Drei Kontinente mit der Cessna 185 - godly
Transcription
Drei Kontinente mit der Cessna 185 - godly
SE -~ e-o Godly :. :J =:::5: - rude Godly ie neusten Ferienvorschläge von Gattin Trude begeistern diesmal sofort. Sie will den ordpol, die Falklands und den Fluss _- zer ehen. Der Rest sei für mich. Fein - ich ~ mir auf der Stelleein Buch über die Anden, d wir absolvieren einen sechsmonatigen Crashkurs in Spanisch. Im Juli fliegen wir unsere Cessna 185 von Hausen am Albis via Tromsoe, Spitzbergen, _.ordpol und Ellesmere- Island nach Resolute im nördlichsten Kanada. Von da über Alaska und Oshkosh nach Atlanta, wo wir den Flieger bis Dezember hangarieren, um im Januar weiterzufliegen: zunächst in die Karibik, nach Venezuela, Brasilien, über die Anden nach Peru, weiter nach Chile, Argentinien, auf die Falklands, nach Brasilien, trans atlantisch nach Senegal, _Iali, Tiger,Libyen und zurück über die Alpen in die Schweiz. So ists geplant, und so hat jeder, was er will. Atlanta empfangt uns mit Donnerwetter und Hagelkörnern in Olivengröße. Aus Europa hat Trude einen gewaltigen Schnupfen und Husten mitgebracht. Es kann nur besser werden. Wir starten am 29. Dezember Richtung Süden. unser erstes Ziel sind die Bahamas. Ein Direktflug nach Havanna ist aus den USA für einflieger nur mit enormem Aufwand mög..eh. Doch dafür lohnt sich der Umweg über . -assau fliegerisch: Man sieht die Perlenkette der •-. iro Licht des Sonnenuntergangs. Nassau ist amerikanisch-laut, aber britisch-einfach und ~end billig. Der Flugplan nach Havan- " eine Saehe von einigen Minuten, das Wet_ '0 - ••have a good flight.« :-. . absolut lliegenswert! Wir landen in Ha--~ -= betreten eine neue Welt. Die Abfer.:_~ ':"""er: einen Bruchteil der Key- West:!Ie . d nett. Gewöhnen Sie sich =,=~~~;.c - 300 . 500 1.; -Dollar pro ~==_,~- 6/2 07 Drei Kontinente mit der Cessna 185 Tanz auf dem Die europäischen Alpen haben interessante Geschwister - in Südamerika: Die Überquerung der Anden ist ein Wagnis für Piloten. Die Schweizer Trude und Reto Godly, bekannt für extravagante Flugabenteuer, haben diesen Ritt gewagt. Doch auch sonst war die Reise Nordpol-Karibik-Südamerika-Afrika-Schweiz nicht ereignislos - 16-stündige Atlantiküberquerung inklusive Ikan __latz, und Sie haben den Gegenpol der USA , :. Der Preis ist verhandelbar. Man erhält _ arische Handling Services, einen Ordner - - " 'etter, lokalen NOTAMs und Flugplan'ichtige Informationen werden mit -- " markiert. Das touristische Erlebnis ist für uns einmalig, ein Höhepunkt der ganzen Reise. Musik, Sinnenfreude, Lebenslust trotz Armut. Ich kaufe heimlich eine Kiste Cohibas, Trude straft mich dafür mit einem akrobatischen Sturz von der edlen Treppe des kubanischen Capitols. über Santiago de Cuba rein in die karibische Welt. Es gibt ungezählte Flugplätze. Pro Landung sind zwar bis zu sechs General Dedarations nötig, vermutlich auch für die Toilettenfrau, dafür braucht es kaum Visa und Permissions. So wird das Inselhüpfen zu einem kurzweiligen Vergnügen. Port-au-Prince auf Haiti macht einen einladend friedlichen Eindruck - aus der Luft. Puerto Rico ist Los Angeles auf einer Insel, völlig zugebaut. Wir landen in Roadtown auf den British Virgin Islands. Hier geruht mein Pen-Tablet-Computer, auf dem alle IeppesenAnflugkarten geladen sind, auszufallen. Ich weiß, ich weiß, man soll sich nie ... Aber nur zehn Flugminuten entfernt liegt ja St. Thomas auf den US- Virgin- Islands. Dort gibt's Avgas und ein Fedex-Büro auf dem Vorfeld. ichts wie hin. Unser US-Visum schlummert zwar im zweiten Pass zu Hause, aber wir werden eine »Technical landing« machen, den Computer nach Texas schicken, auftanken, und hasta la vista! 