar erstellen oder von den
Erben ein Eidesstättiges Vermögensbekenntnis abgeben lassen, die Einräumung der
Verfügungsermächtigung über die Nachlasswerte an die Erben erwirken und die
Einantwortung veranlassen.
Beides erfolgt auf Antrag durch Beschluss des Abhandlungsgerichtes. Jeder
Erbberechtigte kann sich im Verlassenschaftsverfahren auch von einem anderen
(örtlich nicht zuständigen) Notar oder Rechtsanwalt vertreten lassen. Durch direkte
Vorlage der vom Standesamt ausgestellten Sterbeurkunde beim zuständigen
Gerichtskommissär (bzw. durch Notar oder Anwalt Ihres Vertrauens), kann das
Verlassenschaftsverfahren beschleunigt eingeleitet werden. Das zuständige
Bezirksgericht oder die zuständige Notariats- bzw. Rechtsanwaltskammer werden
Ihnen gerne sagen, welcher Notar im konkreten Fall als Gerichtskommissär
zuständig ist.
Jeder Rechtsanwalt oder Notar Ihres persönlichen Vertrauens kann Ihnen aufgrund
der vorgelegten amtlichen Sterbeurkunde bei der Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens behilflich sein.
Das Verlassenschaftsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, hat aber als
„Außerstreitverfahren“ nicht über strittige Ansprüche einzelner Anspruchsberechtigter zu entscheiden.
Zur Durchsetzung strittiger Ansprüche ist das Prozessgericht zuständig. Das
Verlassenschaftsverfahren kann für die Dauer eines solchen Prozesses unterbrochen
werden.
Wenn Sie Fragen oder Probleme haben, wenden Sie sich bitte umgehend an den
örtlich zuständigen Gerichtskommissär oder irgendeinen anderen Notar oder
Rechtsanwalt.
Der Zwischenbeschluss
In manchen Fällen wird es erforderlich sein, auch schon vor der Einantwortung,
dringende Verfügungen zu treffen, um Nachlassempfänger (Erben und
Vermächtnisnehmer) vor wirtschaftlichen Schäden zu bewahren. Ein solcher Fall
könnte etwa eintreten, wenn beispielsweise der Erblasser bei seiner Bank
Optionsgeschäfte in größerem Ausmaß getätigt hat. Optionen sind befristete
Rechte, die nach Ablauf verfallen und daher, wenn sie nicht rechtzeitig verkauft
werden, nichts mehr wert sind oder sogar beachtliche Verpflichtungen auslösen
können.
In
diesem
Fall
kann
das
Verlassenschaftsgericht
um
einen
Zwischenbeschluss ersucht werden, das den Erbberechtigten bereits vor
Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens die Verfügungsgewalt über den
speziellen Nachlassgegenstand einräumt.
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Berechtigungen und Verpflichtungen des Verstorbenen
Üblicherweise hinterlässt ein Verstorbener eine Reihe von Berechtigungen und
Verpflichtungen, die Zeit seines Lebens gar nicht so beachtet wurden. Abhängig von
Einzelfall, Art und davon, ob der Verstorbene alleine gelebt hat oder der im
gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige hinterlässt, gewinnen solche
Berechtigungen und Verpflichtungen im Todesfall aber an Bedeutung. Die folgende
Liste ist eine Übersicht der wichtigsten Berechtigungen und Verpflichtungen des
Verstorbenen, die Sie als Erbe beachten sollten.
Das sollten Sie beachten:
 Radio, Fernsehen: Abmeldung bzw. Übernahme bei jedem Postamt.
Bewilligungsurkunde, Sterbeurkunde und Meldezettel sind vorzulegen.
 Telefon: Abmeldung bzw. Übernahme beim zuständigen Telegrafenbauamt.
Die erforderlichen Formulare gibt es bei jedem Postamt/Telegrafenbauamt.
 Gas/Strom: Abmeldung bzw. Übernahme mittels Benachrichtigung
(schriftlich/telefonisch/persönlich) der zuständigen Stelle der Gas und
Stromverrechnung.
 Bank/Versicherungen: Ablebensmitteilung, bei Lebensversicherungen
umgehend schriftlich melden.
 Abonnements: Abmeldung bzw. Übernahme.
Achtung: nur schriftlich!
 Mietverträge: hier hängt alles davon ab, um welches Mietrecht es sich
handelt. So wird die Hauptmiete der gemeinsamen Wohnung für den
hinterbliebenen Ehegatten ganz anders zu behandeln sein als der Mietvertrag
eines Alleinstehenden. Bei dieser schwierigen Problematik hilft Ihnen der
Notar oder Rechtsanwalt.
 Mitgliedschaften bei Vereinen, Organisationen, Gewerkschaften:
Abmeldung, Ablebensmitteilung
 Kraftfahrzeug: bei Weiterbenützung sollten Sie als Erbe darauf achten, dass
im Einantwortungsbeschluss das Kraftfahrzeug laut Kennzeichen erwähnt
wird. Bei einer weiteren Benützung ist dem Verkehrsamt der Todesfall zu
melden und Zulassungsschein und Kennzeichen abzugeben. Solange das
KFZ noch auf den Verstorbenen zugelassen ist, sollten Sie es nicht benützen!
