Mitmenschen März 2013
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Mitmenschen März 2013
MITMENSCHEN MÄRZ 2013 begleiten fördern betreuen Neue Geschäftsführung: Eine Frau neu im Führungsteam der Diakonie de La Tour Was darf Gesundheit kosten? Wirtschaftsdirektor Walter Pansi im Interview Brandneu und hochmodern: Endoskopie im Krankenhaus Waiern Die Suche nach dem Glücksgefühl Leben mit einer Abhängigkeitserkrankung 1 MEDITATION „Der Herr ist mein Hirte ... Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir ...“ (Psalm 23) Liebe Leserinnen, liebe Leser! Manchmal ist es nicht der Körper, sondern die Seele, die einen krank werden lässt. In den Gesundheitszentren der Diakonie de La Tour setzt man daher darauf, nicht nur die Krankheit, sondern den Menschen zu behandeln. Das erfordert professionelle medizinische Betreuung und intensive psychologische Therapiearbeit. Die beiden Krankenhäuser in Treffen und in Waiern mit den Schwerpunkten Suchttherapie bzw. Psychosomatik erfahren breiten gesellschaftlichen Zuspruch. Das spiegelt eine immer häufiger zu beobachtende Problematik wieder: Eine Haltung der Unzufriedenheit mit dem, was man ist, was man hat und was einen umgibt. Manche führt die Sehnsucht nach Zufriedenheit und Anerkennung auf den Irrweg der Sucht, andere zerbrechen an ihrem eigenen oder den von anderen herangetragenen Glücks� und Leistungsanspruch und erkranken an einem Burn�out. Mit unseren Gesundheitszentren versuchen wir, Oasen zu schaffen für jene, für die oft alles zerbrochen ist, was ihnen einst Halt und Orientierung gab. Wir wollen sie begleiten und ihnen helfen, wieder zu sich selbst zu finden. Ein multiprofessionelles Team begleitet diese Menschen, arbeitet und schöpft aus jener Quelle, die Urgrund und Bestimmung der Diakonie ist: Das bedingungslose JA Gottes zu jedem einzelnen Menschen, so wie es uns in Christus begegnet. Unsere katholische Schwesterkirche in Kärnten hat sich das Leitbild gegeben: „In Jesus Christus den Menschen nahe sein.“ Treffender könnte ich unser evangelisch�diakonisches Anliegen nicht formulieren! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre und verbleibe mit freundlichen Grüßen Ihr H aupt sache ges und ? DIAKON ROBERT SCHÖFFMANN Inhaltsverzeichnis Seite 3 Meditation Seite 4 Diakonie erweitert Geschäftsfühurung: Rektor Hubert Stotter und Prokuristin Susanne Prentner-Vitek im Interview Seiten 7 bis 31 THEMENSCHWERPUNKT "GESUNDHEIT" • Was darf Gesundheit kosten? Wirtschaftsdirektor Walter Pansi im Interview (S. 8/9) • Suchttherapie im Krankenhaus de La Tour (S. 10 bis 19) • Medizinische Schwerpunkte im Krankenhaus Waiern (S. 20 bis 30) • Die Ambulanzen der Diakonie de La Tour (S. 31 bis 33) Seiten 34/35 Mit Menschen für Menschen Seite 36 Impressum 2 der herr ist mein hirte mir wird nichts mangeln er führet mich zum ruheplatz am wasser und ob ich schon wanderte im finstern tal gewaltsame stürme ziehen auf dunkelheit und leere der weg zwängt mich ins leiden ängste sorgen bestimmen mich der arzt sagt fünf jahre es gibt aber auch ausnahmen die medizin geht weiter schau nicht ins internet leicht gesagt knochenmarkstransplantation nicht möglch diagnose unheilbar ende sonne meloneneis sand berge ich liebe das leben mein herz ist allein und weint ich bin verletzt ich schreie meine klage heraus ich bin gelähmt ziehe mich zurück ich sehe das geschenkte morgen nicht er weidet mich auf einer grünen aue er führet mich auf rechter straße um seines namens willen deine hände gott und deine füße werden aktiv die nachbarin backt kuchen eine rote rose vor der haustür liebevolle anrufe gespräche trösten der mail briefkasten quillt über vor zärtlichkeit freunde begleiten mich ich denk an dich höre und lese ich sitzen reden teetrinken schokoladeessen das geschenk eines gedichtes eine kinderzeichnung überrreicht mit leuchtenden augen du salbest mein haupt mit öl und schenkest mir voll ein du holst mich aus meiner einsamkeit und angst ich habe zeit für mich du stellst dich neben mich du gibst mir alles was ich brauch liebe ich kann mich erholen ich kann mich freuen ab und zu du gibst mir kraft du erquickst meine seele du reichst mir einen stab er heißt liebe die macht deiner liebe umgibt und beschützt mich die augen meines herzens lassen mich weitersehen angst vor dem leiden ja angst vor dem sterben ich bin nicht allein du mein hirte wirst mein leben lang immer bei mir sein in deinem haus darf ich wohnen für immer hauptsache geliebt! 3 Was genau ändert sich sonst in der Geschäftsführung? Stotter: Ein wesentlicher Unterschied zu vorher besteht darin, dass nun durch die Personaldirektorin und den Wirtschaftsdirektor der gesamte operative Bereich direkt verantwortet wird. Ich selbst kann mich schwerpunktmäßig der Vertretung des Werkes in Gremien und der strategisch�konzeptionellen Weiterentwicklung widmen. Es kommen ja immer wieder neue Standorte hinzu - wir haben nicht nur Einrichtungen in Kärnten, sondern sind auch in Osttirol und der Steiermark aktiv - zudem gibt es Gespräche über Standorte in Wien. Die Arbeit geht Ihnen als Rektor also nicht aus? Verstärkung aus eigenen Reihen: Personalprofi als Prokuristin in Geschäftsführung berufen GUDRUN ZACHARIAS Mit rund 1.200 Mitarbeitern zählt die Diakonie de La Tour zu den größten Sozialdienstleistern Österreichs. Bisher wurde das Unternehmen von Rektor Hubert Stotter und Wirtschaftsdirektor Walter Pansi geleitet. Seit Anfang Jänner verstärkt Betriebswirtin und Psychologin Susanne Prentner�Vitek die Geschäftsführung. Im Interview mit den Mitmenschen erzählen der Rektor und die frischgebackene Personaldirektorin, welche Herausforderungen auf sie warten. Die Geschäftsführung der Diakonie de La Tour hat ein neues Mitglied. Warum hat man sich dazu entschlossen? Dr. Hubert Stotter: Mit unserem Unternehmen decken wir ein breites Spektrum ab, das von der Reformpädagogik über die Jugendwohlfahrt, die Arbeit mit Menschen im Alter und Menschen mit Behinderung bis hin zur Hospizbegleitung reicht. Für die Geschäftsführung bedeutet das eine enorme Verantwortung. Zu zweit konnten wir diese Verantwortung nicht mehr mit der Aufmerksamkeit und Intensität wahrnehmen, wie das die einzelnen Themenbereiche erforderten. Deswegen beschlossen wir, uns Verstärkung zu holen. Warum fiel die Wahl auf Susanne Prentner�Vitek? Stotter: Sie ist seit 2005 bei uns und hat mit uns zusammen sozusagen in Harbach auf der "grünen Wiese" begonnen. Damals wurde ja die "Diakonie Kärnten" gegründet. In den vergangenen sieben Jahren konnte Susanne Prentner�Vitek viel an Erfahrung 4 glauben Sie, dass in Kärnten so wenig Frauen in solchen Positionen sind? sammeln und das Unternehmen sehr gut kennenlernen. Gleichzeitig hat sie hohe Professionalität und Kompetenz bewiesen. Somit sahen wir keine Notwendigkeit, die Prokuristenstelle auszuschreiben. Es ist eine glückliche Fügung, dass diese wertvollen Kompetenzen in diesem Fall bei einer Frau angesiedelt sind. Immerhin sind 80 Prozent unserer Mitarbeiter Frauen, da ist es schön, wenn sich das auch irgendwie in der Geschäftsführung widerspiegelt. MMag. Susanne Prentner-Vitek: Frauen sind in der Regel die schlechteren Netzwerkerinnen als Männer. Das liegt vermutlich daran, dass sie meistens weniger Zeit haben. Es ist immer noch so, dass die meisten Frauen viel stärker familiär eingebunden sind. Sobald man Kinder hat, ist man – zumindest während der Karenzzeit – aus dem Beruf gerissen und dadurch später dran als die meisten Männer. Zudem muss man zu bestimmten Zeiten zu Hause sein, zum Elternsprechtag in der Schule erscheinen etc. Ich habe selbst zwei Söhne und das Glück, dass mich mein Mann und meine Eltern sehr unterstützen. Viele haben so ein familiäres Netz nicht. Und dann wird es wirklich schwer. Als erste Frau in der Geschäftsführung der Diakonie de La Tour - warum Es gibt nun also in der Diakonie de La Tour eine "Personaldirektorin" - was darf man genau darunter verstehen? Stotter: Neben der direkten Verantwortung der Fachbereiche Jugendwohlfahrt, Menschen mit Behinderung und Bildung zeichnet Frau Prentner�Vitek für das Gesamtunternehmen in Bezug auf das Personalmanagement und die Organisationsentwicklung verantwortlich. Ähnlich beim Wirtschaftsdirektor: Er ist für die Fachbereiche Gesundheit, Menschen im Alter und Berufliche Integration zuständig und trägt in wirtschaftlicher Hinsicht die Gesamtverantwortung. Prentner-Vitek: Ich glaube, dass der Begriff "Personaldirektorin" gut passt. Walter Pansi und ich werden das Vieraugenprinzip walten lassen. Diverse Entscheidungen sind heikel, da sind vier Augen besser als zwei. Herr Pansi schaut dabei durch die wirtschaftliche Brille und ich durch die Personal� und Organisationsbrille. 5 Stotter: Nein, für mich bleibt genug zu tun. Zu meinen Ressorts gehört neben den Pastoralen Diensten und dem Projektmanagement auch die Öffentlichkeitsarbeit. Die hat sich in den letzten Jahren professionell entwickelt, mit Mitarbeitern, die mir nicht nur Arbeit abnehmen, sondern mich auch ganz schön beschäftigen ... Das ist sicher ein Bereich, der sich stark verändert hat: Vor zehn, 15 Jahren war die Kommunikation unser Anliegen in der Öffentlichkeit noch nicht von so hoher Relevanz wie heute, wo wir das sehr intensiv betreiben, denn mittlerweile weiß ich: Wo immer ich nicht präsent bin – sei es in Wien oder in Deutschland -, heißt es, die Diakonie de La Tour ist nicht präsent. Zudem glaube ich, dass sich unser Unternehmen vor anderen Organisationen nicht verstecken braucht. Größere Werke können sogar von uns lernen und deshalb ist es wichtig, dass wir präsent sind und uns zu Wort melden! Und damit man sich zu Wort melden kann, muss man Inhalte vorbereiten ... Und dann bin ich ja noch als Pfarrer gefragt. Das heißt, ich bin sonntags oft als Prediger unterwegs. Das ist ja auch Arbeit, auf die man vorbereitet sein will. Nicht nur die Kommmunikation hat sich seit der Zusammenlegung der Werke in Treffen und Waiern verändert ... Prentner-Vitek: Stimmt, wir sind in vielerlei Hinsicht professioneller geworden. Seit einigen Jahren wächst die Diakonie de La Tour sehr stark. Somit wurde es notwendig, uns intensiv weiterzuentwickeln. Als ich 2005 anfing, gab es noch keine eigenen Abteilungen für das Projektmanagement oder die Öffentlichkeitsarbeit - auch das Personalmanagement war nicht existent. Es war dringend notwendig, den Professionalisierungsgrad zu erhöhen. Zudem waren die ersten Jahre natürlich von der Zusammenführung der beiden Werke geprägt. Es war wichtig, bei "der Mensch im Mittelpunkt" zu finden. Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch, dem wir immer gerecht werden müssen. Man braucht Verhandlungs� bzw. Organisationsgeschick, damit bei gleichbleibenden oder geringerwerdenden Mitteln die hohen Ansprüche und Qualitätsmaßstäbe trotzdem erfüllt werden können. Wohin wird sich die Diakonie de La Tour in den nächsten Jahren entwickeln? den Mitarbeitern ein Bewusstsein zu schaffen, dass es sich nicht mehr um "die aus Treffen" und "jene aus Waiern" handelt, sondern um ein gemeinsames Unternehmen, das zentral geleitet wird. Damals initiierten wir einen Führungskräftelehrgang, mit dem wir dieses Bewusstsein fördern wollten. Ich denke, das ist uns gut gelungen. Die Leitung des Personalmanagements bleibt Ihnen in Ihrer neuen Funktion als Mitglied der Geschäftsführung erhalten - klingt nach sehr viel Arbeit. Wie wird das alles zu bewältigen sein? Prentner-Vitek: Wir haben eine zusätzliche Mitarbeiterin angestellt, die vor allem die operativen Tätigkeiten in der Personalentwicklung übernehmen wird. Sicher wird es notwendig sein, sich stärker abzugrenzen. Stotter: Es wird sicher auch bei der Arbeitsweise der Geschäftsführung eine Veränderung geben. Walter Pansi und ich haben zehn Jahre lang als Duo gearbeitet, da wurde viel zwischen Tür und Angel geklärt, das geht nun in dieser Form nicht mehr. Wir müssen sicher einen Weg finden, eine neue Besprechungskultur aufzubauen. Die wirtschaftliche Verantwortung der Fachbereiche wurde zwischen Personaldirektorin und Wirtschaftsdirektor aufgeteilt. Nach welchen Kriterien hat man entschieden, wer für welche Bereiche zuständig ist? Stotter: Es war naheliegend, die Fachbereiche "Gesundheit" und "Menschen im Alter" bei Walter Pansi zu belassen. Mit der wirtschaftlichen Krankenhausleitung hat er ja sehr viel Erfahrung und der Fachbereich "Menschen im Alter" passt da wunderbar dazu - wir haben ja im Krankenhaus Waiern auch eine Abteilung für Akutgeriatrie. Prentner-Vitek: Mir passt diese Aufteilung sehr gut. Ich hatte schon viel mit Pädagogik und Bildung zu tun, habe auf der Uni unterrichtet und die Akademie de La Tour aufgebaut. Von meinem Psychologiestudium kann ich bei meinem neuen Aufgabenfeld auch profitieren. Stotter: Wir werden das Angebot, das wir in Kärnten in so hoher Qualität aufgebaut haben, weiter in anderen Bundesländern ausbauen, vor allem in jenen Bundesländern, in denen die Diakonie historisch nicht so stark gewachsen ist wie in Kärnten. Unser natürliches Entwicklungsgebiet liegt südlich des Alpenhauptkammes. Da sehe ich die große Herausforderung darin, dass wir uns mit