Mein ERASMUS-Semester an der UAM Poznań
Transcription
Mein ERASMUS-Semester an der UAM Poznań
Mein ERASMUS-Semester an der UAM Poznań Friedrich-Alexander Meyer 5. Semester BA Sozialwissenschaften Als ich mich am 1. September 2013 auf den Weg zu meinem Eramus-Aufenthalt machte, konnte ich nicht wissen, dass mir die besten fünf Monate meines Studium bevorstanden. Ein Austausch meiner Kirchengemeinde hatte mich 2008 schon für eine Woche ins polnische Gniezno und in Kontakt mit polnischen Jugendlichen gebracht, so war es nicht meine erste Reise ins östliche Nachbarland. Nach einem anstrengenden wie fachlich interessanten Sommersemester in Düsseldorf, sah ich ungewöhnlich unaufgeregt deutsche und dann polnische Felder an meinem Zugfenster vorbeiziehen. Poznań war auf dieser Fahrt nur ein Zwischenstopp, mein Ziel war vorerst der EILC-Sprachkurs an der Militärakademie in Warschau. Für die Planung meiner Eramus-Zeit hatte ich den Tipp bekommen, einen Sprachkurs für einen guten Start in das Semester zu machen. Für mich war vor allem das Interesse an einer neuen Sprache ausschlaggebend, zumindest für den Alltag wollte ich mich in der polnischen Sprache etwas zurecht finden. Rückblickend war es eine unheimlich gute Entscheidung einen Monat früher nach Polen zu fahren und Erasmus-Studenten aus verschiedenen Studienrichtungen in aller Ruhe kennen zu lernen. Wenn es einen universalen Tipp für Erasmus-Studenten mit Zielen in ganz Europa gibt, dann ist es der, einen EILC-Sprachkurs zu besuchen! Für den Sprachkurs waren alle rund 50 Teilnehmer in einer nagelneuen Wohnheim auf dem Gelände der Militärakademie untergebracht. Durch die Einteilung in Doppelzimmer entstanden schnell neue Freundschaften und in den Gemeinschaftsräumen gab es schnell einen guten Gruppenspirit, der viele von uns durch die gesamte Erasmus-Zeit bringen konnte. Aufgeteilt in drei Klassen lernten wir jeden Morgen von 8.00 bis 12.30 Uhr Grundlagen zu polnischen Kommunikation. Da Polnisch eine sehr grammatikalische und dadurch schwierige Sprache ist, mussten im Grunde alle gemeinsam wiederholen und lernen, um den abschließenden Sprachtest zu bestehen. Am Nachmittag standen verschiedene Aktivitäten auf dem vielfältigen Programm, Sprachworkshops, Vorlesungen zur polnischen Geschichte oder Führungen der Warschauer Altstadt oder Museen wechselten sich ab und zeigten uns die verschiedensten Seiten dieses Landes. In der Freizeit organisierten wir Parties, machten zusammen Sport oder kochten, zudem gab es in der letzten Woche einen Ausflug nach Krakau und Zakopane, wobei all die verschiedenen Mentalitäten und Ideen aus Spanien, Italien, Norwegen, Bulgarien, der Türkei und den anderen Ländern Europas herauskamen; selten machte es solche einen Spaß, in großen Gruppen neue Leute kennen zu lernen und alle Unterschiede und Gemeinsamkeiten Europas kennen zu lernen. Dabei entstanden viele neue Freundschaften, das besondere Gruppengefühl blieb in Warschau bis zum Ende des Semesters erhalten. Als nach vier sehr intensiven Wochen stand die Fahrt nach Poznań an. Hier ging auch direkt der Uni-Alltag los, begleitet von einem sehr engagierten Einführungsprogramm des ESN, das viele offizielle und inoffizielle Möglichkeiten schuf, Erasmus-Studenten in der Stadt kennen zu lernen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten waren nun auch alle Informationen zu den Lehrveranstaltungen verfügbar, sodass ein verbindlicher Stundenplan für das Semester zusammengestellt werden konnte. Insgesamt habe ich ein glückliches Händchen mit meiner Kurswahl bewiesen, weshalb ich alle Kurse kurz vorstellen und empfehlen möchte: Zunächst habe ich einen zehn-stündigen Polnisch Sprachkurs besucht. Aus terminlichen Gründen habe ich den Kurs für absolute Beginner ausgewählt, sodass im gesamten Oktober letztlich nur Inhalte aus dem EILC-Kurs neu präsentiert wurden. Dabei war besonders die Lehrerin Magdalena Kaczmarek sehr engagiert und fordernd, eine sehr gelungen Mischung für solch eine schwere Sprache. Ungefähr die Hälfte der Kursteilnehmer zeigte sich sehr engagiert und auch hier entstand eine gute Lernatmosphäre und sogar Freundschaften, sodass neun Teilnehmer aus Irland, Deutschland, Ägypten und der Türkei durch diesen Kurs relativ gute Polnisch-Kenntnisse erlangen konnten, die über das zertifizierte A1-Niveau