Bei einem Verkehrsunfall könnte die Haftpflichtversicherung nämlich
leistungsfrei sein (insbesondere wenn die Inbetriebnahme ohne Zustimmung
des Erben erfolgt).
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Was geschieht in der Bank?
Diese Frage wird von Erblassern und Erben gleichermaßen oft gestellt und soll daher
hier etwas ausführlicher behandelt werden.
Betrachten wir vorweg die wichtigsten Geschäftsarten, die der Normalkunde bei
bzw. mit einer Bank tätigt:
1. Konten und Depots, die ausschließlich auf einen Inhaber lauten,
2. Konten und Depots, die auf die Namen mehrerer Mitinhaber lauten,
3. Sparkonten die auf einen oder mehrere Namen (legitimiert) bzw. eine bestimmte
Bezeichnung (identifiziert) lauten.
Daneben gibt es noch andere Geschäfte und Vertragsverhältnisse mit einer Bank
(etwa Bürgschaften, Mitschuldner, uva.), auf die hier nicht näher eingegangen
werden soll. Nachdem die Bank vom Tod eines Kunden Kenntnis erhalten hat –
entweder durch eine Ablebensmitteilung seitens der Angehörigen (das sollte die
Regel sein), durch die Mitteilung einer pensionsauszahlenden Stelle oder aus sonst
verlässlicher Quelle – wird folgendes veranlasst:
 Alle Konten, Sparkonten, Wertpapierdepots, Nummerndepots und Safes, die
ausschließlich auf den Namen des Verstorbenen lauten, bzw. die auf Grund
der Saldonachfrage als „nachlassgegenständlich“ bezeichnet werden,
werden gesperrt .
 Die Zeichnungs-, Zutritts- und Verfügungsberechtigungen auf solchen Konten
und Depots bzw. zu solchen Safes werden automatisch gelöscht.
 Dauer-, Einzugs- oder Abschöpfungsaufträge auf/von solchen Konten werden
„eingefroren“.
Ausnahme:
automatische
Veranlagungsaufträge
mit
entsprechender vertraglicher Vereinbarung, Zahlungen für gemeinsamen
Haushalt
 Bei Pensionskonten wird die pensionsauszahlende Stelle vom Tod des
Pensionisten verständigt.
Konten, Depots, und Safes mit mehreren (Mit-)Inhabern werden nicht gesperrt,
Zeichnungs- und Zutrittsberechtigungen gelten weiter. Über Gemeinschaftskonten
und -Safes kann weiterhin durch die anderen Kontoinhaber verfügt werden.
Vereinbaren Sie rechtzeitig mit der Bank, dass „lebenswichtige“ Zahlungen (wie
Miete, Gas, Strom, usw.) auf ein Konto des Erben bzw. Nutznießers übertragen
werden. Im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens wird der Notar (als
Gerichtskommissär) bei der Bank Auskunft über Kontostände und Depotbestände
zum Todestag der Konten oder Depots des Erblassers einholen, bei Sparkonten und
Wertpapierkassageschäften jedoch nur, wenn die entsprechende (Verfügungs-)
Urkunde im Nachlass vorhanden ist, als nachlassgehörig erklärt und dem
Gerichtskommissär
vorgelegt
wurde.
Diese
Auskünfte
stehen
dem
Verlassenschaftsgericht bzw. dem Gerichtskommissär selbstverständlich zu. Bei
Konten und Depots mit mehreren Inhabern, wird auf die noch lebenden Mitinhaber
verwiesen, die sodann erklären müssen, was dem Verstorbenen gehört hat.
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Auskünfte über Verfügungen nach dem Todestag (sei es durch den/die Mitinhaber
oder weil der Bank der Todesfall noch nicht bekannt war) werden dem
Verlassenschaftsgericht bzw. dem Gerichtskommissär auf Anfrage erteilt, insoweit
dies zur „Sicherstellung“ des geerbten Vermögens erforderlich ist. Auskünfte über
Verfügungen vor dem Todestag werden an den Gerichtskommissär, das
Verlassenschaftsgericht,
den
ausgewiesenen
Erben
oder
den
Verlassenschaftskurator gegeben.
Verfügungen:
Die Bank erhält vom Verlassenschaftsgericht oder vom Notar als Gerichtskommissär
einen (rechtskräftigen) Beschluss über den/die Verfügungsberechtigten nach dem
Verstorbenen. Der Verfügungsberechtige spricht vor, weist sich aus und verfügt im
Sinne des Beschlusses. Sind mehrere Verfügungsberechtigte vorgesehen, darf einer
alleine nur verfügen, wenn er von allen anderen dazu schriftlich bevollmächtigt ist.
Bei „Inhabergeschäften“ (Sparkonten, Kassageschäfte, WKK) ersetzt der
Gerichtsbeschluss nur das Losungswort, nie aber die (Verfügungs-)Urkunde.
Letztere kann bei Verlust nur durch einen Kraftloserklärungsbeschluss des
Landesgerichtes ersetzt werden.
Danach führt der Notar die notwendigen Erhebungen über Verwandtschaft und
Vermögen des Verstorbenen durch. Sind Sicherstellungen notwendig, nimmt er
auch diese vor.
