Deutsch

Transcription

Deutsch
Niedersächsisches
Kultusministerium
Fachbezogene Leistungsüberprüfungen
für die Realschule
Schuljahrgang 10
Deutsch
1
An der Entwicklung der Empfehlungen für die Überprüfung der Schülerleistungsstände im
Fach Deutsch im Abschlussjahrgang der Realschule haben folgende Lehrkräfte mitgewirkt:
•
Heidrun Bazoche, Göttingen
•
Karl-Otto Synatzschke, Verden
Redaktion: Dieter Seefeldt (Kultusministerium)
Herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium (1999)
30159 Hannover, Schiffgraben 12
2
Inhalt
1
Seite
Empfehlungen für die fachbezogenen Überprüfungen in
4
den Abschlussklassen des Sekundarbereichs I der allgemein bildenden Schulen
2
Schriftliche Überprüfung
7
2.1
Fachbezogene Überprüfungsgegenstände
7
2.2
Bewertung
12
3
Mündliche Überprüfung
15
3.1
Allgemeine Hinweise
15
3.2
Fachspezifische Hinweise
16
4
Aufgabenbeispiele
17
3
1
Empfehlungen für die fachbezogenen Überprüfungen in den
Abschlussklassen des Sekundarbereichs I der allgemein
bildenden Schulen
Zur Begründung der Überprüfungen
Mit dem 01.08.1999 sind „Ergänzende Bestimmungen zur Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I“ (Erlass des MK vom 22.06.1999, in: SVBl. 7/1999,
S. 145; vgl. R. Bade: Leistungsüberprüfungen in den Abschlussklassen des Sekundarbereichs I, nachträgliche Versetzung und Überspringen eines Schuljahrgangs. In: SVBl.
10/1999, S. 256) in Kraft getreten, mit denen die Sicherung schulformspezifischer angemessener Leistungsstandards angestrebt wird. Die hiermit vorgesehenen fachbezogenen
Überprüfungen der Schülerleistungsstände sind in den Abschlussklassen (9. oder 10.
Schuljahrgang) aller Schulformen des Sekundarbereichs I mit Beginn des Schuljahres
1999/2000 durchzuführen. Diese Überprüfungen erfolgen als
−
schriftliche Überprüfung in Mathematik und je nach Wahl der Schülerin oder des
Schülers in Deutsch oder in einer im 5. oder 7. Schuljahrgang begonnenen Pflichtoder Wahlpflichtfremdsprache,
−
mündliche Überprüfung in einem Fach nach Wahl der Schülerin oder des Schülers;
zur Wahl stehen dabei die in Nr. 3.2 des Erlasses genannten Fächer.
Die fachbezogenen Überprüfungen sind als eine weitere Maßnahme zur Qualitätssicherung und -entwicklung zu verstehen und damit in die gegenwärtige bildungspolitische und
schulpädagogische Diskussion um Schulqualität einzuordnen. Die Frage, was die Qualität einer Schule ausmacht und wie sie gesichert und entwickelt werden kann, ist dabei
nicht neu. Sie wird mit den Überprüfungen jedoch in der Weise akzentuiert, dass mit ihnen die besondere Bedeutung der Einzelschule für die Schulentwicklung und die Qualitätsverbesserung von Unterricht hervorgehoben wird.
Ist die Schule aber „Motor der Schulentwicklung“ (Dalin) und Schulentwicklung daher
wesentlich eine Aufgabe der einzelnen Schule, so bedeutet dies für die Qualität von
Schule: Die einzelne Schule muss sich – auf der Grundlage von Bedingungen wie des
schulrechtlichen Rahmens, der Ressourcen, der Ausstattung der Schule, der Qualifikation der Lehrkräfte, der Zusammensetzung der Schülerschaft – um ihre Weiterentwicklung
und Qualitätsverbesserung bemühen und ist daher in starkem Maße selbst für die Qualität ihrer Arbeit und deren Wirkungen verantwortlich.
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Schulprogrammentwicklung und Evaluation sind hierbei hilfreiche Instrumente. Angesichts des Gewichts der fachbezogenen Überprüfungen und des Arbeitsaufwandes für
ihre Planung, Durchführung und Auswertung sollte die einzelne Schule deshalb prüfen,
wieweit die fachbezogenen Überprüfungen und die Empfehlungen als Anlass genommen
werden, die Frage des Unterrichtskonzepts, der Leistungsanforderung und Leistungsbewertung, der Differenzierung und Förderung als Schwerpunkte für die Schulprogrammentwicklung
und
interne
Evaluation
vorzusehen.
Das
wäre
vom
didaktisch-
methodischen Stellenwert der Überprüfungen für die Unterrichtsentwicklung sinnvoll und
aus arbeitsökonomischen Gründen nahe liegend. Mit diesen mit den fachbezogenen
Überprüfungen zusammenhängenden Fragen klärt die Schule in wesentlichen Punkten
ihre „pädagogische Grundorientierung“ und bearbeitet wichtige im „verbindlichen Kern“
des Schulprogramms vorgesehene Anliegen (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium:
Schulprogrammentwicklung und Evaluation – Stand, Perspektiven und Empfehlungen.
Hannover, September 1998, S. 11 und 14).
Zum Stellenwert der Empfehlungen
Die vorliegenden Empfehlungen dienen den Schulen als Leitlinie, Orientierung und Hilfe
bei der Durchführung der schriftlichen und mündlichen Überprüfungen. Die Empfehlungen enthalten Hinweise zu den schriftlichen und mündlichen Überprüfungen sowie Aufgabenbeispiele und Bewertungsmaßstäbe für die schriftliche Überprüfung. Grundlagen
der Empfehlungen sind die fachbezogenen Rahmenrichtlinien, der Grundsatzerlass für
die betreffende Schulform, die „Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I
(AVO-S I)“ vom 07.04.1995 (in: SVBl.: 5/1994, S. 140) sowie die „Standards für den Mittleren Schulabschluss in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache“
(Beschluss der KMK vom 12.05.1995), wobei letztere nicht für das Gymnasium gelten.
Die Empfehlungen sind schulform- und fachspezifisch angelegt. Es gibt also Empfehlungen für die Hauptschule, die Realschule, das Gymnasium und die Integrierte Gesamtschule, und zwar in Mathematik, Deutsch, Englisch und Französisch (mit Ausnahme der
Hauptschule) sowie Latein (nur für das Gymnasium). Für die Schulzweige der Kooperativen Gesamtschule gelten die Empfehlungen der entsprechenden Schulformen. Für alle
Empfehlungen wird vorausgesetzt, dass bei Aufgabenstellungen und Bewertungskriterien
die Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler ausländischer Herkunft und aus
Aussiedlerfamilien im Sinne der Nr. 2.4 des o.g. Erlasses berücksichtigt werden.