unseren diakonischen Schwesterorganisationen in den anderen Bundesländern so vernetzen, dass wir in dem jeweiligen Bundesland als eine Diakonie wahrgenommen werden. Das wird von essentieller Bedeutung sein, wenn wir mit den vielen anderen Anbietern am Markt bestehen wollen und die Diakonie neben der Caritas als kirchliche Sozialorganisation positionieren wollen. Wie waren die ersten Tage als Personaldirektorin? Frau Prentner: Es langen erste Fragen arbeitsrechtlicher Natur bei mir ein. Zudem ist der wirtschaftliche Bereich stärker gefordert und demnächst stehen Verhandlungen mit der Landesregierung an. Damit hatte ich vorher nichts zu tun, da brauche ich noch Unterstützung. Es ist aber eine spannende Aufgabe, in diese Bereiche hineinzuwachsen. Was muss man für einen Posten im oberen Management mitbringen? Prentner-Vitek: Man darf keine Angst vor Verantwortung haben. Wichtig ist sicher auch ein gewisser Weitblick, um vieles erfassen zu können. Man muss oft mit sehr wenig Informationen Entscheidungen treffen. Ein "Richtig" oder "Falsch" gibt es dabei oft gar nicht. Man muss sich trauen, Verantwortung zu übernehmen. Wenn einem das nicht liegt, dann ist man in diesem Bereich nicht gut angesiedelt. Zudem braucht man auch Gestaltungwillen und Spaß an der Arbeit. Worin liegen derzeit die schwierigen Aufgaben? Prentner-Vitek: Es bedeutet sicherlich eine Herausforderung, die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und dem Thema 6 Themenschwerpunkt Susanne Prentner�Vitek • Nach ihrem Eintritt in die Diakonie de La Tour (2005) baute die Psychologin und Betriebswirtin das Personalmanagement des Unternehmens auf. • Zuvor war Prentner�Vitek als Assistentin im Bereich Organisations� , Personal� und Managemententwicklung an der Universität Klagenfurt tätig. • Seit Jänner 2013 Mitglied der Geschäftsführung, leitet die Personaldirektorin auch weiterhin das Personalmanagement. • Die gebürtige Lavanttalerin lebt mit ihren Söhnen Sebastian und Fabian in Klagenfurt und ist mit dem Unternehmensberater und Soziologen Robert Vitek verheiratet. Die Gesundheitszentren der Diakonie de La Tour Nicht nur die Krankheit, sondern den ganzen Menschen behandeln, so die Intention der Ärzte, Pfleger und Therapeuten in den Gesundheitszentren der Diakonie de La Tour. Das Krankenhaus de La Tour in Treffen, die Alkoholambulanzen im LKH Villach und in Spittal/Drau sowie die Spielsuchtambulanz Villach sind auf Suchttherapie spezialisiert - das soeben rundum erneuerte Krankenhaus Waiern verfügt als einziges Gesundheitszentrum Österreichs über eine Station für Psychosomatik. In unserem Themenschwerpunkt (S. 7 bis 33) erhalten Sie einen Einblick über die Vielfalt des Angebotes der Krankenhäuser und Ambulanzen der Diakonie de La Tour. 7 Gesundheit: Wieviel darf sie kosten? GUDRUN ZACHARIAS Derzeit werden Stimmen laut, das österreichische Gesundheitswesen sei zu teuer; nach Vorschlägen der Politik sollen bis zu elf Milliarden Euro eingespart werden. Müssen Patienten Angst haben, nicht mehr bestmöglich versorgt zu werden? Was darf Gesundheit kosten? Und was bedeuten die Einsparungen für die Krankenhäuser der Diakonie de La Tour? Verwaltungsdirektor Walter Pansi legt im Interview seine Sicht der Dinge dar. Bis 2020 sollen elf Milliarden Euro im Gesundheitswesen eingespart werden. Ärzte steigen auf die Barrikaden. Wie sieht das ein Verwaltungsdirektor, der zwei Krankenhäuser führt? Mag. Walter Pansi: Ich glaube, das muss man unter einem anderen Blickwinkel betrachten: Es werden nicht diese besagten Milliarden eingespart, sondern die Teuerungsrate, also die jährliche Kostensteigerung, soll gemindert werden. Das ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Unterschied. Man versucht, überproportionale Steigerungen einzudämmen. Das ist klarerweise mit gewissen Einsparungen verbunden, man wird aber sehen, was das Ganze wirklich für Auswirkungen hat. Ich glaube, dass gerade bei medizinischen Ge� und Verbrauchsgütern Einsparungspotenzial vorhanden ist und dass trotzdem weiterhin eine sehr gute Versorgung der Patienten möglich sein wird. Was bedeutet das konkret für unsere Krankenhäuser? Pansi: Sowohl das Krankenhaus Waiern als auch das Krankenhaus de La Tour haben den Vorteil, dass sie sich baulich auf einem sehr hohen Niveau befin- den. Wir haben immer sehr viel in die Infrastruktur investiert, da ist in den nächsten Jahren kein großer Investitionsbedarf gegeben. Im Bereich der Ersatzbeschaffungen, also Röngten� oder Ultraschallgeräte, sind wir auf einem sehr hohen Level. Davon können wir sicher profitieren, weil wir nicht viel investieren müssen. Wo nicht gespart werden kann, ist ganz sicher beim Patienten selbst. Deshalb gilt es, Strukturen und Abläufe zu überdenken und zu reorganisieren - aber sicher nicht in patientennahen, sondern eher in patientenfernen Bereichen wie der Administration, beispielsweise durch Verbesserung der Abläufe - gerade was die Laborvernetzung mit den Stationen oder die EDV�Anbindung von Röngten betrifft. Eine elektronische Patientendokumentation würde das System erheblich verbessern. Die Administration wäre damit wesentlich einfacher. Bei der Visite hätte der Arzt alle relevanten Daten des Patienten vor sich: Labor� und EKG�Befunde, Röngtenbilder - das wäre dann alles am Laptop abrufbar. Die Dokumentation der Ärzte wird derzeit noch händisch auf Fieberkurven eingetragen. Patienten der Psychosomatik im Kran- kenhaus Waiern bleiben mindestens drei Wochen stationär im Haus, im Krankenhaus de La Tour sind es sogar acht Wochen. Wird man sich diese langen stationären Aufenthalte in Zukunft noch leisten können? Pansi: Ich glaube, dass unsere beiden Häuser strategisch so ausgerichtet sind, dass sie nicht aus der Kärntner Gesundheitslandschaft wegzudenken sind, Treffen als Suchttherapiezentrum und Waiern mit den Stationen Psychosomatik, Akutgeriatrie und Interne. Man wird aber überdenken müssen, ob man bei den aktuellen Behandlungszyklen bleibt. Die Praxis zeigt aber, dass beispielsweise in der Akutgeriatrie eine frühere Entlassung meistens dem System mehr kostet, weil in solchen Fällen oft mit einer Wiederaufnahme zu rechnen ist. Das gilt auch für die Suchttherapie. Man sollte aber für die Zukunft Überlegungen anstreben, mehr im ambulanten Bereich anzubieten. Von den Kosten her ist das günstiger und auch die Eintrittsschwelle ist niedriger - gerade in der Suchttherapie. Bestes Beispiel dafür sind die Villacher Spielsuchtambulanz und die Alkoholambulanz im LKH Villach, die einen immer stärkeren Zulauf erfahren. Zudem gibt es im Bereich der Suchttherapie neue Behandlungsansätze, die auch eine teilstationäre Betreuung ermöglichen. In Linz gibt es ein Projekt, wo Suchttherapie im ambulanten Setting angeboten wird. Die Patienten schlafen bei ihren Familien zuhause. Anstatt arbeiten zu gehen, gehen sie zur Therapie. Das sind Ansätze, die man sich anschauen muss. Mit Wartezeiten wird man aber in dem Bereich weiterhin rechnen müssen, weil das Angebot sicher zu knapp ist. Das sehen wir bei der Spiel� oder Kaufsucht - diese Abhängigkeiten entwickeln sich, vor allem durch das Internet, exponentiell nach oben. Heuer ist auch in Spittal/Drau eine Alkoholambulanz eröffnet worden ... 8 Pansi: Ja, die haben wir im Auftrag der Felix�Orasch�Stiftung errichtet. Sie soll auch das Segment "Jugendliche und Alkohol" abdecken. Angedacht ist zudem, die Spielsuchtberatung in dieser Ambulanz von Villach aus weiter auszubauen. Man sieht also schon, dass der Trend von stationär zu ambulant geht. Gilt das auch für den Bereich der Endoskopie? Gerade der wird in Waiern ja besonders stark nachgefragt ... Pansi: Das liegt daran, dass es im Raum Feldkirchen nur wenige Internisten gibt, die endoskopische Untersuchungen durchführen. Daher ist der Druck auf das Krankenhaus enorm, diese Untersuchungen, die hauptsächlich ambulant stattfinden, durchzuführen. Dabei ist das Krankenhaus eigentlich nur für Akutfälle gedacht. Vorsorgeuntersuchungen fallen eigentlich nicht in unseren Aufgabenbereich. Oft werden Arbeitszeiten von Ärzten kolportiert, die jenseits von Gut und Böse liegen. Wie sieht es damit in unseren Krankenhäusern aus? Pansi: Wir halten nichts von Horrorarbeitszeiten von Ärzten - durch die Überlastung steigt ja auch die Fehlerhäufigkeit. Wir haben in beiden Häusern eine gute Ärzteausstattung mit hoher Facharztquote und bilden unsere Turnusärzte möglichst praxisnah aus anstatt sie mit administrativen Arbeiten zuzudecken. Nach dem Umbau in Waiern - fünf Millionen Euro wurden investiert - haben sich die Annehmlichkeiten für Patienten verbessert - Unterbringung auf engem Raum gehört der Vergangenheit an warum hat man sich das geleistet? Pansi: Die Qualität der Unterbringung ist ein entscheidender Faktor bei der Genesung. Vor allem im psychosomatischen Bereich wäre es für Patienten kontraproduktiv, das Zimmer mit vielen zu teilen. Bei uns ist die allgemeine Klasse mit Dreibettzimmern ausgestattet, die Sonderklasse mit Zweibettzimmern - auf Wunsch und Zuzahlung von 55 Euro pro Tag gibt’s Einzelzimmer. Wirtschaftlich betrachtet: Kann man sagen, dass sich ein Krankenhaus rentiert? Pansi: Volkswirtschaftlich auf alle Fälle! Um im Alter das Leben genießen zu können, ist die Gesundheit einer der wichtigsten Faktoren. Dazu bedarf es einer perfekten Versorgung. Natürlich steigen die Kosten in den letzten Lebensjahren an. Wohin entwickelt sich das Gesundheitssystem in den nächsten Jahren? Und wie werden sich die Krankenhäuser in Treffen und Waiern dabei schlagen? 9 Pansi: Ich glaube, dass es eine Fokussierung geben wird, eine Zentralisierung auf einzelne große Abteilungen, die in ihrem Bereich sehr stark sind. Es wird nicht mehr jeder alles anbieten können. Man wird versuchen, Spitzenmedizin in einzelnen Häusern zu konzentrieren und in periphären Häusern die Basisversorgung abzudecken. Wir sind ja wie gesagt gut aufgestellt: Im Rahmen der internistischen Medizin und Akutgeriatrie versorgen wir vorwiegend den Raum Feldkirchen, im psychosomatischen Bereich ganz Kärnten. Bei der Suchttherapie im stationären Bereich kommt ein hoher Anteil der Alkoholpatienten aus der Steiermark. In Zukunft wird es aber sicher spannend. Als Verwaltungsdirektor ist man stark auf die Kooperation mit der kollegialen Führung angewiesen, denn es ist ja das Pflege� und Ärztepersonal, das in direktem Kontakt mit den Patienten steht. Für den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich ist sicher die Auslastung unserer Häuser. Derzeit ist sie überdurchschnittlich, wir stehen immer knapp bei 90 Prozent. Dadurch fällt es auch leichter, mit dem Budget auszukommen. Wenn die Auslastung nicht gegeben ist, sinken die Einnahmen und dann steigt natürlich auch der Druck. Wie heißt es so schön: Only a filled bed is a good bed - sagt zumindest der Wirtschafter. Auf der Suche nach dem Glücksgefühl Krankenhaus de La Tour • Im auf Abhängigkeiten spezialisierten Sonderkrankenhaus werden Patienten mit Alkohol�, Medikamenten�, Spiel� oder Kaufsucht behandelt . • 56 Betten stehen zur Verfügung. Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel acht Wochen. Im Anschluss ist eine weiterführende Nachbetreuung vorgesehen. • Behandlungsziele: Unterbrechung des Abhängigkeitsprozesses, körperliche und seelische Stabilisierung, Erarbeitung einer positiven Einstellung zur Suchtmittelabstinenz u.a. GUDRUN ZACHARIAS Den typischen Alkoholiker mit der täglichen Kiste Bier gibt es kaum noch, meint Renate Clemens�Marinschek, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Spezialistin für Suchterkrankungen und Primaria im Treffener Krankenhaus de La Tour. Beim Gespräch mit dabei: einer ihrer Patienten, Alexander B. Den Mitmenschen erzählt der 39�Jährige über seine jahrzehntelange Abhängigkeit und warum er nun eine 180�Grad�Wende in seinem Leben anstrebt. Noch jung, keine Vierzig, gutaussehend und sympathisch - so der Eindruck des Mannes, der neben der Primaria des Krankenhauses de La Tour, Renate Clemens�Marinschek, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Platz genommen hat. Ein wenig nervös sei er, ein Dauerzustand, der sich, seitdem er hier ist, erheblich verbessert habe, betont Alexander B. Seit knapp einem Monat ist er Patient im Treffener Sonderkrankenhaus, gerade mal Halbzeit der Therapie. Vor einigen Wochen hat sein Leben noch ganz anders ausgesehen - damals war die 180�Grad�Wende, die er nun anstrebe, noch nicht eingeleitet. Da gehörte das Zittern in der Früh und der Schnaps zum Frühstück sozusagen wie das Amen zum Gebet. 25 Jahre war die Sucht teure Begleiterin - in doppeltem Sinne, denn gekostet hat sie viel: Führerschein, Wohnung, Freudin ... alles weg. Vier Monate Abstinenz, dann ein arger Rückfall, die Beziehung kaputt: „Daraufhin habe ich mir zum ersten Mal Hilfe gesucht und bin zur Alkoholgruppe nach Klagenfurt gegangen.“ Nicht, dass Alexander B. zuvor nicht probiert hatte aufzuhören: „Neun Jahre habe ich versucht, vom Alkohol wegzukommen. Es war ok, drei Wochen nichts zu trinken. Aber in der vierten Woche habe ich dann alles wieder aufgeholt, erzählt der 39�Jährige. „Handgreiflich bin ich im betrunkenen Zustand nie geworden, aber zynisch. Verbal austeilen, das konnte ich wirklich gut ...