Dubai revisited – welcome to tomorrowland, Hong Kong diesmal mit
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Dubai revisited – welcome to tomorrowland, Hong Kong diesmal mit
Dubai revisited – welcome to tomorrowland, Hong Kong diesmal mit Stoppover, und Thailand „...die zweite“. von Lothar W. Brenne-Wegener (14.03.08) Als ich am 14. Februar 2007 in meinem Apartment im Metro Jomthien Condotel in Pattaya nach einem nahezu zweimonatigen Aufenthalt in Thailand meine Koffer für die Heimreise nach Deutschland packte, gab es für mich eigentlich nur einen Gedanken, an den sich eine einfache Frage anschloß: ich wollte auf jeden Fall wiederkommen, das war mir jetzt schon klar, aber wie würde ich zwischenzeitlich die neun Monate Deutschland überstehen? Die gerade zurückliegenden Tage und Wochen in Thailand hatten mich so fasziniert, daß mir die neun Monate Wartezeit bis November 2007 aus der augenblicklichen Perspektive heraus wie eine Ewigkeit vorkamen. Daß ich bei einer erneuten Reise in diese Region zuvor wiederum ein paar Tage in Dubai verbringen wollte, um mir vor Ort ein Bild vom Baufortschritt einiger interessanter Projekte, wie zum Beispiel des „Burj Dubai“, zu machen, und auch das nächste Mal nicht wieder einen Stoppover in Hong Kong verpassen wollte, das war jetzt schon beschlossene Sache. Auch wollte ich bei meinem nächsten Besuch in Südostasien die Möglichkeit eines drei Monate gültigen Touristenvisums voll ausschöpfen. Aber wie so oft im Leben kam alles ganz anders: wenn erst die Gedanken von anderen Dingen beherrscht werden, vergeht die Zeit wie im Fluge. Eine ganze Reihe erlebnisreicher Events beherrschten das Denken anderweitig, und obendrein schob sich – anläßlich der Nachfeier zu seinem siebzigsten Geburtstag – ein einwöchiger Besuch bei meinem Freund Peter in Rheine dazwischen. Schließlich und endlich verkürzte noch ein weiterer, eigentlich ungeplanter Abstecher nach Äthiopien vom 23. Oktober bis 5. November die Wartezeit. Mein in Addis Ababa residierender Freund Reinhard und seine Frau Fatim hatten dort zwei kleine Waisenkinder adoptiert und angefragt, ob ich für die kleine Aisha Hermela nicht die Patenschaft übernehmen wollte (vergl. dazu auch den aktuellen Bericht). Darüber hinaus vermittelten mir bereits im Sommer die vorbereitenden Internetrecherchen für die nächste Reise das Gefühl, daß es bald wieder losgehen würde. Zu den vorbereitenden Maßnahmen gehörte auch ein früher Kontakt zu der weltweit agierenden Hamburger Immobilienfirma Engel und Völkers. In einem aufwendig gestalteten Hochglanzmagazin der Firma hatte ich gelesen, daß sie auch über eine Dependance in Dubai verfügt. Per Email kündigte ich dort rechtzeitig mein Kommen an, und bat darum, man möge mir doch einmal eines ihrer spektakulärsten Objekte vor Ort präsentieren, über das ich als Freier Journalist berichten könnte. Eine weitere Initiative betraf die in der Europa-Passage angesiedelte Galerie Walentowski („Udo Lindenberg & more“), die Mitte des Jahres zu einer Vernissage einlud und sich ebenso damit brüstete, ab Dezember 2007 im Komplex des „Burj Dubai“, dem geplanten höchsten Gebäude der Welt, mit einer eigenen Galerie vertreten zu sein. Es wäre doch interessant, so dachte ich mir, zu erfahren, welche Künstler dort angeboten würden und für welche Klientel. Bekanntermaßen gehörte das Emirat neben Marbella/ Spanien und der Mittelmeerinsel Zypern zu den beliebtesten Reisezielen von Putins neuer Oberschicht. Eine ganze Reihe der neuen russischen Oligarchen hatte außerdem den Verlockungen des riesigen Residenzangebotes in Dubai nicht widerstehen können und sich dort eingekauft. Um es gleich vorweg zu sagen, diese Initiative verlief im Sande. Auf Anfrage mußte die mit Hauptsitz im westfälischen Werl angesiedelte Galerie kleinlaut zugeben, daß „wegen Verzögerungen in der Bauausführung am Burj Dubai Komplex“ erst im Laufe des Jahres 2008 mit einer Eröffnung ihres dortigen Zweiges zu rechnen sei. Eine dritte Recherche bezog sich auf meine aus dem letzten Aufenthalt in Dubai resultierende Überlegung, ob die sieben Emirate nicht einmal eine verkehrstechnische Vernetzung mit entsprechenden „Trandrapid-Strecken“ in Erwägung gezogen hätten, denn die parallel zur Sheik Zayed Road verlaufende, inzwischen im Bau befindliche Metro wird zwar in Kürze das um den Creek herum gebaute Zentrum der Stadt verbinden mit den neu errichteten Bereichen z.B. der Dubai Marina, der bezugsfertigen Palm Jumeirah und vermutlich auch dem neuen Jebel Ali International Airport (Inbetriebnahme vermutlich im Jahre 2012 als „Al Maktoum International“), dem Quartier um die Dubai Water Front, mit The Palm Jebel Ali, und ebenfalls nicht zu vergessen, dem neuen Quartier um den „Burj Dubai“ herum, aber die Strecke wird kaum in das circa 150 Kilometer entfernte Emirat Abu Dhabi führen. Warum nicht auch eine Trasse von Dubai aus in die Emirate Sharjah oder Ras Al Khaimah? Eigentlich wären dies ideale Strecken für einen Hochgeschwindigkeitszug und für Sheik Maktoum, den Herrscher Dubais, mit seiner Begeisterung für fortschrittliche Technologie und den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten, eigentlich ein absolutes „Muß“. Eine entsprechende Nachfrage in der Botschaft der UAE in Berlin blieb unbeantwortet. Mehr Erfolg hatte ich bei der Deutschen Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Abu Dhabi. Aus der dortigen Presseabteilung hieß es am 8. Juli 2007: „Zu dem geplanten Verlauf der Metro (meines Wissens soll es drei Linien geben), gab und gibt es zahlreiche Presseberichte, die vielleicht noch z.B. in der Gulf News Online abrufbar sind (www.gulfnews.com). Soweit mir bekannt gibt es eine Linie von Jebel Ali bis kurz vor oder sogar bis Sharjah (mehr oder weniger parallel zur Sheik Zayed Road), die andere von Burj Dubai Richtung Landesinnere. Dazu wurde vor kurzem der Plan veröffentlicht, später mit einer schnelleren Linie den alten Flughafen mit dem neuen Flughafen (auch Jebel Ali) zu verbinden.“ Ergänzt wurde diese Mail am 12. Juli 2007: „… zum Transrapid würde ich beim Konsortium selbst in Deutschland nachfragen. Es gibt in den VAE Überlegungen, ein Bahnsystem – auch im Verbund des Golfkooperationsrates – zu errichten. Es kann sein, daß der Transrapid dabei eine Rolle spielt. Für die „Bahnplanung“ war früher das Wirtschaftsministerium des Emirates Abu Dhabi federführend. Seit kurzem ist die Zuständigkeit zum Ministerium für Governmental Sector Reform (o.ä. je nach Übersetzung) gegangen. Der entsprechende Undersecretary, Dr. Nasser Al Mansoori, der früher im Abu Dhabi Ministerium die Zuständigkeit hatte, leitet im Wege dieser Neuordnung jetzt eine Abteilung oder Unterbehörde (Authority) im föderalen Ministerium. Die Erreichbarkeiten zumindest des Ministeriums selbst müßten über die Webseite UAE Interact (www.uaeinteract.com) zu erhalten sein.