6/2007 www.fliegermagazin.de 47 ISE - - echte Idee, ganz schlechte Idee. Der Zoll :=l eben doch, der Officer beginnt mit »I - e law«, und wir wissen: »We've got a pro- -=-""""' \ 'ir haben's überlebt, werden aber unser :=~ in Alaska verkaufen ... ."ia t Eustatius nach Canouan. Ab hier wirds - nächster Stop ist Süd amerika. '.-enezuela. Wir landen in Margarita, dann in cas Oscar Machado, Ciudad Bolivar und in aima, bei den berühmten Angel Falls. iegerisch keine Herausforderung: Das Wetschön, die Flughafengebühren stehen im uter, teuer sind die Streckengebühren, das _-c:g kostet erholsame 61 Cent pro Liter. Es :::- - unglaublich viele Airstrips. Für Landungen : unkontrollierten Plätzen benötigt man von x Luftfahrtbehörde eine Erlaubnis. In Caracas herrscht ein Klima der Gewalt, Kriminalität ist omnipräsent. Wir werden gebe- _das Hotel nicht zu verlassen, nur mit Freun=-= im Auto zum Essen zu fahren. Jeder ist --' on mal bestohlen worden, auf der Straße, im _--..:.:. o. Man stirbt leicht in Caracas. Wohl fühlen - - uns dafür im Dschungel von Canaima. Und obwohl wir kurz vor den Angel Falls wegen _-e el die berüchtigte Umkehrkurve einleiten mü en. Wir lernen die »Harnaca« kennen, die Hängematte! Gemäß Gabriel Garcia Marquez - rerden in der Hängematte Geschichten ge- -' ieben und Familien gegründet. Wir wissen :::m: Es stimmt alles. 'eiterflug nach orden, nach Ciudad Guyaaa, für das letzte günstige Avgas und den Zoll. _-ein, es gibt kein Benzin. Der Nachschub fehlt s - Tagen. Ein übellauniger Franzose hadert mit dem chicksal. Eine zartbittere Schweizer Scho~- lade findet den Tankwart, und 357 Liter Sprit ~ •••••. Iltiegermagazin.de 6/2007 fließen zwanglos in unsere Tanks. Lebenswichtige Südamerika -Weisheit: Kleine Gefälligkeiten mit freundlichem Lächeln öffnen den Himmel. In 6:28 Stunden fliegen wir über den gebirgigen Süden Venezuelas nach Manaus, Brasilien. Die Strecke ist bekannt für Turbulenzen und konvektive Wolken. Unter uns zum ersten Mal Urwald, das heißt über Stunden einen Baum am anderen. Selten mal kleine kreisrunde gerodete Flächen, mittendrin ein großes Indianerhaus. Keine Straßen, kaum ein Fluss in der Nähe. Menschen in ihrer Welt. Manaus, Brasilien: tiefe Wolken und Regen. Der Tankwart kommt. Große Freude, denn der Tank ist ziemlich leer. Doch die währt nicht lange, als ich den Preis vernehme: 2,30 US-Dollar der Liter! Für unsere nächsten Legs bis zur Küste Perus benötigen wir 1000 Liter, bar zu zahlen. Für alle Brasilienreisenden: Ausländer können oft zollfrei tanken, dann liegt der Avgaspreis bei 98 US-Cent pro Liter. Unbedingt nachfragen und insistieren, eventuell einen anderen Anbieter wählen oder zum nächsten Airport weiterfliegen. Petrobras nehmen statt Shell. Brasilien ist administrativ grauenhaft. Dagegen ist Indien ein Kindergeburtstag. überall stehen modernste Computer, tummeln sich herrlich dynamische, schöne, junge Menschen. Keiner scheint aber zu wissen, was der andere tut. Und keiner spricht Englisch oder Spanisch. Wir warten vor unzähligen Büros, sammeln Papiere, Stempel, Kopien, Autorizationes, Receitas, Admissiones, scheitern an immer den gleichen Security-Schranken mit den gleichen uniformierten Damen, die immer wieder den Durchgang verwehren, da wir das Papier nicht haben, das hinter der Schranke ausgestellt wird. Manaus bleibt kein Einzelfall. Jeder brasilianische Flugplatz ist für jeden Piloten eine Zumutung. Jedoch: Das Fliegen selbst ist wunderschön, den Terror und die hohen Preise wert. Abflug Richtung Cruzeiro do Sul im äußersten Westen Brasiliens. Wir sind schwer. Zwischen Manaus und Trujillo in Peru gibt's kein Avgas. Bei 1000 Fuß AGL leveln wir aus. Wir wollen für das totale Urwalderlebnis über den Amazonas fliegen. Aus nächster Nähe sehen wir den Zusammenfluss