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2. Was habe ich als Erbe zu beachten
Nach dem Tod bildet das zurückgebliebene Vermögen des Verstorbenen den
sogenannten Nachlass. Als (Mit-) Erbe dürfen Sie nun nicht einfach über den
Nachlass oder über Teile davon verfügen (etwa das Auto verkaufen oder vom Konto
Geld beheben) sondern Sie müssen erst bei Gericht oder beim Gerichtskommissär
erklären, dass Sie die Erbschaft antreten wollen (eine Erbantrittserklärung abgeben).
Die Abgabe der Erbantrittserklärung kann auch durch einen Bevollmächtigten
(Rechtsanwalt oder Notar) oder auch persönlich mittels schriftlicher Eingabe an das
Gericht erfolgen.
Hat das Gericht die Erbantrittserklärung angenommen und die Besorgung und
Verwaltung des Nachlasses übertragen, dürfen Sie als Erbe einem bestimmten
Rahmen
Vertretungshandlungen
für
den
Nachlass
setzen.
Sind
keine
Erbberechtigten vorhanden, die den Nachlass vertreten können (oder wollen),
bestellt
das
Abhandlungsgericht
einen
Verlassenschaftskurator.
Die
Erbantrittserklärung ist deshalb so wichtig, weil Sie als Erbe mit deren Abgabe nicht
nur in das Vermögen des Verstorbenen eintreten, sondern auch für dessen
Verbindlichkeiten eine Haftung übernehmen. Für diese Haftungsübernahme sieht
das Gesetz zwei Möglichkeiten vor:
Die unbedingte Erbantrittserklärung
Mit Abgabe der unbedingten Erbantrittserklärung haften Sie als Erbe für
Verbindlichkeiten völlig unbeschränkt und nicht nur mit dem Nachlassvermögen
sondern auch mit Ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftung erstreckt sich auf
sämtliche Verbindlichkeiten und auch Vermächtnisse. Es ist gleichgültig, ob Sie als
Erbe von den Verbindlichkeiten gewusst haben oder nicht. Diese Erbantrittserklärung
ist unwiderruflich.
Mit der unbedingten Erbantrittserklärung bekennen Sie den Nachlass eidesstättig
ein. Sie haben ein Eidesstättiges Vermögensbekenntnis abzugeben und die
Nachlassaktiva und Nachlasspassiva zu bezeichnen.
Die bedingte Erbantrittserklärung
Mit Abgabe der bedingten Erbantrittserklärung haften Sie als Erbe für die
Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe der übernommenen Nachlassaktiven. Reicht der
Nachlass nicht aus, um sämtliche Nachlassverbindlichkeiten zur Gänze zu tilgen,
sind diese quotenmäßig zu befriedigen. In diesem Fall ist der Antrag auf Einberufung
der Verlassenschaftsgläubiger ratsam, um den genauen Kreis der Gläubiger
festzustellen. Das Inventar zur Feststellung der Haftungsgrenze hat der zuständige
Notar (Gerichtskommissär) zu errichten.
Die bedingte Erbantrittserklärung kann bis zum Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens in eine unbedingte umgewandelt werden.
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Bestattungskosten und andere Aufwendungen
Die Kosten für die Bestattung (abzüglich allfälliger Vergütungen durch
Versicherungen), die Kosten für das Grab oder Grabadaptierung und andere
Aufwendungen, die in diesem Zusammenhang anfallen (beispielsweise die
Überführung aus dem Ausland), mindern den Nachlass und sind daher genau zu
erfassen und dem Gerichtskommissär bekanntzugeben.
Sollten die jeweiligen Rechnungen noch nicht ausgestellt worden sein, so erhalten
Sie von den einschlägigen Unternehmen (Bestattungsunternehmen, Steinmetz,
Friedhofsverwaltung, usw.) verbindliche Kostenvoranschläge, die Sie dem
Gerichtskommissär mit dem Nachweis einer Akontozahlung übergeben können,
womit gewährleistet ist, dass die gesamte Kostenvoranschlagssumme als
Nachlasspassiva berücksichtigt werden kann.
In Zweifelsfällen fragen Sie anlässlich der Todfallaufnahme den Gerichtskommissär,
Ihren Notar oder Rechtsanwalt Ihres Vertrauens. Diese können Ihnen im konkreten
Fall Fragen beantworten und Lösungen anbieten.
Geldansprüche

Sterbegeldansprüche
Erheben Sie baldigst Ihren Anspruch bei den jeweiligen Institutionen, wie z.B.
Pensionskassen, Gewerkschaften, Krankenkassen oder Vereinen. Nach
bestimmten Fristen erlischt sonst der Anspruch auf Sterbegeld. Die
Einrichtungen, die Sterbegelder gewähren, sagen Ihnen bei der Anmeldung
des Anspruches, welche Dokumente und Unterlagen vorzuweisen sind.

Versicherungen
Zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen verlangt
das Versicherungsinstitut folgende Dokumente:
- Sterbebuchauszug (ausgestellt auf Anfrage vom Standesamt des
Sterbeortes)
- Polizze
- Bestätigung der letzten Prämieneinzahlung
- Lichtbildausweis des Antragstellers
Pensionsansprüche
Grundsätzlich steht dem überlebenden Ehepartner (einer aufrechten Ehe) eine
Witwen- oder Witwerpension zu. Ist die Ehe geschieden, aufgehoben oder für
nichtig erklärt worden, so steht dem überlebenden Ehepartner nur dann ein
Pensionsanspruch zu, wenn der Versicherte zum Todestag aufgrund eines
Gerichtsbeschlusses unterhaltspflichtig war. Einen Anspruch auf die Waisenpension
haben Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Als Kinder gelten dabei eheliche,
legitimierte und Wahlkinder, im gemeinsamen Haushalt lebende Stiefkinder,
uneheliche Kinder weiblicher Versicherter und solche männlicher Versicherter, wenn
die Vaterschaft zu Lebzeiten festgestellt wurde.
