Jahrbuch 2012 - Villa Waldberta
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Jahrbuch 2012 - Villa Waldberta
s u a h r le t s n ü k s le a internation villa waldbe r ta 2012 3 inhalt inhalt 2 Inhalt Vorwort von Hans-Georg Küppers 5 Einleitung von Karin Sommer 5 Belegungsschwerpunkt: Globale Heimat Ausstellung: Mhanduwe – Freundschaft Stipendiat: Calvin Dondo 11 Workshop und Ausstellung: „Siehst du mich?“ Stipendiat: Calvin Dondo 16 Workshop: Bildhauerei Stipendiat: Itai Nyama 19 Performance: Spoken Word Poetry Stipendiat: Outspoken 23 Ausstellung: Pangaea Stipendiaten: Juana Cordova, Lucia Falconi, Nicolás Kingman, Fabiano Kueva (Ecuador) 27 Ausstellung: STRANGE BEAUTY Stipendiatin: Lucia Falconi 29 Ausstellung: Stimmen der Roma Tamara Moyzes 42 Ausstellung: Skulpturale Installationen Stipendiatin: Femmie Duiven 42 Ausstellung: Der Elefantenmann Stipendiat: Andrea Brandani 42 Ausstellung: [BLUR] Stipendiatinnen: Irem Tok, Hera Büyüktasçiyan 42 Video-Oper: mystery – mach dir kein bild Stipendiat: Achim Wagner 42 Gespräch: Indische Mädchen und Frauen Stipendiatin: Arundhati Deosthale 42 Konzert: Alpenklezmer Stipendiat: Ilya Shneyveys 42 Sonderprojekt: Sprache – Heimat – Exil Stipendiaten: Adam Guzuev, Maynat Kourbanova, Mansoureh Shojaeeh, Amir Valle Belegungsschwerpunkt: Zwischenräume Konzerte: NACH[T]KLANG im signalraum Stipendiaten: Matteo Marangoni, Adam Parkinson, Goran Vejvoda 47 33 Ausstellung: „Fractus“ Stipendiatin: Rachel Heller 48 Ausstellung: Bulgarische Villa-Waldberta-Künstlerinnen Stipendiatinnen: Iskra Blagoeva, Regina Dalkalacheva, Sonia Kovacheva, Elena Panayotova, Anastasyia Tonkova 35 Performance: NEWS 13:13 Stipendiat: Tonderai Munyebvu 48 39 Performance: BARDO Topographie des Zwischenraums Stipendiat: Michael Northam 49 Ausstellung: München summt! Stipendiatin: Anastasyia Tonkova Film und Vortrag: Bulgarien. Bulgarien? Stipendiatin: Diana Ivanova 40 Veranstaltungen der Villa Waldberta Ausstellung: Next Generation Stipendiaten: Amy Elkins, Dean Dempsey, Will Steacy 42 Film und Gespräch: All about American Photography Amy Elkins, Dean Dempsey, Will Steacy 42 Heimatabend I: Zimbabwe Heimatabend II: Bulgarien Heimatabend III: Exil Heimatabend IV: USA Kunst im öffentlichen Raum: RECONSTRUCTING FUTURE Stipendiatinnen: Christiane Dellbrügge, Ralf de Moll 42 Ausstellung: Aquagraphie – Spuren des Wassers / Spuren in imaginärer Geographie Stipendiatinnen: Regina Dalkalacheva, Elena Panayotova 53 54 55 Stipendiaten 2011 58 Impressum / Bildnachweis 60 5 vorwort einleitung 4 Vorwort Einleitung Hans-Georg Küppers Karin Sommer Austausch ist wichtig in Kunst und Kultur. Er ermöglicht neue Sichtweisen, bereichert durch neue Kooperationen und Konstellationen und hinterfragt konstruktiv Bekanntes und Gewohntes – auch in der eigenen Arbeit. Austausch ist in unserer Zeit und in unserer Stadt nicht mehr wegzudenken – Gott sei Dank! Der Jahresschwerpunkt 2011 waren die Kulturellen Grenzgänger (und Grenzgängerinnen), die sich in der vorliegenden Publikation mit einer großen Palette von Projekten präsentieren. Und dabei konnten aus Platzmangel nicht einmal alle Projekte und Veranstaltungen gebührend gewürdigt werden – wofür ich all diejenigen Stipendiatinnen und Stipendiaten, die davon betroffen sind, ausdrücklich um Nachsicht bitten möchte. Es ist mir schwer genug gefallen, eine Auswahl treffen zu müssen, die jedoch keinerlei wertenden Hintergrund hat. Mit der Villa Waldberta hat die Landeshauptstadt München in den letzten Jahren einen Ort geschaffen, der Austausch ermöglicht und fördert – über Sparten- und Ländergrenzen hinweg. 31 Künstlerinnen und Künstler aus 17 Ländern und beinahe ebenso vielen unterschiedlichen Kunstsparten war das Künstlerhaus in Feldafing am Starnberger See auch 2011 Heimat auf Zeit – und anregende Brutstätte für kreative Arbeit. Die Ergebnisse solcher Residencies sind nicht nur immer wieder beeindruckend, sie sprechen auch für sich und rechtfertigen stets die Investition in Kunst und Kultur. Ich wünsche viel Anregung beim Blättern durch diese Publikation. Dr. Hans-Georg Küppers Kulturreferent der LH München Es war ein sehr spannendes Jahr und die Begegnungen mit jedem einzelnen Gast des Hauses war für mich ganz persönlich eine Bereicherung. Karin Sommer Leitung Villa Waldberta Achim Wagner Femmie Duiven: Vernissage raumlabor Femmie Duiven: 15. Offene Ateliers/ Tamara Moyzes: Integrat. Workshop Vernissage SHOWROM – Stimmen d. Roma Vortrag: A. Deosthale Skulpt. Installationen Michael Northam Sprache – Heimat – Exil. Tschetschenien Adam Parkinson Tonderai Munyevu Christiane Dellbrügge Rachel Heller Matteo Marangoni Sprache – Heimat – Exil. Sri Lanka Michael Northam Irem Tok Dean Dempsey Preisverleihung Innovat. Volkskultur Dean Dempsey: Fotoworkshop „Next Generation“ „All about Americ. Photography“/Podiumsdiskussion „Eine Stadtsafari in München“ NACH[T]KLANG 5: Konzert Vernissage „Eine Stadtsafari … „Blur“ Festival mit/über Elektromusik BARDO Topographie des Zwischenraums „Eine Stadtsafari in Adam Guzuev Ilija Trojanow Maynat Kurbanova Sanath Balasooriya Amir Valle Mansoureh Shojaeeh Elena Panayotova Regina Dalkalacheva Tamara Moyzes Diana Iwanowa Kamelia Spassowa Irem Tok München“ Kostas Theodoru John Richards Jones Ilya Schneyveys Hera Büyüktaçiyan Lesung: „Mich gibt es nicht“ Alpenklezmerglühen „Strange Beauty“ Vernissage „Next Generation“ Amerika-Haus Vernissage „Next Generation“ Painger Fabrik Doppel-Fotoausstellung „Next Generation“ Iskra Blagoeva Sonja Kovatcheva Arundhati Deosthale Anastasiya Tonkova Iskra Blagoeva Amerikanischer Heimatabend Will Steacy Amy Elkins Elena Panayotova Regina Dalkalacheva Tamara Moyzes Goran Vejvoda: Modular Confusion Andrea Brandani „Strange Beauty“ Lucía Falconi Femmie Duiven Reconstructing Future – „Strange Beauty“ Niko Kingman Juana Cordova Anastasiya Tonkova Will Steacy: Fotoworkshop Hera Büyüktaçiyan Vernissage: NACH[T]KLANG „Fractus“ 4: Echo Moiré Doppel-Fotoausstellung „Next Generation“ NACH[T]KLANG 2: Konzert Will Steacy Schamrock, Festival der Dichterinnen Amy Elkins Vernissage Ausstellung „Spaziergang mit Rosalie“ Dean Dempsey Goran Vejvoda Vernissage Ausstellung „Strange Beauty“ Rachel Heller Literatur – Musik – Debatten Skulpturale Installationen Matteo Marangoni: eSession Reconstructing Future – Olympia 1972/Interaktive Performances Sprache – Heimat – Exil: Fest f. d. Menschenrechte John Richards Jones Christiane Dellbrügge Bulgarischer Heimatabend News 13:13 – Langzeitperformance Vernissage 5 Künstlerinnen aus Bulgarien Michael Northam Najem Wali: Ein Abend für Fuad Rifka München summt! Kunst – Film – Sprache – Heimat – Exil. Kuba Ralf de Moll Stimmen der Roma: A. Wagner: Mystery - mach dir kein– bild Vernissage Skulpt. Installationen Aquagraphie: Spuren des Wassers/Imaginäre Geographie Aquagraphie: Spuren des Wassers/Imaginäre Geographie Outspoken Calvin Dondo Fabiano Kueva Stimmen der Roma: Kunst – Film – Literatur – Musik – Debatten 5 Künstlerinnen aus Bulgarien Vernissage „Aquagraphie“ Sprache – Heimat – Exil. Iran „Liebe ohne Reisepass“ Sprache – Heimat – Exil. Podium: „Sind Menschenrechte überall und generell gültig?