Gesamtausgabe
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BGHW Die Zeitschrift für Mitgliedsbetriebe Ausgabe 2 • Mai 2016 aktuell Kundenservice im Fokus Branchenreport untersucht Belastungen im Handel 10 Strahlend UV-Einwirkung am Arbeitsplatz 18 Stabil Beitragsrechnung 2015 liegt vor 15 Stützend Richtig sitzen im Büro 2 • Editorial BGHW aktuell 2/16 Dr. Udo Schöpf Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie haben diese Situation sicher schon selbst erlebt: Sie stehen im Supermarkt an der Kasse, die Schlange wird immer länger. Vorne zählt ein Kunde seelenruhig sein ganzes Kleingeld zum Bezahlen ab. Das nervt, nicht nur die Wartenden in der Schlange, sondern auch die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter an der Kasse. Doch Beschäftigte im Handel müssen einen kühlen Kopf behalten, ruhig und freundlich brenzlige Situationen entschärfen. Den meisten gelingt dies auch auf bewundernswerte Weise. Impressum Immer freundlich sein, immer positiv – auch im größten Stress und bei hoher Arbeitsbelastung. Das erwarten die Kunden und auch die Chefs von ihren Mitarbeitern. Jeder kann sich aber vorstellen, dass diese Erwartungshaltung oft Stress pur für die Beschäftigten bedeutet. Das belegt auch der „Branchenreport Handel“, den die BGHW jetzt gemeinsam mit der DAK Gesundheit herausgegeben hat (ab Seite 6). Für mich besonders erschreckend: Zwei Drittel der Befragten gab an, bei der Arbeit öfter bis an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit zu gehen. Bei 4,9 Millionen Beschäftigten in der Branche sind das 3,4 Millionen Frauen und Männer bundesweit. Das schlägt sich auch im Krankenstand nieder: So sind im Einzelhandel psychische Erkrankungen die Ursache für jeden sechsten Fehltag. Doch es gibt Lösungswege aus diesem Dilemma: So zeigt der Branchenreport, dass ein gutes Betriebsklima und eine positive Unternehmenskultur sehr viel Druck nehmen können. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hilft es beispielsweise sehr, wenn der Chef klare Anweisungen gibt oder ihnen in Auseinandersetzungen mit schwierigen Kunden den Rücken stärkt. Auch Faktoren wie Fehlerkultur und Transparenz spielen eine wichtige Rolle. Es gibt zahlreiche Rädchen, an denen gedreht werden kann, um im Unternehmen Belastungen abzubauen und die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu stärken. Wir würden uns freuen, wenn der „Branchenreport Handel“ auch Ihnen viele neue Informationen und Anregungen für die betriebliche Praxis bietet. „BGHW aktuell“ ist das amtliche Mitteilungsblatt der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik, Mannheim Herausgeber Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik M 5, 7, 68161 Mannheim www.bghw.de Verantwortlich für den Inhalt Dr. Udo Schöpf Vorsitzender der Geschäftsführung Redaktion Siegrid Becker BGHW Direktion Mannheim M 5, 7, 68161 Mannheim Telefon: 0621/183-0 E-Mail: [email protected] Herstellung und Vertrieb Krögers Buch- und Verlagsdruckerei GmbH Industriestraße 21, 22880 Wedel Gestaltung: zerwanndesign, Bad Dürkheim „BGHW aktuell“ erscheint vierteljährlich. Bezugskosten sind im Mitgliedsbeitrag enthalten. Nachdrucke nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion Gedruckt auf Recycling-Papier aus 100 % Altpapier Dr. Udo Schöpf Vorsitzender der Geschäftsführung Titelfoto: Fotolia - WavebreakMediaMicro Inhalt • 3 BGHW aktuell 2/16 Themen in dieser Ausgabe: 6 Handel: In Berlin wurde jetzt der „Branchenreport Handel“ vorgestellt: ein Gemeinschaftsprojekt von BGHW und DAK-Gesundheit. Untersucht wurde, wie es um die Sicherheits- und Gesundheitskultur in Betrieben steht. Schwerpunkt: Branchenreport Handel Gute Unternehmenskultur hält Mitarbeiter gesund 6 Gesundes Führen kann Stress reduzieren 9 Aktuelles Sichere Rollbehälter überzeugen Ballenpressen nachrüsten 12 Praxistipp: Wer viel im Freien arbeitet, sollte sich in den nächsten Monaten vor zu viel UVStrahlung schützen. „BGHW aktuell“ zeigt, was Unternehmen und Beschäftigte tun können. 4 5 Prävention/Rehabilitation UV-Strahlung am Arbeitsplatz Hautkrebs als Berufskrankheit BGHW-Praxistipp: Schutz vor Sonne satt Seminar Arbeitsstättenverordnung: Keine langen Vorträge 10 11 12 16 Service Unfallanzeigen automatisch übermitteln 18 Im Interview: Der Vorstandsvorsitzende der BGHW, Dr. Rainhardt von Leoprechting, erläutert, wie sich die Beitragslast aktuell entwickelt und was die Unternehmen für ihre Beiträge bekommen. 14 Gesundheit am Arbeitsplatz Gesund sitzen im Büro 15 Beitrag Interview: Beitragsbelastung in der BGHW rückläufig Beitragsberechnung 2015 Beitragsrechnung – Ihr Draht zur BGHW 18 20 22 Recht Elektronische Unterweisungen unterstützen 23 4 • Aktuelles Kurz notiert Auslandsversicherung bei der BGHW Der gemeinsamen Einrichtung für Auslandsversicherung sind die Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) sowie die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) beigetreten. Die Richtlinien für die Auslandsversicherung der BG ETEM, BGHW, VBG, BGW, UVB und BGN sind zum 1. Januar 2016 neu gefasst worden. Das Bundesversicherungsamt hat die erforderlichen Genehmigungen am 24. Februar 2016 erteilt. • www.bghw.de, Webcode 16504170 Gefährliche Produkte Gebrauchsgegenstände und technische Produkte müssen sicher sein. Dennoch kommen immer wieder Produkte auf den Markt, die ihre Nutzer gefährden können. Auf ihrem Produktsicherheitsportal „Gefährliche Produkte in Deutschland“ informiert die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) über in Deutschland gefundene gefährliche technische Produkte. Dazu trägt sie Informationen aus verschiedenen europäischen Meldeverfahren zusammen. • www.rueckrufe.de Broschüre von GDA Psyche Ab sofort ist eine aktualisierte und erweiterte Fassung der Broschüre „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ erhältlich. Die Publikation des GDA-Arbeitsprogramms Psyche wurde erweitert um zwei Anlagen, die bei der Auswahl von Instrumenten und Verfahren helfen sollen. Außerdem gibt es einen Erklärfilm zu Thema. • www.gda-psyche.de BGHW aktuell 2/16 Sichere Rollbehälter überzeugen Das Logistikzentrum Kaiser’s Tengelmann in Berlin rüstet auf und schafft rund 70 Rollbehälter mit Handschutz an. Für den Prototyp hatte das Mitgliedsunternehmen den Präventionspreis der BGHW erhalten („BGHW aktuell“, Ausgabe 3/2015). Das Besondere: Die äußeren Stangen des Rollbehälters sind nach innen gebogen. Insbesondere in schmalen Gängen und an Türen sind die Hände der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut geschützt. Die Filialen, in denen Rollbehälter eingesetzt werden, seien begeistert, heißt es von Unternehmensseite. Auch der Hersteller habe diese Sonderanfertigung mittlerweile in sein reguläres Programm aufgenommen. • Kontakt: [email protected] Präventionskampagne zum Thema Rücken beendet Nach drei Jahren ist die Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ jetzt zu Ende gegangen. Betriebe und Bildungseinrichtungen können die Veranstaltungsmodule der Kampagne jedoch noch bis Ende des Jahres über die Website www. deinruecken.de ausleihen. „Unser Engagement für die Rückengesundheit hört mit dem Ende der Kampagne natürlich nicht auf“, sagt Dr. Walter Eichendorf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Zum einen seien die Veranstaltungsmodule der Kampagne noch bis Ende des Jahres verfügbar. „Zum anderen engagieren sich die Unfallversicherungsträger im Rah- men der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie weiter für die Prävention von Muskel-Skeletterkrankungen.