“ Ein Beitrag in der GULF NEWS v. 26. November 2007 bracht etwas mehr Licht in das zugegebenermaßen nicht gerade jedermann interessierende Dunkel. Meine Frage nach dem Bau einer Transrapidstrecke beantwortete er zwar nicht, aber zumindest war darin zu lesen, daß die Dubai Roads and Transport Authority bis zum Jahr 2015 vier Metro Linien bauen wird, die die alten und neuen Stadtentwicklungsbereiche miteinander verbinden werden. Zwei davon, die Rote und die Grüne Metro Linie, so der Artikel, seien bereits im Bau. Die Blue Line, die vom DIA zum neuen Jebel Ali Airport gehen soll, befände sich dagegen noch in der Planungsphase, ebenso die Purple Line, die ebenfalls den DIA mit dem Jebel Ali Airport verbinden werde, dazu aber durch die Neubaugebiete der Al Khail Road führen solle. Hinsichtlich des Transrapid gebe ich bereits an dieser Stelle zu Protokoll, daß ich in dieser Sache bisher noch nicht über die oben angegebenen Detailinformationen hinausgekommen bin, werde mich aber um weitere Informationen bemühen. Wenn ich denn so ausführlich über die vorbereitenden Maßnahmen berichte, darf ich die Absprachen nicht vergessen, die ich im Vorweg mit meinen Hamburger Freunden Maria Luisa und Justus Warburg treffen konnte. Sie arrangierten von Hamburg aus ein Treffen mit ihrer in Hong Kong lebenden Tochter Josefa, die ich zuletzt auf Justus‘ 80 Geburtstag im Schloß Tremsbüttel gesehen hatte. Damals wurde sie begleitet von Brian Neirynck, einem Engländer, der bereits seit über zwanzige Jahren in Hong Kong wohnte, und den sie im Oktober 2006 geheiratet hatte. Schließlich und endlich sollte eine letzte persönliche Information meinen zweiten Thailandaufenthalt nachhaltig beeinflussen: Nina, die ehemals beste Freundin meiner 1994 bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommenen Tochter Juliane, hatte am 25. Oktober an der Universität Göttingen mit Erfolg ihr Erstes Juristisches Staatsexamen abgelegt. Da wir beide uns trotz der eigentlich nur sporadisch zu nennenden Treffen nach wie vor bestens verstanden und uns in diesem Sommer sogar einige Male in Hamburg zum gemeinsamen Cappuccino verabredet hatten, schlug ich ihr spontan vor, mich doch für einige Tage in Thailand zu besuchen. Mein circa 50 Quadratmeter großes Appartement im Metro Jomthien Condotel in Pattaya verfüge nämlich über zwei Queensize Betten, von denen ich ihr eines gerne zur Verfügung stellen wollte. Zu meiner großen Freude und Überraschung sagte sie ebenso spontan zu, vorausgesetzt die Eltern der frisch gebackenen, aber gleichwohl bisher mittellosen Ass. Jur. würden die anfallenden Flugkosten übernehmen. Keine Frage, daß Manfred und Angelika sich dazu bereit erklärten. Da ich bereits am 20. November zu meiner Reise aufbrach, verabredeten Nina und ich die letzten Kontakte über SMS und das Internet zu führen. Am 23. November erreichte mich schließlich in Dubai die Mail, daß sie am 4. Januar 2008 um 10:05 Uhr mit der LTU von Düsseldorf kommend in Bangkok eintreffen und am 24. Januar um 11.50 Uhr von dort wieder abfliegen würde. Die übrigen „preliminary inquieries“ gerieten dagegen schon fast zur Routine. Der Flug mit den entsprechenden Unterbrechungen in Dubai und Hong Konk wurde bereits am 15. Juni per Internet gebucht, dem Tag, an dem die Fluggesellschaft Emirates ihre Winterpreise bekannt gab. Einschließlich der zwei Stoppovers sollte mich der Flug 713,65 Euro kosten. Das Arabian Courtyard Hotel in Dubai hatte überraschend innerhalb der letzten zwölf Monate seine Preise um 100 US-Dollar pro Übernachtung erhöht, so daß ich über den Hotel Reservierungs Service (HRS) für sechs Nächte in das auf der gegenüberliegenden Seite des Creek liegende, mir gut in Erinnerung gebliebene St. George Hotel wechselte, dessen Zimmerpreis mit 130 US-Dollar denen des Arabyan Courtyard im vergangenen Jahr vergleichbar war. Es lag im Ortsteil Aras, direkt gegenüber der Public Library mit freiem Blick auf das Heritage Village. Außerdem war es das höchste Gebäude in der Nachbarschaft von dem aus – wie ich später feststellen konnte – man einen atemberaubenden Blick auf den Creek und den alten Stadtkern von Dubai hatte. Das passendste und günstigste Angebot für ein Hotel in Hong Kong fand ich bei dem Internetreiseanbieter Expedia.de in dem im Stadtteil Kowloon gelegenen Kowloon Hotel. Pro Nacht sollte es 108,77 Euro kosten. Ausschlaggebend für meine Auswahl dieses Hotels war seine Lage in Tsim Sha Tsui, nur wenige Gehminuten von den Fähren entfernt, die permanent zwischen dem auf dem Festland liegenden Stadtteil Kowloon und dem Central District auf Hong Kong Island hin und her pendelten. Außerdem lag es direkt hinter dem „The Peninsula“ – Hotel, von dem noch später die Rede sein wird, und grenzte unmittelbar an die Nathan Road. Auch der feudale Kowloon Park Drive, wo sich ein Einkaufszentrum an das andere reihte, und in der beinahe alle Flagshipstors der international bekannten Modedesigner vertreten waren, lag in unmittelbarer Nähe. Vorgesehen waren hier fünf Übernachtungen, und zwar vom 26. November bis 1. Dezember. Schließlich sollte mein dreimonatiger Aufenthalt in Thailand dieses Mal mit einem siebentägigen Aufenthalt in Bangkok beginnen, bevor ich endlich am 7. Dezember mein Appartement in Pattaya übernehmen wollte. In der thailändischen Metropole entsprach das Holiday Inn Silom Bangkok in der Silom Road (gebucht über hotel.de) am ehesten meinen Vorstellungen. Von hier aus konnte man zu Fuß in wenigen Minuten den Chao Phraya River erreichen, und, hatte man es nicht allzu eilig und keine Probleme mit den Füßen, so ging man einfach die Silom Road hinunter bis in die Vergnügungsviertel um die Patpong-Road herum, wo gegen Abend der sagenumwobene Copy-Market von Bangkok betrieben wurde. Das neueste Modell des Genfer Uhrenherstellers Patek Philippe gab es hier ebenso zu Schleuderpreisen, wie das rosa T-Shirt von Tommy Hilfiger, das Feuerzeug von DuPont, den Füllfederhalter von Mont Blanc, die Sonnenbrille von Dior oder auch die Handtasche von Yves Saint Laurent. Darüber hinaus konnte hier über die Preise gefeilscht werden, wie es weiland zu den besten Zeiten im Orient der Fall war. Doch auch dazu später mehr! Daß das The Oriental Bangkok, eines der renommiertesten Hotels Südostasiens, ebenfalls in greifbarer Nähe lag, sei nur am Rande vermerkt. Ob ich von Pattaya aus noch die eine oder andere Exkursion, zum Beispiel zum Ankor Wat in Kambodscha, das augenblicklich angesagte Saigon oder sogar das vorolympische Peking unternehmen würde, darüber wollte ich allerdings erst vor Ort entscheiden. Ach und noch zwei kurze Informationen: die diesjährige Weihnachtspost wurde bereits Mitte November auf den Weg gebracht. Wenn Coppenrath die ersten Gewürzspekulatius bereits Ende August in die Läden bringen kann, konnte ich auch Mitte November bereits meine Weihnachtsgrüße auf den Start schieben. Sie beinhalteten gleichzeitig eine Abmeldung und an alle die, die bis zum 28. Februar 2008, dem geplanten Datum meiner Rückkehr nach Hamburg, Geburtstag hatten, meine allerherzlichsten Grüße zum Jahrestag. Zu guter Letzt, am 21. November 2007 stand der Euro im Vergleich zum US-Dollar auf 1.4814, dem höchsten Stand seit seiner Einführung im Jahre 1999. Na, dann konnte es ja losgehen. Dienstag, der 20. November 2007: Ankunft auf dem wie immer überfüllten Dubai International Airport (DIA). Die Schlange vor den zahlreichen Paßkontrollstellen wurde zu einer halbstündigen Herausforderung an die Geduld. Die zweite Geduldsprobe wurde im St. George Hotel fällig. Obwohl der HRS auf der Internetseite für das Hotel die drei Discotheken im 10. Stockwerk, die bis 03:00 Uhr geöffnet hätten, nicht verschwiegen hatte, hatte er kein Wort verloren über die damit verbundene unerträgliche Lärmbelästigung, die durch das ganze Haus drang Nach beinahe zehn Jahren Reisen nach Ägypten hätte ich es mir eigentlich denken können und deshalb vorgewarnt