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ATOSnews :: Schulter, Hüfte, Knie: Infizierte Gelenk prothesen :: Prävention: Adipositas bei Kindern Diabetes Schwerhörigkeit Hautkrebs Darmkrebs :: Check-up: Prävention als interdisziplinäre Leistung ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten ATOSnews | Ausgabe 20 | Oktober 2012 Arthrex ACP ® ACP – Autologous Conditioned Plasma Unterstützen Sie Ihre Rehabilitation bei einer Sportverletzung mit der ACP-Therapie. Ein rein biologisches Verfahren, das auf der heilungsfördernden Funktion von Eigenblut beruht. Vielfältiger Einsatz t Muskelverletzung t Bandverletzung t Achillessehnenreizung t Gelenkarthrose t Tennisarm :HLWHUH,QIRUPDWLRQHQ¿QGHQ6LHXQWHUZZZRUWKRLOOXVWUDWHGGH 1HXJLHULJJHZRUGHQ" 6FDQQHQ6LHGLHVHQ&RGH © 2012, Arthrex Medizinische Instrumente GmbH. Alle Rechte vorbehalten. ::Editorial ATOSnews Das Schlangenei Liebe Leserinnen und Leser, Das Besondere am Schlangenei ist eine gewisse Transparenz vor dem Aufbrechen, welche die drohende Gefahr zwar ahnen lässt, sie aber durch seine unzerbrochene Schale noch zurückhält. Hajo Thermann „And therefore think him as a serpent‘s egg Which hatch‘d, would, as his kind grow mischievous; And kill him in the shell. (Darum denkt ihn wie ein Schlangenei, Das, ausgebrütet, verderblich würde wie seine ganze Art Und also tötet ihn noch in der Schale.) W. Shakespeare Die Entwicklungen hinsichtlich der Bedürfnisse und Anforderungen an die medizinischen Versorgungen (so sie denn existieren!) werden bei Beibehaltung der heutigen Standards alle Strukturen, Ressourcen und finanziellen Ausstattungen sprengen. Die Krankenkassen wie auch die meisten medizinisch handelnden Personen haben erkannt, dass ein Reagieren anstatt zu antizipieren unlösbare Probleme aufbaut, und deshalb die Prävention als eine der wichtigsten Säulen der zukünftigen Medizinversorgung generiert. Denn statistische Erhebungen beschreiben sehr deutlich das „Schlangenei“: Die Versorgung von Knieprothesen wird bis zum Jahre 2030 in den USA um 617 % auf über eine Million Operationen pro Jahr ansteigen. 2010 kostete ein Diabetiker in Deutschland 2000 Euro pro Jahr, in den USA ein fettleibiger Patient 3000 Euro pro Jahr. 2020 wird jeder zehnte Erwachsene Diabetiker sein, und es wird eine Milliarde fettleibige Menschen geben. Gleichzeitig werden 35 Millionen Amerikaner Diabetiker sein, bei geschätzten jährlichen Behandlungskosten von 270 Milliarden US-Dollar. Die in Beiträgen in dieser Ausgabe der ATOSnews behandelten Hörschäden, Schäden am Herz-Kreislauf-System, Haut- und Darmkrebserkrankungen sind damit verglichen ökonomisch betrachtet nur „Marginalien“, kommen aber in der Summe noch dazu. Prävention ist kein Krankenkassenpro gramm, sondern eine Lebenseinstellung. Die ATOS Kliniken werden in ihrem Portfolio versuchen, ihre Standards und Empfehlungen zur Prävention jedem Patienten und jedem Besucher transparent zu machen und so zum „Mitmachen“ auffordern. Mehr als 250.000 Patienten haben 2011 in Deutschland eine Hüft- oder Knieendoprothese bekommen. Laut Statistiken haben über 90 Prozent von ihnen nach 5 Jahren noch eine stabil sitzende Prothese. Jeder Patient unterschreibt ohne Bedenken den Aufklärungsbogen zur Operation, der – in einem Prozentsatz von unter eins – auf die Möglichkeit einer Infektion mit frühzeitiger Lockerung der Prothese hinweist. Tritt dieses Ereignis einer Protheseninfektion jedoch ein, so führt es den Patienten von den sicheren Pfaden einer wieder gewonnenen Lebensqualität in ein unwirtliches Gelände mit großen Ängsten, Unsicherheiten, mehrfachen Operationen und langen Krankenhausaufenthalten. In vielen Fällen ist zudem das funktionelle Endergebnis einer komplikationsfreien Erstimplantation einer Endoprothese mit dem Revisionseingriff nicht mehr zu erreichen. Denn die infizierte Prothese hat nur wenig mit einem „Hollywoodfilm“ zu tun. Sie endet nicht immer gut. Infektchirurgie ist auch (oder gerade!) in der Prothesenchirurgie eine absolute Expertenchirurgie. Sie erfordert große Erfahrung, sicheres, entscheidungsfreudiges Handeln nach international bewährten Konzepten und in komplizierteren Fällen das Zusammenspiel mit Mikrobiologen und plastischen Chirurgen. Als wäre die Aufgabe nicht schwer genug, müssen wir uns zunehmend mit resistenten Keimen auseinandersetzen, die „einfache“ Lösungen wie nur eine Wechseloperation ausschließen. Die Anwendung internationaler Konzepte ergibt laut Statistiken in 80 % der Fälle gute Ergebnisse ohne erneuten Nachweis einer Infektion. Dies ist die Basis, die wir verbessern müssen! Hajo Thermann 3| Dynamische Hallux Valgus Redressionsorthese konservativ präoperativ postoperativ 23.01.01.1003 Das Federgelenk der erzeugt eine stufenlos einstellbare Korrekturkraft in Richtung der physiologischen Grundstellung der Großzehe. Durch diesen elastischen Dauerzug wird die Dehnung des verkürzten Gewebes stimuliert und eine schädliche, schmerzhafte Überdehnung vermieden. Patent angemeldet albrecht GmbH • Simser Weg 2 • D-83071 Stephanskirchen Phone +49 (0)8036 / 30329-0 • Fax +49 (0)8036 / 30329-20 • www.albrechtgmbh.com ATOSnews ::Inhalt ::Editorial 3 Internationaler Schulterkongress in Nizza Expertenmeeting in Bangkok Gastärzte aus Kolumbien bei PD Dr. Thorey 23. Handchirurgisches Symposium München Prof. Thermann referiert in New York 21 6 7 7 8 Die Endoprotheseninfektion: Russisches Roulett 9 oder vermeidbare Komplikation? Von Hans Gollwitzer Die infizierte Schulterprothese Von Petra Magosch, Sven Lichtenberg, Markus Loew, Mark Tauber und Peter Habermeyer 3 Von Fritz Thorey Die Behandlung der infizierten Knieprothese Von Hajo Thermann und Fritz Thorey 22 Prävention als interdisziplinäre Leistung Von Gregor Blome Die Prävention von Gefäßerkrankungen Von Frank Heckmann Adipositas im Kindes- und Jugendalter Von Sabine Knauer-Fischer Prävention arthrotischer Erkrankungen durch Bewegung Teil 1: Schulter Von Holger Schmitt Diabetes-Prävention Von Christoph Hasslacher ATOS Klinik Heidelberg Bismarckstraße 9–15 69115 Heidelberg www.atos.de Von Peter G. Friedl und Eberhard M. Rappold Besser in den Schatten – und regelmäßig zur Hautkrebsvorsorge Blutmanagement in der Knie- und Hüftendoprothetik Vier Case Reports zur arthroskopischen Knorpelzelltransplantation 55 64 Von Rainer Siebold und Peter Schuhmacher 68 Knieverletzungen im Kindesalter Von Rainer Siebold ::ATOS ambulant Neues ambulantes OP-Centrum für Gelenkeingriffe in der ATOS Klinik Heidelberg Von Erhan Basad ::Notes & News 31 Neu in der ATOS Klinik München: PD Dr. Hans Gollwitzer 34 PD Dr. Siebold zum Vorsitzenden des Arthroskopie Komitees der ESSKA ernannt 37 41 58 30 70 Neuer Klinikleiter in der ATOS Klinik Heidelberg 73 Ankündigung: Internationaler ATOS-Schlosskongress 2012 74 Ankündigung: GOTS Kongress 2013 in Mannheim 75 57 Impressum 43 ATOS Klinik München Tel. 06221/983-0 [email protected] 51 62 Von Friedrich Böttner und Johannes Buckup 27 Von Tobias Baierle Therapie und Prävention von Verletzungen und Überlastungsschäden an Quadrizeps- und Patellasehne Von Markus Fischer ::Schwerpunkt Prävention Schwerhörigkeit, ein unabwendbares Schicksal? 48 Die Vorsorgekoloskopie – die beste Krebsvorsorge beim kolorektalen Karzinom Aktuelle Konzepte bei der Behandlung der infi 17 zierten Hüftprothese Von Christoph Hasslacher ::Fachbeiträge ::Schwerpunkt Infizierte Gelenkprothesen 46 Blutzuckermessen ohne Stechen ::Learning & Teaching Effnerstraße 38 81925 München www.atos-muenchen.de Tel. 089/20 4000-0 [email protected] 5| ::Learning & Teaching Nice Shoulder Course 2012 Von Markus Loew Vom 7.–9. Juni 2012 fand in Nizza der biennale Nice Shoulder Course unter der Leitung von Pascal Boileau (Nizza) und Gilles Walch (Lyon) statt. Prof. Loew mit Kollegen auf dem Podium Vor mehr als 800 Teilnehmern aus 53 Ländern wurden die aktuellen Konzepte der Diagnostik, der arthroskopischen Schulterchirurgie bei Instabilität, der Versorgung von Rotatorenmanschettenläsionen und der endoskopischen sowie offenen Chirurgie bei Schulterverletzungen diskutiert. Einen Schwerpunkt stellte der endoprothetische Ersatz des Schultergelenkes dar – in diesem Jahr mit dem Fokus auf Komplikationen und auf der Glenoidkomponente. 2nd MUNICH ARTHROPLASTY CONVENTION 2013 Aus den ATOS-Kliniken Heidelberg und München waren als geladene Referenten Prof. Dr. Markus Loew (Vortrag: Cemented Glenoid Implants in Primary Osteoarthritis: Should We Worry about Radiolucent lines?) und Privat dozent Dr. Mark Tauber (Vortrag: Complications of the ECLIPSE™ Shoulder Prosthesis: Is a Stemless Prosthesis Better?) zugegen. Innovations in Shoulder Arthroplasty Lebhafte Diskussionen, Operationskurse, Live Operationen und Industrieworkshops rundeten eine wissenschaftlich spektakuläre Veranstaltung ab. www.shoulder-convention.org Viele der internationalen Referenten aus Nizza werden auch auf der 2nd MUNICH ARTHROPLASTY CONVENTION 2013 – Innovations in Shoulder Arthroplasty vertreten sein, die das Schulterteam der ATOS-Kliniken vom 24.–26. Januar 2013 veranstaltet www.shoulder-convention.org |6 24 – 26 January, 2013 Cadaver course Live preparations Lectures Mini battles Scientific committee Peter Habermeyer Sven Lichtenberg Markus Loew Petra Magosch Mark Tauber Organiser, registration, information Intercongress GmbH [email protected] ATOSnews Hip Expert Meeting 2012 in Bangkok Mehr als 30 erfahrene Hüft-Spezialisten aus Thailand und dem asiatischen Raum nahmen in diesem Jahr am zweitägigen Hip Expert Meeting in Bangkok teil. Der Leiter des Experten Meetings war der Hüft-Spezialist PD Dr. Fritz Thorey aus der ATOS Klinik Heidelberg, der von Dr. John Rooney aus Australien und Dr. Yingyong Suksathien aus Thailand unterstützt wurde. Das Thema des Experten Meetings war die minimal-invasive Hüft-Endoprothetik. Den Teilnehmern wurden in vielen Vorträgen die Theorie, Einsatzmöglichkeiten und klinischen Ergebnisse der Operationsmethoden und Implantate präsentiert. Zusätzlich hat PD Dr. Fritz Thorey an anatomischen Präparaten die operativen Techniken vorgeführt und den Teilnehmern Tipps und Tricks für ihren eigenen operativen Alltag bei der Versorgung ihrer Patienten mitgegeben. Nach zwei erfolgreichen und intensiven Tagen konnten die Teilnehmer des Workshops mit vielen neuen Erfahrungen in ihre eigenen Krankenhäuser zurückkehren, um das erlernte Wissen in der Behandlung ihrer Patienten direkt umzusetzen. Fazit der Veranstaltung: Minimal-invasive und muskelschonende Techniken in der Hüft-Endoprothetik werden in Zukunft nicht nur in Europa deutlich zunehmen. Abb. 1: PD Dr. Fritz Thorey zeigt am anatomischen Präparat die OP-Technik Abb. 2: Demonstration der OP-Techniken am Kunstknochen durch PD Dr. Fritz Thorey Kolumbianische Hüft-Experten zu Gast bei PD Dr. Fritz Thorey Abb. 1: PD Dr. Thorey berichtet über Erfahrungen in der Hüft-Endoprothetik 22 kolumbianische Hüft-Experten besuchten zwei Tage den HüftSpezialisten PD Dr. Fritz Thorey in der ATOS Klink Heidelberg, um Erfahrungen mit innovativen Implantaten, speziellen Zugangstechniken und Wechseloperationen am Hüftgelenk zu sammeln. Neben verschiedenen Vorträgen zur Primär- und Revisions-Endoprothetik konnten komplexe Fälle der Teilnehmer diskutiert werden. Zusätzlich konnten die Gäste über eine Live-Übertragung zwei Operationen von PD Dr. Fritz Thorey mitverfolgen, bei denen er eine minimal-invasive Kurzschaft-Endoprothese implantierte und eine komplexe Wechseloperation am Hüftgelenk vornahm. 7| ::Learning & Teaching 23. Handchirurgisches Symposium in München Am 7. Juli 2012 fand in München das 23. Handchirurgische Symposium statt. Die Veranstaltung wird von Dr. Klaus-Dieter Werber, Zentrum für Handchirurgie an der ATOS Klinik M ünchen, seit 1989 alljährlich organisiert. Dr. Klaus-Dieter Werber Das diesjährige Schwerpunktthema war die Handverletzung bei Patienten mit Mehrfachverletzung (Polytrauma) unter intensivmedizinischen Bedingungen. In dieser Situation ist interdisziplinäres Handeln eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Alle beteiligten Disziplinen Intensivmedizin, Unfallchirurgie und Handchirurgie müssen gemeinsam tätig werden. Die Einbindung der Handchirurgie in dieses interdisziplinäre Konzept und in den intensivmedizinischen Bereich wurde beispielhaft dargestellt. Wichtig ist zunächst festzustellen, welche Maßnahmen Priorität und welche noch Zeit haben. Hierbei besteht eine Abstufung, mitentscheidend ist der Zustand des Patien ten. Außerdem ist zu überlegen, welche Verfahren ohne großen Aufwand eingesetzt werden können, z.B. Frakturversorgung mit Fixateur externe. Wie lassen sich mit einer späteren Versorgung gute Ergebnisse erzielen? Sollte eine verzögerte Versorgung angestrebt werden? Wann ist es von Vorteil, eine Versorgung nur vorzubereiten? All diese Fragen wurden diskutiert. Im Lauf der Veranstaltung wurde auf sämtliche, darunter auch sehr spezielle handchirurgische Behandlungen eingegangen, wie z. B. Verbrennungen und Defektwunden. Wichtig erschienen auch die Hinweise, welche Therapieoptionen bestehen, wenn eine optimale Erstversorgung nicht möglich war. Ergänzend zu den Behandlungen auf der Intensivstation wurden umfassend sämtliche rekonstruktiven Maßnahmen abgehandelt. Viel Aufmerksamkeit fand der Vortrag der Handtherapeutin, die aus einem reichen Erfahrungsschatz Tipps für alle Anwesenden bereit hielt. Rückblickend ergab die Auswertung der Fragebögen eine exzellente Bewertung, mit der Bitte, dieses erfolgreiche Symposium fortzusetzen. Obwohl Intensivmedizin einen speziellen Bereich der Handchirurgie darstellt, wurde großes Interesse deutlich, das sich in gutem Besuch der Veranstaltung zeigte. [email protected] www.dr-werber-handchirurgie.com http://www.handchirurgie-muenchen.de/ |8 ATOSnews Die Endoprotheseninfektion: Russisches Roulette oder vermeidbare Komplikation? Ein Leitfaden zur Prävention periprothetischer Infektionen Von Hans Gollwitzer Key words: Implantatinfektion, Infektprävention, Antibiotika prophylaxe Die Infektion stellt eine verheerende Komplikation nach e rfolgreichem Gelenkersatz dar. Die Konsequenzen für die betroffenen Patienten sind enorm und so muss jede Anstrengung unternommen werden, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Für den Hüft- und Kniegelenksersatz berichten spezialisierte Zentren über Infektionsraten unter 0,5 % [18], jedoch zeigen Registerdaten und andere größere nationale und internationale Auswertungen regelmäßig Infektionsraten von etwa 2 % und mehr [2]. Inzwischen ist die Gelenkinfektion der häufigste Revisionsgrund nach Kniegelenksersatz [2], die Raten an multiresistenten Erregern steigen und flächendeckend konnte in den letzten 20 Jahren keine wesentliche Absenkung der Infektionsrate erreicht werden [6]. Dabei existieren heute eine Vielzahl an Maßnahmen, welche geeignet sind, das Infektionsrisiko zu reduzieren. Ein evidenzbasierter Leitfaden soll in der Folge vorgestellt werden. Pathogenese der Implantatinfektion Nach der Implantation eines Biomaterials kommt es im Körper zu einer Adhäsion von Proteinen und Glykoproteinen an der Implantatoberfläche mit Bildung des sogenannten „Conditioning films“. Dieser bildet die Grundlage für die Anhaftung von Körperzellen zur Integration des Implantates. Jedoch können an der konditionierten Oberfläche auch Bakterien anhaften, welche sich auf der Oberfläche vermehren und einen „Biofilm“ bilden (Abb. 1), in welchem sie resistent gegen körpereigene Immunabwehr und Antibiotika überleben und schließlich zur manifesten Implantatinfektion führen. Wichtige eine Infektion begünstigende Faktoren sind ein schlecht durchblutetes Implantatlager, eine Immunschwäche sowie eine hohe Zahl an kontaminierenden Bakterien. Bereits seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ist bekannt, dass sich die für eine Infektion notwendige Bakterienzahl durch eingebrachte Fremdkörper um den Faktor 10.000 bis 100.000 reduziert [7]. Maßnahmen zur Infektprävention in der Endoprothetik Da sich die Implantation eines Fremdkörpers nicht vermeiden lässt, konzentrieren sich die Maßnahmen zur Reduktion der Infektionsrate wesentlich auf die Verbesserung der patienteneigenen Infektabwehr sowie auf eine Reduktion der bakteriellen Kontamination während der Operation. Dabei unterscheidet man präoperative, perioperative und post- operative Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen (Tab. 1 und 2). Da 70-80 % der Implantatinfekte auf die Phase der Operation und Wundheilung zurück zu führen sind, zeigen v.a. die perioperativen Maßnahmen eine hohe Wirksamkeit. Aufgrund der bereits sehr geringen Infektionsraten wird es jedoch zunehmend schwierig, die Effizienz einzelner Maßnahmen mit hoher Evidenz nachzuweisen, da Studien mit sehr großen Fallzahlen notwendig werden. Präoperative Maßnahmen Die präoperativen Maßnahmen konzentrieren sich vor allem auf die Verbesserung patientenspezifischer Risikofaktoren. Modifizierbare Faktoren umfassen dabei Diabetes mellitus, Anämie, und Übergewicht, Kachexie, immunsuppressive Medikamente, Nikotinabusus. Bereits für eine kurze Rauchkarenz von 4 Wochen vor der Operation bis 4 Wochen nach der Operation konnte eine signifikante Reduktion des Komplikationsrisikos nachgewiesen werden [15]. Auch für adipöse Patienten wurde eine erhöhte Infektionsrate beobachtet [22]. Allerdings sollten Patienten nicht unmittelbar vor einer Operation fasten, da ein kataboler Stoffwechsel wiederum zu einer Schwächung des Immunsystems führt [11, 16]. Desinfizierende Waschungen und Staphylokokkendekolonisation Mehrere kontrollierte Studien untersuchten die Effizienz präoperativer desinfizierender Waschungen in der Infektprävention [28]. In den unterschiedlichen Protokollen wurde ➔ 9| ::Infizierte Gelenkprothesen Abb. 1: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Biofilms von Staphylococcus epidermidis auf Titan den Patienten 5 Tage bis 1 Tag präoperativ ein Waschprotokoll mit einem desinfizierenden Agens verordnet (meist Chlorhexidin), teilweise erfolgte eine zusätzliche Behandlung mit einer Nasensalbe gegen Staphylokokken (Mupirocin) [21]. Bei sämtlichen Studien kam es im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer deutlichen Reduktion der Infektionsrate. Interessanterweise zeigte sich auch eine große Patientenakzeptanz für die desinfizierenden Maßnahmen, obwohl die Kosten häufig durch die Patienten selbst getragen werden mussten [20]. Perioperative Maßnahmen Antibiotikaprophylaxe Die Wirksamkeit einer perioperativen systemischen Antibiotikaprophylaxe ist für die Primärendoprothetik auf höchstem Evidenz- niveau nachgewiesen. Albuhairan et al. bestätigten die Wirksamkeit in einer Metaanalyse aus 26 Studien mit 11.343 Patienten [1]. Durch eine perioperative Antibiotikaprophylaxe konnte das absolute Risiko einer Wundinfektion um 8 %, das relative Risiko um 81 % reduziert werden (gepoolte Analyse von 3.065 Patienten; p < 0,00001). Die Gabe sollte dabei 2 Stunden bis 30 Minuten vor Hautschnitt erfolgen, mindestens 10 Minuten vor Anlegen einer Blutsperre infundiert sein und während der Operationszeit eine ausreichende Konzentration aufweisen. Dies bedeutet, dass bei längeren operativen Eingriffen mit OP-Zeiten von mehr als 2 Stunden bzw. bei vermehrtem Blutverlust eine Wiederholung der Antibiotikagabe erfolgen sollte [9]. Vergleichbar wirksam ist sowohl die systemische Gabe von Cephalosporinen der ersten und zweiten Generation, von Penicillinderivaten und Teicoplanin. Für eine Antibiotikaprophylaxe über den Operationstag hinaus konnte keine weitere Senkung der Infektionsrate nachgewiesen werden. Neben der systemischen Prophylaxe wurde auch die Wirksamkeit der lokalen Antibiotikaanwendung von Gentamicin im Knochenzement nochmals mittels Metaanalyse verifiziert [17]. Antibiotikahaltiger Knochenzement reduzierte die Infektionsrate im Vergleich zu antibiotikafreiem Knochenzement in der primären Hüftendoprothetik von 2,3 % auf 1,2 % (sechs Studien; n=21.455; p=0,001). Für die Revisionsendoprothetik hingegen fehlen Studien mit hohem Evidenzniveau Tabelle 1: Risikofaktoren für periprothetische Infektionen Präoperative Faktoren Perioperative Faktoren Postoperative Faktoren Anämie Blutung mit Transfusionsbedarf Rauchen Kachexie, kataboler Stoffwechsel Klammernaht Sekundärinfektionen Diabetes mellitus Rasur Wundheilungsstörung Adipositas Gewebeschädigung Rauchen Operationszeit Immunsuppressive Therapie Personalzahl im OP („traffic flow“) Niereninsuffizienz Fehlerhafte Anwendung von Laminar Airflow Multimorbidität Klammernaht Kolonisation mit Staphylococcus aureus | 10 ATOSnews Tabelle 2: Maßnahmen zur Prävention periprothetischer Infektionen Präoperative Maßnahmen Perioperative Maßnahmen Postoperative Maßnahmen Behandlung Anämie (z. B. Erythropoetin) Kurze Operationszeiten Modifikation Risikofaktoren Ernährungsoptimierung (anaboler Stoffwechsel) Blutsparende, atraumatische Operationstechnik Konsequente Wundbehandlung Diabeteseinstellung Rasur mit Haarschneidemaschinen Antibiotikatherapie bei Sekundärinfektionen fernab des operierten Gelenkes Nikotinkarenz Korrekt eingesetzter Laminar Airflow Personal protection system Gewichtsreduktion Perioperative systemische Antibiotikaprophylaxe Desinfizierende Waschung Lokale Antibiotikaprophylaxe im Knochenzement Spezialisierung Doppelte Handschuhe [23] Reduktion Traffic Flow Hautverschluss mit monofilem Nahtmaterial sowohl für die systemische als auch für die lokale Antibiotikaprophylaxe. Aufgrund der deutlichen Daten für die Primärendoprothetik ist jedoch auch bei Revisionen eine Antibiotikaprophylaxe als obligat anzusehen. Rasur In einem systematischen Cochrane Review aus 14 Studien kamen Tanner et al. zu der Schlussfolgerung, dass keine ausreichend evidenzbasierten Aussagen zur Art und zum besten Zeitpunkt einer präoperativen Rasur möglich sind. Die beste verfügbare Evidenz deutet jedoch auf die geringste Infektionsrate nach Verwendung von Haarschneidemaschinen hin [13, 26], während nach der Verwendung von Rasierapparaten eine tendenziell höhere Infektionsrate beobachtet wurde. Laminar Airflow und Ultraviolette Strahlung Reichlich Daten liegen für die Verwendung von Laminar Airflow in der Endoprothetik vor, allerdings mit widersprüchlichen Ergebnissen [8]. Zwar konnten alle Studien eine Reduktion der Bakterienlast in der Luft nachweisen, jedoch korrelierte dies – wohl aufgrund der bestehenden Luftströme und möglicher Verwirbelungen – nicht immer mit einer Reduktion der Infektionsraten. Daten aus dem australischen Endoprothesenregister und einer großen Studie aus dem deutschen Krankenhaus Infektions Surveillance System (KISS) mit fast 100.000 Patienten [3] weisen sogar auf eine Erhöhung der Infektionsrate durch Laminar Airflow hin. Mögliche Ursachen sind Luftverwirbelungen mit konsekutiv erhöhter Bakterienlast im Operationsgebiet durch horizontale Luftströme, Personal im Luftstrom und weitere Anwendungsfehler [23]. Als Folge davon wird die Anwendung von Laminar Airflow derzeit nicht von der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde empfohlen (Centers for Disease Control and Prevention) [8]. Gleichwohl liegt eine überwältigende Zahl an positiven klinischen Untersuchungen vor, so dass bei korrekter Anwendung von einem positiven Effekt vertikaler Laminar Airflow Anlagen auszugehen ist. Von einer Verwendung ultravioletter desinfizierender Strahlung im OP wird aufgrund der Gesundheitsrisiken für das OP-Personal abgeraten [8]. Reinraumanzüge Für die sogenannten „Personal protection systems“, welche auch Reinraumanzüge genannt werden, zeigen sich ebenfalls wider- sprüchliche Daten über Wirksamkeit und Rentabilität. Beispielsweise konnten Shaw et al. keine Reduktion an Kontaminationspartikeln am Wundrand nachweisen [24]. Zudem werden die Schutzhauben während der Operation selbst kontaminiert und können nicht als steril angesehen werden [12]. Wirksam erweisen sich diese Systeme jedoch in Kombination mit Laminar Airflow bei der Operation infektiöser Patienten zum Schutz des Personals als auch bei aufwendigen Prothesenwechseln zur Kontaminationsprophylaxe. Weitere perioperative Risikofaktoren und Maßnahmen In einer Metaanalyse konnten Smith et al. zeigen, dass v.a. bei Hüft- aber auch bei Knieeingriffen ein etwa dreifach erhöhtes Risiko einer oberflächlichen Wundinfektion besteht, wenn der Wundverschluss mit Klammern anstelle von Nähten durchgeführt wurde [25]. Weitere klar nachgewiesene Risikofaktoren für Infektionen sind ferner die OP-Zeit [18], der intraoperative Blutverlust mit der Notwendigkeit von Bluttransfusionen [19], der sog. „Traffic flow“ im OP, d. h. die Anzahl und Fluktuation von Personen im OP [4,5] sowie die Zeit, in der die sterilen Instrumente offen stehen. Eine atraumatische und zügige Operationstechnik kann nachge- ➔ 11 | ::Infizierte Gelenkprothesen Fazit wiesenermaßen das Infektionsrisiko reduzieren. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass erfahrene und spezialisierte Operateure deutlich weniger Infektionen und Komplikationen haben als wenig spezialisierte Chirurgen. Take home message Postoperative Maßnahmen Risikofaktoren begünstigt. Man unter- Die Behandlung modifizierbarer Risikofaktoren spielt auch bei den postoperativen Maßnahmen die zentrale Rolle. Dazu gehören die Vermeidung von immunsuppressiven Noxen (Rauchen, Steroide, etc.) sowie eine konsequente Blutzuckereinstellung. Die konsequente Behandlung postoperativer Wundheilungsstörungen kann der Etablierung eines tiefen Infektes vorbeugen [11]. Ferner sollte bei Sekundärinfektionen fernab des operierten Gelenkes sowie bei größeren Zahneingriffen mit Infektion lebenslang eine antibiotische Prophylaxe durchgeführt werden [16]. Für eine generelle Antibiotikaprophylaxe bei Zahneingriffen ohne lokale Infektsituation konnte keine ausreichende Evidenz nachgewiesen werden. Neuere Entwicklungen Attraktive wissenschaftliche Ansätze zeigen sich durch die Entwicklung antibakterieller Oberflächen für orthopädische Implantate. Eine bakterienabtötende Implantatoberfläche könnte die Besiedelung durch Bakterien verhindern und so wirksam einer Implantatinfektion vorbeugen. Die Wirksamkeit Periprothetische Infektionen sind häufig durch modifizierbare und vermeidbare scheidet patientenspezifische Risikofaktoren von Risiken, welche durch die Abläufe in der Klinik bestimmt werden. Eine effektive Prävention erfordert eine konsequente Identifikation und Modifikation zugrunde liegender Risikofaktoren. Dadurch können Infektionsrisiken minimiert und Infek tionen häufig vermieden werden. konnte bereits für eine nanokolloidale Silberbeschichtung auf Tumorprothesen nachgewiesen werden [10]. Allerdings zeigen die Silberbeschichtungen eine wesentliche Toxizität, so dass bisher die im Knochen verankerten Prothesenteile als auch die Gleitflächen nicht beschichtet werden können. Derzeit befinden sich eine Vielzahl antibakterieller Oberflächenbeschichtungen in der Entwicklung, und die Studienergebnisse der nächsten Jahre bleiben vor einem breiten klinischen Einsatz abzuwarten. An der Abteilung für Hüftchirurgie und Knieendoprothetik der ATOS Klinik München wurde ein standardisiertes Programm zur Minimierung des Infektionsrisikos etabliert. Dieses beinhaltet ein präoperatives Screening mit Erkennung und Reduktion der modifizierbaren Risikofaktoren bereits während der ambulanten Vorstellung, eine konsequente prä- und perioperative Kontaminationsprävention, minimal-invasive, gewebeschonende und blutsparende Operationstechniken durch hohe Spezialisierung, sowie einer konsequenten postoperativen Wundbehandlung und Patientenschulung. Eine Protheseninfektion ist sicherlich nicht mit 100 %-iger Sicherheit vermeidbar. Allerdings lässt sich das Risiko deutlich reduzieren, und es sollten alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, um das Risiko einer derart verheerenden Komplika tion zu minimieren. Literatur beim Verfasser PD Dr. Hans Gollwitzer Leitender Arzt Hüftchirurgie und Knieendoprothetik ATOS Klinik München [email protected] www.drgollwitzer.de SynFix-LR System. Instrumente und Implantate für die anteriore «stand alone» Lendenwirbelkörperfusion (ALIF). www.depuysynthes.com ATOSnews Die infizierte Schulterprothese Von Petra Magosch, Sven Lichtenberg, Markus Loew, Mark Tauber, Peter Habermeyer Key words: Schulterprothese, Infekt, Antibiose, Prothesenwechsel Die Inzidenz des Schulterprotheseninfektes hängt neben patientassoziierten Faktoren wie Immunsuppression und Diabetes mellitus von vorausgegangenen Operationen, insbesondere nach Osteosynthesen, sowie vom Schulterprothesentyp (anatomisch oder invers) und vom Zustand des die Prothese umgebenden Weichteilmantels ab. Die Inzidenz eines Protheseninfektes nach primär implantierter anatomischer Schulterprothese wird mit 0,8 bis 1,9 % (5, 24, 25) angegeben. Singh et al. (24) kalkulierten für ihr Patientengut mit insgesamt 2.588 primären Schultertotalendoprothesen nach durchschnittlich 7 Jahren Überlebensraten für den Parameter Protheseninfekte: Nach 5-Jahren sind 99,3 % der implantierten Prothesen infektfrei, nach 10 Jahren 98,5 % und nach 20 Jahren sind 97,2 % der implantierten Prothesen infektfrei. Männliche Patienten haben ein 2,7fach erhöhtes Risiko, ältere Patienten hingegen mit einer Hazard Ratio von 0,97 ein geringeres Risiko, einen Schulterprotheseninfekt nach primärer Implantation zu erleiden. Nach Schulterprothesenwechsel auf ein anatomisches Implantat steigt die Inzidenz des Schulterprotheseninfektes auf 3,2 bis 4 % an (5, 25). Die Infektionsrate nach Wechsel einer inversen Schulterprothese wird in der Literatur mit 0,8 bis 5 % angegeben (9, 20). Keimspektrum und Infektionswege Als häufigste Erreger werden aktuell im Bereich der Schulterendoprothetik Koagulase-negative Staphylokokken (30-40 %) sowie Propionibacterium acne (35,7 %, 56 %, 64 %) nachgewiesen (2, 11, 13, 24), wobei im Bereich der Schulter Propionibacterium acne 16mal häufiger als in anderen Gelenken zu finden ist (31). In weiteren 12-36 % finden sich Staphylococcus aureus, in 9-10 % Streptokokken und in 3-7 % gramnegative Bakterien und Enterokokken. Zudem weisen etwa 10-12 % der Schulterprotheseninfekte eine Mischflora auf (17, 24, 32). Als Infektionswege fungieren die direkte Inokulation sowie die hämatogene Streuung entlang der synovialen Gefäßbahnen (12). Zudem weisen Patienten, die aufgrund posttraumatischer Zustände nach Osteosynthese mit einer Schulterprothese versorgt wurden, ein höheres Risiko für einen Protheseninfekt auf, da ein „schlummernder, klinisch inapparenter Infektionsherd“ durch die Operation aktiviert werden kann (1, 6). In der Fallstudie von Zavala JA et al. waren von 7 Patienten mit infizierten Schulterprothese 5 vor der Prothesenimplantation voroperiert (30). Patienten mit intraoperativem Keimnachweis (in 6075 % der Fälle Propionibacterium acne) ohne klinische Infektzeichen, die sich aufgrund anderer Ursachen einer Prothesenwechseloperationen unterziehen mussten, wiesen in 1 von 17 Fällen einen Infekt nach dem einzeitigem Prothesenwechsel auf (13, 16). Klinik und Diagnostik des Schulter protheseninfektes Hochakute Infektverläufe innerhalb der ersten zwei Monate nach Prothesenimplantation mit den typischen klinischen Infekt- zeichen Rötung, Überwärmung, Schmerzen, Funktionseinschränkungen und Schwellung finden sich selten. Bei prolongierten, schmerzhaften Verläufen ohne wesentliche Funktionsverbesserung muss an einen Low Grade Infekt (meist Propionibacterium acne) gedacht werden. Problematisch ist jedoch der Nachweis einer solchen Infektion mit Propionibacterium acne, da für einen Infekt typische Laborparameter (Leukozyten, BSG, CRP) oft im Normalbereich bleiben oder nur grenzwertig erhöht sind und äußerliche Infektzeichen wie Rötung, Überwärmung und Schwellung fehlen (8). Zum bakteriologischen Nachweis von Propionibacterium acne ist zudem eine Mindestbebrütungsdauer von 14 Tagen notwendig. Allgemein ermöglicht die Kontrolle des CRP in der Infektsituation den Verlauf der Erkrankung sowie die Wirksamkeit der Therapie. Procalcitonin und Interleukin 6 stellen ebenfalls infektempfindliche Laborparameter dar, die zur Diagnose und Verlaufsbeur- ➔ 13 | ::Infizierte Gelenkprothesen teilung einer Sepsis herangezogen werden, bei der lokalen Infektion aus Kostengründen jedoch selten bestimmt werden. Die gesicherte Diagnose eines Gelenkinfektes erfolgt jedoch erst mit dem mikrobio logischen Erregernachweis im Gelenkpunktat. Das Gelenk muss unter streng sterilen Kautelen ohne Lokalanästhetikum punktiert werden, um eine sekundäre Kontamination zu vermeiden. Falls möglich, sollte das Punktat in eine Blutkultur überführt werden. Je nach klinischem Erscheinungsbild besteht auch alternativ die Möglichkeit der arthroskopischen Synoviagewinnung und der Probebiopsie. Als Hinweise auf einen Schulterprotheseninfekt gelten neben persistierenden Schmerzen ein CRP über 10 mg/l und/oder eine BSG über 30 mm/h (9) sowie 11.000 Leukozyten/mm² mit über 64 % neutrophilen Granulozyten im Gelenkpunktat (28). Bildgebende Diagnostik An bildgebender Diagnostik des Schulterprotheseninfektes erfolgt zunächst das Nativröntgen. Hier sind auf Lysesäume und Abb 1a: Röntgenbild einer infizierten Schulterhemiprothese bei Z.n. inverser Frakturprothese und Revision auf Hemiprothese. | 14 Lockerungszeichen entlang der Prothesenknochengrenze zu achten. Beim fortgeschrittenen Schulterprotheseninfekt können auch zystische Erosionen und Osteolysen im Röntgenbild beobachtet werden. Mittels Sonographie lässt sich auch bei liegender Schulterprothese ein Gelenkerguss als Hinweis auf einen möglichen Infekt darstellen. Eine MRT -Untersuchung ist aufgrund der Prothesenartefakte nicht aussagekräftig. Eine CT-Untersuchung kann jedoch nach rechnergestüzter Subtraktion der Prothesenartefakte Hinweise auf eine Prothesenlockerung zeigen. Ein erhöhter Knochenstoffwechsel, wie er auch beim Schulterinfekt vorkommt, kann mit Hilfe der Indium- oder Leukozyten-Skelettszintigraphie dargestellt werden und eine Aussage zum Infektausmaß zulassen. Mit Hilfe des PET-Scan lässt sich ebenfalls das Ausmaß des Infektes beurteilen und ggf. der Nidus erkennen. Insgesamt ergibt die bildgebende Diagnostik nur Hinweise auf einen Infekt ohne hohe Spezifität und ist somit nicht beweisend. Insgesamt ist die Diagnostik für einen Schulterprotheseninfekt oft nicht ausreichend sensitiv, so dass bereits bei Verdacht Abb. 1b: Röntgenbild nach Prothesen ausbau und Spacereinlage auf einen Schulterprotheseninfekt eine Revision erfolgen sollte (34). Therapie des Schulterprotheseninfektes Die Therapie des Schulterprotheseninfektes richtet sich nach dem klinischen Auftreten der Infektzeichen und dem nachgewiesenen Erreger. Als Infektionszeitpunkt werden akute frühe Infektionen (innerhalb von 24h), frühe Infektionen (innerhalb von 10 Tagen), späte Infektionen (innerhalb von 1 Jahr) und sekundäre/hämatogene Infektionen (später als 1 Jahr nach dem Eingriff) differenziert (17). Sperling et al. (25) beschreiben speziell für die Schulterendoprothetik folgende Einteilung: -- Akuter Infekt: innerhalb von 2 Monaten nach Prothesenimplantation -- Subakuter Infekt: zwischen 2 und 12 Monaten nach Prothesenimplantation -- Chronischer Infekt: später als 12 Monate nach Prothesenimplantation. Lediglich beim frühen Infekt (innerhalb der ersten 10 Tage) bei fest verankerter Schulterprothese ist eine alleinige Spülung, Débride- Abb. 1c: Röntgenbild 2 Jahre nach Infektausheilung, Spacerausbau und erneuter Implantation einer inversen Schulterprothese. ATOSnews Tab 1: Ergebnisse nach Therapie des Schulterprotheseninfektes in Abhängigkeit vom indizierten Therapieverfahren. Therapie / Autor Patienten anzahl Followup (Jahre) Infektfrei (Anzahl) Constant Score 5 2,8 2 49 6 8,7 3 Neer Score exzellent Neer Score befriedigend Neer Score unbefriedigend 1 2 3 2 1 2 2 2 4 13 2 2 5 9 3 5 7 3 THERAPIE: Nur Antibiose Coste 2004 (5) THERAPIE: Debridement Sperling 2001 (25) Coste 2004 (5) 8 2,8 7 27 Romano 2012 (22) 5 3,6 4 43 THERAPIE: Einzeitiger Prothesenwechsel Coste 2004 (5) 3 2,8 3 66 Ince 2005 (14) 9 5,7 9 33 Cuff 2008 (7) 7 3,5 7 THERAPIE: Zweizeitiger Wechsel Sperling 2001 (25) 3 4,8 3 Seitz 2002 5 4,8 5 Jerosch 2003 (15) 8 0,5-2,5 8 Coste 2004 (5) 10 2,8 6 Mileti 2004 (19) 4 7,4 4 Cuff 2008 (7) 10 3,5 10 Strickland 2008 (26) 19 3 12 Coffey 2010 (4) 12 1,8 12 35 57 Weber 2011 (29) 4 4 4 40 Romano 2012 (22) 17 3,8 17 38 THERAPIE: Permanenter Spacer Jerosch 2003 (15) 2 0,5-2,5 2 Coste 2004 (5) 3 2,8 3 38 Themistocleous 2008 (27) 4 1,8 4 Coffey 2010 (4) 4 1,8 4 57 Romano 2012 (22) 15 3 14 34 THERAPIE: Resektionsarthroplastik Sperling 2001 (25) 21 6,5 15 Coste 2004 (5) 10 2,8 7 Braman 2006 (3) 7 1,7 7 Rispoli 2007 (21) 13 8,3 13 Weber 2011 (29) 5 4 5 33 Romano 2012 (22) 6 3,5 6 32 30 7 1 2 16 3 2 ➔ 15 | ::Infizierte Gelenkprothesen ment mit kompletter Synovektomie und mechanischer Reinigung der erregerbesiedelten Oberflächen bzw. Austausch der Polyethylenkomponenten bei modularen Prothesen in 50 % der Fälle erfolgversprechend, ohne dass die Prothese komplett gewechselt werden muss (25). Der subakute, der chronische sowie der sekundäre/hämatogene Infekt sollte in Abhängigkeit des verursachenden Erregers sowie des Zustands der die Prothese umgebenden Weichteile mittels einzeitigem oder zweizeitigem Prothesenwechsel behandelt werden. Konnte bei guter Weichteilsituation der Erreger vor dem Eingriff identifiziert und eine Resistenzbestimmung durchgeführt werden, so kann in Kombination von chirurgischem Débridement und der erreger- und resistenzadaptierten Applikation von topischen und systemischen Antibiotika ein einzeitiger Prothesenwechsel erfolgen. Während des Eingriffes sind synoviale Gelenkflüssigkeit, Gewebeproben aus der Gelenkkapsel, vom Prothesenschaftlager und vom Pfannenlager zur mikrobiologischen Untersuchung zu entnehmen. Nach Probenentnahme sollte die systemische, resistenzadaptierte antibiotische Therapie intraoperativ einsetzten. Die Dauer der systemischen antibiotischen Therapie ist abhängig vom klinischen Verlauf sowie der Normalisierung der laborchemischen Entzündungsparameter. Beim zweizeitigen Wechsel mit unbekanntem Erreger erfolgt hier die unspezifische systemische Antibiose, die nach Keimdifferenzierung und Resistenzbestimmung adaptiert wird. Weitere Indikationen zum zweizeitigen Prothesenwechsel stellen gramnegative Keime, multiresistente Keime oder auch Mischinfektionen sowie ein schlechter Weichteilmantel dar (10, 33). Der Zeitpunkt der Reimplantation einer Prothese hängt vom klinischen Verlauf und von der Normalisierung der Laborparameter, insbesondere dem CRP ab. Bei unproblematischem, auf die antibiotische Therapie sensiblem Erreger sowie mittels systemischer Antibiose und antibiotikahaltigem Spacer kann das Intervall zwischen Explantation und Reimplantation bei 2-4 Wochen liegen. Bei Problemkeimen und multiresistenten Keimen empfiehlt Zimmerli ein Intervall von 8 Wochen (33). Eine erneute Gelenkpunktion zum Nachweis der Infektsanierung sollte 14 Tage nach Absetzen der antibiotischen Therapie mit Verbleiben der laborchemischen Infektionsparameter im Normbereich unter streng aseptischen Kautelen erfolgen. Der zweizeitige Wechsel bietet eine höhere Sicherheit der Infekteradikation, führt jedoch durch die erneute Gewebetraumatisierung und damit der Verschlechterung der Weichteilsituation zu schlechteren funktionellen Ergebnissen (23, 25, 26), (Abb. 1). Ziel des einzeitigen sowie zweizeitigen Prothesenwechsels ist die Keim-Eradikation unter Erhalt der Weichteile, um die Schulterfunktion zu gewährleisten. Patienten mit hohem Re-Infektrisiko sollte die Resektionsarthroplastik vorbehalten bleiben. Hierbei kann trotz schlechter Schulterfunktion eine gute Schmerzlinderung erzielt werden (3, 18, 21, 33). Beim inoperablen Patienten bleibt die Möglichkeit der antbiotischen Langzeit-Therapie zur Infektsupression. Fazit Da ein Protheseninfekt an der Schulter relativ selten auftritt, finden sich in der Literatur lediglich Fallberichte mit geringen Patientenanzahlen. Die Ergebnisse der einzelnen Verfahren sind in Tabelle 1 dargestellt. Insgesamt lässt sich jedoch der Schulterprotheseninfekt mit Hilfe der in diesem Artikel beschriebenen Therapiestrategie nahezu immer sanieren. Literatur bei den Verfassern Dr. Petra Magosch Dr. Sven Lichtenberg Prof. Dr. Markus Loew PD Dr. Mark Tauber Prof. Dr. Peter Habermeyer Zentrum für Schulter- und Ellbogenchirurgie/Sporttraumatologie ATOS Klinik Heidelberg ATOS Klinik München [email protected] www.schulter..de www.camoshoulder.com NEU! Nachbehandlungskonzept für die Schulter In zwei Ebenen einstellbar: Innen- und Außenrotation möglich Adduktion und Abduktion möglich Besonderer Tragekomfort: Handauflage und Armschale individuell einstellbar Weiche Rückenteile für angenehmen Schlaf ATOSnews Aktuelle Konzepte bei der Behandlung der infizierten Hüftprothese Von Fritz Thorey Key words: Hüftendoprothetik, periprothetischer Infekt, Infektklassifikation, Antibiose In den vergangenen Jahren hat die Implantation von Hüft- und Knieendoprothesen in Deutschland deutlich zugenommen. Parallel zu der deutlichen Zunahme und der Weiterentwicklung der Endoprothetik hat auch die Anzahl der Komplikationen zugenommen. Hierzu zählen in der Hüft-Endoprothetik die Fehlpositionierung der Implantatkomponenten, periprothetische Infektionen, aseptische Lockerungen und Infektionen. Von den genannten Komplikationen ist die periprothetische Infektion sehr gefürchtet und eine Herausforderung für den behandelnen Operateur. Gerade in den letzten Jahren kam es zu einer Resistenzzunahme bestimmter Keime auf Antibiotika, die eine Behandlung von Infektionen deutlich erschwert haben. Besonders gefürchtet sind hierbei Methicillin resistente Staphylokokken (MRSA, MRSE) und in jüngster Zeit die Extended-spectrumβ-Laktamase- (ESBL-)bildenden Enterobakterien. Neben einer frühzeitigen Diagnosestellung und Bestätigung des Infektes ist die Prävention wichtig. Das Risiko für eine perioperative Infektion ist bei erhöhten Nikotinkonsum, rheumatoiden Erkrankungen, Diabetes mellitus, der Einnahme von Steroiden und Immunsupressiva und bei Übergewicht deutlich erhöht. Eine adäquate frühzeitige Diagnosestellung ist eine wichtige Voraussetzung für eine suffiziente Behandlung, da sich gezeigt hat, dass die Behandlung in einem frühen Stadium die Prognose für den Patienten deutlich verbessert. Ebenso ist für ein spezifisches Management der Infektion neben einer exakten klinischen Untersuchung und Erfassung der Patientenhistorie eine gute Bildgebungstechnik essentiell wichtig. von periprothetischen Infekten publiziert. Voraussetzung ist immer ein gutes klinisches Bild zur Einordnung in ein akutes oder chronisches Infektgeschehen, da dieses den Behandlungsverlauf stark beeinflusst. Burnett et al. haben eine Klassifikation etabliert, die sich auf den Zeitpunkt des Auftretens der Infektion und der Ursache gründet, die sich von Arbeiten von Segawa et al. herleiten (1, 2). Bei einer Typ 1 Infektion wird eine positive intraoperative Kultur nach einer Revisionsoperation gefunden, eine Typ 2 Infektion (akut/früh postoperativ) tritt innerhalb der ersten 2-4 Wochen auf, eine Typ 3 Infektion (akut hämatogen) wird durch eine bakterielle Besiedlung durch einen operationsfernen Infektherd verursacht und eine Typ 4 Infektion (spät/chronisch) wird als Infektion definiert, die später als 1 Monat nach der primären Operation Klassifikation Über die vergangenen Jahre wurden unterschiedliche Algorithmen zur Klassifikation Tab. 1: Klassifikation des periprothetischen Infektes nach Burnett et al. auftritt (Tab. 1). Viele andere Klassifikationen ähneln diesem Konzept des Früh- und Spätinfektes und unterscheiden sich vielfach nur in der Zeitdauer des Frühinfektes (3-5). Diagnosestellung Eine korrekte Diagnostik bei vermuteter periprothetischer Infektion umfasst neben einer detaillierten Erfassung der individuellen Patientenhistorie auch die genaue körperliche Untersuchung des Patienten. Moyad et al. haben empfohlen, dass Fragen nach postoperativen Wundheilungsstörungen, verzögerter Wundheilung, die Dauer der einliegenden intraartikulären Drainagen und eine verlängerte Antibiotikagabe für die Infektdiagnostik gestellt werden sollten (6). Zusätzlich können körperliche Zeichen und Symptome wie Fieber, Nachtschweiss, Schüttelfrost, die von lokalen Symptomen wie Steifigkeit und Schmerzen begleitet werden, einen Hinweis auf eine chronische Infektion geben. Weitere Infektzeichen in der Diagnostik sind Überwärmung, Hyperämie, Schwellung, Druckschmerzhaftigkeit und Hautveränderungen im ehemaligen Wundbereich und Drainage (Abb. 1). Bei dem Verdacht auf eine hämatogene entstandene Infektionen sollten die unterschiedlichen Ursachen eines Infektes abgeklärt werden. ➔ 17 | ::Infizierte Gelenkprothesen Abb.1: Rötung und Überwärmung als Hinweis auf einen periprothetischen Infekt der Hüfte Abb. 2: Laborchemische Untersuchung sowie Anlegen einer Kultur zur Ermittlung des Keimspektrums Die häufigsten Ursachen sind dabei Infektion im 1) urogenitalen Trakt, 2) in den oberen Luftwegen, 3) Weichteil- und Hautinfekte, 4) chronisch venöse Ulzerationen, 5) dentale Abszesse, 6) andere Knochen- und Gelenkinfekte und 7) andere Eingriffe, bei denen die lokale Haut- und Mukosa-Barriere überschritten werden kann (Zystoskopien, Koloskopien, Bronchoskopien, Zahnprophylaxe, intraartikuläre Injektionen) (7). Dennoch findet sich gerade bei einem Low-Grade-Infekt (chronisch-schleichender Infekt) nur eine unspezifische Klinik bei den betroffenen Patienten, so dass in diesen Fällen die laborchemische Untersuchung und Bildgebungstechniken richtungsweisend sein können. Laborchemische Untersuchungen und Bildgebungstechniken Zu einer vollständigen Infektdiagnostik sollten eine differenzierte laborchemische Untersuchung durchgeführt werden. Hierzu gehören neben einem großen Blutbild die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und die Bestimmung des C-reaktiven Proteins (CRP). Das C-reaktive Protein (CRP) ermöglicht bei erhöhtem Wert eine genaue Beurteilung des | 18 Schweregrades und Verlaufes einer Infektion, kann aber bei normalen Werten auch ein falsch-negatives Ergebnis liefern (8). Gerade bei einem chronischen Infekt findet sich häufig ein normaler oder nur leicht erhöhter CRP-Wert, bei einem Low-Grade-Infekt sogar vielfach ein normaler CRP-Wert. Bei einem positiven CRP-Wert und erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) sollte zur Diagnoseerhärtung und Bestimmung des Keimspektrums eine Punktion des Gelenkes erfolgen (Abb. 2). Dadurch können die Zellzahl bestimmt, eine Zellkultur angesetzt und eine Keimbestimmung mit Antibiotikawirkspektrum (Antibiogramm) erhalten werden (9). Dennoch kann gerade bei chronischen Infekten die Punktion des Gelenkes falsch-negative Ergebnisse in der Zellkultur zeigen, die eine Interpretation der Befunde hinsichtlich eines Infektes deutlich erschwert (9). Andere Autoren empfehlen in diesen Fällen eine bzw. mehrere Probeentnahmen aus dem periartikulären Gewebe, um die Keimbesiedlung nachzuweisen oder auszuschließen. Hierbei sind sowohl offene als auch arthroskopische Probenentnahmen in der Literatur beschrieben, wobei die arthroskopische Probenentnahme technisch sehr anspruchsvoll ist. Ein positiver Keimnachweis mit Resistenzbestimmung gegenüber verschiedenen Antibiotika hat einen direkten Einfluss auf das operative Behandlungskonzept (10, 11). Die entnommenen Proben und Aspirate sollten mindestens 8-14 Tage bebrütet werden, um auch eine geringe Keimbesiedlung nachzuweisen. Die notwendige Bildgebung bei Patienten mit dem Verdacht auf eine periprothetische Infektion umfasst konventionelle Röntgenaufnahmen des betroffenen Gelenkes in mindestens zwei Ebenen. Diese ermöglichen eine genaue Berteilung des Knochens und Implantates hinsichtlich Knochennekrosen, Osteolysen, Lockerungszeichen (Radiolucent Lines) und Sklerosierung, die einen Hinweis auf die Ursachen der Beschwerden geben können (9) (Abb. 3). Daneben gibt es weitere Bildgebungen, die eine Diagnosefindung unterstützen können. Vielfach werden nuklearmedizinische Abb. 3: Septische Lockerung eines WagnerSchaftes nach mehrfachen Revisionen (links), Knochen-Szintigraphie mit Mehranreichung als Hinweis auf einen entzündlichen Prozess (rechts) ATOSnews Abb. 4: Intraoperative Entnahme mehrerer histologische Proben (links) und Abstriche zur Keimbestimmung (rechts); hier Abstrich aus dem Femurschaft nach Entfernung des Implantates. Untersuchung (Skletett-Szintigraphien, Leukozyten-Szintigraphie) eingesetzt, um Lockerungen bzw. Infektionen von Implantaten und Knochenveränderungen zu untersuchen. Palestro et al. konnten bei der Entzündungsszintigraphie (Leukozyten-Szintigraphie) zur Infektdiagnostik eine Sensitivität von 86 % nachweisen, wohingegen Moyad et al. und andere Autoren eine deutlich geringere Sensitivität gefunden haben (12, 13). Zusätzlich ist die Aussagekraft dieser nuklearmedizinischen Methoden im ersten Jahr nach der Operation deutlich eingeschränkt und zeigt einen hohen Anteil an falsch-positiven Ergebnissen (14). Eine aufwendige und spezielle Untersuchungsmethode, die in unserem Haus bei unklaren Beschwerden nach Hüft- und Knieendoprothese zunehmend mit guten Erfahrungen eingesetzt wird, ist das “Single Photon Emission Computed Tomography/CT“ (SPECT/CT) (14). Bei dieser nur in wenigen Krankenhäusern durchgeführten Untersuchungsmethode wird die klassische Skelettszintigraphie in ihrer nur zweidimensionalen Beurteilung um die Methode der Computertomographie (CT) erweitert, um eine eine exakte dreidimensionale Beurteilung des betroffenen Gelenkes zu ermöglichen. Das SPECT/CT ermöglicht dadurch eine hochspezifische Beurteilung des Gelenkes und unterstützt die Diagnosefindung Management In der operativen Behandlung des periprothetischen Infektes sind folgende Informationen essentiell, die in die Entscheidung des Operateurs für das weitere Vorgehen einfließen: -- Klinisches Bild des Patienten -- Typ der Infektion (Früh-/Spätinfekt, hämatogen) -- Laborchemische Untersuchung (BB, CRP, BSG) -- Bildgebung (Röntgen, nuklearmedizinische Untersuchung, ggf. SPECT/CT) -- Punktionsergebnis (Keimnachweis, Resistenzbestimmung). Abhängig vom klinischen Bild des Patienten kann eine geplante oder dringende, zeitnahe operative Versorgung angestrebt werden. Abhängig vom Infekt-Typ nach Burnett et al. haben sich folgende Versorgungsmöglichkeiten bewährt: Typ 1 Infektion (positive intraoperative Kultur): Im Falle einer positiven intraoperativen Kultur sollte ein parenterales antibiotisches Regime durchgeführt werden. Zusätzlich sind regelmäßige laborchemische Kontrollen mit Bestimmung des CRP-Wertes und ggf. der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) sowie eine engmaschige klinische Abb. 5: Aggressives Debridement der betroffenen Gewebes und der knöchernen Strukturen nach Entfernung der Implantate. Kontrolle in den ersten Wochen sinnvoll, da es sich bei den intraoperativ gewonnenen Kulturen in vielen Fällen um falsch-positive Ergebnisse handelt (15, 16). Typ 2 & 3 Infektion (akute Infektion): Bei frühen Infektionen ggf. mit hämatogener Streuung sollte ein frühzeitiges operatives Eingreifen erfolgen. Empfohlen sind neben einem radikalen Debridement und Lavage auch der Wechsel eines Polyethylen (PE) Insert, um eine Biofilmbildung auf dem Polyethylen zu verhindern (15, 16). Unklar ist, ob auch keramische oder metallische Anteile (Kugelköpfe, Insert) ebenfalls bei einem Frühinfekt gewechselt werden sollten, da für diese Fälle bisher keine sichere Evidenz beschrieben wurde. Postoperativ erfolgt eine 4-6-wöchige parenterale Antibiotikatherapie (Einfach- oder Doppel-Antibiose), die nach Resistenzbestimmung des Keimspektrums angepasst wird. Ggf. kann die gewählte Antibiose um das Antibiotikum Rifampicin ergänzt werden, um eine beginnende Biofilmbildung zu verhindern oder zu durchbrechen (“Biofilm-Brecher”). Bei weiterbestehendem Infekt sollten weitere Revisionsoperationen erfolgen, bis der Infekt ausgeheilt ist. Typ 4 Infektion (Spätinfekt, chronischer Infekt): Bei einem Spätinfekt oder chronischen Infektionen sollte eine Revision mit ➔ 19 | ::Infizierte Gelenkprothesen Abb. 6: Wiedereinbau einer modularen Revisionsprothese aufgrund eines größeren Knochendefektes (links) und postoperative Röntgenkontrolle (rechts). Abb. 7: Chronischer Infekt einer zementierten Hüft-Endoprothese. Nach Ausbau der Prothese und Einsetzen eines Spacers erfolgten weitere Revisionen mit Spacerentfernung, bis ein Wiedereinbau möglich war. Ausbau der Implantatkomponenten, Debridement und Lavage erfolgen. Abhängig von der präoperativen Diagnostik und der Typisierung des Keimes können ein ein- oder zweizeitiges Vorgehen gewählt werden (15, 16). Bei einer präoperativen Keimtypisierung und Resistenzbestimmung können in seltenen Fällen in einem einzeitigen Verfahren die Implantatkomponenten gewechselt werden (17). Um nach dem Debridement einen Re-Infekt zu verhindern, ist bei einem einzeitigen Vorgehen eine zementierte Versorgung der Pfannen- und Schaftkomponente wichtig, da dem Knochenzement entsprechende Antibiotika beigemengt werden können. Auch bei einer Typ 4 Infektion sollte über | 20 eine zusätzliche Gabe von Rifampicin als “Biofilm-Brecher” während der anschließenden 4-6-wöchigen Antibiotikagabe nachgedacht werden. Ebenfalls hängt die Entscheidung zwischen dem ein- und zweizeitigen Wechsel von dem speziellen Keimspektrum ab, da es unterschiedliche Risiken für einen Re-Infekt gibt. In der Mehrzahl der Fälle wird ein zweizeitiges Vorgehen favorisiert. Hierbei werden die Implantatkomponenten entfernt und mehrere Abstriche sowie histologische Proben zur Keim- und Resistenzbestimmung entnommen (Abb. 4). Anschließend erfolgt ein aggressives Debridement (Abb. 5). Abhängig vom Keimspektrum und den intraoperativen knöchernen und weichteiligen Verhältnissen kann ein temporärer Platzhal- ter (Spacer) aus Knochenzement mit Antibiotikazusetzung in das Hüftgelenk eingebracht werden. In einigen Fällen wird auf einen Platzhalter (Spacer) verzichtet, um sämtliche Fremdkörper aus dem periartikulären Bereich fernzuhalten und eine Ausheilung des Infektes zu ermöglichen (Girdlestone-Situation) (15, 16, 18). Abhängig vom Keimspektrum und der Resistenzbestimmung erfolgt eine angepasste parenterale Antibiotikatherapie, die über 4-6 Wochen fortgeführt wird (Abb. 4). In einigen Fällen sind weitere weichteilige Revision notwendig, um eine vollständige Ausheilung des Infektes zu ermöglichen. Nach Ende der Antibiotikatherapie erfolgt nach einem zweiwöchigen Antibiotika-freien Intervall eine Punktion mit Aspiration des betroffenen Gelenkes. Es sollte ebenfalls eine LangzeitBebrütung der Kultur erfolgen, um auch geringe Keimmengen nachzuweisen. Falls die Kultur mit Keimen besiedelt ist, muss eine erneute Revision mit Debridement des Gelenkes und ggf. einem Spacerwechsel erfolgen. Bei einem sterilen Kulturergebnis kann dann ein unzementierter oder zementierter Wiedereinbau der Endoprothese nach einem ausgiebiegen Debridement erfolgen (15, 16, 18). In vielen Fällen ist bei größeren Defekten der Einsatz von modularen Revisionsprothesen notwendig, um eine adäquate Verankerung der Prothese zu ermöglichen (Abb. 6). Problematisch bei einer Spacerversorgung sind häufig die Einschränkung der Gelenkmobilität, das erhöhte Risiko einer Spacerdislokation und der sekundäre Knochendefekt durch Bewegungen des Spacers im Knochen (15, 16). Daher sollte die Entscheidung zum Einbringen eines Spacers oder einer Girdlestone-Situation individuell mit dem Patienten besprochen und von der lokalen knöchernen und weichteiligen Situation abhängig gemacht werden (Abb. 7). Im Vergleich zu periprothetischen Infektionen des Kniegelenkes sind weichteilige plastische Deckungen nur in seltenen Fällen notwendig, da das Hüftgelenk in der Regel von viel Muskulatur und Weichteilen umgeben ist. Bei chronischen Infekten finden sich bei einigen Patienten Fistelgänge, die die Haut penetrieren, oder Wundheilungs- ATOSnews störungen, die jedoch vielfach durch ein aggressives Debridement und Ausschneiden behandelt werden können. In seltenen Fällen kommen periprothetische Infektionen trotz mehrfacher Revisionen nicht zur Ausheilung, so dass dann nur noch die Möglichkeit einer permanenten Gridlestone-Situation besteht, um erneute periprothetische Infektionen zu verhindern (15, 16) (Abb. 8). Fazit Mit der Zunahme der endoprothetischen Versorgung des Hüftgelenkes steigt die Anzahl periprothetischer Infektionen. Bei Patienten mit akuten oder chronischen Schmerzen sollte daher immer die Möglichkeit einer periprothetischen Infektion bei der individuellen Beurteilung bedacht werden. Dabei ist es wichtig, dass periprothetische Infektionen so früh wie möglich erkannt werden, um eine schnellstmögliche Behandlung des Patienten zu ermöglichen und schwerwiegende Konsequenzen zu vermeiden. Abhängig vom Zeitpunkt des Auftretens des Infektes können diese in akute oder chronische Infektionen bzw. Früh- oder Spätinfekte unterteilt werden. Ebenso spielen neben der Patientenhistorie und körperlichen Untersuchung die laborchemischen Untersuchungen und die Bildgebung eine wichtige Rolle, um eine Infektion zu beurteilen und ein strategisches N O T E S & Abb. 8: Girdlestone-Situation mit e inliegenden Antibiotika-Ketten bei aus gedehnten knöchernen Defekten nach mehrfachen septischen Revisionen (links). Ebenfalls Girdlestone-Situation bei mehrfachen septischen Revisionen und kompletter Destruktion des Azetabulums (rechts) Vorgehen festzulegen. Einen großen Einfluss auf den Behandlungsverlauf haben folgende Faktoren: Gesamtzustand des Patienten, der Immunstatus, das Keimspektrum mit Resistenzbestimmung und die knöcherne und weichteilige Situation. Bei einem einzeitigen Vorgehen mit oder ohne Entfernung der Komponenten sollte ein aggressives Debridement des Gelenkes und der umgebenden weichteiligen Strukturen erfolgen, um nekrotisches Gewebe und einen Biofilm auf den Implantatkomponenten zu entfernen. Eine engmaschige klinische und laborchemische Kontrolle ermöglicht dem erfahrenen Operateur, den Behandlungsverlauf zu beurteilen und Re-Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. In der aktuellen Literatur scheint beim Vorliegen einer chronischen periprothetischen Infektion mit unklarem Keimspektrum weiterhin ein zweizeitiges Vorgehen die höchste Erfolgsrate zu haben (15, 16, 18). Neben der operativen Behandlung ist eine gezielte antibiotische Behandlung über mindestens 4-6 Wochen wichtig für eine erfolgreiche Behandlung. Ebenso sind laborchemische Kontrollen und Punktionen des Gelenkes essentiell, um den Verlauf der Infektion zu beurteilen und zu entscheiden, wann ein Wiedereinbau der Endoprothese sinnvoll ist. Nicht zuletzt spielt die operative Erfahrung des spezialisierten Hüftchirurgen eine entscheidende Rolle in der erfolgreichen Behandlung von periprothetischen Gelenkinfekten. Literatur beim Verfasser PD Dr. Fritz Thorey Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.endoprothetik-heidelberg.de N E W S :: Prof. Thermann referiert in New York Prof. H. Thermann hat auf Einladung des Foot and Ankle Departments des Hospital of Special Surgery New York (HSS; Klinik in den USA) über die „Arthroskopische Technik bei Knorpelrekonstruktion am Fuß und Sprunggelenken“ berichtet und die Forschungslabors besucht. Das Bild zeigt Prof. J. Kennedy (Leiter des Departments) mit Prof. H. Thermann und einem Teil der Forschungsfellows. 