5
Leitlinie, Orientierung und Hilfe für die Schulen sollen die Empfehlungen in dreifachem
Sinne sein:
−
Als Leitlinie dienen sie der Sicherung vergleichbarer Leistungsstandards unter den
Schulen. Mit den Aufgabenbeispielen und den Bewertungsmaßstäben werden die
auf der Grundlage der Rahmenrichtlinien in den Abschlussklassen der jeweiligen
Schulform anzustrebenden fachspezifischen Leistungsstandards beschrieben. Die
Aufgabenbeispiele repräsentieren dabei die unterrichtlichen Inhalte der Abschlussklasse, die bis zum Zeitpunkt der Überprüfung im Unterricht durchgenommen worden sind.
−
Sie stellen eine Orientierung und Anregung zur Entwicklung eigener Aufgaben und
Bewertungskriterien durch die einzelne Lehrkraft oder – im Falle einer „Vergleichsarbeit“ – durch die Fachlehrkräfte dar. Die unterschiedlichen Aufgabenbeispiele zeigen exemplarisch verschiedene Möglichkeiten der Aufgabenstellungen im jeweiligen
Fach.
−
Sie sollen Ausgangspunkt für eine didaktisch-methodische Diskussion über Aufgabenstellungen und Leistungsbewertung in den Fächern sein und damit Impulse zur
Weiterentwicklung des Fachunterrichts geben.
Die Empfehlungen haben also eine wichtige Funktion für die Arbeit der Schule – für die
Lehrkräfte der betreffenden Fächer, für die Fachkonferenzen und die Schulleitung - , aber
auch für die Schulbehörde. Letztere muss die Aufgabenstellungen und Ergebnisse der
schriftlichen Überprüfungen im vorab festgelegten Fach auch auf der Grundlage der
Empfehlungen analysieren und bewerten und den Schulen eine fachbezogene didaktisch-methodische Rückmeldung geben, die für die Weiterentwicklung im Fach hilfreich
sein kann.
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2
Schriftliche Überprüfung
2.1 Fachbezogene Überprüfungsgegenstände
Gegenstand der Überprüfungen der Schülerleistungsstände im Schuljahrgang 10 der
Realschule sind die im Deutschunterricht vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Diese ergeben sich aus den Rahmenrichtlinien für das Fach Deutsch.
Der Deutschunterricht in der Realschule hat die Aufgabe, die Wahrnehmungs-, Denkund Ausdrucksfähigkeit durch die Auseinandersetzung mit Sprache zu erweitern und die
Schülerinnen und Schüler in ihren sprachlichen Handlungsmöglichkeiten zu fördern.
Sprache ermöglicht, sich über Gedanken, Bedürfnisse und Empfindungen Klarheit zu
verschaffen, ihnen Ausdruck zu geben und sich anderen mitzuteilen. Sie dient dazu,
Kenntnisse und Sachverhalte aufzunehmen und an andere weiterzugeben. Insofern hat
Sprache Erkenntnisfunktion und ist soziales Handeln.
Der Deutschunterricht der Realschule umfasst die drei Lernbereiche
-
Sprechen und Schreiben
-
Umgang mit Texten
-
Reflexion über Sprache und Rechtschreibung.
Im Mittelpunkt unterrichtlicher Tätigkeiten steht dabei die Förderung der Schreibfähigkeit
der Schülerinnen und Schüler. Das Schreiben verlangt einen hohen Grad an gedanklicher und sprachlicher Planung und Reflexion, einen differenzierten Gebrauch sprachlicher Möglichkeiten. Von daher findet im Teilbereich Schreiben eine Integration der Ziele,
Aufgaben und Verfahren aller drei Lernbereiche statt.
Inhaltlich orientieren sich die Gegenstände der Überprüfung an zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft:
-
Frieden und Gewalt
-
Umwelt und ihre Erhaltung
-
Begegnung fremder Kulturen
-
Faschismus/Nationalsozialismus
-
Strukturwandel
-
Verhältnis der Geschlechter und Generationen
-
Ungleichheit der Lebensverhältnisse
-
Medien/ Multimedia
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Natürlich können nicht alle Unterrichtsinhalte und Lernziele des Faches bei der Überprüfung berücksichtigt werden. Die Überprüfung muss sich vielmehr auf solche Leistungen
beschränken, die auf einen begründbaren Bewertungsmaßstab bezogen werden können.
Anforderungen
Die Anforderungen der Überprüfung unterscheiden sich nach der Arbeitsweise, der Komplexität und dem Grad der Selbstständigkeit der geforderten Leistung. Durch Zusammenfassung ähnlicher Anforderungen werden drei Anforderungsbereiche gebildet. Diese
Einteilung erleichtert die Aufgabenstellung, die Beschreibung der erwarteten Leistung
und deren Bewertung. Sie soll Einseitigkeit in der Aufgabenstellung vermeiden helfen, die
Anforderungen transparenter machen und zu einer differenzierteren Leistungsbewertung
beitragen.
Die drei Anforderungsbereiche sind in wechselseitiger Abhängigkeit zu sehen und nicht
immer scharf voneinander zu trennen. Daher können sich in der Praxis der Aufgabenstellung bei der Zuordnung einzelner Teilaufgaben zu den Anforderungsbereichen Überschneidungen ergeben.
Anforderungsbereich I
Im Anforderungsbereich I geht es um Kenntnisse und Fertigkeiten und deren Anwendung
im gelernten oder vorgegebenen Zusammenhang.
Dazu gehört:
-
Inhalt eines überschaubaren Textes wiedergeben
-
Textart und Strukturelemente eines Textes unter Verwendung zuvor im Unterricht
gelernter Fachbegriffe (z.B. lyrische Sprachmittel) bestimmen
-
aus dem Unterricht bekannte Textsorten (z.B Inhaltsangabe, Personenbeschreibung,
Erörterung) verwenden
-
aus dem Unterricht bekannte gestalterische Verfahren (z.B. Verfassen eines inneren
Monologs oder einer Rede) verwenden
-
einen Standpunkt durch ein Argument begründen können
-
Sprache im Allgemeinen formal richtig verwenden
-
fachspezifische Arbeitstechniken beherrschen (u.a. Zitieren, Nachschlagen, Textüberarbeitung, Informationsentnahme aus Schaubildern und Tabellen).