sein müssen, daß die Araber es gerne und überall unerträglich laut haben. Aus diesem Grund hört sich auch jedes noch so normal geführte Gespräch immer so an, als schrien sich die Gesprächspartner gegenseitig an! An keinem Abend war vor Schließung der Discotheken an Schlaf zu denken. Ähnlich war es vor mir offenbar Oymdamola Ogala vom High Court, Lagos/ Nigeria gegangen, der vom 12. bis 15. November mein Zimmer im 5. Stock bewohnt hatte, und dessen ausgefüllter Fragebogen über das Hotel mir in die Hände fiel, weil ihn das Zimmerpersonal bisher übersehen hatte. Ebenso wie ich hatte er das Hotel deshalb als Bleibe ausgewählt, weil es – und das mußte man leider zugestehen – „…nearest to facilities“ lag. Daß das Hotel aber zudem noch weit interessantere Details zu bieten hatte, veranlaßte mich dann später doch, dem HRS zu empfehlen, es unverzüglich aus seinem Programm zu nehmen, oder zumindest seinen Kunden die ganze Wahrheit über diese „Absteige“ nicht zu verschweigen: das St. George war nichts anderes als ein gehobeneres Stundenhotel. Ein Abend Beobachtungen in der Lobby des Hotels brachte dazu folgende Einzelheiten zutage: die zumeist aus Usbekistan, Kasachstan oder Tadschikistan stammenden Damen, erschienen gegen 20:00 Uhr per Taxe in züchtig langem, meist schwarzen Gewand einschließlich Kopftuch im Hotel, verschwanden auf der Damentoilette der Lobby und verließen diese tief dekolletiert, auf ebenso atemberaubend hohen wie zugleich dünnen Absätzen und mit teilweise so schmalen Röckchen, die zwar die obere Hälfte des Gesäßes bedeckten, dem Betrachter auf den unteren Teil jedoch freie Einsicht gewährten. Nach dieser eigenwilligen Mutation begab man sich gegenüber der Rezeption ins „Tivoli“, der Bar des Hotels, das morgens den Hotelgästen als Frühstücksraum und mittags als Restaurant diente. Das „Tivoli“ übernahm die Rolle eines Kontakthofes, wo die Damen Arm in Arm um die in der Mitte des Raumes befindliche Bar flanierten und sich so den potentiellen Freiern präsentierten. Neben auffällig viel Ostblock waren dies auch eine ganze Reihe „Locals“, die entweder an den Tischen oder auf Hockern um die Bar saßen. Wenn um 23:00 Uhr die Diskotheken ihre Tore öffneten, hatten sich die meisten Paare bereits gefunden, und man begab sich per Fahrstuhl in den 10. Stock. Bis zur Schließung um 03:00 Uhr dröhnte anschließend ein permanentes Stampfen aus den drei mit unterschiedlichen Musikrichtungen beschallten Diskotheken, und dem Fahrstuhlschacht entströmte der penetrante Gestank von kaltem Zigarettenqualm oder schwerem Parfüm. Wer noch das Bedürfnis verspürte, sich nach 03:00 Uhr mit seiner Herzdame weiter zu vergnügen, der konnte sich auf das angemietete Zimmer begeben. Das anschließend aus diesen dringende, feucht fröhliche Stimmengewirr ließ darauf schließen, daß einige Gäste das nicht alleine taten, sondern daß hier noch „Party“ (Orgie) angesagt war! Dem nach Schlaf lechzenden Besucher blieb nichts anderes übrig, als dies neidvoll zur Kenntnis zu nehmen, denn auch die bewährten Ohrenstöpsel aus alten Bundeswehrtagen versagten bei solch einem Lärm ihren Dienst. Meine diesbezüglichen Beobachtungen bestätigte Gleason, der 23 Jahre alte Lobby-Kellner aus Bombay. Er war bereits das zweite Mal für drei Jahre in Dubai. Von seiner zweiten Einreiseerlaubnis waren erst drei Monate verstrichen, so daß er wohl oder übel die Arbeit fortsetzen mußte, die ihm die Company bei seiner zweiten Einreise zugeteilt hatte. Dafür hatte sie ihm die 6.500 Dirham vorgestreckt, die für die Erlangung eines Dreijahresvisums notwendig waren. 2300 müsse er an die Company bezahlen, wenn er vor Ablauf eines Jahres seinen Job kündigen wolle. Erst nach zwei Jahren sei dies ablösefrei möglich. Für seine Arbeit, die er an sieben Tagen in der Woche für jeweils neun Stunden ableisten müsse, bekäme er augenblicklich ein monatliches Gehalt von 1000 Dirham (circa 220 Euro), von denen er 800 (circa 175 Euro) zur Unterstützung seiner Familie nach Indien schicke. Von den übrigen 200 Dirham (circa 45 Euro) müsse er seine Unterkunft, die er sich mit vier weiteren Indern teile, und die allgemeinen Lebenshaltungskosten bestreiten. Das Essen bekäme er im Hotel. Es bestünde im wesentlichen aus den Resten, die die Hotelgäste übrig ließen. Das Treiben im Hotel, so Gleason, das übrigens jeden Abend so ablaufe, sei ihm gleich zu Beginn seiner Tätigkeit aufgefallen. Von Zeit zu Zeit versuche das Personal, den Damen die Umkleidung auf der Damentoilette der Lobby zu verwehren oder zumindest zu erschweren, und häufig genug erscheine auch die Polizei zu entsprechenden Razzien, aber die würden kaum noch ernst genommen. „Korruption in der Polizei ist auch in Dubai nicht unbekannt“, so der 23jährige Inder. Sobald seine ersten zwölf Monate abgelaufen seien, werde er sich um eine andere Tätigkeit bemühen. Ihm schwebe eine Tätigkeit in den Emirate Hills vor, eine Region Dubais, die ich später noch näher kennenlernen sollte. Bereits zu diesem Zeitpunkt nahm ich mir vor, dem HRS in Köln eine detaillierte Mail meiner Beobachtungen mit der dringenden Empfehlung zuzuschicken, das Hotel schleunigst aus seinem Programm zu nehmen, oder deutlich in der im Internet nachzulesenden Beschreibung auf die gegebenen Umstände hinzuweisen. Inzwischen hat mir HRS auf meine Initiative hin per Email bestätigt, daß sie das Hotel einer eigenen Überprüfung unterziehen wollten. Ein Kontrollblick läßt allerdings darauf schließen, daß diese Überprüfung entweder bisher nicht stattgefunden, oder möglicherweise auch keinerlei Konsequenzen für das Hotel gehabt hat! Deshalb überlege ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch, ob ich einen entsprechenden Leserbrief an die GULF NEWS richte. Neben der Schilderung meiner Beobachtungen würde dieser sicherlich auch den Hinweis enthalten, als islamischer Staat nicht immer mit dem erhobenen Zeigefinger auf den dekadenten Westen zu zeigen, sondern sich zunächst auch einmal im eigenen Land umzuhören und umzuschauen! Ein anderes Vorkommnis im St. George Hotel schien sich zu einem weiteren Ärgernis zu entwickeln. Aufgrund der Höhe des Gebäudes und seiner prominenten Lage direkt am Eingang des Creek fragte ich an der Rezeption nach, ob ich vom Dach des Gebäudes ein paar Fotos von Dubai machen könne. Obwohl ich mich als Journalist auswies, ließ mich Yelena, die Rezeptionistin aus dem Ostblock, eiskalt abblitzen. Dazu bedürfe es einer Genehmigung, die nur von der „Municipality“ ausgestellt werden könne. Meine Frage nach dem Hotelmanager bügelte sie damit ab, daß dieser keine Zeit für mich habe. Als an diesem Tag um 20:00 Uhr der Room-Service immer noch nicht mein Bett gemacht hatte, nutzte ich am darauf folgenden Tag die Gelegenheit zu einem Generalangriff. Wenn ich innerhalb des Tages nicht mit irgendeinem verantwortlichen Manager des Hotels sprechen könne, würde ich noch am selben Tag beim Tourismusminister des Landes vorstellig werden: die von einem europäischen Journalisten beobachten Zustände im Hotel, würden sicherlich sein reges Interesse finden! Noch am selben Abend stellte sich mir ein Herr Nadim vor. Er sei der Security Manager des Hotels. Die gestrige Absage der Rezeptionistin sei ein bedauerlicher Irrtum. Selbstverständlich könne ich vom Dach des Hotels ein paar Aufnahmen machen. Wir einigten uns auf einen Termin am späten Nachmittag des folgenden Tages. Zu diesem