21 | ::Infizierte Gelenkprothesen Die Behandlung der infizierten Knieprothese Von Hajo Thermann und Fritz Thorey Key words: Knieendoprothese, akute/chronische/hämatogene Infektion, einzeitige/zweizeitige Revision Die Infektionsrate in der Knieendoprothetik liegt zwischen 1-2 %. Analysiert man die schmerzhaften Knieendoprothesen innerhalb der ersten 5 Jahre postoperativ, so liegt die Ursache zu 38 % in Infektionen und 27 % in Instabilität. Bei den zementlosen Prothesen ist das fehlende Einwachsen der Prothese in den Knochen mit 13 % der Grund für die Schmerzen. Weitere Faktoren für schmerzhafte Knieendoprothesen sind Patellaprobleme mit 8 %, Osteolysen und PE-Abrieb mit 7 %. Die Aseptische Lockerung hat einen Anteil von 3 % bis 4 % (nach Romero EFFORT- Meeting 2008). Richard Evans (Spezialist für Hüft- und Knieendoprothetik der University of Arkansas) berichtet, dass es in der letzten Dekade zu einem Anstieg von 700 % bei der Anzahl der implantierten Knieendoprothesen in den USA gekommen ist. Daher prognostiziert er einen Anstieg an Revisionseingriffen von etwa 600 % bis zum Jahr 2030. Die infizierte Prothese ist die am meisten gefürchtete Komplikation in der Knieendoprothetik. Sie führt zu einer extensiven Morbidität mit verlängerter Hospitalisationszeit. Die daraus entstehenden Kosten sind enorm. In den USA rechnet man mit einem Kostenzuwachs von Faktor 10 auf das volkswirtschaftliche Produkt in Höhe von 10 Milliarden Dollar im Jahr. Keimspektrum und Einteilung Mit einem Anteil von ca. 70 % sind grampositive Bakterien die Hauptursache für Gelenkinfektionen; Staphylokokkus epidermidis und Staphylokokkus aureus sind hierbei am häufigsten vertreten. Eine bewährte Einteilung für das infizierte Kniegelenk ist: -- Akute Infektion -- Chronische Infektion -- Hämatogene Infektion | 22 -- nach Tsakayama positive Bakterien kulturen bei Revision für aseptische Lockerungen Eines der Hauptprobleme der Infektionen heutzutage ist die Zunahme der multiresistenten Staphylokokkus aureus Keime, die teilweise zur Sepsis führen. Eine amerikanische Statistik beschreibt eine starke Progression mit einer weiter steil ansteigenden Kurve von 0 Fällen im Jahre 1993 auf 400.000 Fälle im Jahre 2005. Ein erschwerendes Faktum bei der Behandlung von Infektionen ist dabei eine zunehmende antibiotische Resistenz der Bakterien, die besonders Vancomycin betrifft. Eine bedeutende Rolle spielen hierbei Methicillin resistente Staphylokokken (MRSA, MRSE), Vancomycin resistente Enterokokken (VRE) sowie Vancomycin intermediate sensitive Staphylokokkus aureus visa. Mit Daptomycin und Linocillin sind jedoch schon neue Antibiotika auf dem Markt, die zur Reserve als letzte Bastion eingesetzt werden können. Die Prävention ist natürlich die beste Therapie. Dies bedingt auch die Modifizierbarkeit verschiedener Risikofaktoren durch die Patienten selbst. Hierzu gehören unter anderem Rauchen, Adipositas, rheumatoide Arthritis, Diabetes. Immunsuppressive Medikamente und Steroide fördern bei einem chirurgischen Eingriff eine Infektion. Bei Risikopatienten sollte hier nach alternativen Möglichkeiten gesucht werden. In der Diagnostik muss ein schmerzhaft geschwollenes Knie bei implantierter Knieprothese immer als infiziert angesehen werden. Wird dieses vernachlässigt oder übersehen, kann eine akute Infektion in eine chronische Infektion übergehen. Chronische Infekte sind schwieriger zu behandeln und erzielen schlechtere Endergebnisse. Die späte chronische Infektion ist häufig sehr schwierig zu diagnostizieren, vor allem in der Differentialdiagnose zur aseptischen Lockerung. Die Hinweise für eine späte chronische Infektion sind in der Anamnese eine vermehrte Flüssigkeitsabsonderung und Rötung, Fieber, verlängerte Anwendung von Antibiotika, das Vorhandensein von schon erwähnten Risikofaktoren und persistierender Schmerz. Röntgenaufnahmen sind eher unspezifisch. Primär wird bei stärkeren Gelenkergüssen oft eine Punktion durchgeführt, um Flüssig- ATOSnews Das infizierte Knie Implantatallergie als Differentialdiagnose Auch bei allergischen Reaktionen auf Implantatinhaltsstoffe treten Beschwerden wie Schmerzen, Rötung, Überwärmung oder gestörte Wund- oder Frakturheilung auf. Ergibt sich aus den klinischen Symptomen und den L aborwerten kein eindeutiger Hinweis auf ein Knieinfekt, sollte eine Implantatallergie differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Zur Abklärung erfolgt eine ausführliche allergologische Anamnese, eine E picutantestung und ggf. weiterführende Labordiagnostik, wie z. B. der Lymphozytentransformationstest. Dr. Claudia Jäger keiten abzusaugen. Die Gelenkpunktion kann aber auch zu falsch negativen Ergebnissen führen. Eine lang andauernde antibiotische Therapie bei mikrobieller Adhäsion, vor allem an den Implantaten und bei sehr langsamen Wachstum des Erregers, führt ebenso zu falsch positiven Ergebnissen wie auch beim Vorhandensein von antibiotisch getriggertem Zement in der Primärimplantation. Falsch positive Befunde können auch durch eine Kontamination entstehen. Bei Zweifeln an dem Befund sollte dann eine Wiederholung der bakteriologischen Untersuchung durchgeführt werden. Eine neuere diagnostische Maßnahme ist die Bestimmung durch die Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Diese lässt kleine Anteile von bakteriellem DNA erkennen. Der Nachteil dieser Methode ist, dass sie sehr sensitiv ist und nicht zwischen den lebenden und toten Mikroorganismen differenziert wird. Akute Infektion Eine akute Infektion (Abb. 1) hat eine Symptomdauer von weniger als 3 Wochen. Sie fängt in der frühen postoperativen Phase an und ist sekundär auch nach hämatogener Ausstreuung möglich. Abb. 1: Akuter Infekt bei implantierter Knie-TEP Komponentenretention: Die akute Versorgung umfasst eine ausgiebige Ausspülung des Kniegelenks, eine komplette Synovektomie, ein Debridement von betroffenem Gewebe und einen Polyethylenwechsel mit posteriorer Synovektomie. Eine alleinige arthroskopische Spülung ist auch aus meiner Erfahrung eindeutig mit einer niedrigeren Erfolgsrate behaftet. Bei bestehenden antibiotikaresistenten Bakterien und Organismen wird die Erfolgsrate weiter deutlich gesenkt. Bei dem Verdacht infizierter Implantate bei fraglicher Lockerung sollte eine „One stage“ Reimplantation erfolgen. Es werden alle Komponenten entfernt und ein radikales Debridement des erkrankten Gewebes wird durchgeführt. Anschließend erfolgt eine Reimplantation neuer Komponenten mit antibiotisch aufbereitetem Knochenzement. Es muss jedoch in Betracht gezogen werden, dass immer noch resistente Keime vorhanden sein können und dass durch den Prothesenausbau ein schlechteres Transplantatlager vorliegt. Chronische Infektion Von einer chronischen Infektion spricht man bei einer Infektion, die länger als 3-4 Wochen anhält und präsent ist. Hier existiert eine Diskussion über einen „One Stage-“ oder „Two Stage“ Wechsel der Komponenten. Untersuchungen zu chronischen Infektionen zeigen, dass „One Stage“ Revisionen ein schlechteres Outcome haben (73 %-84 % gute Ergebnisse) als ein „Two Stage“ Wechsel (Hansen 89 %, Whiteside 97 %, Wasielewki 92 % und Goldman 95 % gute Ergebnisse). Bei der zweizeitigen Revision werden alle Komponenten entfernt sowie ein komplettes Debridement und eine Synovektomie durchgeführt. Die intramedullären Kanäle werden debridiert, ein Zementspacer wird in das Knie und auch in die intramedullären Kanäle mit hohen Antibiotikadosen im Spacer eingelegt. Für ein gutes funktionelles Ergebnis bei einem „Two Stage“ Wechsel ist es wichtig, dass mit den Spacern die Joint Space erhalten bleibt. Die Behandlung von Spätinfektionen durch rein systemische antibiotische Therapie hat nur eine Erfolgsrate von 6 % und ist daher nicht erfolgversprechend. Das alleinige Debridement und Polyethylenwechsel bei Belassen der Implantate bei chronischen Infekten hat ebenfalls nur eine geringe Erfolgsrate von 23-28 %, wenn die Infektion länger als 6 Wochen her ist und grampositive Organismen gefunden wurde. ➔ 23 | ::Infizierte Gelenkprothesen Abb. 2: Implantierter artikulierender „Spacer“ (Stage OneTM, BIOMET, Warsaw, USA) nach Ausbau der Prothese und Entfernung des infektiösen Gewebes „Salvageprozeduren“ werden im Sinne einer Amputation, bei lebensbedrohlicher Sepsis, massivem Knochen- und Weichteilverlust sowie schweren, nicht kontrollierbaren Schmerzen durchgeführt. Zementspacer Die PMMA-Zementspacer für das Interregium nach der Explantation lassen sich in zwei Typen einteilen, die statischen oder die ar tikulierenden Spacer (Abb. 2). Hier können zusätzlich noch antibiotische PMMA-Ketten in den intramedullären Kanal eingebracht werden. Nach bisherigen Untersuchungen führt die Anwendung von Pallacos-Zement zu den besten Ergebnissen. Dieser wird mit Antibiotika, Vancomycin, Tobramycin vermischt, sofern die bakteriologischen Kulturen negativ sind oder noch nicht final erhoben. Die artikulierenden Spacer haben meistens ein größeres Volumen als die selbst angelegten statischen Spacer. Durch die Kongruenz der Komponenten entsteht eine „gewisse“ Stabilität. Entsprechend der Weichteilsituation kann daher postoperativ eine Bewegungstherapie bis 60°, auch auf einer CPM-Maschine, durchgeführt werden. Aufgrund der regelmäßigen Bewegung bleibt die Mobilität des Gelenkes erhalten, | 24 Abb. 3: Abdeckung des Haut- und Kapseldefektes mittels Gastrocnemiuslappen die gelenkumgebenden Weichteile werden gedehnt und somit ein Schrumpfen des Extensormechanismus reduziert. Dies führt dazu, dass eine einfache Reimplantation mit Weichteildeckung sowie eine bessere Beugung im Bereich des Extensormechanismus im Nachgang möglich sind. Ein neuerdings häufigeres Auftreten von resistenten Staphylokokken stellt für den PMMA-Zementspacer ein hohes Versagensrisiko dar. Daher muss zur begleitenden Therapie Daptomycin oder Daptomycin mit PMMA in Betracht gezogen werden. Arthroskopische Etappenlavage Auch nach Komponentenausbau, ausgiebigem Debridement und „Antibiotikaspacer“ besteht durch Hämatome und Weichteilnekrosen, die einer antibiotischen Therapie nicht zugänglich sind, ein persistierendes Infektrisiko. Daher erfolgt nach unserem Behandlungsalgorithmus nach 10 bis 14 Tagen eine arthroskopische Hämatomausräumung und ein erneutes komplettes arthroskopisches Debridement mit Lavaseptausspülung, sowie eine erneute bakteriologische Untersuchung. Bei erneutem Keimnachweis wird die arthroskopische Spülung nach 10-14 Tagen wiederholt. Nach unserer Erfahrung ist dann die bakteriologische Untersuchung steril. Gerade die Hämatomausräumung erleichtert zudem eine stabile Weichteilheilung. Die Nachbehandlung nach Explantation der Prothese ist eine antibiotische Therapie von mindestens 6 Wochen. Bei normalen Entzündungsparametern sollte nach 12 Wochen die erneute Reimplantation erfolgen, welche wieder mit einem ausgiebigen Debridement eingeleitet wird! Weichteilrekonstruktion Instabile Weichteilverhältnisse stellen eine Bedrohung für eine erneute Infektion dar. Deshalb müssen sie zeitnah behoben werden. Mittelgroße, meist medial liegende Kapsel und Hautdefekte können optimal mit einem Gastrocnemiuslappen gedeckt werden (Abb. 3). Dies führt nicht nur zu einer implantatnahen, gut vaskularisierten (für Antiobiotika zugänglichen!) Weichteildeckung, sondern auch zu einer guten Verschieblichkeit der Weichteilgewebe für die Wiedergewinnung der Flexion. Große Hautnekrosen werden nach Spacerimplantation sofort dem Plastischen Chirurgen zum freien Lappentransplantat (Abb. 4a, b) zugeführt. Auch hier wird durch die gute Verschiebeschicht eine Wiederge- ATOSnews a Abb. 4 a: Hautnekrose nach Explantation der TEP und Entfernung von infektiösem Gewebe b Abb. 4 b: Mittels freiem Lappentransplantat abgedeckter Hautdefekt Abb. 5: Rekonstruktion der Patellarsehne mit Semitendinosus- und Gracilissehne winnung der Beugung optimal unterstützt und kann zügig nach Replantation durchgeführt werden. Aufgrund der Schrumpfungsvorgänge bei protahierter Weichteilkonsolidierung, vor allem im parapatellaren Bereich mit unterliegenden Sehnen, ist eine Lappenplastik auch für das funktionelle Ergebnis der sicherere Weg. Unter diesem Aspekt sollte die Indikation zur Weichteilrekonstruktion großzügig gestellt werden! Abb. 6: Antimikrobielle Behandlung der am häufigsten vorkommenden Keime (Quelle: Zimmerli und Ochsner, Infection, 2003) Patellasehnenrekonstruktion Ein aggressives Debridement kann keine Rücksicht auf eine infizierte Patellarsehne nehmen. Teildefekte müssen bei der Reimplantation augmentiert oder komplette Rupturen vollständig rekonstruiert werden. Der ortständige (nur proximales Strippen!) Semitendinosus-Transfer zur Augmentation ermöglicht eine ideale biologische Rekonstruktion. Die Sehne wird in einer „Knochenmulde“ mit Fadenanker an der Tuberositas tibiae „umgeleitet“ und an der Restsehne mit Krakownähten eingeflochten. Bei der kompletten Ruptur wird mit Semitendi nosus- und Gracilissehne die Patellarsehne rekonstruiert und mit einer transossären PDS-Kordel/Fiberwireband durch Patel- ➔ 25 | ::Infizierte Gelenkprothesen la und Tuberositas zur Einheilung gesichert (Abb. 5). Die Beugung sollte sukzessive 60° nach 6 Wochen und nach weiteren 6 Wochen 90° erreichen. Antibiotische Therapie Die antibiotische Behandlung der am häufigsten vorkommenden Keime richtet sich nach international bewährten Behandlungskonzepten (Abb. 6). Fazit Die infizierte Knieprothese stellt ein erhebliches, manchmal diagnostisch unklares Problem dar. Aufgrund der Fehlermöglichkeiten des Keimnachweises treten immer wieder Verzögerungen in der stringenten Behandlung auf. Das schmerzhafte überwärmte Knie nach Kniegelenkprothesenimplantation muss immer proaktiv und immer maximal behandelt werden („ein bisschen infiziert“ gibt es nicht!) Das Verpassen des richtigen Zeitpunktes führt zu einer Verschlechterung des Endergebnisses. Chronische (wiederholte) Infektionen bedürfen der vollständigen Aufklärung des Patienten über die Schwere dieser Erkrankung, im schlechtesten Fall mit der Folge einer Amputation. Aufgrund der zunehmenden Keimresistenzen haben sich die Möglichkeiten einer vollständigen Heilung eher verschlechtert. Dennoch weisen internationale Studien und eigene Erfahrungen aus, dass bei konsequenter Anwendung international überprüfter Behandlungskonzepte sehr gute Erfolge möglich sind. Prof. Dr. Hajo Thermann PD Dr. Fritz Thorey Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] ;\ILYJ\S\TTHQ\Z& +HZPZ[\UZLYL(U[^VY[ ,PUZ[HYRLZ7YVK\R[ZWYPJO[M YZPJOZLSIZ[ 7PVUPLYKLYT\S[PKPYLR[PVUHSLU>PURLSZ[HIPSP[p[ZLP[ SP[VZ.4)/ Ç 96..,5>,. Ç + (/9,5:)<9..,94(5@ Ç >>>SP[VZ*64 Ç 05-6'SP[VZ*64 | 26 ATOSnews Prävention als interdisziplinäre Leistung Programmierte Untersuchung mit Integration spezialisierter Abteilungen Von Gregor Blome Key words: Praxis für Präventivmedizin, Interdisziplinäre Zusammenarbeit, Zentrum für Allgemeinmedizin und Diagnostik. Programmierte Diagnostik, evidenzbasierte allgemeinmedizinische Diagnostik Die ATOS-Klinik München nutzt intensiv die Möglichkeiten einer interdisziplinären Zusammenarbeit von evidenzbasierter allgemeinmedizinischer Diagnostik, hochspezialierter Orthopädie, Radiologie und Physiotherapie zum Vorteil ihrer Patienten. Prävention dient der Vorbeugung und Früherkennung von Erkrankungen. Eine Praxis, die den Titel Praxis für Präventivmedizin führt, sollte einen erheblichen Anteil der Praxiszeit nicht nur für die Beratung und Therapie, sondern tatsächlich für die Prävention zur Verfügung stellen. Dies funktioniert heute nicht mehr als Einzelleistung einer Praxis, sondern mit einem hohen Grad an Spezialisierung. In der Medizin ist es mittlerweile unerlässlich geworden, dass ein interdisziplinäres Zusammenspiel zwischen der Allgemeinmedizin, der Orthopädie, der Radiologie und der Physiotherapie funktioniert. In den vergangenen Jahrzehnten verlief der Trend zu immer mehr Spezialisierung. Für einen Patienten mit singulärer Erkrankung eines Organsystems ist dies optimal, einem Patienten mit Mehrfacherkrankungen verschiedener Organsysteme ist damit aber nur zum Teil geholfen. Die Kunst ist es, im Rahmen von hochspezialisierten Abteilungen zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit zu kommen, und dem Patienten damit alle Türen ➔ Abb. 1 und 2: Das Praxisteam 27 | ::Prävention Verfahrensbeschreibung Abb. 3: Die Besprechung der Befunde mit dem Patienten nimmt breiten Raum ein zu einer umfassenden und zielgerichteten Diagnostik und Therapie zu öffnen. Diese Integration ist das Ziel der Praxis für Allgemeinmedizin in der ATOS-Klinik München. Analyse der Voraussetzungen Eine wichtige Voraussetzung für eine reibungslose und gut strukturierte Zusammenarbeit ist ein hoher Grad an Organisation. Welche Voraussetzungen werden dafür benötigt? 1. Intensive Vorgespräche innerhalb der Fachabteilungen zur Organisation und zielführenden Umsetzung 2. Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank unter Einhaltung des Datenschutzgesetzes und der Schweigepflichtgebots, in der alle Details zur Anamnese, Untersuchungsergebnisse und Therapiekonzepte niedergelegt sind. Diese Datenbank erlaubt einen Zugriff aller beteiligten Praxen und Institute auf die Daten. Damit werden unnötige Doppeluntersuchungen vermieden, und es gehen keine Patienteninformationen verloren. 3. Eine webbasierte und gut strukturierte Termin- und Zeitplanung ist notwendig. Jeder Leistungserbringer eines Diagnostikprogramms gibt an, wie viel Zeit er voraussichtlich für die einzelnen diagnostischen Leistungen benötigt. Diese Zeitfenster werden in einem webbasierten Ressourcenmanagementsystem zusammengefasst, so dass auf Anfrage gekoppelte Termine vergeben werden können. Auf diese Weise vermindern sich die Wartezeiten für den Pati- | 28 enten und den Untersucher, und ein zügiger reibungsloser Ablauf ist gewährleistet. 4. Bereitstellung der benötigten diagnostischen Infrastruktur möglichst unter einem Dach. Bei gezielten Fragestellungen kommt es selbstverständlich gelegentlich vor, dass selten benötigte Untersuchungsmethoden (PET-Scan etc) auch von dritten Anbietern außerhalb des Zentrums in Anspruch genommen werden. 5. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist eine gut funktionierende EDV-technische Betreuung. Nur wenn alle Datenbanken und Dokumentationssysteme und Zeitmanagementsysteme optimal harmonieren und jeweils auf dem neuesten Stand gebracht werden, ist ein reibungsloses Zusammenspiel gewährleistet. Ein komplexes System benötigt immer wieder Anpassungen und Korrekturen, gelegentlich ist auch ein schnelles Eingreifen bei plötzlich auftretenden Problemen erforderlich. Wir freuen uns, dass diese Aufgabe in der ATOS Klinik München von der Firma Mixray so kompetent und zügig umgesetzt wird. Genau diese Voraussetzungen wurden in den letzten 3 Jahren in der ATOS-Klinik München geschaffen und wir erleben derzeit ein Aufleben der programmierten Diagnostik. Der schwierige Weg zum Teamdenken in der Prävention Die funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein tiefer Wunsch der Patienten Es erfolgt immer eine ausführliche körperliche Untersuchung (Ganzkörperstatus). Blut-untersuchungen, Urin untersuchungen und gegebenenfalls weitere Tests. In der Praxis für Allgemeinmedizin und Diagnostik der ATOS-Klinik München stehen die folgenden diagnostischen Möglichkeiten zur Verfügung: Leistungsspektrum unserer Praxis neben der Konsiliartätigkeit -- Präventive Gesundheitschecks (z.B. Krebsvorsorgeuntersuchungen) -- Sportliche Leistungsdiagnostik -- Venendoppler II Arteriendoppler II Carotisdoppler (z.B. als Venenkontrolle vor Reisen bei Thrombosegefahr) -- Ultraschall- und Gefäßdiagnostik zum Ausschluss von Organ- und Gefäßanomalien -- EKG und Lungenfunktionsuntersuchung -- Belastungs-EKG II Langzeit-EKG II Langzeit-Blutdruck -- Labordiagnostik -- Röntgendiagnostik Was beinhaltet eine Check-upUntersuchung? Der Einsatz der Untersuchungsmethoden hängt ganz vom persönlichen Risikoprofil ab. Im anschließenden Gespräch werden mögliche Auswirkungen in Hinblick auf die weitere Lebensgestaltung erörtert und das individuelle Risikoprofil wird besprochen. Bei Vorliegen oder Verdacht einer Krankheit wird dafür gesorgt, dass eine weitergehende gezielte Diagnostik erfolgt und gegebenenfalls medizinisch erforderliche Maßnahmen eingeleitet werden. Alle Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchung werden natürlich auch in schriftlicher Form übermittelt, so dass der Patient für die Zukunft stets im Bilde über vergangene Untersuchungen ist. ATOSnews mit komplexen Erkrankungen, und wird immer mehr nachgefragt. Viele Kliniken haben große Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer programmierten interdisziplinären Diagnostik, weil die Voraussetzungen nicht stimmen: Oft mangelt es an der Kommunikation zwischen den Fachabteilungen, - oft findet die Dokumentation nicht auf einer gemeinsamen Basis statt, - oft hat jede Abteilung ein eigenes Zeitmanagementsystem, was für eine gute Terminplanung ein großer Nachteil ist. Oft werden für ein solches Projekt zu wenig zeitliche und personelle Ressourcen bereitgestellt. In solchen Fällen kommt es nicht zu einer zielführenden Zusammenarbeit, obwohl jede Abteilung für sich hervorragende Arbeit leistet. Hier zeigt sich, dass interdisziplinäre programmierte Diagnostik nicht von selbst funktioniert, sondern dass dafür eine Vielzahl an Vorgesprächen geführt werden muss, dass ausreichend Zeit und auch zusätzliches Personal dafür zur Verfügung gestellt werden muss. Die Praxis Dr. Blome hat speziell für die Umsetzung dieser Aufgaben eine neue Halbtagsstelle geschaffen und kompetent mit der Leiterin der Medizinconsultingfirma medConsiliarius, Fr. Diana Bernardi, besetzt. Ergebnisse Mit Hilfe der programmierten Diagnostik konnten im Zeitraum der letzten 18 Monate die folgenden Pathologien neu diagnostiziert werden und einer fachärztlichen Therapie zugeführt werden. -- 55 neu entdeckte Schilddrüsenknoten, davon 2 autonome Adenome und 1 Schilddrüsenkarzinom -- 3 neu entdeckte Hirntumoren, davon 1 anaplastisches Oligodendrogliom und 1 Glioblastom und 1 Prolaktinom -- 3 neu entdeckte mediastinale Neoplasien, davon 1 mäßig differenziertes Bronchialkarzinom -- 1 Ovarialteratom -- 12 Kolonpolypen, darunter villöse Adenome, tubuläre Adenome und 1 Kolonkarzinom in situ -- 87 neu eingestellte Fälle von arterieller Hypertonie Abb. 4: Für die HerzKreislauf- Diagnostik ist das Fahr radergometer unverzichtbar -- 34 neu eingestellte Fälle von Diabetes mellitus. -- 29 neu diagnostizierte Fälle von potentiell bedrohlichen Herzrhythmusstörungen, darunter 7 WPW-Syndrome, 11 Fälle von absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern -- 12 neu diagnostizierte Fälle von SchlafApnoe-Syndrom -- 64 neu diagnostizierte Hepatopathien, darunter 11 Fälle einer bislang unbemerkten Virushepatitis -- 95 neu diagnostizierte Fälle einer Fettstoffwechselstörung -- 30 neu diagnostizierte Fälle von tiefen Beinvenenthrombosen -- 6 neu diagnostizierte Fälle einer stattgehabten Lungenembolie -- 4 neu diagnostizierte Fälle eines dialysepflichtigen Nierenversagens, -- 18 neu diagnostizierte Fälle einer schweren Anämie. Ergänzendes Das gemeinsame Dokumentationssystem in der ATOS Klinik München verfügt jetzt auch über die Möglichkeit der Comfort-Statistik. Damit ist es mit geringem Aufwand möglich, Statistiken und Fallzahlen in Excel-Tabellen zusammenzufassen. Das hört sich relativ einfach an, bringt aber erhebliche Vorteile um die praxiseigenen Fallzahlen analysieren zu können. Dies ist auch im Hinblick auf ein Benchmark der Praxis von großem Nutzen. Fazit Eine Klinik, die hochspezialisierte Leistungen in der Diagnostik und Therapie erbringt, muss sich heute auch daran messen lassen, wie gut es gelingt, Nebenerkrankungen und Erkrankungen aus dem Bereich anderer medizinischer Fachgebiete in einer interdisziplinären programmierten Diagnostik und Therapie zu managen. Kliniken und Praxen, die dies erkannt haben und umgesetzt haben, liegen im Trend der Zeit, und werden von zufriedenen Patienten mit zahlreichen Anfragen belohnt. In der ATOS Klinik München werden genau diese Ziele umgesetzt, und es hat gar nicht lange gedauert, dass bereits heute schon Patientenanfragen nicht nur aus dem Großraum München, sondern auch schon aus dem Ausland - vor allem aus den GUS-Staaten und den arabischsprachigen Regionen – kommen, die die Qualität einer derartigen Diagnostik zu schätzen wissen. Die Praxen der ATOS-Klinik München haben diesen Weg bewusst gewählt. Die steigenden Fallzahlen und die steigende Nachfrage nach programmierten Check-Up Untersuchungen zeigen, dass der eingeschlagene Weg in die richtige Richtung führt. Dr. med. Gregor Blome Allgemeinmedizin und Diagnostik ATOS-Klinik München [email protected] 29 | ::Prävention N O T E S & N E W S :: Neuer Leitender Arzt für Hüftchirurgie und Knieendoprothetik an der ATOS Klinik München: PD Dr. Hans Gollwitzer PD Dr. Gollwitzer ist Spezialist für den Hüft- und Kniegelenksersatz, den Endoprothesenwechsel an Hüfte und Knie sowie für das gesamte Spektrum der modernen gelenkerhaltenden Hüftchirurgie. Schwerpunkte seiner operativen Tätigkeit sind die Hüftgelenksarthroskopie, die minimal-invasive und muskelschonende Hüftendoprothetik sowie der individualisierte Teilund Komplettersatz des Kniegelenkes. Ferner besitzt PD Dr. Gollwitzer durch seine langjährige Tätigkeit an der Universitätsklinik eine große Erfahrung in der komplexen Endoprothetik bei Dysplasie und Fehlstellungen, in der Deformitätenkorrektur an Oberschenkel und Becken sowie in der Behandlung von Endoprothesenlockerungen. PD Dr. Gollwitzer vereint profunde Kenntnisse der gesamten Gelenkerhaltenden Hüftchirurgie und des Gelenkersatzes, wodurch er seinen Patienten individuell die jeweils beste passende Therapie anbieten kann. Nach seinem Medizinstudium an der Technischen Universität München startete PD Dr. Gollwitzer im Jahr 2000 am Klinikum rechts der Isar der TU München seine Facharzt ausbildung in der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie; 2004–2007 schloss er sie an der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau ab, ergänzt durch ein Research Fellowship am Hospital for Special Surgery, New York, USA. 2007–2009 war PD Dr. Gollwitzer als Oberarzt an der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie am Klinikum rechts der Isar der TU München tätig. In diese Zeit fielen auch seine Habilitation und die Ernennung zum Privatdozenten der Technischen Universität München. Seit 2008 ist PD Dr. Gollwitzer Sektionsleiter für Endoprothetik und rekonstruktive Hüft- und Kniechirurgie und seit 2009 zudem Geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie der TU München. 