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Anforderungsbereich II
Im Anforderungsbereich II geht es um die Verknüpfung fachbezogener Gegenstände.
Dazu gehört:
-
wesentliche Aussagen eines Textes in Thesen zusammenfassen
-
Inhalt eines überschaubaren Textes wiedergeben und beurteilen
-
generalisierende Aussagen konkretisieren
-
aus dem Konkreten dessen allgemeine Bedeutung erschließen
-
eigene Erfahrungen in Texte einfließen lassen
-
in einer Argumentation andere Perspektiven wahrnehmen können.
Anforderungsbereich III
Im Anforderungsbereich III geht es um eine durchdachte Auseinandersetzung mit einem
Text oder einem Problem mit dem Ziel, zu selbstständigen Folgerungen, Deutungen oder
Urteilen zu gelangen.
Dazu gehört:
-
die gedankliche Struktur eines Textes zeigen
-
sprachliche Mittel eines Textes auf ihre Funktion und Wirkung hin untersuchen
-
die Intentionen eines Textes ermitteln
-
aus den Ergebnissen einer Textanalyse Schlüsse ziehen
-
Standpunkte (eigene und fremde) argumentativ vertreten
-
bei gestalterischen Aufgaben selbstständige und zugleich text- und sachangemessene Lösungen erarbeiten.
Aufgabenarten
Die unterschiedlichen Formen schriftlicher Arbeiten im Fach Deutsch ergeben sich aus
den Unterrichtsinhalten des Teilbereiches Schreiben der Rahmenrichtlinien. Sie sind den
Aufgabenarten "Textanalyse" und "Erörterung" zuzuordnen.
Textanalyse
Bei dieser Aufgabenart sollen die Schülerinnen und Schüler nachweisen, dass sie selbstständig mit einem Text umgehen und zu einem angemessenen Textverständnis kommen können. Dabei muss das individuelle Textverständnis durch Textbelege begründet
sein. Im gestaltenden, produktionsorientierten Umgang mit Texten muss eine Beziehung
zwischen eigener Textproduktion und Ausgangstext erkennbar sein.
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Es können je nach Aufgabenstellung vorgelegt werden:
-
ein kürzerer in sich geschlossener literarischer oder sachorientierter Text
-
kurze Texte (z.B. unterschiedlicher Textarten) im Vergleich
-
ein Textausschnitt aus einem umfangreicheren, im Unterricht behandelten Werk
-
eine Szene eines Drehbuchtextes, Standfotos aus einem im Unterricht behandelten
Film.
Im Einzelnen kann diese Aufgabenart je nach Aufgabenstellung folgende Leistungen
überprüfen:
-
Inhalt, Problem des Textes erfassen und wiedergeben
-
Wirkungsmöglichkeiten des Textes einschätzen, eigene Erfahrungen in die Auseinandersetzung mit dem Text einbeziehen
-
Textintention mit Hilfe von Leitfragen erarbeiten
-
Stilmerkmale, Besonderheiten bestimmter Textarten, die im Unterricht behandelt
wurden, beschreiben und zur Textaussage in Beziehung setzen
-
Aussagen über den Text durch ausgewählte Textstellen belegen
-
Ergebnisse der Textuntersuchung für eigene Textgestaltungen nutzen (u.a. Texte
kommentieren, karikieren, aktualisieren, umschreiben, Parallel- oder Gegentexte
schreiben, Leerstellen im Text füllen)
-
Sprache normengerecht verwenden und den eigenen Text mit Hilfe eines Wörterbuches überprüfen und überarbeiten
-
fachspezifische Arbeitsweisen anwenden.
Problemerörterung
Bei dieser Aufgabenart sollen die Schülerinnen und Schüler nachweisen, dass sie ein
Problem, das in einem vorgelegten Text enthalten ist, selbstständig erschließen, sich
damit auseinander setzen und abschließend Stellung beziehen können. Im vorausgegangenen Deutschunterricht muss eine gemeinsame Grundlage an Kenntnissen und
Methoden, die zur Erörterung eines Problems notwendig sind, vermittelt worden sein.
Die Textvorlage ist in der Regel sachorientiert und fordert zur kontroversen Stellungnahme auf. Sie kann durch Materialien ergänzt werden, z.B. durch Bilder, Karikaturen, Grafiken. Als Rahmen für eigene Textproduktion sollten nur diejenigen Textarten gefordert
werden, die auch im Unterricht behandelt wurden.
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Im Einzelnen kann diese Aufgabenart je nach Aufgabenstellung folgende Leistungen
überprüfen:
-
Sachverhalte und Probleme in zusammenhängender Form darstellen, erklären und
beschreiben
-
Argumente herausarbeiten und am Text belegen
-
Behauptungen begründen und durch Beispiele stützen
-
visuelle Vorgaben beschreiben und kommentieren
-
eigene Standpunkte formulieren
-
den Gesamtaufbau sinnvoll gliedern und die Gedankengänge folgerichtig entwickeln
-
das Problem in eine vorgegebene Kommunikationssituation übertragen, z.B. in Form
eines Leserbriefes, eines Redeentwurfes, eines Dialogs
-
Sprache normengerecht verwenden und den eigenen Text mit Hilfe eines Wörterbuches überarbeiten.
Insgesamt sollen die Überprüfungsaufgaben den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit
geben, die genannten Kenntnisse und Teilfertigkeiten sinnvoll anzuwenden.
Form der Überprüfung
Der schriftlichen Überprüfung dient eine der im zweiten Schulhalbjahr zu zensierenden
schriftlichen Lernkontrollen. Die Schule legt den Zeitpunkt der Überprüfung fest.
Für die schriftliche Überprüfung sind im Vergleich mit der üblichen Dauer einer Lernkontrolle zusätzlich 45 Minuten vorzusehen. Die Lernkontrolle wird von der unterrichtenden
Lehrkraft und einer von der Schulleiterin oder dem Schulleiter bestimmten weiteren Lehrkraft korrigiert und bewertet. Bei abweichender Bewertung entscheidet die Schulleiterin
oder der Schulleiter nach Anhörung der beiden Lehrkräfte.
Das Ergebnis der jeweiligen schriftlichen Überprüfung geht in die Gesamtnote des Faches so ein, als läge eine zusätzliche Lernkontrolle mit gleicher Wertung vor (doppelte
Wertung).
