PDF-Datei - Universität Heidelberg
Transcription
PDF-Datei - Universität Heidelberg
SERO Abschlusskonferenz am 24.11.2004 in Stuttgart-Möhringen, Dokumentation Selbstbefähigung und Eigenverantwortung - Wege zur Ressourcenoptimierung Inhalt Stefan Schneider 1 Begrüßung Hans-Heinrich Weingarten 2 Mobilitäts- und Flexibilitätserfordernisse an alle Mitarbeiter Ilona Kopp 3 Forschungs- und Innovationspolitik für die Arbeitswelt von morgen Ursula Spellenberg/ Prof. Dr. Karlheinz Sonntag 4 Projektreview Stand SERO-Ergebnisse Michael Bidlingmaier/ Andrea Nagorny 5 Erfahrungsbericht aus dem Pilotbereich Büro- und Servicemanagement, Stuttgart – Übertragbarkeit in den Dienstleistungsbereich Johann Lohmann 6 Erfahrungsbericht aus dem Pilotbereich FWT-Sindelfingen Dr. Rudolf Carl Meiler 7 Erfahrungsbericht Zulieferer Podiumsdiskussion 8 Thema: „Fit durch Flexibilität oder krank durch Veränderungen – Veränderungskultur bei DaimlerChrysler“ Ursula Spellenberg/ Prof. Dr. Karlheinz Sonntag Prof. Jürgen Hubbert Stefan Schneider 10 Weiteres Vorgehen SERO 11 Herausforderungen für die DaimlerChrysler AG 12 Abschluss Begrüßung und Einleitung. Stefan Schneider Leiter Arbeitspolitik der DaimlerChrysler AG Stefan Schneider „Es hat sich gelohnt.“ – Mit diesen Worten resümierte einer der Referenten auf dem Podium der SERO Abschlusskonferenz die vergangenen vier Jahre Projektarbeit. Treffender hätte man die zurückliegende Zeit gemeinsamer Arbeit und Erfahrungen nicht auf den Punkt bringen können. Die Ergebnisse dieser vier Jahre präsentierte der Bereich Arbeitspolitik (PAP/AP) von DaimlerChrysler im Rahmen der SERO Abschlusskonferenz am 24. November 2004 im Forum Möhringen. SERO steht für „Selbstbefähigung und Eigenverantwortung – Wege zur Ressourcenoptimierung.“ Der Bereich Arbeitspolitik stellte sich dem hohen Anspruch „Erfolgreich durch Veränderungen, Veränderungen erfolgreich managen“, als er vor vier Jahren mit dem ehrgeizigen Projekt startete. Schließlich war man sich der immer rasanteren Fortschritte und Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt, denen sich Unternehmen heute in allen Bereichen ausgesetzt sehen, schon damals bewusst. Diese Entwicklung als Herausforderung und Chance zu sehen, ist dem PAP/AP dabei besonders wichtig: „Für unser Unternehmen ist das keine Floskel, sondern gelebte Realität“, so Stefan Schneider, Leiter des Bereichs Arbeitspolitik bei der DaimlerChrysler AG, in seiner Begrüßungsrede. Dass dies auch tatsächlich zutrifft, haben nicht zuletzt die hochkarätigen Referenten und Diskussionsteilnehmer in ihren engagierten Beiträgen unterstrichen. Ursula Spellenberg „Wie gehen wir als Führungskräfte mit Veränderungen um?“ formulierte Schneider die entscheidende Frage für einen erfolgreichen Wandel. „Wir, die Führungskräfte, sind die Träger und Gestalter von Veränderung im Unternehmen. Daher benötigen wir einen soliden Werkzeugkasten, der uns in diesen Prozessen unterstützt.“ Hier setzt SERO an – mit dem klaren Projektziel, solche Tools zu entwickeln. „Mit SERO“, so Stefan Schneiders Worte an das Auditorium, „geben wir Ihnen zum Managen von Veränderungsprozessen erprobte Steuerungsinstrumente an die Hand. Sie sind das Resultat einer intensiven Zusammenarbeit mit zahlreichen internen und externen Partnern.“ Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und in Partnerschaft mit der Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Heidelberg begann man bei DaimlerChrysler Anfang 2001 mit der Projektarbeit. Mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Träger hatte sich schließlich ein ebenso kompetenter wie entschlossener Kreis aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammengefunden. „Wichtige Hinweise für die Praxis haben wir aus den Erfahrungen unserer Pilotbereiche in Sindelfingen und Untertürkheim gewonnen“, ergänzte der Leiter des Bereichs Arbeitspolitik. So entstand im Projektverlauf durch die fruchtbare Kooperation aller die SERO-Toolbox. In ihr finden sich Instrumente, die Führungskräfte und Mitarbeiter in die Lage versetzen, Veränderungsprozesse über das bloße Bewältigen hinaus auch optimal zu gestalten. Sie vermitteln Strategie und Kompetenz zugleich, um motiviert und leistungsfähig die Aufgaben zu meistern, die aus der Veränderung erwachsen. Mit Erfolg. Erste Früchte dieser Bemühungen, so die einhellige Meinung aller Beteiligten, sind in den gestarteten Piloten klar nachzuweisen. Ursula Spellenberg, Leiterin Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement der DaimlerChrysler AG und Projektleiterin von SERO, führte als Moderatorin durch die Abschlusskonferenz. Mit jeder Entwicklungsstufe des Projekts bis ins Detail vertraut, wies Frau Spellenberg den vielen internen und externen Teilnehmern den Weg durch eine richtungweisende Veranstaltung. Sowohl die anspruchsvolle Agenda als auch das rege Interesse des Auditoriums bestätigten am Ende die eingangs zitierte Aussage: Es hat sich gelohnt. 1 Mobilitäts- und Flexibilitätserfordernisse an alle Mitarbeiter. Hans-Heinrich Weingarten Leiter Produktion Mercedes Car Group, DaimlerChrysler AG Hans-Heinrich Weingarten begann seinen Ausblick auf künftige Erfordernisse an die Mitarbeiter in Bezug auf Flexibilität und Mobilität mit einer Rückschau. „Vor zwanzig Jahren“, so der Produktionsvorstand der Mercedes Car Group, „gab es nur zwei ProduktionsHans-Heinrich Weingarten standorte: Untertürkheim und Sindelfingen. Die haben alles gemacht.“ Die Welt von heute sieht ganz anders aus. Der internationale Produktionsverbund der Mercedes Car Group umspannt die ganze Welt, von den USA und Brasilien über Südafrika nach Indien, von den aufstrebenden Industriestaaten Südostasiens bis China. Auch die Märkte für die breite Produktpalette des MCG liegen längst nicht mehr nur in Deutschland. „Zwei Drittel der Marktpräsenz werden inzwischen außerhalb unseres Landes generiert,“ erklärte Hans-Heinrich Weingarten. Massive Veränderungen – gestiegene Ansprüche Internationale Märkte und internationale Produktionen – daraus haben sich massive Veränderungen ergeben. Neue Märkte wie China beispielsweise bringen neue Absatzmöglichkeiten. Ein global vernetzter Produktionsverbund schafft zwar mehr Komplexität, daraus entstehen aber auch zahlreiche Chancen für mehr Effizienz. Zudem resultierten aus der Globalisierung strukturelle Veränderungen. Automobilunternehmen und insbesondere deren Zulieferer müssten verstärkt dort produzieren, wo die Märkte seien. Am Ende dieser Entwicklung steht die Tatsache, dass diesen steigenden Anforderungen nur dann erfolgreich begegnet werden kann, wenn Produktion und Mitarbeiter im eigenen Haus effizienter und flexibler werden. Mehr Flexibilität und Mobilität Diese Themen stehen für den Produktionsvorstand im Mittelpunkt. Sie sind die beiden Schlüsselfaktoren für ein Plus an Effizienz. „Das ist eine Führungsfrage“, sagte Weingarten. „Wir können nicht flexiblere und stärker motivierte Mitarbeiter verlangen und nichts dafür geben.