ARD - Ratgeber Recht
Transcription
ARD - Ratgeber Recht
ARD-Ratgeber Recht aus Karlsruhe Sendung vom: 16. November 2013, 17.03 Uhr im Ersten Müllgebühren Zur Beachtung! Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers/der Empfängerin hergestellt. Jede andere Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des/der Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verbreitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. ARD-Ratgeber RECHT vom 16.11.2013 Seite 2 SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe Moderation: Dr. Frank Bräutigam Einer für alle, alle für einen, das kann ja das Motto für eine gute Hausgemeinschaft sein. Problematisch wird das Ganze nur, wenn einer ausschert, zum Beispiel einfach seine Müllgebühren nicht zahlt. Was meinen Sie, wie ist das in einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern in einem Haus. Darf die Stadt dann sagen, okay, dann holen wir uns das Geld für die Müllgebühren erst einmal vom Nachbarn? Beitrag: Autorin: Müllgebühren Simone Schlegel Um diesen Müll geht es. Nachbar „Wir haben immer die Müllgebühren regelmäßig und korrekt bezahlt, und jetzt droht uns ein Mahnverfahren.“ Eine ganze Hausgemeinschaft ist betroffen. Nachbar „Wenn dann jetzt au wir als kleine Familie auch noch die Kosten von anderen Leuten übernehmen müssen – ist halt natürlich net so einfach.“ Nachbar „Sowas bringt mich unwahrscheinlich auf Rage.“ Und die Gesetzeslage ist kompliziert... Helmut Failenschmid Rechtsanwalt „Wenn einer nicht bezahlt, hat unter Umständen ein anderer Pech.“ Aber das Ganze von vorn. Vor 22 Jahren kauft sich Familie W. eine Wohnung in Schwieberdingen. Ihre Müllgebühren zahlen die W.‘s immer pünktlich. Entsprechend groß der Schock über den Brief vom Landratsamt. Stefan W. Wohnungseigentümer Es sieht so aus, dass wir die Gebühren zahlen müssen, die der Nachbar seit fünf Jahren schuldig ist. Und zwar die Abfallgebühren ans Landratsamt Ludwigsburg. Und ich sehe das eigentlich nicht ein.“ Das Amt fordert 1.047 Euro Abfallgebühren für die vergangenen fünf Jahre. Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung waren erfolglos. Deshalb treibt die Kommune jetzt das Geld bei den Miteigentümern ein. Utz Remlinger „Jeder einzelne Eigentümer kann gegebenenfalls, wenn wir stellvertretender Landrat feststellen, wir können beim eigentlichen Schuldner die GeLudwigsburg bühren nicht eintreiben, auch für die volle Summe in Anspruch genommen werden.“ ARD-Ratgeber RECHT vom 16.11.2013 Seite 3 SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe Mit der Begründung, dass sich Abfallgebühren laut Gesetz auf ein ganzes Grundstück beziehen. Eine Eigentümergemeinschaft haftet danach gesamtschuldnerisch. Das heißt: zahlt einer seine Gebühren nicht, stehen andere dafür in der Verantwortung. Nachbar „Alle anderen legen sich das Geld auf die Seite, bezahlen ihre Müllgebühren brav und jetzt kriegt man on top eben noch die Müllgebühren von der einen Partei, die das halt nicht einsieht zu zahlen.“ Nachbar "Unsere Gesetzgebung, was diese Sache anbetrifft, ist krank.“ In den meisten Bundesländern gibt es kommunale Gebührensatzungen, die es den Gemeinden erlauben, Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet konkret: Ist einer der Eigentümer nicht zahlungsfähig, kann sich die Gemeinde das Geld von einem anderen Eigentümer holen. Dieser muss dann die Schulden des Nachbarn begleichen. Er könnte sich das ausgelegte Geld zwar vom Schuldner wieder zurückholen, aber das ist in der Praxis oft aussichtlos. So auch in diesem Fall: Der säumige Nachbar wohnt zwar nach wie vor mit im Haus. Ist aber weder für uns noch für die Wahls zu sprechen. Stefan und Maria W. „Das ist schon seit 20 Jahren schwierig mit diesem Nachbarn, weil er seit 20 Jahren auch schon seine Wohnnebenkosten nicht bezahlt. Und wir permanent durch Verwalter und Anwalt versuchen, das Geld einzutreiben. Der ist immer rückständig.“ Doch die W.‘s werden trotzdem vom Landratsamt zur Kasse gebeten. Sie sehen es aber gar nicht ein für diesen unzuverlässigen Nachbarn zu zahlen und legen Widerspruch ein, aber der wird vom Landratsamt abgelehnt. Geht‘s hier tatsächlich mit rechten Dingen zu? Das wollen wir vom Verband Württembergischer Wohnungseigentümer wissen. Helmut Failenschmid Rechtsanwalt „Jeder einzelne Eigentümer kann herangezogen werden für die Kosten der gesamten Wohnanlage. Der, den’s trifft, der hat eben Pech.“ Insgesamt zehn Eigentümer wohnen im Haus der W.‘s. Wieso soll dann ausgerechnet diese Familie die Müll-Schulden des Nachbarn zahlen? Utz Remlinger stellvertretender Landrat Ludwigsburg „Wir versuchen natürlich da auch eine saubere Ermessensentscheidung zu treffen. Wir wählen z.B. nicht jemand aus, der schon sehr betagt ist, der über kein aktuelles Einkommen mehr verfügt oder der möglicherweise bei uns auch schon in der Kreide steht, sondern versuchen da natürlich eine saubere Auswahl zu treffen.“ Die W.’s hat's also erwischt, weil das Amt davon ausgeht: Sie sind finanziell abgesichert. Und weil sie ihre Rechnungen immer brav bezahlt haben. ARD-Ratgeber RECHT vom 16.11.2013 Seite 4 Maria W. SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe „Es kann ja nicht sein, dass wenn man sich korrekt verhält, dass man dann noch bestraft wird.“ Ungerecht, sagt auch die Eigentümergemeinschaft. Sie beschließt deshalb, die Schulden gemeinsam zu zahlen. Und sich das Geld vom Nachbarn zurückholen. Und ab sofort soll der Hausverwalter kontrollieren, dass alle ihre Abfallgebühren pünktlich zahlen. Damit keinem mehr eine Rechnung ins Haus flattert; für Müll, den andere verursacht haben.