Spielbankenmonopol ist verfassungswidrig
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Spielbankenmonopol ist verfassungswidrig
AutomatenMARKT | November 2000 | Meinung Baden-Württemberg Spielbankenmonopol ist verfassungswidrig Auch private Unternehmer können sich um eine Spielbankenkonzession bewerben. Jan-Peer Henke erläutert eine aktuelle Entscheidung. Der 11. Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat am 21. September 2000 eine auch für die Unterhaltungsautomatenwirtschaft hochinteressante Entscheidung zum Spielbankenmonopol bekanntgegeben. Das Gericht entschied, dass der Ausschluss privater Bewerber für Spielbankenkonzessionen durch das badenwürttembergische Spielbankengesetz gegen das Grundgesetz verstößt. Er gab damit der Verfassungsbeschwerde der privaten Betreiber der Spielbanken in Baden-Baden und Konstanz gegen das neue Spiel-bankengesetz in Baden-Württemberg statt. Das Land Baden-Württemberg wurde verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2001 eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen. Gleichzeitig verlängerte das Bundesverfassungsgericht die Konzessionen für die Spielbanken Baden-Baden und Konstanz bis längs-tens zum 31. März 2002. Rechtsanwalt Jan-Peer Henke, der Justiziar des VDAI, stellt die Entscheidung vor: Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland galt zunächst in allen Bundesländern das Spiel-bankengesetz von 1933 als Landesrecht weiter. Danach konnten sowohl private als auch staatliche Rechtsanwalt JanBewerber eine Spielbankenkonzession erhalten. Peer Henke ist In der Folgezeit haben die meisten Bundesländer neue Justiziar des Spielbankengesetze erlassen, die häufig eine Verbandes der Konzessionierung ausschließlich zugunsten des Staates, Deutschen staatlich dominierter oder im staatlichen Alleinbesitz Automatenindustrie befindlicher Gesellschaften des Privatrechts festlegen (den (VDAI). Ausschluss privater Betreiber regeln die Spielbankengesetze in Bayern, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Brandenburg, Thüringen, Schleswig-Holstein, Saarland, Sachsen-Anhalt, Bremen und Sachsen und bisher Baden-Württemberg). In Baden-Württemberg wurde durch das Spielbankengesetz vom 23. Februar 1995 (Gesetzblatt 1995, Seite 271) die Möglichkeit für private Betreiber, eine Spielbankenkonzession zu erhalten, abgeschafft. Konzessionen wurden fortan nur noch Gesellschaften erteilt, die im Mehrheitseigentum des Landes BadenWürttemberg stehen. Für die zu diesem Zeitpunkt privat betriebenen Spielbanken Baden-Baden und Konstanz wurde eine Übergangsregelung geschaffen. Die Konzessionen wurden jedoch über den 31. Dezember 2000 hinaus nicht verlängert. Die Betreiber der Spielbanken Baden-Baden und Konstanz legten gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde ein. Das BVerfG stellt in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die Tätigkeit des Spielbankenbetreibers unter den Schutz der Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) fällt. Eingriffe in die Berufsfreiheit sind nur zulässig, wenn der Eingriff durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Daher müssen die Gründe des Gemeinwohls umso stärker wiegen, je intensiver in die Berufsfreiheit eingegriffen wird. Unter diesen Voraussetzungen bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG keine Bedenken dagegen, die Anzahl der Spielbanken zu begrenzen und ihren Betrieb von der Erteilung einer Konzession abhängig zu machen. Hierbei handelt es sich zwar auch um einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Diese ist aber unter anderem durch das Ziel, die Bevölkerung vor den Gefahren des Glücksspiels zu bewahren, gerechtfertigt. Nach dem neuen