des Rio Negro mit den heilen Wasserrnassen des Amazonas. Dann beginnt der Dschungel. Trude fotografiert jeden Baum ehrlich. Das geht Stunden. Ich halte nur nach Notlandemöglichkeiten Ausschau: kleine Flussläufe, Tümpel. Sie sind selten genug. Aber dort wäre ein notgelandetes Flugzeug wenigstens zu sehen. Im Dschungel selbst würde man durch die hohen Wipfel stürzen, zu Boden fallen und sich in der dunklen Tiefe verlieren. Da hilft auch kein GPS mehr. Unsere Notausrüstung ist ganz anders als in Alaska: Hängematte, Machete. Ich hasse Spinnen, Schlangen, giftige Insekten und sich in die Harnröhre bohrende Fische. Und die gibt's da unten - ich habe Rüdiger Nehberg gelesen! Regenzeit: Die letzten zwei Stunden hat sie uns erwischt. Die Füße im Cockpit werden nass. Ich bange um die Elektronik. Es prasselt und schüttelt und endet nach 9:20 Stunden mit einem VOR-Approach in Cruzeiro do Sul. Wir sind erledigt und erhalten die Suite im größten Hotel der Stadt, Stil Jugendherberge. Trude hustet wieder. Am anderen Tag Start nach Pucallpa in Peru. Nach einer halben Stunde schickt man uns zurück, unsere Erlaubnis gelte erst in zwei Tagen. Wir verlieren eine Stunde Benzinreserve. Telefon mit Flight Service International (FSI) in Baden-Baden: Bitte sofort umdisponieren. Tun sie auch. Unsere Taxifahrerin und Geldwechslerin ist die resolute Gigi. Trude hustet. Gigi schaut mich vorwurfsvoll an, fahrt direkt ins Spital, pflügt sich durch die Indiomenge, sagt dem überarbeiteten jungen Doktor, was sie von ihm erwartet, schleppt Trude zum Dschungelröntgen und hält mir triumphierend das Röntgenbild mit der Lungenentzündung unter die Nase. In Cruzeiro do Sul verliere ich mein Gesicht - ich bin Lungenarzt. Am anderen Tag eine Stunde Flug nach Pucallpa in Peru. Hier ist alles einfacher. Keine Computer mehr, keine schönen Frauen. Alles sieht armselig aus: staubig, die Straßen sind schlecht, das Essen bescheiden. Wir treffen Iack Sluiter von der South America Mission und erhalten von ihm 50 kostbare Liter Avgas.Der Flug zu seiner Basis weit außerhalb Pucallpa wird uns allerdings nicht gestattet. Wir schleppen einen unserer Gurnmitanks zwei Stunden lang über holprige Straßen. Dann ist die Benzinreserve für den Andenflug wieder komplett. Jeder Kleinflieger begegnet den Alpen mit Riesenrespekt. Die Anden aber sind viel breiter, viel höher, ihr Wetter viel hinterhältiger. Sie beschäftigen unser Denken deshalb seit Tagen. 6/2007 www.fliegermagazin.de 49 REISE Es gibt kaum Wetterstationen und nur wenige Flugplätze. Wir werden die GRID MORA (Minimum off-reute Altitude) von 20000 Fuß nie schaffen. Und die gilt nur für die niedrigste Passage im Norden Perus. Ein lokaler Dschungelpilot gibt wertvolle Ratschläge: »Frühmorgens starten und nie, niemals in Wolken einfliegen!« So neu klingt das nicht. Wir sind frühmorgens am Flugplatz, zahlen 130 Dollar Landegebühren, checken ein Satellitenbild mit einer Riesen-Zelle südlich unserer Route und einige harmlose METARs, TAFs gibt es nicht. Unsere Route führt U -förrnig zunächst nach Iorden. Dort sind die Berge weniger bedrohlich, und es schlängelt sich auch eine der seltenen Ost- West-Straßen durchs Gebirge. Sie passiert den Flugplatz [aen, unseren Ausweichplatz bei Schlechtwetter, und könnte als Führungslinie und Notpiste dienen. Mühseliger Anstieg auf Flight Level (FL) 115, wir fliegen noch über dem Dschungel, drehen jetzt nach Westen, sehen ein nur dünnes Wolkenschichtchen vor uns und - wusch! - solid IMC. Unter uns liegen die »Voranden«, wir fliegen in sicherer Höhe. Die großen Brocken liegen hinter [aen, Nach 45 Minuten IMC sind wir über [aen. FL 130, OAT zehn Grad, MORA 20000 Fuß. Ich bereite mich auf einen engen Abstieg über dem VOR vor, da meint