2012 übernahm er zusätzlich die Funktion des Leitenden Arztes für Hüftchirurgie und Knieendoprothetik an der ATOS Klinik München. PD Dr. Gollwitzer ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, er führt die Zusatzbezeichnungen „Sportmedizin” und | 30 PD Dr. Hans Gollwitzer „Chirotherapie” und die amerikanische wissenschaftliche Qualifikation „Certified Clinical Research Professional”. Mit über 100 Veröffentlichungen und knapp 200 Vorträgen ist PD Dr. Hans Gollwitzer national und international als exzellenter Kliniker und Wissenschaftler anerkannt. Er ist Mitglied des Educational Committee der European Hip Society, der Arbeitsgemeinschaft Lehre der der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), sowie aktives Mitglied weiterer Fachgesellschaften wie der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS), der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (AE), und der International Society for Hip Arthroscopy (ISHA) . In seiner Freizeit spielt PD Dr. Gollwitzer begeistert Tennis, fährt Ski und verbringt gerne Zeit mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter. [email protected] www.drgollwitzer.de ATOSnews Die Prävention von Gefäßerkrankungen Von Frank Heckmann Trotz der beeindruckenden Fortschritte der Kardiologie und Angiologie sind Gefäßerkrankungen nach wie vor die Todesursache Nummer 1. Daran lässt sich nur durch eine frühe und konsequente Prävention etwas ändern – dies ist aber schwierig, da sie meist eine Änderung des Lebensstils erfordert, ohne dass der Betroffene den dazu notwendigen Leidensdruck verspürt. Ausgangslage In den letzten 50 Jahren haben Kardiologie und Angiologie beeindruckende Fortschritte gemacht: Wir können Herzrhythmusstörungen mit ausgeklügelten Schrittmachersystemen und Defibrillatoren behandelt. Wir können verschlossene und verengte Gefäße an Herz, Gehirn und an den Nieren und in fast allen anderen Körperregionen erweitern bzw. wiedereröffnen. Wir können mittels neuer Labormethoden einen Herzinfarkt früher erkennen und dennoch: Trotz aller medizinisch-technischer Fortschritte der letzten 50 Jahre hat sich die Lebenserwartung in Deutschland nur gering verbessert. Es sterben drei von vier Menschen in Industrieländern an einer Erkrankung der Gefäße. Jährlich müssen in Deutschland ca. 55.000 Beinamputationen durchgeführt werden(1). Immer mehr Menschen sind von der Wirkung ihrer Medikamente abhängiger als jemals zuvor. Dies stellt nicht nur ein volkswirtschaftliches Problem dar, sondern beeinflusst die Lebensqualität der Betroffenen. Deshalb rückt die Notwendigkeit einer Prävention von Gefäßerkrankungen immer mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit, frei nach dem Motto: ‚Der gute Arzt heilt die Krankheit, der bessere Arzt verhindert sie.‘ zin wird der Patient behandelt. Die Verhaltensempfehlungen des Präventivmediziners werden oft als unangenehme Maßregelung empfunden und innerlich abgelehnt. Deshalb ist es eine Hauptaufgabe der Präventivmedizin, den Menschen Lust auf eine gesunde Lebensführung zu machen. Das Dilemma: Der Gesunde hat viele Wünsche, der Kranke nur einen. Was ist gesichert? Die Präventivmedizin hat gegenüber der kurativen Medizin einen gravierenden Nachteil in der Wahrnehmung der Menschen. Ein Kranker ist von seinem Zustand emotional betroffen, ein Gesunder kann nur rational mit dem Risiko einer Krankheit umgehen. Die Präventivmedizin spricht die Ratio an und kann nur Daten zur Wahrscheinlichkeit des Eintreffen eines Ereignisses liefern, während der bereits Erkrankte seine Therapie als Zuwendung, Linderung und Heilung erlebt. In der Präventivmedizin muss der Verbraucher selbst handeln, in der kurativen Medi- Bezüglich der Risiken: Seit langem sind die Hauptrisiken zur Entstehung von Gefäßerkrankungen, nämlich Diabetes mellitus, Lipid stoffwechselstörungen, Hypertonus, Zigarettenrauchen und Übergewicht bekannt. Hinzu kommt noch eine genetische Disposition, an der viel geforscht wurde und auch weiterhin wird, die der Einzelne für sich jedoch nicht ändern kann. Auch psychosoziale Faktoren spielen wohl eine Rolle bei der Entstehung von Gefäßerkrankungen. Immer wieder wird über den Schutz der Gefäße durch Einnahme gewisser Substanzen ➔ Abb. 1: Plaque in der CarotisBifurkation Abb. 2: Unauffällige Carotis Bifurkation 31 | ::Prävention berichtet (2). Der wohl größte Einfluss zum Schutz des Gefäßsystems wird durch Statine bewirkt; er ist am besten erforscht und dokumentiert. Zum Einsatz der Statine als Primärprävention für das Gefäßsystem gibt es aber nur eine schwache Datenlage. Studien sind dazu zwar initiiert, die Ergebnisse liegen aber noch nicht in ausreichender Zahl vor. Auch andere Substanzen wie Omega 3-Fettsäuren oder Q10 haben nachweislich eine hohe gefäßprotektive Wirkung. Hohe Dosen von Vitamin E erhöhen allerdings das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Bezüglich der Lebensweise: Studien zum Einfluss von Bewegung auf das Auftreten von Gefäßerkrankungen sind beeindruckend und zeigen, dass ein leichtes Lauftraining von 2,5 Stunden pro Woche die Lebenserwartung um 6 Jahre steigert (3). Auch bezüglich der Ernährung gibt es mittlerweile klare Forschungsergebnisse. Am besten für die Gefäße – und damit für ein hohes Lebensalter in geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit – ist die mediterrane Kost, die eben nicht aus Pizza und Pasta besteht, sondern mit der Aufnahme von viel Hülsenfrüchten, Gemüse und Vollkorn sowie Olivenöl und andere Ölen mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren (z. B. Fischöl ) einhergeht, und somit eine hohe antioxidative Wirkung hat. Ein maßvoller Verzehr von Fleisch scheint einer rein vegetarischen Diät nicht unterlegen zu sein, aber eine auf Fleisch, Wurst, Käse, Milch und Eiern basierende Diät ist gegenüber einer vegetarischen Kost deutlich unterlegen, was den Schutz der Gefäße betrifft. Insbesondere Weißmehl, geschälter Reis, raffinierter Zucker, künstliche Zuckerersatzmittel und gehärtete Fette wirken sich schlecht auf die Gefäße aus (4). Bezüglich Diagnostik: Neben Labormethoden zur Bestimmung des Gefäßrisikos, die zusammen mit der Erfassung der Lebensgewohnheiten in verschiedenen Risikoscores (5), deren bekanntester, aber auch ungenauester und ältester der PROCAM-Score ist, kann man heute mit modernen hochauflösenden Ultraschallsystemen einen aktuellen Einblick in das Gefäßsystem bekommen (Abb. 1 und 2). Dabei stellen sich nicht nur | 32 Spätschäden wie Plaques dar, sondern auch Verdickungen der Intima-Media-Schicht der Gefäße, die als Frühveränderungen durch entsprechende Therapie reversibel sind und somit auch eine Möglichkeit zur Erfolgskontrolle bieten (6). Eine weitere Stärke der Ultraschalluntersuchungen des Herzens und der Gefäße ist die Möglichkeit, durch Simulation von Stress die Reaktion des Körpers sozusagen live anzuschauen und zu beurteilen. Zu diesen Methoden zählen die Stress-Echokardiographie und die Untersuchung der Flow- Mediated- Dilatation der Gefäße. Auch die Kernspintomographie kann uns wertvolle Aussagen über die Durchblutungssituation des Herzens geben, so dass Herzkatheteruntersuchungen in vielen Fällen überflüssig werden bzw. die Indikation dazu gezielter gestellt werden kann. Durch die Spiroergometrie kann man die individuelle Leistungsfähigkeit feststellen und gezielte Vorgaben zum Ausdauertraining geben, um Menschen davor zu schützen, durch zu ehrgeiziges Training ihrem Körper Schaden zuzufügen. Dadurch ist es heute sehr wohl möglich, ein individuelles Risikoprofil zu erstellen, das dem Untersuchten helfen soll, sich bewusster seine Gesundheit zu erhalten und mit Freude daran zu arbeiten. Einige Untersuchungsprogramme sind standardisiert worden, um Erfolge einer Veränderung besser erfassen zu können. So hat die Europäische Gesellschaft für Präventivmedizin beispielsweise ein Preventiv Disease Management Program (PDMP) analog zu den Disease-Management-Programmen, die zur standardisierten Behandlung der großen Volkskrankheiten (wie Diabetes mellitus und koronare Herzerkrankung) dienen, aufgelegt, welches Nutzen-Kosten-orientiert ein Optimum an sinnvoller individueller Gesundheitsvorsorgeuntersuchung anbietet. Fazit Präventivmedizin ist die effektivste Art für die Gesundheit der Menschen zu sorgen, da sie Krankheiten vorbeugen kann und nicht hinterhertherapieren muss. Es ist heute ziemlich genau bekannt, was man tun kann und muss, um seine Gefäße vor Alterung und Krankheit zu schützen. Durch moderne Untersuchungsmethoden kann ein individuelles Risikoprofil erstellt werden, an dem der einzelne arbeiten kann, um sich gesund zu erhalten. Es fehlt dabei aber dem Gesunden der Leidensdruck, der den Kranken dazu bewegt alles zu tun, um wieder gesund zu werden. Der Wunsch zur Prävention muss daher in besonderm Maße auch über die Emotionen geweckt werden. Dr. Frank Heckmann Innere Medizin, Angiologie, Phlebologie Gefäßzentrum ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.gefaess-praxis.de Literatur 1.Heller G et Günster C, Über die Häufigkeit von Amputationen unterer Extremitäten in Deutschland. DMW 2005, 130(28/29):1689-1690. 2.Berry JD, et al. Lifetime risks of cardiovascular disease. N Engl J Med 2012; 366:321. 3.Schnohr P, et al. Long-term physical activity in leisure time and mortality from coronary heart desease, stroke, respiratory deseasees and cancer. The Copenhagen City Heart Study. Eur.J.Cardiovasc; 173-179: 2006, Apr.13 4.Mozzaffarian D, et al. Components of a Cardioprotective Diet: New Insights. Circulation 2011; 123:2870-2891 5.Versteylen MO, Joosen IA, Shaw LJ, et. al.Comparison of Framingham, PROCAM, SCORE, and Diamond Forrester to predict coronary atherosclerosis and cardiovascular events. J Nucl Cardiol. 2011 Oct;18(5):904-11. 5.de Groot E, et al. Measurement of arterial wall thickness as a surrogate marker for atherosclerosis. Circulation 2004; 109:III33. BANDAGEN Unser Erfolgsrezept für die funktionelle Therapie: Schmerzlinderung – verbesserte Propriozeption – langfristige Stabilität Besuchen Sie uns zum DKOU vom 23. bis 26. Oktober in der Messe Berlin, Halle 17/ Stand 24. OmoTrain® NEU bei Schulterbeschwerden ManuTrain® bei Schmerzen im Handgelenk Bewegung erleben: www.bauerfeind.com GenuTrain® P3 NEU bei vorderem Knieschmerz LumboTrain® bei lumbalen Rückenschmerzen ::Prävention Adipositas im Kindes- und Jugendalter Häufigkeit – Ursachen – Prävention Von Sabine Knauer-Fischer Key words: Adipositas – Folgeerkrankungen – Ernährungsgewohnheiten – Bewegungsmangel Übergewicht und Adipositas stellen ein weltweites gesundheitliches Problem dar. Die Adipositas wird heute nicht mehr nur als individuelle Extremvariante der Gewichtsentwicklung, sondern als chronische Krankheit bezeichnet. Die WHO schätzt die Adipositas sogar als das größte chronische Gesundheitsproblem ein. Der Prävention von Übergewicht und Adipositas schon im Kindes- und Jugendalter kommt daher erhebliche Bedeutung zu. In den USA stellen die Adipositas und ihre Folgeerkrankungen bereits die zweithäufigste Todesursache im Erwachsenenalter dar, übertroffen nur durch das Rauchen. Adipöse Kinder und Jugendliche haben zusätzlich ein im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern und Jugendlichen deutlich erhöhtes Risiko einer Adipositas im Erwachsenenalter mit der damit verbundenen erhöhten Morbidität und Mortalität. Aber auch schon im Kindes- und Jugendalter kann eine Adipositas zu erheblichen Be- gleit- und Folgeerkrankungen sowie psychosozialen Beeinträchtigungen führen. Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen Definition der Adipositas im Kindes- und Jugendalter Im Rahmen einer von Mai 2003–Mai 2006 vom Robert-Koch-Institut durchgeführten Studie (KiGGS: Kinder- und Jugendgesundheitssurvey), an der 17.641 Kinder aus repräsentativen Städten und Gemeinden Deutschlands teilnahmen, wurden unter anderem BMI-Bestimmungen durchgeführt. 15 % der Kinder und Jugendlichen von 3–17 Jahren waren übergewichtig, 6,3 % adipös. Dies entspricht, hochgerechnet auf Deutschland, einer Zahl von 1,9 Millionen übergewichtigen und 800.000 adipösen Kindern. Der Prozentsatz übergewichtiger bzw. adipöser Kinder und Jugendlicher nahm hierbei mit zunehmendem Lebensalter zu [2]. Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und Kinder mit Migrationshintergrund sowie Kinder, deren Mütter ebenfalls unter Übergewicht und Adipositas litten, hatten ein höheres Risiko für Adipositas und Übergewicht. Im Vergleich zu den Referenzdaten aus den Jahren 1985–1999 war die Häufigkeit der adipösen und übergewichtigen Kinder und Jugendlichen um 50 % gestiegen [2], [4]. Zwar zeichnet sich in den letzten Jahren eine Tendenz zu einem leichten Rückgang Eine Adipositas wird definiert als pathologisch erhöhter Körperfettanteil an der Gesamtkörpermasse. Als Maß für die Gesamtkörperfettmasse dient der BMI (body mass index), der sich aus Körpergröße und Körpergewicht nach folgender Formel berechnet: BMI[kg/m2] = Körpergewicht/Körpergröße2. © Luis Santos/Fotolia Im Kindes- und Jugendalter unterliegt die prozentuale Körperfettmasse im Rahmen von Wachstum und Pubertät deutlichen alters- und geschlechtsspezifischen Schwankungen, so dass hier kein Absolutwert als Normwert dienen kann. Als Bezugsgrößen dienen die BMI-Referenzwerte von Kromeyer-Hauschild, die von der Arbeits gemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) empfohlen werden. Ein Übergewicht liegt hiernach bei einem BMI oberhalb der 90. Perzentile, eine Adipositas bei einem BMI oberhalb der 97. Per zentile vor. (Leitlinien, verabschiedet auf der Konsensus-Konferenz der AGA am 08.10.2011) [3]. | 34 ATOSnews der Prävalenz von Adipositas und Übergewicht im Kindes- und Jugendalter ab (Schul eingangsdaten 2008, BZgA). Dennoch liegt diese in Deutschland weiterhin auf hohem Niveau (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Ursachen und Risikofaktoren für Adipositas Verschiedene Risikofaktoren werden für die Entwicklung von Adipositas und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen diskutiert. Hierzu zählen neben elterlichem Übergewicht und hohem Geburtsgewicht (genetische Prädisposition) auch wenig Schlaf, wenig körperliche Aktivität, lange Zeiten vor Computer oder Fernseher, Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft, zu kalorienreiche Ernährung und psychische Faktoren, z. B. durch Verlusterlebnisse oder andauernde Belastungssituationen (s. Abb. 1 und 2). Neben den Erbanlagen, die unser Gewicht beeinflussen, liegen die Hauptursachen für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in deren heutigen Lebensbedingungen (Lebensmittelangebot, Werbung, Fernsehen, Computer, eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten). Daneben kann eine Adipositas auch Symptom im Rahmen verschiedener Erkrankungen und genetischer Syndrome sein (z. B. M. Cushing, ausgeprägte Hypothyreose, Kraniopharyngeom, hypothalamisches Syndrom u.a.). Nicht zuletzt kann auch eine medikamentöse Langzeittherapie, z. B. mit Corticoiden, Neuroleptika u.a. zur Entwicklung einer Adipositas führen. Folge- und Nebenerkrankungen der Adipositas Im Rahmen einer Adipositas können bereits im Kindes- und Jugendalter Folge- und Nebenerkrankungen beobachtet werden. Diese reichen von Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenz mit dem Risiko einer frühzeitigen Entwicklung von Arteriosklerose und Diabetes mellitus Typ 2 über Bluthochdruck und Störungen des Hormonhaushaltes bis hin zu Gelenk- und Rückenproblemen sowie Atemnot und Schlafapnoe. Hinzu kommen erhebliche psychische Probleme durch Behinderung an sportlichen oder altersgemäßen Aktivitäten und Ausschluss aus der Gruppe. Die Kosten für die Behandlung der Adipositas bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen betrugen im Jahr 2003 in Deutschland 86,71 Mio Euro, die Behandlungskosten für assoziierte Komorbiditäten lagen bei 11,3 Mrd. Euro [1]. Prävention von Übergewicht und Adipositas Angesichts der o.g. Fakten bezüglich der gesundheitlichen und sozio-ökonomischen Risken von Übergewicht und Adipositas kommt deren Prävention eine zentrale Bedeutung zu. Entsprechend der Risikofaktoren für die Entwicklung einer Adipositas im Kindes- und Jugendalter muss deren Präventi- Für weitere Informationen: Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter AGA: www.a-g-a.de Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund FKE: www.fke-do.de Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte BVKJ: www.bvkj.de Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BzgA www.bzga.de Literatur für interessierte Familien Fettfalle Supermarkt: Finden Sie die fettarmen Alternativen Thomas Ellrott und Birgit Ellrott. Umschau Buchverlag ISBN (987)3865281234 Fettfalle Fastfood Thomas Ellrott und Birgit Ellrott. Umschau Buchverlag ISBN (987)3829571210 Mein Kind hat Übergewicht Hilde Kolbe, Helmuth Weyrether; DroemerKnaur ISBN (978)3426667392 Abb. 1: Risikofaktoren/Ursachen für Übergewicht im Kindes- und Jugendalter Tut Kindern gut! Ernährung, Bewegung und Entspannung Zu beziehen über BzgA Bestell-Nr.: 35700500 35 | ::Prävention on an mehreren Stellen angreifen. Ziel dieser Maßnahmen ist es zu verhindern, dass Normalgewichtige übergewichtig bzw. Übergewichtige adipös werden. Eine solche Prävention erfordert eine Gesundheitsförderung durch Aufklärung von Familien mit Kindern unter Einbeziehung von Kindergärten und Schulen, Ärzten, Sozialarbeitern, Krankenkassen, Medien und Politik. Die wichtigsten Säulen der Adipositasprävention sind -- Aufklärung von Eltern und Kindern -- Bewegungsförderung -- ausgewogene Ernährung -- Einschränkung des Fernseh- und Computerkonsums Eine aktive individuelle Prävention der Adipositas im Kindes- und Jugendalter durch Eltern und Kinder selbst setzt eine flächendeckende Aufklärung über Risikofaktoren für die Adipositasentwicklung sowie über Strategien zu deren Vermeidung und die Schaffung entsprechender Möglichkeiten (z. B. Verbesserung der Einrichtungen zur körperlichen Aktivität in Städten und Schulen, gesundheitsfördernde Schule, Gesundheitsorientierung in der Politik, Gesundheitserziehung in Kindergärten, Schulen und durch Massenmedien) voraus. Hierbei handelt es sich um eine gesundheitspolitische Aufgabe. Interessierte Eltern und Jugendliche finden zahlreiche Informationen und Tipps zum Thema Adipositasprävention und gesunde Ernährung z. B. im Internet auf den Seiten der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter, des Forschungsinstitutes für Kinderernährung in Dortmund oder des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Weiterhin existieren zahlreiche Ratgeber zu diesem Thema (s. Infokasten). Empfehlungen für Familien mit Kindern Die Hauptrisikofaktoren der Entwicklung von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter sind mangelnde Bewegung, falsche Essensgewohnheiten und falsche Ernährung sowie übermäßiger Medienkonsum. | 36 1. Bewegung: Jede Form von körperlicher Bewegung hilft bei der Gewichtsstabilisierung: -- Freizeitaktivitäten der gesamten Familie in Form von Sport und Bewegung -- Steigern der Bewegung im Alltag (z. B. Treppen statt Lift, Fahrrad statt Bus) -- Mitgliedschaft in einem Sportverein. 2. Medienkonsum/Werbung: Übermäßiges Fernsehen/Computerspielen verhindert Bewegung und soziale Kontakte: -- kein Fernseher im Kinderzimmer -- Fernseh- und Computerzeiten konsequent beschränken (altersabhängig; z. B. 1 Stunde/Tag) -- Alternativen zu Fernsehprogramm anbieten (z. B. Gesellschaftsspiele, Vorlesen) -- Werbung bringt Wünsche hervor, die zum Kauf anregen sollen -- Kinder sollen lernen, eigene Bedürfnisse zu erkennen und „nein“ zu sagen -- kritische Beurteilung der Inhaltsstoffe, insbesondere bei Kinderprodukten. 3. Ernährung: -- Auswahl ausgewogener und abwechslungsreicher Lebensmittel (optimierte Mischkost): -- reichlich pflanzliche, mäßig tierische Lebensmittel, wenig Speisefette -- Regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten in der Familie -- Ablenkung beim Essen vermeiden, kein Essen vor dem Fernseher -- Als Getränke Mineralwasser oder Saftschorle (2/3 Wasser, 1/3 Fruchtsaft) -- Vermeiden von zuckerhaltiger Limonade oder Eistee -- möglichst wenig Fertigprodukte, lieber selbst zubereitete Speisen -- Obst und Gemüse statt Süßigkeiten als Zwischenmahlzeit -- keine Nahrungsmittel oder Süßigkeiten als Belohnung -- Gelegentliches Naschen und Snacken mit Genuss ist erlaubt -- keine Vorräte an Süßigkeiten und Chips anlegen, keine Großpackungen kaufen -- Fastfood-Restaurant nicht öfter als 1x/Woche Fazit Die Prävention von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter setzt eine Mitarbeit der gesamten Familie und nicht selten eine langfristige Änderung eingefahrener Verhaltensweisen voraus. Dies wiederum kann nur funktionieren, wenn ein Bewusstsein für das Problem durch Aufklärung (z. B. durch Kindergärten, Schulen, öffentliches Gesundheitswesen und betreuende Ärzte) geschaffen und Möglichkeiten der Bewegung für Kinder und Jugendliche gefördert werden. Dr. Sabine Knauer-Fischer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin Kinder-Endokrinologie und -Diabetologie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.endo-kids.de Literatur 1.Knoll, Hauner (2008) Kosten der Adipositas in der Bundesrepublik Deutschland – Eine aktuelle Krankheitskostenstudie. Adipositas 4: 204-210 2.Kurth B-M; Schaffrath Rosario A (2007) Die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 50: 736 – 743 3.Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Verabschiedet auf der Konsensus-Konferenz das AGA am 08.10.2011 4.Moss A et al. (2012) Declining prevalence rates for overweight and obesitiy in German children starting school. Eur J Pediatr 171: 289-299. ATOSnews Prävention arthrotischer Erkrankungen durch Übungsprogramme Teil 1: Schulter Von Tobias Baierle Häufig klagen Patienten beim Orthopäden über Schmerzen im Schulterbereich. Diese sind meist auf akute oder chronische Entzündungen der Sehnenansätze zurückzuführen. Ursache für die vermehrt auftretenden Beschwerden sind zu wenig Bewegung und falsche Belastung des Bewegungsapparates durch überwiegend sitzende Tätigkeiten. Die schlecht trainierte und oft verkürzte Muskulatur wird dann bereits durch geringe Überlastungen, z. B. Golfschlag in den Rasen oder lange Computerarbeit überfordert und fängt an zu schmerzen. Durch ein gezieltes Übungsprogramm lassen sich diese Beschwerden vermeiden. Die wichtigste Aufgabe der Schultermuskulatur ist es, das Schultergelenk trotz des großen Bewegungsausmaßes in alle Richtungen zu stabilisieren und gleichzeitig die Mobilität zu gewährleisten. Diese enorme Herausforderung übernehmen die Muskeln der Rotatorenmanschette, denen deshalb eine große Bedeutung in jedem Übungsprogramm beigemessen werden muss. Ziel des Übungsprogramms Das vorrangige Ziel des Übungsprogramms ist nicht die maximale Beweglichkeit der Schulter, sondern die Kraft- und Koordinationsverbesserung der Schulter- und Schulterblattmuskulatur, um eine optimale Zentrierung des Oberarmkopfes in der Pfanne zu erreichen. Meistens sind die Aussenrotatoren der Schulter schlecht trainiert, diese sollten daher anfangs mit hohen Wiederholungszahlen und niedrigem Gewicht gekräftigt werden. Auch zeigt die schulterblattstabilisierende Muskulatur oft funktionelle Störungen und Dysbalancen, was meistens durch ein bei Bewegung und manchmal auch in Ruhe abstehendes Schulterblatt deutlich wird. Das dynamische Zusammenspiel des Schulterblattes und des Schultergelenks bei Bewegung ist die Voraussetzung für die Ba- lance zwischen Stabilität und Beweglichkeit der Schulter. Ist dieses Zusammenspiel gestört, resultieren hieraus häufig eine erhöhte Anfälligkeit für Überlastungen und Verletzungen wie das Schulter-Engpasssyndrom (Impingement-Syndrom). Auch die Körperhaltung hat Einfluß auf die Funktion des Schultergelenks. Ein zu stark nach vorne geschobener Kopf muss korrigiert und verkürzte Schulter-NackenMuskulatur muss gedehnt werden, da beides zu Schmerzen führen kann. Nach vorne gekippte Schulterblätter und eine gekrümmte Brustwirbelsäule begünstigen beispielsweise Überlastungsschäden wie Entzündungen der Rotatorenmanschette, sowie Verspannungen im Schulter-Nacken–Bereich und führen zu einer Einschränkung der aktiven Beweglichkeit der Schulter. Was ist zu beachten? Wichtig ist, dass vor dem Beginn des Übungsprogramm bereits bestehende Schulterbeschwerden zuerst durch einen Arzt untersucht werden und abgeklärt wird, ob es für Sie geeignet ist. Sie benötigen als Trainingsgerät ein Theraband (meist reicht ein rotes Theraband, zum Steigern der Intensität können Sie später ein grünes verwen- den). Die Übungen sollten, speziell bei schon bestehenden Beschwerden, immer langsam und schmerzfrei ausgeführt werden. Die Intensität sollte so gewählt werden, dass Sie 3x12 Wiederholungen mit je 30 Sekunden Pause gut schaffen. Am Anfang können Sie auch mit 3x8 Wiederholungen beginnen und sich dann langsam steigern. Die Dehnungen sollten 3 x 30 – 45 Sekunden gehalten werden, hierbei sollten Sie ein leichtes Ziehen spüren, aber keinen Schmerz. Wenn Sie die Übungen 3 – 4 Mal pro Woche durchführen, werden Sie schnell die ersten Erfolge spüren. TIPP: Schreiben Sie sich auf, wo und wann Sie Ihre Übungen machen wollen. Haben Sie sich das erst mal notiert, fällt es Ihnen deutlich leichter, die Übungen regelmäßig durch zu führen. Zusätzlich sollten Sie sich in einem Kalender notieren, an welchen Tagen Sie die Übungen gemacht haben, damit Sie stolz zurückblicken können – das erhöht enorm die Motivation, weiter zu machen. Tobias Baierle Physiotherapeut Reha in der ATOS Praxisklinik [email protected] 37 | ::Prävention Schulter – ein vorbeugendes Übungsprogramm (zum Heraustrennen) Die Übungen 1. Training der hinteren Schultermuskulatur Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 1.1: In Schrittstellung Theraband auf Bauchhöhe bei gestreckten Armen halten; die Daumen zeigen nach vorne (Theraband oben in der Tür einklemmen oder über Haken hängen). Die Übungsausführung zeigt Abb. 1.2: Gegen den Widerstand des Therabandes die gestreckten Arme nach hinten ziehen, dabei die Daumen nach außen drehen und die Schulterblätter am Ende der Bewegung zusammen drücken. Abb. 1.1 Abb. 1.2 Beachten Sie dabei folgende Punkte: -- Spannung des Therabandes zwischen den Wiederholungen vollständig lösen -- Hohlkreuz vermeiden (Bauchnabel einziehen) -- aufrecht bleiben (Brustkorb aufrichten während der Übung) 2. Training der Aussenrotatoren Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 2.1: Im Stand seitlich zum Theraband, zwischen Oberkörper und Körper ein Handtuch klemmen und Ellenbogen 90° gebeugt halten. Die Übungsausführung zeigt Abb. 2.2: Gegen den Widerstand des Therabandes den Unterarm bis 60° langsam nach außen drehen. Danach langsam zurückgehen. Dabei bitte beachten: -- Spannung des Therabandes die ganze Zeit halten. -- Schulter nicht hochziehen und Schulterblatt am Brustkorb halten. Abb. 2.1 Abb. 2.2 3. Training der Innenrotatoren Die Übungsausführung zeigt Abb. 3.2: Gegen den Widerstand des Therabandes den Unterarm bis zum Bauch nach innen drehen. Danach langsam zurückgehen. Abb. 3.1 | 38 Abb. 3.2 Dabei bitte beachten: -- Spannung des Therabandes die ganze Zeit halten. -- Schulter nicht hochziehen und Schulterblatt am Brustkorb halten. © Fotos, alle Abbildungen: Tobias Baierle Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 3.1: Im Stand seitlich zum Theraband (doppelt nehmen), zwischen Oberkörper und Körper ein Handtuch klemmen und Ellenbogen 90° gebeugt. ATOSnews 4. V ierfüßler - Stützaktivität der Schulter und hintere Schultermuskulatur Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 4.1: Im Vierfüßlerstand (Stütz auf Hände und Knien), Wirbelsäule gerade halten – Blick zum Boden, Ellbogenspitzen zeigen nach hinten. Spannen Sie den Bauch an, indem Sie den Bauchnabel nach innen ziehen. Abb. 4.1 Die Übungsausführung zeigt Abb. 4.2: Strecken Sie langsam im Wechsel die Arme nach vorne (Daumen zeigt nach oben) und versuchen Sie, den Rumpf dabei stabil zu lassen. 