“ Das derzeitige Aktionsprogramm laufe noch bis einschließlich 2018 (www.gdabewegt.de). „Nicht zuletzt fließen die gemachten Erfahrungen in unsere nächste Präventionskampagne ein, die zum Ziel hat, die Kultur der Prävention in den Unternehmen zu fördern“, so Eichendorf. Die neue Kampagne solle im Jahr 2017 starten. Sie werde verschiedene Aspekte der sicheren und gesunden Gestaltung der Arbeit thematisieren, zum Beispiel Führungsund Fehlerkultur, Kommunikation und Prävention als integraler Bestandteil aller Unternehmensaktivitäten. Aktuelles • 5 BGHW aktuell 2/16 Ballenpressen nachrüsten Die Ballenpresse im Netto-Logistikzentrum in Erharting. Für das Transponderwesten-System wurde Netto mit dem Präventionspreis 2015 ausgezeichnet Bei der Arbeit an Ballenpressen passieren immer wieder schwere Unfälle trotz hoher Sicherheitsanforderungen. Seit 2013 gilt die europäische Norm DIN EN 16252: Sie soll diese Maschinen europaweit sicherer machen und die Zahl der Unfälle vermindern. Dies bedeutet, dass Besitzer „alter“ Pressen unter Umständen nicht nur ihre Gefährdungsbeurteilung aktualisieren, sondern auch nachrüsten müssen. Die Norm DIN EN 16252 trägt den Titel „Maschinen zum Verdichten von Abfällen oder recyclebaren Materialien – Horizontal arbeitende Ballenpressen – Sicherheitsanforderungen“. In ihr wurden im Wesentlichen folgende zusätzliche Anforderungen festgelegt: • Not-Halt-Einrichtungen müssen angebracht werden, die durch über und entlang dem Zuführförderer angeordnete Reißleinen ausgelöst werden. Sie müssen im Abstand von zwei Metern vom Anfang und von der Entladestelle des Zuführförderers aus und zwischen diesen Punkten mindestens alle drei Meter betätigt werden können. • Die Ränder des Förderbandes und des Aufgabeschachtes müssen mindestens 1100 mm hoch sein, andernfalls müssen alternative Schutzeinrichtungen vorgesehen werden: - sensitive Schutzeinrichtungen (zum Beispiel ein Personenschutzsystem oder Transponder) oder - eine Steuereinrichtung ohne Selbsthaltung für das Fördersystem • Zugangsbühne zur Störungsbeseitigung an der Entladestelle des Zuführförderers; Maßnahmen müssen getroffen werden, um zu verhindern, dass Personen in den Aufgabeschacht hineinfallen und um zu verhindern, dass von dieser Bühne aus Störungsbeseitigungen vorgenommen werden, während die Maschine läuft • Die offenen, ungeschützten Kanten der Grube, die erforderlich sind, um Material auf das Förderband aufladen zu können, müssen klar gekennzeichnet sein Mitgliedsunternehmen, die Ballenpressen betreiben, werden deshalb in den nächsten Monaten ein Schreiben der BGHW erhalten, in dem obiger Sachverhalt ausführlicher dargelegt und auf die erforderliche Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung hingewiesen wird. Bei Fragen zum Thema Ballenpressen wenden Sie sich an den für Sie zuständigen Präventionsexperten. Sie finden ihn über die Ansprechpartner-Suche auf www.bghw.de. BGHW-Stand auf der Cemat Mehr als 1000 Aussteller werden zur diesjährigen Weltmesse für Intralogistik Cemat erwartet. Vom 31. Mai bis 3. Juni können sich die Besucher auf dem Messegelände Hannover über ein breites Ausstellungsspektrum informieren: Stetigförderer, Roboter-Logistik, Kräne, Hebebühnen, Hubarbeitsbühnen, Hebezeuge, Logistik-Steuerung, Lagersysteme und -technik oder Flurförderzeuge und Zubehör. Auch die BGHW und der Fachbereich Handel und Logistik sind vor Ort und bieten Beratung und Information an. Schwerpunktthemen: Die Ausbildung von Staplerfahrern, insbesondere das neue Zertifizierungsprojekt für Ausbilder und die Qualifizierung von Teleskopstaplerfahrern. Außerdem werden aktuelle Entwicklungen bei Fahrerassistenzsystemen in Flurförderzeugen vorgestellt. Sie finden die BGHW in Halle 25, Stand E29. 6 • Schwerpunkt BGHW aktuell 2/16 Gute Unternehmenskultur hält Mitarbeiter gesund WavebreakmediaMicro - Fotolia Die Wünsche des Kunden haben oberste Priorität. Für die Beschäftigten im Handel bedeutet das nicht selten Stress und Zeitdruck. Unternehmensziele wie Mitarbeitergesundheit und Arbeitssicherheit werden dann schon mal vernachlässigt. Dabei wirkt sich eine gute Sicherheits- und Gesundheitskultur positiv auf Arbeitsfähigkeit und Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Betriebes aus. Das belegt der „Branchenreport Handel“, den die BGHW gemeinsam mit der Krankenkasse DAK Gesundheit jetzt in Berlin vorgestellt hat. Das Gemeinschaftsprojekt von Berufsgenossenschaft und Krankenkasse steht unter der Fragestellung „Sicherheit und Gesundheit im Großund Einzelhandel – eine Frage der Unternehmenskultur?“. Damit nehmen beide Institutionen eine der wichtigsten und beschäftigungsintensivsten Wirtschaftsbranchen mit rund 5 Millionen Beschäftigten unter die Lupe. Das Besondere: Sicherheit und Gesundheit in Handelsunternehmen werden ganzheitlich betrachtet. „Die gemeinsame Studie liefert praxisrele- vante Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen, deren gesundheitliche Auswirkungen und einer Unternehmenskultur, die Sicherheit und Gesundheit fördert“, fasst BGHW-Dezernentin Sandra Rulinski zusammen. Für das Projekt wurden rund 4000 Beschäftigte im Handel und sogenannte Multiplikatoren befragt. Zu Letzteren zählen Unternehmensvertreter und Verantwortliche im Aufgabengebiet Sicherheit im Betrieb. Der Begriff Sicherheits- und Gesundheitskultur wird von den Machern der Studie wie folgt definiert: „Es ist ein Muster von grundlegenden Annahmen und Werten mit Bezug auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.“ Vereinfacht gesagt: In jedem Betrieb gibt es Regeln und Strukturen zur Arbeitssicherheit und Mitarbeitergesundheit. Das Maß, in dem diese Voraussetzungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angenommen und gelebt werden, macht die Kultur in einem Unternehmen aus. Schwerpunkt • 7 BGHW aktuell 2/16 Die Ergebnisse zeigen, dass es mit der eben definierten Sicherheits- und Gesundheitskultur im Handel nur mittelmäßig bestellt ist. Es gibt viele Unternehmen mit einer guten Kultur, aber auch viele mit einem eher schlecht ausgeprägten Klima. Dabei macht es kaum einen Unterschied aus, ob es sich um ein Unternehmen des Groß-, Einzel- oder Onlinehandels handelt. Auch die Größe der Unternehmen oder Anzahl der Filialen spielt im Wesentlichen keine Rolle. Vier Handlungsfelder der Sicherheitsund Gesundheitskultur sind von Bedeutung. Es zeigt sich: Je ausgeprägter diese Handlungsfelder sind, desto besser sieht es mit der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten aus. view Seite 9). Rund ein Drittel der Befragten gab an, häufig bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gehen zu müssen. Dieser Druck kann jedoch durch das Arbeitsumfeld abgepuffert werden. Unterstützung durch den Vorgesetzten, ein gutes Betriebsklima und gut ausgestattete Arbeitsplätze können deutlich entlasten. Gesunder Führungsstil Positiv ist, wenn Chefs ihren Mitarbeitern Wertschätzung entgegenbringen und es klare Anweisungen und Struk- turen gibt. Allerdings ist dies häufig ein Problem. 28 Prozent der befragten Beschäftigten gaben beispielsweise an, dass sie nie oder nur selten Unterstützung von ihrem direkten Vorgesetzten erhielten. Und nur wenige Chefs thematisierten Gesundheit oder Sicherheit in Personalgesprächen. „Dabei kann mit einem guten Führungsstil maßgeblich Einfluss auf die Gestaltung von Arbeitsbedingungen und das Verhalten der Beschäftigten genommen werden“, ist BGHWExpertin Rulinski überzeugt. Stellenwert von Sicherheit und Gesundheit • Stellenwert von Sicherheit und Gesundheit • gesunder Führungsstil • Umgang mit Fehlern • Beteiligung und Information der Beschäftigten Stellenwert von Sicherheit und Gesundheit Sicherheit und Gesundheit werden bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen meistens beachtet: Das gaben rund 40 Prozent der befragten Beschäftigten an. Auch wenn es sehr viel zu tun gibt, werden Sicherheit und Gesundheit meistens ernst genommen, geben 43 Prozent an. Die Mehrheit äußert sich allerdings eher verhalten. Kritikpunkte sind beispielsweise, dass Sicherheitsunterweisungen nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit durchgeführt würden oder eine Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz fehle. Auch psychische und physische Belastungen machen sich bemerkbar. Rund 40 Prozent der Beschäftigten fühlen sich alleingelassen, wenn es um Problemsituationen im Kundenkontakt geht (siehe Inter- Werte ≤ 2,0 Prozent sind nicht beschriftet. N=2.259. Quelle: „Branchenreport Handel“, S. 28. 