Trude plötzlich, sie sehe den Flugplatz und die Straße, die uns durch die Bergketten lotsen kann. Die Straße verschwindet zwar bald wieder unter Wolken, aber wir fliegen nun mit herrlicher Sicht zwischen zwei Schichten. Dass die MORA kein Hirngespinst einiger Bürotheoretiker ist, sehen wir hautnah. Gewaltig schroffe Felswände links und rechts machen uns zum kleinen Floh. Allerdings zum hoffnungsfrohen Floh, denn im fernen Westen öffnet sich blauer Himmel. ach 5:29 Stunden landen wir in Trujillo an der Küste. Die erste Nuss ist geknackt! Wir genehmigen uns das beste Hotel und ein opulentes Dinner. In Peru ist Fliegen einfach, aber teuer. Eine Erlaubnis ist nötig. Die fixen Gebühren sind kürzlich um 3000 Prozent (!) gestiegen und für einheimische Piloten nun unerschwinglich. Die GA-Flotte umfasst noch knapp 70 Flugzeuge. Avgas ist deshalb nur noch an wenigen Orten erhältlich. Wir landen in Lima und lassen den Flieger für einige Tage einsam mitten auf dem riesigen Apron stehen. Für Cuzco und Macchu Picchu ist ihm die Luft zu dünn. Dann geht's weiter nach Nazca, wo wir uns über die berühmten Figuren mogeln. Selbst-Fliegen ist nur mit Sondergenehmigung für Hunderte von Dollars möglich. Hier lässt man sich fliegen, deshalb ist auf dem kleinen Platz die Hälfte der peruanischen GAFlotte stationiert. Einflug nach Chile via Iquique ganz im Norden. Der sehr nette Beamte spricht eine bekannte Sprache und rät uns, für 20 Dollar eine Freikarte für alle chilenischen Flugplätze zu kaufen. Ich beginne zu weinen. Avgas?No problem. Bezahlen mit meiner BP-Karte? No problem. www.fliegermagazin.de 6/2007 Piloten aller Länder: Fliegt nach Chile! Hier hat man alles:Alaska, Schweiz, Chile, Sahara, Aspen, Kamtchatka. Es ist unglaublich, herzergreifend, intensiv, faszinierend, bestürzend. Und die Leute haben auch noch eigenen Wein. Wein! Wir fliegen viel zu schnell durch dieses unendlich lange Land. Landeplätze: La Serena, wo wir zufällig andere Erdumflieger treffen, Pucon (das Aspen von Chile), Puerto Montt und Castro auf der Insel Chiloe, wo es die meisten Holzkirchen pro Einwohner gibt. Die Gegend ist brisant. Auf dem Weg nach Pucön fliegen wir entlang einer stellenweise rauchenden Vulkankette. Eine Szenerie wie aus einem kitschigen ScienceFiction- Film. In Castro haben wir das Gefühl, dass der Süden des Kontinents so quasi »um die Ecke« liegt. Weit gefehlt. Jetzt kommt nämlich der gehaltvolle Teil der Südroute. Bis zum Cap Horn ist die Westküste Südamerikas ein filigranes etz von Inselchen, Fjorden, Gletschern und miserablem Wetter. Wir schaffen den berühmten San Raphael Gletscher mit Würde, er wird buchstäblich wegfotografiert, und suchen uns einen Weg durch die Täler Richtung Cochrane auf der östlichen Seite der Andenausläufer. Piste 07 wegen der grellen Sonne. Der Platz liegt hinter einem Berg. Der Anflug wird der steilste meines Lebens. Vollgas vorm Touch-down. Knall an der Motorhaube, und ein Riesenvogel ist nicht mehr. Dafür dreht unser Propeller immer noch. Hotel? Unmöglich. Morgen kommt der Präsident. Wir erhalten im kleinen Airport eine Zwei-Zimmer- Wohnung gerade neben der Piste, Diensthund inbegriffen. Von Cochrane gen Süden nach Puerto Natales. Und wieder ein Superlativ: der windigste Trip im Langzeitgedächtnis (wir ahnen nicht, dass dies nur ein Vorspiel auf Afrika ist). Unsere Groundspeeds reichen von 70 bis 150 Knoten. Die Wolkendecke drückt uns tiefer und tiefer in die Täler. Die Orientierung ist zeitweise schwierig, es gibt von dieser Gegend keine VFRKarten. Um die Option einer Umkehrkurve zu garantieren, fliege ich dicht an den Talrändern und gerate in mörderische orographische Winde. Mir wird übel. Zum Glück habe ich AlaskaErfahrung. Als Tiefflieger lebt