“ Führungskräfte müssen daher ihren Mitarbeitern verdeutlichen, warum zum Beispiel der Wechsel von Bremen nach Rastatt positive Auswirkungen haben kann. Sie sollten die Belegschaften darin unterstützen, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass Umzüge neue Erfahrungen mit sich bringen und eine echte Bereicherung bedeuten können. Nur Führungskräfte können für die Erkenntnis sorgen – nicht zuletzt in offenen Diskussionen mit den Be- 2 triebsräten – dass am Ende Beschäftigungssicherung wichtiger ist als Standortsicherung. „In Deutschland ist in dieser Hinsicht viel versäumt worden. Wir müssen Mobilität als Grundprinzip implementieren“, ermahnte Weingarten seine Zuhörer und verwies auf das Beispiel Japan. Häufige Wechsel im Berufsleben seien dort ganz normal. Mit dem Paket DCmove sei DaimlerChrysler ein großer Schritt in Richtung einer neuen Mobilitätskultur gelungen. Durch innovative Instrumente und zeitgemäße Regelungen werde die Personalflexibilität auf eine neue, zukunftsorientierte Grundlage gestellt. Drei Faktoren für mehr Effizienz Die gestiegenen Anforderungen lassen sich nach Hans-Heinrich Weingartens Worten in drei entscheidende Faktoren für mehr Effizienz zusammenfassen: Zeitflexibilität, Arbeitskraftflexibilität und Mobilität. So erleichtern Arbeitszeitkonten die Reaktion auf Kapazitätsschwankungen oder Saisonalitäten. Dieser Ansatz muss weiter verfolgt werden. Ebenso lässt sich die Arbeitskraftflexibilität weiter ausbauen. Arbeitskräfte müssen dorthin gehen, wo auch Arbeit ist. Eng verknüpft damit ist der Faktor Mobilität. Der Schlüssel dazu liegt gar nicht so sehr in der Entlohnung, wie sich gezeigt hat. Die Motivation hierfür muss vielmehr darauf abzielen, dass Mobilität als „notwendige Normalität der Zukunft“ betrachtet wird, wie HansHeinrich Weingarten den dritten Faktor zum Abschluss seines Beitrags charakterisierte. Die Arbeitswelt bei DaimlerChrysler zeigt, dass alle Beteiligten daran arbeiten, diese drei Faktoren in die Tat umzusetzen. Programme wie SERO sind hierfür ein brauchbares Rüstzeug. Forschungs- und Innovationspolitik für die Arbeitswelt von morgen. Ilona Kopp Projektträger im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) – Organisationseinheit Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen Neue Technologien verbreiten sich im Zuge der Globalisierung mit zunehmend hoher Geschwindigkeit. Traditionelle Arbeitsverhältnisse werden immer häufiger auf ihre Gültigkeit hinterfragt, Betriebsstrukturen verändern mehr und mehr ihr Gesicht. Die Wissenschaft muss diese Aspekte durchleuchten. Sie hat Fragen zu beantworten, Risiken aufzuzeigen und nachhaltige Konzepte zu entwickeln, mit denen Erfolg auch in Zeiten eines raschen Wandels möglich ist. Mit Ilona Kopp vom Projektträger im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) präsentierte auf der SERO Abschlusskonferenz eine Vertreterin der Wissenschaft Erkenntnisse aus der Forschungs- und Innovationspolitik für die Arbeitswelt von morgen. Das DLR war im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) maßgeblich am SERO-Projekt beteiligt. Ilona Kopp Beobachtungen der Wissenschaft Am Anfang der Untersuchungen steht für die Arbeitsforscher die Suche nach den Widersprüchen, von denen unsere Gesellschaft geprägt ist. Für die Projektträgerin im DLR besteht etwa ein Hauptproblem im Gegensatz von Wettbewerbsfähigkeit und Sozialstaatlichkeit. Das Beispiel ehrenamtlicher Tätigkeit veranschaulicht dieses Problem sehr deutlich: Einerseits leben sozialstaatliche Gesellschaften vom Ehrenamt. Andererseits erwartet die Wirtschaft vom Einzelnen immer größere Flexibilität. Oft geht aber genau das zu Lasten ehrenamtlichen Engagements. Dabei haben beide scheinbaren Gegenpole berechtigte Ansprüche auf ihre Forderungen. Wertewandel – damals wie heute im Forschungsinteresse „Von neuen Dingen“ hatte Ilona Kopp den Beginn ihres Beitrags genannt und begann dennoch in der Vergangenheit. Die Enzyklika Rerum Novarum Papst Leos XIII. lieferte den Ausgangspunkt. Darin sprach der Pontifex bereits im Jahre 1898 vom „Geist der Neuerung, welcher seit langem über die Völker geht“, und dass im Zuge dieser Neuerung „viel auf dem Spiele steht“. Die Globalisierung lässt sich als eben dieser Geist verstehen. Papst Leo sprach von „Kampf“ und „bangen Gemütern“ und von „Gelehrten und fachmännischen Kongressen“, die sich mit dem Wandel beschäftigten. Und schließlich forderte er „alle, die es irgend berührt“ zur Mitarbeit auf. Übertragen auf die heutige Zeit, ist darin die Debatte um Wertvorstellungen zu erkennen, die angesichts der vielen Umwälzungen in der Gesellschaft geführt wird. Dieser Wertewandel macht auch vor der betrieblichen Welt nicht halt. So haben Stichworte wie „globale Präsenz“, „globale Belegschaft“ oder „internationale Aktionärsbasis“ seit längerem schon Eingang in die betriebliche Diskussion gefunden. Auch die steigende Wertschätzung von Imagekampagnen und Transparenz für die Öffentlichkeit sind ebenso wie Kunden- und Mitarbeiterorientierung Beispiele für einen Wertewandel in den Unternehmen. Diese Debatte, davon ist Ilona Kopp überzeugt, muss für die Arbeitsforschung Untersuchungsgegenstand sein. Das Ziel dieser Forschung besteht in der Antwort auf die Frage, wohin die Reise geht und wie Zukunftsfähigkeit ermöglicht werden kann. Doch unterschiedlich schnelle Innovationszyklen in Technik, Arbeitsorganisation und Bildung auf der betrieblichen Ebene erschweren eine kontinuierliche Optimierung. Während die Technik sich sehr schnell fortentwickelt, halten Arbeitsorganisation und Kompetenz der Mitarbeiter mit dieser Geschwindigkeit nicht Schritt. Eine zusätzliche Belastung bringt die demographische Entwicklung mit sich, die in allen Bereichen spürbar ist. Ilona Kopp erklärte die Situation am Beispiel eines Getriebes, dessen Zahnräder sich mit unterschiedlicher Schnelligkeit drehen. Nur mit der richtigen Übersetzung kann ein solches Getriebe funktionieren und Antrieb geben. Damit dieser Antrieb funktioniert, müssen in gemeinsamer Arbeit Innovationssysteme geschaffen werden. Diese Systeme bilden die nötige Übersetzung, indem sie die genannten Widersprüche beseitigen. Es ist die Forderung der Wissenschaft, dass sich an der Schaffung solcher Innovationssysteme alle Seiten beteiligen. Staat und Wirtschaft müssen dieses Getriebe gemeinsam bauen. Was ist zu tun? Ansätze aus der Forschung Ilona Kopp benannte zum Ende ihrer Ausführungen Erfolgsfaktoren, mit denen Betriebe auch in widersprüchlichen Situationen zukunftsfähig bleiben. Im Verlauf des SERO-Projekts hat man auf Seiten des Projektträgers verschiedene Bauteile solcher Innovationssysteme identifiziert und entwickelt. Mit ihnen gelingt es auf der betrieblichen Ebene die Widersprüche aufzulösen. Im Einzelnen geht es hierbei darum, auf Seiten der Mitarbeiter Beschäftigungsfähigkeit zu entfalten und zu erhalten. Auch Chancengleichheit im Betrieb ist ein bedeutender Punkt, ebenso wie die nachhaltige Gestaltung der Unternehmensentwicklung und das Beschreiten neuer Wege. Wendet man diesen Katalog auf DaimlerChrysler an, so fällt sofort auf, dass sämtliche Punkte bereits seit vielen Jahren ganz oben auf der Konzernagenda angesiedelt sind. 3 Projektreview Stand SERO-Ergebnisse. Ursula Spellenberg und Prof. Dr. Karlheinz Sonntag Projektleiterin SERO, Leiterin Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement der DaimlerChrysler AG Ursula Spellenberg Prof. Dr. Karlheinz Sonntag SERO-Projektinformationen aus erster Hand boten die beiden Projektleiter Ursula Spellenberg und Prof. Dr. Karlheinz Sonntag mit ihrem Beitrag zur