Point of view Automotiv

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Point of view Automotiv
Juni 2015
Point of view
Automotive
„Der Fiskus sitzt immer
auf dem Beifahrersitz!“
Interview mit Ann-Kristin Platzko und Ursula Schneider von EY in Hannover
Viele Unternehmen wollen auch ökologisch glänzen. Da liegt es nahe, den
Mitarbeitern Carsharing-Modelle für elektrische Firmenfahrzeuge anzubieten.
Doch wer mit dem Firmenwagen privat „stromert“, erzielt damit einen geldwerten Vorteil, den er versteuern muss. Ann-Kristin Platzko, EY-Beraterin
aus der Steuerabteilung, und Ursula Schneider, EY Senior Manager aus dem
Mobility Innovation Team, erläutern im Interview, welch hoher Aufwand mit
dem privaten Carsharing für die Firmen verbunden ist und was sich ändern
muss.
Carsharing mit dem elektrischen Firmen­
fahrzeug auch für private Zwecke: Umwelt­
freundlicher und effizienter geht es nicht,
oder?
Ursula Schneider: Leider stimmt das nur
bedingt. Zur Frage der Umweltfreundlichkeit:
Carsharing kann zwar zur Verringerung des
Verkehrsaufkommens beitragen. Somit
unterstützen Unternehmen durch Carsharing
für ihre Mitarbeiter auch die Umwelt. Die
Integration von Elektrofahrzeugen in die
Firmenflotte macht den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens jedoch nicht automatisch noch grüner: Wie umweltfreundlich
ein Elektrofahrzeug ist, hängt nämlich unter
anderem davon ab, ob Ökostrom getankt
wird oder nicht. Und was die Effizienz angeht,
kommt das ganz darauf an aus welcher Sicht
man das betrachtet: Wenn ein Mitarbeiter
den Firmenwagen dienstlich nutzt, fördert
das die Auslastung der Flotte. Setzt sich der
Mitarbeiter am Wochenende hinters Steuer
und nutzt den Wagen privat, ist der Effekt
sogar noch höher. Aus Sicht des Flottenmanagers ist das effizient. In der Buchhaltung kann die private Nutzung von Firmenfahrzeugen jedoch zu einem immensen
administrativen Aufwand führen. Denn dann
sitzt der Fiskus auf dem Beifahrersitz. Und
der fordert sein Recht. •
„Wenn das FirmenE-Carsharing wirklich
vorankommen soll, dann
muss sich unter lohnsteuerlichem Aspekt
schnell etwas ändern.“
versteuernde Nutzungswert ermittelt und
eine etwaige Lohnsteuerdifferenz ausgeglichen werden. Aufgeschoben ist also nicht
aufgehoben. Die Arbeit für die Buchhaltung
bleibt.
Warum ist das denn alles so kompliziert?
Stellt die private Nutzung eines Firmen­
fahrzeugs auch beim E­Auto einen geld­
werten Vorteil dar?
Ann­Kristin Platzko: Genau das ist der
Knackpunkt! Jede Privatfahrt mit dem
Firmenwagen stellt einen geldwerten Vorteil dar und unterliegt damit grundsätzlich
der Lohnsteuer. Dies gilt für Firmenwagen,
die Strom tanken, genauso wie für solche,
die mit Benzin fahren. Dabei kann der geldwerte Vorteil pauschal ermittelt werden,
indem die private Nutzung des firmeneigenen E-Cars mit monatlich einem Prozent
des inländischen Bruttolistenpreises des
Fahrzeugs angesetzt wird. Dabei bleiben
beim Elektroauto immerhin die Kosten der
Batterie außen vor. Wenn mehrere Mitarbeiter das Elektroauto fahren – und das ist
ja der Grundgedanke des Carsharings –
müsste der geldwerte Vorteil entsprechend
der Zahl der Nutzungsberechtigten aufgeteilt werden.
stellen sind, ist allerdings nicht hinreichend
geklärt. Meiner Ansicht nach sollte man
daher sehr vorsichtig sein, dieses Modell
auf das Firmen-Carsharing anzuwenden.
Außerdem müsste jeder Mitarbeiter seine
gefahrenen Strecken genau nachweisen.
Und das bedeutet nicht nur für ihn, sondern auch für das Unternehmen wieder
einen zusätzlichen Aufwand.
Könnte der geldwerte Vorteil nicht auch
individuell ermittelt werden?
Gibt es denn noch eine andere Möglich­
keit, den geldwerten Vorteil pauschal zu
ermitteln?
Platzko: Möglich wäre das schon, aber es
bringt in unserem Fall keine wirklichen
Vorteile, da auch hier der administrative
Aufwand sehr hoch ist. So müssen zunächst
die Gesamtkosten für das E-Fahrzeug als
Bemessungsgrundlage herangezogen
werden, um dann den Anteil der Kilometer
für Privatfahrten berechnen zu können.
Darüber hinaus müsste gewährleistet sein,
dass ein Fahrtenbuch geführt wird und
jeder Mitarbeiter, der das Auto nutzt, kontinuierlich alle ordnungsgemäßen Angaben
einträgt. Und diese Angaben müssten dann
wiederum regelmäßig kontrolliert werden.
Platzko: Ja, man kann auch jeden gefahrenen Kilometer mit 0,001 Prozent des
inländischen Bruttolistenpreises werten.
Diese Variante setzt allerdings voraus,
dass der Mitarbeiter das Fahrzeug nur zu
besonderen Anlässen und nicht mehr
als fünf Kalendertage pro Monat nutzt.