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2.2 Bewertung
Die Bewertung obliegt der besonderen pädagogischen Verantwortung der Beurteilenden.
Die Beurteilung der Leistung orientiert sich an den Anforderungen, die in der Aufgabenstellung enthalten sind. Leistungen, die in sinnvoller Weise von den Erwartungen abweichen, müssen in die Bewertung einbezogen werden, sofern sie im Rahmen der Aufgabenstellung liegen.
Folgende Kriterien haben je nach Aufgabenart besonderes Gewicht und können für die
Beurteilung konkreter Aufgabenstellungen hilfreich sein:
-
Erkennen und Darstellen des Problemgehaltes
-
Einfallsreichtum und Einfühlungsvermögen
-
Umfang und Differenziertheit der Kenntnisse
-
sachliche Richtigkeit
-
Unterscheidung von Wichtigem und Unwichtigem
-
Folgerichtigkeit der Aussagen
-
funktionale Einbeziehung eigener Erfahrungen
-
Anschaulichkeit und Angemessenheit der Ausdrucksmittel
-
Beachtung von Regeln zum Aufbau der Textform
-
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung).
Bei der Korrektur werden in Randvermerken Vorzüge und Mängel der Arbeit im inhaltlichen und sprachlichen Bereich gekennzeichnet und eventuell kommentiert. Sprachliche
Mängel sind je nach dem Ausmaß der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen zu
gewichten.
Eine Möglichkeit der Bewertung von Sprachrichtigkeit ergibt sich aus dem Verhältnis der
Fehlerzahl (Grammatik-, Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler) zum Umfang des
Textes. Die Fachkonferenz entscheidet über die Einführung eines Fehlerquotienten und
über seine Gewichtung in Hinblick auf die Gesamtnote. Auf jeden Fall müssen die Leistungen in der Rechtschreibung und Zeichensetzung und schwer wiegende Verstöße
gegen die äußere Form in die Benotung einfließen (s. Rahmenrichtlinien).
Wiederholungsfehler werden in der Regel nur einmal gewertet. Es ist außerdem darauf
zu achten, dass die Fehler im Bereich der Sprachrichtigkeit nicht doppelt - einmal bei der
Ermittlung der Teilleistungen, dann bei der endgültigen Festsetzung der Zensur - gewertet werden.
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Die Gesamtnote wird entsprechend der vorgesehenen Gewichtung der Anteile aus den
einzelnen Anforderungsbereichen ermittelt.
Eine Verbalbeurteilung, die sich auf die Randvermerke und die beschriebenen Anforderungen beziehen soll, kommentiert die Gesamtnote.
Hinweise zum Erstellen von Aufgaben
Bei der schriftlichen Überprüfung sind den Schülerinnen und Schülern mindestens zwei
Themen zur Auswahl vorzulegen. Dabei sind beide Aufgabenarten zu berücksichtigen.
Mindestens eine der gestellten Aufgaben muss - unabhängig von der Aufgabenart - auch
gestaltende, produktionsorientierte Anteile aufweisen.
Aus der Aufgabenstellung muss die Art der geforderten Leistung eindeutig hervorgehen.
In der Regel tragen mehrteilige Arbeitsanweisungen dazu bei, den Blick der Schülerinnen
und Schüler auf bestimmte Aspekte des Themas oder des Textes zu lenken, deren Bearbeitung in der vorgegebenen Arbeitszeit vordringlich zu leisten ist. Teilaufgaben sind
konkret auf die jeweilige Textvorlage zu beziehen und benennen die Anforderungen des
jeweiligen Themas. Die Teilaufgaben helfen außerdem zu vermeiden, dass die Leistung
an unformulierten Ansprüchen gemessen wird; sie sichern eine lernzielorientierte Leistungsmessung und erleichtern damit den Vergleich individueller Leistungen.
Jede Aufgabe muss - auch bei mehrteiliger Aufgabenstellung - eine thematische Einheit
bilden und auf eine geschlossene Gesamtdarstellung zielen. Bei der Vorlage einer
mehrteiligen Arbeitsanweisung sollte der Eindruck vermieden werden, als ob die Teilaufgaben isoliert voneinander zu lösen seien. Eine schematische Gliederung der Teilaufgaben ist daher wenig sinnvoll.
In der Aufgabenstellung sollten der inhaltliche, der formale und der textübergreifende
Aspekt abgedeckt sein.
Zu diesen drei Aspekten bieten sich folgende Teilaufgaben an:
Inhaltlicher Aspekt
-
Anfertigen einer Inhaltsangabe
-
Beschreiben von literarischen Charakteren und Interpretieren ihres Verhaltens
-
Aufgaben zur Erarbeitung von Sachzusammenhängen
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Formaler Aspekt
-
Analyse der sprachlichen Mittel eines Textes und Deutung ihrer Funktion
-
Analyse der Textart, des Sprachniveaus und seiner Funktion
Textübergreifender Aspekt
-
persönliche Stellungnahme zum Problemgehalt des Textes
-
Gestaltung eines eigenen Textes auf der Grundlage des vorgelegten Textes
(z.B. Brief, Parallel- oder Gegentext, Tagebuchnotiz)
Die Aufgaben zu Inhalt und Form sind integrativ zu verstehen und müssen dazu führen,
das Charakteristische des vorgelegten Textes zu erschließen.
Bei der Auswahl der Texte, Bilder oder graphischen Darstellungen ist darauf zu achten,
dass sie sich an den Problemfeldern des Faches Deutsch (s.Kap.2) und am Verständnishorizont der Schülerinnen und Schüler orientieren und nicht zu komplex sind.
Folgende Kriterien sind bei der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades der Texte zu
beachten:
-
Informationsdichte
-
Abstraktionsgrad
-
Grad der Abweichung von der Standardsprache
-
Umfang der voraussetzbaren Sachkenntnis
-
Sprachniveau, Komplexität des Satzbaus
Bei der Länge des Textes sollte die zur Verfügung stehende Lesezeit berücksichigt werden.
Die Text- und/oder Materialvorlage muss unter Anwendung der im Deutschunterricht
vermittelten Kenntnisse und Methoden erschließbar sein. In den einzelnen Arbeitsanweisungen der gestellten Aufgabe sollten die Schülerinnen und Schüler den Bezug zum
vorausgegangenen Unterricht erkennen.
