PDF Datei aus "Global Angler" 1-2011

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JARDINES DE LA REINA KUBA
KUBA JARDINES DE LA REINA
KUBA
J
ardines de la Reina – vier spanische Worte. Süß wie Honig, feurig wie Salsa
klingen sie und heißen ins Deutsche übersetzt „Die Gärten der Königin“. Die
Schönheit dieser Gärten findet man jedoch nicht etwa in Form gestalteter
Landschaften, sondern direkt über und unter dem Meeresspiegel. In schier
unendlich erscheinenden Mangrovenwäldern und prächtigen Korallenriffen wimmelt
es von marinem Leben aller Art. Das Naturschutzgebiet der „Jardines liegt der
größten Antilleninsel vorgelagert an der Karibikseite im Süden Kubas und besteht
aus mehr als 650 Koralleninseln. Auf dem nur mit einer mehrstündigen Bootsfahrt
erreichbaren Archipel gibt es keine Siedlungen, keine Dörfer, keine Hotels.
Mirjana Pavlic von FLYFISHING
EUROPE bewundert einen blitzeblanken kubanischen Bonefish aus den
Gärten der Königin.
Text: Thomas Michael
Fotografie: Michael Bolscho,
Thomas Michael
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JARDINES DE LA REINA KUBA
Auf dem nur mit einer mehrstündigen Bootsfahrt erreichbaren Archipel
gibt es keine Siedlungen, keine Dörfer, keine Hotels. Nur eine Handvoll
kubanischer Fischer gehen hier gelegentlich dem Fischfang nach. Doch
auch sie können in dieser abgeschiedenen Wasserwelt nur kurze Zeit verbringen. So sind die kleinen Inselchen
einer der letzten, wirklich unberührten Flecken auf diesem Globus, wo so
begehrte Fischarten wie der Bonefish,
der Tarpon und der Permit auf uns Fliegen- und Spinnfischer in großer Zahl
warten. Entsprechend erwartungsvoll
fantasierten wir von den bevorstehenden Erlebnissen, als wir unsere Seesäcke, Taschen und Rutenrohre auf
das Boot verluden, das uns von dem
kleinen Fischerdorf Jucaro zu den Jardines de la Reina bringen würde.
Wir, das waren die Münchner Freunde Lothar, Michel und Bertel sowie Mirjana Pavlic von Flyfishing Europe und
ich. In einem klimatisierten Reisebus
hatte man uns und 8 weitere Angler
mit einer entspannten mehrstündigen
Fahrt von Havanna hierher gebracht.
Seit fünf Uhr in der Früh waren wir
schon wach und hatten von unseren
bequemen Sitzen aus die weitläufige
Landschaft Kubas mit Zuckerrohrplantagen, Weideflächen, kleinen Palmenhainen und winzigen Siedlungen mit
bunten Häuschen und ihren überaus
entspannt wirkenden Bewohnern in
zum Teil noch bunterer Garderobe angeschaut. Nun plauderten wir mit den
anderen Anglern, die genau wie wir,
auf dem Weg zu den Jardines waren.
Auf unserem Boot hatten wir die
Gesellschaft von einem italienischen
Spinnangler und einem argentinischen Fliegenfischer. Die anderen
sechs Angler stammten allesamt aus
Argentinien und bestiegen ein zweites
Transferboot. Alle waren in freudiger
Erwartung, alle fantasierten von den
erhofften Fängen, die häufigsten und
in dem Sprachengewirr aus Deutsch,
Italienisch und Spanisch alle Sprachbarrieren überspringenden Worte lauteten „Bonefish“, „Permit“ und „Tarpon“. Zwischen zahlreichen Booten,
Flats-Skiffs und Kajaks, die auf dem
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Vorplatz der kleinen Hafenanlage
standen, wuselten Kubaner um uns
herum, die sich uns als unsere Guides und Lodgepersonal vorstellten.
Sie hatten das Wochenende daheim
bei ihren Familien verbracht, um nun
wieder für eine längere Zeit zu ihrem
Arbeitsplatz aufzubrechen: Den Gärten der Königin.
KUBA JARDINES DE LA REINA
Die „Tortuga“ liegt als schwimmende
Lodge mitten in der Inselwelt der Jardines
de la Reina.
Die Zahl und Größe der Bonefishflats
in den „Jardines“ erscheint endlos.Viele der
Flats sind wunderbar zu bewaten.
Mit dumpfem Brabbeln
sprang der Motor unseres Transferbootes an,
das Zeichen zum Aufbruch. Leinen los und innerhalb weniger Minuten
wurde der Hafen hinter
uns kleiner und kleiner
bis er schließlich hinter
dem weiß schäumenden
Schraubenwasser in weiter Ferne verschwand.
Vorbei an leuchtenden
Riffstrukturen und einigen kleinen, mit Mangroven und Buschwerk bewachsenen Inseln fuhren
wir auf das türkisfarbene
Wasser des offenen Meeres hinaus,
das bis zu den Jardines flach blieb
und niemals eine dunklere Farbe als
ein sattes Mittelblau erreichte. Hier
und da raubten Fische an der Oberfläche, hier und da sauste ein Houndfish auf der Schwanzflosse über den
Meeresspiegel, da und dort sahen wir
Delfine. Ich atmete tief durch, genoss
die frische Meeresluft und den kühlen
Fahrtwind. Meine Freunde hatten es
sich auf den Sitzen im Boot bequem
gemacht, die Guides lagen entspannt
auf dem Boden oder rauchten Zigaretten auf dem Achterdeck. Bald verstummten die Gespräche zwischen
den Anglern, die mehr und mehr in
eine Art Trancezustand verfielen und,
Mit Vollgas hinaus auf die Flats. Der
Fahrtwind vertreibt die letzten Gedanken an
den Alltag.
mit offenen Augen träumend, auf die
Ankunft an unserem Zielort warteten.
Die „Floating Lodge“
Nach einer Weile tauchten Inseln vor uns auf, deren Bewuchs mit
schwarzen und weißen Mangroven
mich gleichermaßen an die Vegetation in den Bahamas wie auch an Floridas Golfküste erinnerte. Eine, wenn
auch nicht spektakuläre, für mich jedoch besondere Kulisse. Hatte ich
doch diese Kombination noch an keinem anderen Ort der Welt gesehen.
Und wenig später dann bog
unser Boot in einen in allen
Blautönen schillernden Kanal ein, der tief in den Mangrovenwald
hineinführte,
bis sich die schmale Durchfahrt in eine große Lagune
öffnete, in deren Zentrum
unser schwimmendes Hotel
auf uns wartete. Die „Tortuga“, ein 33 Meter langes,
doppelstöckiges Hausboot.