Auch Kinder nach dem vollendeten 18. Lebensjahr können einen Anspruch auf eine
Waisenpension erwerben, insbesondere bei Vorliegen von Behinderungen und –
zeitlich beschränkt – während der Schul- oder Berufsausbildung. Auskünfte und
Hilfestellung
bei
Pensionsansprüchen
erhalten
Sie
bei
der
Pensionsversicherungsanstalt des Verstorbenen, vom Notar oder Rechtsanwalt.
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Die Erbschafts- und Schenkungssteuer
Mit Wirkung 1. August 2008 kam es zu einem Entfall der Erbschafts- und
Schenkungssteuer. Es besteht nunmehr jedoch eine Anzeigepflicht für Schenkungen
unter Lebenden (also nicht für Schenkungen auf den Todesfall) und für
Zweckzuwendungen unter Lebenden (Zuwendungen unter einer bestimmten Auflage
oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zugunsten eines bestimmten Zweckes),
wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden.
Es besteht weder für Erbschaften noch für Schenkungen von Grundstücken eine
Anzeigepflicht nach dem Schenkungsmeldegesetz (Achtung: Für den Erwerb von
Todes wegen von Grundstücken und Schenkungen unter Lebenden von
Grundstücken besteht jedoch eine Anzeigepflicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz. Der Erwerb eines Grundstückes von Todes wegen oder durch eine
Schenkung unterliegt ab 1. August 2008 der Grunderwerbsteuer.).
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TEIL B - Wichtige Informationen für den
Erblasser
1. Der Nachlass – Die Vermögensaufstellung
Unabhängig von der Vorsorge für den Todesfall ist es notwendig, die eigenen
Vermögensangelegenheiten entsprechend zu ordnen und die dazu gehörigen
Unterlagen übersichtlich und allenfalls gesichert zu verwahren. Dabei sollten Sie so
verfahren, dass sich eine Ihnen nahestehende Person einen Überblick über die
Vermögensverhältnisse verschaffen kann.
Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens bringt eine derartige Aufstellung eine
erhebliche Zeitersparnis bei der Sichtung und Inventarisierung des Nachlasses.
Einige Anregungen, über den Inhalt einer derartigen Aufstellung:
 Liegenschaftsvermögen und Wohnung (Kaufverträge, Schenkungsverträge,
Grundbuchsauszüge,
Einheitswertbescheide,
Teilungspläne,
Versicherungsverträge, Miet- und Pachtverträge, usw.)
 Bewegliches Vermögen (Sammlungen, Bilder, Schmuck, wertvolle Möbel,
etc.)
 Kraftfahrzeug
(Typenschein,
Kaufvertrag etc.)
Versicherungspolizze,
Zulassungsschein,
 Bankunterlagen (Kontoeröffnungsanträge, Daueraufträge, Bankomat- und
Kreditkarten,
Kreditverträge,
Sparbücher,
Wertpapierkassabons
und
Depotauszüge, Bausparverträge, Safeverträge)
 Geschäftsvermögen
(Gesellschaftsverträge,
Gewerbeberechtigungen, etc.)
Firmenbuchauszüge,
 Versicherungen (gesetzliche Sozialversicherung, private Unfall-, Kranken-,
Lebensversicherung, Kapitalversicherung, Sterbegelder, etc.)
 Steuerangelegenheiten (Finanzamt, Steuernummer)
 Sonstige wichtige Dokumente wie Personalurkunden, Mitgliedschaften bei
diversen Organisationen und Vereinen etc.
Wichtige Dokumente oder Wertträger, z.B. Sparbücher, sollten gesichert verwahrt
werden. Dafür steht Ihnen in jeder Raiffeisenbank ein Safe zur Verfügung, der für
wenig Geld optimale Sicherheit bietet.
In der Aufstellung selbst sollte die genaue Bezeichnung und Nummer der
Dokumente und ein Hinweis auf den Verwahrungsort enthalten sein. Auch die
Beifügung einer Kopie bietet eine gute Möglichkeit, um die Existenz und den Inhalt
zu dokumentieren.
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2. Die gesetzliche Erbfolge
Zur gesetzlichen Erbfolge kommt es immer dann, wenn der Erblasser (das ist
derjenige, der etwas vererbt) entweder keinen bzw. einen ungültigen letzten Willen
hinterlassen hat, oder sich dieser nur auf einen Teil des Nachlasses bezieht. Weiters
kommt es auch dann zur gesetzlichen Erbfolge, wenn Erbberufene die Erbschaft
nicht annehmen können oder wollen. Der Grundgedanke des Gesetzes hierbei ist,
dass das Vermögen des Erblassers seinen nächsten Verwandten und dem
Ehegatten zukommen soll.