3 x 8–12 Wiederholungen je Seite mit je 30 Sekunden Pause Bitte beachten Sie dabei: -- Vermeiden Sie ein Hohlkreuz -- Lassen Sie den Brustkorb dabei nicht nach unten sinken. Abb. 4.2 5. Dehnung der Brustmuskulatur Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 5.1: Aufrechter Stand in Schrittstellung, die Unterarme am Türrahmen auf Schulterhöhe. Die Übungsausführung zeigt Abb. 5.2: Verlagern Sie das Gewicht nach vorne. Sobald Sie ein Ziehen in der Brustmuskulatur spüren, ziehen Sie die Schulterblätter nach hinten, bis die Dehnung in der Brustmuskulatur stärker wird und halten Sie diese. Abb. 5.1 Abb. 5.2 Bitte beachten Sie: -- Vermeiden Sie ein Hohlkreuz -- Wenn Sie Schmerzen bei der Dehnung spüren, nehmen sie die Arme tiefer. 6. Dehnung Schulter – Nacken Die Ausgangsstellung sehen Sie in Abb. 6.1: Stellen Sie sich aufrecht hin, die Beine hüftbreit auseinander. Die Übungsausführung zeigt Abb. 6.2: Neigen Sie den Kopf nach schräg rechts unten (Blick auf die Achselhöhle), gleichzeitig schieben Sie die linke Schulter nach hinten-unten Richtung Fußboden. Sie spüren die Dehnung seitlich am Hals bis in die Schulter. Bitte beachten: -- Nicht noch zusätzlich am Kopf ziehen! Abb. 6.1 Abb. 6.2 39 | Anzeige Auf höchstem Niveau: Patienten-Service von Lufthansa Internationalen Patienten, Verletzten sowie gesundheitlich beeinträchtigten Personen stehen mit Lufthansa weltweit umfassende Services zur Verfügung. 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ATOSnews Therapie und Prävention von Verletzungen und Überlastungsschäden an Quadrizepsund Patellasehne Von Holger Schmitt Key words: Quadrizepssehnenruptur, Patellasehnenruptur; Überlastung, Degeneration, Prävention der Überlastung Zahlreiche Sportler suchen ihren Orthopäden wegen Schmerzen im Bereich des Streckapparates, d. h. der Quadrizeps- oder Patellasehne auf, die nur in relativ wenigen Fällen durch ein akutes Ereignis zu erklären sind. Über alle Sportarten hinweg klagen 8,5 % der Sportler, die wegen Beschwerden den Orthopäden aufsuchen, über Schmerzen in diesem Bereich (Zwerver 2011). Bevorzugt finden sich derartige Beschwerden in Ball- und Sprungsportarten (z. B. Volleyball und Basketball, Lian 2003; Cook 2000) und bei Kraftsportarten, insbesondere dem Gewichtheben. Die Beschwerden werden häufig als therapieresistent beschrieben; es gibt Hinweise dafür, dass die Beschwerdedauer in Athletenkollektiven durchschnittlich bis zu 3 Jahre betragen kann (Lian 2005). In einem 15-Jahres-Follow up haben mehr als die Hälfte der Befragten als Grund für die Aufgabe sportlicher Aktivität Beschwerden in diesem Bereich angegeben (Kettunen 2002). Als Ursache der Beschwerden werden in erster Linie Fehl- und Überlastungen diskutiert, wobei weitere Faktoren das Auftreten von Beschwerden mit beeinflussen können. Die Form der distalen Anteile der Patella hat einen Einfluß auf das Auftreten von Schmerzen am distalen Patellapol (Jumper`s knee) (Lorbach 2008). Inwieweit Breite und Dicke der Sehne eine Rolle spielen, ist nicht eindeutig geklärt. Es scheint bei intensiver sportlicher Belastung zu Anpassungsvorgängen der Sehne zu kommen, die bei dauerhafter Belastung als Degenerationen bis hin zu Ossifikationen beschrieben werden (Pfirrmann 2008), mit teilweise auch Neovaskularisati- onen im Sinne einer Regeneration (Hoksrud 2008). Auch wenn Entzündungsreaktionen als Hauptgrund der Schmerzhaftigkeit der Sehnen verantwortlich gemacht werden, so ist die eigentliche Ursache in der Degeneration mit verminderter Belastbarkeit des Sehnenareals zu sehen. Folgende Risikofaktoren werden für das Auftreten derartiger Beschwerden diskutiert: Harter Untergrund bei Sprung- und Spielsportarten (Ferretti 1984), die Intensität und Dauer der Belastung (Lian 2003), der individuelle body mass index, Beinlängendifferenzen, Fußfehlformen, Flexibilität und Kraft der Beuge- und Strecksehnen der Beine sowie die Sprungleistung (van der Worp 2011). Lösung der Problematik diskutiert, sollten eine Röntgenaufnahme und eine Kernspintomographie durchgeführt werden, um exakter das Ausmaß und die Lokalisation der Degenerationszone und auch die Form der Patella darstellen zu können (Abb. 1). Therapie akuter Verletzungen Akute Verletzungen mit Ruptur der Quadrizeps- oder Patellasehne mit Totalruptur sind relativ leicht zu diagnostizieren (Abb. 2). Eine Delle im Rupturbereich ist zu tasten, die aktive Streckfähigkeit häufig erheblich eingeschränkt. Therapie der Wahl sind operative Verfahren, die die Kontinuität der Sehne wie- Diagnostik Diagnostisch ist neben der klinischen Untersuchung mit Lokalisierung der Schmerzzone und Beurteilung des Kniegelenkes sowie der Beuge- und Streckmuskeln des Kniegelenkes auch unter Berücksichtigung der Wirbelsäule eine Ultraschalluntersuchung sinnvoll, um im Seitvergleich die Weichteilstrukturen beurteilen zu können (Sehnenvolumen und -struktur, Flüssigkeit, Abgrenzung extra- intraartikuläre Ursache). Wird eine operative Abb. 1: Kernspintomographische Darstellung einer Degeneration am proximalen Patellapol 41 | ::Prävention Abb. 2: Kernspintomographische Darstellung einer Totalruptur der Quadrizepssehne derherstellen. Bei Rupturen der Patellasehne kann eine transossäre Sicherungsnaht mit nichtresorbierbarem Fadenmaterial oder auch Drahtschlinge erforderlich werden, die nach Heilung der Sehne entfernt werden muss. Die Ergebnisse der operativen Naht sind im allgemeinen gut, eine Sportfähigkeit ist je nach Sportart nach 4-6 Monaten wieder erreicht. Schwieriger ist die Beurteilung von Partialrupturen, da je nach ausgewählter Sportart in Einzelfällen auch in diesen Situationen eine operative Lösung vorteilhaft sein kann. Normalerweise können Partialrupturen mit einem Volumen von weniger als 50 % konservativ zur Ausheilung gebracht werden. Die Kontinuität der Sehne ist gewahrt, Narbengewebe kann nach anfänglichem Hämatom den Defekt füllen und im Laufe der Zeit Qualitäten des ursprünglichen Sehnengewebes erreichen. Volle Sportfähigkeit ist auch nach konservativer Therapie je nach Sportart erst nach 4-6 Monaten zu erwarten. Bei Defekten mit einem Sehnenvolumen von mehr als 50 % muß individuell entschieden werden. Neben dem Alter des Patienten spielen das Ausmaß körperlicher Aktivität, die Struktur der Sehne und die Lokalisation des Defektes eine Rolle. Therapie von Überlastungsschäden Problematischer ist die Behandlung der überlastungsbedingten Degeneration der Sehnen zu sehen (Abb. 3). Eine Belastungsreduktion wird alleine auf Grund der Beschwerden zu Beginn häufig automatisch durchgeführt.. Sie muss in den meisten Fällen mehrere Wo- | 42 chen betragen, um ein komplettes Ausheilen zu ermöglichen. Je nach Ausmaß der Degeneration ist mit konservativen Maßnahmen eine komplette Heilung nicht zu erwarten. Neben entzündungshemmenden Maßnahmen bei akuten Reizzuständen (Antiphlogistika systemisch und lokal, Eisanwendungen, entlastende Stützverbände z. B. Tape) kommen im weiteren Verlauf durchblutungsfördernde Maßnahmen zum Einsatz. Wärme, Querdehnungen, Massagen, Elektrotherapie u.a. werden bevorzugt angewendet, eine Stoßwellenbehandlung kann erfolgreich sein (Peers 2005), daneben lokale Infiltrationen mit Kortikoiden, TGFbeta (Katsura 2006), Polidocanol (Hoksrud 2011, Willberg 2011) oder PRP (Filardo 2010). Auch wenn in verschiedenen Studien ein Ansprechen dieser Behandlungsmethoden dargestellt wird, gibt es noch keinen wissenschaftlichen Beweis der Überlegenheit einer dieser Methoden. Außerdem existieren Metaanalysen, die im Kontrollgruppenvergleich keine signifikanten Ergebnisse dokumentieren konnten (de Vos 2010). Nach Abklingen der akuten Beschwerdesymptomatik ist exzentrisches Krafttraining zu empfehlen. Dauerhaft scheint dieses aktive Trainingsprogramm die einzige Methode zu sein, die langfristig zu guten Ergebnissen führt. Eine Kombination mit Dehnung der entsprechenden Muskelgruppen scheint diesen Effekt noch zu verstärken (Dimitrios 2011). Bei Beschwerdepersistenz trotz konservativer Maßnahmen und operativer Intervention kann das arthroskopische oder auch offene Debridement der Sehne und des Abb. 3: Kernspintomographische Darstellung einer Teilruptur der Quadrizepssehne Gleitgewebes (Santander 2011) im Bereich der distalen Patellaspitze auch in Kombination mit einer Resektion der knöchernen Prominenz (Lohrmann 2008) in ca. 80 % zu guten klinischen Ergebnissen führen. Eine Sportfähigkeit ist nach ca. 3-4 Monaten zu erwarten. Prävention von Überlastungsschäden Wie bei anderen Überlastungsschäden auch, hat die Prävention einen besonderen Stellenwert. Das Rezidivrisiko ist hoch, zumal verschiedene oben aufgeführte Risikofaktoren auch in Kombination das erneute Auftreten derartiger Beschwerden wahrscheinlich machen können. Nach Behandlung der Beschwerden kann erst nach vollständiger Wiederherstellung der strukturellen und funktionellen Voraussetzungen ein Wiedereinstieg in den Sport vorgenommen werden. Exzentrisches Krafttraining der betroffenen Muskelgruppen hat sich als hilfreich erwiesen, ein schrittweiser Belastungsaufbau der sportlichen Aktivität ist ebenso erforderlich. Technische Defizite sollten mit Hilfe eines fachkundigen Trainers oder Physiotherapeuten behoben werden. In Einzelfällen können auch Einlagen und/oder Tapeverbände zumindest vorübergehend eingesetzt werden, um zuvor belastete Gelenkregionen zu entlasten. Prof. Dr. Holger Schmitt Zentrum für Sporttraumatologische Chirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] ATOSnews Diabetes-Prävention Von Christoph Hasslacher Key words: Diabetes mellitus, Prävention, Adipositas, Lebensstil Der Diabetes mellitus hat sich nicht nur in den westlichen Industrieländern, sondern weltweit zu einer Epidemie entwickelt. Nach Erhebungen der Internationalen Diabetes-Föderation (IDF) stieg in den vergangenen 20 Jahren die Zahl der bekannten Zuckererkrankungen weltweit von 30 auf 246 Millionen Menschen an. Diese “Diabetes-Epidemie” ist langfristig nur mit effektiven Präventions bemühungen unter Kontrolle zu bringen Bis 2025 wird ein weiterer Anstieg auf 333 Millionen Menschen mit Diabetes prognostiziert; eine Hochrechnung dazu zeigt Abb. 1. In Deutschland wurde im Rahmen des KORA-Projektes im Raum Augsburg 1.485 Personen im Alter von 55 bis 74 Jahren auf das Vorliegen eines bekannten oder unentdeckten Diabetes bzw. seiner Vorstufe, dem so genannten Prä-Diabetes, untersucht (1). Wie in Tabelle 1 aufgeführt, bestand bei 9 % der Männer und 7,9 % der Frauen bereits ein bekannter Diabetes. In gleicher Häufigkeit wurde ein bisher unentdeckter manifester Diabetes bei diesen Menschen festgestellt. Einen Prä-Diabetes wiesen rund 27 % der Männer und 21 % der Frauen auf. Addiert man die Häufigkeiten von neu entdecktem Diabetes und Prä-Diabetes, muss man feststellen, dass jeder 3. Mann und jede 4. Frau in der genannten Altersgruppe eine unerkannte Glucosetoleranzstörung hatte. Der Diabetes stellt aber nicht nur eine Stoffwechselstörung dar, sondern birgt ein hohes Risiko für Begleiterkrankungen von Seiten des Gefäßsystems (Tab. 2). Gelingt es nicht, die Diabetes-Entwicklung weltweit zu vermindern, wird diese „Epidemie“ aufgrund des hohen Risikos von Begleiterkrankungen Abb. 1: Hochrechnuung für die weltweite Entwicklung der “Diabetes-Epidemie” die sozialen Sicherheitssysteme überrollen. Es erscheint daher dringend geboten, Menschen mit einem erhöhten Risiko für die Diabetes-Entwicklung zu identifizieren und einem gezielten Screening zuzuführen. Diabetesrisiko und Frühdiagnose In Tabelle 3 sind einige wichtige Risikoindikatoren aufgeführt. Das persönliche Risiko kann sehr gut durch den FINDRISK-Fragebogen der Deutschen Diabetes-Stiftung ermittelt werden, der über die Homepage dieser Stiftung heruntergeladen werden kann. ➔ Tab. 1: Prävalenz verschiedener Glucosetoleranzstadien in Süddeutschland (KORA-Projekt) 43 | ::Prävention Ist das persönliche Diabetes-Risiko erhöht, sollte eine Abklärung durch Bestimmung der Nüchtern-Glucose oder eines oralen Glucosetoleranz-Testes erfolgen. Die Kriterien für den normalen Blutzuckerbereich, den Prädiabetes und den manifesten Diabetes sind in Tabelle 4 zusammengefasst. Wichtig ist die Diagnose eines Prä-Diabetes nicht nur in Bezug auf die weitere Entwicklung eines manifesten Diabetes sondern auch für die Entstehung von Gefäßschäden. Langjährige Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass Gefäßkomplikationen (Herzinfarkt, Gehirnschlag, Durchblutungsstörung der Beine) sich im sogenannten prä-diabetischen Stadium bereits doppelt so häufig entwickeln als bei Stoffwechselgesunden. Präventivmaßnahmen Die Beziehung zwischen Übergewicht und Diabetes ist seit langem bekannt. Insbesondere das Bauchfett zwischen den Darmschlingen ist ungünstig, da es nicht nur einen Energiespeicher darstellt, sondern auch Hormone und Entzündungsbotenstoffe produziert, die die Zellen des Körpers gegen Insulin unempfindlich machen (Insulinresistenz). Die Folgen einer Insulinresistenz sind bekannt: Glucose kann nicht richtig durch die Gewebe verwertet werden und steigt im Blut an. Dies führt zu einer verstärkten Insulinsekretion, schädigt aber auch die Insulin-produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse und triggert so die Entwicklung eines manifesten Diabetes. Weiterhin lösen die Hormone des Bauchfettes Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen aus und verstärken so das Risiko von Gefäßschäden. Übergewicht ist bekanntlich das Hauptproblem unseres Lebensstils, der durch reichliche Ernährung – mit meist ungünstiger Zusammensetzung der Nahrungsbestandteile – und zu geringe körperliche Bewegung charakterisiert ist. Mehrere große Studien haben eindeutig gezeigt, dass eine Veränderung des Lebensstils das Auftreten eines Diabetes verhindern kann. Eine dieser Studien war das Diabetes-Präventionsprogramm (DPP), in die 3234 Patienten mit Prä-Diabetes aufgenommen wurden (3). Die Teilnehmer wurden in drei Behandlungsgruppen aufgeteilt: a) Mit intensiver Lebensstilmodifikation (Ernährungsintervention mit dem Ziel einer 7 %-igen Gewichtsreduktion und Bewegungsintervention mit dem Ziel von mindestens 150 Minuten mittlerer bis intensiver physischer Aktivität pro Woche, Tab. 2: Risiko für Begleiterkrankungen bei Diabetikern | 44 b) Behandlung mit Metformin (2 x 850 mg/ die), c) Unbehandelte Kontrollgruppe. In Abbildung 2 sind die Ergebnisse nach dreijähriger Intervention dargestellt. Die Lebensstilintervention reduzierte das DiabetesRisiko im Vergleich zur Kontrollgruppe am stärksten (- 58 %) und wies somit ein besseres Ergebnis auf als die reine Gabe von Metformin (- 31 %). Auch wenn die Zusammenhänge nun seit vielen Jahren bekannt sind, ist die Umsetzung einer Lebenssti-Änderung sehr schwierig. Zahlreiche „Abnehmprogramme“ werden angeboten, eine aktuelle Übersicht wurde kürzlich in Diabetes aktuell publiziert und umfasst 20 verschiedene Konzepte (4). Wurde früher vor allem Wert auf Information gelegt, liegt der Schwerpunkt bei den neueren Programmen darauf, die individuellen Ressourcen des Patienten zu identifizieren und durch ein verbessertes Empowerment den Teilnehmer zu einem verbesserten Selbstmanagement zu verhelfen. Dieses äußert sich dann in einem nachhaltig gesünderen Lebensstil. Es ist aber nicht unbedingt erforderlich, die Lebensstiländerung mit solchen, zum Teil Tab. 3: Indikatoren für ein erhöhtes Diabetes-Risiko ATOSnews Abb. 2: Blutzuckergrenzwerte bei Bestimmung der Nüchternglucose bzw. nach oralem Glucosetoleranztest. teuren Programmen, in Angriff zu nehmen. In der Regel kennt man selbst seine Fehler in der Ernährung (z. B. zu wenig Mischkost, zu fettreich, abends zu viel Snacks, Alkohol, kalorienreiche Getränke) und auch bezüglich der fehlenden körperlichen Aktivität. Letztere lässt sich durch bekannte Alltagsmaßnahmen (keine Rolltreppen bzw. das Auto weniger benutzen, regelmäßige Spaziergänge, Joggen) an sich ohne große Mühe steigern. Ein Schrittzähler, den man täglich bei sich trägt, kann dabei sehr hilfreich sein. Neue Erkenntnisse in der AdipositasForschung Adipositas ist nicht gleich Adipositas. Dies ist ein wesentliches Ergebnis der TULIP-Studie, das Tuebinger Lebensstil InterventionsProgramm. Aus einer Gruppe von rund 2000 Patienten mit Prä-Diabetes unterwarfen sich rund 400 Probanden einer Änderung ihrer Lebensstilgewohnheit: Die Ernährung wurde fettärmer und ballaststoffreicher und die körperliche Aktivität wurde gesteigert. Nach langjähriger Beobachtung (über 10 Jahre) konnte eine Gruppe identifiziert werden, deren Stoffwechsel trotz ihres Übergewichts gesund ist: die so genannten „hap- Abb. 3: Diabetes-Präventions-Programm: Risikoreduktion für die Entwicklung eines Typ II-Diabetes nach 3 Jahren im Vergleich zu unbehandelter Kontrollgruppe py-obese“-Patienten. Ihre Organe zeigten keine Zeichen einer Insulinresistenz, offenbar kommt es bei ihnen auch seltener zu den schwerwiegenden Gefäßkomplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Dazu gehörten rund 30 % der Übergewichtigen. Rund ein Viertel der untersuchten Menschen zählten jedoch zu den „unglücklich Dicken“, die nicht auf die Lifestyle-Änderungen ansprachen. Dies lag keineswegs am guten Willen (Compliance) der Probanden, da auch sie an Gewicht verloren, es stellten sich aber die positiven Befunde der „happy-obese“ Patienten leider nicht ein. „Glückliche“ und „unglückliche“ Adipöse unterscheiden sich in erster Linie in der Art der Fettspeicherung. Dabei scheint nach den neuen Untersuchungen nicht allein das Bauchfett der Hauptschuldige für die ungünstigen Folgen des Übergewichts zu sein, sondern die Leberverfettung. Sie kann auch ohne größere Bauchfettkilos vorliegen und ist möglicherweise erblich bedingt. Das Eiweiß Fetuitin-A, ein Botenstoff, der in der verfetteten Leber vermehrt gebildet wird, hemmt die Signalübertragung von Insulin und führt so zu einer verminderten InsulinAnsprechbarkeit (Insulinresistenz) in den Geweben. ➔ Literatur 1. Rathmann W, Haastert B, Icks A, Löwel H, Meisinger C, Holle R, u. a. High prevalence of undiagnosed diabetes mellitus in Southern Germany: target populations for efficient screening. The KORA survey 2000. Diabetologia. 2003 Feb;46(2):182–9. 2. Rendell M, Kimmel DB, Bamisedun O, O’Donnell ET, Fulmer J. The health care status of the diabetic population as reflected by physician claims to a major insurer. Arch. Intern. Med. 1993 Juni 14;153(11):1360–6. 3. Knowler WC, Fowler SE, Hamman RF, Christophi CA, Hoffman HJ, Brenneman AT, u. a. 10-year follow-up of diabetes incidence and weight loss in the Diabetes Prevention Program Outcomes Study. Lancet. 2009 Nov 14;374(9702):1677–86. 4. Diabetes aktuell 2012; 10 45 | ::Prävention Auch im Gehirn von Adipösen ließ sich, im Vergleich zu Normalgewichtigen, eine Insulinresistenz zeigen. Die Folgen sind fatal, da das nach dem Essen ausgeschüttete Insulin normalerweise im Gehirn das Verlangen nach weiterer Nahrungsaufnahme hemmt. Diese Rückkopplung funktioniert bei Adipösen nicht mehr richtig, es besteht ein verlängerter Essensreiz, der die Gewichtszunahme begünstigt. Dies wurde auch durch die TULIP-Studie bestätigt, da die Übergewichtigen mit der besten Insulinempfindlichkeit des Gehirns auch am besten ihr Gewicht durch die Lebensstilintervention reduzieren konnten. Glücklicherweise scheint es aber so zu sein, dass die Insulinempfindlichkeit des Gehirns sich z. B. durch Nahrungseinflüsse wieder verbessern lässt. Neben den genetisch bedingten Risiken und einem riskanten Lebensstil mit Übergewicht und Bewegungsarmut, scheint auch die Zeit im Mutterleib entscheidend für das spätere Diabetesrisiko zu sein. Während einer Phase der fetalen Entwicklung im letzten Schwangerschaftsdrittel wird der kindliche Stoffwechsel für das spätere Leben programmiert. Hungerphasen der Mutter produzieren dabei gute Futterverwerter, die später mit größerer Wahrscheinlichkeit an Übergewicht und Diabetes erkranken. Fazit Die Häufigkeit des Diabetes mellitus nimmt weltweit „Epidemie-artig“ zu. In Deutschland hat jeder 3. Mann und jede 4. Frau über 55 eine Glucosetoleranzstörung. Für das Diabetesrisiko gibt es Indikatoren (Diabetes in Familie, Übergewicht, Gefäßkrankheiten, Hochdruck. Das persönliche Diabetesrisiko kann z. B. mit dem FINDRISKScore einfach festgestellt werden. Die Bestimmung des Nüchternblutzucker oder Durchführung eines oralen Glucoseto- leranz-Tests sollte bei erhöhtem Diabetes risiko durchgeführt werden, um Frühstadien (=Prä-Diabetes) zu erkennen. Eine „Lebensstiländerung“ mit kalorienreduzierter Mischkost und Intensivierung der körperlichen Aktivität stellt die wichtigste Maßnahme zur Diabetes-Prävention dar. Übergewicht ist jedoch nicht gleich Übergewicht. Neue Ergebnisse der Adipositasforschung lassen hoffen, durch neue Marker den Personenkreis zu identifizieren, der von einer Lebensstiländerung am meisten profitiert. Prof. Dr. Christoph Hasslacher Diabetesinstitut Heidelberg ATOS Klinik Heidelberg [email protected] Blutzuckermessen ohne Stechen Licht am Ende des Tunnels? Von Christoph Hasslacher Die Blutzuckerselbstkontrolle stellt heute ein unverzichtbares Instrument zur Einstellung des Diabetes dar: Für den betroffenen Patienten ist sie zentraler Bestandteil eines eigenverantwortlichen Umgangs mit der Stoffwechselerkrankung, für den Arzt gibt sie wesentliche Informationen zur Steuerung und Optimierung der Therapie. Der große Nachteil: Für die Blutzuckerbestimmung muss durch Stechen meist in die Fingerkuppe ein kleiner Blutstropfen gewonnen werden, und das in der Regel mehrfach am Tage. Auch wenn moderne Stechhilfen diesen Vorgang relativ schmerzarm machen, bleibt die Blutzuckerselbstkontrolle für fast alle Patienten eine verletzende Prozedur. Alternativen zur „blutigen“ Messung werden seit Jahren gesucht, bisher jedoch ohne | 46 durchschlagenden Erfolg: die „Zuckeruhr“ (Gluco-Watch™)konnte sich wegen nicht ausreichender Messgenauigkeit oder allergischer Reaktionen an der Haut nicht durchsetzen; Glukose-Sensoren, bei denen eine feine Nadel ins Unterhautfettgewebe platziert wird, messen nur für zirka eine Woche und müssen dann wieder ersetzt werden. Eine neue Methode zur „unblutigen“ Glukose-Selbstmessung, die von der Fir- ma EYESENSE, Großostheim, entwickelt wurde, erscheint vielversprechend. Dabei wird in einem nur wenige Minuten dauernden Eingriff in lokaler Betäubung ein kleines Implantat in eine Schicht unter die der Bindehaut des Auges geschoben. Dieses Implantat ist flach, weich, sehr wasserhaltig und hat einen Durchmesser von 3-4 mm. Es enthält einen Eiweißkörper, der eine reversible Verbindung mit dem Zucker der Gewebeflüssigkeit eingeht. Mit einem kleinen Photometer, das sich der Patient wie eine Brille vor das Auge hält, wird ein Lichtstrahl auf das Implantat gelenkt und von dort reflektiert. Durch den am Eiweiß des Implantats anhaftenden Zucker wird je nach Glukose-Konzentration die Intensität des reflektierten Lichtstrahls geändert, so dass sich daraus der Glukosegehalt der Gewebeflüssigkeit errechnen lässt. Literatur Safety and accuracy of a new longterm-term subconjunctional glucose sensor C. Hasslacher, G. Auffarth, I. Platten, T. Rabsilber, B. Smith, F. Kulozik, M. Knuth, K. Nikolaus, A. Müller Journal of Diabetes 4 (2012) 291 - 296 hung zwischen beiden Messmethoden: die sog. Error-Grid-Analyse zeigte in 94,4% eine gute Übereinstimmung der Wertepaare. Wie bei allen Methoden, die die Glukose-Konzentration in Körperflüssigkeiten und nicht direkt im Blut messen, bestand eine geringe Zeitverzögerung des am Auge gemessenen Wertes im Vergleich zum kapillär gemessenen Zucker. Das Implantat wurde über den Beobachtungszeitraum problemlos vertragen; bei drei Patienten kam es zu einem spontanen Implantatsverlust, der jedoch keine Spuren am Auge hinterließ. N O T E S & Das neue Eyesense-Implantat hat in dieser 4-Monatsstudie eine sehr gute Verträglichkeit und hohe Messgenauigkeit unter Beweis gestellt. Dies eröffnet erstmals die Möglichkeit, mit einer alternativen Messtechnik die derzeitig ausschließlich verwendete Fingerstechmethode zu ersetzten. Weitere Untersuchungen zur Langzeitfunktionen mit weiterentwickelten Implantaten bzw. Photometer sind im Gange. Prof. Dr. Christoph Hasslacher Diabetesinstitut Heidelberg ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.diabetesinstitut-hd.de N E W S :: Professionelle PR für ATOS Kliniken Die ATOS Kliniken in Heidelberg und München arbeiten seit kurzem mit der in Ludwigshafen am Rhein ansässigen PR-Agentur Publik zusammen. Deren Mitarbeiter geben Tipps, welche Themen für die Medien geeignet sind und bereiten die Informationen für die unterschiedlichsten Publikationen zielgruppengerecht auf. So wollen die Ärzte der ATOS Kliniken ihr °OOJ=J>F¿¾ÀÂÛýS¿ÄÄ}}½¾}¾¿½Å Fazit Prof. C. Hasslacher (Diabetesinstitut Heidelberg) und Prof. G. Auffarth (UniversitätsAugenklinik, Heidelberg) publizierten jetzt die ersten Ergebnisse einer Studie zu Sicherheit und Messgenauigkeit dieses Systems: 28 insulinpflichtige Patienten erhielten das Implantat am rechten Auge eingesetzt. Die Patienten empfanden den kurzen Eingriff als problemlos, mit Ausnahme eines kleinen subconjunctivalen Hämatoms und eines vorübergehenden Fremdkörpergefühls nach Implantation bestanden keine Beschwerden. Die Genauigkeit der Glukose-Messung am Auge wurde durch gleichzeitige BlutzuckerMessung an der Fingerbeere untersucht. Bei Blutzuckerschwankungen zwischen 60 und 300 mg/dl bestand eine sehr enge Bezie- Untersuchung bestätigt Wirksamkeit <O@GG<MJz <NDOO@GB@B@IQJM?@M@I ID@N>CH@MU Gezielte Führung in Flexion und Extension • Einfache Bedienung • Bewährt im Alltag • Untersuchungen zum Download unter www.ottobock.de/patellapro • Fachwissen der Öffentlichkeit künftig noch besser vermitteln. Weitere Informationen unter http://www.agentur-publik.de. @NP>C@ID@PIN<PA ?@HO<I?¾Ä¾½ ½Â¿ÄÅÁÅ}ÀÁ JMOC@ODF³JOOJ=J>F{?@RRR{JOOJ=J>F{?