Bei einem kalten WelcomeDrink ließen wir uns in die
gemütlichen Stühle auf
dem vorderen Deck sinken,
während die Crew unser
Gepäck in unseren Kabinen
verstauten. Tony, der Manager unserer schwimmenden Lodge, weihte uns
in die Gebräuche und bevorstehenden Tagesabläufe ein und gemeinsam
mit den Guides gab er uns Tipps und
Hinweise zur Fischerei. Zustimmend
nickenden Blicken in unsere Fliegendosen folgte das allgemeine Zusammenbauen der Angelausrüstungen.
Während wir und unser argentinischer
Kollege einen Wald aus Fliegenruten
an Deck aufstellten, schraubte der
Italiener Stellas und Dogfights an seine schweren Spinnruten. Offensichtlich hatte er vor, an den Riffen mit
großen Topwater Lures zu fischen und
erzählte mit strahlenden Augen von
seinen bevorstehenden Auseinander-
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JARDINES DE LA REINA KUBA
KUBA JARDINES DE LA REINA
Nahrungsüberfluss
schlemmenden
Fische mit ihrer Tarponfliege betören
zu können. Nach etlichen Versuchen
verstaute Arjelios den Pushpole wieder, warf den Motor an und fuhr an
eine andere Stelle, wo wir die Skiffs
ankerten und auf einem dem Strand
vorgelagerten Riffplateau zu Fuß auf
die Suche nach Bonefish zu gingen.
Arjelos mit Mirjana an seiner rechten
Seite schlichen voran, gefolgt von Michel und mir mit unseren schussbereiten Fotoapparaten. Leonardo blieb
währenddessen bei den Booten. Nach
wenigen Minuten war die erste Schule Bonefish gesichtet und wurde von
Arjelos und Mirjana in geduckter Hal-
setzungen mit gewaltigen Crevalle
Jacks und Cubera Snappern. Bald war
alles aufgeriggt und die Ruten hingen
übersichtlich sortiert in den Rutenhalten am Vordeck. Nach einem schnellen, schmackhaften Snack bestiegen
wir für ein paar Stunden Nachmittagsfischerei die bereitstehenden Dolphin Flats-Skiffs. Michel und Mirjana
begaben sich in die Obhut von Arjelios, den seine Guide-Kollegen wegen
seiner äußerst dunklen Hautfarbe „El
Negrito“ nannten. Lothar und Bertel stiegen in das Boot von Eduardo.
Und ich schüttelte die Hand eines jungen Kubaners, der sich mir mit einem
Sonnenscheinlächeln als Leonardo
vorstellte. Ihm stand eine besondere
Aufgabe bevor, denn wir beide würden
die Fische vornehmlich mit der Kamera und nur eher selten mit der Fliege
fangen. Wir waren das „Kameraboot“
und wollten die anderen beiden Boote auf ihren Ausfahrten begleiten, um
Fotos und Videos zu schießen. Nach
einem intensiven Briefing über das
Was und Wie starteten wir die Motoren, tuckerten im Standgas durch einen der zahlreichen, aus der Lagune
hinausführenden Channels, um dann
an dessen Mündung in die offene Weite der Flats die ultraflachen Boote
zu beschleunigen und mit Höchstgeschwindigkeit förmlich über den Wasserspiegel zu fliegen.
Erste Fischkontakte
Bald schon mussten wir die Geschwindigkeit drosseln, denn ein
kräftiger Wind pustete Wellen aufs
Meer. Unsere Guides brachten uns in
den Windschatten hinter den Inseln,
Lothar und Bertels Boot legte neuen
Kurs an und so trennten sich unsere Wege. Leonardo und ich hängten
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Etliche Würfe und zwei Bonefish
später traten wir bei schon tiefstehender Sonne die Rückfahrt zur „Tortuga“ an, um dort die Erlebnisse des
ersten Nachmittags bei köstlichen
Kaltgetränken mit mal mehr, mal weniger Alkoholgehalt und schließlich einem opulenten Meeresfrüchte-Dinner
in angeregten Gesprächen miteinander auszutauschen. Auch Bertel und
Lothar hatten erste Fischkontakte
mit Tarpon und Bonefish gehabt. Mojitos begleiteten den spektakulären
Sonnenuntergang mit dem Aroma
von Minze und Rum, wir hatten den
Zustand genussvollster Urlaubsstimmung erreicht. Der Alltag war vergessen. Als wir in die Betten in unseren
geräumigen Kabinen fielen, drehten sich die Gedanken und Träume
nur noch um die glitzernden Flossen,
grün schimmernden Rücken und pfeilschnellen Fluchten der faszinierenden
Fische dort draußen, in den prächtigen Gärten der Königin.
Looki to mi – strippi di slow
Den ersten ganzen Angeltag begrüßte ich auf dem Sonnendeck der
„Tortuga“. Kaffee schlürfend lauschte
ich dem fast unhörbaren Plätschern
winziger Wellen, die rings um das
Mutterschiff das Gewirr des Mangrovenwurzelwerks umspülten, übertönt
von leisen Stimmen und dem Geklimper von Geschirr aus der Küche, wo
Schiffskoch und Helferinnen sich fleißig um das Frühstück kümmerten. Die
Sonne kroch über den dunklen Schattenriss des Mangrovenwaldes und
hauchte ein zartes Violett mit rosa
Schleiern über die Szenerie der Ruhe.
Tief in den
Mangroven auf
der Suche nach
Tarpon.
Michel mit einem
stattlichen Bonefish,
den er trotz Starkwind
und Wellen erspähte
und dann an seine
Fliege locken konnte.
Die Jardines
haben einen
hervorragenden
Bestand von
standorttreuen
Baby-Tarpon, die
zu jeder Jahreszeit eine spannende Fischerei
bieten.
uns in Arjelios Kielwasser und wollten
bei ihm, Michel und Mirjana bleiben.
Als perfekter Gentleman ließ Michel
unserer Fliegenfischerin den Vortritt
und Mirjana stellte sich mit der 8-er
Fliegenrute aufs Casting Deck, machte sich wurfbereit und hielt mit der
Bonefishfliege in der Hand und auf
dem Deck ausgelegter Flugschnur
Ausschau nach Fischen. Es war offensichtlich, dass sie bereits einige
Erfahrung im Salzwasserfliegenfischen hat, was auch Arjelios mit einem anerkennenden Nicken wahrnahm. Wellen und Wind machten
jedoch das Aufspüren und Sichten
von Fischen in dem aufgewühlten
und leicht angestaubten Flachwasser zu einem Expertenjob. So fuhren
wir von einer zur nächsten Angelstelle, auf der Suche nach sichtigerem
Wasser. Schließlich fanden wir einen
Ufersaum entlang eines langen Sandstrandes, wo es von Futterfischen nur
so wimmelte. Hier und da durchbrach
der Rücken eines rollenden Tarpon
den Wasserspiegel. Mirjana tauschte die Achter gegen eine Zehner Rute
und legte den Silver Kings die Fliege vor die Nasen. Jedoch ohne die im
Guide Arjelios releast einen Barrakuda.