Gesetzliche Erbfolge unter Verwandten
Die Verwandten erben nach dem sogenannten Parentelensystem:
1. Parentel: Nachkommen des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel)
2. Parentel: Die Eltern des Erblassers und deren Nachkommen (Geschwister,
Nichten, Neffen des Verstorbenen
3. Parentel: Die Großeltern des Erblassers und deren nachkommen (Onkel,
Tante, Cousin, Cousine des Erblassers)
4. Parentel: Die Urgroßeltern des Erblassers, jedoch nicht mehr deren
Nachkommen = Erbsrechtsgrenze
Grundsätzlich sind nur Personen einer Parentel zur Erbschaft berufen. Gibt es also
z.B. Personen, die in die 1. Parentel fallen, werden dadurch Personen aller anderen
Parentelen vom Erbrecht ausgeschlossen. Gibt es keine der ersten Parentel
zugehörigen Personen, kommen die Personen der zweiten Parentel zum Zug, die
wiederum ihrerseits die Personen der nachfolgenden Parentel vom Erbrecht
ausschließen.
Innerhalb einer Parentel wiederum wird nach Köpfen geteilt. Ist jedoch ein Mitglied
der erbenden Parentel bereits verstorben, erhält seine Nachkommenschaft diesen
Anteil. Dies nennt man das Repräsentationsrecht.
Das gesetzliche Ehegattenerbrecht
Der überlebende Ehepartner erbt neben Verwandten der 1. Parentel ein Drittel,
neben Verwandten der 2. Parentel zwei Drittel des Nachlasses. Neben den
Großeltern des Erblassers erbt er ebenfalls zwei Drittel, wobei jedoch zu beachten
ist, dass hier kein Repräsentationsrecht mehr besteht, d.h. dass die Anteile bereits
verstorbener Großeltern ebenfalls dem Ehegatten zustehen. Ein geschiedener
Ehegatte besitzt kein Erbrecht mehr.
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Sonderregelungen:
Vorausvermächtnis
Der Ehegatte bekommt in jedem Fall die zum ehelichen Haushalt gehörenden
beweglichen Sachen und das Recht, weiterhin in der ehelichen Wohnung zu
wohnen. Diese Reglung ist im Detail sehr kompliziert, insbesondere da auch andere
gesetzliche Vorschriften eingreifen (z.B. Mietrechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz). Wir empfehlen daher die Beratung durch eine rechtskundige Person.
Das Vorausvermächtnis erhält der Ehegatte ohne Rücksicht, ob er sonst im
Nachlass bedacht wird, oder ihm bloß ein Pflichtteil zusteht.
Unterhaltsansprüche
Der Ehegatte hat einen Unterhaltsanspruch gegen die Verlassenschaft, wie er bei
aufrechter Ehe bestanden hat. In diesen sind jedoch alle letztwilligen Zuwendungen,
sowie auch öffentliche und privatrechtliche Leistungen einzurechnen. Ein allfälliger
Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten richtet sich ebenfalls gegen die
Verlassenschaft.
Uneheliche Kinder
Uneheliche Kinder sind nach der Rechtslage den ehelichen vollkommen gleichgestellt. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass der Erblasser letztwillig anordnen kann,
dass sich der Pflichtteil auf die Hälfte reduziert, wenn Eltern und Kind zu keiner Zeit
in einem Naheverhältnis standen, wie es in der Familie zwischen Eltern und Kindern
gewöhnlich besteht. (§ 773 a ABGB)
Adoption
Ein Verwandtschaftsverhältnis wie bei ehelicher Abstammung besteht nur zwischen
dem Adoptierenden und dem angenommenen Kind und dessen minderjährigen
Nachkommen. Daher können auch nur diese in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden.
Heimfallsrecht
Sollten keine Erben vorhanden sein, so fällt das Vermögen dem Staat zu.
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Beispiele:
• Beispiel 1:
Der Erblasser hinterlässt Witwe und 2 Kinder
• Beispiel 2:
Der Erblasser hinterlässt Witwe, 1 Tochter und 2 Enkel, die vom vorverstorbenen
Sohn stammen.
• Beispiel 3:
Der Erblasser hinterlässt seine Eltern und 1 uneheliches Kind.
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3. Die letztwillige Verfügung
Jede Person über 18 Jahre, die geschäftsfähig ist, kann selbstständig ein Testament
errichten. Personen, die wegen ihres Alters (14-18 Jahre) oder aus anderen Gründen
nur bedingt geschäftsfähig sind, bedürfen zur Errichtung einer letztwilligen
Verfügung der Mitwirkung eines Notars oder Gerichtes.
Das Testament
Das Testament ist eine letztwillige Verfügung, die eine Erbeneinsetzung enthält. Dies
ist dann der Fall, wenn der (die) Bedachte(n) alles oder einen quotenmäßig
bestimmten Teil erhalten soll(en), z.B. „Universalerbe“, ein Drittel, die Hälfte.
Oft stellt sich die Frage „Wann errichte ich ein Testament?“ Die Antwort lautet:
Sofort!! Da man nie weiß, wann ein Testament benötigt wird, sollte man es gleich
machen – mit der Einschränkung, dass es nur dann erforderlich ist, wenn es wirklich
etwas zu vererben gibt.
Ein Testament kann jederzeit geändert oder widerrufen werden.
Die Frage „Warum mache ich ein Testament?“ ist ebenfalls leicht zu
beantworten: Immer dann, wenn ein Erblasser mit der Aufteilung des Nachlasses
nach der gesetzlichen Erbfolge nicht einverstanden ist oder überhaupt keine
gesetzlich erbberechtigten Angehörigen hat, ist ein Testament erforderlich.