@ ::Prävention Schwerhörigkeit, ein unvermeidbares Schicksal? Von Markus Fischer Key words: Schwerhörigkeit, Presbyakusis, Prophylaxe, Lärm Schwerhörigkeiten können in Schallempfindungs- und Schallleitungsschwerhörigkeiten unterteilt werden. Die Schallleitung erfolgt über das Trommelfell und die Gehörknöchelchenkette, während die Schallempfindung im Bereich des Innenohres und der Hörbahn stattfindet. Für beide Formen der Schwerhörigkeit gibt es sehr unterschiedliche Ursachen und dementsprechend auch keine einheitliche Prophylaxe. Schallempfindungsschwerhörigkeit und deren Prophylaxemöglichkeiten Betrachtet man zunächst die Schallempfindungsschwerhörigkeit (sensorineurale Schwerhörigkeit), so muss zwischen den angeborenen (hereditären) und den erworbenen Formen differenziert werden. Bei den hereditären Schwerhörigkeiten liegt häufig ein Gendefekt der Proteine Connexin oder Myosin vor. Es können syndromale und non-syndromale Formen unterschieden werden. Bei den syndromalen Formen ist die Schwerhörigkeit mit weiteren Erkrankungen anderer Organe kombiniert (Usher-Syndrom, Alport-Syndrom, CoganSyndrom etc.) [1, 3]. Führt die Schädigung oder der Gendefekt zu einer Taubheit, so ist wesentlich ob diese schon vor dem Abschluss des Spracherwerbs (ca. 7. Lebensjahr) oder erst danach eintritt. Dies ist für die therapeutischen Optionen von entscheidender Bedeutung. Eine Prophylaxe im engeren Sinne ist bei diesen Formen der Schwerhörigkeit nicht möglich. Allerdings kommt der frühzeitigen Diagnose und Therapie eine wichtige Bedeutung zu, um den Gesamtverlauf bestmöglich zu gestalten. Bei den erworbenen Formen muss, je nach Einwirkungszeitpunkt der Schädigung, zwischen pränatalen, perinatalen und postnatalen Schädigungsformen unterschieden | 48 werden. Typische schädigende Faktoren können Infektionskrankheiten, Medikamente, Geburtstraumata u.v.m. sein. Die Rötelnimpfung von jungen Mädchen, die Optimierung der Stoffwechsellage bei einem Diabetes mellitus der Mutter, der Alkoholverzicht während der Schwangerschaft, Impfungen gegen Mumps und Masern können ganz entscheidend dazu beitragen, dass Schädigungen durch die genannten Faktoren nicht auftreten oder deutlich geringer ausfallen. Wirft man einen Blick auf die verschiedenen sogenannten ototoxischen Medikamente, so sind hier reversible und irreversible Schädigungen möglich. Zu nennen sind Antibiotika (z. B. Aminoglykoside), Diuretika (z. B. Furosemid), Malariamittel (z. B. Chinin), und Chemotherapeutika (besonders Cisplatin) und Acetylsalicylsäure. Insbesondere Aminoglykosidantibiotika sind ototoxisch. Die Bestimmung der Serumspiegel kann hier als Prophylaxe der Schwerhörigkeit dienen. Naturgemäß müs- Abb. 1: Tonschwellenaudiogramm bei Lärmschwerhörigkeit ATOSnews Abb. 2: Tonschwellenaudiogramm bei Presbyakusis sen bei der Indikationsstellung jedoch Prioritäten gesetzt werden. Gerade bei der Sepsis im Säuglingsalter ist Gentamicin auch heute noch ein häufig notwendiges Medikament. Hauptursache: Lärm Die wohl häufigste Ursache für eine postnatal erworbene sensorineurale Schwerhörigkeit ist die Einwirkung hoher Schalldruckpegel. Es werden das Knalltrauma, das Explosionstrauma und das chronische Lärmtrauma unterschieden. Die Unterscheidung erfolgt über die Einwirkdauer. Beim Knalltrauma dauert die Schalldruckwelle 1–2 msec, beim Explosionstrauma sind es über 2 msec. Hier kann es häufig zur Verletzung des Trommelfells und ggf. auch der Gehörknöchelchenkette kommen. Beim chronischen Lärmtrauma (anerkannte Berufskrankheit) müssen über Jahre Lautstärken von 85dB und mehr einwirken (Abb. 1). Lärmschwerhörigkeit ist die häufigste Berufskrankheit: 2005 wurden 5.478 neue Fälle anerkannt [4]. Gerade bei den letztgenannten Formen der Schwerhörigkeit kommt der Prophylaxe eine herausragende Bedeutung zu. Besonders bei der Tätigkeit an Lärmarbeitsplätzen steht das Tragen von persönlichem Schallschutz (Ohrstöpsel, Kapselgehörschutz etc.) im Vordergrund. Darüber hinaus stellen auch die Entwicklung wenig Lärm emittierender Maschinen, und die Optimierung der Ar- beitsabläufe einen wesentlichen Beitrag zur Prophylaxe einer Schwerhörigkeit dar. Immer wichtiger wird die Schädigung des Innenohres durch laute Musik über sogenannte MP3-Player. Im Rahmen einer Studie von Vogel und Mitarbeitern konnte gezeigt werden, dass etwa ein Drittel der Nutzer von MP3-Playern ihre Geräte in einer Art und Weise (Lautstärke und Nutzungsdauer) betreiben, dass eine Hörschädigung möglich ist. Die genauen Folgen sind noch nicht sicher abzuschätzen [6]. Hier besteht eine Prophylaxemöglichkeit bzgl. einer Schädigung des Innenohrs in einer Selbstkontrolle und auch in technischen Neuerungen, die z. B. zu einer Limitierung der Maximallautstärke führen. Hörverlust im Alter Uns alle trifft naturgemäß eine zunehmende überwiegende Innenohrschwerhörigkeit im Rahmen der Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis). Deren Entwicklung setzt etwa mit dem 50. Lebensjahr ein. Auch hier spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Erkrankungen wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie, aber auch die Alterung des Gehirns und die lebenslang einwirkenden äußeren Faktoren spielen hier eine Rolle. Die Hörminderung zeigt sich überwiegend in den hohen Tönen (Abb. 2). Abb. 3:Serotympanon (Quelle: Kinder- und Jugendarzt 2003, Heft 4: Seite 309ff) Hier gibt es eine Vielzahl von Ansatzmöglichkeiten bezüglich einer Prophylaxe. Dies betrifft in Anbetracht der aufgeführten Faktoren Lärmkarenz, gesunde Ernährung und Lebensweise und effektive Therapie von aufgetretenen Erkrankungen (Diabetes- und Hypertonuseinstellung etc). Die Gabe von verschiedenen Antioxidanzien (z. B. Vitamin C, Glutathion) und eine Kalorienreduktion haben im Tierversuch ebenfalls einen günstigen Einfluss bei der Einwirkung von schädigenden Faktoren auf das Innenohr (Lärm, Gentamicin, Cisplatin) [2, 5]. Die Einnahme von Antioxidanzien zu diesem Zweck hat allerdings noch keinen allgemeinen Einzug in den klinischen Alltag gehalten. Die Hörgeräteversorgung in ihren verschiedenen Formen wird zwar allgemein vom Patienten nicht als Prophylaxe wahrgenommen, kann aber die zentrale Degeneration der Hörbahn positiv beeinflussen. Aus diesem Grund sollte eine Hörgeräteversorgung bei Vorliegen der entsprechenden Indikationskriterien unbedingt erfolgen. Für die Zukunft scheinen gentherapeutische Ansätze bis hin zu der lange erwarteten Haarzellregeneration möglich. ➔ 49 | ::Prävention Abb. 4:Tonschwellenaudiogramm bei Paukenerguss mit Schallleitungsschwerhörigkeit links Schallleitungsschwerhörigkeit und deren Prophylaxemöglichkeiten Betrachtet man die Ursachen der Schallleitungsschwerhörigkeit, so sind mit der Frage der Prophylaxe Tubenventilationsstörungen und die chronische Otitis media als wichtigste Ursachen zu nennen. Eine Belüftungsstörung kann z. B. durch die adenoiden Vegetationen im Nasopharynx bedingt sein. Durch Umwandlung der Paukenschleimhaut kann sich ein Paukenerguss bis hin zum Leimohr (glue ear) entwickeln (Abb. 3). Bei persistierender Tubenventilationsstörung kann durch sukzessive Entwicklung einer Retraktionstasche ein Cholesteatom entstehen. Hier kann es zur Schallleitungsschwerhörigkeit (Abb. 4) und weiteren schwerwiegenden Komplika- tionen (Vestibularisausfall, Facialisparese, Hirnabszess etc.) kommen. Die intensive Therapie der Tubenventilationsstörung mit Nasenballons, Adenotomie und Paracentese bis hin zur Paukenröhrcheneinlage (Abb. 5) kann als Prophylaxe einer Schallleitungsschwerhörigkeit im Rahmen sich entwickelnder chronischer Mittelohrentzündungen interpretiert werden. Fazit Bei den unterschiedlichen Formen der Schwerhörigkeit gibt es doch eine Reihe von Einflussmöglichkeiten im Sinne einer Prophylaxe. Gerade bei der häufigsten Form, der Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis), lassen sich viele über die gesamte Lebenszeit einwirkende schädigende Faktoren finden, die Abb. 5: Paukenröhrchen (Quelle: Kinder- und Jugendarzt 2003, Heft 4: Seite 309ff) durch den Patienten und seine Umgebung günstig beeinflusst werden können. Somit sind Zeitpunkt, Ausprägung und Verlauf dieser Schwerhörigkeitsform durchaus durch den Menschen beeinflussbar und nicht nur schicksalshaft hinzunehmen. Prof. Dr. Markus Fischer Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Plastische Operationen Spezielle Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie Stimm- und Sprachstörungen ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.h-n-o-heidelberg.de Literatur 1.Boenninghaus H-G, Lenarz T (Hrsg) (2004) HNO, Springer Medizin Verlag Heidelberg 2.Fischer I, Heinrich UR, Brieger J, Schmidtmann I, Li H, Rümelin A, Mann WJ, Helling K (2009) Protektion der Kochlea durch Vitamin C bei Lärmexposition. HNO 57: 339-344 | 50 3.Helms J (Hrsg) (1993) Oto-Rhino- Laryngologie in Klinik und Praxis, Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 4.HVBG; BG-Statistiken für die Praxis 2005 5.Mazurek B, Stöver T, Haupt H, Gross J, Szczepek A (2008) Die Entstehung und Behandlung der Presbyakusis. Heutiger Stand und Perspektiven für die Zukunft. HNO 56: 429-435s 6.Vogel I, Verschuure H, van der Ploeg CP, Brug J, Raat H (2010) Estimating adolescent risk for hearing loss based on data from a large school-based survey. Am J Public Health 100: 1095-1100. ATOSnews Die Vorsorgekoloskopie – die beste Krebs vorsorge beim kolorektalen Karzinom Von Peter G. Friedl und Eberhard M. Rappold Key words: Kolonkarzinom, kostenlose Vorsorgekoloskopie, Primär- und Sekundärprävention Einleitung Das Kolonkarzinom stellt in Deutschland nach dem Bronchialkarzinom die zweithäufigste Todesursache aller malignen Erkrankungen dar. Da die Karzinominzidenz bei der asymptomatischen Bevölkerung ab dem 50. Lebensjahr ansteigt, sind seit 1977 der Test auf okkultes Blut im Stuhl und seit 2002 die präventive Koloskopie (sog. Vorsorgekoloskopie) ab dem 55. Lebensjahr Teil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen. Sie kann nach 10 Jahren kostenfrei wiederholt werden, sofern die erste Untersuchung vor dem 65. Lebensjahr stattgefunden hat. Unabhängig von der Möglichkeit einer Darmspiegelung zu Vorsorge bzw. Prävention ist die Koloskopie als kurative Darmspiegelung indiziert, z. B. zur Abklärung von Stuhlunregelmäßigkeiten, peranalem Blutabgang, unklaren Abdominalbeschwerden, positivem Test im Sinne von okkulten Blut im Stuhl (siehe oben) oder familiärer Darmkrebsbelastung. Die Daten des Nationalen Registers für Früherkennungskoloskopie belegen, dass die totale Koloskopie ein ein hoch effektives Präventionsverfahren ist, das leider noch viel zu selten in Anspruch genommen wird. Die totale Koloskopie ist als Routineuntersuchung im Rahmen unseres Kompetenzzentrum Koloproktologie seit über 20 Jahren neben der Phlebologie, der Proktologie sowie der Hernienchirurgie der 4. Schwerpunkt in unserer Chirurgischen Gemeinschaftspraxis in der ATOS Klinik Heidelberg. Prävention und Frühdiagnostik des kolorektalen Karzinoms Wir unterscheiden beim kolorektalen Karzinom die Primärprävention (Ernährung, BMI, Sport etc.) und die Sekundärprävention (medizinisch diagnostische Früherkennung). Zur Primärprävention zählt eine bewusste Ernährung z. B. durch den Verzicht auf größere Mengen roten Fleisches und den Verzicht auf Nahrung mit hohem Fettanteil. Ein deutlicher Alkoholkonsum, Nikotin, Übergewicht sowie Diabetes mellitus erhöhen ebenfalls das Risiko am Darmkrebs zu erkranken. Umgekehrt senken antioxidativ und antiinflammatorisch wirkende Vitamine, die sich in Obst und Gemüse befinden, die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms. Ebenso reduzieren viel Bewegung und Sport das Erkrankungsrisiko von Darmkrebs. Man kann somit schon sehr viel für seine Gesundheit tun, ohne einen einzigen Arztbesuch! Sekundärprävention: Für die Darmkrebsfrüherkennung stehen heute mehrere Methoden zur Verfügung: 1. Test auf okkultes Blut im Stuhl 2. Immunologische Stuhltests 3. Molekularbiologische Stuhltests 4.CT oder MR Kolonographie (virtuelle Koloskopie) 5.Koloskopie Die oben aufgeführten Möglichkeiten der medizinischen Darmkrebsvorsorge sind in ihrer diagnostischen Validität sehr unter- schiedlich. Unbestritten ist von allen die Koloskopie die wichtigste und aussagekräftigste Untersuchung zur Früherkennung und Diagnose von Darmkrebs. Selbst kleinste Polypenknospen bzw. Schleimhautveränderungen lassen sich – auch in Kombination mit spezieller Anfärbung (Chromoendoskopie) – mit sehr hoher Sicherheit aufspüren. Im Folgenden soll auf die Früherkennungskoloskopie anhand der Literatur sowie aus eigener Erfahrung näher eingegangen werden. Aufgrund der sehr langsamen Entstehung eines Darmkrebses über ca. 5-10 Jahre, d. h vom Adenom zum Karzinom, sind die Krebsvorstufen endoskopisch gut erreichbar und somit vollständig therapierbar bzw. heilbar. Für den Darmkrebs gilt ganz besonders, dass seine Vorstufen, im Gegensatz zu anderen Krebsarten, die allerbeste Prognose aufweisen, also komplett heilbar sind. Daten und Fakten Die bisher vorliegenden Daten des Nationalen Registers für Früherkennungskoloskopie für die Jahre 2003 bis 2008 anhand von 2,82 Millionen Koloskopien im Altersbereich von 55 bis 84 Jahren können folgendermaßen interpretiert werden: ➔ 51 | ::Prävention 1. Jährliche Teilnehmerquoten im untersuchten Altersbereich lagen bei nur 2,6 % der Anspruchsberechtigten, also erschreckend niedrig! 2.In den durchgeführten Vorsorgekoloskopien, d. h bei asymptomatischen Teilnehmern, wurden ca. 20 % polypöse Läsionen gefunden. Davon waren 4 % fortgeschrittene Adenome und etwa 1 % manifeste Karzinome. Durch diese frühe Detektion und Entfernung der Adenome wurden nach statistischen Berechnungen fast 100.000 Darmkrebserkrankungen verhütet (ein nachdrücklicher Beweis für den enormen Benefit der Vorsorgekoloskopie) 3.Von den knapp 3 Millionen Teilnehmern wurde somit bei etwa 50.000 Patienten eine manifeste Darmkrebserkrankung entdeckt. Diese waren in 70 % in einem frühen, noch operativ heilbaren Stadium detektiert. Dies im Gegensatz von nur unter 50 % ohne Früherkennung (dieses Faktum unterstreicht die alte Medizinererfahrung: je früher desto besser). 4.Die bisher vorliegenden Daten der komplexen Kosten-Nutzen-Analyse zeigen einen deutlichen volkswirtschaftlichen Vorteil einer präventiven Koloskopie. Dies ganz besonders wegen der „eingesparten“ Operationen einerseits sowie steigenden Chemotherapiekosten bei fortgeschrittenen Befunden andererseits. Die niedrige Rate an zusätzlichen Behandlungen von Komplikationen nach einer endoskopischen Untersuchung wie Blutung mit 0,8 % und Perforationen mit 0,02 % sowie die notwendige Folgeuntersuchungen nach Polypektomie sind eingeschlossen. Eigenes Vorgehen Alle, d. h. sowohl gesetzlich als auch privat versicherte Berechtigte, werden in unserer hochspezialisierten chirurgischen Gemeinschaftspraxis auf die Möglichkeit einer Vor- | 52 sorgekoloskopie durch entsprechende Flyer und/oder persönliche Aufklärung angesprochen. Der koloskopierende Arzt muss selbstverständlich nicht nur die totale Koloskopie technisch perfekt beherrschen, er muss auch fähig sein, ambulante therapeutische Interventionen wie z. B. Polypektomien vorzunehmen. Eine berufsrechtlich definierte Mindestausstattung apparativer Natur muss vorliegen. Darüber hinaus muss der Arzt jederzeit fähig sein, einen Notfall in der Praxis zu beherrschen. Selbstredend ist dafür auch eine gesetzlich definierte Spezialausstattung Pflicht. Die Vollständigkeit der durchgeführten hohen Koloskopie muss durch Bilddokumentation objektiviert werden. Endoskope, Absaugpumpe und Absaugschläuche werden 2x im Jahr durch ein unabhängiges Hygieneinstitut auf Keimfreiheit untersucht. Die Aufklärung des Patienten hat mindestens 24 Stunden vor der Koloskopie zu erfolgen. Da der Analkanal sowie der Hämorrhoidalring durch das Koloskop selbst nur schwer beurteilbar ist, führen wir deshalb bei jedem Patienten vor einer Darmspiegelung die Proktoskopie bzw. Spekulumuntersuchung durch. Hierzu ist keine spezifische Vorbereitung notwendig. Diese Untersuchung wird bei der ersten Patientenvorstellung vorgenommen. Viel Zeit nehmen wir uns für das Aufklärungsgespräch. Die Abführmaßnahmen werden ebenfalls detailliert besprochen. Ein Protokoll hierzu wird mitgegeben. Ganz besonderen Wert legen wir auf die Aufklärung über die sedierenden und schmerzstillenden Maßnahmen während der Untersuchung. Eine schmerzfreie bzw. schmerzlose Untersuchung erhöht die Akzeptanz des Patienten für eine Koloskopie deutlich, wie aus zahlreichen Studien bekannt ist. Bei ausgewählten Patienten und auf Wunsch führen wir seit mehr als 5 Jahren in unserer Praxis die Propofol- und Alfentanilhydrochlorid-Anästhesie durch. Die Maßnahme wird von einem auf ambulante Eingriffe spezialisierten Facharzt für Anästhesie durchgeführt. In diesem Fall sind somit zwei Fachärzte während der Untersuchung zugegen: Einmal der endoskopierende Facharzt, der sich nur und ausschließlich auf die Darmspiegelung und gegebenenfalls endoskopische Intervention konzentrieren kann. Zum anderen ein Anästhesist, welcher ausschließlich auf die Atmung, Herzfrequenz, Schmerzfreiheit und das Wohlergehen des ihm anvertrauten Patienten achten kann. Damit garantieren wir ein maximales Maß an Sicherheit und Komfort für unsere Patienten. Nach der Untersuchung werden alle Patienten in einem separaten Raum individuell nachbetreut und nachbeobachtet. Erst wenn der Patient sich subjektiv wohl fühlt und vom Arzt nachuntersucht wurde, verlässt er in Begleitung die Praxis bzw. die Klinik. Unter diesen Kautelen sind 100 % der Vorsorgeteilnehmer und 98 % der Patienten nach interventionellen endoskopischen Eingriffen aus der ambulanten Behandlung entlassen worden. Das Untersuchungsergebnis selbst wird fotodokumentiert und so protokolliert. Der Arztbrief wird sowohl dem Patienten als auch dem zuweisenden Kollegen, einschließlich der Fotodokumente, zugesandt. Das endoskopische Untersuchungsergebnis wird mit dem wachen, ansprechbaren Patienten ausführlich diskutiert bzw. kommuniziert. Die Kontrolluntersuchung erfolgt im Normalfall nach 10 Jahren. Wurden Polypen abgetragen, variiert die Kontrolle abhängig vom spezifischen Befund zwischen 3 Monaten und 5 Jahren. Seit über 20 Jahren sind wir als Chirurgen in unserem Kompetenzzentrum für Koloproktologie mit der totalen Videokoloskopie befasst. Wir bieten unseren Patienten darüber hinaus bei entsprechendem Anästhesieverfahren eine simultane Sanierung verschiedener proktologischer Erkrankungen, wie z. B. Hämorrhoidalleiden, Fistelleiden oder Fissurerkrankungen u. ä. an. In einer Sitzung kann somit unter ambulanten Kautelen sowohl die Vorsorgekoloskopie als auch ein operativ zu korrigierendes prokto- ➔ ARTHROFORCE® ONE ART 64 08/2012/A-D Erfahrung trifft Innovation KARL STORZ GmbH & Co. KG, Mittelstraße 8, 78532 Tuttlingen/Deutschland, Tel.: +49 (0)7461 708-0, Fax: + 49 (0)7461 708-105, E-Mail: [email protected] KARL STORZ Endoskop Austria GmbH, Landstraßer-Hauptstraße 148/1/G1, A-1030 Wien/Österreich, Tel.: +43 1 715 6047-0, Fax: +43 1 715 6047-9, E-Mail: [email protected] www.karlstorz.com ::Prävention logisches Problem saniert werden. Dieses ambulante Vorgehen verbindet damit bei Bedarf die diagnostische und interventionelle Endoskopie einerseits mit dem proktologischen Eingriff andererseits. Dies ist, wie wir seit Jahren beobachten, im Sinne unserer Patienten und trägt gleichzeitig dazu bei, die Kosten unseres Gesundheitswesens zu reduzieren, d. h. Verlagerung von stationären Eingriffen in den ambulanten Sektor. Im Folgenden sollen einige typische endoskopische Befunde dargestellt werden (Abb. 1-5). Bilder sagen in der Endoskopie oft mehr als tausend Worte. Fazit 1.Die Früherkennungskoloskopie, seit 2002 in Deutschland eingeführt, leistet einen sehr wichtigen Beitrag zur Verhütung und Früherkennung kolorektaler Karzinome. In 20 % der durchgeführten Untersuchungen bei asymptomatischen Berechtigten wurden relevante Befunde detektiert, davon 4 % fortgeschrittene Adenome und knapp 1 % Karzinome. 2.Sportliche Betätigung und gesunde Ernährung senken das Risiko, übermäßiger Alkohol und Nikotinkonsum, Übergewicht Abb.1: Großer gestielter Darmpolyp vor Abtragung Abb. 2: Großer Polyp nach Abtragung mit der Polyp fasszange (Abtragungsstelle weiß sichtbar) Abb. 3: Großer lumeneinengender Colonpolyp, Zufallsbefund im Rahmen der Vorsorgekolos kopie (Patient ohne Symptome!) und Diabetes mellitus erhöhen nachweislich das Darmkrebsrisiko. 3.Darmkrebs entsteht sehr langsam – Zeitraum ca. 5–10 Jahre. Darmkrebs „tut nicht weh“, deshalb hat die Vorsorge eine so wesentliche Bedeutung! Beschwerden stellen sich meist erst im fortgeschrittenen Stadium ein. 4. Alle entscheidenden Fachgesellschaften weisen darauf hin, dass ab einem Alter von 50 Jahren die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms ansteigt, so dass ein Darmkrebs- Screening ab diesem Alter sinnvoll ist. Die Kosten für eine Darmspiegelung werden sowohl von den privaten als auch von den gesetzlichen Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr übernommen. Um so bemerkenswerter ist, die sehr niedrige jährliche Teilnehmerquote von lediglich 3 %! Dabei ist allgemein bekannt, dass von allen Maßnahmen zur Früherkennung kolorektaler Neoplasien die komplette Koloskopie die höchste Sensitivität und Spezifität besitzt. 5. Im Normalfall erfolgt die Kontrollkoloskopie nach 10 Jahren. Wurden Polypen abgetragen, erfolgt die Kontrolle bereits nach 3 bis 5 Jahren. In besonderen Fällen, z. B. sog. serratierte Polypen, unvollständige Polypabtragung, piecemal Technik wird nach 6 bis 12 Monaten kontrolliert. 6.Die Darmspiegelung kann bei uns im Bedarfsfall mit einem proktologisch operativen Eingriff kombiniert werden. In Kooperation mit einem Facharzt für Anästhesie ist dies unter ambulanten Kautelen problemlos möglich. Abb. 4: Reizlose Divertikel des Colon sigmoideum Literatur bei den Verfassern Abb. 5: Stenosierendes Colonkarzinom | 54 Dr. Peter G. Friedl Dr. Eberhard M. Rappold Chirurgische Gemeinschaftspraxis ATOS Klinik Heidelberg [email protected] [email protected] ATOSnews Besser in den Schatten und regelmäßig zur Hautkrebsvorsorge Von Claudia Jäger Key words: Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, aktinische Keratosen, Melanom, Prävention Jedes Jahr wird in Deutschland bei mehr als 195.000 Menschen Hautkrebs diagnostiziert. Er ist damit die häufigste Krebsart überhaupt. Den Hauptanteil bilden die hellen Hautkrebsarten, die in der Regel keine oder spät Metastasen bilden. Doch auch am hochgefährlichen malignen Melanom (schwarzen Hautkrebs) erkranken jährlich fast 22.000 Personen. Für beide Krebsformen ist übermäßige Sonnenbestrahlung mit Abstand der wichtigste Risikofaktor – und damit der beste Ansatz zur Prävention. Insbesondere frühkindliche Sonnenbrände begünstigen die Entstehung von Melanomen im Erwachsenenalter. Für den hellen Hautkrebs stellt hingegen die kumulative Gesamtdosis der UV-Strahlung den Hauptrisikofaktor dar. Dieser tritt daher vorwiegend auf Hautpartien auf, die der UV-Strahlung lebenslang ausgesetzt sind, nämlich die “Sonnenterassen” wie Hände, Unterarme und Gesicht. Personen mit einem hellen Hauttyp (1 – 2) haben ein deutlich erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Hautkrebs. Hautkrebsformen bilden sich im Verlauf invasive Plalttenepithelkarzinome. Schätzungen gehen davon aus, dass aufgrund des geänderten Freizeitverhaltens in Zukunft jeder zweite Deutsche an aktinischen Keratosen erkranken wird. Frühe Behandlung und Prävention kann die Transformation verhindern. Hier stehen an erster Stelle der adäquate Sonnenschutz und die Behandlung klinisch manifester aktinischer Keratosen. Diese zeigen sich meist mit nur millimetergroßen, geröteten Flecken und einer rauen, in der Regel besser tastbaren als sichtbaren Oberfläche. Im weiteren Verlauf werden die Veränderungen oft warzig-höckerig und fühlen sich an wie Schmirgelpapier. Zumeist treten diese Veränderungen im Verlauf von Jahren großflächig im lichtgeschädigten Areal auf, so dass auch von einer Feldkanzerisierung gesprochen wird. Plattenepithelkarzinom (Spinaliom, Spinozelluläres Karzinom) Das Plattenepithelkarzinom (Abb. 2) entsteht in über 90 % auf den „Sonnenterassen“ der Haut. Frühe Läsionen treten oft als ekzemähnliche Hautveränderungen mit teils ➔ Bei Hautkrebs unterscheidet man zwischen schwarzem und hellem Hautkrebs. Der helle Hautkrebs wird in 3 Hauptvarianten unterschieden: das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom und die jeweiligen Frühformen (aktinische Keratosen). Aktinische Keratosen Die aktinischen Keratosen (Abb. 1) treten vorwiegend an über Jahre lichtexponierten Arealen auf, dazu gehören Kopfhaut, Gesicht, Arme, Ohren und Handrücken. Bei etwa 10 % aller Personen mit aktinischer Keratose und bei etwa 30 % der Patienten mit zusätzlicher Immunsuppression Abb. 1: Aktinische Keratose (Hautkrebsvorstufe) mit rauer, schmiergelpapierartiger Oberfläche Abb. 2: Basalzellkarzinom (Basaliom) 55 | ::Prävention Prävention Spielregeln für den sinnvollen Umgang mit der Sonne Für Hautkrebs ist die Sonnenbestrahlung als Hauptrisikofaktor bekannt. D aher steht bei der Hautkrebsprävention neben der Behandlung der Frühformen, der Sonnenschutz an 1. Stelle. -- Effektiver Sonnenschutz sollte jede Rötung sicher vermeiden. -- Meiden Sie die Mittagssonne zwischen 11.00 und 16.00 Uhr. -- Benutzen Sie Sonnencremes mit einem hohen Lichtschutzfaktor, mindestens 25. -- Tragen Sie den Lichtschutzfaktor immer 30 Minuten vor dem Sonnenbad auf. -- Verwenden Sie wasserfeste Sonnenschutzmittel. -- Beachten Sie textilen Lichtschutz, tragen Sie einen Hut oder eine Kappe sowie eine Sonnenbrille. Die Haut vergisst nichts. Ein Sonnenbrand verursacht irreparable Schäden in den Zellkernen (DNS), die nach Jahrzehnten zu Hautkrebs führen können. Kumulative Sonnenstrahlen, insbesondere UVA, sind für 90 % der sichtbaren Hautalterung verantwortlich. erosiver Oberfläche auf. Spätere Läsionen sind zumeist schuppende, unscharf begrenzte tumoröse Veränderungen, die gelegentlich ulzerieren. Sie sind palpatorisch meist sehr hart und z. T. schmerzhaft. Häufig finden sich präinvasive Stadien in der Umgebung oder an anderen lichtexponierten Hautarealen. Plattenepithelkarzinome wachsen in der Regel langsam und metastasieren spät. Basalzellkarzinom Basalzellkarzinome (Abb. 3) können vielgestaltig sein, es gibt knotig solide, ober- | 56 flächliche, pigmentierte, sklerosierende, exulzerierende und destruierend wachsende. Letztere können auch in die Tiefe wachsen und dort Knochen und Knorpel zerstören. In der Regel metastasieren sie nicht. Einige bilden Ausläufer in der Haut, die von außen nicht sichtbar sind. Therapie der Wahl ist die vollständige Entfernung des Karzinoms mit einem Sicherheitsabstand. Es wird erwartet, dass von den heute 35-jährigen jeder dritte ein Basalzellkarzinom entwickeln wird. Abb. 3: Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) Melanom (schwarzer Hautkrebs) Der schwarze Hautkrebs, das maligne Melanom (Abb. 4), entwickelt sich aus pigmentproduzierenden Zellen (Melanozyten). 57 % zeigen von der Morphologie das inzwischen wohlbekannte superfiziell spreitende Melanom, das mit der ABCD-Regel gut erkannt werden kann: A steht für Asymmetrie, in der Regel in zwei Ebenen, B für Begrenzung (eine unregelmässige Begrenzung sollte Anlass zur Vorsicht geben), C für Colour (= Farbe, mehrere Farben in einem Muttermal können Hinweis auf Entartung sein). D steht für Durchmesser, Pigmentmale die größer als 2mm sind, sollten beobachtet werden, insbesondere eine Wachstumstendenz kann Hinweis auf eine maligne Entartung sein. Bemerkenswert ist, dass ca. 43 % der Melanome nicht der klassischen ABCD-Regel entsprechen, sondern z. B. als noduläres malignes Melanom (21,4 %) oder Lentigo maligna Melanom (8 %) oder als akrolentiginöses Melanom an den Akren zu Tage treten. Darüber hinaus gibt es auch amelanotische Melanome, die nicht einmal das klassische dunkle Pigment aufweisen. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Melanome werden diese auch heute noch häufig verkannt, und es ist daher eine Beurteilung durch einen Hautfacharzt zu empfehlen. Denn das Melanom metastasiert früh und hat im fortgeschrittenen Stadium nach Fernmetastasenbildung eine 5-Jahres-Überlebensrate von unter 10 %. Werden Melanome im Frühstadium erfasst, ist die 5-Jahres-Überlebensrate bei fast 100 %, so dass hier die Früherkennung die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie darstellt. Diagnostik: Dermatoskopie Die Treffsicherheit bei der Beurteilung pigmentierter Hautveränderungen kann durch die Verwendung eines Dermatoskops signifikant verbessert werden. Bei der Dermatoskopie erfolgt eine nichtinvasive Auflichtmikroskopie, die in vivo das Studium der Hautoberfläche zur Erfassung epidermaler und dermaler Pigmentierungen sowie oberflächlicher Gefäßarchitektur ermöglicht. Die dermatoskopischen Strukturelemente werden unter Anwendung eines mehrstufigen Algorithmus ausgewertet und erlauben so eine wesentlich exaktere Beurteilung der Hautveränderung. Zahlreiche bildgebende, computergestütze Analyseverfahren basieren auf diesem Prinzip. Weil kleine Melanome (< 5mm) oder wenig pigmentierte ebenso wie die besonders aggressiven Melanomvarianten, wie das amelanotische Melanom, regressive oder knotige Melanome mit diesen Techniken nicht erfasst werden, sollte die abschließende Beurteilung nur durch einen umfassend ausgebildeten Dermatologen erfolgen. Solarien sind als Sonnenalternative ungeeignet Solarien verwenden zur Bräunung vorwiegend UVA. Heute ist bekannt, dass UVA massiv die Hautalterung fördert, aber auch an der Hautkrebsentstehung beteiligt ist. Somit sind diese Strahlen mindestens genauso gefährlich wie UVB-Strahlen. Bestrahlungsstärken von mehr als 0,3 W pro Quadratmeter dürfen nicht überschritten werden. ATOSnews Jugendliche unter 18 Jahren ist der Besuch von Solarien inzwischen gesetzlich verboten. Personen mit Hauttyp 1 sowie mit mehr als 40 Pigmentmalen sollten keinesfalls ein Solarium aufsuchen. Gleiches gilt natürlich ebenso bei bereits vorhandenen Hautkrebsvorstufen oder Immunsuppression. Impressum Herausgeber ATOS Praxisklinik Heidelberg Wissenschaftsredaktion Prof. Dr. Hajo Thermann Redaktion Positive Einflüsse der Sonne Selbstverständlich soll nicht jeder Sonnenkontakt gemieden werden. Trotzdem ist es sinnvoll die o.g. Spielregeln zu beachten. Für die notwendige Vitamin-D-Bildung würde es reichen, Gesicht und Handrücken alle 2 Tage für 10 Minuten der Sonne auszusetzen. Hautkrebs als Berufserkrankung Treten Hautkarzinome bei besonders exponierten Berufen wie Landwirte, Dachdecker, Bau- und Strassenarbeiter auf, können sie zur Anerkennung als Berufskrankheit (BK 5102) führen. Hierfür sind vom Gesetzgeber entsprechende Antragverfahren vorgesehen. Vorgehen beim Hautkrebsscreening Beim Hautkrebsscreening wird die gesamte Körperoberfläche betrachtet und die Anamnese erhoben. Die Aussagen des Patienten werden bei der Untersuchung berücksichtigt wie z. B. Pigmentmale, die in letzter Zeit die Farbe geändert haben, die nach jahrelangem Stillstand Wachstumstendenzen oder in letzter Zeit Symptome wie Juckreiz, Brennen oder sogar Blutungen zeigen. Der Hautfacharzt kann mittels Anamnese und einer Betrachtung mit dem Dermatoskop meist die Dignität der Hautveränderung einordnen. Besteht der Verdacht auf Dysplasie oder gar bereits bestehenden Hautkrebs, kann mit einer Gewebeprobe (Biopsie) die Diagnose gesichert werden. Hierzu wird in örtlicher Betäubung Gewebe exzidiert und dieses zur feingeweblichen Untersuchung eingeschickt. Bei manifestem Hautkrebs kann eine Nachexzision mit Sicherheitsabstand notwendig sein. Bei den Vorstufen des weißen Hautkrebses (aktinische Keratosen), die häufig als flächige Feldkanzerisierung bestehen, stehen zahlreiche Thera- Abb. 4: Superfiziell spreitendes Melanom (Schwarzer Hautkrebs) pieoptionen wie photodynamische Therapie (PDT), immunmodulierende Cremes/Gels, Kryotherapie oder chirurgische Verfahren zur Verfügung. Die geeignete Therapie wird an Hand der Lokalisation, Ausdehnung gemeinsam mit dem Patienten festgelegt. Fazit Die Prävention bei Hautkrebs ist sinnvoll – zum einen weil der Hauptrisikofaktor, die Sonne, gut bekannt ist und Sonnenschutz mit geeigneten Maßnahmen effektiv durchführbar ist. Andererseits sind Frühformen auf der Haut der Diagnostik hervorragend zugänglich. Neuaufgetretene Hautveränderungen oder sich verändernde Muttermale sollten kurzfristig vom Arzt Ihres Vertrauens beurteilt werden. Für Frühformen des Hautkrebses stehen geeignete Therapien zur Verfügung, so dass durch frühe Intervention in der Regel ein fortschreitender Verlauf verhindert werden kann. Nutzen Sie die wichtigen Vorsorgemaßnahmen wie geeigneter Sonnenschutz und die regelmäßige Hautkrebsvorsorge! Dr. Claudia Jäger Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, Phlebologie, Allergologie, Proktologie Tätigkeitsschwerpunkte Ästhetische Medizin und Dermatochirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] [email protected] www.atos-dermatologie.de Dr. Barbara Voll-Peters Eichenhainallee 34 51427 Bergisch-Gladbach Tel.: 02204 97 92 54 Fax: 02204 97 92 55 [email protected] Produktmanagement und Anzeigen Dipl.