Wohl vierzig, vielleicht fünfzig Snapper
pendelten zwischen dem Dunkel unter
dem Schiffsrumpf und dem blaugrau
schimmernden Wasser der Lagune hin
und her. Zwei Houndfish zogen schlängelnd ihre todverheißenden Kreise um
einen Schwarm kleiner Futterfische.
Da unten im Wasser spielte die Natur
bereits morgens um kurz nach sechs
das Spiel vom Fressen und Gefressenwerden. Nach und nach tauchten meine Freunde mit Kaffeetassen in den
Händen und verschlafenen Gesichtern
auf. Still begrüßten wir uns und genossen gemeinsam, doch auch irgendwie
jeder für sich ganz persönlich, die beeindruckende Stille und Schönheit des
erwachenden Tages. Munterer wurde
es dann im Speiseraum beim Schlemmen eines reichhaltigen Frühstücks,
das uns eine gute Grundlage für die
bevorstehenden Anstrengungen gab,
welche fast schon ein wenig euphorisch von uns und unseren argentinischen und italienischen Mitanglern
herbeigeplappert wurden. Während
der Italiener von den großen Cuberas
schwärmte, hatte der Argentinier es
ausschließlich auf den Permit abgesehen. Wir hingegen wollten einfach nur
schauen, welches Programm Petrus für
uns bereithielt und alles fangen, was
die Flats zu bieten hätten. Nach einer
riesigen Portion Eier mit Schinken und
Toast, gefolgt von saftigen Papaya und
Ananas, bestiegen wir die Boote und
fuhren neuen Abenteuern entgegen.
tung angeschlichen. Doch die Fische
schwammen mit exakt der gleichen
Geschwindigkeit fressend und tailend
weiter, wie die beiden Jäger versuchten, sich ihnen auf leisen Sohlen zu
nähern. Endlich blieb der Schwarm
für einen Moment an einer Stelle stehen, vielleicht weil dort gerade etwas besonders Schmackhaftes am
Gewässergrund im Angebot war, und
die Bonefish-Jäger konnten sich den
Fischen auf bequeme Wurfdistanz
nähern. Einen schnellen Wurf mit nur
zwei Leerschwüngen, drei Sekunden
Fliegenabsinkphase und vier kurze
Strips an der Flugschnur später stand
Mirjana mit tief verbeugter Fliegenrute da, die Rolle gab singend Schnur
frei und ein Bonefish sauste mit
Höchstgeschwindigkeit davon. Seine
Versuche, das Flachwasser über die
von kleinen Wellen überspülte Kante des Riffplateaus in Richtung des
tiefen Wassers zu verlassen, parierte Mirjana mit fein dosiertem Gegendruck. So bekamen wir unsere ersten
Fotos für diese Geschichte. Mit einem
blitzeblanken, gut vierpfündigen Bonefish in den Händen einer freudestrahlenden Fliegenfischerin.
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JARDINES DE LA REINA KUBA
KUBA JARDINES DE LA REINA
Mirjana Pavlic von FLYFISHING EUROPE mit dem ersten gelandeten Tarpon
unserer Kuba-Tour.
Zunächst begleiteten wir Lothar und
Bertel, die ihr Guide Eduardo heute an
den Tarpon bringen wollte. Der Wind
hatte seit dem gestrigen Tag erheblich
aufgefrischt und schon bei der Überfahrt durch den ersten Channel bekamen wir alle mehrere kräftige Meerwasserduschen, so hoch waren die
Wellen auf dem Meer, das sich offenbar den Teufel darum scherte, dass wir
eigentlich spiegelglatte Flats erwartet
hatten. Eduardo kurvte auf der Suche nach windgeschützten Angelstellen tiefer und tiefer in die schmalen
Wasserstraßen zwischen dem Mangrovendickicht hinein bis wir schließlich
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auf einem kleinen Flat ankamen, das
ringsum von dichtem Mangrovenwald
umgeben war. Behutsam stakte Eduardo das Skiff entlang der Mangrovenwurzeln, den Blick konzentriert aufs
Wasser gerichtet. Lothar und Bertel
waren beide wurfbereit mit ihren Fliegenruten. Einer im Bug, einer im Heck
des Bootes. Und es dauerte nicht lange, bis Eduardos raue Stimme in gebrochenem Englisch verkündete: “Tarpon five o clock,“ (Tarpon auf 5 Uhr).
Lothar schaute nach fünf Uhr, aber
da war nichts zu sehen. „Long cast!”
(Langer Wurf), rief Eduardo und Lothar warf seine Fliege so weit er konn-
te. Doch scheinbar nicht genau dahin,
wohin er hätte werfen sollen. „Looki
to mi, strippi di slow” (Schau wohin
ich zeige, langsam einstrippen), und
Lothar tat wie ihm geheißen, aber
wohl auch nicht exakt nach Eduardos Vorstellungen. „More wait, more
wait!” (länger warten, länger warten),
Eduardo wurde etwas nervös. Lothar wartete, die Fliege sank zu Boden, der Tarpon war verschwunden.
Nur Minuten später kam der nächste
Tarpon aus dem Gewirr der Mangrovenwurzeln ins Freiwasser und es war
an Bertel, sein Glück zu versuchen.
Doch ihm erging es genau wie seinem
Freund zuvor. Er warf den Fisch an,
so gut es ging, begleitet von Eduardos Ansagen: „Nonono, ischu looki
to me, make a long cast and strippi
di slow, more slow, more slow.” Auch
dieser Fisch bekam die Fliege nicht
zu Gesicht und paddelte lässig seines
Weges. „Oh, oh, shit. Gone away. You
must listen to me. Not stripping fast,
slow, slow!!! (Oh Sch…, er ist weg.
Du musst mir zuhören. Nicht schnell
strippen, langsam, langsam!!!) Nun,
es dauerte nicht lange bis die beiden Münchner Fliegenfischer sich an
Eduardos spezielles Englisch gewöhnt
hatten und seine Kommandos besser
und besser umsetzten. Die Belohnung
folgte auf dem Fuße. In Form eines silberblanken Fisches, der Bertels Fliege
inhalierte, sofort nach dem Biss hoch
aus dem Wasser sprang... und den
Haken abschüttelte. Aber, so ist halt
Tarponfischen.