Abschlusskonferenz. Sie spannten in ihrer Review den Bogen von den Hintergründen und Zielen des Projekts bis hin zur Entwicklung der SERO-Toolbox. Warum SERO? Hintergründe und Ziele Die zunehmende Veränderungsdynamik in der Arbeitswelt während der letzten Jahre machte effizientere Strategien zum Umgang mit Veränderungen erforderlich. DaimlerChrylser als globales Unternehmen stellte sich dieser Aufgabe rechtzeitig und hatte daher 2001 das Projekt SERO ins Leben gerufen. In der DaimlerChrysler AG übernahm der Bereich Arbeitspolitik (PAP/AP) die Durchführung, wissenschaftlich unterstützt vom Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Heidelberg und dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum als Projektträger. Das Projektziel lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Führungskräfte und Mitarbeiter werden befähigt, Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten, umzusetzen und voranzutreiben“, erklärte Ursula Spellenberg. Dazu gehört unter anderem die Ermittlung veränderungsförderlicher und -hemmender Faktoren. Auch die Entwicklung und Implementierung bedarfsgerechter Maßnahmen, die Führungskräfte und Mitarbeiter bei Veränderungen unterstützen, sind unter den SERO-Zielen zu erfassen. Nicht zu vergessen sind schließlich Aspekte wie Leistungsfähigkeit und Motivation. Um diese zu erhalten und zu fördern, sind Strategien und Kompetenzen erforderlich, die den Mitarbeitern an die Hand gegeben werden können. „Dabei ist uns besonders wichtig, dass diese Ziele auch viel mit der Gesundheitsförderung unserer Mitarbeiter zu tun haben“, betonte Projektleiterin Ursula Spellenberg, die bei der DaimlerChrysler AG den Bereich Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement leitet. Vom Interview zur SERO-Toolbox – Projektverlauf Am Beginn des SERO-Prozesses stand eine umfangreiche Phase der Datenerhebung und -analyse. Prof. Dr. Karlheinz 4 Wissenschaftlicher Projektleiter SERO, Leiter Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Heidelberg Sonntag, Leiter des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Heidelberg, erläuterte hierbei die einzelnen Schritte. Zunächst hatte man konzernweit 1.150 Führungskräfte befragt. Ziel der Befragung war es, aus den Fragebögen genaue Informationen über veränderungsförderliche Faktoren, also Ressourcen zu gewinnen, aus denen man Handlungsempfehlungen und bedarfsgerechte Unterstützungsmaßnahmen ableiten konnte. So war es zum Beispiel wichtig, die Bewältigungs- und Handlungsstrategien kennen zu lernen, mit denen Führungskräfte in Veränderungsprozessen reagieren. Eine erfreulich hohe Rücklaufquote der Fragebögen hat bewiesen, dass unternehmensweit großes Interesse an einem intensiven Austausch über Fragen wie Motivation und Wohlbefinden in einer sich verändernden Arbeitswelt besteht. In der Auswertung ergaben sich beispielsweise Stimmungsbilder und Aussagen über berufliche Ressourcen der einzelnen Führungskräfte. Weitere Fragen zielten unter anderem auf die Beurteilung der Vorgesetzten ab oder auf die Zusammenhänge zwischen einzelnen Ressourcen und der Veränderungsbereitschaft. Auf Basis dieser wertvollen Erkenntnisse konnten in einer nächsten Stufe Handlungsempfehlungen und spezifische Interventionen abgeleitet werden. Diese mündeten in drei praxisnahen Maßnahmen-Paketen von SERO-Interventionen. Im Einzelnen sind das ein Selbstmanagement-Training, ein Vorbereitungs- und Reflexionsworkshop sowie ein Runder Tisch und weitere Trainingsangebote. Alle Maßnahmen verfolgen das Ziel, Führungskräfte wie Mitarbeiter zu befähigen, ihre Ressourcen selbstgesteuert und eigenverantwortlich weiter zu entwickeln. Diese Pakete blieben keine Theorie, sondern wurden bereits in Piloten erfolgreich umgesetzt. Die SERO-Toolbox sei aber kein abschließendes Ergebnis, stellte Ursula Spellenberg fest. So seien die Beteiligten gerade dabei, die Interventionsprozesse weiter zu optimieren. Frau Spellenbergs ausdrücklicher Dank galt daher nicht nur allen Partnern, sondern auch den Pilotbereichen, die mit ihrer aktiven Partizipation helfen, in der Zukunft konzernweit Veränderungen erfolgreich zu managen. Erfahrungsbericht aus dem Pilotbereich Büro- und Servicemanagement, Stuttgart – Übertragbarkeit in den Dienstleistungsbereich. Michael Bidlingmaier und Andrea Nagorny Leiter Center Büro- und Servicemanagement der DaimlerChrysler AG Leiterin Kundencenter Büro- und Servicemanagement Medienservice der DaimlerChrysler AG SERO in der Praxis – wie hat man sich das vorzustellen? Eine Antwort auf diese Frage gaben Michael Bidlingmaier und Andrea Nagorny mit ihrem Erfahrungsbericht. Das Center Büro- und Servicemanagement (BS) war einer der Pilotbereiche, der sich die Erkenntnisse aus dem SERO-Projekt zunutze machte. Das BS steht als Serviceanbieter im Dienste seiner Kunden in einem ständigen Veränderungsprozess und eignet sich damit geradezu ideal als Pilot. Michael Bidlingmaier Michael Bidlingmaier, Leiter Center Büro- und Servicemanagement der DaimlerChrysler AG, ging zu Beginn seines Vortrags folglich auch auf die kontinuierlichen Veränderungen im seinem Aufgabenbereich ein. „Wir haben uns von Anfang an als Dienstleistungsmanager verstanden und wollen überzeugende Beiträge zur Wettbewerbsfähigkeit von DaimlerChrysler liefern. So haben wir uns in den letzten Jahren vom operativen Servicedienstleister zum unternehmensweiten Systemgestalter entwickelt“. Mit diesen Worten beschrieb Michael Bidlingmaier den ständigen Transformationsprozess in seinem Verantwortungsbereich, der konsequent an den Bedürfnissen seiner Kunden ausgerichtet war und ist. Veränderungen ergeben sich dabei alleine schon aus dem Kerngeschäft von BS, das mit einem Angebotsspektrum von Fachinformationen über Erzeugnisdokumente, Sprachen und Pressemedien bis hin zu Wettbewerbsdaten die unterschiedlichsten Business Units bedient. Flexibilität ist hier unverzichtbarer Bestandteil des Erfolgs. „Wir haben diese Notwendigkeit erkannt und verfolgen daher einen ganzheitlichen Ansatz zur nachhaltigen Umsetzung von Transformationsprozessen,“ so Bidlingmaier. Im Zentrum der Aufmerksamkeit von BS steht deshalb auch die Frage, wie die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern erfolgreich an der Umsetzung von Veränderungen arbeiten. Damit das gelingt, wird die Eigenverantwortung und Selbstbefähigung der Mitarbeiter permanent gefördert. So werden sie beispielsweise von Beginn an in Veränderungsprozesse einbezogen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Mitarbeitern ist dabei selbstverständlich. Als Beispielinstrument für die erfolgreiche Transformationshistorie diente bei BS ein Runder Tisch, der zur Teamentwicklung und zur Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit eingesetzt wurde. Die positiven Auswirkungen des SERO-Projekts fanden sich nicht nur in der Bestätigung, dass man mit solchen Tools den richtigen Weg eingeschlagen hat. Mit Hilfe von SERO wurde der Runde Tisch auch weiterentwickelt. In anderen Worten: „Vom Runden Tisch zur Messung der Mitarbeiterzufriedenheit hin zum Runden Tisch als Beteiligungsinstrument zur Entwicklung und Umsetzung von Zielvereinbarungen“. Andrea Nagorny bestätigte diese positiven Aussagen im zweiten Teil des gemeinsamen Konferenzbeitrags. Völlig neuartige Medien und Technologien