Zeitpunkt würde die Sonne am günstigsten stehen. Am nächsten Tag legte man mir vor dem Gang auf das Hoteldach ein Schreiben des Hotelmanagers Mr. Ahmed vor, in dem dieser sich nochmals für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigte und mich gleichzeitig bat, dem Hotel freundlicherweise eines meiner Fotos zur Verfügung zu stellen. Wesentlich erfreulicher dagegen entwickelte sich das bereits von Hamburg aus arrangierte Treffen mit zwei Vertretern der Hamburger Immobilienfirma Engel & Völkers. Susanne Schick (28), ihr örtlicher Relationship Manager, hatte mich am 21. November in das „Montgomerie“ Hotel in den Emirate Hills gebeten. Diese „Emirate Hills“ waren neben anderen Bereichen wie „Meadows“, „The Lakes“ oder „The Greens“ Bestandteil der neuen Dubai Marina, die circa 20 Kilometer außerhalb von Dubai, nahe der „PalmJumeirah“, aus dem Wüstensand gestampft worden war. Da sich der pakistanische Taxifahrer in diesem feudalen neuen Stadtteil genauso wenig auskannte, wie ich mich, führte uns erst mehrfaches Telefonieren mit Frau Schick ans Ziel. Zwischenzeitlich mußten wir dabei in dem hermetisch abgeriegelten riesigen Quartier mehrere Sicherheitskontrollen passieren, bis wir endlich am Ziel ankamen. Das Designer-Hotel „The Montgomerie“ lag inmitten eines traumhaft schönen, leicht welligen Golfgeländes. Durch das riesige Rundbogenfenster im ersten Stock hatte man einen unvergleichlichen Blick auf den kurz geschnittenen grünen Rasen, in dem immer wieder unterschiedlich geformte kleine Seen eine optische Unterbrechung für die Augen boten. Das Hotel selbst diente zugleich der Academy by Troon Golf, „… without a doubt, the finest golf tuition academy in the Middle East“ als Hotel und Clubhaus. Dazu standen zwanzig 5-Sterne Zimmer zur Verfügung. Ja, ich mußte zugeben, die Location war gut gewählt, um einen Journalisten aus der Provinz Deutschlands zutiefst zu beeindrucken. Frau Schick empfing mich auf dem roten Teppich, der vor dem Hotel ausgelegt war, und stellte mich anschließend Basem Abu Dagga (35), dem lokalen Sales Manager von Engel & Völkers vor. Während Frau Schick sogleich zu erkennen gab, daß sie aus Hamburg sei, verriet der Name des Sales Directors eher den Orientalen. Der smarte Mitdreißiger entpuppte sich als in Kanada aufgewachsener Palästinenser, der seit geraumer Zeit für die Hamburger Firma in Dubai tätig war. Ohne große Vorrede bot er an, mir anhand eines Laptopgestützten kleinen Vortrages die wesentlichsten Eckpunkte ihrer Arbeit vor Ort darzustellen. Gleich zu Beginn wies er in makellosem amerikanischem Englisch darauf hin, daß die Vorstellung, vor dem Abschluß eines Kaufvertrages eine komplett eingerichtete Musterwohnung oder etwas Vergleichbares sehen zu können, eine typisch deutsche sei! Wer sich in Dubai einkaufe, tue dies in erster Linie nach Lage des Objekts, seiner Größe und eventuell auch noch nach der Höhe des Stockwerks. Aus diesem Grund könne er mir auch gar nichts Fertiges zeigen, wie ich es in meiner Mail gewünscht hatte. Ohnehin würden die meisten Projekte von Finanzinvestoren errichtet, der Rest kaufe unbesehen. Nachdem Dubai zunächst das erste der Emirate gewesen sei, in dem Ausländer Eigentum erwerben konnten, habe der unglaublichen Erfolg auch die übrigen Scheichtümer zum Umdenken gezwungen. Vor allem die zentrale Lage der UAE zwischen Asien und Europa einschließlich Amerika, die dort herrschende Freiheit und Sicherheit, die Steuerfreiheit und nicht zuletzt auch die unbürokratische Verfahrensweise ein Eigentums- oder auch Residenzvisum zu bekommen, habe aus den Emiraten längst ein „Melting Pot of People“ gemacht. Die Regierung, so der Sales Director weiter, würde von Sheik Mohamed Al Rashid Al Maktoum, dem charismatischen Führer Dubais, mit intelligenten Visionen geführt wie eine Company, eine seiner Voraussetzungen für den allenthalben sichtbaren Erfolg. Bis 2010 erwarte er, daß der Bauboom im gegenwärtigen Umfang anhalte, danach werde durch eine Einschränkung der Bautätigkeit mit einer künstlichen Verknappung des Angebotes zu rechnen sein. Mich erinnerten gerade die letzten Bemerkungen Abu Daggas an die Ausführungen von Professor Manfred Lahnstein, die dieser kurz vor meiner Abreise in einem Vortrag über die Lage im Mittleren Osten im Anglo-German Club in Hamburg geäußert hatte. Nach Lahnsteins Auffassung würde die Welt augenblicklich Zeuge des geradezu dramatischen Niedergangs der arabischen Welt! Heute frage ich mich, ob Lahnstein in den letzten Jahren jemals in den Vereinigten Arabischen Emiraten gewesen ist? Wahrscheinlich ist ihm nicht einmal bekannt, daß Haliburton mittlerweile beschlossen hat, seine Zentrale von Houston/ Texas nach Dubai zu verlegen. Angedacht dazu ist das Jahr 2008. Diese Entscheidung ist sicherlich nicht vor dem Hintergrund gefallen, daß die arabische Welt im Niedergang begriffen ist! Darüber hinaus konnte der Herr Professor zum Zeitpunkt seines Vortrags selbstverständlich auch noch nicht den SPIEGEL Nr. 6 vom 2. Februar 2008 kennen, dessen Titelstory „Dubai. Das Über- Morgenland. Goldrausch am Golf“ lautete.1 In ihm übernahmen die Autoren eine Äußerung einer lokalen Galeristin, die die Scheichs vom Golf als die „…Fugger und Medici des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet hatte. Die Coverstory des SPIEGEL endet mit dem Hinweis: „Der ägyptische Nasserismus ist tot, der irakische Baathismus ist gescheitert, der militante Islam geht seinem blutigen Ende zu. Es lebe der arabische Kapitalismus!“2 Mein Einwand, daß Berichten zufolge viele Residentials die Emirate inzwischen wieder wegen zu hoher Bezinpreise und Wohnungsmieten den Rücken kehrten, kommentierten die beiden Vertreter von Engel & Völkers damit, daß der dafür verantwortliche Minister of Economy, Sheika Lubna (eine Frau) , deshalb heftigst in der Kritik stünde. Ihre einhellige Auffassung war, daß dieser auch ihnen bekannte Zustand sicherlich nicht lange anhalten werde. Wegen der Schließungszeit 17:00 Uhr schlug Frau Schick einen Besuch in der Ausstellungshalle vor, in der das Modell der „Palm-Jumeirah“ gezeigt wurde. Alle internationalen Immobilienfirmen, so die Relationship Managerin, führten ihre Interessenten in diese Halle. Es sei die einzige Möglichkeit, den Interessenten etwas zu „präsentieren“, weil man auch nur am Modell den Gesamtkomplex der „Palm-Jumeirah“ erklären und sich vor allem auch eine Vorstellung davon machen könne. Krönung der künstlichen Insel werde auf jeden Fall das bereits im Bau befindliche Hotel „Atlantis“ sein, das nach dem „Burj al Arab“ und dem „Emirates Palace“ (in Abu Dhabi) das dritte Siebensterne-Hotel der Welt sein werde. Investor dieses Projekts ist übrigens der südafrikanische Milliardär und Sohn jüdischer, russischer Eltern Sol Kerzner (eigentlich Solomon Kerzner). Schließlich und endlich fuhren wir mit dem firmeneigenen Geländewagen, den Frau Schick sicher durch den Feierabendverkehr von Dubai lenkte, auf die „Palm Jumeirah“, Gelegenheit, mich mit dem Palästinenser Basem Abu Dagga über die politische Lage in seiner Heimat zu unterhalten. Ich verhehlte ihm nicht meine Sympathie für das Volk der Palästinenser. Es komme nicht oft vor, daß er von einem Kunden darauf angesprochen werde, erst recht nicht von einem, der sich ernsthafte Sorgen über die Lage der Bevölkerung in den besetzten Gebieten mache, erwiderte er ebenso überrascht wie freimütig. Wir