“ Rachel Heller Künstlergespräch Zafer Şenocak Lucía Falconí: Skulpturen und Bilder Pangaea / Künstlerischer Austausch München – Quito Lucía Falconí: Skulpturen und Bilder raumlabor – skulpturale anordnungen „Siehst du mich?“ Diana Ivanova: Verwaiste Glockentürme, eine Stadt … Frauenedition Jourfix Sprache – Heimat – Exil. China „Peking Koma“ Ralf de Moll Calvin Dondo: Vernissage „Siehst du mich?“ Pangaea / Künstlerischer Austausch München – Quito Vernissage Pangaea Diana Iwanova Outspoken: Slam Train – Freedom Train Tamara Moyzes Outspoken: Poetry Slam-Nacht Regina Dalkalacheva Elena Panayotova Anastasiya Tonkova Vernissage „Mhanduwe – Freundschaft“ Femmie Duiven Outspoken: Substanz Poetry Slam Calvin Dondo: Puzzle. Das interkulturelle Magazin Mhanduwe – Freundschaft Lucía Falconí: Skulpturen und Bilder Calvin Dondo – „Mhanduwe – Freundschaft“ Vernissage Lucía Falconí Lucía Falconi Zimbabwischer Heimatabend Juana Cordova Fabiano Kueva Niko Kingman Outspoken Calvin Dondo Achim Wagner Denton Chikura Tonderai Munyevu Zafer Şenocak Itai Nyama Calvin Dondo Outspoken: Poetry Slam Cord Club Femmie Duiven: 15. Offene Ateliers Starnberg-PöckingFeldafing NACH[T]KLANG 3: Konzert Alpenklezmerglühen Micro-Konzerte, freie Improvisation, Mini Sets Vernissage „Blur“ globale heimat 11 ausgewählte Projekte mit 25 Künstlerinnen und Künstlern aus Brasilien, Deutschland, Galicien, Kirgistan, Malawi, Mallorca, Österreich, Ukraine, USA und Zimbabwe zeigen, wie unterschiedlich man sich mit Grenzen künstlerisch beschäftigen kann. Theaterinstallation „A las cinco de la tarde …“ in der Pasinger Fabrik globale Heimat 2012 11 ZIMBABWE. TRADITION UND ANDERE ERFINDUNGEN Calvin Dondo, Itai Nyama, Outspoken (Zimbabwe) Rathausgalerie, München xxx So schwierig die politischen Verhältnisse in Zimbabwe immer wieder auch sind, die Zusammenarbeit mit den dortigen Künstlern ist davon kaum berührt und läuft im Gegenteil höchst erfreulich und bereichernd. Als Partnerstadt von Harare sieht München hier eine große Verantwortung, die positiven Entwicklungen des Landes mit zu unterstützen. Nicht zuletzt deshalb zog sich von Anfang Dezember 2011 bis März 2012 eine große Veranstaltungsreihe des Münchner Kulturreferats hin über zeitgenössische Kunst in Zimbabwe, die überraschende Perspektiven und Einblicke gab. Hochkarätige Veranstaltungen zu den Bereichen Bildhauerei, Film, Fotografie, Literatur, Streitgespräche und Lesungen waren im Programm, das von den versierten Zimbabwe-Kennern Martin Rohmer und Patricia Müller vom Kulturreferat sowie Kristin Diehl als private Kuratorin zusammengestellt wurde. In die Villa Waldberta waren deshalb so unterschiedliche Künstler wie der Fotograf Calvin Dondo, der Steinbildhauer Itai Nyama und der Musiker Outspoken zu Gast. 13 zimbabwe. tradition und andere erfindungen globale Heimat 2012 Ausstellung Calvin Dondo Mhanduwe – Freundschaft Gasteig / Glashalle, München 10. Februar – 04. März 2012 Calvin Dondo gehört zu den renommierten, preisgekrönten Fotografen Afrikas. Auf der Kunst-Biennale von Venedig 2011 war Calvin Dondo mit Bildern aus seinem Zyklus »New German Families« vertreten, die 2008 vom Kulturreferat erstmals gezeigt wurden und die Dondo bei seinem ersten Aufenthalt in der Villa Waldberta 2006 gemacht hat. Im Gasteig waren ausgewählte Fotografien aus diesem Projekt zu sehen, das den Facetten von Identität, (Staats-)Bürgerschaft, kulturellem Erbe und Liebe nachgeht. Porträtiert sind deutsche Familien, die Kinder aus anderen Kulturen adoptiert haben. Ein anderer Teil der Ausstellung zeigte das Leben in einem Township von Harare in den 1980er und 1990er Jahren. Eine dritte Serie von Bildern befasst sich mit der Annäherung des Fotografen an Europa, als er von Bayreuth zu einem »Perspektivenwechsel« eingeladen worden war und das Leben der Menschen dort aus seiner speziellen Sicht fotografisch dokumentiert hat. Gemeinsam mit der Münchner Fotografin Andrea Huber hat Calvin Dondo zusätzlich einen Foto-Workshop angeboten, bei dem Jugendliche ihre Freunde, Nachbarn oder Verwandte portraitieren sollten. Für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer war dies eine große Herausforderung, da viele von ihnen noch nie eine Kamera in der Hand hatten. Die Ergebnisse dieser Arbeit konnten im März 2012 unter dem Titel „Siehst du mich?“ in einer beeindruckenden Ausstellung der Färberei in München präsentiert werden. Performance Outspoken Spoken Word Poetry Outspoken ist einer der einflussreichsten und impulsivsten Spoken Word Poeten und Rapper in Zimbabwe. Unerschrocken weist er in seinen Texten auf Missstände hin und unterzieht sein Land einer bissigen lyrischen Kritik. Als Gründungsmitglied einer Initiative, die urbane Kunst als Sprachrohr für gesellschaftlichen Wandel benutzt, organisiert Outspoken regelmäßig Workshops für Jugendliche in und um Harare. Während seines Aufenthalts in der Villa Waldberta war Outspoken mit seiner ganz speziellen Musik-Text-Performance in einer ganzen Reihe von Veranstaltungen zu hören und zu sehen. Außerdem nutzte die Münchner Stadtbibliothek die Anwesenheit dieses spannenden Künstlers und politischen Aktivisten für einen Workshop mit Jugendlichen, die begeistert mitmachten bei dieser für sie neuen musikalisch-rhythmischen Form sich auszudrücken. Slam Train – Freedom Train Der rollende Poetry Club in der Münchner U-Bahn 11. Februar 2012 Poetry Slam Substanz-Club / Cord-Club, München 02. Februar 2012 / 28. Februar 2012 poetry in motion Lyrik Kabinett, München 12. März 2012 zimbabwe. tradition und andere erfindungen globale Heimat 2012 12 globale Heimat 2012 15 KÜNSTLER-AUSTAUSCH MÜNCHEN – QUITO Juana Cordova, Lucia Falconi, Nicolás Kingman, Fabiano Kueva (Ecuador) Rathausgalerie, München xxx Pangaea kommt vom griechischen „pan“ für „ganz“ sowie „gaia“, die Erde und spielt darauf an, dass in der Vorzeit alle Kontinente in einem einzigen Superkontinent vereinigt waren. Mit dem künstlerischen Austausch München – Quito war der Berufsverband Bildender Künstler München und Oberbayern (BBK) Gastgeber eines Projekts transkontinentaler und interkultureller Zusammenarbeit, das 2013 in Ecuador weiter geführt wurde. Dafür wurden vier ecuadorianische Stipendiaten in die Villa Waldberta eingeladen (Juana Córdova, Lucía Falconí, Nicolás Kingman, Fabiano Kueva), die mit vier Münchner Künstlerinnen und Künstler (Isabel Haase, Monika Humm, Ralph Kistler, Wolfgang Stehle) dem Geiste Alexander von Humboldts nachgespürt haben, dessen Vermessung der Welt ihn bekanntlich 1802 bis nach Ecuador führte. Ausstellung Pangaea Galerie der Künstler, München 10. März bis 13. April 2012 Die