sowie andere Berufsbilder und Produkte charakterisieren den Veränderungsdruck in ihrem Kompetenzbereich. „Wir haben die hohe Anpassungsfähigkeit bei BS/M erreicht, indem wir eine Veränderungs-Kultur geschaffen haben. Diese ist von einem offenen und konstruktiven Dialog geprägt,“ begründete Frau Nagorny die Geschäftserfolge ihres Teams. SERO war willkommener Anlass, vorhandene Instrumente auf den Prüfstand zu stellen. Schwerpunkte bildeten hierbei die Mitarbeiterzufriedenheit und -beteiligung. SERO trug ferner dazu bei, den Ablauf des Runden Tisches neu zu gestalten und dadurch die Mitarbeiter noch stärker zu echten Beteiligten zu machen. Konkret hieß das, dass Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam Ziele für das Folgejahr generierten. Durch die konsequente Umsetzung der Erkenntnisse von SERO gelang es BS/M, neben der Identifikation von Erfolgsfaktoren auch Stolpersteine zu entdecken und damit Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. „Dazu gehört etwa, dass wir als Führungskräfte genau das vorleben müssen, was wir von unseren Mitarbeitern erwarten“, nahm sich Frau Nagorny in die Pflicht. Die entscheidende Botschaft aus den Projekterfahrungen war für die Leiterin des Kundencenters BS/M auch, dass mit der Umsetzung von SERO allgemeine Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit von Handlungsbedarf geschaffen wird, der nicht aufschiebbar ist. Der Pilotbereich Büro- und Servicemanagement lebt genau das eindrucksvoll vor. Andrea Nagorny, Leiterin Kundencenter Büro- und Servicemanagement Medienservice der DaimlerChyrsler AG (BS/M) 5 Erfahrungsbericht aus dem Pilotbereich Fabrikservice und Werktechnik (SWT) Sindelfingen. Johann Lohmann Arbeitssicherheit, DaimlerChrysler AG, Werk Sindelfingen „Wenn dem Service-Team kein perfekter Boxenstopp gelingt, entscheidet das über Sieg oder Niederlage.“ Diese Worte stammen zwar vom Formel-1-Piloten David Coulthart, aber nach der Überzeugung von Johann Lohmann sind sie ebenso gut für den Bereich Fabrikservice und Werktechnik (FWT) in Sindelfingen anzuwenden. „Service ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, Johann Lohmann daher haben wir die Formel 1 als Vorbild“, so Lohmann. Die Dienstleistungen des FWT sind Teil der Wertschöpfungskette und unterstützen die verschiedensten Abteilungen. Kunden sind zum Beispiel die Automations-, Nachrichten- und Anlagentechnik, aber auch die Energieversorgung, Fuhrpark und Transport oder das Sicherheitsmanagement. Alleine daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen und Veränderungen in der Arbeit. Bis ins Jahr 2002 gab es für diese Vielzahl von Dienstleistungen kein einheitlich funktionierendes Service-Management. Aus der Kundenperspektive wie auch aus der Innensicht bestand hier Potenzial zur Optimierung. Für die Kunden war das FWT zum Beispiel teilweise schwer erreichbar und zu langsam. Der Grund dafür lag unter anderem in unübersichtlichen Beauftragungsprozessen. Diese Umstände mündeten für die Kunden oft in teure Dienstleistungen – wenngleich bei hoher Fachkompetenz beim FWT. Intern gesehen waren die Verbesserungsmöglichkeiten insbesondere in den Prozessen zu finden: Abteilungen, Teams und einzelne Meistereien arbeiteten nach eigenen Mustern, auch ein durchgängiges Berichtswesen existierte nicht. All das machte die Arbeitsabläufe des FWT schwerfällig und schränkte seine Steuerungsfähigkeit ein. Daher entschloss man sich im FWT Ende 2002, mit dem Projekt „Service Management Center“ ein einheitliches Dienstleistungs-Management zu installieren. Aus den genannten Problembereichen leitete man eine Reihe von Zielen ab, an deren oberster Stelle die ganzheitliche Gestaltung des Bereichs Fabrikservice und Werktechnik stand. Weitere Ziele waren exakt definierte Schnittstellen zwischen den Prozessbeteiligten, ein zentrales Berichtswesen und eine zentrale Kundenbetreuung. So sollten die Arbeitsabläufe schlanker – und damit günstiger werden. Mehr Kundennähe wollte man darüber hinaus durch die Implementierung des SMC als Call-Center erreichen, über das Kunden Tag und Nacht über eine einheitliche Telefonnummer jede Art von Dienstleistung im FWT abrufen können sollten. Angesichts dieser umfassenden Neuerungen etablierte sich in Sindelfingen der Begriff „Veränderungsprojekt SMC“. Passende Bedingungen also, um als Pilotbereich für SERO zu fungieren. SERO erwies sich als wertvolle Hilfestellung für das gesamte Veränderungsprojekt. Vom SERO-Beginn im April 2001 bis zur 6 Evaluation gegen Ende 2004 durchlief das FWT, und damit auch das spätere Service-ManagementCenter, alle Stationen. Schon in der Zeit der Datenerhebung und –analyse konnten wichtige Erkenntnisse für das SMC gewonnen werden, wie Johann Lohmann ausführte: „Wir haben etwa aus den Befragungen ein positives Bild bezüglich der Führung durch den direkten Vorgesetzten erhalten.“ Aber auch Verbesserungspotenziale wurden im Verlauf von SERO deutlich. Diese betrafen unter anderem die Menge und die Möglichkeit der Bearbeitung von Veränderungen oder die emotionalen und kognitiven Bewältigungsstrategien der Führungskräfte im Veränderungsprozess. Was das FWT aus diesen Informationen machte, stellte Johann Lohmann im nächsten Schritt vor, als er die einzelnen Interventionen beschrieb. Die erste Intervention war ein SERO-SMC-Reflexionsworkshop. In diesem Workshop wurde ein Bündel von Maßnahmen als kontinuierlicher Verbesserungsprozess erarbeitet. Dafür erwies es sich zum Beispiel als wichtige Erkenntnis, dass die Linie zu jeder Zeit ins Projekt eingebunden sein sollte. Erfolgsvoraussetzung ist also immer wieder die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Auch hat sich herausgestellt, dass das eigene Handeln aller im gesamten Prozess reflektiert werden muss, um aus dem bisherigen Vorgehen zu lernen. Mit der zweiten Intervention, dem Selbstmanagementtraining wurde die persönliche Krafteinteilung und Selbststeuerung verbessert. Mitarbeiter und Führungskräfte näherten sich diesem Ziel beispielsweise durch die bewusste Beantwortung der Frage „Wie gehe ich mit Belastungen um?“. Dadurch erhielten sie ein Instrument, mit dem sie ihr Repertoire an Bewältigungsstrategien im Veränderungsprozess erweitern konnten. Die Ergebnisse der Evaluationsphase, also die Befragung der Beteiligten am Projektende, hat Johann Lohmann sehr prägnant zusammengefasst: „Die Arbeit mit SERO hat sich gelohnt.“ Natürlich gibt es im FWT nach wie vor Verbesserungsmöglichkeiten, aber schon jetzt sind positive Auswirkungen der Schaffung des SMC sichtbar. Neue Kommunikationswege haben für mehr Kommunikation gesorgt. Mitarbeiter werden frühzeitig in Prozesse mit eingebunden und damit für Neuerungen gewonnen. Voraussetzungen für einen gemeinsamen Erfolg konnten identifiziert werden. Oder – um Johann Lohmanns zentrale Botschaft zu zitieren - „Mit SERO hat die Veränderungsbereitschaft auf Seiten der Mitarbeiter und Führungskräfte zugenommen.