waren uns beide einig in der Bewertung, daß es zwischen Israel und den Palästinensern in absehbarer Zeit keinen Frieden geben werde, auch wenn US-Präsident Bush nach sieben Jahren Untätigkeit zum Ende seiner Amtszeit noch glaube, eine entsprechende Initiative entwickeln zu müssen.3 Die Bemühungen aller amerikanischen Präsidenten vor ihm waren mehr oder weniger an der Halsstarrigkeit oder dem fehlen Willen der jeweiligen israelischen Regierung gescheitert. Einer dieser Präsidenten, der Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter, beschreibt in seinem letzten Buch „Palestine. Peace not Apartheid“ sehr deutlich – und sehr zum Ärger der jüdischen Lobby in den USA – diese Verweigerungshaltung.4 Warum sollte es ausgerechnet jetzt einem George W. Bush, der während seiner bisherigen Regierungszeit außer einem auf Lug und Betrug basierenden Krieg gegen den Irak keine wesentlichen Leistungen zur Weltgeschichte beigetragen hat, gelingen, Frieden zu stiften zwischen zwei Partnern, die in ihren diesbezüglichen Bemühungen seit 60 Jahren immer wieder gegen dieselbe Wand anrennen? So hieß es denn auch in einem Beitrag der GULF NEWS richtigerweise: „It is infuriating when one spends hours reviewing all the give-and-takeabout the perfunctory meeting in Annapolis next week to kick-start Palestinian-Israeli negotiations for a final settlement only to realise that one does not need to reinvent the wheel. All that needs to be done is there and has been available for more than 40 years!“5 Interessante Bemerkung am Rande: auf meine bereits vor Antritt meiner Asienreise an den Verlag Simon & Schuster in New York gerichtete Anfrage, ob eine deutsche Übersetzung des Buchs von Jimmy Carter geplant sei, erhielt ich noch am 20. November folgende Antwort: “Not for lack of trying on our end but as of yet no German publishing company has interest to take on the translation and publication rights to President Carter's book PALESTINE PEACE NOT APARTHEID.“6 Wie hohl und zugleich zwecklos auch die Bemühungen von Annapolis tatsächlich waren, konnte man am 8. Dezember in der Bangkok Post nachlesen. Dort hieß es in einer kleinen Notiz: „US asked Israel to explain its decision to build 300 new homes around Jerusalem (Har Homar) Land, captured by Israel in 1967 war.“7 Das bedeutete letztlich nichts anderes, als daß die israelische Regierung ihre bisherige Politik bedingunglos fortsetzte, nämlich auf der einen Seite durch Verhandlungen Zeit zu gewinnen, aber gleichzeitig auf der anderen Seite ihre Siedlungspolitik kompromißlos fortzusetzen. Wie und vor allem wozu sollen die Palästinenser da verhandeln? Inzwischen waren wir auf dem breiten Damm angekommen, der in beide Richtungen mehrspurig auf „The Palm-Jumeirah“ führte. Das erste, was ins Auge fiel, waren die gewaltigen Ausmaße des Projekts. Stand man in dem Showroom vor dem Modell, so hielt sich alles noch in überschaubaren Grenzen. Als wir aber schließlich durch die elegante Lobby auf die Seeseite eines der bereits bewohnten Apartmenthäuser gelangten, veranlaßte es mich doch zu der ungläubigen Frage „… und das, worauf wir hier stehen, ist alles künstlich aufgeschüttet?“ Geräumige Terrassen mit großzügigen Swimmingpools, kleine Gartenanlagen auf unterschiedlichen Höhen, all das war das Produkt einer Vision, die manche als verrückt bezeichnen mögen, die aber zugleich beispielhaft dafür ist, was menschliche Willens- und Tatkraft zu realisieren im Stande ist. Würden die Unsummen von Geldern, die in Waffen investiert werden, mit denen anschließend sinnlose Kriege geführt werden, in Projekte wie dieses gesteckt werden, könnte die Sahara wieder zu einem blühenden Garten Eden verwandelt werden. Auch der Hunger auf der Welt hätte keine Chance mehr! Von unserer augenblicklichen Position hatten wir einen ausgezeichneten Blick auf den untersten der übereinandergestaffelten Palmenwedel, auf den sich die Villen eng aneinanderschmiegten. Bilder dieser Art waren inzwischen um die ganze Welt gegangen und erregten überall immer wieder ungläubiges Staunen. In Dubai selbst sprach man zu gerne bereits vom achten Weltwunder. Einig waren wir uns allerdings in der Beurteilung, daß die Häuser viel zu dicht aufeinander standen. Wenn ich schon so viel Geld für solch ein Anwesen ausgeben würde, wollte ich nicht unbedingt auf geringste Entfernung in die Fenster des Nachbarn schauen. Aber wie so oft im Leben war es offenbar vielen Anlegern wichtig, sagen zu können, man habe eine Villa auf der „PalmJumeirah“, so wie es für andere wichtig ist, bei einer bestimmten Premierenfeier dabei sein zu dürfen, oder immer das neueste Modell einer bestimmten Automarke sein eigen nennen zu können. Die sich langsam immer tiefer senkende Sonne zwang uns schließlich, die kleine Besichtigungstour hier abzubrechen. Zuvor fuhren wir jedoch den Palmenstamm noch etwas höher hinauf und damit weiter ins Meer hinein. Dort, wo die unteren Wedel nach links und rechts abgingen, war Ende der Durchfahrt. Nur mit besonderen Ausweisen war es möglich noch weiter hineinzufahren. Gleichwohl war von hier aus das im Rohbau befindliche zukünftige Siebensternehotel Atlantis deutlich auszumachen. Seine Eröffnung würde sicherlich noch einmal für entsprechenden Schlagzeilen in der Weltpresse Anlaß geben. Ich mußte Basem Abu Dagga und Susanne Schick dankbar sein, daß sie mir diese neue Seite von Dubai aufgetan hatten. Aber auch mit dem fragwürdigen Dubai wurde ich erneut konfrontiert. Am folgenden Tag war in der GULF NEWS unter der Überschrift „Housemaid acquitted of theft charges“ ausführlich über einen jener Fälle zu lesen, wie sie in regelmäßig wiederkehrenden Abständen immer wieder an die Oberfläche gespült wurden und den kritischen Leser zum Nachdenken anregten: Ein 24-jähriges Hausmädchen aus Eritrea war angeklagt, seiner emiratischen Arbeitgeberin Juwelen im Wert von 10.000 Dirham gestohlen zu haben.8 Hintergrund solcher Anklagen ist immer wieder die Situation, daß Locals ihr ausländisches Hauspersonal ausbeuten und wie Sklaven behandeln. Um einer Flucht dieses Hauspersonals vorzubeugen nehmen sie ihnen Paß und Arbeitserlaubnis ab. Gelingt es dennoch einem dieser Hausmädchen, Reisepaß und Arbeitserlaubnis wieder an sich zu bringen und damit die Flucht in die Heimat zu ergreifen, wird ihnen von den Arbeitgebern unverzüglich der Diebstahl von Schmuck oder Bargeld unterstellt. Daß ein Local gegenüber einem Hausmädchen aus Eritrea vor Gericht eine ungleich höhere Glaubwürdigkeit unterstellt wird, braucht an dieser Stelle eigentlich nicht besonders herausgestellt zu werden. Was das taxfree Einkaufen betraf, so haben sich die zahlreichen hypermodernen Luxus-Shopping-Malls von Dubai längst zu einem Eldorado entwickelt. Europäer brauchen zukünftig nicht mehr in das ferne Hong Kong zu reisen, sondern können sich mit dem nur sechs Flugstunden entfernten Dubai begnügen. Nicht nur die Kosmetikartikel der in Europa hinlänglich bekannten Hersteller sind hier wesentlich günstiger, sondern vor allem auch sämtliche begehrten Artikel der Elektronikbranche, vom Mobiltelefon bis zum Flachbildfernseher. Ich selber war dieses Mall mit einem Mobiltelefon der Firma Samsung SGH-U 600 für 940 Dirham (circa 180 Euro) dabei. Einziger Nachteil, auf die in Dubai gekauften Artikel gibt es keine Garantie! „Bleibt die Frage nach der Identität dieser Stadt, die wirkt wie eine Designerdroge ohne erkennbare Nebenwirkungen, flüchtig, nicht nachhaltig“, hieß es in dem bereits oben zitierten SPIEGEL-Beitrag. Eine Antwort blieb allerdings auch er schuldig. Dubai hat keine! „Noch nicht…“ möchte man fast sagen, denn auch die werden die Scheichs sich schon irgendwie erkaufen! „Nirgendwo sonst läßt sich die Dynamik der Globalisierung derzeit besser studieren – aber auch ihre unfaßbare Dekadenz. Glanz und Elend, Verschwendung und Verwahrlosung: In Dubai liegt beides ganz nahe beieinander. Die höchsten Hochhäuser (s. Abb. S. ), gebaut von den billigsten Arbeitern, sind sichtbare Zeichen für die neue Teilung der Welt“ hieß es bereits zuvor in einem anderen SPIEGEL-Beitrag. 