Das Vermächtnis
Das Vermächtnis ist eine letztwillige Verfügung, die keine Erbseinsetzung enthält
und worin nur über bestimmte Nachlassgegenstände verfügt wurde; z.B.
Sammlungen, Bilder, Schmuckstücke. Im Normalfall ist letztwillige Verfügung eine
Mischung aus Testament und Vermächtnis.
Der Erbvertrag
Dieser kann nur zwischen Ehegatten abgeschlossen werden und bedarf der Form
eines Notariatsaktes. Der Erbvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag und kann daher
nicht von einem der Partner alleine widerrufen werden. Es kann darin nur über
Dreiviertel des Nachlasses verfügt werden.
Die Schenkung auf den Todesfall
Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall zählt nicht zu den letztwilligen
Anordnungen. Der Vertrag ist zwar sofort verbindlich, die Wirkungen des Vertrages
sollen hierbei aber erst nach Tod des Geschenkgebers eintreten. Der
Schenkungsvertrag auf den Todesfall bedarf der Notariatsaktform und ist einseitig
nicht widerrufbar.
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4. Voraussetzungen für eine gültige letztwillige
Verfügung
Für das Zustandekommen einer gültigen letztwilligen Verfügung sind einige Dinge zu
beachten, z.B. die Form. Die Formen für die Errichtung einer letztwilligen Anordnung
sind im Gesetz vorgeschrieben. Damit soll vor allem verhindert werden, dass von
dritten Personen vorverfasste letztwillige Anordnungen zur Unterfertigung
unterschoben werden.
Folgende Formen stehen zur Verfügung:
a) Das eigenhändige Testament
Dies ist die häufigste Form einer letztwilligen Verfügung. Es muss zur Gänze
eigenhändig, handschriftlich niedergeschrieben und unterschrieben sein. Da das
Testament jederzeit widerrufbar oder abänderbar ist, sollte es unbedingt mit Ort und
Datum versehen werden (denn gültig ist immer das zuletzt verfasste).
b) Das fremdhändige Testament
Die letztwillige Verfügung wird mit Schreibmaschine (oder PC) oder handschriftlich
von einer anderen Person niedergeschrieben. Dieses muss vom Erblasser und drei
Zeugen unterschrieben werden. Dabei müssen bei der Testamentserrichtung
mindestens zwei Zeugen gleichzeitig anwesend sein. Diese Zeugen müssen einen
auf ihre Zeugenschaft hindeutenden Zusatz beifügen (z.B. „Alois Fischer als
Testamentszeuge“).
Sollten Sie sich für ein fremdhändiges Testament entscheiden, beachten Sie, dass
Ihr Notar oder Rechtsanwalt dafür ein besonders geeigneter Partner ist, den Inhalt
klar zu formulieren und die Formvorschriften zu beachten.
c) Das mündliche Testament
Der Erblasser kann auch mündlich vor einem Gericht testieren. Die Erklärung des
Erblassers ist in ein Protokoll aufzunehmen. Als Zeugen müssen mindestens zwei
Gerichtspersonen fungieren, von welchen zumindest einer das Richteramt am
betroffenen Gericht zusteht. Die zweite Gerichtsperson können auch zwei andere
Zeugen vertreten.
Hier ein allgemeiner Tipp:
Formulieren Sie Ihre letztwillige Anordnung kurz, klar und einfach. Da die
Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvorschriften die Ungültigkeit des Testamentes
zur Folge hat, empfiehlt es sich, in Zweifelsfragen den Rat eines Notars oder eines
Rechtsanwalts einzuholen.
d) Das notarielle oder gerichtliche Testament
Diese werden entweder vor einem Notar oder dem zuständigen Gericht errichtet.
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Die Hinterlegung einer letztwilligen Verfügung
Die Hinterlegung ihrer letztwilligen Verfügung bei einem Notar hat die Aufnahme in
das „Zentrale Testamentsregister“ zur Folge. Dieses Register wird von der
Österreichischen Notariatskammer geführt und beaufsichtigt. Auf diese Weise
können Sie sicherstellen, dass das Testament ordnungsgemäß verwahrt und im
Ablebensfall auch rechtzeitig wieder gefunden wird. Jeder Gerichtskommissär ist
verpflichtet in jeder übernommenen Verlassenschaft beim Zentralen Testamentsregister anzufragen, ob bei einem Gericht, Notar oder Rechtsanwalt ein Testament
erlegt wurde. Bis zum Ablebensfall wird die Existenz und der Inhalt des Testaments
absolut geheim gehalten. Danach werden Auskünfte nur an das Abhandlungsgericht
und den Gerichtskommissär erteilt.
Das Pflichtteilsrecht
Das Pflichtteilsrecht hindert den Erblasser daran, über sein ganzes Vermögen in
beliebiger Weise durch Vertrag oder letztwilliger Anordnung zu verfügen. Das Gesetz
sieht vor, dass bestimmte nahestehende Personen mit einem Mindest- Wertanteil in
Geld bedacht werden müssen.
Pflichtteilsberechtigt sind:
- die Nachkommen
- der Ehepartner
- die Vorfahren
(aber nur dann, wenn keine Nachkommen des Erblassers vorhanden sind)
Bei den Vorfahren gilt es zu beachten, dass es hier kein Eintrittsrecht gibt, sodass
Geschwister des Erblassers niemals pflichtteilsberechtigt sein können.