“ Erfahrungsbericht Zulieferer. Dr. Rudolf Carl Meiler Hauptbereichsleiter Arbeits-/Personalwirtschaft der ThyssenKrupp Stahl AG Marcus Mogk sprach in Vertretung von Dr. Rudolf Carl Meiler Die Übertragbarkeit von SERO auf andere Unternehmen ist für die Projektverantwortlichen eines der zentralen Anliegen. Mit Marcus Mogk als Vertreter des Zulieferers ThyssenKrupp Stahl AG bot sich für die Teilnehmer der Abschlusskonferenz die Gelegenheit, einen detaillierten Bericht über die Erfahrungen zu erhalten, die der Bereich Carbon Steel des ThyssenKruppKonzerns (TKS-CS) mit SERO gemacht hatte. In der Stahlindustrie sind Veränderungen nichts Neues. Das zeigte der kurze Überblick, den Marcus Mogk eingangs über die Historie und die Restrukturierungsschritte bei ThyssenKrupp gab. Angefangen bei internen Optimierungsschritten bei den ehemaligen Unternehmen Thyssen, Krupp und Hösch bis hin zur Gesamtfusion von Thyssen und Krupp Hoesch zu ThyssenKrupp Stahl prägte ein Wort die vergangenen zwei Jahrzehnte: Veränderung. Das Bestreben, die Prozesse systematischer voranzutreiben, sei mit dem neuen Vorstand seit dem Jahr 2000 sogar noch stärker geworden, wie Marcus Mogk berichtete. Der Schlüssel zum Erfolg ist Restrukturierung Der Leitgedanke dieses Prozesses hat sich allerdings nicht verändert. Business Excellence, also das Bestreben, in dem, was man tut, zu den Besten zu gehören, wurde seit jeher und wird bei ThyssenKrupp als Schlüssel zum Erfolg angesehen. Diese Überzeugung bestimmt die verschiedenen Bausteine sämtlicher Restrukturierungsprozesse. Sie kommt in der Qualitätsoffensive ebenso sehr zum Tragen wie in der Divisionalisierung oder bei der Teamorganisation. Im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen bei Thyssen Krupp Stahl sei beispielsweise, so Marcus Mogk, eine prozess- und kundenorientierte Teamorganisation neu eingeführt worden. Ziel dieses Projekts war die Effizienzsteigerung durch die Neuregelung von Prozessen und Verantwortlichkeiten. Das sollte erreicht werden, indem man beispielsweise Organisationsstrukturen optimierte oder hierarchische und rein funktional denkende Strukturen abschaffte. „So etwas hat natürlich Auswirkungen auf das Statusdenken“, erklärte Mogk. „Das geht auch nicht ohne flankierende Maßnahmen. Sie können Organisationsveränderungen nicht anordnen“. Aus diesem Grund gab es bei TKS-CS über den gesamten Prozess hinweg Informationsveranstaltungen zur Teamorganisation sowie Veranstaltungen für Führungskräfte, und damit den so wichtigen Erfahrungsaustausch. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Organisation bei ThyssenKrupp Stahl ließen sich in ein von Prof. Dr. Sonntag stammendes Bild fassen: Die Auflösung von Raum, Zeit und Struktur in der Arbeitswelt. Starre Abteilungsstrukturen sind flexibler und dynamischer geworden. Zeitorientierung und Kontrolle sind zugunsten von Ergebnisorientierung und Selbstverantwortung gewichen. Neue Arbeitsformen sind entstanden. Probleme und Hemmnisse mit SERO überwunden Veränderungen von solchem Ausmaß funktionieren nicht ohne Reibungsverluste. Das zeigte sich auch bei dem DaimlerChrysler-Zulieferer TKS-CS. Im Bereich der Führung war beispielsweise die Angst vor Statusverlust anzutreffen, die Kommunikation übersah bisweilen die Mitarbeiter in der Informationsweitergabe. Die Vielzahl von Veränderungsprozessen hatte Folgen für die Struktur. Und langsame Entscheidungsprozesse oder Veränderungen, die nicht vorgelebt wurden, waren schließlich Probleme, mit denen man auf dem Feld der Kultur zu kämpfen hatte. Mit dem SERO-Konzept stand ein Instrument zur Verfügung, das solche Veränderungshemmnisse überwinden half. Der Runde Tisch wurde durch SERO beispielsweise als Tool immer wichtiger, obwohl er anfangs nicht so sehr im Zentrum des Interesses stand. Inzwischen wird mit dem Runden Tisch als Instrument der Teamorganisation bei Beteiligungsgruppen und Koordinationskreisen geplant, er dient zur Festlegung von Team-Zielen und Maßnahmen. Auch die SERO-Werkzeuge „Selbstmanagement-Training“ und „Reflexionsworkshop“ kamen zum Einsatz. Für das Selbstmanagement wurden beispielsweise Module wie Problemlösungs- und EntspannungsTrainings konzipiert. Darin fanden sich für die Mitarbeiter unter anderem Strategien zur konstruktiven Auseinandersetzung mit situativen Anforderungen oder verschiedene Entspannungstechniken. TKS-CS plant das Tool als Element der betrieblichen Weiterbildung einzusetzen. Der „Reflexions-Workshop“ wiederum fand als Instrument zur Evaluation des Change Management Prozesses Anwendung. Der große Vorteil dieses Workshops liegt in seinen variablen Einsatzmöglichkeiten. Zu Beginn eines Veränderungsprozesses, begleitend oder in der Rückschau führt dieses Tool jederzeit zu wertvollen Erkenntnissen über den jeweiligen Status. Störungen, unerwartete Entwicklungen oder neue Informationen lassen sich so schnell erkennen, steuernde oder regelnde Eingriffe werden zeitnah möglich. Aus diesen Gründen will die ThyssenKrupp Stahl AG den „Reflexions-Workshop“ in ihre Planung des Teambuilding integrieren. In seinem Fazit bestätigte Marcus Mogk die positiven Erfahrungen, die bereits seine Vorredner mit SERO gemacht haben: „Aufgrund ihrer Spezifizierung für Veränderungsprozesse und ihrer Systematik stellen die SERO-Instrumente eine wertvolle Ergänzung im Change Management von TKS-CS dar.“ 7 Fit durch Flexibilität oder krank durch Veränderungen – Veränderungskultur bei DaimlerChrysler. Podiumsdiskussion Moderation: Christopher Nolde, Leiter Marketing und Kommunikation der DaimlerChrysler tv.media GmbH Ein hochkarätig besetztes Podium beschäftigte sich nach der Mittagspause mit der Frage nach der Veränderungskultur bei DaimlerChysler und ließ eines ganz deutlich werden: Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter engagiert miteinander diskutieren und sich ihrer gemeinsamen Verantwortung bewusst sind, trägt dies zum Erfolg für das Unternehmen bei. Das gilt auch vor dem Hintergrund immer schnellerer Veränderungen. In einem sehr interessanten Meinungsaustausch waren sich alle Teilnehmer einig darin, dass mit Flexibilität als Schlüsselkompetenz absolut keine Rede davon sein kann, dass Veränderung krank macht. Gemeinsamkeit und nicht alles auf einmal Allerdings müsse man die Zukunftsaufgaben voller Bedacht angehen, entgegnete Günther Fleig auf die Frage von Moderator Christopher Nolde, ob der Begriff der „kreativen Unruhe“ für die Handhabung der Veränderungen bei DaimlerChrysler zutreffend sei. Aufgabe des Managements sei es zwar, Trends frühzeitig zu erkennen und im Handeln die Initiative zu ergreifen. Man müsse den Mitarbeitern die notwendigen Schritte für mehr Flexibilität aber auch erklären und Ziele schließlich gemeinsam mit ihnen umsetzen. So sei das auch beim größten Projekt der letzten Jahre, der „Zukunftssicherung 2012“, geschehen. Die gemeinsame Kraftanstrengung habe es möglich gemacht, bis ins Jahr 2012 betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Er habe daher unendliches Vertrauen in die Veränderungsfähigkeit im Konzern. Prof. Dr. Karlheinz Sonntag bestätigte diese Vorgehensweise und wies darauf hin, dass aus Unruhe auch Zerstörung folgen könne, wenn zu viele Veränderungen zugleich verfolgt würden. Die Richtigkeit dieses Weges bekräftigte auch Emil Bleibtreu für den Betriebsrat. Er gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass auch den flexiblen Mitarbeitern von DaimlerChrysler Grenzen gesetzt seien. Veränderungsbereitschaft – Bestandsaufnahme, Anreize, Wege Wie sieht es mit der Veränderungsbereitschaft bei DaimlerChrysler aus? Mit dieser Frage rückte Christopher Nolde interne Beobachtungen in den Fokus