Eduardo fand immer wieder neue
windgeschützte Plätze und auch immer wieder einige Tarpon, denen die
Freunde ihre Fliegen anbieten konnten. Doch heute blieb es bei einigen
Kontakten mit den Silverkings, die
ohne Fischlandung ausgingen. Trotzdem, Bertel und Lothar berichteten
am Abend voller Begeisterung von ihren Erlebnissen und waren fest davon
überzeugt, dass es nur eine Frage der
Zeit sein würde, wann sie den ersten
Tarpon bis and Boot drillen würden.
Michel und Mirjana erzählten von Barrakudas, Bonefish und auch gesichteten Permit, die sie aber nicht hatten
anwerfen können. Und von einem Tarpon, der nach seinen ersten Sprüngen
eine Fliegenrute in mehrere Teile zerlegt hatte. Unser italienischer Kollege
hatte mit seiner Spinnausrüstung und
großen Poppern mehrere stattliche
Horseye und Crevalle Jacks gefangen.
Und der Argentinier? Er zeigte uns ein
paar Fotos, die sein Guide heute von
ihm gemacht hatte. Von ihm und einem
herrlichen Permit, der auf die „AvalonFliege“, ein von den hiesigen Guides
entwickeltes Erfolgsmuster, hereingefallen war. Auf dem gemütlichen Deck
verplauderten wir alle gemeinsam die
Abendstunden an der gut sortierten
Bordbar, schlürfen Mojitos, ein kühles
Bierchen oder ein Glas
Wein, lauschten Tonis
Geschichten von Anglern und Fischen und
beobachteten Franco,
das gut zwei Meter
lange amerikanische
Krokodil (Crocodylus
akutos), das sich allabendlich zum Dinner
einfand. Es schwamm
gemächlich
näher,
Guide Arjelios versorgt uns mit frischen
Kokosnüssen.
blinzelte uns aus seinen geschlitzten Augen an und wartete geduldig,
dass jemand ein Hühnchen oder einen
Fisch aus der Küche holte und es ihm
mundgerecht, an einer Angelschnur
baumelnd, vor sein zähnestarrendes
Maul hielt. Kaum baumelte der Leckerbissen vor seiner Nase, schnappte
Franco herzhaft zu und drehte sich ein
paar Mal in Krokodilmanier um seine
Längsachse bis das Wasser schaumig
geschlagen und der Leckerbissen von
der Angelschnur abgerissen war. Ein
beeindruckendes Spektakel und eine
wunderbare Abschlussvorstellung vor
dem Zubettgehen.
Geisterjagd bei Starkwind
Angeregt vom Erfolg unseres argentinischen Mitanglers brach Michel am
nächsten Morgen mit Arjelio auf, um
sich an einem Permit zu versuchen.
Spukte der Traum vom Fang dieses
Fisches doch schon so lange durch
seinen Kopf. In Belize hatte Michel
sich schon die Zähne an den scheuen und wählerischen Fischen ausgebissen. Vielleicht würde er ja hier in
Kuba mehr Glück haben. So ergab
sich für meinen Guide Leonardo mit
mir und Mirjana an Bord erstmals wieder die Möglichkeit, nicht nur auf die
Jagd nach Fotos sondern auch nach
Fischen zu gehen. Bertel und Lothar
wollten es, nun wo sie Eduardos sehr
spezielles Englisch zu verstehen gelernt hatten, noch einmal auf Tarpon
versuchen. Und so trennten sich die
Wege unserer drei Boote wenige Minuten nachdem wir gemeinsam von
unserer schwimmenden Lodge losgefahren waren.
Sonne, blauer Himmel und ein
herrlicher Bonefish Lothar im Paradies.
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Mirjana Pavlic von FLYFISHING EUROPE schließt Freundschaft mit einer Hutia, einer
karibischen Baumratte, die sich hocherreut mit frischem Obst füttern lässt.
spannender Pirsch und tollen Drills an
der 8-er Fliegenrute.
Bertel fing diesen Tarpon an einer Abrruchkante zwischen einem Flat und dem gut fünf Meter tiefen Wasser über einem herrlichen Korallengarten.
Wieder schlug ein frischer Wind
weißen Schaum auf das Meer, wieder suchten unsere Guides nach geschützten Stellen im Windschatten
von Inseln und Mangrovenwäldern.
Wieder gestaltete es sich als eine
echte Herausforderung, Fische unter der unruhigen Wasseroberfläche
zu sehen. Leonardo stakte das Boot
entlang eines langen, gelb schimmernden Sandstrandes. Vogelstimmen klangen leise aus dem üppigem
Buschwerk, vom pfeifenden Wind fast
zur Unhörbarkeit überschallt. Die Wellen schlugen in kurzer Kadenz so laut
und schnell gegen den Bootsrumpf,
dass es mich an stürmisches Beifallklatschen erinnerte. Vor uns, fast verborgen unter dem Wellenteppich, erstreckte sich ein dichtes Seegrasfeld
so weit das Auge reichte. Hier und da
unterbrachen gelb oder türkis leuchtende Sandflächen das Dunkelgrün des
Bodenbewuchses. Unter diesen Bedingungen Fische zu sehen verlangt
ein besonders geübtes Auge, erst
recht wenn man nach Bonefish suchte, die nicht von ungefähr als „Geister
der Flats“ bezeichnet werden. Unser
junger Guide Leonardo besaß jedoch
ganz offensichtlich diese Gabe, denn
schon nach wenigen Minuten konzen-
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trierten Schauens flüsterte er uns zu,
dass er eine Schule Bonefish gesichtet
hatte. Mirjana war blitzschnell wurfbereit auf dem Casting Deck im Bug
des Bootes und wir schauten beide
gespannt die Richtung wo Leonardo
uns die Fische ansagte. Nur ein paar
undeutliche Bewegungen waren durch
den von Wellen zerrissenen und verzerrten Wasserspiegel auszumachen,
mehr zu ahnen als zu sehen. Auf Leonardos Ansage brachte Mirjana die
Flugschnur in die Luft und korrigierte die Wurfrichtung und Distanz während dreier Leerwürfe nach Leonardos
exakten Angaben. Etwas mehr nach
links, etwas mehr Schnur, jetzt ablegen, die Fliege auf den Grund sinken
lassen, und anfangen sie einzustrippen
bevor sie das Seegras berührt. Doch
die Fliege blieb unbeachtet. Mirjanas
nächster Wurf platzierte die olivfarbene, einem Crazy Charlie ähnliche
Bonefishfliege einen guten Meter vor
dem Führungsfisch. Prompt nahmen
dieser und sein „Adjudant“ das vermeintliche Leckerchen wahr und beide
Fische folgten der mit kurzen Hopsern
knapp über dem Grasteppich weghuschenden Fliege. Wie meistens war
der etwas kleiner Adjudant schneller
als der große Anführer der Schule und
haschte ihm die Fliege vor der Nase
weg. Mit einem kleinen Freudenjuchzer setzte Mirjana den Haken, hob die
Fliegenrute an und genoss sichtlich
die erste, lange Flucht des blitzschnellen Fisches. Gute zwanzig Meter Backing hatten den Spitzenring passiert
bis der Bonefish langsamer wurde,
stehen blieb und endlich Mirjanas Zug
folgte. Ein paar kürzere Fluchten und
munteres Kreiseziehen um den Bug
des Bootes später war der erste Fisch
des Tages reif für die Landung. Er
mochte wohl etwa drei einhalb Pfund
wiegen und war in allerbester Kondition. Schade, dass wir nicht den Anführer der Schule erwischt hatten, der
annähernd doppelt so groß gewesen
war. Entlang des fast zwei Kilometer langen Seegrasfelder fing Mirjana
noch zwei weitere Bonefish in ähnlicher Größe. Als der Grasteppich immer löchriger wurde und Sandboden
die Vorherrschaft übernahm, verließen wir das Boot, um watend weiterzufischen. Sich auf leisen Sohlen an
gesichtete Bonefish anzuschleichen,
ist noch um ein Vielfaches spannender als sie vom Boot aus anzuwerfen.