Die äußere Form der Text- und Materialvorlagen muss einwandfrei sein. Die Texte sind
mit einer Zeilenzählung zu versehen. Kürzungen sind durch Auslassungszeichen deutlich
zu machen. Autorin bzw. Autor, Titel und Erscheinungsjahr des Originaltextes oder die
Quellen des Materials sollten in der Regel angegeben werden.
Während der schriftlichen Überprüfung steht den Schülerinnen und Schülern ein Wörterbuch der deutschen Rechtschreibung zu Verfügung.
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3
Mündliche Überprüfung
3.1 Allgemeine Hinweise
Die mündliche Überprüfung wird als Einzel- oder auch als Gruppenüberprüfung mit bis zu
drei Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Der mündlichen Überprüfung liegt eine
schriftlich formulierte Prüfungsaufgabe zugrunde, die sich auf die vorangegangenen Unterrichtsgegenstände in der Abschlussklasse bezieht, soweit sie bis zum Zeitpunkt der
Überprüfung im Unterricht behandelt worden sind. Sie sollte so angelegt sein, dass die
Schülerin oder der Schüler im ersten Teil Gelegenheit erhält, sich zu der in der Vorbereitungszeit bearbeiteten Prüfungsaufgabe in zusammenhängendem Vortrag zu äußern. In
diesem Teil der Überprüfung sollte sich die prüfende Lehrkraft weitgehend zurückhalten
und nur dann eingreifen, wenn dies aus pädagogischen oder prüfungspsychologischen
Gründen oder zur Klärung des Verständnisses notwendig erscheint. Im zweiten Teil der
Überprüfung sollte mit der Schülerin oder dem Schüler ein Gespräch geführt werden, das
über die im Vortrag zu lösenden Aufgabenstellungen hinausgeht und größere fachliche
Zusammenhänge zum Gegenstand hat.
Ziel der mündlichen Überprüfung ist es also, der Schülerin oder dem Schüler Gelegenheit
zu geben, sich zu einer Prüfungsaufgabe sachlich zutreffend zu äußern, Lösungen
strukturiert vorzutragen und zu präsentieren sowie in einem Gespräch weitergehende
Fragestellungen zu erörtern.
Der mündlichen Überprüfung geht eine individuelle Vorbereitungszeit von zwanzig Minuten unter Aufsicht voraus. Im Falle einer Gruppenüberprüfung ist darauf zu achten, dass
sich jede Schülerin und jeder Schüler zu dem für alle gleichen Prüfungsthema mit in der
Regel für alle gleichen Aufgabenstellungen angemessen äußern kann. Dabei ist vorab zu
klären, welcher Prüfungsgegenstand sich für eine Gruppenüberprüfung eignet.
Über den Verlauf der mündlichen Überprüfung ist eine Niederschrift vom nicht prüfenden
Mitglied des Fachprüfungsausschusses anzufertigen. Hierzu gehören der Vortrag der
Schülerin oder des Schülers ebenso wie die Fragestellungen der Fachprüfungsausschussmitglieder und die sich daraus ergebenden Ausführungen.
Zur Vorbereitung auf die mündliche Überprüfung sind die Schülerinnen und Schüler
rechtzeitig zu beraten; bei Bedarf sollten ihnen vorbereitende Übungsmöglichkeiten gegeben werden; dies gilt insbesondere für den Fall der Gruppenüberprüfung.
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3.2 Fachspezifische Hinweise
Die allgemeinen Anforderungen sind aus den für die schriftliche Überprüfung beschriebenen Aufgabenbereichen und den ihnen zugeordneten Leistungsanforderungen herzuleiten. Es ist allerdings nicht angemessen, die Aufgabenmuster der schriftlichen Überprüfung unverändert in die mündliche Überprüfung zu übernehmen.
Die mündliche Überprüfung besteht aus einer selbstständigen, zusammenhängenden
Äußerung der Schülerinnen und Schüler zu der gestellten Aufgabe und einem mit dieser
Aufgabe in Zusammenhang stehenden Prüfungsgespräch.
Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine schriftlich formulierte Aufgabe, die der besonderen Situation einer mündlichen Prüfung entspricht und die in ihrer Struktur, ihrem
Anspruch und ihrem Umfang so angelegt ist, dass es möglich ist, die Leistungsanforderungen in der festgesetzten Vorbereitungs- und Überprüfungszeit zu erfüllen. Der Aufgabe können zu Grunde liegen
-
ein Text oder mehrere Texte
-
visuelles Material
-
ein Text in Verbindung mit visuellem Material.
Der Text sollte in der Regel - je nach Schwierigkeitsgrad - nicht mehr als ca. 300 Wörter
betragen. Die Aufgabe bezieht sich auf den vorausgegangenen Unterricht und muss so
angelegt sein, dass in der mündlichen Überprüfung grundsätzlich jede Note erreichbar
ist, d.h. den Schülerinnen und Schülern soll Gelegenheit gegeben werden, auch anspruchsvollere Leistungen zu erbringen.
Kriterien für die Bewertung
Die in 2.2 beschriebenen Bewertungskriterien gelten grundsätzlich auch für die mündliche Überprüfung, sind aber zu ergänzen durch den Nachweis folgender Fähigkeiten:
-
in der gegebenen Zeit für die gestellte Aufgabe ein Ergebnis finden und es kurz in
gegliedertem Zusammenhang vortragen
-
sich in deutlicher Artikulation äußern und gegebenenfalls einen kurzen Textabschnitt
vorlesen
-
Inhalt der Textvorlage erfassen und das Thema bzw. Problem erläutern
-
fachspezifische Grundbegriffe anwenden
-
einen Text oder ein Problem in übergeordnete Zusammenhänge einordnen und gegebenenfalls eine eigene Stellungnahme vortragen
-
ein themengebundenes Gespräch führen und dabei auf Impulse eingehen.
16
4
Aufgabenbeispiele
Die nachfolgende Sammlung enthält Aufgabenbeispiele für die schriftliche Überprüfung.
Diese Beispiele sind den unter 2.1 beschriebenen Aufgabenarten „Textanalyse“ und
„Problemerörterung“ zugeordnet.
Ziel dieser Zusammenstellung ist es, die unterschiedlichen Aufgabenarten darzustellen,
wie sie den Schülerinnen und Schülern vorgelegt werden können.
Es ist nicht beabsichtigt, durch die Auswahl der Beispiele eine Empfehlung für Aufgaben
einer bestimmten literarischen oder fachdidaktischen Richtung zu geben.
Jedes Aufgabenbeispiel ist wie folgt gegliedert:
-
Aufgabenart
-
Thema
-
Aufgabenstellung
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
-
Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen.