der Diskussion. Günther Fleig stellte konzernweit große Bereitschaft für Neuerungen fest. Auch wenn ein Blick in die Zukunft dies oft in Frage stelle, habe man doch rückblickend immer erfolgreich bewältigte Veränderungen vorzuweisen. Die Rolle des Betriebsrats in diesen Umwälzungen beschrieb Emil Bleibtreu. Auch wenn man mit Ideen oft dem Zeitgeist voraus war, wie im Fall der 35-StundenWoche, wurden doch über die Jahre von Seiten des Betriebsrats wertvolle Impulse gegeben, die auch ihre Umsetzung fanden. Auf dem Feld der Arbeitsplatzsicherung hätten die Arbeitnehmervertreter also schon viel Flexibilität bewiesen. Dennoch 8 dürfe man nicht außer Acht lassen, dass etwa ein Standortwechsel für Mitarbeiter bei gleichzeitig geringerem Verdienst nicht unbedingt ein Anreiz für mehr persönliche Flexibilität sei. Unter derartigen Voraussetzungen würden auch Manager ihren Standort nicht wechseln. Gleichwohl habe man insgesamt mit den Arbeitgebern zusammen einiges erreicht, wovon das gesamte Unternehmen profitiere. So hätten sich Arbeitszeiten verändert und es bestehe die Bereitschaft zur Mehrarbeit, dafür gebe es keine Kündigungen. Von einem Plus an Flexibilität profitiert hat nach den Worten Prof. Dr. Eberhard Hallers auch der Bereich der Planung und Produktion, der ohnehin Veränderungen frühzeitig erkennen und adäquat umsetzen müsse. Den Wandel im Bereich der Planung zeigten die unternehmensintern viel diskutierten Neuerungen in der Arbeitsorganisation: Ein Blick in den Alltag zeige, dass kreative Teams neue Trends erkannten und sie über Pilotprojekte auch erfolgreich umsetzten. Diese Trendsetterfunktion müsse im Sinne einer erfolgreichen Zukunft auch so bleiben und gelte erst recht auf dem Shop-Floor. Essentiell sei vor allem, den Mitarbeitern die Bedeutung von Flexibilität deutlich zu machen. Heute sei noch viel Ortsgebundenheit anzutreffen, jungen Mitarbeitern müsse man in diesem Zusammenhang mehr Mobilität vermitteln. Angesichts dieser Aussage wollte Christopher Nolde von Albert Knab wissen, ob bei DaimlerChrysler regionale Unterschiede bei der Veränderungsbereitschaft zu finden seien. In Bremen habe man auf Basis der operativen Planung schon länger ein Beschäftigungstal ausmachen können, entgegnete der dortige Personalleiter. Dies sei die Situation am Standort, die nun die Bereitschaft zur Veränderung beeinflusse. Festzuhalten sei, dass man an der Weser zwar etwas länger über Neuerungen diskutiere, diese aber letztlich konsequent umsetze – auch in schwierigen Fragen wie der Beschäftigung. Zwei Drittel der betroffenen Kollegen würden den Standort freiwillig verlassen. Warum dies in Bremen funktioniere, habe Knabs Ansicht nach verschiedene Gründe. Zum einen habe man eingesehen, dass das Prinzip Hoffnung keine Lösung sei. Man müsse sich den Realitäten eines Personalüberschusses stellen. Dies habe die Belegschaft eingesehen. Zum anderen habe die gute Kommunikation von Führungskräften und Mitarbeitern in Bremen den Sinn der Veränderungen vermittelt und dadurch ein Commitment erzeugt. So habe man letztlich zu einer befriedigenden Lösung gefunden. Besonders erfreulich sei, dass sogar andere Teilnehmer v.l.n.r.: · Karl-Ernst Mauser, Leiter Logistik der DaimlerChrysler AG, Stellvertretender Vorsitzender des Konzernsprecherausschusses · Prof. Dr. Eberhard Haller, Leiter Werk Sindelfingen, Sprecher der Geschäftsleitung S/SL/Maybach, Mercedes Car Group · Günther Fleig, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der DaimlerChrysler AG · Emil Bleibtreu, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Werk Sindelfingen, Mitglied Gesamtbetriebsrat der DaimlerChrysler AG · Albert Knab, Personalleiter der DaimlerChrysler AG, Werk Bremen · Prof. Dr. Karlheinz Sonntag, Wissenschaftlicher Projektleiter SERO, Leiter Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Heidelberg Werke, an denen Personal fehlte, mit Angeboten zur Hilfe aktiv geworden seien. Signifikante regionale Unterschiede konnte Prof. Dr. Sonntag auf die gleiche Frage Noldes zwar nicht feststellen, schloss diese aber auch nicht aus. Wichtiger seien jedoch Faktoren wie Kommunikation und Mitarbeiterbeteiligung, die die Veränderungsbereitschaft förderten. Das Bremer Beispiel habe das bewiesen. Gehaltsverzicht auf Seiten der Führungskräfte: Könnte das ein Anreiz für mehr Flexibilität der Mitarbeiter sein? Mit dieser Frage wandte sich Christopher Nolde an Karl-Ernst Mauser vom Konzernsprecherausschuss. Für diesen zähle dabei eher das Symbolhafte, das Signal an die Mitarbeiter, dass im Namen des Unternehmenserfolgs auch die Manager Verzicht übten. Dabei überwiege seiner Auffassung nach noch zu sehr der Reaktionscharakter solcher Maßnahmen. Der Weg müsse aber sein, dass eine Kultur des aktiven Handelns entstehe, und alle im Unternehmen müssten ihn gemeinsam gehen. In Deutschland herrsche noch ein Sicherheitsbedürfnis vor, das solche Wege zur Veränderung unbetreten lasse. Auch sei auf allen Personalebenen ein gewisses Defizit an Disziplin anzutreffen mit der Folge, dass es Menschen gebe, die bei Veränderungen einfach nicht mitmachten. An dieser Stelle seien Investitionen in die Kommunikation und Programme gefragt, die für Besserung sorgten. Tools für den Erfolg Mit Instrumenten wie DCmove, der Strategie-Offensive Aging Workforce und nicht zuletzt mit SERO hat DaimlerChrysler in den letzten Jahren eine Reihe von Programmen gestartet, die Veränderungshemmnisse wie die oben genannten aufzeigen und beseitigen sollen. Christopher Nolde befragte dazu zunächst Günther Fleig nach den Auswirkungen dieser Programme. Vor allem mit der internen Personalagentur DCmove sei ein Instrument zur flexiblen Steuerung der Personalkapazität entstanden, das auch jungen Mitarbeitern schon früh mehr Flexibilität vermittle. Diese Maßnahme ermögliche einen konzernweiten Personaleinsatz. Neue Mitarbeiter könnten bei DaimlerChrysler auch außerhalb des Heimatstandortes eingesetzt werden. Dadurch werde der Ausgleich von Personalüberhängen oder -bedarfen erleichtert, wie der Personalvorstand erklärte. Man habe damit unter anderem Probleme wie den falschen Einsatzort, die falsche Einsatzart und eventuell fehlende Förderung lösen können. Unterstrichen wurde dies von Prof. Dr. Haller. Die „Personaldrehscheibe“ DCmove bringe heute große Vorteile hinsichtlich der Einsatzflexibilität, ohne dass man damit Konflikte mit bestehenden Versetzungsrichtlinien riskiere. Auch durch die Kooperation mit dem Betriebsrat sei es so möglich geworden, einen Mitarbeiter an unterschiedlichen Standorten einzusetzen. Günther Fleig fügte dem hinzu, dass man mit den Aufwendungen für DCmove über diesen Aspekt hinaus auch in das Potenzial junger Mitarbeiter investiere. Durch den Einsatz in verschiedenen Funktionen qualifiziere man diese besser. Damit sei man eines der wenigen Unternehmen in Deutschland, die den Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Unternehmensentwicklung erkannt hätten und daran auch ganz bewusst und konsequent arbeiteten. Zukunft findet heute statt Günther Fleig verneinte die Frage Christopher Noldes, ob Daimler Chrysler mit solchen Programmen nicht zum Vorreiter einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung werde. Man wolle vielmehr auf lange Sicht dafür sorgen, dass das Wort „Veränderung“ überall als etwas Positives wahrgenommen werde. Auch ein Blick auf die demographische Entwicklung weltweit und das Engagement des Konzerns beim Stichwort „Aging Workforce“ beweise dies. Mit dem Thema beschäftige man sich schon seit Ende der Neunzigerjahre und erst im Oktober habe es dazu ein internationales, arbeitspolitisches Forum im DaimlerChrysler-Tagungszentrum auf dem Lämmerbuckel gegeben. Viele Instrumente für den Umgang mit dem Phänomen alternder Belegschaften gebe es bei DC schon seit langem. Sie würden jetzt konzertiert umgesetzt. Fleigs Zuversicht, dass das Unternehmen die Folgen der Bevölkerungsentwicklung meistern werde, teilten auch Prof. Dr. Sonntag und Emil Bleibtreu. Sie verwiesen auf die Vielzahl guter Ansätze, die auf lebenslange Kompetenzentwicklung unter den Mitarbeitern abzielten. Günther Fleig konstatierte: „Mit der Planung ,altersgerechter Karrieren‘ und Anstrengungen für mehr Ergonomie am Arbeitsplatz oder Fitnessinitiativen hat man bereits umfangreiche Maßnahmen eines Gesamtkonzepts implementiert.