man zwar unruhiger, dafür ereignisreicher als ein FL-340er. Dann überfliegen wir Villa O'Higgins, und es kommt die rettende Ostseite der Cordilleren. Oh simple Einfalt. Hier lauern sie, die CATs (Clear Air Turbulences): Bei herrlicher Sicht stellt sich der Flieger in einer Sekunde hochkant, geht über in den Sturzflug, hat plötzlich 10 000 Fuß Steigrate. macht Saltos, fliegt rückwärts. Ich kämpfe mit Haltung um Höhe. Botschaft an Fliegerkollegen: Die herrliche Gegend hats in sich! Aufpassen. Landung in Puerto Natales mit 47 Knoten Gegenwind. Helikopter-Feeling zum Preis einer Einmotorigen. Es folgt ein interessantes Sightseeing. Wir stehen meistens schräg. Den Kanutrip lehnen wir dankend ab. Weiter in die Schafzüchterstadt Punta Arenas: historisch, Pinguine, windig. Wir besuchen den eindrucksvollen Friedhof. Nein, wir sind nicht todessehnsüchtig. In Südamerika sind Friedhöfe »in«, ein Kulturgut. Der Flieger steht im Hangar. Kostet zwar 100 Dollar pro Nacht, aber wir schlafen ruhiger. Von Punta Arenas nach Ushuaja, Argentinien. Die südlichste Stadt Südamerikas. Ziel wilder »Expeditions«-Kreuzfahrtschiffe. Jedes Haus ein Souvenirshop. Fliegerisch ist Argentinien so einladend wie Chile, Landegebühren zwischen null 6/2007 www.fliegermagazin.de 51 REISE l7 Dollar. Es ist ärmer und komplizierter als . e, aber im Vergleich zum übrigen Südamerika immer noch ein Paradies. Avgas ist schwierizer zu kriegen. Die lokalen Aeroclubs geben - nicht gerne fremden Fliegern. Falklands. Trude wollte hierher. Bitte sehr. Im _.achhinein will sie nie mehr hierher. Was eientlieh alles sagt. Die Menschen, ihre Haltung Fremden oder Touristen gegenüber, die Falklandkrieg-Glorie, die idiotischen Preise machen die Falklands zu einem touristischen No-go. Wir mussten für die Durchflugerlaubnis Papiere unerzeichnen, die unser Anwalt als »Verkauf der eele« beschrieben hat. Man ahnt, warum der einheimische Taxifahrer davon träumt, sich in Chile zur Ruhe zu setzen. Wirklich super hingegen sind die Königs- Pinguine und die Rockhoppers auf Liens Island. Dort landet man übrigens auf einer antarktischen Wiese. Trude ist zufrieden, und das macht den Besuch der Falklands auch für mich zu einem positiven Erlebnis. Zurück nach Argentinien. Nach 5:54 Stunden sind wir in Commodoro, am nächsten Tag in Buenos Aires. Wir fliegen über unendlich viele herrschaftliche Haciendas. Unter uns verfolgen Rennkühe unseren Schatten. Die Besitztümer werden dichter und luxuriöser, je näher Buenos Alles rückt. Der Controller gibt die Freigabe nach San Fernando Airport, dem GA-Flugplatz von Buenos Aires. »Habla espaii.ol?« Der Rest ist Maschinengewehr. Liebe Pilotenkollegen: kein Südamerikabesuch ohne Landung in Buenos Aires. Punkt. Jetzt sind wir auf der Heimreise. In meinem Kopf gibt's nur noch das Thema Natal-Dakar, Die Foz de Iguacu nehmen wir so quasi neben- . ·egermagazin.de 6/2007 bei mit. In Belo Horizonte spielt die brasiliani sche Administration wieder mit uns, ebenso in Aracaju, wo der Tankwart natürlich noch nie von zollfreiem Benzin gehört hat. Am 17. Februar kommen wir in Natal an. Eine sehr schöne Altstadt, herrliche Stranddörfer. Alles gut und schön. Vor uns liegt die zweite harte Nuss. Für mich gibts nur noch die Innertropische Konvergenzzone (ITCZ), Windrichtungen und maximales Abfluggewicht. Nach Dakar plane ich 16 Stunden. In dieser Zeit kann sich nicht nur die ITCZ und die Windrichtung ändern, sondern die ganze Weltgeschichte. ur das exklusivste Hotel ist gut genug. Wir verwöhnen uns und sind noch netter zueinander. Alle 15 Minuten kontrolliere ich die Satellitenbilder. In den frühen Morgenstunden ist die ITCZ am schwächsten. Dann müssen wir durch. Mit unserem Gewicht können wir uns keine Turbulenzen