“ Eine Methode der Selbsttherapie war für den Kärntner, Alkohol durch Cannabis zu ersetzen. „Im eingerauchten Zustand war das Verlangen nach Alkohol nicht so groß. Aber ich hab’s mit Cannabis auch übertrieben. Gut 20 Joints an einem Tag - ich war dauernd auf einer Welle. Trotzdem war alles zu wenig. Also habe ich wieder zu trinken angefangen. Dann kamen die Blackouts. Ich habe Sachen gemacht, an die ich mich am nächsten Tag überhaupt nicht mehr erinnern konnte. So die Kontrolle zu verlieren - das wollte ich nie.“ Der Verlauf von Alexander B.'s Suchterkrankung ist ein typischer, wie Primaria Clemens�Marinschek erklärt: „Wir sind immer öfter mit Mischkonsum konfrontiert - zum Alkohol kommen andere Substanzen. Cannabis, Ecstasy oder Legal Highs, das sind synthetische Drogen, die noch nicht illegalisiert sind. Man kann sie im Internet bestellen. Dort werden sie etwa als ,Kräutermischungen‘ oder ,Badesalz‘ angepriesen. Das Gesetz hinkt dabei immer hinterher. Eine Droge wird illegalisiert, im nächsten Moment kommt schon eine neue auf den Markt.“ In Alexander B.'s Fall kam zu Alkohol und Cannabis noch ein opiatähnliches Schmerzmittel - Tramal - hinzu. „Das bekommt man leicht, man muss nur sagen, man hat Kreuzweh und Pakemed (ebenfalls ein Schmerzmittel, Anm. der Red.) helfen nicht. Kreuzweh hatte ich ja wirklich. Ich habe jahre- 10 lang am Bau gearbeitet, da ist das kein Wunder. Für ein Monat erhielt ich 30 Stück zu je 200 Milligramm. Ich habe die Tabletten allesamt an einem Wochenende genommen.“ Ob er in der Folge einen epileptischen Anfall bekommen habe, will die Primaria wissen. „Ja, sofort“, so die Antwort. „Den habe ich aber weggesteckt. Ich war in meiner Wohnung und bin am Küchenboden liegend aufgewacht, unter mir ein riesiger Schweißfleck. Einen Zungenbiss hatte ich auch. Aber ich kannte das schon - es war schon mein siebter oder achter Anfall.“ Epileptische Anfälle, das seien typische Begleiterscheinungen beim Alkoholentzug, erklärt Clemens�Marinschek. „Bei der Einnahme von Tramal war es hingegen ein Überdosissymptom - das ist sozusagen eine Spezialität dieses Medikaments, wenn man zuviel davon nimmt.“ Ob er denn niemals in einem Krankenhaus gewesen sei, nach so einem Anfall? „Freilich. In einer Pizzeria habe ich einmal einen Anfall bekommen und auch im Urlaub. Aufgewacht bin ich immer im Krankenhaus, dort bin ich sofort in Panik geraten, habe einen Revers unterschrieben und bin nachhause gegangen. Aus Angst vor einem weiteren Anfall habe ich mich sofort wieder betrunken. Ich habe dann mit Gleichgesinnten darüber gesprochen. Die meinten nur: ,Ach, das war nur ein Epi, das passt schon!‘ Aber all das, was ich hier erzähle, ist eigentlich nichts im Vergleich zu den Geschichten von 20�Jährigen, mit denen ich zu tun hatte. 20 Joints am Tag rauchen die so nebenher, das machen sie in der Pause. In ihren Zimmern liegen überall Tabletten, die werden geschmissen - es ist eine Katastrophe. Einige spritzen sich die Mittel, damit sie schneller ins Blut gehen.“ Alexander B.'s Schilderungen passen 11 zu den Erfahrungswerten der Primaria. „Alkohol ist mit Abstand das größte Problem im Suchtmittelbereich. Aber ich denke, das Problem, das mengenmäßig auf uns zukommt, ist eben der bereits erwähnte Mischkonsum: vom reinen Alkohol� oder Benzo�User („Benzos“/ Benzodiazepine sind Beruhigungsmittel, Anm. d. Red.) hin zu denen, die all das nehmen, was gerade verfügbar ist.“ Die Verfügbarkeit, die sei mittlerweile viel größer als vor ein, zwei Jahrzehnten: „Noch vor gut 15 Jahren war Kokain beispielsweise nur gewissen Gesellschaftskreisen vorbehalten. Es war teuer und schwer zu erhalten. Man brauchte einschlägig Bekannte im Spieler� oder Rotlichtmilieu. Heute ist es billig und weit verbreitet.“ Eine Eingabe in den Internetbrowser und schon scheint der aktuelle Tarif für Kokain auf: Ein Gramm erhält man ab 80 Euro. Dazu gibt’s in Chat�Foren die passenden Erfahrungsberichte: Ich habe noch nicht gar so oft Koks gezogen, steht da etwa. Meist wurde mir gesagt, dass es nur Standardqualität gibt, was mir egal war, da ich immer eingeladen wurde. Jetzt habe ich gehört, dass es dieses Zeug gibt, mit 80� bis 90�prozentiger Reinheit, ein Gramm für 100 Euro. Soweit ich gelesen habe, ist der Preis eher günstig. Auch über die bereits erwähnten „Legal Highs“ werden Erfahrungen ausgetauscht: Nach vier Tagen stand dann der gelbe Mann an meiner Tür und überreichte mir pünktlich zum Wochenende mein Päckchen - lediglich eine durchsichtige Plastiktüte auf der „3 Gramm“ aufgekritzelt war. Naja, es kommt ja auf den Inhalt an. Konsistenz sehr krümelig, sehr fluffig und ergiebig. Preis: 12,50 Euro für ein halbes Gramm. „Das gab es in dieser Form vor 15 Jahren nicht“, meint Clemens�Marinschek. Beeinflusst werde der Verlauf von Suchterkrankungen häufig von Komorbiditäten (Begleiterkrankungen, Anm. d. Red.) oder belastenden Lebensumständen, so die Primaria. „Wir bemerken eine starke Zunahme psychischer Komorbiditäten. In erster Linie Depressionen, aber auch Bipolar�2�Erkrankungen, das ist ein Zustand, wo Betroffene lange depressive Phasen haben und sich dazwischen in leicht angehobener Stimmung befinden. Diese Menschen haben, das weiß man aus wissenschaftlichen Studien, eine sehr hohe Suchtgefahr. Sie versuchen, ihre Stimmung durch Selbstmedikation auszunivellieren. In dem Moment, wo sie das machen, geht es ihnen zunächst besser - irgendwann sind sie dann süchtig. Auch die Zunahme von Angsterkrankungen fällt auf. Zum Teil gab’s das sicher auch vor 30 Jahren, aber Menschen stehen im Allgemeinen heute stärker unter Druck, sowohl beruflich als auch privat. Beziehungen zerbrechen viel häufiger, Menschen vereinsamen. Unter unseren Patienten befinden sich zudem einige Menschen mit ADHS (Aufmerksamkeits�Defizienz� Hyperaktivitätssyndrom, Anm. d. Red.). Bei manchen wächst sich das nicht in der Pubertät aus, sondern bleibt im Erwachsenenalter bestehen. Betroffene neigen zur Einnahme von Beruhigungsmitteln und Cannabis aber auch Kokain und Amphitaminen.“ Auch ihr Vorgänger, Professor Herwig Scholz, habe immer auf Differenziertheit in der Suchttherapie geachtet. „Er war da sicher ein Vorreiter. Vor 20 Jahren wurde aber zum Beispiel nicht zwischen bipolar�1 und bipolar�2 unterschieden - da nannte man diese Patienten allesamt ,manisch�depressiv‘. Die Differenzierung ist jedoch sehr wichtig denn, je nach Krankheitsbild erfolgt eine unterschiedliche Behandlung.“ Alexander B. erhält derzeit ein 24�Stunden�Präparat; ein Antidepressivum, das zugleich stimmungsstabilisierend wirkt. „Es geht mir viel besser“, beschreibt er seinen Zustand. „Die erste Zeit war nicht einfach - ich hatte viele Albträume und schlaflose Nächte; im einen Moment Hochgefühle, in der nächsten Minute war ich am Boden. Jetzt fühle ich mich gut, habe tausend Gedanken im Kopf.“ Auch alte Leidenschaften kehren bei Alexander B. zurück: „Früher habe ich gerne gekocht - durch meine Abhängigkeit habe ich es aufgegeben. Jetzt merke ich, dass ich wieder Freude an solchen Dingen habe.“ Wichtig sei, sich Etappenziele zu setzen, beschreibt Clemens�Marinschek eine der Aufgaben der Therapie. „Im Drogenbereich sagt man, Sucht bedeute Suche. Und zwar suchen Menschen nach etwas, das sie nicht genau benennen können, etwas, das ihnen fehlt; eine Art Geborgenheit, eine Art Sichwohlfühlen. Warum sie das suchen, diese Gründe liegen oft in der frühen Kindheit vergraben. In dieser Zeit entstehen manchmal Leerstellen, die manche Betroffene durch den Gebrauch irgendwelcher Substanzen aufzufüllen versuchen. Das heißt, je weniger Leerstellen in der Kindheit entstehen, umso stabiler wird der Mensch in Zukunft bleiben. Mit Prävention muss man also früh anfangen. In der Therapie heißt 12 das, dass ich die Leerstellen, die neu entstehen, weil das Suchtmittel aufgrund der Abstinenz wegfällt, mit etwas anderem füllen muss. Das funktioniert mit Psychotherapie und positiven Visionen. Man muss realistische Schritte und kleine Ziele setzen. Wenn diese erreicht werden, steigert das das Selbstwert� und Glücksgefühl. Auch Hobbys funktionieren gut als Lückenfüller, egal, ob es sich dabei um Sport oder etwas Kreatives handelt.“ Wie die Leerstellen bei Alexander B. entstanden sind, kann er nicht so genau sagen. „Meine Eltern waren super, ich hatte eine tolle Kindheit“, ist er überzeugt. „Mein Vater war immer auf Montage, 14 Tage hat er gearbeitet, drei Tage war er daheim. Am ersten Tag, wenn der nachhause gekommen ist, haben wir immer ,Dresche‘ bekommen, für das, was wir in den 14 Tagen ohne ihn angestellt haben. Am zweiten Tag hat er dann Geld für uns ausgegeben, für Kino oder Klamotten. Und am dritten Tag hat er geflucht, weil er wieder fahren musste.“ Was daran so super gewesen sein soll, will die Primaria wissen. „Naja, meine Mutter hat mich aufgezogen und sie war super. Sie ist auch heute noch meine Bezugsperson und mein liebster Mensch. Sie hatte es mit mir nicht leicht. Ich bin bald in die Leh- re gegangen, die Abende habe ich in Lokalen verbracht - mein eigenes Geld habe ich ja verdient. Es war normal, nach der Arbeit ein Bier zu trinken. Alle meine Freunde haben auch bereits gearbeitet, zu Schülern hatte ich kaum Kontakt. Zum Bier bestellte ich dann auch immer öfter einen Schnaps. Das Trinken hat mich selbstsicherer gemacht, vor allem, wenn ich Kontakt zum anderen Geschlecht gesucht habe. Ich bin im angetrunkenen Zustand wirklich bei den Mädchen besser angekommen, denn durch den Alkohol wurde ich lockerer. Wenn meine Mutter zu mir gesagt hat ,schau, dass du um zwölf zuhause bist!‘, habe ich geantwortet ,du kannst froh sein, wenn ich um vier komme‘. Mich hätte keiner halten können ... Ich war auf der Suche nach dem Glücksgefühl. Ich glaube, das ist für die meisten der Grund zu trinken. Nur, irgendwann bist du dann auch im angetrunkenen Zustand nicht mehr glücklich, sondern denkst nur noch ans Sterben.“ Mit seiner Abhängigkeit steht B. innerhalb seiner Familie nicht allein da. Auch seine Schwester hat ein massives Suchtproblem. „Ich glaube, es gibt nichts, was sie noch nicht ausprobiert hat. Sogar in diesem neuen Mittel, das dich von innen her auffrisst, hatte sie schon ihre Nase drin. Sie ist ein Voll- blutjunkie. Aber sie mag das so. Bereits mit 13 ist sie zum ersten Mal von zuhause weg und nach Wien gegangen. Seitdem sie 16 ist, lebt sie fix dort. Im Wien war ja damals schon die Szene, in der du alles kriegst, was du brauchst, daheim ... Mein Vater ist einmal zu ihr gefahren und hat sie nachhause geholt. Aber sie ist wieder abgehauen. Und dann ist meinem Vater ein Unfall passiert. Er lebt seit 20 Jahren im Heim - mit Pflegestufe sieben.“ Der jüngere Bruder hingegen lebt ohne Suchtkrankheit. „Er ist mit den Drogenproblemen meiner Schwester und mir aufgewachsen, hat mich mit aufgeschnittenen Pulsadern am Tisch liegen gesehen. Vielleicht ist er deswegen so dagegen. Er ist auch kein Fortgehmensch. Er blieb immer zuhause und war fleißig in der Schule, im Gegensatz zu meiner Schwester und mir. Wahrscheinlich wollte er es einfach anders machen als wir.“ Zwei von drei Geschwistern sind also suchtkrank - eine genetische Ursache? „Es spielen immer mehrere Faktoren zusammen“, erklärt die Ärztin. „Aber es stimmt schon, dass auch die Genetik ihren Teil dazu beiträgt. Es hat ja nicht jeder Mensch dasselbe Suchtzentrum. Das ist nicht bei jedem gleich empfindlich ausgebildet, sondern das hängt eben von der genetischen Beschaffenheit der jeweiligen Person ab. Bis zu einem gewissen Grad kann man also von Vererbbarkeit sprechen. Adoptions- und Zwillingsstudien zeigen gut, dass die Lebensumstände eine große Rolle spielen Wenn beispielsweise Zwillinge in unterschiedlichen Gegenden bei unterschiedlichen Pflegeeltern aufwachsen, wird sicher derjenige der beiden, der unter widrigen Umständen aufwächst, eine Sucht entwickeln. Der, der unter optimalen Bedingungen groß wird, bleibt trotz seines empfindlichen Suchtzentrums frei von Sucht.“ Was sein Alter anlangt, zählt Alexander B. zur Mehrheit der Patienten im Krankenhaus de La Tour. „Die meisten, die wir behandeln, sind mittleren Alters - 35 bis 50 Jahre alt“, so Clemens�Marinschek. „Was aber auffällt ist, dass vermehrt ältere Menschen von Suchtproblematiken betroffen sind. So eine Erkrankung schaut im Alter anders aus, sie ist viel schwieriger zu erkennen. Ein alter Mensch braucht nicht viel, um süchtig zu werden. Der Betroffene schläft öfters oder fällt einfach um. Menschen, die in Altersheimen leben, haben übrigens 13 eine höhere Suchtrate als solche, die in Familienverbänden leben“, so die Ärztin. Bei älteren Menschen handle es sich oft um Beruhigungs� oder Schmerzmittel, erzählt die Primaria. „Oft nimmt durch die Suchterkrankung das Sturzgeschehen zu - es kommt zu Oberschenkelhalsbrüchen, medikamentösen Delierien, Verwirrtheitszuständen oder Halluzinationen. Zudem leidet das vegetative Nervensystem darunter. Aber gerade bei alten Menschen verzeichnet man in der Therapie große Erfolge.