Die Beschreibung der von den Schülerinnen und Schülern erwarteten Leistungen und der
Bezug der Aufgabenstellung zu den drei Anforderungsbereichen sind vor dem Hintergrund entsprechender unterrichtlicher Voraussetzungen vorgenommen worden und erfolgen in tabellarischer Form. Andere Voraussetzungen können hier zu anderen Einstufungen führen.
Die Gewichtung der Anteile aus den einzelnen Anforderungsbereichen für die Bewertung
der Arbeiten ist durch die Fachkonferenz vorzunehmen. Eine mögliche Gewichtung wird
zu jedem Aufgabenbeispiel vorgeschlagen.
Übersicht über die Aufgabenbeispiele
§ Textanalyse und Verfassen eines inneren Monologs zu Carl Zuckmayer
„Der Hauptmann von Köpenick“
§ Interpretation des Gedichts „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff
§ Charakterisieren von Personen aus „Sansibar oder der letzte Grund“ von Alfred
Andersch
§ Erörterung zum Thema „Wer dazugehören will, muss sich dem Trend anpassen!“
§ Erörterung zum Thema „Das Heim-Multimedia-TV“
§ Erörterung zum Thema “Gewaltdarstellung in Video und Fernsehen“
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1. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Textanalyse
-
Thema
Textanalyse und Verfassen eines inneren Monologs zu Carl Zuckmayers Drama
„Der Hauptmann von Köpenick“
-
Aufgabenstellung
a)
Vergleiche Voigt und seinen Schwager Hoprecht in ihrer Einstellung zur staatlichen Ordnung und zur Rolle des Menschen im Staat (14. Szene). Belege deine
Aussagen durch treffende Zitate aus dem Text.
b)
Am Ende des Dialogs zwischen Voigt und Hoprecht in der 14. Szene sagt Hoprecht zu Voigt: „Willem, wat haste denn vor? Wat willste denn anfangen,
Mensch! Sprich dich doch aus ...“ Welche Gedanken könnten Voigt an dieser
Stelle durch den Kopf gehen? Verfasse einen inneren Monolog.
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Carl Zuckmayer, Der Hauptmann von Köpenick, Fischer Taschenbuch Nr. 7002,
Frankfurt am Main 1995, S. 93ff. und S. 102
18
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
Anforderungsbereiche
I
II
III
zu Aufgabe a)
- unterschiedliche Auffassungen Voigts
und Hoprechts in Bezug auf die staatliche
Ordnung und die Rolle des Menschen im
Staat erläutern
X
- Hoprechts uneingeschränktes Vertrauen in
den Staat darlegen
X
- Voigts Zweifel an der Übermacht des Staates
darstellen
X
- die Frage nach der „Weltordnung“ als zentrale
Dialogstelle erkennen und bewerten
- treffende Zitate auswählen und in die Überlegungen einbeziehen
X
X
- wesentliche Aussagen dieser Szene schlüssig
zusammenfassen
- Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
X
X
zu Aufgabe b)
- einen inneren Monolog verfassen
X
- Analyse des Dialogs (s. Aufgabe a) in die
Überlegungen einbeziehen
X
- eine Verbindung zwischen den bisherigen
persönlichen Erfahrungen Voigts und seinen
möglichen Handlungsperspektiven herstellen
X
- eine „Lösung“ der Probleme aus Voigts Sicht
entwickeln und begründen
- Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
Mögliche Gewichtung der Teilaufgaben:
X
X
1: 1
19
2. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Textanalyse
-
Thema
Interpretation des Gedichts „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff
-
Aufgabenstellung
a)
Interpretiere das aus der Zeit der Romantik stammende Gedicht „Mondnacht“ und
berücksichtige dabei auch die sprachlichen Besonderheiten.
b)
Schildere nun deine ganz persönlichen Gedanken und Empfindungen, die beim
Lesen dieses Gedichts in dir ausgelöst werden.
Das moderne Gedicht „Naturschutzgebiet“ von Sarah Kirsch (1982) kann dir dabei eine Hilfe sein.
JOSEPH VON EICHENDORFF
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
20
SARAH KIRSCH
Naturschutzgebiet (1982)
Die weltstädtischen Kaninchen
Hüpfen sich aus auf dem Potsdamer Platz
Wie soll ich angesichts dieser Wiesen
Glauben was mir mein Großvater sagte
Hier war der Nabel der Welt
Als er in jungen Jahren mit seinem Adler
Ein schönes Mädchen chauffierte.
Durch das verschwundene Hotel
Fliegen die Mauersegler
Die Nebel steigen
Aus wunderbaren Wiesen und Sträuchern
Kaum sperrt man den Menschen den Zugang
Tut die Natur das ihre durchwächst
Noch das Pflaster die Straßenbahnschienen.
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Joseph von Eichendorff: Mondnacht. In: Echtermeyer. Deutsche Gedichte. Von den
Anfängen bis zur Gegenwart. Neugestaltet von Benno von Wiese. Ausgabe für Schulen, August Bagel Verlag, Düsseldorf 1973, S. 374
Sarah Kirsch, Erdreich. Gedichte. Stuttgart:DVA 1982, S.48.
21
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
Anforderungsbereiche
I
II
III
zu Aufgabe a)
-
erlernte Fachbegriffe anwenden
X
-
wesentliche sprachliche Darstellungsmittel des
X
Gedichts erarbeiten:
(Kreuzreim, Versausgang, Personifikation,
Lautmalerei, konjunktivische Wendung)
-
X
die Wirkung einzelner Darstellungsmittel zum
Inhalt des Gedichts in Beziehung setzen
-
die Darstellung der Natur interpretieren
X
(menschliche Züge der Natur, Natur als
Traumlandschaft, Natur in ihrer Stille)
-
das lyrische Ich erfassen
X
(Sehnsuchtsfantasie) und dabei
-
Aussagen durch Zitate erfassen
X
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung,
X
Zeichensetzung)
zu Aufgabe b)
-
subjektive Eindrücke und Gefühle darstellen
X
-
persönliche Erfahrungen beschreiben
X
-
möglicher Vergleich mit dem Naturgedicht
X
von Sarah Kirsch
-
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung,
Zeichensetzung)
Mögliche Gewichtung der Teilaufgaben :
22
2 : 1
X
3. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Textanalyse
-
Thema
Charakterisieren von Personen aus "Sansibar oder der letzte Grund" von
Alfred Andersch.
-
Aufgabenstellung
a)
Der Junge befindet sich auf dem Fluchtboot.