8 • Schwerpunkt Umgang mit Fehlern In vielen Unternehmen kann offen und konstruktiv über Fehler bei der Arbeit geredet werden. In rund 52 Prozent der Betriebe hapert es aber an einem vernünftigen Umgang mit Fehlern. Fast 70 Prozent aller befragten Mitarbeiter gaben an, dass Unfälle oder Beinahunfälle oft nur widerwillig gemeldet würden, weil man befürchte selbst beschuldigt zu werden „Wo Fehler vertuscht werden, wird eine Kultur des Wegsehens und Schweigens gefördert“, so Rulinski. Nur ein konstruktiver Umgang mit Fehlern helfe, wirklich nachhaltig Sicherheit und Gesundheit zu fördern – im Übrigen auch eine wichtige Aufgabe für die Führungskräfte eines Unternehmens. Partizipation und Information Wenn Mitarbeiter in wichtige Entscheidungen eingebunden werden, die ihren Arbeitsplatz betreffen, wirkt sich das positiv aus. Dasselbe gilt für regelmäßige Informationen über die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheit. Jedoch gaben fast 30 Prozent der Beschäftigten an, häufig nicht rechtzeitig über einschneidende Entscheidungen oder Veränderungen informiert zu werden. Viele Beschäftigte wissen nicht, wer für Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen zuständig sind. Die befragten Multiplikatoren schätzten die Situation im eigenen Betrieb deutlich positiver ein. „Dennoch zeigt dies, dass es nicht schaden kann, die Kommunikation generell zu verbessern“, meint Rulinski. Beispielsweise, indem Gesundheits- und Sicherheitsthemen regelmäßig am Schwarzen Brett, in Mitarbeiterzeitschriften oder im Intranet verbreitet oder bei Teambesprechungen auf die Tagesordnung gesetzt werden. Diese vier Faktoren prägen entscheidend die Sicherheits- und Gesundheitskultur eines Unternehmens. Der BGHW aktuell 2/16 Branchenreport belegt: Je deutlicher der Stellenwert von Sicherheit und Gesundheit, Führungsstil, Fehlerkultur und Beteiligung der Belegschaft ausgeprägt sind, desto besser ist es um die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestellt. Insbesondere Unternehmensspitze und Führungskräfte können schon mit kleinen positiven Veränderungen an diesen Stellschrauben die Unternehmenskultur positiv beeinflussen. Damit treffen sie bei ihren Mitarbeitern auf jeden Fall auf Zustimmung. Denn die Mehrheit der Beschäftigten ist davon überzeugt, dass Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen beeinflussbar sind und dass den Führungskräften dabei eine große Rolle zukommt. Die BGHW möchte die Unternehmen bei der Ausrichtung ihrer Sicherheitsund Gesundheitskultur unterstützen: „Die Ergebnisse des Branchenreports werden auf jeden Fall in unsere Präventionsarbeit einfließen“, so Rulinski. „In vielen Punkten sehen wir aber auch, dass wir schon auf dem richtigen Weg sind.“ Beispielsweise bei den Angeboten der BGHW zur Prävention von Raubüberfällen, zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) oder zu Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung. (be) Mehr dazu Marschall / Nolting / Hildebrand Der „Branchenreport Handel – Sicherheit und Gesundheit im Großund Einzelhandel – eine Frage der Unternehmenskultur?“ kann im Internet als Dokument heruntergeladen werden: Branchenreport Handel. Sicherheit und Gesundheit im Groß- und Einzelhandel – eine Frage der Unternehmenskultur? www.bghw.de, Webcode B111 Ausblick: Kampagne zur Kultur der Prävention Der mit dem „Branchenreport Handel“ nachgewiesene Zusammenhang, wonach eine gute Sicherheits- und Gesundheitskultur Auswirkungen auf die Gesundheit der Belegschaft hat, zeigt auch: Technischer Arbeitsschutz ist wichtig, reicht aber nicht. Die nächste Präventionskampagne der gesetzlichen Unfallversicherung, der Start ist für 2017 geplant, kommt für die BGHW daher genau im richtigen Moment. Sie wird sich dem Ziel widmen, Sicherheit und Gesundheit als Werte für alle Menschen, für jede Organisation sowie für die Gesellschaft zu thematisieren und im Denken und Handeln zu integrieren. Da eine Veränderung von Werten und Wertesystemen, sprich einer Kultur, nur langfristig erfolgen kann, ist eine Kampagnen-Laufzeit von bis zu zehn Jahren vorgesehen. • www.dguv.de > Prävention > Kampagnen, Veranstaltungen und Projekte Schwerpunkt • 9 BGHW aktuell 2/16 Gesundes Führen kann Stress reduzieren Immer lächeln, immer freundlich sein – das kann Schwerstarbeit sein. Sandra Rulinski, Leiterin des BGHW-Dezernats Gesundheitsschutz, erläutert, wie Unternehmen besser mit emotionalen Belastungen umgehen können. Frau Rulinski, der Branchenreport zeigt: Viele Beschäftigte im Handel sind durch den Kundenkontakt enorm gestresst. Woran liegt das? Der Kunde prägt sehr stark die Arbeitsanforderungen der Beschäftigten im Handel. Der Branchenreport zeigt, dass Beschäftigte, die mit Kunden arbeiten, deutlich häufiger bestimmten Belastungen ausgesetzt sind als Kollegen ohne Kundenkontakt. Für sie gilt sehr viel häufiger, dass Pausen hinten anstehen müssen, weil der Kunde vorgeht. Sie müssen deutlich öfter ihre eigenen Gefühle unterdrücken und zum Beispiel Freundlichkeit zeigen, obwohl ihnen unter Umständen nicht danach zumute ist. Knapp jeder Fünfte gerät dadurch in emotional belastende Situationen. Was kann man tun, um psychische Belastungen zu reduzieren? Zunächst einmal ist der Arbeitgeber gefragt: Er kann grundsätzlich Regeln für den Umgang mit Kunden aufstellen, die verschiedene Handlungsmöglichkeiten zulassen. Belastend sind zu starre Regeln, wenn man zum Beispiel ständig überfreundlich sein muss. Auch den Führungskräften kommt eine wichtige Rolle zu. Sie müssen sensibel dafür sein, wenn Beschäftigte durch einzelne Situationen oder permanent durch bestimmte Arbeitsbedingungen emotional überfordert sind. Den Mitarbeiter ansprechen und Unterstützung anbieten, kann schon helfen. Es können Schulungen angeboten werden, die Beschäftigte in die Lage versetzen, auf extreme emotionale Belastungen angemessen zu reagieren. Auch fest installierte Maßnahmen für den Umgang mit Beschäftigten, die etwas Traumatisches erlebt haben, sind wichtig. Insbesondere hier unterstützt die BGHW ihre Mitgliedsbetriebe und hat ein gutes Verfahren zur Betreuung von Beschäftigten nach Raubüberfällen entwickelt. Ist dieses Ergebnis überraschend? Dass die Arbeit mit dem Kunden emotionale Schwerstarbeit ist, ist bekannt. Zwischenmenschliche Beziehungen können zu emotionalen Überforderungen führen. Das gilt besonders, wenn die eigenen Gefühle immer wieder zurückgestellt werden müssen. Aber auch Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz können hier eine Rolle spielen, etwa Beschimpfungen, Bedrohungen. Ein besonders extremes Erlebnis für Beschäftigte ist es, Opfer eines Raubüberfalls zu werden. Ein Drittel der Befragten gab an, dass sie häufig bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gehen. Woran liegt das? Vor allem das Arbeiten an der Kasse ist für viele äußerst belastend. Deshalb muss es Ziel sein, häufige und langandauernde Fehlbelastungen zu vermeiden und Ressourcen aufzubauen. Unternehmens- und Selbstmanagement sind gefordert. Auf der einen Seite müssen Arbeitsorganisation und -bedingungen verbessert werden. Auf der anderen Seite sollten die persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter gefördert werden. Es muss also eine gute Präventionskultur im Unternehmen geschaffen werden? Ja, denn eine gute Präventionskultur hilft, Belastungen abzupuffern. Im