“ Auch Frauen seien immer von Suchterkrankungen betroffen, so die Psychiaterin und Neurologin. „Frauen verheimlichen ihre Sucht viel stärker als Männer und trinken oft heimlich. Eine Suchterkrankung bei einer Frau ist nach wie vor höher stigmatisiert, das heißt, sie wird in der Gesellschaft ganz anders bewertet. Das führt dazu, dass Frauen zu Höherprozentigem wie Cognac oder Wodka greifen, damit sie in kurzer Zeit die Wirkung spüren, nicht zuletzt, um sich aus der Realität wegzubeamen, weil der Druck zu groß wird. Zudem vertragen Frauen in der Regel deutlich weniger als Männer und werden damit auch schneller abhängig.“ Alexander B. steht mit seiner angestrebten 180�Grad�Wende noch am Anfang. Wie sieht die Primaria seine Chancen, abstinent zu bleiben? „Ich denke, er kann es schaffen - wenn er dranbleibt. Es besteht immer die Gefahr, dass es einem einmal zu gut geht und man sich irgendwann denkt, ein Schnaps oder ein Joint können ja nicht schaden. Wir werden schauen, dass wir Herrn B. bis zum Ende der Therapie medikamentös so eingestellt haben, dass das Bedürfnis nach Suchtmitteln soweit gefallen ist, dass er auch wirklich davon lässt.“ Und wie sieht Alexander B. seine Zukunft? „Seitdem ich hier angekommen bin, hat sich schon viel verändert. Ich wache in der Früh auf und habe ein Lachen im Gesicht. Ich gehe hinaus, auf den Balkon - das habe ich jahrelang nicht gemacht. Ich habe keine hohen Ziele ich möchte einfach trocken bleiben und ein normales Leben führen. Arbeiten gehen, eine schöne Wohnung, eine liebe Freundin ... Natürlich fehlt mir etwas - Alkohol ist eben meine Sucht. Aber es geht mir gut und ich weiß, dass ich in der Lage bin, mein Leben zu ändern - aber eben nur, wenn ich nichts mehr trinke. Isolde S. hat sich für Gymnastik und Walken entschieden. Eine Dreiviertelstunde am Tag sei sie außerdem gemeinsam mit einer Mitpatientin in der Wäscherei für Bügelarbeiten zuständig. Auch Josefine W. soll mittels der Kreativ� und Beschäftigungstherapie zu einem geregelten Alltag zurückfinden. E rg oth era p eu ti n D an i el a P i ch l er l ei tet d i e Krea ti v� u n d Bes ch äfti g u n g s th era p i e i m Kran ken h au s d e La Tou r. Kreative Wege in der Therapie: Fähigkeiten neu entdecken Sport, Kreativität und einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten: Die Kreativ� und Beschäftigungstherapie ist wichtiger Bestandteil des achtwöchigen stationären Aufenthalts von Suchtpatienten im Krankenhaus de La Tour. Unter anderem Vorbereitung auf einen regelmäßigen Alltag, stärkt die Therapie auch das Selbstwertgefühl. Ein Herz, das sich aus neun Tafeln zusammensetzt: Neun Bilder, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch eins ergeben - entstanden im Rahmen der Kreativtherapie im Krankenhaus de La Tour in Treffen. Eine der Bildtafeln stammt von Isolde S. „Ich habe früher Aquarelle gemalt - hier arbeite ich mit Acryl“, erzählt die seit sechs Wochen in Therapie befindliche Patientin. „Das Malen macht Spaß, es ist schön, sich selbst so zu entfalten. Und man kann dabei auch eine Menge reflektieren“, meint Isolde S. und ihr Blick wird nachdenklich. „Es hat mich erschüttert, welche Sorgen ich anderen Menschen bereitet habe. Es ist wirklich schlimm, mit wie viel Lüge die Sucht verbunden ist.“ Alkohol habe sie getrunken und Beruhigungsmittel genommen, erzählt Isolde S. weiter. „In Zukunft gibt es für mich nur noch Abstinenz.“ Bei ihrem Vorhaben unterstützt wird die Patientin durch die Ergotherapie, die sich im Krankenhaus de La Tour aus drei Teilbereichen zusammensetzt, wie Leiterin Daniela Pichler erzählt. „Bewegung, Arbeits� und Kreativtherapie sind jene Teilbereiche, die den Patienten vermittelt werden. In Erstgesprächen schauen wir, was zu wem passt. In der Arbeitstherapie bieten wir Dienste im Café, als Portier, in den Werkräumen, der Wäscherei, im Speisesaal oder der Bücherei an. Auch Außenarbeiten wie Rasenmähen, Schneeräumung, Recycling, Einkaufen oder Betreuung der Blumen werden von Patienten erledigt“, erklärt Pichler. 14 „ Das Malen mach t Sp aß , es is t s ch ön , s ich s elb s t s o en t f alt en zu kön n en . Un d zu d em kan n man b eim Malen au ch ein e Men g e ref lekt ieren . Isolde S. „Es ist schön, dass ich mich hier mit Sachen beschäftigen kann, die ich in der Schulzeit gemacht habe. Ich wusste gar nicht, dass ich so kreativ bin! Das Seidenmalen macht mir besonders viel Spaß - ich habe schon viele Aufträge bekommen“, erzählt sie und demonstriert gleich eine besondere Technik, wo die Seide auf Joghurtbecher gebettet mit Farbe übergossen und mit Salz bestreut wird. „Das ist bereits mein dritter Schal, den ich hier gestalte. Den bekommt meine Tochter. Er wird genau zu einer ihrer Jacken passen“, freut sich Josefine W. „Meine Tochter, die steht wirklich hinter mir. Zwanzig Jahre habe ich getrunken - aber ich will nicht mehr so leben wie bisher. Anfangs hatte ich es ja noch unter Kontrolle, aber dann ... Mein Mann hatte vier Schlaganfälle. Sieben Jahre lang habe ich ihn betreut - aber mit der Pflege war ich einfach überfordert. Es ist ein 24�Stunden�Job... Momentan ist mein Mann im Pflegeheim; sollte ich ihn wieder nachhause nehmen, dann nur mit einer 24�Stunden�Pflege. Derzeit muss ich einmal nur auf mich schauen.“ Mit Bewegung und Kreativem wolle sie auf jeden Fall weitermachen, betont „Es geht uns darum, Verantwortung zu übernehmen und einen Teil für die therapeutische Gemeinschaft zu leisten. Die Patienten sollen dadurch wieder in einen gesünder geregelten Alltag zurückfinden.“ Zur Arbeitstherapie kommt die Bewegung: „Auch hier wird zunächst abgeklärt, was der jeweilige Patient machen kann. Das Programm ist vielfältig - es ist wirklich für jeden etwas dabei: Montag und Freitag walken wir, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag steht Gymnastik am Programm. Zusätzlich bieten wir Wirbelsäulentraining und Wandereinheiten an. Zudem gibt’s Kegel� und Schwimmeinheiten sowie die Möglichkeit für Tennisunterricht.“ 15 Josefine W. „Ich weiß, dass sich meine Lebensumstände nicht ändern werden, die sechs Wochen, die ich bisher hier verbracht habe, haben mir sehr viel gegeben. Ich kann mich endlich mit mir selbst beschäftigen.“ Das Angebot im kreativen Bereich ist vielfältig: Neben der Malerei werden auch Körbeflechten, Arbeiten mit Holzbrandtechniken, Gipsen, Töpfern oder Specksteinarbeiten angeboten. Offene Werkstätten mit ganztägiger Betreuung sorgen dafür, dass sich die Patienten ihre Zeit frei einteilen können. Warum die Hobbys für die Patienten so wichtig sind? „Zum einen soll die Freizeit in Zukunft sinnvoll gestaltet werden, zum anderen können diese sinnlichen, unmittelbaren Erfahrungen dazu beitragen, sich selbst neu zu erleben und zu spüren.“, erklärt Pichler. „Darüber hinaus steigt dadurch das Selbstwertgefühl - denn viele bemerken im kreativen Prozess, dass sie zu viel mehr im Stande sind, als sie dachten.“ Und mit den neu entdeckten Fähigkeiten wird es vermutlich auch leichter fallen, der Sucht nicht mehr nachzugeben ... „ Derz e it mu ss ich e in ma l n u r a u f mich sch a u e n . H ie r k a n n ich mich mit D in g e n b e sch ä f t ig e n , d ie ich zule t z t in me in e r Sch u lz e it g e ma ch t h a b e. Josefine W. Pflege im Krankenhaus de La Tour • Aromapflege: Schutzwall gegen seelische Tieflagen Befinden Sie sich in einem Stimmungstief? Wie wäre es mit einer Kickbeduftung? Ein paar Tropfen ätherische Öle auf ein Tuch und die Welt ist schon gar nicht mehr so grau! Funktioniert tatsächlich - von der Aromapflege profitieren auch die Patienten des Krankenhauses de La Tour. Grapefruit, Sandelholz, Bergamotte oder Jasmin - ein tiefer Atemzug, die Augen geschlossen. Was entscheidet die ans Fläschchen gehaltene Nase? Gefällt ihr der Duft oder lehnt sie ihn ab? Bevor Elemi, ein Baumharz, dran ist, noch schnell einmal das Riechorgan mittels Kaffeebohnen neutralisieren. Dann den Duft in die Nase steigen lassen... die sagt eindeutig "ja"! "Das Wahrnehmen von Duftstoffen ist eng mit emotionalem Empfinden verbunden", erklärt Gesundheits- und Krankenpflegerin Barbara Schmölzer. "Erlebnisse und Gefühle, die mit einem Geruch verbunden sind, prägen sich wesentlich tiefer in unsere Erinnerungen ein als alles, was wir hören und sehen." Im Krankenhaus de La Tour in Treffen arbeitet die ausgebildete Aromapraktikerin mit Suchtpatienten. "Welchen Geruch wir als angenehm empfinden, hängt von unserer momentanen Stimmungslage ab. Zudem können Düfte die Befindlichkeit positiv beeinflussen", meint Schmölzer. "Elemi (Canarium luzonicum), ein zitronig�harziger Duft, der als wohlriechend und behaglich empfunden wird, bildet zum Beispiel eine Art Schutzwall bei Stress, Nervosität und Hektik, harmonisiert und verbreitet Ruhe und Besonnenheit. Ein paar Tropfen auf ein Taschentuch träufeln, das ich mir unter die Nase halte und intensiv inhaliere, sorgt bereits für eine Besserung der momentan belastenden emotionalen Stimmungslage. Im Krankenhaus de La Tour wird damit auch die Motivation der Patienten gestärkt, bestehende Probleme mit Unterstützung der Therapeuten lösungsorientiert zu bearbeiten." Ätherische Öle haben auch Einfluss auf den Körper, so die 16 Aromapraktikerin weiter. "Gezielt eingesetzte Naturaromen können Ein� und Durchschlafstörungen entgegenwirken oder auch den Blutdruck positiv beeinflussen. Muskelkater, hervorgerufen durch übermäßiges körperliches Training, wird durch die Anwendung von Aromabädern gelindert." Ob am Taschentuch, in der Duftlampe, als Raumspray, Aromabad, Fußbad, Inhalation, Ölkompresse, Einreibung oder in der Sauna - die Anwendung ätherischer Öle ist vielseitig. "Duftvorlieben können aber eben auch variieren. Wenn meine emotionale Stimmungslage gedrückt ist und ich am Duft der Bergamotte großen Gefallen finde, liegt das daran, dass dieser Duft Licht ins Dunkel bringt, das heißt er wirkt stimmungsaufhellend und entspannend. Das spritzig frische Aroma der Grapefruit sorgt bei Müdigkeit, Lustlosigkeit und schlechter Laune Junge Forschung, die Stärken fördert Zu den Kernaufgaben der Gesundheits� und Krankenpflege im Krankenhaus de La Tour zählen u. a. die Unterstützung der Ärzte bei der medizinischen Versorgung der Patienten, Krisenmanagement, Pflegediagnostik, die psychosoziale Betreuung der Patienten sowie die Gesundheitsförderung. Pflegedienstleiterin Theodolinde Petschniker-Berger steht im Krankenhaus de La Tour in engem Kontakt zu den Patienten. Worauf es im Pflegeberuf ankommt, verrät sie im Interview mit den Mitmenschen: • Am individuell abgestimmten Therapieprogramm stehen u. a. Qi Gong, Aromapflege, Kneipptherapie, Hygiene oder Diabetes�Beratung. Wie darf man sich die Pflege in einem Therapiezentrum für Suchtkranke vorstellen? • Damit soll ein Prozess eingeleitet werden, der dem Patienten trotz Krankheit ein höheres Maß an Selbstbestimmung über seine Gesundheit ermöglicht und zu einer wesentlichen Verbesserung seines körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens beiträgt. für Leichtigkeit, Heiterkeit und ein positives Lebensgefühl. Zudem regt der Duft die Kreativität an und verströmt Optimismus, so die Öle�Kennerin. Achten müsse man bei der Aromapflege vor allem auf die Verwendung von ätherischen Ölen in Bio�Qualität, meint Schmölzer. "Es gibt sehr viel Schund am Markt. Synthetisch hergestellte Öle sind zwar preiswert, haben jedoch keine therapeutische Wirkung. Außerdem haben Forschungen ergeben, dass synthetische Öle das Immunsystem schwächen und Allergien begünstigen oder auch auslösen. Naturreine ätherische Öle hingegen sind chemisch unveränderte Stoffe, die aus genau definierten Pflanzenmaterialien durch schonende Verfahren gewonnen werden", so Schmölzer. Wie wichtig ist das Zusammenspiel der einzelnen Bereiche? Petschniker-Berger: Der interdisziplinäre Austausch ist wirklich sehr wichtig. Gerade im psychosozialen Bereich kann ein einzelnes Fach allein nicht alles abdecken. DGKS Theodolinde PetschnikerBerger, BA: Den typischen, bettlägrigen Patienten im Pyjama und Schlafrock, gibt es bei uns nicht. Dennoch sind wir - gleich wie in anderen Krankenhäusern - neben den Ärzten die einzige Berufsgruppe, die rund um die Uhr für die Patienten da ist. Entsprechend der komplexen Anforderungen verfügen wir zudem über ein hochqualifiziertes und sehr erfahrenes Pflegepersonal. Wenn ein Patient zu uns kommt, wird zunächst eine Pflegeanamnese durchgeführt, bei der wir evaluieren, welche Defizite der Patient hat und wo Förderung notwendig ist. Wir arbeiten mit den Stärken der Patienten, die durch die Krankheit verdrängt beziehungsweise vergessen wurden. Wie kann das gelingen? Petschniker-Berger: Wir haben ein vielfältiges Angebot, aus dem wir für unser Therapieprogramm schöpfen können. Unter anderem bieten wir Entspannungstherapie, Qi Gong, Aroma� und Kneipptherapie, gesundheitsfördernde Gespräche, Ernährungs� oder Hygieneberatung an. Mit Hilfe der Pflegediagnostik, die sich aus der Anamnese ergibt, stellen wir das Programm ideal auf den jeweiligen Patienten abgestimmt zusammen. Dabei bleibt für die Patienten genügend Spielraum für eigene Aktivitäten. Gleichzeitig soll möglichst viel Wissen über den eigenen Gesundheitszustand