Entwirf einen inneren Monolog, der die Situation des Jungen mit allen seinen Gedanken, Wünschen und Ängsten spiegelt. Berücksichtige auch seinen familiären
Hintergrund.
b)
Der Roman soll neu verfilmt werden. Du bist die Regisseurin oder der Regisseur.
Wie soll die Schauspielerin oder sollen die Schauspieler aussehen, die Judith,
Gregor, Knudsen, Helander oder den Jungen verkörpern?
Wähle zwei Personen aus und beschreibe ihren Typ, ihr Äußeres, ihre Art.
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Alfred Andersch, Sansibar oder der letzte Grund, Diogenes Verlag, Zürich 1970.
23
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
Anforderungsbereiche
I
II
III
Zu Aufgabe a)
- den inneren Monolog als eine Form der Erzähltechnik (Bewusstseinsstrom als unaufhörliche Kette von Assoziationen)
anwenden
- den situativen Kontext des Jungen kennen und berücksichtigen
(Flucht aus der Bindung an die Mutter, an Rerik, an Knudsen;
Sehnsucht nach Abenteuern; Angst vor dem Erwachsenwerden)
- Textteile indirekt in den Bewusstseinsstrom einfließen lassen
(nicht zitieren!)
- durch Sprache und Ausdrucksform den Jungen charakterisieren (z.B. durch umgangssprachliche Wendungen, Gedankensprünge, rhetorische Fragen)
- Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
X
X
X
X
X
X
Zu Aufgabe b)
- eine Personenbeschreibung verfassen
- Personen anhand der Textvorlage aus der Vorstellungskraft
heraus gestalten
- Textbezüge durch Beschreibungen einzelner Merkmale erkennbar werden lassen
- Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
Mögliche Gewichtung der Teilaufgaben: 2 : 1
24
X
X
X
X
4. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Problemerörterung
-
Thema
Erörterung zum Thema „Wer dazugehören will, muss sich dem Trend anpassen!“
-
Aufgabenstellung
„Wer dazugehören will, muss sich dem Trend anpassen!“
Setze dich kritisch mit dieser häufig geäußerten Meinung auseinander. Beziehe dabei
das Gespräch zwischen Mutter und Tochter sowie deine eigenen Erfahrungen in die
Überlegungen ein.
Immer mehr junge Menschen beziehen ihr Lebensgefühl aus ihrem Konsum. Ihr Ansehen, so denken sie, hänge entscheidend davon ab, welche Jeans und Pullis sie tragen und welchen Musikgeschmack sie haben.
In einer Boutique ist es zu folgendem Gespräch zwischen einer Mutter und ihrer
Tochter gekommen:
„Echt cool, dieses Sweatshirt“, sagt Jennifer zu ihrer Mutter.
„Ist es nicht ein bisschen weit und schlabberig?“
„Nö, das muss so sein, ist voll trendy.“
„Aber diese Farben – ich weiß nicht. Sollten wir nicht nach etwas Dezenterem schauen?“
„Ich lauf‘ doch nicht rum wie’n Oldie. Lisa und Anne haben auch ‘nen Chiemsee-Pulli.“
„Aber, Jennifer, hast du gesehen, was der kostet? So viel Geld geb‘ ich nicht für einen
Pulli aus!“
„Qualität hat eben ihren Preis, Mama. Außerdem kann ich mich mit meinen alten Klamotten sowieso nirgends mehr sehen lassen. Mike und Ali gucken schon immer so
blöd, wenn sie mich sehen. Die haben immer die fetzigsten Sachen an, nicht so öde
wie ich.“
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Gespräch in: Durchblick, GSW Geschichte/Politik 7/8. Realschule Niedersachsen,
© Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig 1997, S. 276
25
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
Anforderungsbereiche
I
-
dem vorgelegten Dialog Informationen
II
III
X
entnehmen und
-
X
diese für die eigene Stellungnahme nutzen
die zentrale Problemstellung des Themas
X
erkennen und formulieren
-
X
die Gegensätze zwischen Mutter und Tochter
auf die In-Out-Problematik übertragen
-
X
stützende Argumente und widerlegende
Gegenargumente finden und gegeneinander
abwägen
(mögliche Gesichtspunkte:
Gruppenzwang, Außenseiter, Anerkennung
in der Gruppe, Jobben für Konsum, Kriminalität)
-
X
veranschaulichende Beispiele in die eigenen
Überlegungen übernehmen
-
X
über persönliche Erfahrungen und Erlebnisse
berichten
-
X
eine sachangemessene persönliche Wertung
vornehmen und begründen
-
die Erörterung folgerichtig und schlüssig
X
strukturieren
-
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
26
X
5. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Problemerörterung
-
Thema
Erörterung zum Thema „Das Heim-Multimedia-TV“
-
Aufgabenstellung
Das Schaubild zeigt dir eine Welt, die schon Wirklichkeit geworden ist.
a) Gib die Informationen des Schaubildes in einem zusammenfassenden Text wieder.
b) Setze dich kritisch mit dieser Multimedia-Welt auseinander.
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Massenmedien. Informationen zur politischen Bildung Nr. 260 / 3. Quartal 1998,
Herausgeberin: Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), Bonn 1998, S. 54
27
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
I
Anforderungsbereiche
II
III
zu Aufgabe a)
-
-
-
dem Schaubild Informationen entnehmen
(individuelle Steuerungsmöglichkeiten des
Kommunikationsprozesses, TV als Zentrum multimedialer Kommunikation, Decoder
und Modem, Nutzungsmöglichkeiten der
Internet-Verbindung)
die Möglichkeiten einer elektronischen multimedialen Verbindung des Einzelnen mit
der Außenwelt insgesamt herausstellen
(Vernetzung)
Sprachrichtigkeit ( Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
zu Aufgabe b)
- Informationen des Schaubildes nutzen und
in die Überlegungen einbeziehen
- die Problematik des Themas formulieren
- die Erörterung folgerichtig strukturieren
- stützende Argumente und widerlegende
Gegenargumente finden und gegeneinander
abwägen
(Vorteile – Zeitersparnis, weite Wege entfallen, schneller und kostengünstiger Informationsaustausch durch e-mail
Nachteile - Vereinsamung, mündlicher
Kommunikationsverlust, künstliche Medienwelten ersetzen unmittelbare Erfahrungen,
„gläserner Bürger“ )
- veranschaulichende Beispiele in die eigenen
Überlegungen einbeziehen
- über persönliche Erfahrungen berichten
- eine sachangemessene persönliche Wertung vornehmen und Stellung beziehen
- Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung)
Mögliche Gewichtung der Teilaufgaben :
28
1 : 2
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
6. Aufgabenbeispiel
-
Aufgabenart
Problemerörterung
-
Thema
Erörterung zum Thema „Gewaltdarstellung in Video und Fernsehen“
-
Aufgabenstellung
a)
Gib die Hauptgedanken der vorliegenden Leserbriefe wieder.
b)
Nimm Stellung zu den beiden Texten. Berücksichtige in deiner Stellungnahme
auch deine eigenen Fernseh- und Videoerfahrungen.