Wir mussten ein gutes Stück weit gehen bis wir die ersten Fische fanden,
doch die belohnten unsere Mühen mit
Mittagessen bei Familie Hutia
Zur Mittagszeit steuerten wir auf
eine wohl zwei bis drei Meter tiefe, unter dem klaren, harten Sonnenlicht in
strahlendem Türkis leuchtende Lagune zu. Fasziniert beobachtete ich die
weißen Seidenreiher, die in lebhaftem
Kontrast zum Dunkelgrün des Mangrovenlaubs, Hellblau des Himmels
und Türkis des Wassers im Geäst saßen. Leonardo fuhr durch eine kleine
Nische zwischen dem Unterholz und
machte das Boot an den Mangrovenwurzeln fest. Motorengeräusch kündigte die anderen beiden Boote an,
mit denen wir uns hier zum Mittagessen trafen. Sandwiches mampfend
und Softdrinks schlürfend erzählten
wir uns von den Begebenheiten des
Vormittags. Und während wir so über
verpatzte Würfe, „strippi di slow“-Erlebnisse, Tarponsprünge und gerissene Vorfächer lachten, kündigte sich
Besuch mit lauten Pfeifgeräuschen
an, die aus dem Mangrovendickicht
immer näher kamen. Dackelgroße
Rattentiere mit putzigen Knopfaugen
balancierten über die geschwungenen
und gebogenen Mangrovenwurzel. In
einer Mischung aus Neugier und Vorsicht kletterten die possierlichen Kerlchen immer näher. Manchmal hoben
sie ihre Köpfe und schnüffelten mit
zitternden Schnurbarthaaren den
köstlichen Duft unserer Mahlzeit ein.
Unsere Guide erklärten uns, dass die
„Hutias“ (Baumratten, nicht mit unseren europäischen Ratten verwandt)
ganz scharf auf Obst seien und so
legten wir Mangostücke aus unserem
Obstvorrat auf die Wurzeln. Es dauerte nicht lange, bis die braunfelligen
Kerlchen zufrieden schmatzend in
„Männchenhaltung“ rund um uns saßen, Obst zwischen ihren Vorderpfoten hielten und mit sichtlichem Genuss
an den saftigen Leckerbissen knabberten. Manche ließen sich bald sogar
mit der Hand füttern. Auch wir kamen
schließlich bei der Nachspeise an und
labten uns an frischen Papaya, Mangos und Melonen aus unseren Kühlboxen. Nach einer guten halben Stunde
war es wieder Zeit, fischen zu gehen.
Und so verabschiedeten wir uns von
unseren neuen pelzigen Freunden und
fuhren wieder unseres Weges.
Tarpon und Ostfriesennerz
Der Wind war über die Mittagszeit
noch stärker geworden und stellte unsere Guides vor echte Probleme. Wo
konnte man überhaupt bei diesem
Wind mit der Fliegenrute werfen? Wo
würde man Fische finden und überhaupt sehen? Leonardo löste dieses
Problem schon bald und ließ Mirjana das von einem Mangrovensaum
beschattete Wasser mit Blindwürfen
abfischen. Sie fing einen Mangrove
Snapper nach dem anderen, bekam
eine nervenkitzelnde Barrakuda-Attacke und die Chance, zwei gewaltige Crevalle Jacks anzusprechen, die
im Schlepptau eines gut zwei einhalb
Meter langen Zitronenhais aus einer
Vertiefung zwischen den Mangroven
herausschwammen, doch Mirjnas Tarponfliege lässig ignorierten. Dann
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KUBA JARDINES DE LA REINA
Wir hatten uns so sehr auf die Fischerei konzentriert, dass wir die
dunkle Gewitterfront gar nicht wahrgenommen hatten, die drohend den
Horizont verdunkelte und immer näher kam. Leonardo nahm Kurs auf
unsere Lodge, denn er wollte keinerlei Risiko eingehen. Trotz vorsichtiger
Fahrt schwappten Wellen über den
Bug des Bootes als wir bei der Überfahrt das tiefe Wasser passierten und
es wurde uns klarer und klarer, dass
wir die Lodge nicht rechtzeitig vor
dem Gewitter erreichen würden. Leonardo zog gelbe und orange Regenjacken aus einem Staufach des Bootes, die wir überzogen, um dann im
„Ostfriesennerz“ durch die Karibik zu
schippern. Als die Regenfront immer
näher kam, suchten wir Schutz in einem Mangrovenwald. Das Boot an
den Wurzeln vertäut, hockten wir in
unseren bunten Jacken in einer grünen Höhle, durch deren Blätterdach
der Regen auf unsere Kapuzen herunterprasselte. Wie aus Eimern schüttete es und wir lachten minutenlang
über uns gelb- und orangeleuchtenden Kapuzenzwerge im strömenden
Regen. Als der Regen ein wenig nachließ, wagten wir uns wieder aus unserem Versteck hervor und erreichten
platschnass doch in bester Laune die
„Tortuga“, wo sowohl trockene Kleider als auch schmackhafte Getränke
und ein opulentes Mahl mit kiloweise
Langusten und knusprig gebratenem
Snapper auf uns warteten.