vermittelt werden. Klingt nach einem umfassenden Aufgabenbereich ... Petschniker-Berger: Schon, ja. Pflegepersonen brauchen ein umfassendes Wissen, das zum einen aus der Pflegeforschung kommt, aber auch aus anderen Wissenschaften wie der Medizin oder der Psychologie. Seit 1997 gibt es zudem ein Gesundheits� und Krankenpflegegesetz, das uns mehr Verantwortung einräumt, sowohl im eigenständigen Bereich der Pflege als auch im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich. 17 Aber worin genau liegt das Hauptaugenmerk der Pflege im Krankenhaus de La Tour? Petschniker-Berger: In erster Linie leisten wir Beziehungs� und Kommunikationsarbeit. Es ist wichtig, dass die Patienten Vertrauen in uns haben. Sie müssen das Gefühl haben, bei uns gut aufgehoben zu sein. Nur dann schafft man es, die Patienten richtig zu motivieren. Und das ist ja unser Ziel: Die Aktivierung auf sehr individueller Basis - eben abgestimmt auf jeden einzelnen. Wie einfach fällt die Motivationsarbeit? Petschniker-Berger: Es erfordert viel Einfühlungsvermögen. Es gibt Patienten, die nehmen alles in Anspruch, aber manche muss man sogar bremsen: Die machen alles, nur um nicht nachdenken zu müssen! Glücksspiel und Kaufrausch: ein Leben, gesteuert durch Impulse Über viele Jahre war das Krankenhaus de La Tour österreichweit das einzige Suchtzentrum, das Spielsüchtige therapierte. Mit der Villacher Spielsuchtambulanz konnte das Angebot 2010 erweitert werden. Abhängigkeiten wie die Kauf� oder die Computer� und Onlinesucht treten ebenfalls immer mehr in den Vordergrund. Auch diese Suchterkrankungen werden bei Bedarf mittlerweile stationär therapiert. Vom sogenannten "Kaufrausch" wird ab und zu wohl jeder befallen: Zu verlockend ist das vielfältige Angebot der Geschäfte. Ein paar Mal im Jahr über die Stränge zu schlagen ist - solange es das Bankkonto erlaubt - wohl in Ordnung. Wenn das Verlangen nach Einkaufen aber zur Sucht wird, stehen meist heftige Probleme ins Haus ... "Die Kaufsucht ist kein Phänomen der Neuzeit, bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde sie, damals noch als Oniomanie bezeichnet, als eine Störung mit Krankheitswert beschrieben", erzählt Bettina Quantschnig. Die Leiterin des Psychologischen Dienstes im Krankenhaus de La Tour therapiert in Treffen sowie in der Spielsuchtambulanz Villach Menschen mit Suchtproblematiken, darunter auch Kaufsüchtige. Die Möglichkeit der stationären Behandlung von Kaufsüchtigen ist neu. "Trotz vermehrter Aufmerksamkeit ist die Forschungslage noch dürftig. Die Problematik dieser Menschen wird noch nicht richtig gesehen, denn gesellschaftlich wird Geld und Kaufen mit ,Power' assoziiert", so Quantschnig. "Oft bleibt die Krankheit lange im Verborgenen." Wenn die finanzielle Belastung überhand nimmt, suchen viele Betroffene dann doch Unterstützung. war das Treffener Suchtzentrum österreichweit die einzige Einrichtung mit diesem Angebot. "Wir haben ein eigenes Therapiekonzept entwickelt", erzählt Quantschnig. "Spielsüchtige haben besondere Eigenschaften - zum Beispiel verfügen sie über ,magisches Denken'. Das sind Denkmuster, die dazu führen, dass man glaubt, Einfluss auf den Spielverlauf nehmen zu können." Darauf müsse in der Therapie Rücksicht genommen werden. Impulsgesteuert handeln auch Menschen mit Kaufsucht. "Deshalb sind sie ähnlich zu therapieren wie Spielsüchtige", erklärt Quantschnig. Acht Prozent der Bevölkerung seien betroffen oder stark gefährdet, der Kaufsucht zu erliegen. Bei der Spielsucht sind es im Vergleich 0,5 bis ein Prozent, im Onlinebereich drei Prozent. Ein Mythos sei, dass es sich dabei um ein ausschließlich weibliches Phänomen handle, so die Psychologin. "Vor allem bei jungen Erwachsenen zeigt sich die Tendenz, dass auch immer mehr Männer betroffen sind." Geschlechtsspezifische Unterschiede gäbe es dennoch: "Man kann sagen, dass Frauen eher bei Kosmetik, Konfektionsware und Nahrungsmitteln zuschlagen, während Männer vermehrt in Baumärkten zuhause sind", so Quantschnig. "Die Kaufsucht ist eben kein homogenes Phänomen, sondern unterscheidet sich in ihrem Kaufverhalten. Oft tritt sie auch zusammen mit anderen Suchterkrankungen oder Angst� und Persönlichkeitsstörungen auf." Wodurch aber wird süchtiges Kaufverhalten eigentlich ausgelöst? "Die Kaufsucht dient der Kompensation von Defiziten, die durch Nichtlösen von Problemen entstanden sind wie zum Beispiel beruflicher Stress oder private Enttäuschungen. Im Mittelpunkt steht nicht der Gebrauchswert, sondern die Befriedigung, die das Kaufen kurzweilig verschafft. Man geht davon aus, dass es beim Akt des Kaufens zu einer verstärkten Dopaminausschüttung B etti n a Q u an ts ch n i g i st p sych ol og i s ch e Lei t eri n d er S p i el s u ch tam b u l an z Vi l l ach u n d l ei t et d en P s y c h ol og i s ch en D i en s t i m K r an ke n h au s d e La Tou r. Ein überzogenes Konto und der Verlust des (oft gesamten) Vermögens ist auch meist der Grund für Spielsüchtige, sich Hilfe von Spezialisten zu holen. Bereits seit 1987 werden Menschen mit Spielsuchtproblematik im Krankenhaus de La Tour behandelt. Viele Jahre lang 18 (Dopamin: Glückshormon, Anm. d. Red.) kommt. Es führt aber nur zu einer kurzfristigen Stimmungsaufhellung." Süchtiges Kaufen könne sich unterschiedlich manifestieren, so die Therapeutin weiter. "Es kann zu phasenweisen oder täglichen Kaufattacken kommen. Wichtig ist, zu schauen, wofür das gekaufte Objekt steht. Einer meiner Patienten, ein Theologe, kaufte zum Beispiel massenhaft Bücher. Auf der Suche nach Selbstbestätigung wollte er sich bilden. Eine andere Patientin, eine 36�jährige verheiratete dreifache Mutter wollte sich hingegen mit täglichen Kleiderkäufen Zuneigung erkaufen. In ihrem Fall hatte der Kaufakt also den Sinn der Belohnung. Die Waren selbst hat sie kaum bis gar nicht benützt, ein typisches Verhalten. Häufig bleiben die Einkäufe unausgepackt versteckt. Der Konsum ist ja vom Bedarf gelöst ..." Einer der markanten Unterschiede der Kauf� zur Spielsuchttherapie sei, dass man dabei nicht - wie im Krankenhaus de La Tour sonst üblich - auf Abstinenz setzt: "Das geht bei der Kaufsucht nicht - ich kann schließlich niemandem sagen, er darf ab sofort nie wieder etwas kaufen", so Quantschnig. Vielmehr gehe es darum, dass das Einkaufen zum normalen Bestandteil des Alltags werde. "Bei der Onlinesucht ist das genauso. Auch hier ist es nicht zielführend, das Internet komplett zu ignorieren. Das geht meist beruflich schon nicht", erklärt die Psychologin. "Bei der Spielsucht ist Abstinenz aber das erklärte Ziel." Die Therapieerfolge sind übrigens deutlich höher als man meint: "Bei der Spielsucht liegt die Quote jener, die abstinent bleiben, gleich wie beim Alkohol - also dreißig bis vierzig Prozent. Bei der Kaufsucht gibt es noch zu wenig offizielle Studien." Ein Rückfall sei noch keine Katastrophe, meint Quantschnig. "Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Man muss in so einem Fall schnell reagieren, um den Rückfall zu stoppen. Unsere Patienten wissen, dass sie sich, sollte das passieren, jederzeit an uns wenden können." " D as Sp i el kan n i ch b eei n fl u s s en ! " E i n fal s ch es D en km u s ter, d as vi el e Sp i el s ü ch ti g e i n s i ch tra g en . I m p u l s g es teu ert w i e Sp i el s ü ch ti g e s i n d au ch kau fs ü ch ti g e M en s ch en . D em en ts p rech en d äh n l i ch verl äu ft d i e T h era p i e. 19 worden ist - wie lange dauert in der Regel der stationäre Aufenthalt? Gaugeler: Im Durchschnitt drei Wochen. Das ist für Psychosomatikkliniken sehr kurz. Wie kann eine so kurze Zeit Erfolg bringen? Gaugeler: Durch ein umfangreiches Therapieprogramm. In der Regel haben unsere Patienten fünf bis sechs Therapieeinheiten pro Tag. Zudem werden Patienten bereits vor ihrem Aufenthalt betreut. Viele besuchen schon in der Wartezeit - im Schnitt zwei bis drei Wochen - ambulante Gruppentherapien. Somit kann man Zeit gewinnen. In anderen Krankenhäusern kommen Patienten ohne Vorbehandlung; dann braucht man erst einige Tage bis das Ganze anläuft. Zur Vorbetreuung und dem stationären Aufenthalt kommt noch die Nachbetreuung, um langfristigen Erfolg zu sichern. Für arbeitende Patienten ist die kürzere Aufenthaltsdauer bestimmt auch eine Erleichterung. Bedarfsorientierte Therapie als Schlüssel zur Qualität GUDRUN ZACHARIAS Als einziges Krankenhaus in Kärnten verfügt das Krankenhaus Waiern über eine Psychosomatik�Abteilung. Primar Richard Gaugeler und Departmentleiterin Christine Adlassnig erklären im Interview mit den Mitmenschen, warum für ein Department dieser Art durchaus Bedarf besteht. Gehen wir gleich in medias res: Warum setzt man in Waiern auf ein eigenes Psychosomatik�Department? Prim. Dr. Richard Gaugeler: Die Psychosomatik ist eine Fachrichtung, die in alle medizinischen Bereiche integriert sein sollte. Nur eine Spezialabteilung kann jedoch die volle Kompetenz einer Fachabteilung bieten. Um welche Kompetenzen handelt es sich dabei? Was wird behandelt? Dr. Christine Adlassnig: Wir behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern: Depressionen, Schmerzstörungen, Essstörungen, Angst� oder Somatisierungsstörungen, das sind Störungen, wo sich psychische Probleme in Form von körperlichen Symptomen wie beispielsweise Verdauungsstörungen oder kardiale Probleme ausdrücken. Gaugeler: Die Mischung aus einer internen, geriatrischen und psychosomatischen Station ist ideal. Oft sehen wir Patienten, bei denen sich hinter dem körperlichen eigentlich ein psychosomatisches Problem verbirgt. Natürlich gibt’s das auch umgekehrt, dass jemand von der Psychosomatik körperlichen Untersuchungs� und Therapiebedarf hat. Laut internationalen Studien hat an internistischen Abteilungen ein Drittel der Patienten auch psychische Erkrankungen als Begleit� oder Hauptdiagnose. Unsere Mitarbeiter sind hoch qualifiziert und speziell geschult, darauf zu achten. In Anbetracht der Tatsache, dass eine Million der Österreicher Burnout�gefährdet sein sollen, scheint das sinnvoll ... Adlassnig: Burnout ist ja keine medizinische Diagnose. Aber die 20 sogenannten Burnout�Patienten kommen meist mit Erschöpfungsdepressionen oder körperlichen Symptomen zu uns. Charakteristisch sind Schlafstörungen oder Störungen des vegetativen Nervensystems, Übererregbarkeit, innerliche Unruhe, depressive Symptome, Gereiztheit, Störungen von Stimmungen und Antrieb und meist hohe Anspannung. Gibt es eigentlich Berufsgruppen, die besonders von Burnout betroffen sind? Gaugeler: Was auffällt ist, dass die Berufsgruppen wechseln. Als es staatliche Umstrukturierungen gab, hatten wir viele Postbeamte hier, derzeit sind viele Patienten bei uns, die in Pflegeberufen oder im Verkauf, vor allem in Supermärkten, arbeiten. Auch Lehrer sehen wir vermehrt. Wenn nun ein Patient zugewiesen Gaugeler: Natürlich. Viele Patienten arbeiten. Aus unserer Sicht sollen sie schnell wieder in den geregelten Arbeitsprozess kommen. Der Arbeitgeber verkraftet es, auf seinen Mitarbeiter drei Wochen zu verzichten. Bei Therapiezyklen von acht bis zwölf Wochen wird es oft schwierig ... Wie alt sind Patienten der Psychosomatik im Schnitt? Gaugeler: Wir bemerken einen Doppeltrend: Auf der einen Seite kommen immer jüngere Leute zu uns - die Hemmschwelle, bis man eine Therapie angeht, ist nicht mehr so groß, man fängt also früher an. Auf der anderen Seite sind viele ältere Patienten von psychosomatischen Erkrankungen betroffen. Ein 18�Jähriger hat aber andere Probleme und Gesprächsbedarf als ein 75�Jähriger. Deshalb bieten wir altersdifferenzierte Gruppentherapien an. Was denken Sie, warum immer mehr ältere Menschen betroffen sind? Ist das ein gesellschaftliches Phänomen? Gaugeler: Das bedingt die demografische Entwicklung. Wir werden immer älter. Unser größtes Bevölkerungssegment ist die Gruppe 60+. Man könnte annehmen, dass bei Pensionisten der Druck nicht mehr so groß ist. Burnout würde damit wegfallen. Adlassnig: Im Alter gibt es andere Krankheitsbilder, die Altersdepression zum Beispiel, oft bedingt durch die Veränderung von Lebensumständen. Wenn der Körper schwächer wird und man plötzlich auf Unterstützung angewiesen ist oder mit dem Tod des Partners konfrontiert wird, dann sind das schwerwiegende Belastungsfaktoren. Früher hat man diese Form der Depression nicht behandelt? Gaugeler: Nein, man dachte, dass das zum Leben eben dazu gehört - wenn man alt wird, darf man depressiv sein. Man hat Altersdepression nicht als Krankheit erkannt. Außerdem war man der Ansicht, es ist normal, dass alte Menschen Schmerzen haben. Dass es sich dabei oft um chronische Schmerzstörungen aufgrund psychischer Belastungsfaktoren handelte, war vielfach nicht klar. Ist die Altersdepression gut behandelbar? Gaugeler: Ja, das können wir durch Studien belegen. Durch die Miteinbeziehung der Psychosomatik bei geriatrischen Patienten nehmen wir eine Vorreiterrolle ein, denn vielfach wird das in Österreich noch sehr stiefmütterlich behandelt. Wir beobachten Patienten auch noch Monate nach ihrer Entlassung und erheben ihren Zustand und somit den Erfolg der Therapie. Zum Beispiel mit Hilfe des GerN� Projekts? Gaugeler: Genau - ein in Österreich einzigartiges Projekt, das aus einer Forschungskooperation mit der Universität Klagenfurt entstanden ist und das sich mit der Nachbetreuung geriatrischer Patienten befasst. Das Projekt selbst ist abgeschlossen, die Gruppen laufen aber aufgrund des Erfolges weiter. Seit wann gibt es eigentlich Nachbetreuungsprojekte in Waiern? Gaugeler: Die wurden bereits vor zehn Jahren entwickelt. Mittlerweile besuchen 60 Prozent der Patienten neun Monate lang Nachbetreuungsprogramme. Was ist mit den übrigen 40 Prozent? Warum werden die nicht nachbetreut? Gaugeler: Meistens liegt der Grund darin, dass die Anfahrt für diese Patienten zu weit ist. Als einziges Krankenhaus in Kärnten mit einer Abteilung für Psychosomatik versorgen 21 wir ja im Prinzip das ganze Land und auch aus anderen Bundesländern kommen viele zu uns, aus Tirol, der Steiermark und sogar aus Wien. Wenn die neun Monate der Nachbetreuung Psychosomatik vorbei sind - sind die Patienten dann wieder ganz auf sich gestellt? Gaugeler: Nein. Wenn dann noch Bedarf besteht, gibt es die Möglichkeit, in eine selbstverwaltete Gruppe, eine sogenannte Selbsthilfegruppe zu gehen. Die wird nur noch bedingt therapeutisch begleitet. Die Psychosomatik wird ja häufig mit der Psychiatrie in einen Topf geworfen. Worin liegt der Unterschied? Gaugeler: Die Psychiatrie behandelt akute Psychosen. Adlassnig: Zudem gibt es bestimmte Krankheitsbilder, die auf der Station Psychosomatik nicht behandelt werden können, weil die Voraussetzungen nicht gegeben sind, zum Beispiel schwere Persönlichkeitsstörungen oder wenn jemand suizidgefährdet ist. Gaugeler: Wir haben ja keinen geschlossenen Bereich. Unsere Qualität liegt im breitgefächerten Therapiekonzept mit vielen Einzel� und Gruppentherapien. Die Patienten müssen aber in der Verfassung sein, daran teilnehmen zu können. Könnte man also sagen, dass es Patienten gibt, die, wenn sie rechtzeitig auf der Psychosomatik behandelt würden, sich einen psychiatrischen Aufenthalt ersparen würden? Gaugeler: Das trifft in Einzelfällen zu, prinzipiell aber handelt es sich um unterschiedliche Krankheitsbilder. Adlassnig: Ich glaube, das kann man nicht generalisieren. Bei vielen Erkrankungen – z.B. Depressionen oder Zwangsstörungen wie Wasch� oder Ordnungszwängen – gilt: Je früher man etwas tut, desto besser die Prognose. Es gibt nicht so viele Ärzte, die sich auf Psychiatrie spezialisiert haben - was ist das Faszinierende an diesem Fach? Adlassnig: Spannend ist, dass man es mit einem breiten Spektrum an Krankheitsbildern, jungen und alten Patienten mit unterschiedlichen Schweregraden ihrer Erkrankung zu tun hat. Interessant ist sicher auch, dass man so nah am Patienten dran ist. Auf der Psychosomatik hat deshalb die Arzt�Patienten�Beziehung einen sehr hohen Stellenwert. Nach stationärer Therapie nicht alleine gelassen Seit einiger Zeit werden Patienten der Wairer Psychosomatik und Akutgeriatrie im Rahmen der Psychosomatischen Nachbetreuung auch nach ihrem stationären Aufenthalt in Gruppen therapiert. Damit sollen Patienten langfristig gesundheitlich stabil bleiben. Eine aktuelle Studie belegt große Erfolge. Fünfzehn Personen in einem Sesselkreis. Es ist Montagabend, 18:00 Uhr. Ein wenig müde scheinen schon ein paar, andere wiederum sind munter und erfreut, Bekannte zu treffen. Die Teilnehmer erinnern nicht so sehr an Patienten, sondern eher an motivierte Teilnehmer eines Seminars. "Kursleiter" Horst Rischnig, Psychologe im Krankenhaus Waiern, hat für die kommende Stunde ein Programm "Nach der stationären Therapie im Krankenhaus Waiern, die in der Regel drei Wochen dauert, sollen die Therapieerfolge durch das Nachbetreuungsangebot gefestigt werden", erklärt Ingrid Salem, die für die psychologische Leitung im Krankenhaus Waiern verantwortlich zeichnet, das Angebot. Ins Leben gerufen wurde die psychosomatische Nachbetreuung im Rahmen eines Reformpoolprojekts. "Soeben haben wir den Erfolg dieser Gruppen seitens einer Studie bestätigt bekommen", spielt die Psychologin auf den soeben erschienenen Evaluationsbericht 2012 von Universitätsprofessor Walter Renner an. "Der weit überwiegende Teil der Patienten berichtete über statistisch signifikante Verbesserungen im subjektiven Erleben und Verhalten im Zuge der Nachbetreuung sowie eine sehr hohe Zufriedenheit mit der erlebten Prozessqualität der evaluierten Angebote", kann Renner berichten. "Beachtlich war im ersten Beobachtungsjahr, dass nicht nur in der Vorbetreuung die Patienten schon signifikant stabiler und gesünder wurden, sondern in der Nachbetreuung 22 Wenn die Seele Trauer trägt GUDRUN ZACHARIAS Erfolgreich stand Sabine F. im Berufsleben - bis zu 18 Stunden war sie täglich für ihren Job im Einsatz. Burnout und Depressionen waren der Preis, den sie für ihren Hang zum Perfektionismus zahlte. Ein zu hoher Preis, wie sie heute weiß. Im Krankenhaus Waiern startet die Patientin der Psychosomatik in ein neues Leben. Psychoanalytiker Fritz Riemann, der mit seinem Werk über die "Grundformen der Angst" auch außerhalb von Fachkreisen weitgehend bekannt wurde. Offen über ihr Innerstes zu reden oder zu einem psychologischen Thema Fragen zu stellen, scheint für die Mitglieder der Gruppe, zwölf Frauen und drei Männer, kein Problem. Mit Gruppentherapien sind sie alle vertraut, schließlich waren sie alle zuvor stationär in Waiern aufgenommen mit Diagnosen wie Depression, Burn�out oder Panikattacken. Mittlerweile ist einiges an Zeit vergangen - die Nachbetreuung II ist bereits für "Fortgeschrittene". zusammengestellt - zunächst eine Befindlichkeitsrunde: "Es ist eine Berg� und Talfahrt", beschreibt ein Gruppenmitglied seine aktuelle Befindlichkeit. "Ich mache mir selbst Druck und weiß eigentlich nicht wieso ..." "Mir geht es sehr gut", meint ein anderes Mitglied. "Ich merke, dass ich mich mittlerweile viel besser abgrenzen kann, auch in Stresssituationen." Im Anschluss an die Befindlichkeitsrunde folgt eine Einführung in die Studien von nach dem stationären Aufenthalt zusätzlich zur erhofften Stabilisierung in der längeren Betreuung auch noch eine bedeutende Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes zu beobachten war", ergänzt Primarius Richard Gaugeler. "Neben der verbesserten Patientenzufriedenheit und der nachgewiesenen verbesserten psychischen Gesundheit konnten auch durch Auswertung von Versicherungsdaten reduzierte Wiederaufnahmeraten und damit ein enormer finanzieller Einspareffekt nachgewiesen werden." Psychosomatische Nachbetreuung in Waiern • • Die psychosomatische Nachbetreuung im Krankenhaus Waiern ist in Kärnten in dieser Form einzigartig. Angeboten werden Gruppen für ehemals stationäre Patienten (Nachbetreuungsgruppen I und II) sowie eine spezielle Gruppe für Menschen älter als 60, die im Rahmen des GerN�Projekts (Geriatrische Nachbetreuung) entstanden ist. Mittlerweile kann auf große Erfolge verwiesen werden. So wurden, laut einer aktuellen Studie, die im Laufe der Nachbetreuung I (erste Serie von zehn Sitzungen) erzielten Fortschritte gehalten; während der Nachbetreuung II (zweite Serie von zehn Sitzungen) kam es sogar zu einer bedeutsamen Verringerung der klinischen Symptomatik. Weil die Seele nur noch schwarz war, sei sie auf Anraten ihres Hausarztes hier gelandet. Hier, auf der Station Psychosomatik im Krankenhaus Waiern. Zunächst skeptisch und auch ein wenig abwehrend. "Dann hat die Seele aber nach und nach ihren Schleier verloren." Sabine F. ist bereits die fünfte Woche im Krankenhaus Waiern. Den Eindruck eines depressiven Menschen, der sich bis vor Kurzem sogar mit Selbstmordgedanken trug, hat man nicht. Sabine F. wirkt gar nicht depressiv, vielmehr entspannt und lebensbejahend. "Die Sonne kommt jetzt wieder durch", erklärt sie. "Und wenn sie durch Wolken 23 verborgen ist, dann weiß ich, wie ich sie wieder zur Seite schieben kann." Ganz anders als noch vor ein paar Wochen: Ausgebrannt habe sich die Burnout�Patientin damals gefühlt: "Das Leben fühlte sich sinnlos an." Nach dem Studium habe sie auch in ihrem Job als Projektmanagerin immer auf Perfektion gesetzt. Das brachte Erfolg, führte jedoch auch zur Überforderung. "2007 hatte ich schon einmal einen Zusammenbruch. Nach einer Woche rief mein Sekretär an und meinte, er bringe mir jetzt die Unterlagen ans Krankenbett. Eine Woche später hat mein Chef angerufen und gefragt, was los sei, wann ich wiederkommen würde, alles stehe im Büro und nichts funktioniere mehr ... Es interessiert wirklich niemanden, wie’s einem geht, fürs Kranksein wird man schließlich nicht bezahlt!" Den einzigen Ausweg sah Sabine F. in der Kündigung. "Ich bin gar nicht erst wieder hingegangen. Ich habe ihnen gesagt, sie können ihren Kram allein machen, denn ich komme nicht mehr wieder", beschreibt die Burnout�Patientin ihre damalige Flucht aus der Arbeit. "Das ist mein Muster: Ich arbeite, bis es nicht mehr geht. Dann breche ich wirklich zusammen. Es bleibt nichts übrig als der Gedanke: ,Ich kann und will nicht mehr'. So eine Situation ist die Hölle." Zur allgemeinen schwierigen Lage kam das Unverständnis von Familie und Bekannten hinzu. "Mein Mann war zunächst nicht begeistert von meinem Vorhaben, mich stationär in Therapie zu begeben. Er dachte, ich würde es auch alleine schaffen. Mittlerweile weiß er, dass es notwendig war. Meine Schwester fand meine Entscheidung sehr gut. Meine Mutter und meine Großmutter waren aber sehr geschockt. ,Um Himmelswillen, wie kann das denn passieren!' Vielleicht wollten sie sich von Schuld reinwaschen. Nach der Ursache haben sie nie gefragt, auch nicht nach der Art der Therapie. Nur gehen sie jetzt mit mir um wie mit einem rohen Ei." So richtig wisse keiner, wie er mit einem depressiven Menschen umgehen solle, meint die Patientin. "Die Ratschläge einer Freundin waren jedenfalls nicht sehr hilfreich. ,Halt die Ohren steif, streng dich an, lass dich nicht so gehen', bekam ich öfters zu hören. Auch Ausssagen wie ,Das hast du früher ja immer geschafft! Was ist denn jetzt anders?' werfen einen noch mehr zurück, weil man sich für einen Versager hält. Die Gesellschaft kann mit Depression nicht umgehen, weil sie gelernt hat, dass jeder funktionieren muss. Ist das nicht so? Wenn man nicht mehr kann, dann muss man gehen. Vier Wochen arbeitsunfähig außer Gefecht - die meisten Arbeitgeber haben dafür überhaupt kein Verständnis ..." Hinzu kam immer das schlechte Gewissen, erzählt Sabine F. "Sobald meine Arbeit eine Woche liegen blieb, konnte ich nicht einmal mehr richtig schlafen." Auch Zukunftsangst plagte die Patientin. "Wenn du aus dem Management kommst, glaubst du, du hast, wenn du aus Waiern rauskommst, einen Stempel aufgedrückt. Alles, was in der Gesellschaft mit ,Psycho' zu tun hat ist ja negativ behaftet. Die wenigsten wissen, wie die Therapie auf psychosomatischen Stationen I hr "inn er es Ich " ha t Sab in e F. in Waier n wieder g efu nd en. Die Pa tien tin d er Psychosoma tik l eidet an schwer en Depr essionen . Ihr L eb en möch te sie v on nu n an and er s or g anisier en u nd ber u flich kü r z er tr eten. 24 erfolgt. Man ist sich nur sicher, dass ein normaler Mensch so etwas nicht braucht - was auch immer ,normal' bedeutet in der heutigen Gesellschaft. Ich finde das, was die meisten darunter verstehen jedenfalls nicht normal. Viele würden professionelle Hilfe brauchen, begeben sich aber nicht in Therapie. Und dabei bin ich so froh, dass ich Vertrauen in die Behandlung fassen konnte." Bewegung, gesunde Ernährung, Gespräche machen einen Großteil der Therapie im Krankenhaus Waiern aus, erzählt die Patientin. "Es wird darauf Wert gelegt, dass man sich wieder zu spüren beginnt, sodass die eigenen Bedürfnisse wahrgenommen werden können. Man ist ja auf sein Umfeld eingestellt und gar nicht auf sich selbst. Begleitet wird das von einer auf den jeweiligen Menschen abgestimmten Medikation." Durch die Therapie wisse sie heute, dass sie sich nicht mehr hassen müsse, erzählt Sabine F. Viele der psychosomatischen Patienten im Krankenhaus Waiern bleiben drei Wochen stationär im Krankenhaus. Bei Sabine F. reichte dieser Zeitraum nicht aus. "Ich weiß nicht, ob in den ersten zwei Wochen überhaupt etwas zu mir durchgedrungen ist. Ab der dritten Woche habe ich jedenfalls eine Veränderung bemerkt. Entspannen kann ich mich seit zwei Tagen. Es war ein eigenartiges Gefühl, als ich das erste Mal im Entspannungsbett lag und auf einmal eingedöst bin. Ich konnte das gar nicht glauben! Ab diesem Zeitpunkt merkte ich, es geht bergauf. Und wenn ich jetzt einmal runterfalle, dann bin ich schneller wieder oben." Der Weg zurück in den Alltag steht aber noch bevor. "Voriges Wochenende habe ich das erprobt. Von Freitag auf Samstag war ich zuhause. Ich habe vorher mit meiner Psychologin einen Stundenplan erstellt. Das war notwendig, weil ich ein leistungsorienter Mensch bin, der nicht merkt, wenn etwas ins Extreme kippt. Ich habe gedacht, dieser Probelauf wird ein Kinderspiel - das war er dann aber doch nicht. Zuhause wartete natürlich Arbeit ... Ich habe den PC aufgedreht und gleich mal 38 unbeantwortete E�Mails vor mir gesehen. Mit meiner Therapeutin hatte ich