Arbeiten der acht Künstlerinnen und Künstler, die in der GALERIE DER KÜNSTLER im Seitentrakt des Völkerkundemuseums zu sehen waren, zeigten sowohl in der Wahl der Medien, als auch in ihrer thematische Umsetzung eine große Bandbreite. So versuchten die Arbeiten beispielsweise eine Reinszenierung des Forschers Alexander von Humboldt und seiner Methoden, eröffneten einen besonderen Blick auf die Spannungen und Auswirkungen der Geschichte oder untersuchten das komplexe Verhältnis zwischen Zivilisation und widerständiger Natur. Ein Künstlergespräch rundete am 15. März 2013 die Ausstellung inhaltlich ab. 16 17 künstleraustausch münchen – qiuto globale Heimat 2012 Ausstellung STRANGE BEAUTY Rathaus-Galerie, München 22. September bis 10. November 2013 Lucia Falconi konnte im Herbst an prominenter Stelle in der Rathaus-Galerie, mitten in München auf dem Marienplatz, nochmal ausgiebig zeigen, was sie künstlerisch zu bieten hat. Zusammen mit Siegfried Kaden aus Kuba, auch er ehemaliger Stipendiat der Villa Waldberta, und dem Münchner Künstler Andreas Lang präsentierten sie gemeinsam rätselhafte Schönheiten und dunkle Abgründe – und wie man sich in fernen Ländern finden oder verlieren kann. Es ging im weitesten Sinne um den Dschungel als Paradies oder grüne Hölle, aber auch mit dem Dschungel der Großstadt. außereuropäische musikinstrumente II: brasilien kulturelle grenzgänger 2011 xxx globale Heimat 2012 19 Bitte Bilder zu Aquagraphie bei Regina/Elena anfragen KÜNSTLER-AUSTAUSCH MÜNCHEN – SOFIA Iskra Blagoeva, Regina Dalkalacheva, Diana Ivanova, Sonia Kovacheva, Elena Panayotova, Anastasyia Tonkova, Kamelia Spassova (Bulgarien) Seit 2009 wächst und gedeiht der Künstlerinnenaustausch zwischen München und Sofia, den die GEDOK München und private Initiativen in Gang gebracht haben. Diese höchst fruchtbaren Kontakte kulminierten 2012 mit unterschiedlichen Veranstaltungen in München und in Feldafing, wo die Eröffnung der Jahresausstellung der GEDOK in der Villa Waldberta mit einem bulgarischen Heimatabend gefeiert wurde. Von April bis Juni 2012 waren insgesamt sieben bulgarische Künstlerinnen im internationalen Künstlerhaus der Landeshauptstadt München am Starnberger See zu Gast und haben hier ihre künstlerischen Spuren hinterlassen. Ausstellung Regina Dalkalacheva/Elena Panayotova Aquagraphie – Spuren des Wassers / Spuren in imaginärer Geographie Pasinger Fabrik 18. April – 13. Mai 2012 In einer Doppelausstellung begaben sich die beiden bulgarischen Künstlerinnen Regina Dalkalacheva und Elena Panayotova auf unterschiedliche Weise auf Spurensuche. Bei Regina Dalkalacheva, die als Professorin in Sofia Illustration lehrt, stand das Thema Buchkunst ganz im Zentrum ihrer Arbeit. Mit einer alten Technik der Buchbinder erstellte sie großformatige Arbeiten, die sie selbst Aquagraphien nennt, weil bei deren Entstehung Wasser eine große Rolle spielt. Elena Panayotova begab sich auf Spurensuche ihrer eigenen Identität durch ihre eindringlichen Bilder, die an Landkarten oder Vergrößerungen von Zellstrukturen erinnern, um sich und den Betrachter immer wieder mit der Frage zu konfrontieren: „Wer bin ich?“. 21 künstleraustausch münchen – sofia globale Heimat 2012 Ausstellung München summt???? Iskra Blagoeva, Regina Dalkalacheva, Sonia Kovacheva, Anastasyia Tonkova, Elena Panayotova Bulgarische Villa-Waldberta-Künstlerinnen Gedok Galerie München 17. – 25. Mai 2012 Die kleine, aber feine Galerie der Künstlerinnenvereingung Gedok in München zeigte einige Werke von fünf der bildenden Künstlerinnen, die gerade im internationalen Künstlerhaus residierten: Iskra Blagoeva mit ihren ganz speziellen Sillleben, Anastasyia Tonkova mit ihrem WACHStums-Arbeiten (aus Bienenwachs), Sonia Kovacheva mit Schwerpunkt textile Techniken sowie Regina Dalkalacheva und Elena Panayotova mit ihren bewährt handwerklich perfekten, aber ebenso hochartifiziellen Arbeiten. Die Schau sollte als kleine Vorschau den „Appetit“ anregen und neugierig machen auf die große Jahresausstellung der Gedok, die Ende Juni 2012 in Feldafing stattfand (mehr siehe S. ….). Ausstellung Anastasyia Tonkova München summt! Gasteig / Showroom, München 01.– 18. Juni 2012 Der Gasteig ist mit seinen begrünten Dachflächen und seiner Nähe zur Isar ist als Standort für Bienenstöcke bestens geeignet. Deshalb wird dort seit einiger Zeit eine Stadtimkerei betrieben. Anastasyia Tonkova, die sich schon lange mit Bienenwachs als künstlerischem Material beschäftigt, wurde deswegen spontan eingeladen, dort einige ihrer Werke aus dem Zyklus „WACHStum“ zu präsentieren. Film & Vortrag xxx Diana Ivanova Verwaiste Glockentürme, eine Stadt ohne Frauen und kahle Bauruinen: Bulgarien. Bulgarien? Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft, München 19. April 2012 Diana Ivanova ist Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin. Während ihres Aufenthaltes arbeitete sie an einem für München besonders spannenden Thema, nämlich der Geschichte von Radio Free Europe. Außerdem schrieb sie an ihrer Doktorarbeit über bulgarische Frauen, die als Gastarbeiterinnen nach Italien gehen. Und immer wieder beschäftigt sie sich mit postkommunistischen Phänomen, dem persönlichen und kollektiven Erinnern. Sie hat nicht zuletzt deswegen das Kulturfestival Goatmilk mitbegründet, das seit 2002 in ihrem Heimatort Bela Rechka stattfindet, in einem wegen Abwanderung zunehmend unbewohnten Gebiet im Nordwesten Bulgariens. Das Gespräch mit der Künstlerin führt Jenny Keiser von der Deutsch-Bulgarischen Vereinigung, die zwei Jahrzehnte als Radio-Journalistin für die deutsche Welle in Köln und Radio Free Europe in München gearbeitet hat. urban visions bishkek kulturelle grenzgänger 2011 20 23 xenopolis sprensuche 2010 globale Heimat 2012 22 NEXT GENERATION – CONTEMPORARY AMERICAN PHOTOGRAPHY Amy Elkins, Dean Dempsey, Will Steacy (USA) xxx Das Kulturzentrum Pasinger Fabrik und das Amerikahaus in München haben sich für ein gemeinsames Projekt mit zeitgenössischen amerikanischen Fotografinnen und Fotografen beschäftigt. Die 12 dafür eingeladenen Foto- und VideokünstlerInnen zeichneten sich durch neue Entwürfe, Themen und Techniken aus. Ihre Arbeiten reflektierten einerseits die prägenden großen Vorbilder und Traditionen, erweiterten und modifizierten diese aber sogleich. Drei dieser 12 eingeladenen Künstlerinnen und Künstler, nämlich Amy Elkins, Dean Dempsey und Will Steacy, waren als Stipendiaten im internationalen Künstlerhaus Villa Waldberta in Feldafing zu Gast. Ausstellungen Pasinger Fabrik / Amerika Haus München 11. Oktober – 02. Dezember 2012 / 12. Oktober – 03.Dezember 2012 In zwei Fotoausstellungen wurden parallel an unterschiedlichen Orten zeitgenössische fotografische Positionen aus den USA präsentiert. Innovativ und experimentierfreudig, so kann man die Fotokunst der meisten dieser Künstler wohl bezeichnen. Das konnten Dean Dempsey und Will Steacy an zwei Wochenenden in entsprechenden Foto-Workshops der Münchner Volkshochschule auch an lernbereite Münchner weiter vermitteln. 