Bonefishdrill auf
einem sehr produktiven Grasflat.
sahen wir den ersten Tarpon. Ein junges, vielleicht zehnpfündiges Exemplar, das majestätisch rollend immer
wieder seinen Rücken den Wasserspiegel durchbrechen ließ. Doch auch
er zeigte kein Interesse an der Fliege. Der nächste Tarpon schenkte der
Fliege einen kurzen Blick, um dann
gelangweilt weiter seines Weges zu
ziehen. Zehn, oder waren es elf Begegnungen mit Tarpon folgten, aber
trotz Fliegenwechselns nahmen alle
den selben unbefriedigenden Verlauf.
Die Silver Kings waren nicht in Fresslaune.
38 GLOBALGAME ANGLER
Wir suchen im Mangrovenwald
Schutz vor dem Unwetter.
Das Wetter, das Wetter...
Auch während der folgenden Tage
wollte das Wetter weiter für die Jahreszeit völlig unübliche Kapriolen
schlagen. Schon am frühen Morgen
blies uns ein starker Wind den Schlaf
aus den Augen und das Gewitter wurde zum Dauergast
an den Nachmittagen. Frust in den
Augen unserer Guides, die immer wieder nach Optionen
suchten, uns trotz
der widrigen Bedingungen an den
Fisch zu bringen.
Gute Laune in den
Gesichtern meiner
Angelfreunde, die
sich durch nichts
und niemanden die
Freude an diesem
Angelurlaub
vermiesen ließen. Sie
fischten ausdauernd, genossen jede
Minute und machten immer das Beste daraus. Michel, der sich auf Permit
konzentrierte, stand stundenlang auf
dem Casting Deck des schwanken-
Gerade rechtzeitig vor dem Gewitter
erreichen wir unsere
schwimmende Lodge.
den Skiffs und schaute sich die Augen aus
dem Kopf, um in dem
aufgewühlten,
milchigen Wasser einen
der hochrückigen, silbernen Traumfische zu entdecken. Zwei
Chancen bekam er, doch die Fliege landete unglücklich und wurde niemals von den
Permit wahrgenommen. Als Belohnung für
seinen hartnäckigen Einsatz fing er einen
wunderbaren, großen Bonefish, den er
selbst im windgepeitschten Wasser auf einem offenen Flat erspäht hatte und nach
langem, spannenden Drill vor die Kamera
halten durfte.
Eröffnung des Tarpon-Buffets
Zwei Tage lang konzentrierten wir uns
auf die Silver Kings, die Tarpon. Nach sehr
feuchten frühmorgendlichen Überfahrten
durch die windgepeitschten tiefen Channels zwischen den Inseln erreichten wir
ein ausgedehntes Flat mit einer Wassertiefe zwischen etwa einem und drei Metern. Boca Grande - große Bucht - nannten unsere Guides diese Angelstelle. Wie
es auch in den Florida Key üblich ist, legten unsere Guide die Skiffs mit in den Boden gerammten Pushpoles per „stakeout“
in etwa 50 Metern Abstand voneinander
fest und mit jeweils einem wurfbereiten
Fliegenfischer auf dem Casting Deck warteten wir auf die hoffentlich in Wurfweite
vorbeiziehenden Tarpon. Es dauerte nicht
lange bis die erste Tarponschule heranrollte. Die grünschimmernden Rücken der
großen Fische durchbrachen immer wieder den Wasserspiegel. Je näher die Fische sich auf uns zubewegten um so mehr
stieg die Spannung. Bertel konnte als erster seine Fliege vor den Schwarm legen
und bekam auch prompt einen Biss. Doch
fand der Haken keinen Halt im harten Maul
des Fisches. Dann hatten die Tarpon Eduardos Boot passiert und bewegten sich auf
bogenförmigem Kurs auf Arjelios Skiff zu.
Das war die Chance für Michel, der unter
gleichzeitigen Anweisungen und Rufen von
Arjelio und Mirjana seine Flugschnur in die
Luft brachte. Doch die Tarpon hatten ihre
Schwimmrichtung geändert und Michels
Wurf fiel zu kurz aus.
Ähnliche Situationen wiederholten sich
in den nächsten zwei Stunden wieder und
wieder. Manchmal schenkten die Tarpon
den Fliegen einfach keine Beachtung. Und
wenn dann doch mal einer sein weit geöffnetes Maul über eine Fliege stülpte, wollte
der Haken nicht greifen. Doch endlich war
der Bann gebrochen. Von Arjelios Boot
schallten aufgeregte Stimmen durch den
Wind, Mirjana stand mit bis ins Handteil
gebogener 12-er im Bug, die Rutenspitze
zeigte gen Horizont und in ihrer gedachten Verlängerung tanzte ein gewaltiger
silberner Fisch über das hellblaue Wasser.
Als Leonardo unser Kameraboot näher an
den Ort des Geschehens gebracht hatte,
war der Tarpon schon weit im Backing und
zog unaufhaltsam immer mehr Schnur
von der singenden Rolle. Mirjana drehte
die Rollenbremse vorsichtig ein wenig fester, stemmte den Fighting Butt der Rute
seitlich gegen die Hüfte und baute mit
seitlich abgewinkelter, flach gehaltener
Rute maximalen Druck gegen den Fisch
auf. Schließlich konnte sie den Wüterich
stoppen, ihn auf einen bogenförmigen
Kurs lenken und mit konstantem seitlichen Druck wenden. Nach wohl fünf Minuten gelang es ihr erstmals, wieder Backing
auf die Rolle zurück zu kurbeln. Doch dann
wurde der Eintrittswinkel der Schnur ins
Wasser immer flacher und die Rolle gab
mit immer schnelleren Umdrehungen der
Spule Schnur frei. Ein sicheres Zeichen
dafür, dass der Tarpon auf dem Weg an
die Oberfläche war und wieder springen
würde. Kaum war der Gedanke zu Ende
gedacht, sprang der Tarpon. Dreimal hintereinander. Von diesem Spektakel zeugte
Sekunden später nur noch ein schaumiger
Schwall mit mehreren Metern Durchmesser. Jubelschreie unserer Fliegenfischerin
begleiteten diese und die nächsten zwei
Sprungserien des Tarpon. Doch trotz aller
Begeisterung und Adrenalinausschüttungen behielt Mirjana einen klaren Kopf. Sie
drillte mit äußerster Konzentration und
nach weniger als zwanzig Minuten schlüpfte das hintere Ende der Flugschnur wieder
in den Spitzenring. Ein paar Kurbelumdrehungen später waren auch schon die
ersten Meter Flugschnur zurück auf der
Rolle und ein Tauziehen zwischen Anglerin
und Tarpon läutete die Schlussphase des
Kampfes ein.