-Kfm. Manfred Böhler WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA GIT VERLAG Boschstrasse 12 69469 Weinheim Tel.: 06201 606-705 Fax: 06201 606-790 [email protected] www.wiley.com www.gitverlag.com Grund-Layout Reinshagen & Hartung GmbH, 68161 Mannheim Produktion WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA GIT VERLAG Herstellung: Christiane Potthast Layout: Ruth Herrmann, Ralf Prötzel Litho: Elke Palzer, Ramona Kreimes Druck: Frotscher Druck, Darmstadt V.i.S.d.P.: ATOS Praxisklinik GmbH & Co. KG Geschäftsführer Prof. Dr. Peter Habermeyer Bismarckstraße 9–15 69115 Heidelberg Telefon 06221 983-0 Telefax 06221 983-919 [email protected] www.atos.de Bildnachweis: Titelbild: © Luis Santos/Fotolia.com © Edgar Monkey/Fotolia.com 57 | ::ATOS ambulant Neues ambulantes OP-Centrum für Gelenk operationen in der ATOS-Klinik Heidelberg Von Erhan Basad Key words: Ambulante Operationen, Ambulantes OP-Centrum, AOC, Kassenärztliche Versorgung, Gelenkoperationen, Arthroskopie. Im Januar 2012 ist im neuen Flügel der ATOS-Klinik ein ambulantes OP-Centrum (AOC) mit einem neuartigen Konzept eröffnet worden. Als Novum sind dort nun ambulante Operationen auch an großen Gelenken bei privat und bei gesetzlich versicherten Patienten möglich. Hoher ATOS-Standard für die Patienten Für gesetzlich versicherte Patienten gilt, dass bei geforderter Kostenersparnis und den Möglichkeiten minimal invasiver Techniken immer häufiger Operationen ambulant durchgeführt werden. Im neuen Flügel der ATOS-Klinik wurde kürzlich die Einweihung des ambulanten OP-Centrum (kurz: AOC) unter der Leitung von Dr. Friedrich Betzer gefeiert. Seit Januar 2012 betreuen er und sein Team das AOC aus anästhesiologischer Sicht. Durch meinen zeitgleichen Einstieg in der ATOS-Klinik zu Anfang des Jahres konnte die Ausstattung mit modernsten Geräten und OP-Instrumenten in enger Zusammenarbeit erfolgen. So wurde eine hochauflösende Video-Anlage für arthroskopische Operationen aufgestellt. Darüber hinaus konnte ich den OP mit neuesten Instrumenten und Implantaten für die Durchführung von Operationen an Knie-, Schulterund Sprunggelenken ausstatten. Zusammen mit dem Team von Dr. Betzer und Unterstützung durch die Industrie wurde eine bedeutende Aufbauarbeit geleistet. Das operative Spektrum der ATOS-Klinik ist daher im ambulanten Bereich nun erheblich erweitert. | 58 Auch die organisatorischen Abläufe für Patienten und Ärzte konnten grundlegend erleichtert werden. Nicht nur die neueste apparative Ausstattung zeugt von hohem ATOS-Standard. Die Serviceleistung mit kurzen Wegen gehört selbstverständlich auch dazu. Dies beginnt mit der Kontaktaufnahme des Patienten in der Anästhesie-Abteilung, gleich nachdem durch den Operateur in einer der ATOS-Sprechstunden die Indikation gestellt wurde. OP- und Narkose-Vorbereitung sind für den Patienten sofort und kompetent, ohne erneute Wiedervorstellung, möglich. Am OP-Tag werden die Patienten in den stilvoll eingerichteten Empfangs-Räumen (Abb. 1 und 2) im Erdgeschoss der Luisenstrasse 5 für die Operation vorbereitet. Angehörige und Begleitpersonen können ebenfalls vom Wartebereich und der Gastronomie in der ATOS-Klinik profitieren. Das AOC verfügt über drei Eingriffsräume mit Laminar Air Flow, HD-Video-Anlagen, Röntgen-Durchleuchtung, einem großzügigen Aufwachbereich mit Ruheräumen und einer modernen Plasma-Sterilisationseinheit. Jeder ATOS-Arzt hat die Möglichkeit, Eingriffe im AOC durchzuführen. Sofern eine Kassenzulassung und eine Erlaubnis zum Durchführen ambulanter Operationen vorhanden sind, können auch gesetzlich versicherte Patienten dort von einem ATOS-Arzt operiert werden. Das AOC kooperiert engmaschig mit vielen Zentren der ATOS-Klinik, u. a. mit dem Zentrum für Hand- Ellenbogen- und Fußchirurgie (Dres. Berlet, Bouman, Polzer), dem Zentrum für Hüft- und Knie-Endoprothetik und Regenerative Gelenkchirurgie (Prof. Dr. Gruber und Dr. Basad) und der D-Arztpraxis für Unfallchirurgie und Orthopädie, Sportmedizin, Notfallambulanz (Dres. Klonz, Schwenteck-Alt und Volk). Nach dem bisherigen Aufkommen ist dieses Jahr von 2500 Eingriffen an Händen und Füßen sowie mit 750 Operationen an großen Gelenken wie Knie, Schulter und Sprunggelenk zu rechnen. Hinzuzufügen sind etwa 200 ambulante Infiltrationsbehandlungen bzw. Denervierungen an der Wirbelsäule pro Jahr. Ab September 2012 wird die Spezialpraxis für Chirurgie, Phlebologie und Hernienchirurgie (Dres. Friedl und Rappold) dazustoßen. ATOSnews Abb. 1: Eingangsbereich im Carrée Abb. 2: Anmeldebereich Tab. 1: Häufige Operationen im AOC an großen Gelenken OP-Spektrum für große Gelenke: Knie, Schulter und Sprunggelenk Kniegelenk Dank minimal invasiver Techniken und routinierter Operateure können im AOC der ATOSKlink auch aufwändigere rekonstruktive Operationen an großen Gelenken ambulant durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch große Erfahrung bei den Operateuren und nach der OP die schnelle Verfügbarkeit der behandelnden Ärzte. Dabei gilt: Nicht nur kleine Schnitte, sondern auch kurze Operationszeiten dank routinierter Spezialisten verringern das Operationstrauma und das Infekt-Risiko. Folgende Operationen auch an großen Gelenken werden häufiger im AOC durchgeführt (siehe Tab. 1). Vordere und hintere Kreuzbandersatzplastiken OP-Spektrum an Hand, Ellenbogen und Fuß Die Fachdisziplinen der Hand- und Fuß chirurgie sind dank moderner Implantate und endoskopischer Techniken größtenteils ambulant abbildbar. Das Zentrum für Hand, Ellenbogen- und Fußchirurgie der ATOS- Klinik (Dres. Berlet, Bouman, Polzer) bietet das gesamte Spektrum von Operationen im AOC an und kann höhere Operationszahlen (ca. 2500 Eingriffe pro Jahr) als manch ein großes Klinikum vorweisen (siehe Tab. 2). ➔ Arthroskopische, resezierende und erhaltende Meniskuschirurgie Minimal-Invasive Bandplastiken zur Behandlung von Patella-Instabilitäten Arthroskopische knorpel-regenerierende Operationen Arthroskopische und mini-open Behandlung osteochondraler Defekte Arthroskopische Entfernung von freien Gelenkkörpern Kleine Osteosynthesen (Impressionsfrakturen und Ausrissfrakturen) Schulter und Ellenbogen Subakromiale Dekompressionen bei Engpass-Syndromen der Schulter Naht und Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette Fesselungen und Bandplastiken bei Schultereckgelenk-Verletzungen Arthroskopische Schulterstabilisierungen Arthroskopische Lösung von Arthrofibrosen Arthroskopische Entfernung von freien Gelenkkörpern Kleine Osteosynthesen (Ausrissfrakturen, Klavikula-Frakturen) Sprunggelenk Arthroskopische Behandlung von Impingement-Syndromen am Sprunggelenk Bandrekonstruktionen bei frischen oder chronischen Instabilitäten Arthroskopische knorpelregenerierende Operationen Behandlung osteochondraler Defekte am Talus Achillessehnen-Rekonstruktionen Entfernung von freien Gelenkkörpern Kleine Osteosynthesen (Knöchelfrakturen und Ausrissfrakturen) 59 | ::ATOS ambulant Tabelle 2: Häufige Operationen an Händen, Ellenbogen und Füßen Hand Versorgung von Verletzungen an Knochen, Sehnen und Gelenken Operationen bei chronischen Erkrankungen der Gelenke (Gelenkersatz) Arthroskopische Chirurgie des Handgelenkes Operationen bei Neubildungen, Tumoren, Ganglien und M. Dupuytren Operationen bei degenerativen Veränderungen der Sehnen Rheuma-chirurgische Eingriffe Plastische Deckungen bei Narben und Defekten Operationen bei Nerven-Einengungen (z. B. Karpaltunnel) Ellenbogen Operationen bei Tennis- und Golfer-Ellenbogen Arthrolysen bei degenerativen Bewegungseinschränkungen Arthroskopische Chirurgie des Ellenbogengelenkes Operationen bei Nervenkompressionen Rheuma-chirurgische Eingriffe Fuß Operationen bei Vorfuß-Deformitäten Operationen bei Arthrosen der Fußgelenke Operationen bei Nervenkompressionen Rheuma-chirurgische Eingriffe Ambulante Behandlungen an der Wirbelsäule Prof. Gruber ist Spezialist auf dem Gebiet der strahlungsfreien sonografisch gestützten Injektionstherapie und Thermo-Koagulations-Denervierung an der Wirbelsäule und den Iliosakralgelenken. Folgende Behandlungen werden von ihm im AOC durchgeführt (siehe Tab. 3). erreichbar sein. Für Patienten, die von weiteren Entfernungen anreisen, haben wir für unsere ATOS-Praxis (Prof. Dr. Gruber und Dr. Basad) daher das Konzept mit dem Namen „OP, Bed & Breakfast“ aufgestellt. In Zusammenarbeit mit einem benachbarten Hotel bieten wir kürzeste Wege zur Klinik und zu den Operateuren. Patienten, die eine weite Anreise haben, können eine Übernachtung im Hotel (www.panorama-heidelberg.de) mit Blick auf den Neckar zu ATOS-Sonderkonditionen buchen. Den Ablauf von „OP, Bed & Breakfast“ kann man folgendermaßen beschreiben: Wir buchen für den Patienten über unsere Praxis das Hotelzimmer passend zum OP-Termin. Am Morgen der Operation kommt der Patient nüchtern vom Hotel in das AOC der ATOS-Klinik. Um längere Wartezeiten zu verhindern, werden die Patienten nach der Reihenfolge im OP-Plan einbestellt. Nach dem Eingriff kommen die Patienten zunächst zur Überwachung in einen Aufwachbereich und Anschließend in einen Ruhebereich (Abb. 3). Der Operateur entlässt die Patienten nach Wundkontrolle persönlich 2-3 Stunden nach durchgeführter Operation. Alle Briefe, Videoaufnahmen von der Operation und Rezepte werden dem Patienten noch am OPTag in einer Mappe persönlich ausgehändigt. Die Wundkontrolle und der erste Verbandswechsel am nächsten Tag können nach Übernachtung und einem Frühstück in entspannter Hotel-Atmosphäre in der benachbarten ATOS-Klinik erfolgen. Das Hotel ist in der Betreuung von OP-Patienten seit Jahren ein verlässlicher Partner der ATOS-Klinik. So kann das Frühstück bei weniger mobilen Patienten so wie in einer Klinik natürlich auch ans Bett gebracht werden. Für den Operateur ist die Kontrolle von Operationen an großen Gelenken sehr wichtig, um Gelenkschwellungen und Ergüsse rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Der Operateur demonstriert dem Patienten anhand von Videoaufnahmen den Verlauf der Operation und kann alle Fragen zur Prognose und Nachbehandlung beantworten. Mit der Gewissheit, dass alles in Ordnung ist, kann der Patient die Heimreise antreten. Sollte aus OP, Bed & Breakfast Durch die überregionale Bekanntheit der ATOS-Klinik kommen Patienten aus einem sehr weiten Umkreis zu den hiesigen Spezialisten. Ambulante operative Eingriffe benötigen vor und nach der Operation Besuche des Patienten beim Operateur. Die Klinik und der Operateur müssen für den Patienten in der ersten Nacht nach der OP bei Bedarf jederzeit und schnell | 60 Tabelle 3: Minimalinvasive Wirbelsäulentherapie Wirbelsäule Thermische Denervierung und Infiltrationstherapie von Facettengelenken Thermische Denervierung und Infiltrationstherapie an den Iliosakralgelenken ATOSnews trum. In diesem Bereich können auch gesetzlich versicherte Patienten operiert werden. Bereits kurze Zeit nach der Eröffnung konnte das neue AOC ein reges Aufkommen an Operationen, insbesondere auch großer Gelenke, verzeichnen. Das Konzept des hohen OP-Standards der ATOS-Privatklinik für gesetzlich versicherte Patienten ging auf. Der bisherige Zuspruch zeigt schon jetzt einen viel versprechenden Erfolg dieses Konzeptes im Rahmen durch Kostendruck immer häufiger durchgeführter ambulanter Operationen. Hoher ATOS-OP-Standard und ATOSService stehen nun einem größeren Teil von Patienten sowohl aus der nahen als auch weiteren Umgebung zur Verfügung. Abb. 3: Ruheraum für Patienten medizinischen Gründen bei gesetzlich versicherten Patienten doch eine stationäre Aufnahme nach der OP erforderlich sein, verfügt der Betreiber des AOC über Belegbetten im OP-Centrum in der Görresstraße 22. Eine unter besonderen Umständen erforderliche Verlegung und umfassende medizinische Versorgung ist somit, bei Bedarf, ebenfalls gewährleistet. Fazit Seit Anfang des Jahres 2012 verfügt die ATOS-Klinik über ein ambulantes OP-Cen- VERILAST™ Oxidiertes Zirkonium mit XLPE Dr. Erhan Basad Zentrum für Hüft- und Knie-Endoprothetik und Regenerative Gelenkchirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] *Eine Technologie von smith&nephew Wir haben etwas gegen Abrieb. Eine der Hauptursachen für Implantatversagen ist Abrieb. Verbesserte Implantatmaterialien können die Versagensrate senken. Der VERILAST™ Markteinführung gingen in-vitro Abriebsimulationen mit mehr als 45 Millionen Belastungszyklen voraus. Die Abriebraten lagen nach einem simulierten Zeitraum von 30 Jahren um 80% niedriger als bei Standardmaterialien nach bereits 3 Jahren. * Kniesimulatortest mit Oxinium Femurkomponente und XLPE Einsatz Smith & Nephew GmbH | Mainstraße 2 | D-45768 Marl | T +49 (0)2365 91 81-0 | F +49 (0)2365 91 81-10 | www.smith-nephew.de ™Trademark of Smith & Nephew. ::Fachbeiträge Blut-Management in der Knieund Hüftendoprothetik Von Friedrich Böttner und Johannes Buckup Key words: Blutransfusion, Eigenblutspende, Erythropoetin, Cell-Saver Die endoprothetische Versorgung einer Knie- oder Hüftarthrose geht häufig mit einem signifikanten Blutverlust einher [1], und macht nicht selten eine Bluttransfusion notwendig. Zusätzlich weisen durchschnittlich 24 % aller Patienten bereits vor der Implantation einer Hüft- oder Knieendoprothese eine Anämie auf (Frauen Hb < 12 g/dl, Männer Hb < 13 g/dl) [2]. Ziel ist es heute die verschiedenen Optionen des Blutmanagements so einzusetzen, dass das Risiko einer Fremdbluttransfusion [3-5] minimiert wird, ohne das unverhältnismäßige Kosten für das Gesundheitssystem entstehen. spende das Risiko für Bluttransfusionen nur für anämische Patienten reduziert, nicht dagegen für nicht-anämische Patienten [15]. Basierend auf diesen Studien und den Ergebnissen aus der aktuellen Literatur empfehlen wir heute eine präoperative Eigenblutspende nur noch für Patienten mit einem Hämoglobinwert zwischen 11 und 12.5 g/dL (Abb.1). Was sind die Alternativen zur Eigenblutspende? Die präoperative Diagnostik Entsprechend den Leitlinien der NATA (Network for Advancement of Transfusion Alternatives) sollte die Diagnose und Therapie einer Anämie bereits 28 Tage vor dem operativen Eingriff beginnen [6]. Da der präoperative Hb-Wert der beste Marker für das Risiko einer perioperativen Bluttransfusion ist, ist seine rechtzeitige Bestimmung der wohl wichtigste Schritt eines jeden Blutmanagement-Protokolls. Je nach Typ der Anämie kann dabei die präoperative Therapie vorbestehender chronischer Erkrankungen als auch die Gabe von Erythropoetin, Eisen, Vitamin B12 (Kobalamin) oder Folsäure sinnvoll sein [7]. Des Weiteren muss eine exakte Beurteilung von Krankheiten und Medikamenten erfolgen, welche Einfluss auf die Blutgerinnung nehmen. Die Einnahme von Aspirin, Clopidogrel (Plavix®), Heparin, Fondaparinux (Arixtra®) oder Vitamin-K-Antagonisten (Marcumar, Warfarin) geht mit einem signifikant erhöhten Blutungsrisiko einher und sollte wenn möglich vor der Operation ausgesetzt werden. | 62 Wie kann der Blutverlust reduziert und der Bedarf an Transfusionen gesenkt werden? Die präoperative Eigenblutspende Zur Reduktion der Fremdbluttransfusionen und der damit verbundenen Risiken war die präoperative Eigenblutspende über viele Jahre das Standardverfahren. Da Eigenblutkonserven jedoch die Gesamttransfusionsrate erhöhen und bei zirka 50 % der Patienten postoperativ keine Notwendigkeit besteht, das gespendete Blut zu transfundieren, wird die generelle Eigenblutspende vor der Implantation einer Hüft- und Knieendoprothese heute allgemein in Frage gestellt [8-11]. Der präoperative Hb-Wert ist der wichtigste Risikofaktor für eine peri- oder postoperative Bluttransfusion [9, 12, 13]. In Studien wurde gezeigt, dass Patienten mit einem Hämoglobinwert über 13 g/dl ein 5mal niedrigeres Risiko für die Notwendigkeit einer Bluttransfusion aufweisen als Patienten mit Hämoglobinwerten unterhalb von 13 g/ dl [14]. In eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass eine präoperative Eigenblut- Erythropoetin Erythropoetin (EPO) ist ein in der Niere gebildetes Glykoprotein, welches die Erythrozytenbildung stimuliert. Durch die Verabreichung von rekombinantem EPO kann der präoperative Hb-Wert gesteigert und dadurch effektiv die Gabe von Fremdblut reduziert werden [16, 17]. Der Erfolg einer EPO-Behandlung hängt sowohl von der verabreichten Dosis als auch vom Eisenhaushalt und möglichen Begleiterkrankungen ab. Bei Patienten mit präoperativen Hb-Werten zwischen 10 und 13 g/dl kann durch EPO das Transfusionsrisiko um 16-45 % reduziert werden [18]. Auch wenn die Effektivität von EPO in vielen Studien nachgewiesen werden konnte, ist eine Indikation zur EPO-Therapie mit großer Vorsicht zu stellen. Eine EPO-Therapie kann das Risiko für thromboembolische Ereignisse signifikant steigern, ist sehr kostenintensiv und aufgrund vieler Kontraindikationen nicht generell möglich. Vor allem kardiovaskuläre Vorerkrankungen, ein Krampfleiden oder unkontrollierte Hypertonien sind absolute Kontraindikationen. Die Autoren nutzen EPO heute vor allem bei Patienten mit sehr niedrigen präoperativen Hb-Werten (< 11.0 g/dL). ATOSnews präoperatives Hämoglobin bestimmen Hb 11 – 12,5 g/dl Hb > 12,5 g/dl Eigenblutspende (eine Konserve) Keine Eigenblutspende „Cell-Saver“ – Retransfusionssysteme Cell-Saver ermöglichen es, bis zu 60 % des Drainage- und Saugerblutes wieder zu reinfundieren und damit die Rate an Fremdbluttransfusionen signifikant zu reduzieren [1921]. Das Blut kann dabei gewaschen oder ungewaschen reinfundiert werden, ohne dass dies die Effizienz des Reinfusionssystems beeinflusst [22]. Auch wenn gewaschenes Blut wesentlich weniger Zytokine enthält und damit seltener zu fiebrigen Reaktionen führt, scheint ungewaschenes Blut eine vertretbare Komplikationsrate aufzuweisen [23]. Reinfusionssysteme sollten bei Vorhandensein von malignen Krebserkrankungen, Infektionen oder Wundkontaminationen nicht verwendet werden. Des weiteren ist eine bestimmte Menge an Blut zur Aufbereitung notwendig und ein Cell-Saver um so effizienter, je höher der perioperative Blutverlust ist. Gerade für anämische Patienten, für die eine präoperative Eigenblutspende oder die Therapie mit EPO nicht möglich ist, stellen die Reinfusionssysteme ein sinnvolles Verfahren dar. Interessant ist der Einsatz auch für Patienten, bei denen aufgrund einer beidseitigen Prothesenimplantation oder einer präoperativen Therapie mit einem Gerinnungshemmer ein erhöhter Blutverlust erwartet wird. Antifibrinolytika Die Antifibrinolytika Tranexamsäure (TXA), Aprotinin oder e-Amino-Capronsäure (EACA) greifen an verschiedenen Stellen der Gerinnungskaskade an und beschleunigen so die Blutgerinnung [24]. Auch wenn viele Studien die Effektivität dieser Medikamente belegen konnten [24, 25], kann das Eingreifen in das systemische Abb.1: Algorithmus zur Eigenblutspende Gerinnungssystem mit ernsthaften thromboembolischen Risiken verbunden sein [25]. Aufgrund eines erhöhten Myokardinfarktrisikos wurde Aprotinin 2007 vom Markt genommen [26]. Die Medikamente Tranexamsäure und EACA sind Lysin-Analoga und inhibieren die Fibrinolyse, indem sie durch eine Komplexbildung mit Plasminogen dessen Bindung an Fibrin verhindern. Während das Cochrane-Zentrum für EACA bei orthopädischen Operationen keinen signifikanten Nutzen zeigen konnte [25], wurde für die Verwendung von TXA eine signifikante Reduktion von Fremdbluttransfusionen beschrieben, ohne dass dabei das Risiko für tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien oder Infektionen anstieg [25, 27]. Die Autoren sehen in Tranexamsäure angesichts der nur geringen Kosten, der nachgewiesenen Wirksamkeit und des relativ geringen Thromboserisikos aufgrund der aggressiven Thromboseprophylaxe in Deutschland eine sehr interessante Alternative. Topische Fibrinkleber – „Fibrin Sealants“ Bereits Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurden topische Arzneimittel entwickelt, welche die Thrombozytenaggregation fördern und den Ablauf der Gerinnungskaskade beschleunigen sollten [28]. Aufgrund des damals erheblichen Risikos von Krankheitsübertragungen durch gepoolte Blutprodukte wurde ihr Einsatz jedoch gestoppt. Erst in den letzten 15 Jahren ist es gelungen, sichere Fibrinkleber herzustellen. Fibrinkleber enthalten Fibrinogen und Thrombin als aktive Komponenten. Wenn beide in der Wunde auf einander treffen, kommt es durch die hochspezifische Protease Thrombin zu einer Aktivierung von Fibrinogen zu Fibrin und da- durch zu einer Aktivierung der Gerinnungskaskade. Der Gebrauch von Fibrinsprays ist vor allem bei der Implantation von Knieprothesen von Nutzen, da die Verwendung von Druckmanschetten zur Unterbindung der Blutversorgung die postoperative Fibrinolyse steigert und dies zu erhöhten postoperativen Blutverlusten führen kann [29]. Einige Studien konnten zeigen, dass der Gebrauch von Fibrinsprays den Blutverlust signifikant verringert und damit den Bedarf an Bluttransfusionen reduziert [30–32]. Vor allem Evicel® (Johnson& Johnson Medical GmbH) scheint aufgrund seiner einfachen Handhabbarkeit für den Einsatz in der Knieendoprothetik geeignet zu sein. Die Autoren nutzen Fibrinkleber vor allem bei Knieprothesenpatienten mit einer präoperativen Anämie, einer erhöhten Blutungsneigung (Hämophilie) oder nach vorangegangener präoperativer Therapie mit Gerinnungshemmern. Fazit Ein zielgerichtetes Blutmanagement basierend auf dem präoperativen Hb-Wert ist effektiv und kostensparend. Neben der präoperativen Eigenblutgabe steht heute eine Vielzahl an weiteren Optionen zur Verfügung. Sowohl Reinfusionssysteme, Antifibrinolytika (Tranexamsäure) als auch Fibrinsprays können als Alternative zur Eigenblutspende bei anämischen Patienten (Hb-Werte 11 bis 12.5 g/dL) eingesetzt werden. Die Gabe von EPO ist vor allem bei Patienten mit einem präoperativen Hämoglobinwert unter 11g/ dL sinnvoll. Für Patienten, die präoperativ normale Hb-Werte aufweisen und bei denen kein erhöhter Blutverlust erwartet wird, ist wahrscheinlich keines der angesprochenen Verfahren kosteneffizient. Literatur bei den Verfassern Dr. Friedrich Böttner Dr. Johannes Buckup ATOS Klinik München Zentrum für Knie- und Hüftendoprothetik [email protected] 63 | ::Fachbeiträge Ergebnisse nach arthroskopischer Knorpelzelltransplantation Vier Case Reports Von Rainer Siebold und Peter Schuhmacher 1. Fall Patient 1 (männlich, 17 Jahre) stellte sich im Juni 2010 mit belastungsabhängigen Beschwerden im linken Kniegelenk nach zwei Jahre zurückliegendem Trauma vor. 2007 erfolgte bereits bei diagnostizierter Osteochondrosis dissecans der Versuch einer Mikrofrakturierung ex domo. Diese zeigte bei unserem Patienten jedoch nur kurzzeitig eine Besserung der Beschwerden. Kernspintomographisch ergab sich ein großer 3.-4.-gradiger Knorpelschaden in der Hauptbelastungszone der medialen Femurkondyle sowie ein deutliches Knochenmarksödem. Aufgrund der Beschwerden des jungen Patienten und der eindrücklichen radiologischen Befunde rieten wir dem Patienten zur Knorpelzelltransplantation sowie bei deutlicher O-Bein-Stellung zusätzlich zur Umstellungsosteotomie des Unterschenkels zur Entlastung des geschädigten Bereichs. 6 Wochen nach Entnahme der Knorpelzellen erfolgte planmäßig die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) sowie die tibiale valgisierende Umstellungsosteotomie. Bei komplikationsfreiem Verlauf konnten wir die Metallentfernung nach 10 Monaten durchführen. Dabei wurde eine erneute Arthroskopie des linken Kniegelenkes zur Sichtung des Knorpelregenerats vorgenommen. Nach der Metallentfernung beschrieb sich der Patient selbst als vollkommen beschwerdefrei. | 64 Abb. 1a: Ausgeprägter 3-4° Knorpelschaden nach Osteochondrosis dissecans an der medialen Femurkondyle Abb. 1b: Gesäuberter subchondraler Knochen zur Vorbereitung der ACT Abb. 1c: Arthroskopische Verteilung der implantierten körpereigenen Knorpelzellen Abb 1d: Stabiles Knorpelregenerat 10 Monate nach ACT und Umstellungsosteotomie ATOSnews Abb. 2a: Tiefer großflächiger Knorpeldefekt in der Belastungszone der medialen Femurkondyle Abb. 2b: Arthroskopische Präparation des Defektbettes mit stabilem Knorpelrand Abb. 2c: Knorpelzellen nach arthroskopischer Implantation Abb. 2d: Vollständige Defektdeckung 10 Monate nach der Knorpelzelltransplantation 2. Fall Patient 2 (männlich, 44 Jahre) berichtete im März 2011 über belastungsabhängige und nächtliche stechende Schmerzen im medialen Abschnitt des rechten Kniegelenkes sowie Schwellneigung bei Belastung. Vor 3 Jahren kam es laut Angaben des Patienten zu einem Überstrecktrauma mit Stauchung des rechten Kniegelenkes. Seitdem nahmen die Schmerzen immer weiter zu. Im MRT zeigte sich ein großflächiger 3.-4.-gradiger Knorpelschaden an der medialen Femurkondyle sowie ein sichtbares Knochenmarksödem bei regelrechter Beinachse. Aufgrund der raschen Beschwerdeprogredienz führten wir eine arthroskopische Knorpelzelltransplantation durch, um eine Früharthrose zu vermeiden. Durch ein Trauma kam es 10 Monate später zu einem zweiten Knorpelschaden im Gleitlager der Kniescheibe. Bei der daraufhin durchgeführten Arthroskopie zeigte sich eine vollständige, jedoch noch etwas unregelmäßige Deckung der Knorpeloberfläche im Bereich der ACT an der medialen Femurkondyle. 65 | ::Fachbeiträge Abb. 3a: Großflächiger posttraumatischer Knorpeldefekt im Gleitlager der Patella Abb. 3b: Großflächige Säuberung der Defektzone Abb. 3c: Arthroskopische Verteilung der Knorpelzellen Abb. 3d: Vollständige Einheilung der Zellen nach 9 Monaten 3. Fall Die Vorstellung des Patienten 3 (männlich, 39 Jahre) erfolgte im April 2011 aufgrund von Schmerzen im linken Kniegelenk bei Belastung sowie in Ruhe. 7 Monate zuvor wurde eine Arthroskopie des betroffenen Kniegelenks mit Chondroplastik und Mikrofrakturierung ex domo durchgeführt, jedoch ohne wesentliche Besserung der Beschwerden. Im MRT zeigte sich ein deutlicher viertgradiger Knorpelschaden im Bereich | 66 des Patellagleitlagers sowie des medialen Femurkondylus. Wir entschlossen uns zur Knorpelzelltransplantation des linken Kniegelenkes sowie zusätzlich zu einer valgisierenden Tibiakopfumstellungsosteotomie. 