24 25 next generation – contemporary american photography globale Heimat 2012 Film & Gespräch All about American Photography Pasinger Fabrik München 21. November 2012 Der amerikanische Fotograf William Eggleston gilt als Wegbereiter einer modernen, künstlerischen Farbfotografie. Der Münchner Dokumentarfilmer Reiner Holzemer hat den Fotografen William Eggleston im Herbst 2007 in Memphis besucht. Zum ersten Mal gelang es, den scheuen Künstler über die Entstehung seines Werkes zu befragen und ihn auf fotografischen Spaziergängen durch Memphis zu begleiten. Dazu entstand ein Dokumentarfilm, der den Auftakt für eine Podiumsdiskussion über die amerikanische Photographie heute bildete, an der auch die drei Stipendiaten der Villa Waldberta teilnahmen. Bitte Bilder bei den Fotografen anfragen next generation – contemporary american photography globale Heimat 2012 xxx Bitte Bilder bei den Künstlern anfragen KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM RECONSTRUCTING FUTURE Christiane Dellbrügge, Ralf de Moll (Deutschland) Rathausgalerie, München Die Performance „RECONSTRUCTING FUTURE – Vom Verlust einer möglichen Zukunft“ des Berliner Künstlerduos Dellbrügge & de Moll wurde über das Programm „Kunst im öffentlichen Raum“ des Kulturreferats der Landeshauptstadt München realisiert und zeigte drei Wochen lang täglich an verschiedenen Orten der Stadt assoziative Interventionen zum Thema Olympischen Spiele 1972. Performance RECONSTRUCTING FUTURE 26. August bis 11. September 2012 1972 – alles schien möglich. Die Zukunft stand weit offen und leuchtete in den Farben des Regenbogens. Als „heitere Spiele“ konzipiert, schufen die XX. Olympischen Spiele ein neues Deutschlandbild: jung, spontan und gewaltfrei. Doch dieses Konzept fand durch den Anschlag auf die israelischen Sportler ein jähes Ende. Innenpolitische Hardliner gewannen die Oberhand. Der kurze historische Augenblick, in dem sich ein Fenster in eine mögliche Zukunft öffnete, wurde durch Reconstructing Future wiederbelebt. Vom 26.08. bis 11.09., als die Spiele sich zum 40. Mal jährten, waren 40 Protagonisten in der Münchner Innenstadt unterwegs, um mit ihrer Präsenz und Performances den Zeitgeist von damals zu neuem Leben zu erwecken. Zum Abschluss des Projekts zogen Dellbrügge & de Moll mit Gästen ein öffentliches Resümee über Erkenntnisse und Begebenheiten ihrer 16-tägigen Kunstperformance. Mit ihnen diskutierten die Modedesignerin Anna Sophie Howoldt, die die Kostüme der 40 Akteure herstellte, Sara Hilliger, die für die Choreographie, die Gesten und Handlungsweisen zuständig war, der Philosoph Professor Dr. Ludger Schwarte, der sich u.a. mit der kulturellen Formung von Architektur und Stadt befaßt. Moderiert wurde der Abend von dem Publizisten und Kunsthistoriker Wilhelm Warning. globale Heimat 2012 27 29 kunst im öffentlichen raum: reconstructin future globale Heimat 2012 globale Heimat 2012 28 Exkurs Die Villa Waldberta und die Olympischen Spiele 1972 Das Künstlerhaus in Feldafing hat weit mehr mit der Olympiade 1972 zu tun, als zu vermuten wäre. Von 1966 bis 1973 wohnte dort Willi Daume, der Präsident des nationalen Olympischen Komitees und Organisator der Spiele. Für die Laufzeit der Sportereignisse in München räumte er das Haus und zog ins Hotel, damit der damalige Bundeskanzler Willy Brandt eine repräsentative Unterkunft zur Verfügung hatte, wo er internationale Gäste standesgemäß empfangen konnte. Insgesamt 10 Tage verbrachte Brandt mit seiner Familie am Starnberger See, hatte Besuch von Staatsoberhäuptern wie Georges Pompidou und Edward Heath oder dem amerikanischen Sicherheitsberater Henry Kissinger. Als die „heiteren“ Spiele am 5. September so furchtbar endeten, wurde Willy Brandt noch in derselben Nacht in der Villa Waldberta vom blutigen Ausgang des Geiseldramas benachrichtigt. Ausstellung Tamara Moyzes Stimmen der Roma Showroom und Glashalle / Gasteig, München 19. April bis 22. Mai 2012 Die Münchner Kuratorin Andrea Naica-Loebell hat im Frühling 2012 zusammen mit der Münchner Stadtbibliothek, der Münchner Volkshochschule und dem Tschechischen Zentrum ein großes Roma-Kulturprogramm zusammengestellt und dafür u.a. auch Tamara Moyzes, Multimedia-Künstlerin aus Prag eingeladen. Die gebürtige Slowakin beschäftigt sich intensiv mit der Lebensrealität von Roma in verschiedenen Ländern. Sie zeigte in ihren Fotoinstallationen und Videos die Paradoxien der Politik und Gesellschaft in Reaktion auf die Roma. Das Museum Villa Stuck, das mit dem integrativen Medienworkshop KONTAKTlinse jugendliche Flüchtlinge und Münchner Jugendlichen zusammenbringt, hat spontan reagiert und Tamara Moyzes zusätzlich eingeladen mitzumachen. Die Künstlerin leitete ein Wochenende lang den Workshop und versuchte, die Jugendlichen über das allgegenwärtige Medium Handy zu motivieren, also über Handyfotos, Handyfilme oder auch Handymusik ihre eigene Situation zu reflektieren und darzustellen. globale Heimat 2012 31 xxx Ausstellung Andrea Brandani Der Elefantenmann kommt! Studio Casa Luminis 24. November bis 08. Dezember 2012 Straßenkunst ist sein Leben, mit keiner anderen Kunst kann man die Menschen direkter und effektiver erreichen – davon ist Andrea Brandani überzeugt. Der 50jährige Brasilianer lebt seit 1980 in Rio de Janeiro und ist auch bekannt als Elefantenmann (Elephant Man). Er hat sich vor allem mit seinen ganz eigenen Elefanten-Graffitis einen Namen gemacht, aber auch mit seinen charakteristischen Skulpturen, die er aus abgestorbenen Bäumen der Straßen von Ipanema herausarbeitet. Ausstellung Im Fotostudio „Casa Luminis“ präsentierte er einige seiner neuen Werke, adäquat auf Recycling-Material angerichtet, das er in seiner temporären Heimat Villa Waldberta gefunden hat: Reste von Kunst-Transportkisten der vorherigen Stipendiaten aus Ecuador. Und auch ein typischer Elefant durfte nicht fehlen, frisch an die Wand des Fotostudios gesprayt. Femmie Duiven Skulpturale Installationen Ausstellung Kunstpavillon 11. Mai bis 03. Juni 2013 Schon im März war die holländische Bildhauerin von ihrer Münchner Kollegin Nicole Frenzel eingeladen worden, bei einer Gruppenausstellung in der whiteBOX mit auszustellen. Die beiden Künstlerinnen verbindet ein intensiver, kreativer Austausch, so dass es nun während des Stipendienaufenthalts von Femmie Duiven zu einer zweiten gemeinsamen Ausstellung kam. Mit ganz unterschiedlichen skulpturalen Mitteln loteten sie dabei die historischen und architektonischen Dimensionen des Kunstpavillons im alten botanischen Garten aus. Femmie Duiven unternimmt seit vielen Jahren ausgedehnte Reisen in Wüstengegenden, immer in Begleitung von Nomaden, die dort beheimatet sind. Wo sie sich niedersetzen, dort sind sie zu Hause, die Landschaft ist ihre Wohnung. Diese Erfahrungen von Erdverbundenheit und Demut transportierte Femmie Duiven ins Innere des bunkerartigen, von der Außenwelt komplett abgeschlossenen Gebäudes. [BLUR] Irem Tok, Hera Büyüktasçiyan Galerie WELTRAUM, München 15. Dezember 2012 bis 25. Januar 2013 Die beiden Stipendiatinnen aus Istanbul zeigten im WELTRAUM neue, installative Arbeiten, die während ihres Aufenthaltes in Feldafing entstanden. Ihre Reflexionen über das Leben und Arbeiten in der winterlichen Stille und Abgeschiedenheit am Starnberger See haben die beiden Künstlerinnen in unterschiedliche skulpturale und mediale Arbeiten gepackt. Der Titel ihrer Ausstellung [BLUR] war dabei symptomatisch: Er verweist sowohl auf eine künstlerische Methode, mit Unschärfe und Überblendungen in Bild und Ton zu arbeiten, als auch auf einen Zustand geistiger und körperlicher Ungewissheit. Es ging ihnen also um den Prozess, der die Identitätssuche innerhalb gesellschaftlicher und geografischer Realitäten begleitet. 