Branchenreport wird das weiter konkretisiert. Wir haben verschiedene Handlungsfelder identifiziert, die Unternehmen nutzen können. Zum Beispiel das Handlungsfeld „Gesundes Führen“, das besonders relevant ist. Führungskräften kommt eine wichtige Rolle für die in einem Unternehmen gelebten Werte zu. Vorgesetzte sollten zum Beispiel klare Anweisungen geben und in stressigen Situationen Prioritäten setzen. Wichtig ist auch, gute Leistungen anzuerkennen und sich bei Konflikten mit Kunden für die Beschäftigten stark zu machen. Gute Arbeitsbedingungen sind das Fundament für gesunde und motivierte Beschäftigte. Wie unterstützt die BGHW? Auskunft über Handlungsbedarfe bezüglich der Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen gibt die Gefährdungsbeurteilung. Zur Umsetzung einer ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung, auch der psychischen Belastung, und bei allen anderen Fragen zu Sicherheit und Gesundheit bietet die BGHW Beratung und Unterstützung. Es gibt Seminare, Fachtagungen und Informationsmaterialien für Beschäftigte und Multiplikatoren. Hier sind zurzeit insbesondere Themen wie psychische Belastung, Betriebliches Gesundheitsmanagement und Betriebliches Eingliederungsmanagement gefragt. 10 • Prävention BGHW aktuell 2/16 UV-Strahlung am Arbeitsplatz Viele Versicherte der BGHW arbeiten auch im Freien, zum Beispiel auf dem Schrottplatz oder im Hafen. Von Berufs wegen sind sie viele Stunden am Tag der Sonne ausgesetzt. Doch mittlerweile ist unstrittig, dass diese Berufsgruppen ein höheres Risiko haben, an Hautkrebs zu erkranken als die übrige Bevölkerung. Um das Arbeiten im Freien besser bewerten zu können, setzt die Gesetzliche Unfallversicherung auf Daten einer großangelegten Messkampagne. Auch die BGHW beteiligt sich daran. Arbeitsplatz Schrottplatz: ein Mitarbeiter mit dem Dosimeter am Arm Mit der Untersuchung soll herausgefunden werden, an welchen Arbeitsplätzen die Belastung durch UV-Licht tatsächlich so hoch ist, dass es die Haut gefährden kann. Daraus will die Unfallversicherung passende Verhaltens- und Schutzmaßnahmen ableiten, um die Gesundheit der Beschäftigten optimal zu schützen. „Die Verhinderung von arbeitsbedingten Hautkrebserkrankungen durch die Sonne hat für uns oberste Priorität“, erläutert Dr. Inge Schmidt, die die Messungen der BGHW koordiniert und betreut. Messdaten werden seit 2014 in besonders exponierten Branchen erhoben. Bei der BGHW zählen dazu etwa der Schrotthandel, Hafenumschlag, Baustoffhandel und Tanklager. Dort gibt es zahlreiche Arbeitsplätze, an denen viel im Freien gearbeitet wird. Die Messungen erfolgen immer nach demselben Muster: Einige der Beschäftigten werden mit Dosimetern ausgestattet und tragen dieses Messgerät sieben Monate. Einmal pro Woche müssen die Daten ausgelesen und übertragen werden. Diese werden an das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) übermittelt. Dort werden die Messergebnisse anonym und nur in Bezug auf die untersuchte Arbeit ausgewertet. Abgeschlossen ist das Projekt erst in einigen Jahren. Deshalb wird die BGHW auch in diesem Jahr wieder in einigen Betrieben Beschäftige mit Dosimetern ausrüsten. Auch viele andere Träger der Unfallversicherung beteiligen sich an dem Projekt, etwa die BG Bau. „Dadurch erhalten wir in einigen Jahren ein aussagekräftiges Kataster darüber, wie es in Deutschland mit der UV-Strahlenbelastung an verschiedenen Arbeitsplätzen aussieht“, so Schmidt. Die Daten tragen jedoch nicht nur dazu bei, den Hautschutz in den exponierten Branchen zu verbessern, sondern sie sollen auch als Grundlage für die Bewertung von Berufskrankheiten dienen. Seit vergangenem Jahr ist Hautkrebs durch UV-Strahlung eine anerkannte Berufskrankheit. Die Zahl der Verdachtsanzeigen ist seitdem sprunghaft gestiegen (Seite 11). „Es wird in vielen Fällen nicht einfach sein, zu unterscheiden, ob die Ursachen nun überwiegend beruflicher oder privater Natur sind“, meint Dr. Schmidt. Die Messwerte können bei dieser Bewertung eine wichtige Hilfe sein. (be) Ihr Draht zur BGHW Fragen zur Messkampagne „Hautkrebs durch UV-Strahlung“ beantwortet gerne die BGHW-Expertin Dr. Inge Schmidt. Senden Sie Ihre Frage per E-Mail an folgende Adresse: [email protected] Rehabilitation • 11 BGHW aktuell 2/16 Hautkrebs als Berufskrankheit Bestimmte Hautkrebserkrankungen können durch langjährige UV-Strahlung der Sonne „arbeitsbedingt“ verursacht werden. Deshalb wurde im vergangenen Jahr vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Hautkrebs durch UV-Einstrahlung als Berufskrankheit Nr. 5103 in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen. Der richtige Sonnenschutz auch am Arbeitsplatz ist unerlässlich, um sich vor Hautkrebs zu schützen. Mit dieser Art des Hautkrebses sind Plattenepithelkarzinome und deren Vorstufen, wenn diese mit einer gewissen Häufigkeit aufgetreten, gemeint. Plattenepithelkarzinome der Haut werden auch weißer oder heller Hautkrebs genannt. Sie treten mit zunehmendem Alter überwiegend an Körperstellen auf, die ständig der Sonne ausgesetzt sind. Sie bilden allerdings nur selten Metastasen. Vorstufen dieses Hautkrebses sind die aktinischen Keratosen. Es handelt sich um eine Schädigung der Hornschicht der Oberhaut; aus diesen Vorstufen kann sich ein Plattenepithelkarzinom entwickeln. Bei auffälligen Hautveränderungen wird grundsätzlich empfohlen, einen Arzt aufzusuchen. Wird dann eine Hautkrebserkrankung im Sinne der wissenschaftlichen Empfehlung diagnostiziert und besteht der Verdacht, dass diese arbeitsbedingt verursacht ist, meldet der Arzt die Erkrankung mit der so genannten Berufskrankheitenanzeige der BGHW. Ist eine Anerkennung als Berufskrankheit möglich, werden alle weiteren Leistungen durch die Unfallversicherung übernommen und koordiniert. Dadurch soll vermeiden werden, dass aus aktinischen Keratosen ein Hautkrebs entsteht oder sich aus einem bereits bestehenden Plattenepithelkarzinom Metastasen bilden. Fakten zur BK 5103 Wird die Hautkrebserkrankung eines Versicherten als Berufskrankheit 5103 anerkannt, kann er die Leis- Arbeitsplatz Hafen: viel Sonne, viel UV-Strahlung tungen der Berufsgenossenschaft in Anspruch nehmen. Die BGHW übernimmt für ihn zum Beispiel die Kosten für eine Heilbehandlung oder zahlt eventuell eine Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit. Dabei können Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen sogar rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erbracht werden. Im Jahr 2015 wurden der BGHW, den vorläufigen Zahlen nach, in 176 Fällen der Verdacht auf eine mögliche BK 5103 gemeldet. Davon wurden bis Ende 2015 73 Fälle anerkannt, 47 Fälle abgelehnt. Weitere Meldungen, bei denen 2015 die jeweiligen Berufskrankheiten-Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen werden konnten, werden im Laufe des Jahres 2016 entschieden. (be) Schutz vor Hautkrebs Oberste Priorität hat für die BGHW auch in Zukunft die Verhinderung von arbeitsbedingten Hautkrebserkrankungen durch UV-Strahlung der Sonne. Zum Schutz der Beschäftigten sind hier gemeinsam mit den Arbeitgebern wirksame Lösungen zum Sonnenschutz zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen. Neben technisch-organisatorischen Maßnahmen kann hier auch das konsequente Tragen geeigneter Kleidung oder das Auftragen von Sonnenschutzmitteln zum Hautschutz beitragen. Beispiele und Anregungen zum Schutz vor schädlichen Sonnenstrahlen finden Sie auf den Seiten 12 und 13. 