Spielbankengesetz in Baden-Württemberg haben Privatunternehmer aber überhaupt keine Chance mehr, eine Spielbankenkonzession zu erhalten. Damit liegt eine absolute Berufszugangsbeschränkung für Private vor. Solche Beschränkungen müssen in einem freiheitlichen Staat die absolute Ausnahme sein. Sie sind nach der Rechtsprechung des BVerfG nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweislicher oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten sind. Darüber hinaus muss die Regelung verhältnismäßig sein und dem Einzelnen gegenüber keine unangemessene Härte bedeuten. Keine Sicherheitsbedenken bei privaten Betreibern Zunächst kam es also auf die Frage an, ob in privat betriebenen Spielbanken die Gefahr der Manipulation und des Betrugs größer ist, als in staatlich betriebenen Spielbanken. Die Antwort auf diese Frage kann niemand mit letzter Sicherheit geben. Das BVerfG ließ sie daher offen. Ähnlich war es auch schon in den vorangegangenen Entscheidungen zum Recht der Spielbanken verfahren. Sehr wohl stellte es jedoch theoretische Erwägungen an, was zulässig ist und was nicht. Deutlich führt das Gericht aus, dass die Zielsetzung, durch den staatlichen Betrieb von Spielbanken möglichst hohe Gewinne für den Staat zu ziehen, verfassungsmäßig ist. Auch sei es ein legitimes Regelungsziel, einen besonders hohen Grad an Überwachung der Spielbankenbetreiber sicherzustellen. Hierzu sei es aber nicht erforderlich, die Spielbanken zu „verstaatlichen“. Die Erzielung eines möglichst hohen Gewinnanteils aus dem Betrieb der Spielbanken könne genauso gut durch Erhöhung des Maßes der Abschöpfung (also durch die Erhöhung der Spielbankenabgabe) erreicht werden. Weiterhin zeigt das BVerfG als beispielsweise Lösung auf, Spielbankenkonzessionen zu versteigern und dadurch einen erhöhten Gewinn zu erzielen. Zur Frage der Überwachung äußert das Gericht erhebliche Zweifel, ob es überhaupt erforderlich ist, den Spielbankenbetrieb genauer zu überwachen, als dies bei privat betriebenen Spielbanken möglich ist und auch geschieht. Die geschilderten Bedenken führen nach Ansicht des BVerfG mit Blick auf die konkrete Situation der derzeitigen oder potenziellen Spielbankenbetreiber zur Verfassungswidrigkeit des baden-württembergischen Spielbankengesetzes. Bei Abwägung aller Umstände kommt das BVerfG zu dem Schluss, dass der Ausschluss Privater durch das Spielbankengesetz zwar abstrakt verhältnismäßig, gleichwohl aber den Betroffenen gegenüber unangemessen ist. Das Gericht führt aus, dass die privat geführten Spielbanken in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten beanstandungsfrei, ja erklärtermaßen vorbildhaft betrieben würden. Angesichts dieses Umstandes bedeute der vollständige Ausschluss von privaten Betreibern von der Erlangung einer Spielbankenkonzession eine nicht zu rechtfertigende Härte gegenüber bereits tätigen und künftigen Spielbankenbetreibern. Alle Spielbankengesetze, die den Ausschluss privater Betreiber regeln, sind mit der Entscheidung des BVerfG als verfassungswidrig anzusehen, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für konkrete Missstände beim Betrieb durch Private. Das Urteil hat aber trotzdem keine unmittelbare Bindungswirkung, da die Landesgesetze unabhängig voneinander sind. In Ländern, in denen Private nicht als mögliche Spielbankenbetreiber vorgesehen sind, können diese das Bundesverfassungsgericht anrufen. Keine Auswirkung hat die Entscheidung da-rauf, dass immer nur eine begrenzte Anzahl von Spielbankenkonzessionen durch die Länder vergeben wird. Inwieweit die Entscheidung auch auf andere staatliche Monopole, beispielsweise im Lotteriewesen oder bei Oddset-Wetten Auswirkungen hat, bleibt abzuwarten.