9 Monate nach Implantation der Knorpelzellen zeigte sich bei der Metallentfernung der tibial einliegenden Osteotomieplatte eine vollständige Deckung der Knorpeldefekte mit stabilem Knorpelregenerat. ATOSnews 4. Fall Abb. 4a: 4°Knorpelulkus am lateralen Femurkondylus Abb. 4b: Arthroskopische Applikation der Knorpelzellen in den Knorpeldefekt Abb. 4c: Verteilung der Knorpelzellen in den Knorpeldefekt Patient 4 (weiblich, 37 Jahre) stellte sich im Oktober 2009 erstmals aufgrund von Schmerzen mit Schwellneigung im rechten Kniegelenk nach Belastung vor. Kernspintomographisch zeigte sich ein geringgradiger Knorpelschaden hinter der Patella und ein schmerzhaftes 3-4.gradiges Knorpelulkus im lateralen Kompartiment. Intraoperativ bestätigte sich der Befund, so dass eine Knorpelzellentnahme zur Transplantation im Bereich der lateralen Femurkondyle eingeleitet wurde. Aufgrund wiederkehrender retropatellarer Beschwerden führten wir bei der Patientin 1,5 Jahre nach der ACT eine erneute Arthroskopie des rechten Kniegelenkes durch. Dabei zeigte sich eine vollständige und stabile Knorpeldeckung im Bereich des transplantierten Areals. Abb. 4d: Arthroskopisches Ergebnis 1,5 Jahre nach der ACT PD Dr. Rainer Siebold Dr. Peter Schuhmacher Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] Körpereigene Zelltherapie zur Regeneration von Gelenkknorpel • mehr als 15 Jahre Erfahrung Die autologe dreidimensionale Knorpelzelltransplantation • mehr als 4.500 Patienten (M-ACT) ist eine biologische Therapie zur Behandlung von erfolgreich behandelt Schäden am Gelenkknorpel des Knie-, Schulter-, Hüft-, El- • bereits in mehr als 100 Kliniken im Einsatz • ausschließlich körpereigen • ohne Fremd- und Zusatzstoffe • höchste Patientensicherheit • Einstufung als Arzneimittel lenbogen- und Sprunggelenks mit körpereigenen (autologen) Knorpelzell-Sphäroiden. • Auslieferung als „ready to use“-System • minimalinvasive Sphäroidapplikation • gute Erreichbarkeit auch schwierig gelegener Defektareale • zielgenaue Dosierung im gesamten Defektbereich kostenfreie Info-Hotline: 0800 566 77 35 www.codon.de ::Fachbeiträge Knieverletzungen im Kindesalter Teil 1: Kreuzbandverletzung: Vorteile für die Operation Key words: Kreuzbandruptur, Knieverletzungen bei Kindern, Meniskus Eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) bei Kindern und Jugendlichen ist eine schwerwiegende Verletzung, die eine dauerhafte Schädigung für das junge Kniegelenk bedeutet. Kontaktsportarten sind mit 33 % bis 65 % häufigste Ursache. Aber auch Fahrradstürze, Skistürze und Verletzungen im Schulsport führen nicht selten zum Riss des vorderen Kreuzbandes. Hinsichtlich der Therapie herrscht bei einigen Kollegen Unsicherheit – wann soll man zur Operation raten? Die Verletzung führt zu Schmerzen und Instabilität. Die damit verbundene ZwangsSportpause ist ein sehr einschneidendes Erlebnis für die jungen Patienten und die besorgten Eltern. Immer noch besteht Unsicherheit, was man den Eltern und den Kindern in dieser Situation raten sollen. Konservative Therapie mit Orthese? Operation mit der Gefahr der Wachstumsstörung und Achsdeformität? Konservatives oder operatives Vorgehen? Die Frage kann heute auf der Basis zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen in anerkannten Fachzeitschriften klar beantwortet werden: Die konservative Therapie führt leider bei den meist sehr aktiven Patienten zu unakzeptablen Ergebnissen. Viele Kinder und Jugendliche leiden unter der rezidivierenden Instabilität im Alltag und Sport. Im Verlauf treten bei knapp 40 % der Kinder zusätzliche Meniskusverletzungen und frühe Arthrosezeichen auf (1, 2). Lawrence et al. (3) untersuchten 70 jugendliche Patienten nach VKB-Rekonstruktion bei offenen Wachstumsfugen. Patienten, die drei Monate nach dem Unfall oder später mit einem Kreuzbandersatz versorgt wurden, hatten signifikant häufiger irreparable Innenmeniskusverletzungen und Knorpelschäden im lateralen | 68 Abb. 1: Femoraler Bohrkanal mit weißem Wachstumsfugenring Kompartment. Lag ein subjektives Instabilitätsgefühl bei den Kindern und Jugendlichen vor, war die Anzahl sekundärer Verletzungen des Meniskus und des Knorpels noch höher und schwerwiegender. Eine Früharthrose kann dann nicht mehr aufgehalten werden. Eine Vielzahl weiterer wissenschaftlicher Studien kommen zu ähnlich schlechten Ergebnissen der konservativen Therapie, so dass es zur Stabilisierung des Kniegelenkes mittels Kreuzbandersatz zum Schutz des Meniskus und des Knorpels leider keine sinnvolle Alternative gibt. Abb. 2: Nach Kreuzbandoperation bei indern ist eine Knieorthese sinnvoll K N O T E S & N E W S :: PD Dr. Siebold zum Vorsitzenden des Arthroskopie-Komitees der ESSKA ernannt PD Dr. Rainer Siebold Auf dem 15. ESSKA Kongress in Genf wurde PD Dr. Rainer Siebold aus dem Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchir urgie der ATOS Klinik Heidelberg zum Vorsitzenden des Arthroskopie Komitees der Europäischen Gesellschaft für Sporttraumatologie, Kniechirurgie und Arthroskopie ernannt. Mit dieser Auszeichnung wird sein internationales Engagement sowie seine klinische und wissenschaftliche Kompetenz im Bereich der arthroskopischen Kniechirurgie gewürdigt. Aufgaben der aus 15 europäischen Ländern stammenden Mitglieder des Komitees ist die Weiterbildung junger Kollegen und die Planung sowie Durchführung von Symposien und Veranstaltungen rund um die aktuellen Themen der arthroskopischen Kniechirurgie. Unter der Leitung von Dr. Siebold wird das europäische Komitee in den kommenden zwei Jahren außerdem ein Fachbuch zur Behandlung und operativen Versorgung bei Kreuzbandruptur publizieren. Dr. Siebold verbrachte nach Studium und ersten klinischen Erfahrungen ein Jahr in Melbourne/Australien, wo er bei den Kniespezialisten Prof. Bartlett, Prof. Feller und Prof. Morris lernte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 2004 spezialisierte er sich auf die Kniechirurgie. Seine klinischen und wissenschaftlichen Arbeiten konzentrieren sich auf Anatomie und Operationstechniken des vorderen Kreuzbandes, des Meniskus Aesculap® Metha® Der Kurzschaft. ■ Knochenerhaltende und weichteilschonende Operationstechnik ■ Vielfältigkeit durch umfangreiches Prothesensortiment ■ Förderung der knöchernen Integration durch spezielle Beschichtung Weitere Informationen unter www.kurzschaft.de Aesculap AG | 78532 Tuttlingen | www.aesculap.de und des Knorpels. 2007 erhielt er das sportmedizinische AOSSM-ESSKA Traveling Fellowship Stipendium der Europäischen Gesellschaft für Knie-Chirurgie, Sporttraumatologie und Arthroskopie und außerdem das Pittsburgh Stipendium der Gesellschaft für Arthroskopie und Kniechirurgie (AGA). Seit 2008 ist Dr. Siebold als Kniespezialist und Nachfolger von Prof. Pässler in der Praxis für HüftKnie- und Fußchirurgie sowie Sporttraumatologie der ATOS-Klinik Heidelberg tätig. Er ist Mitglied vieler internationaler Verbände, z. B. der Internationalen Gesellschaft für Arthroskopie, Knie- und Sporttraumatologie (ISAKOS), der Australischen Gesellschaft für Kniechirurgie, der internationalen Studiengruppe zum vorderen Kreuzband (ACL Study Group) und der Gesellschaft für Arthroskopie und Kniechirurgie (AGA). Dr. Siebold ist außerdem Ehrenmitglied der Amerikanischen Gesellschaft für Sporttraumatologie und Sportmedizin (AOSSM). http://www.esska.org ::Fachbeiträge Die besten Ergebnisse der operativen Therapie können demnach bei (noch) intakten Menisci und Knorpel erzielt werden. Nur dann kann theoretisch das Risiko für die Entwicklung einer Früharthrose signifikant gesenkt werden. Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Operation? Wie bei Erwachsenen gilt auch hier, dass die Beweglichkeit des verletzten Kniegelenkes wieder weitgehend normal sein sollte. Sehr junge Kinder müssen unbedingt von Spezialisten operiert werden, für die ein kleines Kniegelenk keine Herausforderung darstellt. Neben den passenden Fixationssystemen müssen auch kleinere Instrumente vorhanden sein. Grundsätzlich muß generell bei Kindern und Jugendlichen gefordert werden, dass die Operation nur von einem erfahrenden Kreuzbandchirurgen durchgeführt werden sollte. Falls notwendig, muss eine Meniskusnaht und Knorpelbehandlung angeschlossen werden. Gerade bei Kindern und Jugendlichen sind die Heilungsaussichten dabei sehr hoch. Welche Operationstechniken kommen zum Einsatz? Es wird zwischen der transepiphysären Bohrtechnik durch die Wachstumsfuge und einer die Wachstumsfuge aussparenden Bohrtechnik unterschieden. In einer aktuellen Metaanalyse von Frosch et a. (4), in der 55 Artikel mit 935 Patienten eingeschlossen wurden, konnten die Autoren zeigen, dass die transepiphysäre Bohrtechnik ein signifikant geringeres Risiko für eine Wachstumsstörung (Beinachsveränderung oder Längenabweichung) in sich birgt (1,9 %) im Vergleich zur Technik, bei der die Wachstumsfuge ausgespart wird (5,8 %). Dagegen war die Rerupturrate bei transepiphysärer Bohrtechnik etwas höher (4,2 % versus 1,4 %). Heutzutage sind die Kniebeugesehnen (Semitendinosus- und Gracilissehne) die favorisierten Transplantatsehnen und werden extrakortikal proximal der femoralen und distal der tibialen Wachstumsfuge fixiert. Wichtig ist es, | 70 die Wachstumsfugen nicht durch Implantate oder Knochenblöcke zu überbrücken, da dies die Wahrscheinlichkeit für eine Wachstumsstörung stark erhöht. Werden diese Regeln eingehalten, ist das Risiko für eine signifikante Achsdeformität oder einen Längenunterschied kalkulierbar und beträgt – vergleichbar zu dem Risiko für einen Knieinfekt – weniger als 1 %. Die Ergebnisse werden durch eine zweite Meta-Analyse von Kaeding et al. aus dem Jahr 2010 (5) bestätigt. Wie sind die klinischen Ergebnisse nach OP? Gemäß Meta-Analyse (4) konnten bei 84,2 % sehr gute bis gute Ergebnisse (A und B) nach dem IKDC (International Knee Documentation Committee) erzielt werden. Im Lysholm Score wurden durchschnittlich 96 Punkte (von 100) erzielt. Dennoch ist klar, dass ein Dauerschaden bleibt, und dass es in ca. 5 % zu Rerupturen kommt, die besonders bei Kindern und Jugendlichen eine Herausforderung für den Arzt, die Patienten und die Eltern darstellen. Fazit Eine frühe operative Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen führt zu besseren klinischen Ergebnissen im Vergleich zur konservativen Therapie. Das Risiko für Sekundärschäden am Meniskus und Knorpel wird reduziert, dadurch auch das Risiko für eine signifikante Früharthrose. Sowohl die transepiphysäre Technik als auch die Wachstumsfugen aussparende Technik erzielt gute klinische Ergebnisse. Teil 2: Meniskusverletzungen: Klare Indikation zur Naht! Eine Meniskusverletzung bei Kindern oder Jugendlichen tritt meist durch einen Sportunfall auf. Die Folgen sind ein Schonhinken, Schmerzen und die gewohnte sportliche Belastung wird vermieden. Leider bedeutet eine Meniskusverletzung immer eine dauerhafte Schädigung des Kniegelenkes, deshalb ist frühes Handeln wichtig, um größere Schäden zu vermeiden! Die Rückkehr zu Fußball, Schulsport, etc. wird gegen die sonstigen Gewohnheiten der jungen Patienten oft verschoben. Die Kinder klagen bei Belastung immer wieder über wiederkehrende Schmerzen. Besteht der Verdacht auf eine Binnenverletzung des Kniegelenkes, sollten die Eltern deshalb nicht lange zögern, sondern einen erfahrenen Kinderarzt bzw. einen Kniespezialisten mit Erfahrung im Kinder- und Jugendbereich konsultieren. Da gerade junge Patienten den Unfallhergang häufig nicht klar beschreiben können, wird empfohlen, neben den klassischen Meniskustests auch die Stabilität des vorderen und hinteren Kreuzbandes sowie die der Seitenbänder zu überprüfen. Auch eine Patellaluxation muss ausgeschlossen werden. Gerade junge Patienten sind schwierig zu untersuchen. Es bedarf daher einer großen klinischen Erfahrung für Knieverletzungen und in der Behandlung von Kindern. Zur endgültigen Bestätigung der Verletzung, zur Differentialdiagnose und zur Therapieplanung sind eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenden und die zeitnahe Durchführung einer Kernspintomographie sinnvoll. Auf dieser Basis ist eine verlässliche Indikationsstellung zur OP möglich. ➔ ATOSnews a Abb. 3a: Dislozierter Innenmeniskus Korbhenkelriss Klare Indikation zur Operation Bei Kindern- und Jugendlichen fällt die Entscheidung zu einer Operation natürlich besonders schwer. Dennoch – besteht ein klarer Einriss des Meniskus mit entsprechenden Beschwerden, sollte nicht lange gezögert werden. Es gilt, den wichtigsten Stoßdämpfer im Kniegelenk durch eine Naht zu erhalten. Nur dadurch kann das Risiko für die Entwicklung eines Knorpelschadens und einer Früharthrose minimiert werden. Wird nicht rechtzeitig reagiert, kommt es häufig zu einer zunehmenden Schädigung des Meniskus. Eine Naht hat dann keine Aussicht mehr auf Erfolg und die geschädigten Meniskusanteile müssen entfernt werden. Damit kommt es Abb. 4: Intakter außenseitiger Scheibenmeniskus, keine Resektion b Abb. 3b: Innenmeniskus reponiert zu einem Verlust des wichtigsten Stoßdämpfers im Knie und ein Knorpelschädigung und Früharthrose sind vorprogrammiert (1, 2). Frühe Diagnose bietet beste Prognose Die besten Ergebnisse der operativen Therapie können bei frischem Riss und günstiger Rissform erzielt werden. Aufgrund der großen Bedeutung des Meniskus und der engeren Gelenkverhältnisse sollte die Operation im Idealfall durch einen erfahrenen Kniespezialisten durchgeführt werden, kleinere Instrumente müssen im Einzelfall vorhanden sein. Die Operation Bei der Arthroskopie, die in der Regel in einer kurzen Vollnarkose durchgeführt wird, werden minimal invasiv zunächst eine Inspektion der Verletzung und dann eine Naht des Meniskus durchgeführt (Abb. 3a-c). Dabei unterscheiden sich die Nahttechniken nicht wesentlich von denen bei Erwachsenen. Da das Meniskusgewebe bei Kindern und Jugendlichen ein wesentlich größeres Heilungspotential hat, sollte in jedem Fall eine meniskuserhaltende Operation durchgeführt werden. Gerade bei frischen Verletzungen ist dies meist problemlos möglich. Die Meniskusnaht wird entweder komplett minimal invasiv über kleine Arthroskopiezugänge durchgeführt oder/und zusätzlich über eine Naht in klassischer Fadentechnik. Gerade bei c Abb. 3c: Innenmeniskusnaht großen Rissen und Korbhenkelrissen ist oftmals eine Kombination mehrerer Techniken sinnvoll. Nur im Ausnahmefall, dh. bei völlig zerrissenem Meniskus, bei dem keine Befestigung bzw. Naht durchgeführt werden kann, besteht im Kinder- und Jugendalter die Indikation zu einer Meniskusteilresektion. Die Gründe sollten gut dokumentiert und den Eltern anschließend auch geschildert werden. Ein Meniskusverlust im Kindes- und Jugendalter führt leider fast immer zu Knorpelschäden schon im jungen Erwachsenenalter und zieht in den meisten Fällen weitere Operationen und eine frühzeitige Arthrose nach sich. Sonderfall Scheibenmeniskus Der Scheibenmeniskus tritt als seltene Variante des Außenmeniskus auf. Der Meniskus hat nicht die typische Form, sondern stellt sich wie der Name sagt, als komplette Halbmondscheibe dar (Abb. 4) Nicht selten treten Schmerzen auf der Außenseite des Kniegelenkes auf. Die Normvariante des Meniskus ist etwas anfälliger hinsichtlich Verschleißprozessen, so dass auch im Jugendalter schon einmal leichte Verschleißschäden des Scheibenmeniskus und Einrisse vorliegen können. Der Scheibenmeniskus ist an sich keine krankhafte Veränderung und wird nur bei klaren Meniskusbeschwerden und ent- 71 | ::Fachbeiträge PR-Anzeige sprechender Schädigung operiert. Der Eingriff muss äußerst behutsam durchgeführt werden, eine Naht ist technisch schwieriger, aber bei Kindern und Jugendlichen bei frischer Verletzung indiziert. Wird eine Teilresektion des Scheibenmeniskus durchgeführt, so sollte die Resektion auf eine klassische Meniskusform angestrebt werden. Da der Scheibenmeniskus selten ist, ist hier sehr viel Erfahrung des Operateurs notwendig. Klinische Ergebnisse nach Meniskusnaht Vanderhave et al. (6) überprüfte das operative Ergebnis nach Naht des Meniskus bei 45 Patienten unter 18 Jahren. 43 der jugendlichen Patienten waren 2 Jahre nach der Naht beschwerdefrei. Die Heilung wurde durch eine lange Zeit vom Unfall bis zur Operation und durch ungünstige Risse in der wenig durchbluteten Zone des Meniskus im Einzelfall negativ beeinflusst. Auch Krych et al. (7) kommt zu einem ähnlich guten Ergebnis bei der Überprüfung von 45 Meniskusnähten. Die Heilungsrate war 80 % für einfachen Nähte und 68 % für große Korbhenkelrisse. Unsere klinische Erfahrung bestätigt die gute Heilungschancen bei Kindern und Jugendlichen. Fazit Grundsätzlich sollte bei jeder Meniskusverletzung im Kindes- und Jugendalter eine Naht angestrebt werden, um das Risiko für Knorpelschäden bis zur Früharthrose zu verringern. Die Heilungschancen sind (sehr) gut. Das Ergebnis wird durch lange Wartezeiten und komplexe Rissformen negativ beeinflusst, ist insgesamt jedoch besser als bei Erwachsenen. Literatur beim Verfasser PD Dr. Rainer Siebold Zentrum für Hüft-Knie-Fußchirurgie sowie Sporttraumatologie ATOS-Klinik Heidelberg [email protected] www.kreuzband.de | 72 Neuer Therapieansatz beim vorderen Knieschmerz Mit der Patella Pro bietet Ottobock einen innovativen Therapieansatz gegen das patellofemorale Schmerzsyndrom an. Inzwischen wird die Patella Pro auch erfolgreich in der postoperativen Behandlung eingesetzt. • Die Patella Pro sichert mittels dyna- Erfolgreicher Einsatz in der post mischer Rezentrierungstechnik die Medi- operativen Behandlung alisierung der Patella über den relevanten Mittlerweile wird die Patella Pro auch in Flexionsbereich ab. Bei einem Kniebeuge- der postoperativen Behandlung einge- winkel von 10° bis 30° wird die Knieschei- setzt. Seit Anfang 2011 kommt sie bei PD be im vorgesehenen physiologischen Dr. Christian Liebau, Chefarzt der Ortho- Gleitlager geführt, ohne dass der Druck pädischen Klinik „Fritz-König-Stift“ in Bad durch das Führungssystem analog zum Harzburg, zum Einsatz. Bei drei Patienten- Beugewinkel steigt. Eine Verkippung der gruppen hat sich die Orthese in der Praxis Kniescheibe und damit erhöhter Druck bislang besonders bewährt. „Zum einen bei auf die Gelenkflächen werden vermieden. Patienten, die eine Rekonstruktion mittels Die Weichteile werden entlastet, die funk- Knorpelzell- oder Knorpelknochen-Trans- tionale Entlastung der Gelenkstrukturen plantation im Bereich der Kniescheibe oder führt zu einer Reduktion der Knieschmer- im patellofemoralen Gleitlager erhalten ha- zen. Für eine nachhaltige Rehabilitati- ben“, so Liebau. Eine zweite Gruppe bilden on wird die Patella Pro durch das Patella Patienten, bei denen wegen einer Patellain- Move Bewegungsprogramm ergänzt. stabilitat ein Eingriff durchgeführt wurde. Die dritte Gruppe stellen Patienten dar, die Biomechanische Wirksamkeit Kniescheibenpathologien bei implantierter In einer Untersuchung des Instituts für Endoprothese aufweisen. Dazu zählen Pa- Orthopädie und Biomechanik der Spor- tienten, die entweder während der Opera- thochschule Köln wurde die Biomecha- tion eine Patellainstabilitat zeigen oder aber nik der Patella Pro geprüft. An sechs Ka- postoperativ „vorderen Knieschmerz“ ent- daverbeinen wurden Kniestreckung und wickeln. „Die bisherigen Erfahrungen mit -beugung mit und ohne Patella Pro so- dem Einsatz der Rezentrierungsorthese wie einer konventionellen Bandage ge- stimmen äußerst optimistisch. Patienten messen. Ferner wurden zum Nachweis aller drei Gruppen verspürten meist eine der klinischen Wirksamkeit in vivo sieben deutliche Beschwerdelinderung nach An- Patienten untersucht, die unter instabiler legen der Orthese“, fasst Dr. Liebau zu- Patella und patellofemoralen Schmerz- sammen. Die Orthese wird dabei nicht als syndrom leiden: ohne orthetische Versor- alleinige Therapieform betrachtet, sondern gung, mit einer konventionellen Bandage in ein Konzept aus Training, Rehabilitation und mit der Patella Pro. Die Untersu- und Therapie eingebunden. Hierbei stellt chungen zeigten, dass das Funktions- der postoperative Einsatz der Rezentrie- prinzip der Patella Pro eine signifikante rungsorthese eine wirkungsvolle Ergän- Medialisierung der Patella bewirkt. zung zur üblichen Nachbehandlung dar. ATOSnews N O T E S & N E W S :: Neuer Klinikleiter an der ATOS Klinik Heidelberg Seit Mai 2012 hat die ATOS Klinik Heidelberg einen neuen Klinikleiter: Christian Hell, Betriebswirt (Dipl. WA). Hell, der aus dem Saarland stammt, hat nach einer Ausbildung zumm Bürokaufmann von 2008–2011 Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsakademie Blieskastel am Standort der Universität Mannheim studiert. Währenddessen war er im Fachbereich Finanzen/Abrechnung/ Medizincontrolling bei der Universitätsmedizin Mannheim angestellt, seit 1/2011 war Ch. Hell Praxisleiter im Zentrum für Schulter- und Ellenbogenchirurgie, Endoprothetik und Sporttraumatologie der ATOS Klinik Heidelberg. Wenn er nicht für die ATOS Klinik tätig ist, zählt die Musik zu seiner großen Leidenschaft. Insbesondere dem Gitarrenspiel widmet er seine Freizeit. Ferner zählt die Malerei zu seinen privaten Interessen. Christian Hell PR-Anzeige Neue einstellbare Schulterorthese erhältlich Die neue CAMOshoulder der OPED GmbH ist die erste in zwei Ebenen einstellbare Schulterschiene auf dem Markt. So kann der Patient für bestimmte Übungen den Unterarm nach innen oder nach außen rotieren. Auch Adduktion oder Abduktion sind möglich. „Diese Einstellbarkeit ist etwas komplett Neues, was andere Schulterschienen auf dem Markt nicht haben“, sagt Florian Erbe, Produktentwickler. Welche Einstellung erwünscht und erforderlich ist, bestimmt selbstverständlich der Arzt. Für die Tage der Wundheilung unmittelbar nach der Operation kann der Arm in der Orthese komplett fixiert werden. Die CAMOshoulder wurde so konstruiert, dass sie immer in derselben Position bleibt. Sie ist rotationsstabil. Das gilt auch für das Liegen: Nichts ver- schiebt sich, Arm und Schulter werden geschont. Der Tragekomfort ist optimal: Der Schultergurt ist gut gepolstert, der Hüftgurt weich und anschmiegsam. Durch Ausbalancieren der Armschale ist Schmerzfreiheit garantiert. Handauflage und Armschale lassen sich individuell einstellen. OPEDEntwickler Erbe: „Auch beim Schlafen drückt nichts. Wir haben besonders darauf geachtet, dass bei unserer Orthese keine Teile am Rücken drücken.“ Die CAMOshoulder eignet sich bei folgenden Indikationen: Ruptur der Rotatorenmanschette, Sehnenruptur, Endoprothese, AC-Gelenksprengung, Tuberculum-Majus-Frakturen und Luxationen. www.oped.de OPED GmbH, Medizinpark 1, 83626 Valley/Oberlaindern, Tel. 08024/608182-10, Fax 08024/608182-99, [email protected] +49 (0) 80 24/60 81 82-10, Fax +49 (0) 80 24/60 81 82-99 [email protected] 73 | ::ATOS intern Internationaler ATOS SCHLOSS-KONGRESS MIT LIVE-OPERATIONEN Heidelberg 11.-13. Oktober 2012 Hüfte und Knie Heidelberger Schloss Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wir freuen uns sehr über Ihre Teilnahme und wünschen Ihnen einen interessanten Kongress! Programm | Freitag 12.10.2012 Rainer Siebold, Hajo Thermann, Fritz Thorey, Hans H. Pässler Wissenschaftliche Leitung Session 10: Rehabilitation after UKR and TKR Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie der ATOS Klinik Heidelberg. Information & Anmeldung www.heidelberg-castle-meeting.de www.kreuzband.de TOTAL KNEE PROSTHESIS Session 9: Preoperative planning MENISCUS Session 11: Meniscal repair to transplantation CARTILAGE Session 12: Cartilage transplantation Knee MECHANICAL AXIS Session 13: Valgus Osteotomy Programm | Donnerstag 11.10.2012 HIP ARTHROPLASTY Session 1: New Patient Demands in THA Programm | Samstag 13.10.2012 PATELLA Session 14: Patellafemoral Ligament (MPFL) Session 2: Short Stems and Bearing Couples ANTERIOR CRUCIATE LIGAMENT Session 4: Revision Strategies Session 15: ACL Reconstruction HIP ARTHROSCOPY POSTERIOR CRUCIATE LIGAMENT & COLLATERAL LIGAMENTS Session 5: Anatomy and Portals Session 6: Technique and Pathologies Session 16: Anatomy of PCL and posteromedial/-lateral corner FEMORO-ACETABULAR IMPINGEMENT (FAI) Session 17: Injury of posterolateral corner Session 7: FAI Session 18: Injury of PCL Session 8: Cartilage repair Hip Session 19: Injury of posteromedial corner | 74 ATOSnews N O T E S & N E W S 28. Jahreskongress der GOTS in Mannheim Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin lädt zum 28. Jahreskongreß am 14. und 15. Juni 2013 in den Rosengarten Mannheim ein. Eines der Hauptthemen des Kongresses sind Auswirkungen sportlicher Belastung auf den Bewegungsapparat des Kindes und des Heranwachsenden. Nicht nur die Einführung einer Jugendolympiade für die olympischen Sommer- und Wintersportarten führt dazu, dass Kinder in einzelnen Disziplinen bereits frühzeitig ein hohes Trainingsvolumen absolvieren müssen, um Höchstleistungen zu erbringen. Die Einrichtung von Förderzentren und Sportinternaten in zahlreichen Sportarten bedeutet ebenfalls eine die Ausbildung begleitende Intensivierung der Trainings- und Wettkampfbelastung. Die Behandlung und auch Prävention von Verletzungen und Überlastungsschäden im Kindes- und Jugendalter werden daher im Vordergrund der wissenschaftlichen Diskussion stehen. Ein weiteres Hauptthema wird sich mit den neuen olympischen Sportarten Golf und Rugby befassen, die 2016 ins olympische Programm aufgenommen werden. Unterschiedlicher können zwei Sportarten kaum sein: Gerade in Deutschland haben Golfclubs in den vergangenen Jahren eine erhebliche Zunahme der Mitgliederzahlen verzeichnen können, und auch die Strukturen im Leistungssport werden zunehmend optimiert. Golf kann bis ins hohe Alter gespielt werden und konfrontiert den Sportmediziner somit auch mit den Problemen einer aktiv bleibenden, älter werdenden Bevölkerungsgruppe. Im Gegensatz dazu wird die dynamische und mit viel Körpereinsatz betriebene Kontaktsportart Rugby überwiegend in jungen Jahren ausgeübt. Sie hat insbesondere in England, Irland und Frankreich eine große Tradition, verzeichnet aber auch gerade bei Kindern und Jugendlichen zunehmende Mitgliederzahlen in Deutschland. Becken-, Hüft- und Leistenprobleme treten in vielen Sportarten auf und sind für den betreuenden Sportarzt häufig nicht leicht zu diagnostizieren und zu behandeln. In vielen Fällen können konservative Therapiemaßnahmen eingesetzt werden, aber auch operative Prozeduren werden diskutiert. Eine der ersten Fragen, mit der sich Sportmediziner beim verletzten Sportler konfrontiert sehen, ist die Frage nach dem Zeitpunkt zur Rückkehr zum Sport. Mit diesem Thema wird sich der GOTS-Kon- gress intensiv befassen, zum einen bei konservativer Behandlung, zum anderen auch nach operativen Eingriffen. Gibt es Kriterien, die es ermöglichen, möglichst risikoarm eine Wiederaufnahme der sportlichen Belastung zu erlauben? Erstmalig in der Geschichte der Gesellschaft wird ein Jahreskongreß der GOTS in Deutschland nicht in München stattfinden. Alle sportmedizinisch Interessierten sind herzlich eingeladen, insbesondere auch die medizinischen wissenschaftlichen Nachwuchskräfte, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler. Auch die enge Zusammenarbeit mit nationalen (DVSE) und internationalen Fachgesellschaften (ESSKA) wird sich im wissenschaftlichen Programm niederschlagen. Prof. Dr. Holger Schmitt, Kongresspräsident GOTS Jahreskongreß 2013 Veranstalter und Kongress-Organisation: Intercongress GmbH [email protected], www.intercongress.de (Online-Registrierung) Kongresshomepage: www.gots-kongress.org Abstract-Deadline: 01. Dezember 2012 www.gots-kongress.org 75 | Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese Ein innovatives, biologisches Verfahren zur Behandlung von Knorpelschäden im Talus, Knie und Hüfte > Eine minimal-invasive, one-step Operationstechnik zur Behandlung chondraler und osteochondraler Läsionen grösser als 1 cm2 > Aufbauend auf der Mikrofrakturierung, der etablierten Erstlinientherapie > Natürlicher Schutz des Superthrombus durch die einzigartige bilayer Struktur der Chondro-Gide® Matrix > Positive Beeinflussung der Chondrogenese durch Chondro-Gide® > Deutliche Beschwerdeabnahme selbst unter Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten > Vielversprechende klinische Resultate > Einfache und kosteneffiziente Operationstechnik > Über 7 Jahre klinische Erfahrung Klinische Ergebnisse und wissenschaftliche Studien belegen die Effizienz von Chondro-Gide®, der führenden Kollagenmatrix in der Knorpelregeneration. Geistlich Pharma AG Bahnhofstrasse 40 CH–6110 Wolhusen www.geistlich-surgery.com