12 • Prävention BGHW aktuell 2/16 siro46 - Fotolia BGHW-Praxistipp Schutz vor Sonne satt Beschäftigte, die sich häufig im Freien aufhalten, müssen sich besonders schützen. Denn die UV-Strahlung kann die Haut schwer schädigen und Hautkrebs verursachen. Es gibt verschiedene Maßnahmen und Mittel, um sich gegen die schädlichen Strahlen der Sonne wirksam zu schützen. Wir geben Ihnen einige Anregungen dazu, was Mitarbeiter und Unternehmer tun können, um sich vor zu viel Sonne zu schützen. Technische Schutzmaßnahmen: • Überdachungen, Sonnenschirme oder Sonnensegel bieten guten Schutz. • Achten Sie auf UV-absorbierende Abdeckungen. • Richten Sie an Verkaufsständen oder Montagearbeitsplätzen provisorische Unterstellmöglichkeiten ein. • An Gabelstaplern und anderen Fahrzeugen können UV-absorbierende Fenster eingesetzt werden. LiliGraphie - Fotolia • An ständigen Arbeitsplätzen im Freien, etwa Kassenarbeitsplätzen auf Parkplätzen oder Verkaufseinrichtungen, sollten fixe Dächer aufgestellt werden. BGHW aktuell 2/16 Prävention • 13 Organisatorische Schutzmaßnahmen: • Gestalten Sie den Arbeitsablauf so, dass möglichst viele Tätigkeiten im Schatten erledigt werden können. • Körperlich anstrengende Arbeiten sollten in die kühleren Morgenstunden verlegt werden. • Bei großer Hitze sollte auf Überstunden verzichtet werden (Betriebsvereinbarung). • Arbeit in der Hitze kann auf mehrere Beschäftigte verteilt werden und technische Hilfmittel eingesetzt werden. Persönliche Schutzmaßnahmen: • Tragen Sie körperbedeckende Kleidung sowie eine Kopfbedeckung. • Benutzen Sie wasserfeste Sonnenschutzcremes mit hohem Lichtschutzfaktor. Dabei sollte auf die sachgerechte Anwendung geachtet werden. Als Faustregel gilt: Creme auftragen, bevor man sich der Sonne aussetzt, ausreichend und vollständig Creme auftragen und gerade bei starkem Schwitzen wiederholt nachcremen. Mehr dazu: „Licht und Schatten – Schutz vor Sonnenstrahlung für Beschäftigte“ heißt eine informative Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua). Sie kann von www.baua.de heruntergeladen werden. nuwatphoto - Fotolia • Tragen Sie eine Sonnenschutzbrille mit einem passenden Sonnenschutzfilter. 14 • Service BGHW aktuell 2/16 Unfallanzeigen automatisch übermitteln Die BGHW bietet ihren Mitgliedsbetrieben neben der formularbasierten Eingabe von elektronischen Unfallanzeigen im Extranet auch eine automatische Übermittlung über eine elektronische Schnittstelle an. Dies ist vor allem für Kunden mit einer größeren Anzahl von Unfallanzeigen vorteilhaft. Es können mit einer automatisierten Aktion mehrere Unfallanzeigen an das System der BGHW und, falls gewünscht, gleichzeitig an die teilnehmenden Gewerbeaufsichtsämter versendet werden. Konstantin Yuganov - Fotolia scheiden sich dabei nicht von den Anmeldeinformationen, die für den Zugang in das „normale“ Extranet erforderlich sind. Die Verbindung zwischen Client (Mitgliedsunternehmen) und Server (BGHW) wird mit SSL verschlüsselt. Der Service „Elektronische Unfallanzeige“ wird im Extranet-Portal der BGHW (https://extranet.bghw.de) als formularbasierte Internetanwendung angeboten. Vor allem größere Unternehmen und Einrichtungen verfügen über eigene Organisationseinheiten für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Diese Einheiten arbeiten oftmals mit Standardsoft ware, die ebenfalls eine Erfassung und Speicherung der Daten von Arbeitsunfällen ermöglicht, oder sie haben sogar entsprechende Eigenentwicklungen umgesetzt. Für diese Unternehmen und Einrichtungen ist das Angebot einer formularbasierten Applikation nicht geeignet, weil es zu einer doppelten Erfassung von Daten führen würde. Daher bietet die BGHW für diese Mitgliedsbetriebe eine Schnittstelle im Extranet (Webservice-API) zur gesicherten elektronischen Übermittlung von Unfallanzeigen im XMLFormat an. Auf Kundenseite wird eine sogenannte ReST (Representational State Transfer)-Anfrage über das im Internet gängige Transportprotokoll (HTT- PS) zum Extranet der BGHW gestellt. Dort sind entsprechende Methoden eingebaut, die diese Anfragen entgegennehmen, überprüfen und die damit verknüpften Aktionen ausführen, etwa das Anlegen einer Unfallanzeige oder die Ausgabe einer Auflistung der Unfälle. Neben den Methoden zur Übermittlung der Daten können auch die Statusinformation und die Inhalte einzelner Unfallanzeigen sowie der Inhalt des gesamten Dokumentenordners mit Unfallanzeigen abgerufen werden. Der Webservice dient lediglich der Übertragung von elektronischen Unfallanzeigen vom Kunden in das Extranet der BGHW. Die Daten werden innerhalb des Extranets in ein Datenobjekt „Elektronische Unfallanzeige“ übertragen, wie es auch über die Dialoganwendung erzeugt wird, und entsprechend weiterverarbeitet. Sicherheit und Authentisierung Für die Nutzung der Webservice-API im Extranet der BGHW ist eine erfolgreiche Authentisierung erforderlich. Benutzername und Kennwort unter- Voraussetzung beim Kunden für die Nutzung des Webservices ist die Möglichkeit des Exports der Daten aus der eigenen Anwendung in das standardisierte XML-Format der elektronischen Unfallanzeige. Weiterhin muss die technische Möglichkeit vorhanden sein, im eigenen Anwendungssystem einen XML-basierten Webservice umzusetzen. Eventuell muss die Verbindung aus dem jeweiligen Firmennetzwerk ins BGHW-Extranet noch freigeschaltet werden. Service und Support Die BGHW bietet Kunden folgende begleitenden Maßnahmen und Unterlagen an: • API-Dokumentation zur Schnittstelle • Schemadatei zum Überprüfen der erzeugten XML-Unfallanzeigedateien • Beispieldateien zum Testen der Schnittstelle • Testzugang zur API-Schnittstelle • Vorstellung und Demonstration der Schnittstelle beim Kunden • Betreuung bei der Einführung Informationen und Unterlagen können bei der BGHW (Harry Demmer) per E-Mail angefordert werden: [email protected] an. Gesundheit am Arbeitsplatz • 15 BGHW aktuell 2/16 Gesund sitzen im Büro Zu langes, starres Sitzen und ein schlecht eingestellter Bürostuhl gehören zu den häufigsten Fehlern an Bildschirmarbeitsplätzen. Das hat nicht selten Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten: Falsches Sitzen kann zu Kopf- und Rückenschmerzen sowie Verspannungen in Nacken und Schultern führen Wer Schmerzen hat, kann sich naturgemäß schlechter konzentrieren, ist schneller müde und somit weniger leistungsfähig. Arbeitgeber und Beschäftigte sollten das Thema daher nicht als Lappalie abtun. Falsches Sitzen im Büro kann den Rücken dauerhaft krank machen. Nach Meinung von Ergonomie-Experten sind das die fünf häufigsten Fehler beim Sitzen an Büroarbeitsplätzen: Falsch eingestellter Arbeitsplatz Tisch und Stuhl sind optimal eingestellt, wenn die Unterarme waagerecht auf der Tischplatte aufliegen und Ober- und Unterschenkel zueinander einen rechten Winkel bilden. Individuell an den Nutzer angepasst werden sollten auch die Lordosenstütze und die Freischwingeinrichtung der Rückenlehne. Bildschirm und Tastatur sollten gerade vor dem Nutzer stehen. Dabei sollte der Bildschirm so aufgestellt sein, dass der Sehabstand etwa 50 bis 80 Zentimeter beträgt. Aus der Waagerechten betrachtet, sollte der Blick nach unten geneigt sein, deshalb ist der Bildschirm in der Höheneinstellung möglichst weit nach unten zu positionieren. sollte aber kein Dauerzustand sein. Idealerweise sollten Beschäftigte die ganze Sitzfläche nutzen; dadurch kann die unterstützende Funktion der Rückenlehne in vollem Umfang genutzt werden. Zu langes Sitzen Wann immer es möglich ist, sollten sich Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen bewegen: im Stehen telefonieren, die Treppe nutzen, zum zentralen Drucker gehen, die Kollegen besuchen statt eine E-Mail zu schreiben und Ähnliches. In kürzeren Pau- sen empfehlen sich Ausgleichsübungen direkt am Arbeitsplatz. Kein Ausgleich in der Freizeit Wer sich während der Arbeit wenig bewegt, sollte seine Freizeit aktiv gestalten. Damit ist nicht unbedingt Leistungssport gemeint: 30 Minuten Bewegung täglich können bereits einen Unterschied machen. Das wird belohnt: Körperlich aktive Menschen sehen nicht nur frischer aus, sie sind auch im Job belastbarer und fühlen sich besser. (dguv) Auf der Kante sitzen Sich auch mal auf die Kante der Sitzfläche zu setzen, ist nicht schlimm und kann der Bewegung dienen. Es diego cervo - Fotolia Starres Sitzen Ist der Arbeitsplatz erst einmal eingestellt, gilt es, dynamisch zu sitzen: Die Sitzhaltung sollte so häufig wie möglich gewechselt werden. Dabei ist die nächste Sitzposition immer die beste. 