Die Pflichtteilsquote beträgt bei Nachkommen und beim Ehegatten die Hälfte, bei
den Vorfahren ein Drittel der gesetzlichen Erbquote. Eine Entziehung des Pflichtteils
kann nur durch eine rechtsmäßige Enterbung verfügt werden. Hat einer der Erben
schon zu Lebzeiten des Erblassers Teile der Erbschaft erhalten, können diese bei
der Berechnung des Pflichtteiles berücksichtigt werden.
Als Erblasser sollten Sie bemüht sein, die Pflichtteilsberechtigten zumindest mit
einem Anteil, der in etwa der Pflichtteilshöhe entspricht, zu bedenken. Ansonsten
könnte es passieren, dass der auf Geld zu richtende Pflichtteilsanspruch die Erben in
Liquiditätsschwierigkeiten bringt.
ERBEN UND VERERBEN
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Ein Beispiel zum Pflichtteilsrecht:
Der Erblasser hinterlässt Witwe, ein eheliches und ein uneheliches Kind, sowie einen
Bruder.
Der Bruder ist nicht pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteil des unehelichen Kindes
könnte unter Umständen (siehe 2.2.3) eingeschränkt werden.
Die Pflichtteilsminderung
Wenn zwischen Eltern und Kindern zu keiner Zeit ein Naheverhältnis bestanden hat,
wie es in der Familie zwischen Eltern und Kindern üblich ist, kann der Erblasser
ausdrücklich durch letztwillige Verfügung den Pflichtteil nochmals auf die Hälfte
(somit auf ein Viertel bzw. ein Sechstel der Erbquote) reduzieren.
Enterbung
Durch letztwillige Verfügung wird auch der Pflichtteil entzogen. Voraussetzung
jedoch ist das Vorliegen von Enterbungsgründen oder wenn eine Erbenunwürdigkeit
seitens der Pflichtteilsberechtigten gegeben ist.
Ein Enterbungsgrund liegt vor, wenn ein Pflichtteilsberechtigter
- den Erblasser in Not hilflos gelassen hat
- wegen einer Straftat zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe
verurteilt worden ist
- beharrlich eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart führt oder
- als Ehepartner seine Beistandspflicht gröblich vernachlässigt hat.
ERBEN UND VERERBEN
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Erbverzicht
Der Erbverzicht ist ein Vertrag unter Lebenden: zwischen dem Erblasser und einem
künftigen Erben. Dieser Vertrag ist als Notariatsakt oder gerichtliches Protokoll
aufzusetzen und kann vom Verzichtenden einseitig nicht widerrufen werden. Der
Erblasser kann hingegen den Verzichtenden dennoch als Erben einsetzen. Der
Erbverzicht umfasst sowohl den Pflichtteil als auch die gesetzliche Erbquote. Es
kann aber auch nur auf den Pflichtteil verzichtet werden.
Ein Erb- und Pflichtteilsverzicht wird vom Erblasser zumeist dann angestrebt, wenn
er die Vermögensnachfolge schon zu Lebzeiten herbeiführen bzw. bindend regeln
möchte. Oft kommt es beim Verzicht auch zur Zahlung einer Abfindung.
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5. Privatstiftung
Seit 1993 gibt es die „österreichische Privatstiftung“. Hinter der Stiftung steckt die
Idee, Vermögen herzugeben um es für Begünstigte zu erhalten. Der Stifter bringt
sein Vermögen in die von ihm gegründete Stiftung ein, bestimmt aber gleichzeitig,
was mit dem Vermögen und den damit erwirtschafteten Erträgen zu geschehen hat
– er formuliert den Stiftungszweck.
Die Privatstiftung ist eine selbständige und eigentümerlose Rechtsperson, der vom
Stifter oder Dritten zu Lebzeiten oder mit seinem Ableben Vermögenswerte
übertragen werden. Diese hat sie nach dem Willen des Stifters zu verwalten und zu
verwenden. Sie kennt keine Eigentümer sondern nur Begünstigte. Man könnte sie
daher auch als „zweckgewidmete Vermögensmasse“ bezeichnen.
Die Gründung einer Privatstiftung erfolgt mittels einer Stiftungsurkunde
(Notariatsakt). Der Aufbau ist vergleichbar mit dem einer Aktiengesellschaft, mit
Vorstand (mindestens drei Mitglieder), Stiftungsprüfer, allenfalls Aufsichtsrat, Beirat,
Eintragung ins Firmenbuch sowie Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften. Das
gesetzlich vorgeschriebene Mindestvermögen von € 72.673,– reicht in der Praxis
nicht aus um die laufenden Kosten der Privatstiftung zu tragen. Privatstiftungen sind
daher erst bei Widmung größerer Vermögensmassen wirtschaftlich sinnvoll. Dann
jedoch reichen die Möglichkeiten bzw. Vorteile, die eine Privatstiftung anbieten kann,
bei weitem aus, den Aufwand und die Kosten in Kauf zu nehmen. Die steuerliche
Behandlung der Privatstiftung hat zwar einen besonderen Stellenwert, sollte aber
keinen Selbstzweck darstellen und daher nur in engem Zusammenhang mit der
Vermögensstruktur, dem Stiftungszweck und den Begünstigten gesehen werden.