33 globale Heimat 2012 globale Heimat 2012 32 Video-Oper Gespräch Achim Wagner mystery – mach dir kein bild Arundhati Deosthale Schwere Reiter München 10. bis 12. Mai 2012 Anlässlich der 13. Münchner Biennale thematisiert die Münchner Komponistin Helga Pogatschar in ihrer neuen interaktiven Video-Oper die Unmöglichkeit einer Wahrheit: „Mach Dir kein Bild“. Das Libretto schrieb Achim Wagner, der im Winter 2011/12 im Internationalen Künstlerhaus Villa Waldberta eingeladen war, um die bewährte Zusammenarbeit mit der in Starnberg ansässigen Musikerin Helga Pogatschar fortzusetzen: Schon einmal war der in Berlin und Ankara ansässige Schriftsteller Gast des Künstlerhauses, als er mit Pogatschar an der Multimedia-Oper Peep! arbeitete, die 2007 uraufgeführt wurde. Zentrales Moment von mystery ist die Infragestellung unserer Realitätswahrnehmung, von Realität überhaupt. Angelehnt an Platons Höhlengleichnis, in dem für die von Geburt an in einer Höhle Gefangenen die Schatten an den Wänden zu realen Wesen werden, spielt mystery mit diesen Gefangenen, die zu ihren eigenen Schatten werden. Geht Platon von einer möglichen Erkenntnis aus, die sich beim Verlassen der Höhle gewinnen ließe, zweifelt mystery diese Erkenntnis an und entwirft weitere Schattenwelten, in lediglich größerem Ausmaß. Jeder Versuch, die jeweils mittelbare und unmittelbare Umgebung zu durchdringen, führt letztlich nur zu neuen und temporären Schattenwürfen an den Begrenzungen, die dem Verstand gesetzt sind. Eine-Welt-Haus / Ebenböckhaus 27. Juni / 03. Juli 2012 Die indische Autorin, Verlegerin und Übersetzerin Arundhati Deosthale widmet einen Großteil ihrer Übersetzertätigkeit (bereits ca. 50 Bücher) der Kinder- und Jugendliteratur, wie beispielsweise den Werken von Astrid Lindgren. Sie war 2009 schon einmal in der Villa Waldberta, als sie die Mimi-Bücher der Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie übersetzte. Während ihres neuerlichen einmonatigen Aufenthalts in der Villa Waldberta beschäftigte sich Arundhati Deosthale vor Ort mit dem Nachlaß von Waldemar Bonselsu, der praktischerweise am Starnberger See verwaltet wird. Sie wollte den Autor der „Biene Maja“ so gut wie möglich kennen lernen, um das Buch adäquat übersetzen zu können. Im Sommer 2013 lag dann das Ergebnis sinnlich greifbar vor. Für die Reihe „Gespräche im Park“ der Pasinger Fabrik in die Gartenanlagen des städtischen Ebenböckhauses, war sie in ihrer Funktion als Aktivistin gefragt: seit Jahren kümmert Arundhati Deosthale sich in Nordindien und dem Himalaya um benachteiligte Mädchen und Frauen, worüber Interessierte sich nun aus erster Hand informieren konnten. Konzerte Ilya Shneyveys Alpenklezmer Café Hüller / Pasinger Fabrik 02. Dezember / 18. Dezember 2012 Bairisch geht’s zu und jiddisch auch. Wild und rau geht’s zu, aber auch sanft und beseelt. Andrea Pancur, München-Ramersdorf, und Ilya Shneyveys, Riga-Lettland, trafen aufeinander und spielten Alpenklezmer vom Feinsten: uralte Lieder, die so alt sind, dass weder der Bajuware noch der Jid weiß, dass der andere die Lieder auch so gerne singt. Die beiden Musiker haben das Liedgut recherchiert, entstaubt und gemäß dem Motto „Lang lebe der koschere Gebirgsjodler“neues Material in den Rucksack gepackt. Die mitreißenden Konzerte waren höchst überzeugend, dass das Konzept aufgegangen ist. 35 xenopolis sprensuche 2010 SPRACHE – HEIMAT – EXIL EIGENPROJEKT DER VILLA WALDBERTA zitate Im Juli 2012 waren verfolgte Schriftsteller aus drei Kontinenten zu Gast, denen in München an unterschiedlichen Orten Einzelveranstaltungen gewidmet wurden. Sie alle waren oder sind Teil des writers-in-exileProgramms (w.i.e.) des deutschen PEN-Zentrums, der damit Menschen der schreibenden Zunft unterstützt, die meist aus politischen Gründen ihr Land verlassen mussten – etwa weil sie Missstände angeprangert haben, Menschenrechte oder die Pressefreiheit einforderten. München stellt seit vielen Jahren für die w.i.e.-Arbeit eine Wohnung zur Verfügung für einen gefährdeten Gast, der hier in einer geschützten Umgebung für ein bis zwei Jahre zur Ruhe zu kommen und ein neues Leben aufbauen können soll. Pars pro toto wurden insgesamt sechs Autoren mit ihrem ganz individuellen Schicksal und ihrer Arbeit vorgestellt. Gleichzeitig sollte vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Herkunftsländer die dortige Menschenrechtsproblematik zur Sprache kommen. Die Bandbreite der Kooperationspartner, die von den Münchner Kammerspielen, der Monacensia und der Münchner Volkshochschule über das Goethe-Institut, die TolstoiBibliothek und das Instituto Cervantes bis zum staatlichen Museum für Völkerkunde reichte, sprach dafür, für wie wichtig die Problematik in der Stadtgesellschaft erachtet wird. Das Thema Exil ist sehr konkret auch mit dem Künstlerhaus in Feldafing verbunden. Ab 1945 bis Anfang der 1950er Jahre waren dort Überlebende des Holocaust als Displaced Persons untergebracht, wo sie auf ihre Ausreise-Papiere gewartet haben. Es waren nicht die bekannten Dissidenten mit den großen Namen, sondern die unbekannten Autoren und Autorinnen, die den ganz alltäglichen Mut zum Schreiben hatten, denen diese Veranstaltungsreihe gewidmet wurde. Sie alle hatten traumatische Erfahrungen gemacht und waren immer noch fassungslos darüber, wie schnell sich eine vermeintlich sichere, glückliche Lebenssituation in ihr völliges Gegenteil verdrehen kann. sprache – hei,at – exil 2012 34 37 sprache – hei,at – exil 2012 kulturelle grenzgänger 2011 36 Dass die Schicksale der Exilautoren bis heute durchaus in engem Zusammenhang mit unserer eigenen Geschichte stehen, war bei der Veranstaltung über China zu erfahren, als der Autor Ma Jian das Publikum mit einbezog mit der Frage: „Glauben Sie, der Fall der Mauer wäre so friedlich vonstatten gegangen, wenn es nicht vorher das Massaker in Peking gegeben hätte? Nach diesem furchtbaren Blutbad wollte niemand etwas derart Schreckliches ein paar Monate später in Berlin verantworten müssen.