9 Und weiter: „Selbst dem nüchtern denkenden Menschen wie dem Harvard-Ökonom Dani Rodrik bleibt es ein Rätsel, wie gelassen die Menschheit solche Widersprüche hinnimmt. „Niemals zuvor in der Geschichte war der Traum, die globale Armut zu beseitigen, so leicht erreichbar- und zugleich so schwer faßbar“, wundert er sich. Wie kann so etwas möglich sein?“10 Dem ist nichts hinzuzufügen! Sieht man einmal von der Betreuung durch die örtlichen Vertreter des Hamburger Immobilienriesen Engel und Völkers ab, war der diesjährige Besuch in Dubai eigentlich ein Flop. Nicht nur, daß das Hotel maßgeblich zu dieser Beurteilung beigetragen hat, auch der Zeitraum von sechs Übernachtungen war für einen zweiten Besuch in dem Emirat bei weitem zu hoch angesetzt. Sollte es im nächsten Jahr wiederum mit der Fluggesellschaft Emirates nach Südostasien gehen, werde ich wahrscheinlich nur eine Übernachtung einplanen oder mich sogar nur auf einen Transfer im Dubai International Airport (DIA) beschränken. Ach, und noch auf eine Einzelheit, die denen, die sich dafür interessieren, in ihrer Bedeutung kaum mehr als eine weltgeschichtlichen Fußnote in Erinnerung bleiben wird, sei hingewiesen. Der GULF NEWS sei Dank, daß ich sie dennoch nicht verpaßt habe. Unter der Überschrift „Last Iraq `warrier´ falls to the ballot“ berichtet die Zeitung am 26. November, daß der australische Premierminister John Howard nach Jose Maria Aznar und Tony Blair als letzter Politiker, die George W. Bush blind in den Irak Krieg gefolgt sind, die Wahlen zum australischen Unterhaus verloren hat. Kevin Rudd, sein Nachfolger hat bereits angekündigt, er werde die australischen Truppen nach Hause holen. Die Hotelauswahl in Hong Kong stellte sich im Gegensatz zu der in Dubai als wahrer Glücksgriff heraus. Das Zimmer im Kowloon Hotel im Stadtteil Tsim Sha Tsui war zwar winzig, ließ aber, von der Größe abgesehen, keine Wünsche offen. Es verfügte sogar über ein Faxgerät, deutlicher Hinweis dafür, daß man hier nicht so sehr auf den Touristen setzte, sondern den Geschäftsreisenden. Besonders auffallend und gediegen: die Waschbeckenhöhe von extra nachgemessenen 78 Zentimetern gegenüber den sonst üblichen 84. Die Asiaten sind eben etwas kleiner und zierlicher! Ich sage es schon mal an dieser Stelle: auf der Suche nach einer passenden neuen Badehose sollte sich gerade letztere Tatsache später im thailändischen Pattaya als ausgesprochenes Problem herausstellen. Vor allem aber war es die günstige Lage des Hotels, direkt an der Nathan Road und nur wenige Gehminuten von den Star Ferries des Victoria Harbour entfernt, die bestach. Während meines gesamten Aufenthaltes in der ehemaligen britischen Kronkolonie brauchte ich – bis auf wenige Ausnahmen – nicht ein einziges Mal ein Taxi oder sonstiges öffentliches Transportmittel in Anspruch zu nehmen. Seit dem 1. Juli 1997, dem Tag der Rückgabe Hong Kongs an China, sind inzwischen zehn Jahre vergangen. Mehr als 150 Jahre hatte die britische Herrschaft über „…das Juwel des Empire mit seinen 69 Milliarden US-Dollar Devisenreserven“ (SPIEGEL) gedauert. Als die Briten hier 1841 den Union Jack hißten, hielt man dies im Londoner Außenministerium für einen peinlichen Irrtum „…weil Captain Charles Elliot nach einem wichtigen Sieg gegen die durch Opiumgeschäfte geschwächten Chinesen sich mit einer ‚öden Insel’ begnügt und nichts Besseres als Handelsplatz herausgeschlagen hatte. In diesem Hong Kong, später um die Halbinsel Kowloon (‚Neun Drachen’) und die auf 99 Jahre gepachteten New Territories erweitert, lebten zunächst nicht mehr als 6000 Chinesen, viele Nachkommen von Piraten.“11 Der Tag symbolisierte zugleich den Niedergang einer alten Weltmacht und den Aufstieg einer neuen. Heute zählt die Stadt circa 7 Millionen Menschen. Die diesjährigen Feiern anläßlich des 10. Jahrestages, zu denen Regierungsvertreter der ehemaligen Kolonialmacht England nicht eingeladen waren, waren jedoch von erheblichen öffentlichen Protesten überschattet. Zehntausende Menschen protestierten für freie Wahlen. Obwohl demokratische Reformen nach dem Grundgesetz für Hong Kong nach 2007 eigentlich möglich wären, und die Sonderverwaltungsregion innerhalb der Volksrepublik China bis 2047 seinen kapitalistischen Lebensstil mit unabhängiger Justiz, eigener Währung (Hong Kong-Dollar), eigenem Steuersystem, sowie Presse- und Versammlungsfreiheit beibehalten darf, lehnt die kommunistische Führung in Peking jeden Zeitplan dafür ab. Statt dessen wird Hong Kong nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenes Zoll- und Währungsgebiet in seinen alten Grenzen unter chinesischer Souveränität autonom verwaltet. Gleichwohl, steht die Stadt augenblicklich zumindest wirtschaftlich besser da denn je und hält seine chinesischen Konkurrenten wie Shanghai trotz deren Aufholjagd auf Distanz. Nach der späten Ankunft plante ich am nächsten Morgen zunächst nur einen Gang zum Kowloon Public Ferry Pier ein, den magischen Anziehungspunkt für viele Fremde, die sich von hier aus Hong Kong erobern. Beeindruckend und in seiner von ihm ausgehenden Faszination keineswegs übertrieben, der Panoramablick auf die gegenüber liegende Skyline des Central District von Hong Kong Island mit dem sich dahinter auf 552 Meter Höhe erhebenden Victoria Peak. Zwar gibt es inzwischen reichlich solcher durch die Medien hinlänglich bekannten Anziehungspunkte auf der gesamten Welt, aber in Verbindung mit dem Namen Hong Kong assoziiert man damit doch irgendwie etwas Außergewöhnliches, etwas Vibrierendes, das eben die Einzigartigkeit dieses Platzes ausmacht. Vorbei am Clock Tower, dem HK Cultural Center, der avantgardistischen Architektur des HK Space Museums, dem Hong Kong Museum of Art, in der gerade eine Ausstellung „Treasures of the World Cultures from the British Museum , 14.09.