“ Wichtig sei, dass diese Verantwortung auch von den Beschäftigten erkannt und angenommen werde. Günther Fleig forderte abschließend die Tagungsteilnehmer noch einmal dazu auf, die Diskussionen zu führen, die eine veränderte Arbeitswelt aufwerfe, und aktiv an der Gestaltung von Veränderungsprozessen teilzunehmen. Junge und ältere Mitarbeiter hätten hierzu ebenso wie die Führungskräfte beizutragen. 9 Weiteres Vorgehen SERO. Ursula Spellenberg und Prof. Dr. Karlheinz Sonntag Evaluation beschreiben. Darüber hinaus wird dort das Instrumentarium der SERO-Toolbox integriert sein. SERO hat in den vergangenen vier Jahren seiner Laufzeit klare Erfolge gezeigt, das wurde auf der Abschlusskonferenz deutlich. Wie sehen nun die künftigen Schritte aus, die auf der Projektebene erfolgen werden? Diese Frage beantworteten die beiden SERO-Leiter, Ursula Spellenberg und Prof. Dr. Karlheinz Sonntag in ihrem Ausblick zum weiteren Vorgehen. In den kommenden Monaten wird zunächst ein Abschlussbericht erstellt, wie Prof. Dr. Sonntag erläuterte. Neben einem Übersichtsteil zum ressourcenorientierten Change Management wird sich dort eine Theoriesammlung finden. Ein weiterer Abschnitt wird alle Projektphasen von der Analyse bis zur „Wir sind jetzt dabei, diese Toolbox weiter zu optimieren, gerade auch im Bereich der Zulieferer“, erklärte Ursula Spellenberg. Es sei bereits in vielen Bereichen erkennbar, dass mit SERO ein praktikables Instrument zur Verfügung stehe, um Veränderungen erfolgreich umzusetzen. „Wir möchten ein proaktives Change Management betreiben. Daher leben wir davon, dass die verschiedenen Tools umgesetzt werden“, so Ursula Spellenberg weiter. „Weil es sich um Werkzeuge handelt, die auch außerhalb des Automobilbaus wirksam sind.“ Daher sei der Transfer der Erkenntnisse so wichtig und spreche nicht nur interne Experten, Führungskräfte und Mitarbeiter an. Die Projekterfahrungen seien auch für andere Unternehmen und die Wissenschaft relevant. Der große Dank der beiden Projektleiter galt neben den SEROFörderern im Besonderen auch allen Mitarbeitern und den Beteiligten in den Pilotbereichen. Anfangs sei es nicht ganz einfach gewesen, Teilnehmer zu finden. „An den Vorträgen der Piloten hat man aber gesehen, dass sie aus dem Projekt Nutzen gezogen haben.“ Der Beifall aus dem Auditorium im Anschluss an die Worte der beiden Projektleiter bestätigte diesen positiven Eindruck. „Ich gehöre seit SERO-Projektbeginn dem Steuerkreis an, der ganz gezielt alle gestaltenden Beteiligten vereint. Vieles von dem, was wir bei SERO machen, gehört bereits zu meinem Aufgabenbereich. Besonders positiv finde ich rückblickend, dass auch scheinbar selbstverständliche Verbesserungen aus den verschie- Dr. Axel Harwerth, denen Verantwortungsbereichen dezidiert besprochen Leitender Werksarzt wurden und sich in den Instrumenten wiederfinden.“ der DaimlerChrysler Statements AG, Bremen „Ich unterstütze bei Bosch interne Change Management Prozesse und bin daher sehr neugierig auf die SERO-Ergebnisse. Besonders die Frage, ob die Tools auch wirken, finde ich sehr spannend. Der Ansatz, Führungskräfte als Motoren für Veränderungen zu Ins Detail: Welche Tools im Rahmen von SERO zur Verfügung gewinnen, ist lebenswichtig für jedes Unternehmen. stehen, konnten sich die Konferenzteilnehmer an den Markt- Sehr gut gefallen hat mir der Beitrag der Teamleiterin. Zentralstelle für ständen von SERO-Mitarbeitern persönlich erklären lassen. Daran sieht man: Wir verändern uns tatsächlich. Vor Werksprozesse, fünfzehn Jahren hätte da noch keine Frau referiert.“ 10 Sina Froehlich, Robert Bosch GmbH Herausforderungen für die DaimlerChrysler AG. Interview mit Prof. Jürgen Hubbert Leiter des Executive Automotive Committee (EAC), Mitglied des Vorstandes der DaimlerChrysler AG „Ich bin jetzt seit 38,08 Jahren bei DaimlerChrysler. In dieser Zeit habe ich erlebt, dass Veränderung die einzige Konstante ist. Das sollte jeder vor Augen haben.“ Worte wie diese beschreiben die Dimension der Herausforderungen für die DaimlerChrysler AG in puncto Veränderung sehr treffend. Umso mehr, wenn sie von einem Top-Manager wie Prof. Jürgen Hubbert gesprochen werden. Zweifellos war das Interview, das Stefan Schneider mit dem Leiter des Executive Automotive Committee (EAC) führte, ein Höhepunkt der SERO Abschlusskonferenz. Veränderte Koordinaten – neue Herausforderungen Trotz zunehmender Internationalisierung im Automobilbau und neuen Absatzmärkten wollte Stefan Schneider in seiner ersten Frage etwas über die Rolle des Heimatmarktes auf der Agenda von DaimlerChrysler wissen. Prof. Jürgen Hubbert ließ über die Bedeutung Deutschlands keine Fragen aufkommen. Das Land sei sowohl als Produktionsstandort wie auch als Absatzmarkt nach wie vor wichtig. Das Unternehmen sei hier groß geworden, hier habe es auch seine Zukunft. Gleichwohl dürfe man die Veränderungen, die – international gesehen – in den nächsten Jahren auf DaimlerChrysler zukämen, keinesfalls vernachlässigen. Der Wettbewerb werde härter, wie die Konkurrenz aus Asien schon jetzt zeige. Auch Währungsverwerfungen und neue Regelungen, etwa auf den Feldern des Umweltschutzes oder der Fahrzeugsicherheit stellten schwer wiegende Veränderungen dar, für die man gewappnet sein müsse. Hinzu komme ein geändertes Kundenverhalten, wodurch beispielsweise der Markt für Fahrzeuge aus dem Mittel-Preis-Segment zurückgehe. „Plötzlich gibt es nur noch Premium versus billig“, so Hubbert, „und durch so fragwürdige Kampagnen wie ,Geiz ist geil‘ wird diese Entwicklung noch gefördert. Das gibt zu größter Sorge Anlass.