“ Die Veranstaltungsreihe wurde in Zusammenarbeit mit dem PEN (Johano Strasser) von Karin Sommer und Ulrike Budde konzipiert und organisiert. Mansoureh Shojaee Ortstermin: Iran Monacensia, München 19. Juni, 19.00 Uhr Seit über 30 Jahren gehört Mansoureh Shojaee zu den führenden Persönlichkeiten der iranischen Frauenbewegung und ist als Aktivistin außerdem Mitinitiatorin der Kampagne „Eine Million Unterschriften“ für die Gleichberechtigung der Frauen in Iran. Die Autorin und Übersetzerin gab im Gespräch mit Michael Krüger, Leiter des Hanser-Verlags und Shahrzad Hosseini, Radiojournalistin beim Bayerischen Rundfunk, Auskunft über ihren Kampf um Gleichberechtigung in Iran, über die Situation in ihrer Heimat und von ihrem Leben in Deutschland. Ma Jian Ortstermin: China Münchner Kammerspiele 26. Juni 2012 China boomt, die neue Wirtschaftsmacht wird auch von deutschen Unternehmen heftig umworben, obwohl Menschenrechtsorganisationen immer wieder auf gravierende Mißstände hinweisen. Bis heute beispielsweise ist der blutig niedergeschlagene Aufstand am „Platz des Himmlischen Friedens“ ein absolutes Tabu-Thema. Genau damit hat sich aber der chinesische Exilschriftsteller Ma Jian in seinem Buch „Peking Koma“ beeindruckend und literarisch exzellent auf über 900 Seiten auseinandergesetzt. Im Gespräch mit der langjährigen ChinaKorrespondentin des BR Eva Corell und dem Kammerspiel-Dramaturgen Matthias Günther berichtete der heute in London lebende Schriftsteller Ma Jian von der Situation in seinem Heimatland. Adam Guzuev, Maynat Kurbanova Ortstermin: Tschetschenien Tolstoi-Bibliothek, München 03. Juli 2012 Eine Frau und ein Mann berichteten aus unterschiedlichen Perspektiven von ihren Erlebnissen aus diesem bis heute Konflikt beladenen Land, im Gespräch mit Dirk Sager, lange Jahre ZDF-Korrespondent in Moskau, und der Schauspielerin Marie Bäumer, die die Texte der beiden Autoren las. Maynat Kurbanova lebt heute in Wien und mußte als engagierte Journalistin nach mehreren Morddrohungen Hals über Kopf mit ihrem kleinen Kind 2004 ihr Heimatland verlassen. Adam Guzuev, der als Theater- und Drehbuchautor in Grosny arbeitete, geriet ebenfalls zwischen die Fronten mußte fliehen und lebt seit 2010 in Berlin. Bashana Abeywardane Ortstermin: Sri Lanka Staatliches Völkerkundemuseum München 10. Juli 2012 Mehr als ein Vierteljahrhundert, von 1983 bis 2009, tobte in Sri Lanka ein Bürgerkrieg zwischen der Regierung und der tamilischen Minderheit im Norden. Auf beiden Seiten forderte dieser Krieg Zehntausende Tote. Bashana Abeywardane hat in kritischen Zeitungskolumnen immer wieder auf die ethnisch-religiösen Grundlagen dieses Konflikts aufmerksam gemacht und setzte sich für eine friedliche Lösung ein. Solche Positionen wehrte die Regierung des Inselstaats kategorisch ab. Nach mehreren Morddrohungen musste er Sri Lanka 2007 verlassen und lebt seitdem in Deutschland. Hubert Lowis, seit 1985 Mitglied von amnesty international und Experte für Sri Lanka, beklagt bis heute die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die Repressalien gegen Journalisten. Das Gespräch mit dem Exilschriftsteller und mit dem ai-Experten führte die BR-Journalistin Cornelia Zetzsche. 39 sprache – hei,at – exil 2012 Amir Valle Ortstermin: Kuba Podiumsgespräch Sind Menschenrechte überall und generell gültig? Instituto Cervantes 17.Juli 2012 Münchner Kammerspielen 20. Juli 2012 Amir Valle war in Kuba als Journalist, Literaturkritiker und Autor tätig. Er arbeitete als Literaturredakteur und erhielt mehrere nationale und internationale Literaturpreise. Seine Verbindungen zu kubanischen Dissidenten und seine Weigerung, die kulturellen und politischen Forderungen der Regierung zu bedienen, führten schließlich dazu, dass das Kulturministerium ein generelles Verbot der Zusammenarbeit mit ihm aussprach und weitere Repressalien beschloss. 2006 kam er als Gast der Heinrich-Böll-Stiftung nach Deutschland und erhielt kurz darauf ein Stipendium von writers in exile. Der Exilschriftsteller wurde präsentiert im Gespräch mit Martin Franzbach, Professor für Lateinamerikastudien sowie mit Olga Mannheimer, Journalistin und Lektorin mit eigenen Exilerfahrungen. Zum Abschluss der Reihe Sprache – Heimat – Exil luden die Münchner Kammerspiele in das Schauspielhaus ein. Die Veranstaltung findet nicht zufällig gerade am 20. Juli statt, einem Tag, der in der deutschen Geschichte aufs Engste verknüpft ist mit dem Widerstand gegen Terror und Diktatur. An diesem Abend stand eine Debatte über die universelle Gültigkeit der Menschenrechte im Mittelpunkt, insbesondere im Hinblick auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Mit Gästen aus Politik und Kultur diskutierte Johano Strasser, Präsident des deutschen PEN und Mitveranstalter der Reihe, darüber, ob es Einschränkungen für den Geltungsbereich der Menschenrechte geben kann und darf, ob sie lediglich als „politischer Luxus des Westens“ angesehen werden sollten, der für andere Länder und Kulturkreise nicht als selbstverständlich eingefordert werden darf, wie eine aktive Politik zum Schutz der Menschenrechte aussehen muss, welche Hindernisse es gibt, wo Kollisionen zu erwarten sind und tatsächlich stattfinden. Podiumsteilnehmer: Carolin Emcke, Publizistin und Krisenjournalistin aus Berlin. Markus Löning (FDP), seit 2010 Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe. Ilija Trojanow, kosmopolitischer Schriftsteller, Verleger und Übersetzer mit Exilerfahrung gruber+gruber mit musikalischen Interventionen sprache – hei,at – exil 2012 38 zwischen räume Manchmal dauert es eine Weile, bis ein Vorhaben realisiert werden kann, aber dann wird offensichtlich, wie gut die Zeit von den Stipendiaten genutzt wurde, auch wenn noch während ihres Aufenthaltes kein Ergebnis zu sehen war. Dazu einige Beispiele ... NACH[T]KLANGKONZERTE IM SIGNALRAUM Matteo Marangoni, Adam Parkinson, Goran Vejvoda xxx Mit Hilfe von Stipendien der städtischen Künstlerresidenz Villa Waldberta können auch private, kleinere Veranstalter ohne großes Budget es sich erlauben, internationale Künstler einzuladen. Der Kurator Horst Konjetzny, der im Münchner Untergrund MUG den „signalraum für klang und kunst“ bespielt, hat die Chance genutzt und für sein Programm etliche namhafte Klangkünstler aus aller Welt nach München eingeladen, die neue Wege beschreiten und sie im Kontakt mit regionalen Musikern weiter ausbauen. Adam Parkinson 17. und 30. August 2012 Der Engländer Adam Parkinson ist als Hochschullehrer an der Universität in Newcastle im Bereich der Philosophie und Kulturtheorien der Musik tätig. Er hat ein Verfahren entwickelt, Handys als Musikinstrumente zu verwenden und benutzt dabei die spezifischen Sensoren der Geräte, um Bewegungen in Sound zu übersetzen, wobei er gleichzeitig über den Touchscreen in Echtzeit Soundmanipulationen vornimmt. In München