Hier nur eine kleine Auswahl an Vorteilen:
-
Verhinderung der Zersplitterung des Familienvermögens
Erhaltung der Vermögenssubstanz für nachfolgende Generationen
Vermeidung von Erbschaftsstreitigkeiten
Erhaltung der Firmeneinheit
Versorgung in Notsituationen für Hinterbliebene
Andere altruistische Ziele
Steuergünstige Übertragung des Vermögens an künftige Generationen
Sonstige Steuervorteile
ERBEN UND VERERBEN
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6. Der Notar – der Spezialist im Detail
(zusammengestellt von der Österreichischen Notariatskammer)
Die öffentliche Urkunde, die von einem Notar ausgefertigt und bezeugt wird, beweist
rechtskräftig die darin enthaltene amtliche Erklärung. Deshalb verlangt das Gesetz in
besonders wichtigen Rechtsfällen die Beurkundung durch den Notar. Dies ist dann
der Fall, wenn das Gesetz infolge der besonderen Bedeutung einer Rechtshandlung
oder eines Rechtsgeschäftes die Beteiligten oder rechtliche Interessen dritter
Personen schützen will.
Die vom Notar errichteten Notariatsurkunden werden von ihm im Original verwahrt.
Jeder der Beteiligten kann jederzeit Ausfertigungen hiervon verlangen.
Zu den Hauptaufgaben des Notars gehören die Errichtung von Urkunden über
Verträge (z.B. Kauf-, Schenkungs-, Gesellschafts-, Ehe- oder Darlehensverträge) und
die Errichtung rechtlicher Erklärungen (z.B. Testamente). Dem Notar sind vom
Gesetz besondere Pflichten zur Belehrung der Beteiligten auferlegt. Seine Tätigkeit
dient daher der Rechtsvorsorge und Vorbeugung von Streitigkeiten.
Der Notar hilft bei Verkäufen, Schenkungen, Vermietungen oder Verpachtungen,
Verpfändungen oder Tauschverträgen von Haus und Grund, Eigentumswohnungen,
Geschäftslokalen oder Unternehmen. Ebenso gehört die rechtliche Abwicklung von
Firmengründungen, Erweiterung oder Liquidation von Unternehmen zum
Tätigkeitsbereich,
wie
die
Erstellung
von
Verträgen
über
Heiratsgut,
Gütergemeinschaft oder Adoption.
Notare übernehmen auch die notarielle Abwicklung von Kaufpreisfinanzierungen.
Sie übernehmen die Kreditvaluta zu treuen Handen, wenn eine Liegenschaft oder
Eigentumswohnung mit Hilfe einer Bank oder Bausparkasse finanziert werden soll.
Für die Notare gelten besonders strenge Vorschriften für die Verwahrung fremden
Geldes und die Zinsenabrechnung, deren Einhaltung, von den Notariatskammern
streng überwacht wird.
Jeder
Notar hat
eine übernommene
Treuhandschaft
beim
Notariellen
Treuhandregister zu registrieren, womit für den Treugeber und Vertragsbeteiligten
ein Versicherungsschutz gegeben ist. Weiters ist er verpflichtet, die anvertrauten
Gelder bei der für die Veranlagung von Treuhandgeldern gegründeten
Notartreuhandbank zu veranlagen. Die Veranlagung ist für den Kunden vorteilhaft,
da es auch bei sehr kurzfristigen Veranlagungen keine Negativzinsen gibt und auch
täglich fällig veranlagte Gelder höchstmöglich verzinst werden. Mit Ihren
Bankpartnern RZB und BA-CA garantiert das Notariat über das notarielle
Treuhandregister und die Notartreuhandbank eine sichere, schnelle und
kostengünstige Treugeldabwicklung.
Notare sind auch Rechtsbeistände in Vormundschafts- und Pflegschaftssachen, in
Firmenbuch- und Grundbuchsbelangen, ebenso in Gewerbeangelegenheiten und sie
helfen bei der Grundverkehrskommission und beim Finanzamt.
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Alle
den
Notaren
anvertrauten
Aufträge
Verschwiegenheitspflicht.
Die
Notare
sind
verschwiegene und erfahrene Helfer der Parteien.
unterliegen
der
strengen
unabhängige,
unparteiische,
Die von den Notaren verwahrten Testamente werden in dem von der Notariatskammer geführten Zentralen Testamentsregister registriert und wird hierdurch
sichergestellt, dass sie im Ablebensfalle rechtzeitig aufgefunden und dem
Verlassenschaftsgericht vorgelegt werden können. Den Inhalt der Testamente kennt
der Computer nicht. Die absolute Geheimhaltung des Inhaltes der Testamente ist
daher bis zur Testamentskundmachung gewährleistet.
Das Ziel der Tätigkeit des Notars ist es, Recht ohne Streit sicherzustellen. In jeder
Notariatskanzlei werden auch erste Rechtauskünfte kostenlos erteilt, und zwar in
allen Bereichen, in denen der Notar tätig ist.
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IMPRESSUM:
Medieninhaber, Herausgeber, Redaktion und Verleger:
RAIFFEISENLANDESBANK NIEDERÖSTERREICH-WIEN AG
Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1, 1020 Wien
Stand Juli 2010 / Vertriebsunterstützung
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