16 • Prävention BGHW aktuell 2/16 Keine langen Vorträge Zeitgemäß, praxisnah, passgenau – so zeigt sich das neue tätigkeitsbezogene Seminar „Arbeitsstättenverordnung“ der BGHW. Das Seminar wurde komplett überarbeitet und ergänzt. „BGHW aktuell“ sprach mit den Dozenten des Seminars, Frank Feuser und Michael Sorge sowie mit Ursula Röggener, die das neue Konzept didaktisch begleitet hat. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die das Wort „Arbeitsstättenverordnung“ hören, denken unweigerlich an Bürokratie und Paragrafendschungel. Ist da etwas dran? Feuser: Wenn man sich den Umfang der Verordnung ansieht, könnte der Gedanke tatsächlich aufkommen. Doch wer beginnt, sich mit der Arbeitsstättenverordnung zu beschäftigen, wird schnell sehen, dass es sich um ein gut verständliches und durchdachtes Werk handelt. Fachwissen ist dafür nicht nötig. Nichtsdestotrotz enthält die Arbeitsstättenverordnung neben dem Arbeitsschutzgesetz die wichtigsten Anforderungen, die der Gesetzgeber an sichere und gesunde Arbeitsplätze stellt. Sie muss von allen Betrieben in Deutschland eingehalten werden. Um den Unternehmerinnen und Unternehmern den Umgang mit der Arbeitsstättenverordnung zu erleichtern, bietet die BGHW seit vielen Jahren ein Praxisseminar an. Dieses wurde nun neu konzipiert. Was hat Sie dazu bewogen? Röggener: Es war der Wunsch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vergangenen Seminareinheiten, die Inhalte weiter zu vertiefen und noch individueller auf ihre betriebliche Situation auszurichten. Dem sind wir mit dem neuen Konzept nun nachgekommen. Zusätzlich haben wir alle Inhalte überarbeitet und einige Teile ergänzt. Mit Erfolg: Die Rückmeldungen zum neuen Seminar sind durchweg positiv. Um welche neuen Inhalte handelt es sich? Sorge: Wir zeigen zum Beispiel kompakt die Grundlagen der Gefährdungsbeurteilung auf, die notwendig sind, um im Betrieb Gefahren schnell erkennen und beseitigen zu können. Danach setzen sich die Teilnehmenden intensiv mit dem technischen Regelwerk auseinander, einem wichtigen Hilfsmittel zur Gefährdungsbeurteilung. Diesen Part haben wir um zusätzliche Praxisübungen erweitert. Hinzugenommen haben wir auch die Themen Brandschutz und Barrierefreiheit. Wie ist das Seminar aufgebaut? Feuser: Im Mittelpunkt stehen Inhalt und Aufbau der Arbeitsstättenverordnung sowie des technischen Regelwerks. Wir halten dazu jedoch keine langen Vorträge. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erschließen sich Michael Sorge die Inhalte in erster Linie selbst, anhand von zahlreichen praxisnahen Beispielen. Manche hat dieser hohe Praxisanteil zunächst verwundert, aber er ist naheliegend. Schließlich möchten wir die Menschen dazu befähigen, später im Betrieb eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sorge: Deshalb üben wir im Seminar an Beispielen, wie man eine neue Arbeitsstätte einrichtet, aber auch, was zu beachten ist, wenn sich diese verändert: Wo kommt der Feuerlöscher hin? Wo muss ein Notausgang eingerichtet werden? Wie sieht ein optimaler Fluchtweg aus? Solche Fragen klären wir im direkten Austausch miteinander. Wer möchte, kann schon zum Seminar Beispiele oder Aufgaben aus dem eigenen Betrieb mitbringen. An wen richtet sich das Seminar? Röggener: An alle, die mit dem Einrichten von Arbeitsstätten betraut sind und in einem Mitgliedsbetrieb der Prävention • 17 BGHW aktuell 2/16 Ursula Röggener BGHW arbeiten. Zum Beispiel Unternehmerinnen und Unternehmer, beauftragte Personen für Sicherheit bei der Arbeit, Betriebsrätinnen und Betriebsräte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Warum empfehlen Sie die Teilnahme? Feuser: Weil man nach dem Seminar mit der Arbeitsstättenverordnung und dem technischen Regelwerk gut vertraut ist. Man weiß, wo was steht und wo man spezielle Informationen nachschlagen kann. Und es wird deutlich, dass die Arbeitsstättenverordnung eben kein Buch mit sieben Siegeln ist, sondern eine hilfreiche Unterstützung bei der Einrichtung und dem Betreiben von Arbeitsstätten. Hinzu kommt: In dem Seminar können wir auch einen Überblick geben über die aktuellen Diskussionen und anstehenden Änderungen. Dies betrifft derzeit zum Beispiel den Stand bei der Erarbeitung der novellierten Arbeitsstättenverordnung. So sind unsere Teilnehmer immer bestens informiert – und können uns Dozentinnen und Dozenten auch nach dem Seminar stets zu Beratungszwecken kontaktieren. Frank Feuser Mehr dazu Das tätigkeitsbezogene Seminar „Arbeitsstätten“ (TS4) findet vom 6. bis 8. September 2016 in Bad Honnef statt. Das Seminar ist bereits ausgebucht, eine Warteliste vorhanden. Im Jahr 2017 wird es bei anhaltender Nachfrage voraussichtlich zwei Termine geben. Weitere Informationen und Anmeldung: www.bghw.de/seminarteilnehmer 18 • Beitrag BGHW aktuell 2/16 „Der Unternehmer kann Einfluss auf die Höhe seines Beitrags nehmen, wenn er sich für den Arbeitsschutz in seinem Betrieb engagiert.“ Beitragsbelastung in der BGHW rückläufig 480.000 Beitragsbescheide werden in diesen Tagen versendet. Der BGHW-Vorstandsvorsitzende Dr. Rainhardt von Leoprechting erläutert die aktuelle Beitragsentwicklung und die Rolle der Selbstverwaltung. Herr Dr. von Leoprechting, wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung der Beiträge? Das ist eine erfreuliche Entwicklung gegen den allgemeinen Trend. Die BGHW konnte die Beitragslast im Schnitt leicht senken. Und das, obwohl die Ausgaben für Leistungen im Gesundheitswesen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind und zum Beispiel bei zahlreichen Krankenversicherungen inzwischen Zusatzbeiträge erhoben werden. Dies ist nicht zuletzt auf die gute Präventionsarbeit der Mitgliedsunternehmen der BGHW zurückzuführen. Denn jeder Unfall, der verhindert wird, mindert Leid und zieht keine Entschädigung nach sich. Aber auch die Anstrengungen der BGHW, die sonstigen Kosten zu begrenzen, zeigen hier Wirkung. Wie wirkt die Selbstverwaltung auf die Beitragsgestaltung ein? Bei der Berechnung des Beitrags gibt es drei Komponenten: Zwei davon sind vom Unternehmen abhängig: die Gefahrklasse und die gemeldete Entgeltsumme. Der dritte Faktor ist der Beitragsfuß. Dieser Beitragsfuß wird jedes Jahr neu festgelegt. Und zwar nicht von der Verwaltung der BGHW, sondern vom Vorstand, also den Spitzenvertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Selbstverwaltung hat also einen maßgeblichen Einfluss auf die Berechnung der Beitragshöhe und sorgt dafür, dass mit Augenmaß und zum Wohle der Beitragszahler vorgegangen wird. So gilt, neben der Kostenseite, unser Augenmerk seit Jahren besonders dem Thema Rückstellungen für zukünftige Pensionslasten. Wir wollen vermeiden, dass wir Lasten auf zukünftige Generationen verschieben, und sorgen deshalb für jährlich angemessene Zuführungen zum Pensionsfond. Das führt langfristig zur Kostenstabilisierung in diesem sensiblen Bereich. Warum erhebt die Berufsgenossenschaft eigentlich erst nachträglich die Beiträge? Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass eine Berufsgenossenschaft nicht ge- Beitrag • 19 BGHW aktuell 2/16 Was sind denn diese gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben? Aufgabe der BGHW ist die Verhinderung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Nach Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit haben wir die Aufgabe, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und eventuell Entschädigungen zu zahlen. Mit den Beiträgen löst die Berufsgenossenschaft den Unternehmer grundsätzlich aus der Haftung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten ab. Sie übernimmt die Kosten für die medizinische Komplettversorgung und bietet den betroffenen Mitarbeitern eine vollständige wirtschaftliche und soziale Absicherung aus einer Hand. Der Unternehmer muss keine Angst vor horrenden Schadensersatzansprüchen seiner Angestellten haben, die seinen Betrieb unter Umständen ruinieren könnten. Stattdessen kann er mit einem kalkulierbaren finanziellen Posten rechnen: Seit Jahrzehnten ist der durchschnittliche Beitragssatz in der gesetzlichen Unfallversicherung stabil. Eine weitere gesetzliche Aufgabe ist die Prävention. Was bekommt der Unternehmer hier? Wichtigste Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist es, Arbeitsunfälle zu verhüten und Berufskrankheiten zu vermeiden. Konkret bedeutet dies, dass die Präventionsexperten der BGHW Unternehmen in allen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes beraten. Ein contrastwerkstatt - Fotolia winnorientiert arbeitet – anders als zum Beispiel eine private Versicherung. Die Beiträge werden jedes Jahr so bemessen, dass sie die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben abdecken. Beratung rund um den Arbeitsschutz ist im Beitrag zur Berufsgenossenschaft enthalten Unternehmer muss also nicht teuer diese Leistungen anderweitig einkaufen, sondern bekommt alles ohne zusätzliche Kosten. Der Unternehmer und seine Mitarbeiter können außerdem an Seminaren und Schulungen teilnehmen oder Ausbildungs- und Schulungsmaterial anfordern. Wofür gibt die Berufsgenossenschaft sonst noch Geld aus? Über 90 Prozent der Ausgaben der BGHW fließen in gesetzlich vorgeschriebene Leistungen, die direkt den Versicherten und Unternehmern zugutekommen. Weniger als neun Prozent werden für die Verwaltung aufgewendet. Der Vorwurf der Verschwendungssucht, den man ab und zu hört, ist also nicht berechtigt. Im Übrigen sind die Berufsgenossenschaften per Gesetz dazu gehalten sparsam zu wirtschaften. Unter anderem muss der Spitzenverband DGUV dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales jährlich zur Optimierung der Verwaltungskosten berichten. Gibt es für Unternehmer Möglichkeiten, auf ihre Beitragshöhe Einfluss zu nehmen? Der Unternehmer kann Einfluss auf die Höhe seines Beitrags nehmen, wenn er sich für den Arbeitsschutz in seinem Betrieb engagiert. Der Gesetzgeber hat bestimmt, dass die Berufsgenossenschaften den Unternehmen Zuschläge zum Beitrag auferlegen und Nachlässe bewilligen können. Die BGHW hat das Beitragsausgleichsverfahren in der Satzung geregelt. Liegt das Unfallgeschehen in einem Unternehmen um mehr als 25 Prozent über dem Durchschnitt, so wird ein Zuschlag in Höhe von Zehn von Hundert des Beitrags nach Gefahrtarif gewährt. Liegt es um mehr als 25 Prozent unter dem Durchschnitt, wird ein Nachlass ebenfalls in Höhe von Zehn von Hundert des Beitrags nach Gefahrtarif gewährt. Daher rechnet sich eine wirksame Prävention. (be) Mehr dazu Weitere Informationen zur Beitragsrechnung und zum Beitragsausgleichsverfahren erhalten Sie auf der Internetseite der BGHW. Auf Seite 22 in dieser Ausgabe haben wir alle Serviceangebote der BGHW zusammengestellt. 20 • Beitrag BGHW aktuell 2/16 Beitragsberechnung I. Berechnung des Beitragsfußes für den „Beitrag nach Gefahrtarif“: Die Festlegung des Beitrages erfolgt nach gesetzlich vorgegebenen Berechnungsverfahren. Die maßgeblichen Faktoren sind: • der Finanzbedarf (Umlagesoll) nach Gefahrtarif • die Beitragseinheiten • das Gesamtarbeitsentgelt und die Versicherungssummen • die Gefahrklassen • der Beitragsfuß Finanzbedarf (Umlagesoll) nach Gefahrtarif Das Umlagesoll umfasst den gesamten Finanzbedarf, der gefahrklassenbezogen verteilt wird. Der Finanzbedarf ergibt sich aus den Ausgaben der Berufsgenossenschaft und dem zu berücksichtigenden Anteil an der Lastenverteilung. Nähere Informationen über die Lastenverteilung entnehmen Sie unserer Internetseite unter www. bghw.de/unternehmer/beitrag. Berechnung der Beitragseinheiten Die Beitragseinheiten sind eine Rechengröße, die für die Aufteilung des Umlagesolls auf die einzelnen Mitgliedsunternehmen erforderlich ist. Sie werden aus der Multiplikation der Arbeitsentgelte bzw. der Versicherungssummen mit den jeweiligen Gefahrklassen aller Unternehmen ermittelt. Er wird nach folgender Formel berechnet: Umlagesoll x 1000 = Beitragsfuß Beitragseinheiten aller Unternehmen Der Finanzbedarf „Beitrag nach Gefahrtarif“ beträgt 940.205.201,83 €. Finanzbedarf „Beitrag nach Gefahrtarif“ x 1000 = Beitragsfuß Beitragseinheiten aller Unternehmen 940.205.201,83 € x 1000 = 3,89 € 241.697.995.330 € Der Vorstand hat beim „Beitrag nach Gefahrtarif“ für 2015 einen Beitragsfuß von 3,89 € festgesetzt. Der Mindestbeitrag beträgt 60 Euro. Er wird erhoben, wenn der regulär berechnete Beitrag unter dem Mindestbeitrag liegt. II. Berechnung des Beitragsfußes für den „Beitrag nach Entgelten“: Bei dem „Beitrag nach Entgelten handelt es sich um die Lastenverteilung (Überaltlast nach Entgelten). Der Finanzbedarf (Umlagesoll) für 2015 betrug 218.173.868,19 €. Das Gesamtarbeitsentgelt der Mitgliedsbetriebe beträgt 121.179.405.332 Euro (+4,1 % zum Vorjahr). Die Versicherungssumme der Unternehmer ist mit 3.162.418.878 Euro um 16,0 % zurück gegangen. Die Summe aus beiden liegt mit 124.341.824.210 Euro um 3,5 % über der des Vorjahres. Finanzbedarf „Beitrag nach Entgelten“ x 1000 = Beitragsfuß Beitragspflichtiges Entgelt der Unternehmen Die Gefahrklasse ist ein Maß für das Unfall- und Gesundheitsrisiko (Gefährdungsrisiko) eines Gewerbezweigs und wird alle sechs Jahre von der Berufsgenossenschaft den aktuellen Verhältnissen angepasst. Die Gewerbezweige werden durch die Gefahrklassen entsprechend ihrem Gefährdungsrisiko am Beitragsaufkommen beteiligt. Dies dient der Beitragsgerechtigkeit. Der Vorstand hat beim „Beitrag nach Entgelten“ für 2015 einen Beitragsfuß von 2,21 € festgesetzt. Berechnung des Beitragsfußes Der Beitragsfuß ist der Betrag, den ein Unternehmer pro 1000 Euro Arbeitsentgelt- und Versicherungssumme bezahlen müsste, wenn sein Unternehmen der Gefahrklasse 1 zugeordnet wäre. 218.173.868,19 € x 1000 = 2,21 € 98.721.207.327,00 € Berechnung Ihres Mitgliedsbeitrages I. „Beitrag nach Gefahrtarif“: Hierzu werden die Arbeitsentgelt- und/oder Versicherungssumme Ihres Unternehmens, die Gefahrklasse (GK) des Gewerbezweiges, dem Ihr Unternehmen angehört, und der Beitragsfuß (BF) für 2015 miteinander multipliziert und durch 1000 geteilt: (Arbeitsentgelt- und/oder Versicherungssumme) x GK x BF = Beitrag nach Gefahrtarif 1000 Beitrag • 21 BGHW aktuell 2/16 Arbeitsentgelt x BF = Beitrag nach Entgelten 1000 Igor Negovelov - Fotolia II. „Beitrag nach Entgelten“ Die Berechnung Ihres „Beitrags nach Entgelten“ erfolgt nach folgender Formel: DER BEITRAGSBESCHEID Wichtige Hinweise Mehrere Beitragsbescheide Versicherungen für Unternehmer und Ehegatten werden jeweils unter einer eigenen Mitgliedsnummer geführt; für sie werden separate Beitragsbescheide verschickt. Beitragsfuß Der Beitragsfuß ist der vom Vorstand auf je 1000 Euro Arbeitsentgelt festgesetzte Beitrag in der Gefahrklasse 1. Zahlungsfristen Die Beiträge müssen bis zum 15.05.2016 dem Konto der Berufsgenossenschaft gutgeschrieben sein. Ratenzahlung/Stundung Die in Rechnung gestellten Beiträge decken die Ausgaben des abgelaufenen Kalenderjahres. Im Gegensatz zu anderen Berufsgenossenschaften erhebt die BGHW keine Beitragsvorschüsse. Daher müssen die Beiträge fristgerecht gezahlt werden. Nur in wenigen begründeten Ausnahmefällen besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit zu einer Ratenzahlung oder Stundung, wenn der Anspruch hierdurch nicht gefährdet ist. Diese kann nur gegen