traf er u.a. auf analoge Könner wie den Saxofonisten und Echopreisträger Johannes Enders sowie dem Erlanger Pianisten und Jazzpreisträger Klaus Treuheit. zwischenräume 2012 43 45 nach[t]klang-konzerte im signalraum zwischenräume 2012 Matteo Marangoni Performance 11. September 2012 Der Raum erzeugt Signale. Die Mauern begrenzen den Raum, so wie die Stille das Geräusch begrenzt. Signale des Raumes werden zu Musik, sobald sie regelmäßig ertönen. Besucher des Raumes bewegen sich und beeinflussen dadurch den Raum, Kleidung raschelt, Menschen atmen, Schritte hallen. Solche Signale nahm der Installationskünstler Matteo Marangoni aus Italien auf und verarbeitete sie, zusammen mit der Münchner Cellistin Johanna Varner und dem holländischen Gitarristen Dick Toering, musikalisch. Goran Vejvoda 30. Oktober 2012 Der in Paris lebende Kosmopolit Goran Vejvoda, Komponist, Musiker, Klang- und Multimedia-Künstler, hat ein äußerst vielfältiges künstlerisches Werk vorzuweisen mit Konzerten, Ausstellungen, Installation, Vorlesungen, Videos, Fotografien und Radiosendungen. In irrwitzigen Collagen verdichtete Vejvoda seine Arbeiten und Musikinterventionen für interdisziplinären Performances zu einem auch visuell anregenden Panorama. In seiner musikalischen Lecture Performance ging es um psychoakustische Phänomene und die Dynamiken der Stille sowie um den Ursprung und das Verschwinden der Klänge. Improvisationabend mit Micro-Konzerten und Mini-Sets 16. Dezember 2012 Zum Abschluß eines ereignisreichen Jahres mit Elektromusik bat der Münchner Kurator Horst Konjetzny viele einschlägige Musikerinnen und Musiker nochmal in den signalraum, darunter eine ganze Reihe aktueller und ehemaliger Villa-WaldbertaStipendiaten, so z.B. den griechischen Kontrabassisten Kostas Theodoru, den Multi-Instrumentalisten Ilya Shneyveis aus Lettland und den amerikanischen Sänger John Jones (alle akteulle Stipendiaten), sowie den englischen Tubisten und Gitarristen Ian Chapman (Stipendiat 2009) und den Hamburger Performer Ulrich Mattes (Stipendiat 2008). Es formierten sich ad hoc vor Ort Duos, Trios und Quartette, die zusammen, gegeneinander oder auch gleichzeitig drauflos improvisierten. Tonderai Munyebvu NEWS 13:13 Haus der Kunst, München 01. bis 26. August Eine äußerst ungewöhnlichen Kunstaktion hat sich der Zimbabwer Schauspieler Tonderai Munyebvu, heute in London lebend, zusammen mit der Münchner Künstlerin Tomma Galonska ausgedacht. Täglich eine Stunde und 26 Tage lang übermittelten die beiden Künstler in ihrer Langzeit- Performance Nachrichten der anderen Art. Sie griffen dabei auf Sprachkonzepte des afrikanischen Kulturraums zurück, wo der Poesie große Wertschätzung eingeräumt wird, und deshalb haben die poetischen Texte von dort oft enorme politische und soziale Sprengkraft. Worte als „Träger des lebendigen Gedächtnisses“ ließen das Haus der Kunst als geschichtsträchtigen Ort zu einem Klangkörper werden für die Begegnung mit der historischen Erfahrung des Anderen. zwischenräume 2012 44 47 zwischenräume 2012 zwischenräume 2012 46 Performance Ausstellung Michael Northam BARDO Topographie des Zwischenraums Rachel Heller „Fractus“ MUG im Einsteinkeller, München 26. Oktober 2012 Üblacker-Häusl, München 12. September bis 7. Oktober 2012 Unsicherheit und Hoffnung, Innen und Außen, Leben und Tod: Das sind die Hauptmotive der Performance „BARDO“, die auf höchst ungewöhnliche Weise behandelt. „Bardo“ ist ein Begriff aus dem „Totenbuch der Tibeter“ und beschreibt den Schwebezustand zwischen Leben und Tod. In ihrer Video-Musik-Performance setzte die Münchner Künstlerin Judith Egger diesen Schwebezustand an einem ungewöhnlichen Ort in mehreren Bühnenbildern in Szene, nämlich in der eigenen Mundhöhle. Diese intime Passage zwischen Innen und Aussen, bevor der Atem und der Klang den Körper verlässt, war für sie der ideale Raum, sich dem Thema anzunähern. Es gibt kaum eine Malerin, die sich so vielseitig künstlerisch ausdrückt, mit so vielen unterschiedlichen Techniken experimentiert, wie Rachel Heller. Immer wieder schlägt sie neue „Kapitel“ kreativen Schaffens auf. Diesmal ließ sich die israelische Künstlerin für ihre Ausstellung von der Fraktaltheorie des Mathematikers Benoit Mandelbrot inspirieren. Fraktale Muster kommen sowohl in der Wissenschaft, als auch in der Natur vor, wie z.B. rund um die Villa Waldberta am Starnberger See. Impressionen und Fundstücke aus der Umgebung wurden deshalb Teil ihrer Arbeiten, die Rachel Heller in Kooperation mit dem Münchner Künstler Ingo Glass präsentiert hat. Die im Mundraum erzeugten Szenarien wurden per Videokamera live auf eine Leinwand übertragen: Ein Vorhang bewegte sich im Atem, ein leeres Wartezimmer wurde von einer schwachen Glühbirne spärlich beleuchtet und in einem leeren „running sushi“-Restaurant bewegte sich das Förderband endlos im Kreis. Minimale Bewegungen als Anzeichen für einen baldigen Wandel – es war die sprichwörtliche „Ruhe vor dem Sturm“, die im Fokus dieser Arbeit stand. Der amerikanischen Klangkünstler Michael Northam begleitete die minimalen Veränderungen der Szenarien mit einem kontinuierlichen „Klangkompost“. Mit diesem Ausdruck bezeichnet er selbst seine Art der Komposition, bei der Klangaufnahmen aus unterschiedlichsten Bereichen digital bearbeitet und live mit Instrumenten kombiniert werden. gibts hierzu was? eigene veranstal tungen 51 eigene veranstaltungen der villa waldberta 2012 eigene veranstaltungen der villa waldberta 2012 50 Heimatabende Heimatabend Zimbabwe Für das große Zimbabwe-Kulturprogramm des Kulturreferats über „Tradition und andere Erfindungen“ waren Anfang des Jahres einige Künstlern aus Afrika eingeladen, die beim Heimatabend eine kleine Kostprobe ihres großen Könnens gaben: Der Fotograf Calvin Dondo zeigte Teile seiner Fotoausstellung „New German Families“, die u.a. letztes Jahr auf der Biennale in Venedig zu sehen war. Der Bildhauer Itai Nyama, dessen abstrakte, feingliedrige Steinskulpturen in der Glashalle des Gasteig präsentiert wurden, führte anhand einiger praktischer Beispiele vor, wie er arbeitet und welches besondere Verhältnis er zu Steinen hat. Tonderai Munyevu und Denton Chikura, die beiden Theatermacher aus London, waren eingeladen für ein Performance-Projekt der Münchner Theaterfrau Tomma Galonska. Weil sie passenderweise zimbabwische Wurzeln haben, wurden auch sie mit einbezogen und überzeugten mit ihrer Performance „News 13:13“. Außerdem gab es einen musikalischen Genuß der besonderen Art: Musiker aus Bayern und Zimbabwe haben sich zu einem gemeinsamen Projekt zusammen getan – BavaroBeat aus Oberaudorf meets Pamuzinda aus Harare, also quasi „BavaroZinda“. Afrikanische Instrumente ließen bayerische Volksmusik ganz neu erklingen und die bayerischen Musikanten harmonierten wunderbar mit den afrikanischen Klängen. Heimatabend Exil Ein Fest für die Menschenrechte Für die Veranstaltungsreihe Sprache – Heimat – Exil der Villa Waldberta fand ein „Heimatabend“ statt, der ganz den Themen Exil und Menschenrechte gewidmet wurde. Den ganzen Juli über wohnten im internationalen Künstlerhaus Exil-Schriftstellerinnen und -Schriftsteller, die genau wissen, was es heißt, bedroht, überwacht und verfolgt zu sein. Und was fürchten Diktatoren auf der ganzen Welt besonders? Das befreiende Lachen und die selbstbewußte Lebensfreude. Deshalb sollte einfach auch einmal gefeiert werden, dass es so etwas wie Menschenrechte überhaupt gibt, auf die sich Menschen weltweit berufen können, auch wenn immer wieder dafür gekämpft werden muss, dass sie eingehalten werden. Die mitreißende Musik vom Münchner Kollektiv Express Brass Band ist tief verwurzelt im Jazz, Soul und Afrobeat mit Einflüssen orientalischer Musik vom Maghreb bis Afghanistan. Das „superbasisdemokratische Anarcho-Ensemble“ (so die SZ) zelebrierte 2006 schon einmal eine ungewöhnliche „Hausmusik“ in der Villa Waldberta – ein vergnügliches Video ist zu sehen unter www.youtube.com/villawaldberta Poetry Slam mit Fatima Moumouni Die 19jährige Münchnerin mit ghanaischen Wurzeln beschäftigt sich in ihren Texten immer wieder mit dem „alltäglichen Rassismus“, so etwa gut gemeinte Bemerkungen von Mitmenschen, die oft einfach unüberlegt oder aber nur gleichgültig, manchmal gar latent bzw. offen diskriminierend sind. 53 eigene veranstaltungen der villa waldberta 2012 eigene veranstaltungen der villa waldberta 2012 52 Bulgarischer Heimatabend Unbeschreiblich weiblich: Von April bis Juni 2012 war die Villa Waldberta fest in der Hand von Frauen. Drei Monate lang waren Künstlerinnen vorwiegend aus Bulgarien, aber auch aus Tschechien, Holland und Indien im Internationalen Künstlerhaus zu Gast. Und dann wurde hier außerdem auch noch zum ersten Mal eine Ausstellung der Künstlerinnenvereinigung GEDOK eröffnet. Die beeindruckende Jahresausstellung „rendezvous“ der GEDOK München, an der sich auch Münchner Kolleginnen beteiligten, konnte bis zum 24. Juni besichtigt werden. Die meisten der sieben bulgarischen Stipendiatinnen der Villa Waldberta waren bildende Künstlerinnen, nämlich Iskra Blagoeva, Regina Dalkalacheva, Sonia Kovacheva, Elena Panayotova und Anastasyia Tonkova. Diana Ivanova und Kamelia Spassova arbeiten jedoch vorwiegend als Autorinnen und stellten sich deshalb mit Texten, im Gespräch und mit einem Film vor. Außerdem präsentiert sich das bulgarische Goatmilk-Festival, das Diana Ivanova mit ins Leben gerufen hatte, mit einem Stand: zum Kauf angeboten werden landwirtschaftliche Erzeugnissen aus Ziegenmilch und Kunsthandwerk. Eigenhändig von den Künstlerinnen zubereitet war das Buffet mit bulgarischen Köstlichkeiten. Amerikanischer Heimatabend Der Amerikanerin Bertha Koempel ist es zu verdanken, dass die repräsentative Villa Waldberta als Stiftung in den Besitz der Stadt München kam und seit 1982 als Stipendiatenhaus betrieben wird. Sie ist somit eines der ältesten Künstlerhäuser Deutschlands, in dem jährlich zwischen 30 bis 40 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt eine Heimat auf Zeit finden. Weil im Herbst drei jungen Fotografen aus den USA in Feldafing zu Gast waren, lud das Haus zu einem amerikanischen Heimatabend ein, wo Amy Elkins, Dean Dempsey und Will Steacy zeigten, was sie zu bieten haben. Auch der amerikanische Musiker und aktuelle Stipendiat Michael Northam hat zusammen mit einem weiteren Künstler mit US-Pass etwas vorbereitet, der als Expatriate schon lange in der Nachbarschaft lebt, nämlich der Bildhauer Baird Cornell. Beide haben sich gefunden in ihrer kritischen Sicht ihres Heimatlandes und spontan beschlossen, darauf künstlerisch zu reagieren. Beim amerikanischen Heimatabend waren dann die Türen des Künstlerhauses weit geöffnet, das ganze Haus wurde vom Keller bis in den Turm mit Foto- und Video-Präsentationen oder experimentellen Installationen bespielt. Für Live-Musik sorgte die Münchner Gruppe „Lost in Bavaria“ mit Folk-, Rock- und Country-Musik aus den Staaten. Ganz einfach: Die bildliche Welterklärungstheorie von Galina und Nikolay Skryl stipendiaten Detail aus der Ausstellung „La Sentenza – Das Urteil“ von Paola Romoli Venturi 57 stipendiaten Sanath Balasooriya Sri Lanka Schriftsteller Künstlerin Iskra Blagoeva Bulgarien Bildende Andrea Brandani Brasilien Graffiti-Künstler Bildende Künstlerin Hera Büyüktasçıyan Türkei Denton Chikura UK Schauspieler Bildende Künstlerin Juana Cordova Ecuador Regina Dalkalacheva Bulgarien Bildende Künstlerin Christiane Delbrügge Deutschland Kunst im öffentlichen Raum Kunst im öffentlichen Raum Indien Übersetzerin Bildende Künstlerin Künstlerin Künstlerin Sänger Dean Dempsey USA Fotograf Calvin Dondo Zimbabwe Fotograf Amy Elkins USA Fotografin Slowenien Bildende Künstlerin Northam USA Musiker Ralf de Moll Deutschland Musiker Arundhati Deosthale Musiker Lucía Falconi Ecuador Bildende Rachel Heller Israel Bildende Diana Iwanowa Bulgarien Schriftstellerin/Filmerin John R. Jones USA Sonia Kovatcheva Bulgarien Bildende Fabiano Kueva Ecuador Bildender Künstler Tschetschenien Schriftstellerin Tonderai Munyevu UK Schauspieler Itai Nyama Zimbabwe Bildhauer Zafer Senocak Deutschland Schriftsteller Adam Parkinson UK Iliya Shneyveys Litauen Musiker Kamelia Spassova Bulgarien Irem Tok Türkei Bildende Anastasyia Tonkova Bulgarien Bildende Künstlerin Amir Valle Kuba Schriftsteller Achim Wagner Deutschland Schriftsteller Michael Outspoken Zimbabwe Kostas Theodorou Griechenland Musiker Deutschland Schriftsteller Musiker Tamara Moyzes Elena Panayotova Bulgarien Bildende Künstlerin Schriftstellerin Künstlerin Maynat Kurbanova Matteo Marangoni Italien Musiker Mansoureh Shojaeeh Iran Schriftstellerin Femmie Duiven Niederlande Adam Guzuev Tschetschenien Autor Nikolás Kingman Ecuador Fotograf Künstlerin Ilija Trojanow Goran Vejvoda Frankreich Will Steacy USA Fotograf stipendiaten 56 58 impressum Bildnachweis Impressum Cover: Nariste Alieva (Detail aus der Ausstellung Urban Visions Bishkek) Herausgeber: Kulturreferat der Landeshauptstadt München Burgstrasse 4 80331 München Germany Alieva Nariste, S. 18, 19, 21 Bogenhauser Traudel, S. 6/7, S. 33 Derlath Volker, S. 28, 30 Diehl Kristin, S. 26 Graffenried Michael von, S. 22, 24, 25, 56/57 Hemmelrath Petra, S. 52 Instituto Cervantes, S. 34, 36, 37 Ismanyzki Igor, S. 4, 60 Lobinger Hilda, S. 5 Malamusi Dyna, S. 10 Menendez Pepe, S. 46 Reyer Sophie, S. 38 Schellnegger Alessandra, S. 5 Valmon, S. 17 Varsány Andras, S. 14 Wagner Achim, S. 44/45, 50/51 Wittlich Angelika, S. 42 alle sonstigen: Archiv Villa Waldberta Konzept, Text und Redaktion: Karin Sommer Übersetzung: Robert Rowley Gestaltung: Heidi Sorg & Christof Leistl Druck: Landeshauptstadt München, Stadtkanzlei Gedruckt auf Bilderdruckpapier Revive 50:50 silk weiß (50% Altpapier, 50% FSC-Zertifizierung) Auflage: 500 (c) Kulturreferat der Landeshauptstadt München, 2012