GLOBALGAME ANGLER 39
JARDINES DE LA REINA KUBA
KUBA JARDINES DE LA REINA
i
ANGELGERÄT
Unsere Angler benutzten auf dieser Reise
im wesentlichen folgendes Angelgerät:
Fliegenruten:
WINSTON Boron IIIX #8, 9 und 10
THOMAS & THOMAS Horizon II #8 und 10
Ein weiterer Bonefish, den Mirjana
Pavlic von FLYFISHING EUROPE beim
Watfischen auf einem von Mangroven
gesäumten Sandflat fing.
Die Guides machen eine Pause nach
dem Fischen, bevor sie an die Reinigung
der Boote gehen.
Immer wieder zwang Mirjana den
störrischen Fisch, im Kreis um das
Boot zu schwimmen. Und dann hüpfte sie vom Boot ins Wasser, um die
letzte Minute des Kampfes im kühlenden Nass zu genießen. Leonardo hatte
unser Boot mit dem Pushpole festgelegt und ging gemeinsam mit Arjelios zur Landung des Fisches ebenfalls
ins Wasser. So würden sie den Fisch
nicht in Boot heben müssen und konnten die Landung und das Hakenlösen
für den Tarpon so schonend wie möglich vornehmen. Nach einer schnellen
Fotosession war Mirjana mit ihrem
Tarpon allein im Wasser, hielt ihn behutsam, bewegte ihn vor und zurück
bis er wieder bei Kräften war und sich
mit einem kräftigen Schlag seiner gewaltigen Schanzflosse von ihr verabschiedete.
Mehr Tarpon
Am nächsten Tag fingen sowohl Mirjana als auch Michel und Lothar jeweils einen Tarpon, nur Bertel hatte
immer noch mit dem fehlenden letz-
40 GLOBALGAME ANGLER
ten Quäntchen Glück zu hadern. Alle
fischten auf den Rat der Guides mit
schwarzen oder purpurnen TarponBunnies aus verführerisch spielenden
Kaninchenfellstreifen. Ob diese Muster hier in den Jardines tatsächlich
fängiger sind als klassische Keys Style
Tarponfliegen oder die in den letzten
Jahren so berühmt gewordenen Tasty
Toad Muster, weiß ich nicht. Denn wir
überließen unseren erfahrenen Guides
die Auswahl der Fliegen und die favorisierten nun mal die dunklen Bunnies.
Die meisten Tarpon, die wir entlang
der Mangroven sichteten, mochten
wohl zwischen 10 und 20 lb auf den
Gräten gehabt haben. Etwas größeren
Exemplaren begegneten wir auf den
Grasflats, wo die Tarpon sich an den
gewaltigen Minnow-Schwärmen gütlich taten und wegen des Nahrungsüberangebotes nur schwer für eine
Fliege zu interessieren waren. Wenn
sich jemand unserer Fliegen erbarmte, war es meist ein Barrakuda. In der
Bucht namens Boca Grande jedoch
waren die zweifellos größten Tarpon
unterwegs, die ich auf zwischen etwa
30 und 60 lb schätzte.
Doch es gab noch eine andere, relativ ungewöhnliche Stelle, an der wir
auf Silverkings fischten. Eine lange
Riffkante zwischen den Flats und dem
offenen Wasser, die von etwa einem
Meter auf gute sechs bis sieben Me-
Fliegenrollen:
ABEL Super 8 und 10 Large Arbor
NAUTILUS NV Ten-Eleven
Flugschnüre:
TEENY Bruce Chard WF floating #8, 9, 10
TEENY TS-T 200 und 400
Backing:
BIONIC BRAID
Vorfächer:
FROG HAIR gezogene Fluorocarbon-Votfächer, selbstgeknüpfte Tarponvorfächer aus
MASON Hardmono, TYGer Stahlvorfächer.
Bekleidung:
Hemden, Hosen, Handschuhe und FlatsBoots von SIMMS.
ter Tiefe abfiel. Wie in ein Aquarium
fiel der Blick ins Tiefe, auf gewaltige
Fächerkorallen und Schwämme, zwischen denen sich Tausende bunter Fische tummelten. Ein Taucherparadies
mit einer für die Karibik absolut ungewöhnlichen Artenvielfalt, insbesondere was die verschiedenen Korallen
betrifft. Und ganz offenbar auch ein
Paradies für Tarponfischer. Blindcasting mit dem Tarpon Bunny an einer
Intermediate-Schnur brachte erste
Bisse, einen etwa zwanzigpfündigen
Tarpon für Lothar und am letzten Angeltag noch den langerhofften Fisch
für Bertel, dessen Standhaftigkeit und
Ausdauer mit der Landung eines herrlichen Silver Kings belohnt wurde.
Fazit zur Destination
So fingen alle meine Freunde trotz
der denkbar miserablen Wetterbedingungen ihren kubanischen Tarpon
und auch unser argentinischer Mitangler landete zwei der begehrten Silver Kings. Ich kann gar nicht genug
betonen, wie sehr unsere Fänge von
den außerordentlichen Fähigkeiten
unserer kubanischen Guides abhängig
waren. Die Burschen stakten sich die
Seele aus dem Leib, verfolgten Tarpon- und Bonefish-Schulen auf hartem Abfangkurs gegen den Wind und
die Strömung. Nur wer jemals ein Boot
mit einem Pushpole gestakt hat, kann
diese enorme Leistung beurteilen. Sie
fanden Fische bei Starkwind und bei
Regen und begeisterten uns mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Freundlichkeit. Am letzten Abend vor unserer Abreise luden wir unsere Guides
zu einer gemütlichen Abschiedsfeier
ein. Mit Kaltgetränken, dem obligatorischen Besuch von Krokodil Franco
und kubanischer Musik. Die Stimmung
an Bord erreichte ihren Höhepunkt,
als unsere Guides uns gemeinsam mit
den fleißigen Mädels vom Küchenpersonal zeigten, wie man richtig Salsa
tanzt.
Gegen Mitternacht löste sich die
lustige Gesellschaft langsam auf. Es
wurde still an Bord der Tortuga. Der
Wind war abgeflaut. Natürlich, denn
ab morgen mussten uns die Fische ja
nicht mehr fürchten. Es war der perfekte Moment, um die Woche Revue
passieren zu lassen. Eine Woche voller faszinierender Erlebnisse, mit erstklassiger Fischerei selbst bei widrigen
Bedingungen. Mit exzellenten Guides
und gepflegten Flats Skiffs. Mit hervorragendem Service, fantastischer
Verpflegung und den besten Unterkünften, die man sich mitten im Nirgendwo zwischen Mangroven und
Flats vorstellen kann. Eine Woche, die
man baldmöglichst, mit etwas besserem Wetter natürlich, wiederholen
sollte. Das dachten wohl auch meine
Freunde, die, jeder für sich, irgendwo an Bord mit der Seele baumelten
während ich auf dem Sonnendeck auf
dem Dach der Tortuga stand. Hoch
über uns spannte sich ein klarer, tiefschwarzer Karibikhimmel, übersät mit
tausend funkelnden Sternen. Rund
ums Boot platschen ein paar Jacks
bei ihrer nächtlichen Kleinfischjagd
im Lichtschein der Bootsbeleuchtung.