leisten. Ich sehe ein Riesenproblem: Wie kann ich während dieser langen Flugzeit Wetter-Updates erhalten? Hier beginnt die Phase Draxler. Unsere Freunde Franz und Daniel Draxler in Düsseldorf übernehmen den Flight Watch. Sie wollen uns die ganze acht über via Satellitentelefon auf dem Laufenden halten. Ich werde deutlich ruhiger. Einen Zwischenhalt auf San Fernando de Noronha zum Umladen unserer Gummitanks verweigert man uns. Ich will keine weitere Diskussion. Wir wollen nach Hause. Unser Sohn steht vor seiner zweiten Medizinerprüfung. Wir werden also direkt von Natalnach Afrika fliegen und die Tanks bei Bedarf im Flug umfüllen. Ich installiere einige Behelfsverbindungen. Die Größe und Verlagerung der ITCZ scheint günstig, Gegen- und Rückenwinde heben sich auf. Also los über den Atlantik von Natalnach Dakar der Abflug verzögert sich brasilianisch. Statt bei Tageslicht starten wir in der Nacht. Wir haben über fünf Fässer Benzin geladen, eine Drei-Stunden-Reserve geplant. OAT 35 Grad, 95 Prozent Feuchtigkeit, zu heiß, zu feucht, Gegenwind. Wir heben ab, und das ist gut. Was nun kommt, sind einige der anspruchsvolleren Stunden und Minuten meiner Pilotenlaufbalm. Motto: mit sechs Instrumenten gegen den Strömungsabriss. Das nötige Grad mehr auf dem Künstlichen Horizont lässt die Speed zusammenbrechen, ich spüre das Ruder kaum mehr. Trude fragt: »Hyperventilierst du?« I ein - ich bin atemlos! Und zähle pervers dankbar jeden Liter Benzin, um den wir leichter werden. über Noronha, nach 207 Nautischen Meilen, sind wir auf 2500 Fuß. Eine Steigrate wie bei Lindbergh. Die MSA beträgt 3000 Fuß, ich umfliege die Insel weiträumig. Pechschwarze Nacht. Plötzlich beginnt das Bose-Headset zu pfeifen, ertrunken in meinem Schweiß. Beim Hantieren mit dem Kopfhörer fallt mir die Brille vom Kopf und verschwindet im Dunkeln. Nette Kurzweil. Nach drei Stunden ruft Daniel per Satellitentelefon an. Er sitzt mit Vater Franz zu Hause in Düsseldorf und mitten in den Wetterkarten. Wir sind langsam, haben starken Gegenwind. So werden wir die Passage nie schaffen. Daniel teilt die Route in Abschnitte ein, ruft fast jede Stunde an, gibt die Lage der ITCZ durch, die neuen Abschnitts- Windrichtungen W1d aktualisiert den Point-of-return und -no-return. Ich entscheide: Wenn wir bis zum Peter-and -Paul-Rock in 600 Meilen Entfernung nicht schneller als 90 Knoten sind, werden wir umkehren. Die ITCZ bewegt sich wie vermutet nach Nordwesten, knapp weg von unserem Track. Ein GlücksfalL Wir spüren kaum Turbulenzen auf unseren schwarzen 4500 Fuß AGL. Daniel prognostiziert einen leichten Rückenwind im mittleren Drittel. Wir fliegen mit 100 Knoten Groundspeed über Peter-and- Paul. Dakar wird realer. Erneut Telefon von Daniel, mindestens 20 Knoten Rückenwind vor Afrikas Küste. Stimmt alles. Nach 16:27 Stunden Landung in Dakar. Diese Landung gehört Euch, lieber Daniel und Franz. Senegal. Eigentlich sind wir schon zu Hause. Afrika ist »zu Hause«, Hier wird wieder verhandelt, gestritten, palavert, diskutiert. Ich genieße den Disput mit dem Taxichauffeur, mit dem Hotelbesitzer. Die Landegebühren sind niedrig, der zuständige Beamte versucht natürlich, noch einige private IFR-Gebühren abzuzweigen. Dagegen kann man sich wehren. Der Liter Avgas kostet hier moderate 1,62 Euro. Schnell weiter nach Mali. Wir haben Stalldrang. Am nächsten Tag via Bamako nach Mopti. Bilderbuchafrika. Moscheen in Lehmarchitektur, der malerische Hafen, das Land, es ist großartig. Nachts ist es kalt, und wir haben nur ein kleines Laken als Betttuch. Ich bin höflich, Trude erhält alles, und ich friere mich zu Tode. 6/2007 www.fliegermagazin.de 53 REISE Was wollte meine Gattin doch wieder - Tiefflug über dem Niger? Okay, nach dem