-02.12.07“ gezeigt wurde und für die durch ein überdimensioniertes Plakat einer ägyptischen Mumie geworben wurde, schlenderte ich über die Tsim-Sha-Tsui-Promenade Richtung Avenue of Stars, ein ins Meer hineingebauter, parallel zum Ufer verlaufender Betonsteg. Am späten Nachmittag führte mich ein Gang zurück in die Salisbury Road, um einen Blick zu werfen in das Chinese Arts & Crafts-Star House. Was hier zum Kauf angeboten wurde, war nicht nur atemberaubend schön, sondern an kunstfertiger Handarbeit kaum noch zu übertreffen. Schade, daß an jeder Ecke Sicherheits- oder Verkaufspersonal darüber wachte, daß neugierige Touristen das absolute Fotografierverbot einhielten. Nicht verboten werden konnte allerdings das Fotografieren von der Straße aus in eines der zahlreichen Schaufenster. Ein aus einem Holzblock geschnitzter „Huang Hua Li Buddha“ für 46.000 HK-Dollar (circa 3.900 Euro) fand so den Weg auf meinen Kamerachip. Aber vor allem die in den Ausstellungsräumlichkeiten gezeigten Keramikarbeiten von Zengli und seinem jüngeren Bruder Zengpeng erregten meine Aufmerksamkeit. Dabei waren es besonders zwei in brauner Sandfarbe und schwarzem Lack gehaltene „Door Guards“ (etwa 30 Zentimeter breit und 25 Zentimeter hoch), die sich auf einem kleinen Sockel in typisch breitbeiniger Kampfhaltung gegenüberstanden. Der linke der beiden hielt sein Schwert waagerecht über dem Kopf, während der rechte dieses senkrecht an der linken Körperhälfte entlangführte. Da es sich offenbar jedoch nicht um numerierte Stücke mit streng limitierter Auflage handelte, waren sie mit einem Preis von 2.800 HK-Dollar noch recht günstig, dafür aber gleichwohl ungemein dekorativ. Eine kleine Postkarte klärt mich über die Bedeutung des Chinesischen Drachen auf. Unter dem Stichwort ‚Dragon’ hieß es: „The most well-used and popular object in Chinese Culture. According his outlooking, [Ox’s head, Prawn’s eyes, Elephant’s ears, Donkey’s mouth, Deer’s horns, Man’s whiskers, Snake’s body, Fish’s skin and Phoenix’s feet] almost covering all the characteristics of the major animals in the world. Owing to this, he becomes a symbol of Emperor amongst different Dynasties with a meaning of control everything. Nowadays, Chinese still call themselves as [Children of the Dragon].” Als ich am nächsten Abend erneut durch diese museumsähnliche Verkaufsschau chinesischer Handwerkskunst streifte, stellte dort gerade Chen Hong Long (auch bekannt [zumindest lokal] unter dem Namen: Yun-Long), ein 1964 in Fu-Zhou geborener Künstler, seine im traditionellen chinesischen Stil gemalten Landschaften aus. In einem kurzen Gespräch erläuterte er mir, daß er sich in seiner Malerei auf Landschaften, das menschliche Porträt und die Kalligraphie spezialisiert habe. In den letzten zwanzig Jahren habe er viel über die traditionelle Art der chinesischen Malerei hinzugelernt was letztlich dazu geführt habe, daß er 2001 zum Preisträger der „Forth Contemporary Chinese Landscape Painting Exhibition“ ernannt worden sei. Von der Salisbury Road Nummer 3 war es nur ein Katzensprung zum berühmten „The Peninsula“, der großen alten Dame der Hotellerie in Hong Kong. Der Five-O’Clock-Tea im Peninsula ist in etwa vergleichbar einem ähnlichen Besuchsanlaß in Hamburgs ‚Guter Stube’, dem Hotel „Vier Jahreszeiten“. Aber nicht nur das! Trotz aller Konkurrenz ist das „Peninsula“ nach wie vor das ‚leading hotel’ der Stadt, das seine Gäste nicht nur mit einem eigenen Hubschrauberservice vom Flughafen abholt, sondern das auch eine der größten Rolls-Royce-Flotten der Welt besitzt, deren dunkelgrüne Farbe rechtlich geschützt ist. Daß das Hotel während der Besatzung durch die Japaner auch eine historische Rolle gespielt hat, erfuhr man von einer Wandtafel, die auf dem Weg zur Harbour Cruise aufgehängt war.12 Bei einbrechender Dunkelheit ging es wieder zurück zur Tsim-Sha-TsuiPromenade. Inzwischen hatten die Hochhäuser des Central District auf der gegenüberliegenden Seite ihre Lichter angemacht. Zusätzlich prangten an einigen Fassaden große bunte Weihnachtsilluminationen, auf denen „Merry Christmas“ und auch „Happy New Year“ zu lesen war. Postkartenmotive wie diese waren es, die den Photographen in mir herausforderten, um sie als Erinnerung mit nach Hause zu nehmen. Hier und jetzt bewahrheitete sich: erst die hereinbrechende Dunkelheit macht Hong Kong nach wie vor zu einem unvergleichlichen Erlebnis! Schließlich und endlich war es auch noch nicht zu spät, Kontakt zu Josefa Warburg aufzunehmen, um verabredungsgemäß ein Treffen mit ihr und ihrem Ehemann festzulegen. Wir einigten uns auf einen Termin am nächsten Tag, Mittwoch, den 28. November, gegen 19.00 Uhr in der Captain’s Bar des alten „Mandarin Oriental“ auf Hong Kong Island. Zeit und Ort dieser Verabredung paßten mir insofern ganz gut ins Konzept, da ich den 28. November ohnehin dazu nutzen wollte, die Fähre zur Hong Kong Island zu nehmen, um von dort aus mit der seit 1888 in Betrieb befindlichen Peak Tram auf den Victoria Peak zu fahren. „Crossing the Victoria Harbour with Star Ferry is one of the fifty places of a life time”, mit diesem Zitat aus dem National Geographic Traveler, das für meine Begriffe etwas zu übertrieben war, warben die Veranstalter für die Möglichkeit, per Schiff von Kowloon nach Hong Kong Island überzusetzen. Alternativen dazu waren die U-Bahn oder der etwas umständlichere Weg per Taxi über den Cross Harbour Tunnel. Für den Hong Kong Touristen war aber in der Tat die Fähre ein selbstverständliches Muß! Nicht nur, daß man von der Wasserseite einen ausgezeichneten Blick auf das Hong Kong Convention & Exhibition Center hatte, je mehr man sich der Hong Kong Island näherte, um so spektakulärer wurde auch der Blick zurück auf die Kowloon Seite mit dem HK Cultural Center, dem Museum of Art und dem New World Center. Was die Peak Tram betraf, so beschrieb sie der Reiseführer wie folgt: „1370 Meter ziehen sich die beiden Doppelwaggons, die einander das Gleichgewicht halten, mittels starker Stahltrossen abwechselnd hoch, bis 1926 angetrieben von einer Dampfmaschine, seither elektrisch.“13 Oben angekommen war die Sicht zwar nicht so, wie man sie auf den Postkarten der Souvenirshops zu sehen bekommt, aber dennoch reichte es aus, um sie als grandios und spektakulär zu bezeichnen. Von hier aus präsentierte sich Hong Kong seinem Besucher so, wie man es schon zigfach gesehen hatte, ohne es dabei je selbst in Augenschein genommen zu haben. Wer kannte sie nicht, die ebenso spektakuläre Kulisse der südamerikanischen Millionenmetropole Rio de Janeiro mit der über der Stadt thronenden Christusstatue, ohne selbst je dort gewesen zu sein? Ebenso verhielt es sich mit dem Blick vom Victoria Peak. Meine Absicht war es zudem, hier oben den Einbruch der Dunkelheit abzuwarten, der einhergehen würde mit einer schrittweisen Illumination der Millionenmetropole, ebenfalls eines der hinlänglich bekannten Postkartenklischees. Gerade erst hatte der SPIEGEL den bereits oben zitierten Beitrag von Erich Follath mit solch einer traumhaft schönen Aufnahme der „Skyline von Hong Kong“ eröffnet.14 Sie schien zu einer Tageszeit des Übergangs vom Tageslicht zum Kunstlicht gemacht worden zu, und spiegelte deswegen eine unvergleichliche Atmosphäre wider, wie man sie entweder nur per Zufall oder durch Fotografen im Bild einfange kann, die jahrelang vor Ort auf solch einen Augenblick warten. Meine jetzige Wartezeit konnte ich sinnvoll nutzen, indem ich einer ganzen Reihe von Touristen, deren Bemühungen, sich zu zweit entweder mit Selbstauslöser oder sonstigen gewagten Kamerapositionen selbst abzulichten, teilweise ebenso kreativ wie atemberaubend waren, anbot, diese Arbeit für sie zu übernehmen, so daß sie für ihre Lieben zu Hause zumindest ein Bild hatten, auf denen sie vernünftig zu zweit vor der Kulisse Hong Kongs zu sehen waren. Erst für 19 Uhr hatte ich mich mit Josefa Warburg verabredet, und bis dahin würde es längst dunkel sein! Zu meinem Bedauern aber waren meine Hoffnungen auf einen ähnlich guten Schnappschuß, wie der im SPIEGEL veröffentlichte, vergebens. Ob es an dem Dunst lag, der schon den ganzen Tag lang über der Stadt lag, dem Unvermögen des Fotografen, das richtige Kameraprogramm für ein gelungenes Bild herauszufinden, oder vielleicht sogar der Tatsache, daß das