Verzinsung und in der Regel gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Begründete Anträge müssen vor Fälligkeit des Beitrags schriftlich gestellt werden. Lastschriftverfahren Wenn Sie am Lastschriftverfahren teilnehmen, haben Sie folgende Vorteile: – Die Beiträge werden erst zum Fälligkeitszeitpunkt abgebucht. – Die Beiträge gehen rechtzeitig ein; die gesetzlich vorgeschriebenen Säumniszuschläge von 1 Prozent pro Monat werden dadurch vermieden. Vorgedruckte Einzugsermächtigungen sind dem Beitragsbescheid beigefügt. Senden Sie bitte die Einzugsermächtigung so rechtzeitig zurück, dass sie uns spätestens zum 08.05.2016 vorliegt. Die Einzugsermächtigung kann auch online erteilt werden. Gehen Sie hierzu unter www.bghw.de ins Extranet. Die notwendigen Zugangsdaten wurden Ihnen bereits zugesandt oder können bei der BGHW angefordert werden. Überweisungen Bitte verwenden Sie den Überweisungsträger, den wir dem Bescheid beigefügt haben. Legen Sie diesen rechtzeitig Ihrem Geldinstitut vor, da der Zahlweg einige Tage in Anspruch nimmt. Bei Online-Überweisungen bitte unbedingt die jeweilige Mitgliedsnummer angeben. Scheckzahlungen Von Scheckzahlungen bitten wir wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes abzusehen. Sollten Sie dennoch ausnahmsweise diese Zahlungsart wählen, muss der Scheck spätestens am 06.05.2016 der Berufsgenossenschaft zugegangen sein. Vorsteuerabzug Die Berufsgenossenschaft ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht mehrwertsteuerpflichtig. Aus diesem Grund ist in unseren Beitragsbescheiden keine Mehrwertsteuer ausgewiesen und auch keine Steuernummer vermerkt. Ein Abzug von Vorsteuern bei Zahlungen an uns kann deshalb nicht vorgenommen werden. 22 • Beitrag BGHW aktuell 2/16 Beitragsrechnung 2015 — Ihr Draht zur BGHW Die BGHW hat die Beitragsbescheide für 2015 Mitte April versandt. Die angeforderten Beiträge müssen bis zum 15. Mai 2016 auf dem Konto der BGHW eingegangen sein. Haben Sie Fragen rund um Ihre Beitragsrechnung, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich zu informieren. Online Umfangreiche Informationen zu den Themen Beitrag und Beitragsrechnung finden Sie auf der BGHW-Internetseite. So auch Details zur Beitragsumlage und Umlagerechnung 2015. Unter anderem: Zum Ausfüllen des Entgeltnachweises enthält der Vordruck die notwendigen Zugangsdaten. Für die weiteren angebotenen Services des Extranet können Sie die Zugangsdaten schriftlich oder telefonisch anfordern. https://extranet.bghw.de • Erläuterungen zur Beitragsberechnung • Ein Filmbeitrag mit Erklärungen, wie das Beitragsausgleichsverfahren funktioniert (Beitragsausgleichsverfahren) • Wichtige Informationen zur DEÜV-Meldung und zu den aktuellen Änderungen im Lohnnachweisverfahren Telefonisch Wenn Sie eine persönliche Beratung zum Thema Beitragsberechnung benötigen, erreichen Sie uns montags bis Freitag von 8 bis 18 Uhr: BGHW-Servicehotline: 0621-5339-9001 Im Extranet können Sie zum Beispiel den Entgeltnachweis, der die Grundlage der Beitragsberechnung ist, direkt online ausfüllen oder die Unfallliste, die dem Beitragsausgleichsverfahren zugrunde gelegt wird, abrufen. Weitere Kontaktmöglichkeiten Telefax: 0621-183-65330 E-Mail: [email protected] Post: BGHW, Abteilung MuB, 68145 Mannheim Zerbor www.bghw.de, Rubrik Unternehmer/Beitrag (Webcode 14960560) Recht • 23 BGHW aktuell 2/16 Elektronische Unterweisungen unterstützen Immer mehr Unternehmen setzen in der Praxis auf elektronische Unterweisungen. Auch die BGHW bietet computergestützte Lernprogramme an, die den Anforderungen elektronischer Unterweisungen entsprechen. Aber sie sind nur Hilfsmittel und dürfen herkömmliche Unterweisungen nicht ersetzen. Inhalte einer Unterweisung auch vermittelt werden. Außerdem muss sich der Unternehmer vergewissern, ob die Beschäftigten die Unterweisung verstanden haben. Das kann er erreichen, indem er Verständnisfragen stellt, sich Handlungsabläufe vorführen lässt oder die Arbeitsweise des Beschäftigten beobachtet. Elektronische Unterweisungsprogramme haben eine Reihe von Vorteilen: Sie erfordern wenig Organisationsaufwand. Die Lernenden sind nicht an feste Uhrzeiten gebunden, und das Lerntempo kann selbst bestimmt werden. Außerdem sind diese Programme meist unterhaltsam und motivierend gestaltet mit Filmen und interaktiven Mitmachmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang wird oft die Frage gestellt: Wie rechtssicher ist die Verwendung von elektronischen Lernprogrammen und kann diese die persönliche Unterweisung am Arbeitsplatz ersetzen? Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet seine Beschäftigten arbeitsplatzbezogen zu unterweisen. Das heißt, die Unterweisung muss auf die individuelle Arbeitssituation zugeschnitten sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen, so heißt es in einem Urteil des Landesgerichts Hamm, aus der Unterweisung ein Verhalten ableiten können, das auf eine konkrete Arbeitsplatzsituation bezogen und eindeutig bestimmbar ist. Die Unterweisung muss insbesondere arbeitsplatzbezogene Gefährdungen, Gefahrenabwehrmaßnahmen und Verhaltensweisen im Gefahrfall entsprechend der Betriebsorganisation und den räumlichen Gegebenheiten umfassen. Wichtig dabei ist, dass die Mitarbeiter die Inhalte einer Unterweisung auch verstehen. Entsprechend müssen die Es reicht auch nicht, den Mitarbeitern einfach ein paar Unterlagen zu überreichen. So hat zum Beispiel das Kammergericht Berlin in einem Beschluss darauf hingewiesen, dass die alleinige Bekanntgabe von Vorschriften „im Umlaufverfahren“ den Anforderungen an Unterweisungen nicht genüge, wenn der Arbeitgeber nicht kontrolliere, ob seine Mitarbeiter den Inhalt auch gelesen und verstanden haben. Vielmehr, so das Gericht, seien immer mündliche Erläuterungen notwendig. Hieraus ergibt sich, dass Unterweisungen, die ausschließlich mit elektronischen Hilfsmitteln erfolgen, nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Elektronische Medien sind allenfalls als Hilfsmittel einsetzbar. Elektronische Unterweisungshilfen dienen dazu, in die jeweilige Thematik einzuführen und vor der eigentlichen Unterweisung allgemeine Wissensinhalte zu vermitteln. Sie bereiten die Unterweisung vor, sodass diese zeitlich gestrafft werden kann. Elektronische Hilfen können aber keinesfalls persönliche Unterweisungen vollständig ersetzen. Denn der Unterweisende muss sich ein Bild davon machen, ob der unterwiesene Beschäftigte auch die betreffenden Unterweisungsinhalte verstanden hat. Eine arbeitsplatzbezogene persönliche Unterweisung vor Ort ist daher meistens unverzichtbar. Mehr dazu Die computergestützten Lernprogramme der BGHW finden Sie im Medienshop auf der Internetseite in der Rubrik „Digitale Medien“: • „Sicher arbeiten. Gesundheit schützen“ (CBT1), auf DVD oder online • „Gabelstapler-Ausbildung“ (CBT4), auf DVD • „Gekonnt gedeichselt“ (CBT5), auf DVD oder online BGHW aktuell 2/16 Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik • 68145 Mannheim PVSt Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt, ZKZ 77367 und zurück. Zur Arbeit So viel ist und zurück. sicher. So viel ist sicher. Unser Versicherungsschutz endet nicht am Werkstor. Wir versichern alle abhängig Beschäftigten auch auf dem Weg zur Arbeitsstelle und wieder zurück. Selbst dann, wenn Kollegen oder Kolleginnen abgeholt oder Kinder zur Schule gebracht werden müssen. Wir machen das. Ihre Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Unser Versicherungsschutz endet nicht am Werkstor. Wir versichern alle abhängig Beschäftigten auch auf dem Weg zur Arbeitsstelle und wieder zurück. Selbst dann, wenn Kollegen oder Kolleginnen abgeholt oder Kinder zur Schule gebracht werden müssen. Wir machen das. Ihre Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. www.dguv.de/wir-machen-das