ehrlich hinausging. Eine Vorlesung mit dem Namen „Poles and Poland“ an Collegium Historicum gab einen erneuten Überblick über die bewegte polnische Geschichte. Dieser Kurs war inhaltlich für mich interessant und allgemein unterhaltsam, auch wenn das wissenschaftliche Niveau einige Geschichtsstundenten zur Weißglut treiben konnte. Eine Abschlussprüfung wurde in Form einer siebenminütigen Präsentation verlangt, was eine sehr leichte verdiente Bestnote darstellte. Ein deutlich höheres Level hatte da der Kurs „Contemporary Political system of the Balkans“. In den Vorlesungen wurden die politischen Systeme, handelnden Personen, die jüngere Geschichte und schwelenden Konflikte der erweiterten Balkanregion vorgestellt und besprochen. Zu jeder Stunde mussten Informationen über Länder vorbereitet werden, zusätzlich gab es immer wieder anspruchsvolle politikwissenschaftliche Texte zu Themen wie „Kemalism“ oder „Dayton Agreement“. Obwohl der Dozent nicht besonders flüssig Englisch sprach, war ich von seiner Fachkenntnis sehr beeindruckt, einen solch gut strukturierten und inhaltlich tiefgehenden Kurs hatte ich vorher noch nie besucht. Die abschließende Klausur hatte es in sich und stand im krassen Gegensatz zum vorher genannten Kurs. Die umfangreichen Vorbereitungen waren durch gutes Material problemlos und sogar interessant, die Klausur konnte ich knapp mit Bestnote bestehen. Sehr ähnlich war der letzte Kurs mit dem Namen „Contemporary Asia“. Hier wurden die asiatisch-pazifische Region mit besonderem Fokus auf China, Japan, Indien, die USA und Russland vorgestellt und deren Geschichte, Politik, Demographie, Probleme und vor allem die Wirtschaft besprochen. Auch hier war der –sehr junge- Dozent voll im Thema und konnte in besten Englisch durch die Veranstaltung führen. Dazu wollte er eine gewissen Diskussionskultur fördern und stellte immer wieder Fragen, die im Kurs –vor allem gegen Ende des Semesters- breit diskutiert wurden. Es wurde auf viele Details eingegangen und wirklich ein guter Einblick in die Region gegeben, sodass einige Punkte des Lehrplans leider überhaupt nicht besprochen werden konnten. Zum Bestehen des Kurses musste ein zehn-seitiges Essay bis zum Ende des Semesters individuell erarbeitet werden. Ich habe insgesamt drei volle Tage in der Unibibliothek von Warschau recherchiert und auf dieser Grundlage zum Thema „The Economical Situation in Tibet“ geschrieben, in dem China die Unruheherde in der tibetischen Region durch wirtschaftspolitische Einbindung, konzentrierten Zuwanderung ethnischer Chinesen und hohe Subventionierung –bis jetzt recht erfolgreich- zu befrieden versucht. In Poznań ist das allgemeine Leben sehr auf Studenten ausgerichtet, die Stadt hat den höchsten Studentenanteil in ganz Polen. Dementsprechend war das Leben dort sehr angenehm: Der öffentliche Transport funktionierte bestens; ein sehr moderner Campus wird im Norden der Stadt errichtet und bietet schon jetzt moderne Studienmöglichkeiten; überall gibt es Studentenrabatte, die die allgemein niedrigen Lebenserhaltungskosten noch weiter senken; im Stadtzentrum sind einige Gebäude der Universität, sodass es hier kurze Wege gibt und Studenten fest zum Stadtbild gehören. Außerdem gibt es ein großes und einladendes Sportangebot (http://swfis.amu.edu.pl) so habe ich regelmäßig mit dem UAM-Team Handball gespielt. Gewohnt habe ich in einer privaten Wohnung im östlichen Teil der Stadt, die ich mir mit Bogdan, einem jungen polnischen Architekten geteilt habe. Wir haben uns sehr gut verstanden und sind bald Freunde geworden, über ihn hab ich noch einige polnische Studenten kennenlernen können. Ansonsten habe ich gerade unter der Woche viele ESNAktivitäten mitgemacht, so habe ich viele Erasmus-Studenten sowohl in den Kursen als auch in der Freizeit treffen, was einfach eine tolle Atmosphäre schafft. Insgesamt habe ich meine Erasmus-Zeit in Polen sehr genossen, da das Studium hier einfach gut strukturiert und motivierend war und es für die Freizeit viele Möglichkeiten und Bekanntschaften in Poznań und Warschau für mich gab. Allgemein ist ein Erasmus-Semester sicherlich in ganz Europa ähnlich, da viele Austauschstudenten doch unter sich bleiben können, doch ich bin froh über die Sprache und Kontakte auch Polen getroffen habe und so auch etwas „polnischer“ gelebt zu haben.