obligatorischen Überflug von Djenne mit der berühmten Lehmmoschee folgen wir dem Niger 100 Puf über Grund Richtung Gao. Liebe SaharaFans, der Erg Ubari mit dem Um-Alma-See gleicht dem Niger in 30 Meter Höhe. Landung in Gao. Und Gao ist wild. Wir können Geschichten davon erzählen. Flug von Gao nach Agadez über Niemandsland, turbulent und heiß. Agadez ist TuaregCountry. Eine Wüstenstadt, eine wüste Stadt. Mit unglaublichem Ambiente. Wir waren schon einige Male hier und genießen es immer wieder. Auch Avgas ist vorhanden. In drei Tagen sind wir zu Hause. Wir sehnen uns nach tifulserem Sohn. Nächstes Etappenziel Sabha in Libyen. Wetterinformationen gibt es nicht, Internet auch nicht. Aber was solls. Das Wetter ist Sahara-schön und heiß. Start in den Morgen. Flug über das Air-Gebirge, die sehr einsame nördliche Tenere in Richtung Orida-Berge westlich des Tibesti-Gebirges. Hier liegt die geheimnisumwitterte Geisterstadt Djado und das Rebellengebiet der Tubu. In so einer Gegend könnte man die Ferien verbringen. Nach vier Stunden überfliegen wir das Erg Murzuq. Die Dünen gehören zu den brutalsten der Sahara. Wir sehen sie nicht, eine leichte Dunstschicht bedeckt sie. Wir machen überraschend gute Geschwindigkeit. Und steigen etwas. Die Dunstschicht wird zur Wolkenschicht. Eine Stunde später empfangen wir Sabha-ControL Wir sind völlig irritiert, ungläubig. Die Stimme überschlägt sich, Sturmgeräusche peitschen im Hintergrund: »Sandsturrn, ich wiederhole, Sandsturm, Wind 270 Grad, 40 bis 52 Knoten, keine Sicht, Flugplatz geschlossen.« Wir erfahren, dass ganz Libyen seit drei Stunden von einem Jahrhundertsandsturm heimgesucht wird. Alle Flughäfen bis aufTripolis sind geschlossen. No problem - wir haben noch für fünfStunden Sprit, fliegen wir also nach Tripolis. Jedoch, Tripolis liegt auf einem Track leicht nach Westen. Der Wind auf unserer Höhe ist so mörderisch, dass unsere Geschwindigkeit in den Jogging-Bereich absinkt. Wir fliegen aufFL 120, on top, knapp unter uns eine braune unheilvolle Brühe. Es wird ernst. Wir sollten landen. Unbedingt bei Tageslicht. Es ist 17 Uhr. Trude und ich diskutieren die Optionen: Malta (Benzinreserven aufgebraucht, Ankunft in der Nacht, Notlandung im Meer nachts schlecht), Benghazi (Sandsturm, geschlossen, Flug übers Meer), Niger (zu starker Gegenwind, Ankunft nachts mit Landung in der Sahara). Der Wind ist gewaltig. Wir lassen uns auf die Küste zutreiben. Die geplante Landung wird zur geplanten _-otlandung. Wir entscheiden uns für einen Flugplatz nahe der flacben Küste knapp rechts von unserer Flugrichtung: Sirte. Auf der Enroute Chart von eppesen ist der Flugplatz vermerkt, in den AfriCharts fehlen jegliche Angaben. Wir bitten "'""', ••.•• J ,u"egennagazin.de 6/2007 über Funk einen Katar-Piloten, der noch aus Tripolis gestartet ist, Tripolis Control unsere Absicht mitzuteilen und erklären pan-pan-pan. Die Stimme des Piloten ist ernst. Er wünscht uns viel Glück. Das Garmin 430 zeigt die Turmfrequenz und die Runway 18/36. Der Tower ist geschlossen, und auf der Piste kann man mit einem Wind aus 270 Grad und 50 Knoten unmöglich landen. Uns ist alles egal. Wir müssen runter. Und wenn es quer zur Piste ist. Ich programmiere einen OBS-Kurs von 270 Grad auf den Referenzpunkt des Airports. Der steht meistens in der Mitte der Piste. Dann tauchen wir in das Unheil ein. Es ist brutaL Zunächst wird es gelb, dann braun, dann bedrückend braunschwarz. Der Sand peitscht gegen die Scheiben, es rüttelt wie in einer Achterbahn. Ich sinke überm Meer in Windrichtung ab und rase auf den Platz zu. Einmal stottert der Motor, ich wechsle den Tank. Plötzlich die Stimme des Towers. Er ist völlig gestresst, verlangt Radials und Estimates. Ich bitte ihn, nur noch