“ Bei Mercedes sei man hier allerdings auf einem guten Weg. Durch Strategie zur Operational Excellence Damit war das Stichwort für Stefan Schneiders Frage nach dem Executive Automotive Committee gefallen. Das Vorstandsmitglied hat mit dem EAC im Oktober dieses Jahres die Leitung des zentralen Steuerungsgremiums für alle markenübergreifenden Produktthemen bei DaimlerChrysler übernommen. Stefan Schneider wollte wissen, welche personalpolitischen Fragen in diesem Gremium diskutiert werden. Ziel des EAC sei zunächst gewesen, in allen DC-Geschäftsfeldern Transparenz zu schaffen und das Gesamtportfolio des Konzerns zu analysieren, erklärte Professor Hubbert. Hinzugekommen seien mittlerweile Themen wie das künftige Marktwachstum oder der Umgang mit den eigenen Kapazitäten. So gehe man im EAC beispielsweise der Frage nach, ob das Unternehmen mit dem heutigen Portfolio Prof. Jürgen Hubbert und Stefan Schneider Wachstumsmärkte wie Indien oder China überhaupt bedienen könne. Weiter werde geprüft, ob etwa aus Kapazitätsgründen ein Mercedes und ein Chrysler in der gleichen Linie gebaut werden könnten. Der Grund für eine solche Prüfung sei unter anderem in den Rahmenbedingungen für die Belegschaften zu finden. Diese seien von Standort zu Standort unterschiedlich. In diesem Zusammenhang müsse auch das Stichwort „Operational Excellence“ fallen. „Darunter verstehen wir den Anspruch, dass wir neben Spitzenprodukten auch in der Produktion Spitzenniveau erreichen wollen“, übersetzte Prof. Hubbert diesen Begriff. Das beinhalte auch die Arbeit an der Marke: „Für das EAC heißt das, dass wir anhand einer Brand Bible arbeiten, einem Leitfaden für einzigartige Marken.“ Zukunft durch Flexibilität Auf Führungskräfte und Belegschaft warten umfassende Herausforderungen. Worauf sollte sich das Hauptaugenmerk in diesem Prozess richten? Welche kritischen Punkte gibt es? Und welche Bedeutung kommt dabei der „Zukunftssicherung 2012“ der DaimlerChrysler AG zu? Diesen Themen ging Stefan Schneider im nächsten Frageblock nach. Jürgen Hubbert begann seine Ausführungen hierzu mit einem Rückblick auf seine Berufung in den Vorstand im Jahre 1987. Damals habe es im Unternehmen eine zentral geführte und strikt funktionale Organisationsstruktur gegeben. Daran habe sich eine Phase der Dezentralisierung angeschlossen. Mitarbeiter seien zu unternehmerischem Denken motiviert worden. Aufgrund des hohen Kostendrucks sei man heute wieder auf der Suche nach Synergien. Die Mitarbeiter müssten aber, so die Forderung Hubberts, weiterhin unternehmerisch denken. Das bedeute vor allem auch die Bereitschaft zur Veränderung, für die jeder im Konzern offen sein müsse. Unverständlich sei es daher, dass im Werk Rastatt Arbeitskräfte von außen eingestellt würden, weil im Werk Sindelfingen niemand zum Ortswechsel bereit sei. „Es gibt für jeden einen Arbeitsplatz, aber nicht für jeden seinen“ – dieser Appell für mehr Veränderungsbereitschaft und Mobilität sei auch im Programm „Zukunftssicherung 2012“ enthalten. Mit diesem Entwurf zum Beschäftigungspakt habe DaimlerChrysler wieder Pilotcharakter bewiesen. „Unternehmensführung und Betriebsrat wussten letztlich, dass es nicht darum ging, bei uns koreanische oder rumänische Arbeitsbedingungen einzuführen. Wir wollten unseren Standort für die Zukunft sicher machen.“ Neuralgische 11 Schlusswort von Stefan Schneider Punkte wie die „Steinkühler-Pause“ seien folglich ausdiskutiert und gemeinsame Ziele festgelegt worden. Dadurch habe man es geschafft, Wettbewerbsnachteile auszuräumen. Personalfaktoren wie Flexibilität und Produktivität hätten durch die „Zukunftssicherung“ ebenfalls an Gewicht gewonnen. Das zeige zum Beispiel die Diskussion um eine Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche oder die flexible Personalkapazitätssteuerung durch DCmove. Persönliche Erfahrungen – Botschaft für alle Nach den Veränderungen des Unternehmens in den vergangenen Jahren und den größten persönlichen Herausforderungen befragt, nannte Prof. Jürgen Hubbert vor allem den Merger mit Chrysler. Dieser hätte vielen Menschen neue Möglichkeiten gebracht, zeige aber auch viele Notwendigkeiten auf. Eine Fremdsprache sei in der Globalisierung nicht mehr genug, wenn ein Unternehmen für die Welt fit sein wolle. Gleichzeitig sei es faszinierend gewesen zu sehen, wie „so ein Riese sich bewegt.“ Selbst die Krise des Jahres 1993, als man erstmals rote Zahlen schrieb, habe den Konzern weitergebracht, weil man daraus gelernt habe, dass Veränderungen notwendig seien. Den Schlusspunkt der SERO-Konferenz setzte Stefan Schneider. Alle Themen auf der Agenda der anspruchsvollen Veranstaltung seien besprochen worden. Mit den Ergebnissen von SERO seien neue Wege aufgezeigt und Instrumente präsentiert worden, die Führungskräfte und Mitarbeiter fit machten für die künftigen Veränderungen. Auch die Podiumsdiskussion habe unter Beweis gestellt, welcher Stellenwert den Themen Selbstbefähigung und Eigenverantwortung in der DaimlerChrysler AG beigemessen werde. „Ich bin daher zuversichtlich“, so Stefan Schneider, „dass wir unser Ziel ‚Excellence in Performance and Productivity‘ erreichen werden.“ Die Zustimmung zu diesen Worten und der Dank für eine gelungene Veranstaltung ließen sich am kräftigen Applaus für alle erkennen, die diese richtungweisende Konferenz möglich gemacht haben. „Mein Eindruck von der Konferenz ist sehr positiv. Ich bin inhaltlich mit dem Thema vertraut, weil ich die Bereichsentwicklung betreue. Auf den ersten Blick kam mir vieles bekannt vor, der nötige Tief- „Welche Botschaft möchten Sie unseren Führungskräften für den Umgang mit Veränderungen mitgeben?“, wollte Stefan Schneider zum Abschluss seines Gesprächs mit Jürgen Hubbert wissen. Dessen Antwort darauf war klar und deutlich: „Herausforderungen annehmen! Das ist der einzige Weg in dieser Welt, der zum Erfolg führt.“ Das beweise die Geschichte des Unternehmens DaimlerChrysler, das nach fast 120 Jahren noch so aktiv wie zu seiner Gründung sei, weil es immer geschafft habe, sich zu verändern. gang fehlt einem aber oft. Den vermittelt SERO systematisch und garantiert so mehr Nachhaltig- Dr. Joachim Feigl, keit in der Verbesserung. Wichtig finde ich auch Produktionsplanung, die Erkenntnis, dass wir nicht auf schnelle Erfolge DaimlerChrysler AG, abzielen oder Verhaltensänderungen erzwingen Sindelfingen wollen, sondern langen Atem beweisen.“ „Es freut mich, dass mit dem SERO-Projekt ein Thema wie Veränderung so ernst genommen wird. Wir in der Oberfinanzdirektion Stuttgart haben mit 18 Teilnehmern einen Workshop zum Thema Selbstmanagement-Training durchgeführt, da auch bei uns viele Veränderungen stattfinden Margareta Weber, sollen. Die Resonanz darauf war sehr gut. Für die Gesundheitsmanage- Zukunft wünsche ich mir noch konkretere Tools.“ ment, Oberfinanz- Statements direktion Stuttgart „Wir entwickeln Konzepte in Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Wissenschaft und intermediären Organisationen für unterschiedliche Projekte. Auf diese Weise erreichen wir verschiedenste Interessenten. SERO steht für mich außerhalb des Gewohnten und ist deshalb besonders interessant. Normalerweise ist der Background bei 12 Constantin Skarpelis, Projektträger, solchen Themen eher medizinisch. SERO verbin- Deutsches Zentrum det mehrere Disziplinen unter einem modernen für Luft- und Raum- Ansatz und greift so neue Fragestellungen auf.“ fahrt (DLR) Konzeption und Text: Brigitte Volz & Norbert Sistek · Gestaltung: Simone Haasis Einstieg und Karriere Führung und Zusammenarbeit Vergütung und Altersvorsorge Lernen Führungskräfte-Entwicklung Arbeitspolitik Arbeitsrecht, Vereinbarungen und Richtlinien Beratung Dienstleistungen Strategie, Organisation, Controlling Ursula Spellenberg Projekt SERO Bereich PAP/AP, HPC 0642 Telefon 0711/17-98815 Telefax 0711/17-98077 http://intra-personal.daimlerchrysler.com DaimlerChrysler AG Human Resources 70546 Stuttgart Auburn Hills, MI USA 48326-2766 www.daimlerchrysler.com