Welche Anforderungen an einen besonderen Anlass in diesem Zusammenhang zu
Für einen gewissen Zeitraum könnte man
die Ermittlung vereinfachen und den Verwaltungsaufwand verringern, indem man
die Privatfahrten je Fahrtkilometer pauschal mit 0,001 Prozent des inländischen
Bruttolistenpreises für das E-Auto ansetzt.
Nach Ablauf eines Kalenderjahres oder
nach Beendigung des Dienstverhältnisses
müsste dann aber der tatsächlich zu
Schneider: Meines Wissens gibt es derzeit
noch keine geeignete Bewertungsmethode,
um den geldwerten Vorteil bei der privaten
Nutzung durch mehrere Mitarbeiter effizient zu ermitteln. Es fehlt einfach an der
praktischen Umsetzbarkeit. Momentan versteuert der Fiskus die private Nutzung
des elektrischen Firmenfahrzeugs grundsätzlich als Teil des Arbeitslohns. Und damit
entsteht ein Eingriff in die Lohnbuchhaltung mit der entsprechenden Mehrarbeit
und den Mehrkosten für die Unternehmen.
Leider existieren keine Freigrenzen oder
Freibeträge. Und auch eine pauschale
Besteuerung, die zumindest die Erfassung
des geldwerten Vorteils bei einzelnen
Mitarbeitern vermeiden würde, ist nicht
vorgesehen.
Gibt es keine Alternativen?
Platzko: Man kann die Entstehung des
geldwerten Vorteils aushebeln. Dazu
müsste der Nutzungsbeitrag des Mitarbeiters mindestens so hoch sein wie der
geldwerte Vorteil, wobei das Nutzungsentgelt in einer arbeits- oder dienstrechtlichen
Rechtsgrundlage vorab verbindlich vereinbart worden sein muss. Doch auch bei
diesem Modell bleiben Unsicherheiten.
So ist beispielsweise offen, wie der geldwerte Vorteil für den einzelnen Mitarbeiter
im Vorfeld endgültig ermittelt werden
soll. Schließlich wird der Arbeitgeber gegebenenfalls nicht im Vorhinein wissen, wie
hoch die Anzahl der nutzungsberechtigten
Personen oder das Verhältnis der zurückgelegten Privatkilometer zu den Gesamtkilometern sein wird. Und wenn er die
Vorteile sicherheitshalber zu hoch ansetzt,
wird die Nutzung von vornherein unattraktiv.
Bremst der Gesetzgeber mit diesen komplizierten Regeln das
Carsharing für E­Firmenwagen nicht komplett aus?
Schneider: Auch der Gesetzgeber hat die Hürden erkannt und
das Beratungsgremium der Bundesregierung für die Förderung
der Elektromobilität fordert bereits, dass gewerbliche Nutzer
von einer Sonder-AfA profitieren können und der geldwerte Vorteil bei der Überlassung der Ladeinfrastruktur von Dienstwagen
gestrichen werden soll. Diese Empfehlung sollte die Politik jetzt
unbedingt auch im Hinblick auf gewerbliche E-CarsharingModelle weiterdenken. Denn: Wenn das Firmen-E-Carsharing
wirklich vorankommen und gleichermaßen Unternehmen wie
Mitarbeiter einsteigen sollen, dann müssen sich die lohnsteuerlichen Aspekte schnell ändern. Schließlich sollen bis 2020
eine Million Elektroautos hierzulande unterwegs sein. Und ein
steuerlich attraktives Firmen-E-Carsharing-Angebot gehört unbedingt dazu.
Gemeinsam mit der Stadtmobil Hannover GmbH und dem
Lehrstuhl für Verkehrsökologie der Technischen Universität
Dresden engagiert sich EY im Forschungsprojekt „eCarsharing
für Gewerbekunden“. Das Vorhaben gehört zu den von der
Bundesregierung und vom Land Niedersachsen geförderten
Schaufensterprojekten für Elektromobilität in der Metropol­
region Hannover­Braunschweig­Göttingen­Wolfsburg. Die
Schaufensterprojekte sollen mit innovativen Ansätzen die
Einführung der Elektromobilität in Deutschland unterstützen.
EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory
Die globale EY-Organisation im Überblick
Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung,
Transaktionsberatung und Managementberatung.
Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und
unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte.
Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend
ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen
Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen –
für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und
die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht
unser weltweiter Anspruch „Building a better
working world“.
Die globale EY-Organisation besteht aus den
Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global
Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig
und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen
der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.
Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft
mit beschränkter Haftung nach englischem
Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter
www.ey.com.
In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent.
„EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen
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Mobil +49 160 939 10204
[email protected]
SRE 1506-423
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Ursula Schneider unterstützt die Automobilindustrie auf ihrem Weg, sich
zu umfassenden Mobilitätsdienstleistern zu entwickeln. Im niedersächsischen „Schaufenster für Elektromobilität“ ist sie bei EY
verantwortlich für das Projekt „eCarsharing für Gewerbekunden“,
mit dem zukunftsfähige Geschäftsmodelle für das gewerbliche
Carsharing mit Elektroflotten entwickelt werden sollen.
Ann-Kristin Platzko
Consultant
Global Compliance & Reporting
Telefon +49 511 8508 19355
Mobil +40 160 939 19355
[email protected]
Ann-Kristin Platzko hat sich auf Einkommen- und Lohnsteuerfragen spezialisiert.
Im niedersächsischen „Schaufenster für Elektromobilität“, das von
EY mitgefördert wird, hat sie die lohnsteuerlichen Auswirkungen
untersucht, die sich für ein Unternehmen ergeben, das seinen
Mitarbeitern firmeneigene E-Cars zur privaten Nutzung anbietet.
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