vereinbart, nur eine Stunde vor dem Computer zu verbringen. Wie sollte ich die vielen E�Mails in nur einer Stunde bewältigen? Im ersten Moment hatte ich das Gefühl, als breche alles gleich wieder zusammen - und das tat es auch. Durch die Therapie hatte ich aber gelernt, die Dinge von außen zu betrachten. Also dachte ich: ,Was hast du denn jetzt, wegen so einer Kleinigkeit?' Auf diese Weise bin ich irgendwann wieder runtergekommen." Während der Therapie im Krankenhaus werden Computer� und Handynutzung bewusst stark eingeschränkt. "Ich finde das sehr sinnvoll - wenn man den ganzen Müll von draußen mitnimmt, könnte man die Therapie ja gleich bleiben lassen. Vor der Behandlung konnte ich mir das gar nicht vorstellen, denn bei mir gibt es normalerweise keinen Tag ohne PC. Arbeitstage mit bis zu 18 Stunden waren für mich normal. Müdigkeit gab es keine für mich, denn die zeigt Schwäche. Durchhalten war meine Devise. Das habe ich immer von mir aus verlangt. Bei meiner letzten Arbeitsstelle sah ich keine Chance, die Stundenzahl zu reduzieren. Also reichte ich die Kündigung ein, bevor ich mit der Therapie begann. Für mich war das die richtige Entscheidung. Die Jobsuche werde ich erstmal hinten anstellen. Ich muss zunächst auf mich schauen und Körper und Seele in Einklang bringen, alles andere ist unwesentlich. Das ist sicher eine extreme Lebensveränderung, aber ohne die funktioniert es für mich nicht. Den Job zu kündigen war der erste Tritt aufs Pedal auf meinem Bremsweg." Zuhause warten Infrarotkabine und Whirlpool auf Sabine F. "Vielleicht kann ich das jetzt endlich genießen. Früher war das nicht möglich, weil ich - von meinem Leistungssdruck getrieben - immer etwas anderes zu tun hatte." Entspannung ist bei der Therapie depressiver Patienten ein wichtiger Faktor. Atemübungen, Wirbelsäulengymnastik oder Jacobson's progressive Muskelrelaxation lassen sich auch zuhause gut anwenden. Auch Spaziergänge oder Nordic Walking können zur Entspannung beitragen. "Mir haben auch die Kunst� und die Musiktherapie viel gegeben", erzählt Sabine F. "Dabei wird die Ratio komplett ausgeschaltet, dann arbeitet wirklich das Unterbewusstsein. Wir haben ja alle verlernt, auf unser Bauchgefühl zu hören. Beim Malen und Musizieren kann man aber mit dem Kopf nicht viel machen." Auch die vielen Gesprächstherapien haben ihr Halt gegeben, meint Sabine F. weiter. "Ich glaube, ich werde in Zukunft viel bewusster leben. Ich werde versuchen, nein, ich werde es schaffen, meinen Körper wahrzunehmen. Der ist schließlich mein Zen�Meister. Wenn ich schlafe, schlafe ich, wenn ich esse, esse ich, wenn ich gehe, gehe ich. Das Wichtigste ist, dass man im Jetzt lebt und auch im Körper und nicht irgendwo anders. Ich bin zuversichtlich, dass es mir in einem Jahr gut gehen wird." 25 Während ihres Aufenthalts in Waiern habe sie das Haus und seine Umgebung lieben gelernt, fügt Sabine F. hinzu. "Man ist hier so gut aufgehoben und kann sich sehr viele Gedanken zur Genesung machen. Ganz in der Nähe vom Krankenhaus habe ich einen kleinen Garten Eden entdeckt, mit richtig alten Apfelsorten, von da aus sieht man über ganz Feldkirchen. Man kann dort tief Luft holen. Auch das Spirituelle gefällt mir im Krankenhaus Waiern gut. Egal, ob man römisch�katholisch, evangelisch oder ohne Bekenntnis ist, man wird immer voll aufgenommen. Ich habe bei Frau Harnisch (zuständig für die Pastoralen Dienste im Krankenhaus Waiern, Anm. d. Red.) einen Termin ausgemacht und gemeint, dass ich noch nicht wisse, was wir besprechen könnten. Sie antwortete: ,Wenn man dem Gespräch Raum und Zeit gewährt, ergibt sich das automatisch.' Genauso läuft es auch bei den psychologischen Einzelgesprächen. Man legt etwas von sich frei und findet sich selbst dabei wieder - Stück für Stück ... Das Krankenhaus, die Psychosomatik - das alles bedeutet für mich Freiheit, denn endlich kann ich wieder durchatmen! Eine Woche, bevor ich hierher gekommen bin, hat meine Nichte zu mir gesagt: ,Stolpern, aufstehen, Krone richten, weitergehen.' Genau das mache ich jetzt." Das Wohlfühlen der Patienten als Erfolgsprinzip Eng vernetzt arbeiten Therapeuten, Pfleger und Ärzte zusammen, um die Patienten der Akutgeriatrie im Krankenhaus Waiern wieder fit zu bekommen. Ein spezielles Entlassungsmanagement sorgt dafür, dass auch nach dem stationären Aufenthalt beste Versorgung gewährleistet wird. Eine feine Wachsschicht legt sich um eine zarte Hand - zuvor verkrampft, scheinen sich die Finger nach und nach zu entspannen und die Wärme zu genießen. Auf die Wachsanwendung folgt eine Behandlung, die für den Laien wie eine Massage aussieht, sich aber als gezieltes Feinmotoriktraining entpuppt: Ergotherapeutin Jasmin Joainig hält die Hand der Patientin und übt mit dem Daumen sanften Druck aus. "Ein Paraffin�Bad ist eine wirksame Behandlung gegen Schmerzen, zum Beispiel bei Arthrose�Patienten", erklärt sie die therapeutische Anwendung. "Man lässt das Wachs eine halbe Stunde einziehen. In Kombination mit dem Feinmotoriktraining wirkt die Therapie gut drei Tage nach. Die Haut ist verjüngt, die Hand idealerweise schmerzfrei, die Finger lassen sich besser bewegen." Seit eineinhalb Jahren ist die Ergotherapeutin im Krankenhaus Waiern tätig - ihr Aufgabenbereich ist vielfältig: "Gerade auf der Akutgeriatrie bezieht sich meine Arbeit auch auf den Jahreskreis. Wir dekorieren die Station nach den Jahreszeiten, kochen mit Patienten Marmelade ein, backen gemeinsam, gehen die Bauernregeln für den November durch ... ein ideales Hirnleistungstraining für die Patienten!" Auch beim Bingospiel, beim Sitztanz oder bei Singrunden finden die Patienten der Akutgeriatrie zusammen, um ihr Gedächtnis zu trainieren. "Im Schnitt sind die Patienten drei Wochen bei uns - oft nach einem Sturz. Da sind viele am Anfang bettlägrig. Hier sollen sie fit für zuhause gemacht werden, das gelingt uns meistens recht gut." Dass der Patient auch wirklich fit genug ist, stellt ein spezielles Entlassungsmanagement sicher. Christa Hinteregger zeichnet dafür verantwortlich. "Wir machen verschiedene Tests, um zu sehen, was der Patient nach der Entlassung braucht", erzählt die Pflegerin. "Zudem unterstützen wir die Angehörigen dabei, Pflegegeldanträge zu stellen und die passende Betreuung zu organisieren. Das Service des Entlassungsmanagements kann von den Angehörigen kostenlos in Anspruch genommen werden." "Die Arbeit auf den Stationen erfolgt interdisziplinär", erklärt Pflegedienstleiter Marko Buttazoni. "Therapeuten, Psychologen, Pfleger - es ist notwendig, dass sich alle vernetzen, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten." Im Team ließen sich die Patienten besser einschätzen und die gewünschten Ziele besser festsetzen. Im Vordergrund stehe immer das Wohlfühlen des Patienten. "Unsere Patienten müssen sich schon anstrengen - es gibt manche, die würden gerne den ganzen Tag nur sitzen, das geht aber nicht, wenn der Körper wieder fit werden sollen. Deswegen ist es so wichtig, dass sie sich bei uns wohlfühlen, das motiviert und fördert den Geist", meint Josefine Pliberschnig, Stationsleiterin der Akutgeriatrie. Physiotherapeutin Kerstin Tauscher scheint mit dem Motivieren kein Problem zu haben - Patientin Stefanie Bader macht am Trainingsgerät keine schlechte Figur: "Die Muskulatur baut im Alter als erstes ab, 15 Minuten am Trainingsgerät bringen schon recht viel", meint die Therapeutin. Ziele der Akutgeriatrie Physi ot h er a p eu t i n K er s t i n Ta u s c h er, E r g ot h er a p eu t i n J a s mi n J oai n i g , S t a t i on sl ei t er i n J o s ef i n e P l i b er sc h n i g u n d C hr i st a H i n t er eg g er, d i e f ü r da s E n t l as su n g s m an a g em en t v e r an t wor t l i c h zei c h n et , a r be i t en i m m er v er n et zt i m Te a m, u m ei n u m f ass en d es B i l d de r Pa t i en t en zu er h al t en . 26 Das Schöne bei der Arbeit auf der Akutgeriatrie, da sind sich die vier Krankenhaus�Mitarbeiterinnen einig, sei vor allem die Weisheit und das Erfahrungsgut der Patienten. "Davon nehmen wir sehr viel mit - und auch von der Höflichkeit, die wird hier wirklich noch großgeschrieben." 27 • Prävention, Diagnostik und Behandlung akuter Krankheiten . • Verbesserung der Lebensqualität bei chronischen Krankheiten. • Ganzheitliche Behandlung: Patienten werden bei Verdacht auf Depressionen oder Angsterkrankungen untersucht und therapiert. • Bei Bedarf können Patienten der Akutgeriatrie an speziellen altersgerechten psychosomatischen Nachbetreuungsgruppen teilnehmen. • Ein spezielles Entlassungsmanagement stellt sicher, dass die Patienten auch nach dem stationären Aufenthalt bestmöglich betreut werden. "Vorsorge sollte man ernst nehmen" Als Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie � führt Borbála Ilona Velosy im Krankenhaus Waiern täglich Gastro� und Koloskopien durch. Mit Hilfe der endoskopischen Untersuchungen können bei rechtzeitiger Vorsorge bösartige Erkrankungen verhindert werden. Ga st ro e nt e ro lo gin und He pa t o lo gin Bo rbá la Ve lo� sy in de n bra ndne ue n, ho c hmo de rne n Rä umlic hk e it e n de r Endo sk o pie im Kra nk e nha us Wa ie rn. 28 29 Die Vorstellung ist wohl für die meisten Patienten nicht gerade berauschend: Einen Schlauch in den Darm oder Magen eingeführt zu bekommen, der mit einer winzigen Kamera versehen ist, um nachzusehen, ob sich im Inneren eine Krankheit verbirgt ... en, Untersuchung zuschauen wollen", erzählt die Ärztin. Menschen über 50 Jahre sollten zur Kontrolle gehen. "Wenn alles in Ordnung ist, wird die nächste Untersuchung in zehn Jahren wieder empfohlen", so � Velosy. Und doch fasziniert die Endoskopie selbst Laien - nicht zuletzt deswegen, da mit dieser Untersuchungsmethode einer der häufigsten Krebserkrankungen der westeuropäischen Bevölkerung vorgebeugt werden kann. "Die Vorsorge wird von der Kasse gezahlt", erzählt � Borbála Ilona Velosy, Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie. Im Krankenhaus Waiern führt die routinierte Ärztin täglich Untersuchungen dieser Art durch. "Endoskopische Untersuchungen sind an und für sich unkompliziert. Bei vielen Patienten, vor allem bei jüngeren, wird der Eingriff ambulant durchgeführt, eine Vollnarkose ist in der Regel nicht notwendig, es wird meist nur ein Beruhigungsmittel verabreicht, das den Patienten locker und schläfrig macht. Es gibt aber auch einige, die bei der Soeben umgebaut, werden die gastroenterologischen Untersuchungen in brandneuen Räumlichkeiten durchgeführt. "Wir sind hier wirklich hochmodern ausgestattet", freut sich � Velosy. "Für die Patienten bedeuten die neuen Räume eine angenehme Atmosphäre, zudem verfügen wir über die neuesten technischen Geräte und den höchsten Hygienestatus. Die Topausstattung ist für das gesamte Team sehr motivierend!" Gereinigt wird das Endoskop übrigens in einem Gerät, das wie eine Waschmaschine anmutet. Eine Stunde dauert es, bis alles wieder für den nächsten Patienten bereitgestellt ist. Unbedingt zur Vorsorgeuntersuchung sollten Menschen mit folgenden M it Hilfe d er endoskop ischen G e r äte könn en Deta i ls im Inn er en des Kör per s am hoch auflösend en Bildschir m gen auesten s unte rsu cht wer d en. Beschwerden gehen: "Auffällige Symptome sind zum Beispiel unerklärbar wechselnder Stuhlgang oder Bauchbeschwerden, Blut im Stuhl, Schluckstörungen, blutiges Erbrechen oder ungewollte Gewichtsabnahme", erzählt die Fachärztin. "Einige geben im Vorfeld beim Hausarzt eine Stuhlprobe ab. Ist die positiv, muss � man genauer nachschauen", so Velosy. Meist werde in der Folge eine Gewebsprobe entnommen oder Polypen entfernt. Pro Jahr werden im Krankenhaus Waiern ungefähr 600 endoskopische Untersuchungen durchgeführt, jeweils 300 Gastro� und 300 Koloskopien. Dazu steht ein gut ausgebildetes Team von internistischen Assistenz� und Fachärzten zur Verfügung. "Die Empfehlung zur Vorsorge sollte man auf jeden Fall ernst nehmen. Angst braucht man nicht zu haben", so die Ärztin. "Der Eingriff ist - wie gesagt harmlos und für uns Routine und oft kann damit eine bösartige Erkrankung verhindert werden." Abstinenz und Einsicht 10.000 mal im Jahr HANSJÖRG SZEPANNEK 1997 wurde die Ambulanz de La Tour im LKH Villach eröffnet. Als niederschwelliges Angebot war sie in all den Jahren unverzichtbarer Bestandteil in der Behandlung und Therapie bei Abhängigkeitserkrankungen. Eine Besonderheit stellt die Führerscheingruppe der Ambulanz dar. Über 10.000 mal öffnete sich im Jahr 2012 für Patienten die Türe zur Ambulanz de La Tour im LKH Villach jedes Öffnen bedeutete für sie einen wichtigen Schritt auf dem Weg aus der Alkoholkrankheit. Seit 1997 gibt es die Ambulanz und die Nachfrage nach diesem niederschwelligen Angebot ist in all den Jahren stetig gewachsen. „Die Patienten kommen durch Zuweisung von Ärzten zu uns, hören von dem Angebot über Bekannte oder informieren sich via Internet“, so Hans Lengyel, einer der Ärzte der Ambulanz de La Tour. Besonders wichtig ist die direkte Anbindung ans LKH Villach. Viele der Patienten kommen von der Psychiatrischen Station in die Ambulanz. Gemeinsam wird mit allen die für sie passende Behandlungsform