LESERBRIEFE zum Thema „Gewaltdarstellung in Video und Fernsehen“:
Nicht nur Gewalt-Videos sollten verboten werden, sondern jede Gewaltdarstellung in
Film, Video und besonders im Fernsehen, bei dem die zahlreichen Gewaltdarstellungen
Millionen Zuschauer erreichen.
Durch die laufende Berieselung mit Gewaltdarstellungen im Fernsehen wird nämlich die
allen Lebewesen und damit auch die dem Menschen angeborene Hemmung vor Gewalt
gegen den Nächsten abgebaut bzw. die natürliche Hemmschwelle immer weiter hinausgeschoben, bis sie endlich ganz fällt.
(...) Unsere Fernsehintendanten zeigen die Gewalt in Großaufnahme, unter reichlicher
Verwendung von Tomatenmark hautnah, Züge des Opfers grässlich verzerrt und erfüllen
so ihren - von uns finanzierten Bildungsauftrag!
(...) Ich werfe daher dem Deutschen Fernsehen, ARD und ZDF, vor, durch Senden von
Gewaltszenen die natürlichen Hemmschwellen der Bürger systematisch abzubauen und
durch Gewalttätigkeiten – von den Ausschreitungen nach Sportveranstaltungen bis zu
Vergewaltigungen, von Raub bis zur Körperverletzung mitzuverschulden, mindestens
aber ihren öffentlichen Bildungsauftrag erschreckend verkannt zu haben.
Andererseits muss ich sagen, dass ich nicht begreife, wie ein normal konstruierter
Mensch Gefallen an Gewaltszenen haben kann, in denen Menschen verletzt werden. Für
mich sind solche Szenen so abstoßend, dass ich abschalte. Sind die Menschen - dank
der Bemühungen der Fernsehintendanten - schon verroht? Das wäre erschreckend.
(aus : DIE ZEIT)
29
Entscheidend ist, dass wir unsere Jugend über eine sachliche Benutzung der Videos
informieren und die Möglichkeiten ausnutzen, die in der immer größer werdenden Zahl
der für Bildungs- und Informationszwecke hergestellten Videofilme stecken. Wer aber
kann diese Aufgabe leisten? Der Gesetzgeber setzt nur den rechtlichen Rahmen für die
Rechte und die Ordnungsbehörden. Die Politiker können allenfalls die Leitlinien einer
zukunftsorientierten Medienpolitik vorgeben. Die Umsetzung dessen, was die Politik der
Gesellschaft anbietet, muss von ihr als Ganzes geleistet werden. Wir brauchen die Mitarbeit aller Bürger, Erzieher, Schulen, Volkshochschulen, Jugendverbände, und nicht zuletzt die Eltern dürfen die Heranwachsenden nicht ohne Hilfe und Rat vor einem immer
größeren Videomarkt stehen lassen.
(aus: DIE ZEIT)
-
Texte und Materialien mit Quellenangaben
Leserbriefe aus: DIE ZEIT, 11.1.1985
In: Lesen, Darstellen, Begreifen; Lese- und Arbeitsbuch für den Literatur- und Sprachunterricht, Ausgabe B, herausgegeben von Prof. Dr. Gert Kleinschmidt und Prof. Dr.
Franz Hebel, 10. Schuljahr, Frankfurt am Main, Hirschgraben-Verlag, 1986, S.176 ff.
30
- Erwartete Leistungen und ihre Zuordnung zu den Anforderungsbereichen
Erwartete Leistungen
I
Anforderungsbereiche
II
III
Zu Aufgabe a)
-
den Texten Informationen entnehmen
X
-
die wesentlichen Aussagen der Texte bündig
X
zusammenfassen und dabei
-
X
die unterschiedlichen Positionen der Verfasser
erkennen und darlegen
-
die Auffassung der Verfasser durch Zitate aus
X
dem Text belegen
-
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung
X
und Zeichensetzung)
Zu Aufgabe b)
-
die zentrale Problemstellung des Themas
X
erkennen und formulieren
-
die eigene Stellungnahme in strukturierter
X
Form anschaulich verfassen
-
X
Gedanken aus den vorgelegten Leserbriefen
übernehmen und Stellung beziehen
X
-
die Problemfrage sachgerecht erörtern
-
Thesen und Antithesen der Problemfrage
X
erarbeiten und gegeneinander abwägen
-
persönliche Erfahrungen einfließen lassen
-
eine sachangemessene persönliche Wertung
X
X
vornehmen
-
veranschaulichende Beispiele in die eigenen
X
Überlegungen einbeziehen
-
Sprachrichtigkeit (Grammatik, Rechtschreibung
X
und Zeichensetzung)
Mögliche Gewichtung der Teilaufgaben:
1 : 2
31
Niedersächsisches Kultusministerium
Fachbezogene Leistungsüberprüfungen
für die Realschule
Schuljahrgang 10
Deutsch
Niedersachsen
32
An der Entwicklung der Empfehlungen für die Überprüfung der Schülerleistungsstände im
Fach Deutsch im Abschlussjahrgang der Realschule haben folgende Lehrkräfte mitgewirkt:
Heidrun Bazoche, Göttingen
Karl-Otto Synatzschke, Verden
Redaktion: Dieter Seefeldt (Kultusministerium)
Herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium (1999)
30159 Hannover, Schiffgraben 12
33
Inhalt
Seite
1
Empfehlungen für die fachbezogenen Überprüfungen in
den Abschlussklassen des Sekundarbereichs I der allgemein bildenden Schulen
4
2
Schriftliche Überprüfung
7
2.1
Fachbezogene Überprüfungsgegenstände
7
2.2
Bewertung
12
3
Mündliche Überprüfung
16
3.1
Allgemeine Hinweise
16
3.2
Fachspezifische Hinweise
16
4
Aufgabenbeispiele
18
34