Die Silhouette eines Nachtreihers
hockte wie ein Scherenschnitt auf der
Krone einer großen Mangrove. Es ist
immer ein tolles Gefühl, an einem der
schönsten und entlegensten Orte der
Welt fischen zu dürfen. Aber diesmal
war es mehr als das. Ich hatte mich
wirklich verliebt.
Franco, das „Hauskrokodil“ kommt
zur Lodge, um sich sein Abendessen
abzuholen.
i
KUBA - CAYO ROMANO
Anreise: Sowohl CONDOR ( www.condor.de)
als auch Airberlin ( www.airberlin.com ) und
Iberia (www.iberia.com) fliegen von verschiedenen deutschen Flughäfen nach Kuba.
Telefon: Deutsche Handys funktionieren in
Havanna ohne Probleme. In der Lodge gibt es
kurioser Weise nur eine Stufe auf der Veranda,
auf der man Empfang hat.
Einreise: Reisende mit Wohnsitz in der EU
benötigen für die Einreise nach Kuba einen
mindestens noch 6 Monate gültigen Reisepass und eine Touristenkarte, die ein Visum
ersetzt. Diese ist für einen Aufenthalt von bis
zu 30 Tagen gültig. Die Touristenkarte ist in
zahlreichen Reisebüros erhältlich, die Kubareisen anbieten. Sie kann auch unter Beifügung von € 22,- mit Verrechnungsscheck
und eines frankierten Rückumschlags in der
Konsularabteilung der Außenstelle Bonn der
Botschaft von Kuba formlos angefordert werden.
Strom: Sie benötigen fast überall einen USAdapter, um die Akkus Ihres Fotoapparates
oder Ihrer Videokamera laden zu können.
Adresse: Botschaft Kuba-Außenstelle BonnKonsularabteilung,
Kennedyallee
22-24,
53175 Bonn Bad Godesberg
internet:
http://emba.cubaminrex.cu/Default.aspx?tabid=10310
Fluggäste von CONDOR erhalten die Touristenkarte von der Airline am Flughafen in
Deutschland am Ticketschalter.
Kuba-Urlauber müssen seit Mai 2010 bei der
Einreise den Nachweis einer Auslands-Krankenversicherung erbringen. Dazu ist es notwendig, Versicherungspolice, Versicherungsschein oder Versicherungskarte der jeweiligen
Reisekrankenversicherung mitzuführen. Es ist
aber auch möglich, auf dem Flughafen in Havanna eine kubanische Krankenversicherung
abzuschließen: Die Kosten liegen zurzeit bei
3,40 US-Dollar - umgerechnet rund 2,60 Euro
- pro Tag und decken medizinische Ausgaben
bei Krankheit und Unfall bis 28 000 Dollar
und Transportkosten bis 7840 Dollar ab.
Impfungen: Es sind keine Impfungen vorgeschrieben. Kuba ist kein ausgewiesenes
Malariagebiet.
Sprache: Amtssprache ist spanisch. Englisch
und Deutsch werden teilweise auch außerhalb der Touristenzentren verstanden.
Geld: Kubanische Landeswährung ist der
Peso Cubano(CUP). Für Touristen ist diese
Währung jedoch unwichtig. Seit 2004 müssen Touristen innerhalb Kubas den Peso convertible (CUC) als Zahlungsmittel verwenden. Dieser ist am günstigsten gegen den
Eintausch von Euro in allen Hotels sowie am
Flughafen zu erwerben. In der Angellodge ist
ein Umtausch nicht möglich, Sie sollten daher
bereits in Havanna bei der Anreise sich entsprechend eindecken.
Klima: Die jährliche Durchschnittstemperatur beträgt 25 ° Celsius. Es gibt keinen Sommer oder Winter. Von November bis April ist
es eher trocken, von Mai bis Oktober kann
es ab und an regnen. Am heißesten sind der
Juli und August mit 32°. Nachts kühlt es dann
auch nur auf 24° ab.
Sicherheit: Kuba ist ein sehr sicheres Land.
Selbst nachts in Havanna kann man sich ohne
Probleme bewegen. Lassen Sie dennoch ihre
Wertsachen nicht unbeaufsichtigt.
Deutsche Botschaft: Die Deutsche Botschaft
finden Sie: Calle 13, No.652, esq. Calle B (
Vedado ), Ciudad de La Habana, Tel. 07/ 833
2569
Fremdenverkehrsamt: Kubanisches Fremdenverkehrsamt, Kaiserstrasse 8, D-60311
Frankfurt/Main, Telefon: ++49(0)69-288322
Fax: ++49(0)69-296664
E-Mail: [email protected]
www.cubainfo.de
Preise: Je nach Saison kostet basierend auf
Unterkunft im Doppelzimmer und 2 Anglern
pro Boot ein Arrangement mit 2 Zwischenübernachtungen im 5-Sterne Hotel in Havanna, Bustransfers zwischen Hotel und Jucaro,
Bootstranfers zwischen Jucaro und Tortuga,
6 Übernachtungen auf der Tortuga mit Vollverpflegung und 5 ganzen sowie 2 halben
Angeltagen mit Boot und Guide zwischen
3.980,- und 5.980 US-$ pro Person. US-$
1.700,- Zuschlag bei alleiniger Nutzung von
Boot mit Guide. Einzelzimmerzuschlag für das
Arrangement derzeit 1.700,- US-$.
AVALON - CUBAN FISHING CENTERS
Tel: +549-2615675576
E-mail: [email protected]
Skype: avalonfishing
www.cubanfishingcenters.com
Kuba ist eine der
wenigen Destinationen, die durch konsequentes Resourcenmanagement der
lizensierten AngelLodge-Betreiber
eine gleichbleibend
gute Fischerei auf
hervorragende Fischbestände bieten. So gibt es keinerlei nennenswerten Befischungsdruck, weder durch
kommerzielle noch durch Freizeitangelei.
Die von AVALON betreuten Reviere gehören
zu den besten Kubas und mit erstklassigem
Service, besten Unterkünften und Guides
der Spitzenklasse ist eine Reise hierher jeden einzelnen Cent wert.
Ihr Thomas Michael
GLOBALGAME ANGLER 41