erarbeitet. Diese reicht von der ambulanten Entgiftung und Entwöhnungsbehandlung über Einzel� und Gruppentherapien, der Vor� und Nachbetreuung bei stationären Aufnahmen bis zur Beratung und Hilfestellung für Angehörige. Großes Augenmerk wird auch auf die Krisenintervention, insbesondere bei Rückfällen, gelegt. Die Gruppentherapien finden täglich statt, bis zu 40 Personen nehmen an diesem wichtigen Erfahrungs� und Informationsaustausch teil und helfen sich so gegenseitig. Zusätzlich gibt es alle zwei Wochen eine von der Ambulanz ins Leben gerufene Angehörigengruppe, die eine wertvolle Ergänzung des Angebots darstellt. Alkoholabhängigkeit wird auch die Medikamentenabhängigkeit behandelt. Zugenommen hat in den letzten Jahren auch der Anteil der Frauen an der Patientengruppe, ein Drittel der Patienten sind weiblich. „Angestiegen sind auch zu beachtende Zusatzerkrankungen, sogenannte Komorbiditäten. Zunehmende Bedeutung erlangen dabei vor allem Depressionen und Angsterkrankung sowie auch bipolare Störungen“, so Sonja Tiffner, die zweite Ärztin im Team der Ambulanz, zu dem auch Psychologin Sarah Scherr gehört. Neu entwickelt wurde an der Ambulanz die „Führerscheingruppe“. Das Angebot richtet sich an alkoholauffällige Menschen, die alkoholisiert ein Fahrzeug gelenkt haben und von der Bezirkshauptmannschaft zur Wiedererlangung des Führerscheins der Ambulanz zugewiesen werden. Die Gruppe gibt es nun seit einem Jahr, begonnen wurde mit drei Patienten, mittlerweile sind es 17 Lenker, die an der Gruppe teilnehmen. Die Gruppe wird von einer Verkehrspsychologin geleitet. Nicht die Abstinenz steht hier im Vordergrund, sondern die Einsicht, kein Fahrzeug zu lenken, wenn man getrunken hat. Vorteil dieses kärntenweit einzigartigen Angebots ist, dass man mit den Klienten tiefgreifender arbeiten kann als in herkömmlichen Settings. Somit steigen auch die Chancen, durch eine dauerhafte Verhaltensänderung ein Kraftfahrzeug zukünftig nur mehr in nüchternem Zustand zu lenken. In den ersten Monaten kommen die Patienten wöchentlich in die Ambulanz, die Behandlungsdauer erstreckt sich über Monate, wenn notwendig auch über Jahre mit größer werdenden zeitlichen Abständen. Neben der 30 31 Ambulanz de La Tour • Das Angebot der Ambulanz de La Tour im LKH Villach umfasst Beratung für Betroffene, Entgiftungs� und Entwöhnungsbehandlung, Einzel� und Gruppentherapie, Vor� und Nachbetreuung, Krisenintervention, Angehörigen� und Sozialberatung. • Ambulanzzeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag: 8:30 bis 14 Uhr. Mittwoch: 8:30 bis 13 Uhr. • Gruppentherapie: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag: 13 bis 14 Uhr. Mittwoch: 19 bis 20 Uhr. Angehörigengruppe: jeden zweiten Montag: 18:30 bis 20:30 Uhr. • Team: Primaria Dr. Renate Clemens�Marinschek (Ärztliche Leitung), Dr. Hans Lengyel, Dr. Sonja Tiffner, Mag. Sarah Scherr und Silvia Prochiner. Alkoholambulanz de La Tour Spittal/Drau • • Die im Auftrag der Felix�Orasch� Stiftung gegründete Alkoholambulanz Spittal eröffnete 2012 mit dem Ziel, das Beratungsangebot für Menschen mit Alkoholproblematik im Raum Oberkärnten zu erweitern. Angebotsschwerpunkt: Beratung und Unterstützung für Erwachsene (inklusive Vorbereitung auf die stationäre Therapie und Nachbetreuung) sowie für junge Menschen mit riskantem Alkoholkonsum. • In den selben Räumlichkeiten ist auch eine Außenstelle der Spielsuchtambulanz Villach untergebracht. • Team: Univ.�Prof. Dr. Herwig Scholz (Ärztliche Leitung), Mag. Jutta Trzesniowski, DSA Norbert Abesser, Gundi Kaller Prävention und Therapie für Jugendliche und Erwachsene HANSJÖRG SZEPANNEK Alarmierende Zahlen: Immer mehr Menschen entwickeln Abhängigkeiten, die sie ohne professionelle Hilfe nicht mehr in den Griff bekommen. Im Auftrag und finanziert von der Felix�Orasch�Stiftung bietet die neue Alkoholambulanz de La Tour Spittal/Drau kostenlose und anonyme Hilfe an. Die Alkoholkrankheit betrifft meist Erwachsene, somit liegt der Angebotsschwerpunkt der Beratung und Therapie in der Erwachsenenarbeit dennoch darf nicht vergessen werden, dass viele ihre Abhängigkeit bereits in Jugendjahren entwickeln; deswegen setzt die Alkoholambulanz de La Tour Spittal auch verstärkt auf Jugendarbeit. Mit dem Sozialarbeiter und Gruppentrainer Norbert Abesser und der Psychologin Jutta Trzesniowski finden junge Menschen mit riskantem Alkoholkonsum in der Alkoholambulanz erfahrene Fachleute. Die Projektentwicklung durch den Vorstand der Felix�Orasch�Stiftung, Universitätsprofessor Herwig Scholz, Psychologin Jutta Trzesniowski und Sozialarbeiter Norbert Abesser zog sich über mehrere Jahre, galt es doch, ein völlig neues Konzept zu erarbeiten und umzusetzen. „In den letzten Jahren gab es eine dramatische Zunahme von Suchterkrankungen. Wir wollten ein Angebot schaffen, das nicht nur Erwachsene, sondern auch die Jugend erreicht“, so Universitätsprofessor Herwig Scholz. Das Wort „Ambulanz“ (lat.: ambulare ‚gehen‘) wird in seiner ursprünglichen Form verstanden. „Wir gehen wirklich zu den Leuten“. Wie das konkret aussieht, beschreibt Trzesniowski: „Der Erstkontakt mit Jugendlichen kann auch über SMS erfolgen. Ein Treffpunkt, auch im Park, wird vereinbart. Wir gehen auf die Jugendlichen zu und wir gehen mit ihnen. Auch wortwörtlich, denn im Gehen lässt sich vieles leichter besprechen.“ „Wir sind aber keine coolen Freunde, sondern professionelle Begleiter, die mit den Betroffenen neue Wege gehen und somit neue Handlungskompetenzen erarbeiten“, ergänzt Abesser. Dazu gehört auch einmal ein Besuch zu Hause - dem Besuch im Jugendzimmer geht aber ein langer Vertrauensaufbau voraus, sonst wäre es ein Eindringen in die Intimsphäre. Nur was von den 32 Ju tta Trz es n i o w s ki u n d N orb ert Ab es s er g eh en i n i h rem Arb ei ts al l ta g vers tärkt au f Ju g en d l i ch e z u . D as An g eb ot d er Al koh ol am b u l an z d e La Tou r Sp i ttal /D rau ri ch tet s i ch ab er au ch an E rw ach s en e. Betroffenen gewollt wird, wird auch gemacht. Anders als bei alkoholabhängigen Menschen ist bei den Jugendlichen nicht eine Abstinenz das Ziel, sondern das Durchbrechen des ganz normalen „Alk�Wahnsinns“ am Wochenende. Getrunken wird nicht, weil man süchtig ist, getrunken wird, weil es normal ist, weil Probleme kleiner werden und weil Jugendliche oft einfach nichts anderes kennen. Diese riskante Mischung kann der Beginn einer Bewegung nach unten sein. Ziel der Arbeit ist es, ein Problembewusstsein zu schaffen, das Blickfeld zu Erweitern und neue Handlungsstrategien aufzubauen. „Jugendliche haben oft nicht einmal eine Idee, was sie außer ‚Party‘ am Wochenende machen könnten, sie haben 33 nichts anderes gelernt,“ so Abesser und Trzesniowski. Auch hier setzt das Angebot an; neben Gesprächen spielen erlebnispädagogische Elemente eine wichtige Rolle, um sich in der Welt auch anders zu spüren. In den seltensten Fällen kommen Jugendliche direkt in die Ambulanz, der Kontakt läuft über Umwege. Freunde, Familien, Arbeitgeber – ihre Verantwortung und ihr Verständnis spielen hier eine wichtige Rolle. Wie hoch der Bedarf an einer solchen Beratungsstelle ist, zeigt sich daran, dass man schon ohne mediale Bekanntmachung des Angebotes voll ausgelastet ist. Mit Menschen für Menschen Zu zweit ist weniger allein Ganzkörpertraining erleichtert Alltag JÜRGEN CEPLAK Menschen sind genau wie Tiere. Oder Tiere sind wie Menschen. Manche haben gern Gesellschaft, manche sind gern allein. Es gibt Einzelmenschen und Einzeltiere. Wenn man alleine ist, muss man eine Partnerin suchenaber man muss nicht. Erst muss man sie fragen, und dann kann man etwas unternehmen. Sich etwas ausmachen: wann ist der Treffpunkt, vielleicht um Drei oder Vier. Dann kann man sich treffen, im Kino oder am Sportplatz oder im Wald, dann kann man Gemeinschaft kaufen. Alleine ist einsam und traurig. Aber manchmal will man sich zurückziehen. Wenn Du Dich zurückziehst, kannst Du im Bett liegen, Zeitung lesen oder Computer spielen oder eine CD hören. Beim Hinlegen will man alleine sein und keinen Lärm haben, es soll kein Wirbel sein. Wenn man einsam ist, kann man in die Natur gehen und Vogelgezwitscher genießen oder dem Rauschen von Fluss und Wasserfall zuhören, den Stimmen des Windes lauschen. Du bist einsam, ein Einsiedler, Einzelgänger und Du bist sehr arm und von der Welt abgeschnitten. Lässt den Kopf hängen und saufst einen Liter Bier, ein runterschlappernder Körper. Du schläfst mit dem Kopf am Tisch, arbeitest nicht und du bist faul. Die Welt ist verkehrt - eine Bande von Gangstern ein Bindestrich im Kopf keiner in der Natur kein Mensch und kein Tier, nur Dunkelheit. Wissen Sie, wie viele Muskeln ein Mensch besitzt? Es sind über 400! Diese gehören, um fit und beweglich zu bleiben auch regelmäßig trainiert. Gezieltes Training ist gerade für Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen wichtig, daher steht für das David-Zentrum 2 ein Ganzkörpertrainingsgerät, das zur sensorischen Steuerung von Haltung und Bewegung dient, ganz oben auf der Wunschliste. „Ein großes Anliegen ist es, die Bewegungsfähigkeit unserer Klienten zu verbessern bzw. zu erhalten", erzählt Achim Seebacher, Teamleiter des Förderbereiches, „eine gezielte Bewegungs- und Sporterziehung begünstigen nicht nur die motorischen, sondern auch die kognitiven Lernprozesse. Dies führt zu einer Verbesserung der Gesamtpersönlichkeit.“ Leider ist dieses Gerät nicht gerade billig, mit Hilfe einer Spende wäre eine Anschaffung jedoch möglich. N och erh äl tl i ch : D er Ku n s tkal en d er d e La Tou r 2013 - g es tal tet m i t b eei n d ru cken d en Werken d er Kü n s tl er d es Treffen er Atel i ers d e La Tou r. 34 In Deutschland: Stadtsparkasse Freudenberg, Kto. 70000971, BLZ 46051733 IBAN: DE68 4605 1733 0070 0009 71 und BIC: WELADED1FRE lautend auf Diakonie de La Tour gemeinnützige BetriebsgesmbH Danke für Ihre Spende! Sollten Sie Fragen zu Spenden sowie Spendenabsetzbarkeit haben, richten Sie diese bitte an P rei s : 20 E u ro, z u z ü g l i ch Vers an d kos ten . Mic ha e l Hel t au b ei sei n em A u f t r i t t . Mit de m E r l ös d er B en ef i zG al a wi r d e in Kuns tt h er a p i ep r oj ekt f ü r K i n d er mit G e w a l t er f ah r u n g en f i n an zi er t . Volksbank Feldkirchen/Kärnten, Kto. 3006608-0012, BLZ 42600 IBAN: AT20 4260 0300 6608 0012 und BIC: VOFFAT21XXX lautend auf Diakonie de La Tour gemeinnützige BetriebsgesmbH Ihre Spenden an die Diakonie de La Tour gemeinnützige Betriebsges.m.b.H. sind in Österreich absetzbar. Unsere vom BMF erteilte Registriernummer für Spendenbegünstigung lautet: SO 1315. "Wir spielen immer - wer es weiß, ist klug." Künstlern aus dem Atelier de La Tour mit der Schauspielerin und Regisseurin Katrin Ackerl�Konstantin gestaltet wurden, verfehlten nicht ihre besondere Wirkung auf den Betrachter. Nach dem Kunstgenuss lud das ehemalige Weingut der Gräfin Elvine de La Tour zu einem Glas seines „LesEntfants"�Weins ein. Serviert wurde der prämierte Wein von Lehrlingen, die eine integrative Berufsausbildung in der Diakonie de La Tour absolvieren. In Österreich: Sparkasse Feldkirchen/Kärnten, Kto. 0000-040006, BLZ 20702 IBAN: AT42 2070 2000 0004 0006 und BIC: SPFNAT21XXX lautend auf Diakonie de La Tour gemeinnützige BetriebsgesmbH In der Schweiz: PostFinance Die Schweizerische Post, Kto. 80-54843-5, BLZ 9000 IBAN: CH10 0900 0000 8005 4843 5 und BIC: POFICHBEXXX lautend auf Evang. Diakoniewerk Waiern Michael Heltau beeindruckte Publikum bei BenefizGala in Villach Die Bühne als Lebenselexier, wenn das in besonderem Maße für jemanden gilt, dann für Michael Heltau. Wer die Gelegenheit hatte, den Doyen des Wiener Burgtheaters im Congress�Center Villach mitzuerleben, dem wird dieser Abend lange in Erinnerung bleiben. Der Kammerschauspieler las Amüsantes und Nachdenkliches, Poetisches und Heiteres aus der Feder österreichischer Autoren und fesselte die Anwesenden mit beeindruckendem Repertoire und besonderem Charme. Über den Reinerlös der Benefizgala dürfen sich Kinder mit Gewalterfahrungen aus dem Haus Herrnhilf der Diakonie de La Tour freuen, denn damit kann das KunstTherapieProjekt „Pantomime mit Caroline Koczan“ weitergeführt werden. Ein weiteres Highlight: Eindrucksvolle Masken, die von den Künstlerinnen und Unsere in� und ausländischen Spendenkonten: Bes tel l u n g en u n ter a tel i er@ d i akon i e�d el a tou r. a t Dr. Günther Karner T 0463 32303�306 oder guenther.karner@diakonie�delatour.at 35 Absender: Diakonie de La Tour gemeinnützige Betriebsgesellschaft m.b.H. Harbacher Straße 70 A 9020 Klagenfurt am Wörthersee Österreichische Post AG / Sponsoring.Post GZ: 05Z036249 S wohnbar besser... Ihr Partner für Solar · Bad · Heizung · Service St . 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Redaktion: Gudrun Zacharias MA, Mag. Hansjörg Szepannek, Elisabeth Schusser, Christian Otto Wissounig, Dr. Günther Karner, Mag. Nikolaus Onitsch. Fotos: Gerhard Maurer, Adrian Hipp (S.32 unten). Druck: Satz� und Druckteam. www.diakonie�delatour.at © 2013 Diakonie de La Tour Auf Grund der leichteren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsneutrale Schreibweise verzichtet.