meine Fragen zu beantworten und mein Mayday entgegenzunehmen. Wir hören ein riesiges Stimmengewirr im Hintergrund. Wie schön, nicht alleine zu sein. Der Towermann sagt, dass das VOR mitten auf der Bahn steht. Ich wechsle den OBS-Kurs von 270 Grad aufs VOR. Der Zeiger läuft ein, ich warte eine Meile und beginne die Umkehrkurve auf 2000 Fuß. Wir wissen jetzt, wie sich ein Blatt im Sturmwind fühlt - weggefegt. Ich verliere fast die Orientierung, aber wir fliegen zurück zum VOR. Ich kämpfe nur noch um »Attitude«, der Radar-Altimeter steht praktisch auf Null. Die Welt ist eine bräunlich-schwarze Brühe. Trude schreit »Achtung Häuser!«, und ich N 0 A t l A WEITERE TIPPS I K s 0 AtLANtiK D Reiseplanung: Alle nötigen Ein-, Durch- und übertlugerlaubnisse und sonstige erforderlichen Permissions hat Flight Service International (FSI) in BadenBaden organisiert. Telefon 072 29/1 85 40, wwwJsint. de Kartenmaterial: Die Trip-Kits von Ieppesen sind eine sinnvolle Anschaffung - doch man sollte nur die Flugplätze mitnehmen, die im Bereich der persönlichen Route liegen. Die Kits haben inoffiziell drei Monate Gültigkeit. Gute Straßenkarten und VFR-Karten gibt es für Südamerika keine. Pen- Iablet Computer: Die elektronischen Trip- Kits sind zwar leichter, doch nach 30 Tagen inaktivieren sie sich, und man steht mit leeren Händen da. Außerdem kann ein Computer abstürzen, und man hat noch weniger. Ein Back-up-PC sowie ein kleiner Drucker sollten unbedingt dabei sein. Kriminalität: Freunde von uns wurden überfallen und beraubt, andere »nur- bestohlen. Uns ist zum Glück nichts passiert. Die Sicherheits lage ist aber instabil. Auf unserer Reise war Venezuela am unsichersten. Preise: Südamerika ist nicht mehr »willkürlich«: Die Preise sind vorgegeben und in den nationalen AlPs überprüfbar. Treibstoff: Avgas wird überall in der Welt immer rarer - unbedingt vorher telefonisch klären. Verständigung: Ohne Spanisch geht kaum etwas in Südamerika. Man sollte es wenigstens rudimentär beherrschen. Grundsätzlich: Die Anden sind eine fliegerische Herausforderung der obersten Güteklasse. sehe direkt unter uns endlich Grund, einige Dächer. Vielleicht zehn Meter. Wir sind sehr langsam. Ich ziehe den Flieger wieder hoch ins ichts. Nochmals ab sinken, Trude: »Blaue Liehter!« Die Erde ist ein Magnet, ich will runter, drücke und - Bumrn! Wir stehen in einer dunklen Welt ohne Konturen, nur der Wind heult, und schauen uns an. Fahle Lichter tauchen auf, ein Soldat rast auf uns zu, ungläubig lachend. Wir öffnen die Tür, er umarmt uns, kann's nicht fassen, und dann hören wir es von allen Seiten: Hamdulillah Gott sei Dank! Sirte ist Regierungs-Flughafen, highly restricted. Ghaddafi hat hier sein eigenes Terminal und in der Stadt seine Residenz. Wir erfahren erst später, dass der Kommandant der Luftwaffe seine Einwilligung für unsere Notlandung geben musste. Das eigentliche Wunder beginnt jetzt. Wir erhalten jede nur denkbare Unterstützung für die Rückführung unseres Flugzeugs per Container in die Schweiz. Wir hatten einen »minor darnage« mit Bodenberührung des Propellers, einen geplatzten linken Reifen und einen beschädigten linken Randbogen. Die Civil Aviation Authority war sehr entgegenkommend. Das Ereignis wird als »hard landing« des Flugzeugs und »renaissance« der Piloten bezeichnet. Fünf Monate später fliegen wir mit einer herrlieh frischen N185GW zurück nach Sirte. Permission: kein Problem. Nicht nur um die Reise zu vervollständigen. Auf dem Rückflug nähern wir uns dem VOR Saronno, dem Eingang zu den Alpen. Die launischen Weiber lieben uns heute, CAVOK bis zur Sonne. Es ist unser schönster Alpenüberflug. Und wir spüren den leisen Gruß der fernen Anden-Schwestern. • 6/2007 www.tLiegermagazin.de 55