Bild des Magazins per Computer nachbearbeitet worden war, ich weiß es nicht. Alles, was nach Abdrücken des Auslösers auf dem Screen zu sehen war, erreichte nicht annähernd das gewünschte Format, so daß ich schließlich nach einigen Versuchen meine verzweifelten Bemühungen genervt einstellte. Das Mandarin Oriental rangierte auf der Hotelskala als eine der alten Damen von Hong Kong Island. Josefa Warburg war pünktlich, und nach einem kurzen ersten Austausch von Höflichkeiten und dem dazu notwendigen Smalltalk ging es um die Frage, wo wir den Abend fortsetzen wollten, denn die Captain’s Bar mit ihrer lärmenden Atmosphäre und der verrauchten Luft war dazu die denkbar ungünstigste Wahl. Nach dem Vorschlag, eventuell in den Yacht-Club zu wechseln, schlug Frau Warburg auch vor, den Abend doch vielleicht auch in ihrem Heim zu verbringen, einer Variation, der ich sofort zustimmte. Nach kurzer telefonischer Absprache mit ihrem Ehemann wurde es so beschlossen. Beide residierten im Stadtteil Pok Fu Lam im Südwesten von Hong Kong Island und entpuppten sich – wie nicht anders zu erwarten – als ausgesprochen angenehme Gastgeber. Ich glaube, es gab an diesem Abend nicht ein Thema der kleinen und großen Weltgeschichte, das wir nicht kurz gestreift hätten. Freundlicherweise brachten mich beide am Ende des Abends noch zurück zum Anleger der Star Ferries, wo wir aber feststellen mußten, daß die Fähren bereits ihren Betrieb eingestellt hatten, da es schon weit nach Mitternacht war. So wurde die Fahrt mit der Red Line 1 der U-Bahn zu einer unverhofften Premiere mit der Hong Kong U-Bahn, ein relativ leicht und unkompliziert zu nutzendes öffentliches Verkehrsmittel, zumindest um diese Zeit! War es der ständige Wechsel zwischen dem durch entsprechende Klimaanlagen produzierten permanent unterschiedlichen Zustand von warm und kalt oder einfach nur die Tatsache, daß es im Gegensatz zu Dubai in Hong Kong doch empfindlich kühler war, den größten Teil des 29. November verbrachte ich im Bett, da ich mir offenbar eine leichte Bronchitis oder etwas Vergleichbares eingefangen hatte. Dank einiger kräftiger Medikamente aus meiner Reiseapotheke gab mein Körper am nächsten Tag jedoch schon wieder Entwarnung, so daß ich den letzten Tag nutzte, noch einmal durch einige Shopping-Malls zu streifen, mich einer (allerdings wenig ergiebigen) 60minütigen „Star Ferry’s Harbour Tour“ anzuschließen und mir zum krönenden Abschluß noch die Sound- und Lightshow der Silhouette von Hong Kong Island anzuschauen, die auf der Kowloonseite allabendlich Tausende von Zuschauern anlockte. Hong Kong hatte immer schon auf der Hitliste meiner Reiseziele einen der obersten Plätze eingenommen. Meine Vorstellung war es immer gewesen, einmal auf der Reise nach Australien hier einen Zwischenstopp einzulegen. Zu der Reise nach Australien ist es bisher zwar nicht gekommen, aber Hong Kong kann ich dank der letzten Tage abhaken. Gleichzeitig aber muß ich zugeben, daß die Stadt, hat man sie erst einmal gesehen, einiges von der ursprünglich einmal von ihr ausgehenden Magie verloren hat. Die Zeit, als die Skyline der alten Kronkolonie noch einzigartig war, ist schon lange Vergangenheit. Die entsprechenden Panoramen von Shanghai, Singapur, Kualalumpur oder zukünftig auch Dubai haben längst nachgezogen. Ebenso hat Hong Kong als Eldorado für den steuerfreien Einkauf zumindest für den europäischen Kunden durch Dubai einen ernsthaften Konkurrenten bekommen. Bleibt als Fazit festzustellen: für den eiligen oder auch nur oberflächlichen Besucher wie mich hätten in Hong Kong anstelle der fünf Übernachtungen auch zwei oder drei ausgereicht. Das, was ich sehen wollte, hatte ich in drei Tagen gesehen. Das reichte mir. Sollte es mich im nächsten Jahr über Weihnachten/ Neujahr wieder nach Thailand ziehen, werde ich direkt von Dubai aus nach Bangkok fliegen. Zu den vorbereitenden Maßnahmen für den Aufenthalt in Thailand gehörte es, bereits im Sommer zur Kenntnis zu nehmen, daß es in den Unruheprovinzen im Süden des Landes (Narathiwat, Pattani und Yala) wieder zum Ausbruch einer neuen Welle von Gewalt gekommen war. Die mehrheitlich moslemisch geprägte Bevölkerung ließ sich von jenen Fanatikern immer wieder zu Gewalttaten hinreißen, die einen Anschluß dieser Region an den islamischen Staat Malaysia anstrebten. So war es seit Anfang August 2007 zu mehr als 70 Anschlägen mutmaßlicher muslimischer Extremisten auf Polizeistationen und buddhistische Tempel gekommen. Seit Anfang 2004 waren dieser von militanten Muslimen ausgelösten Gewaltwelle mehr als 1300 Menschen zum Opfer gefallen. Die teilweise übertriebene Reaktion thailändischer Sicherheitskräfte schien die Lage zusätzlich anzuheizen. So war beispielsweise unter der Regierung des ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin deren brutales Vorgehen aus dem Jahr 2004 berüchtigt, bei dem 80 muslimische Demonstranten von Polizei und Armee in LKW gesperrt wurden und dort erstickten. Die eindringliche Ermahnung, die Einheit des Landes nicht zu gefährden, die König Bumiphol später, anläßlich seines 80sten Geburtstages am 5. Dezember, an sein Volk und die in ihm Verantwortung tragenden richtete, gingen auf diese Vorkommnisse und die damit einhergehenden Gefahren für das ganze Land zurück. Darüber hinaus stimmte am 19. August die Mehrheit der thailändischen Bevölkerung der neuen Verfassung zu und machte damit ein Jahr nach dem Putsch, in welchem das Militär Taksin absetzte, und der daraufhin nach England ins Exil ging, den Weg für Neuwahlen frei. Und schließlich: am Freitag, den 5. Oktober strahlte der Fernsehkanal ARTE um 20:40 Uhr in einer TV-Premiere sozusagen als besondere Einstimmung auf Thailand den französischen Spielfilm „Schenke in Thailand keine Blumen“ aus dem Jahr 2006 aus. In der sensibel erzählten Geschichte läßt sich Jean, der von seiner Frau verlassen wurde, von seinem Freund überreden, ihn nach Thailand zu begleiten. Dort sperrt er sich jedoch gegen die sextouristischen Eskapaden seines Kumpels. In einer Bar lernt er die schöne Pat kennen, verliebt sich in sie und stürzt damit Hals über Kopf in alle jene Komplikationen, die solch eine Beziehung besonders in diesem südostasiatischen Land mit sich bringt. Mich interessierte dieser Film schon alleine deshalb, weil jeder alleinreisende Thailandbesucher mehr oder weniger auf vergleichbare Erfahrungen zurückblicken und sich durchaus in der einen oder anderen Szene wieder finden kann. Die Entscheidung, den diesjährigen Aufenthalt nach Ankunft in Thailand gleich mit einem siebentägigen Besuch in Bangkok zu beginnen, ging auf die Überlegung zurück, warum erst nach Pattaya übersiedeln und dann wieder irgendwann zurückkehren in die thailändische Hauptstadt? Bei meinem ersten Besuch im Lande hatte ich in der Metropole einige Sehenswürdigkeiten nicht oder nur unzureichend wahrgenommen, ein Mangel, den ich dieses Mal wiedergutmachen wollte. So hatte ich zum Beispiel den Wat Arun nur aus der Entfernung zu sehen bekommen, einiges seinerzeit aber auch nur im Geschwindschritt registrieren können, da ich zu sehr mit Fotografieren beschäftigt war, als mich auf die Erläuterungen des Reiseleiters konzentrieren zu können. Schließlich und endlich wollte ich mir soviel eigene Ortskenntnis wie möglich verschaffen, um Nina während ihres Besuches und dem anschließend geplanten dreitägigen Gang durch die Stadt ein kompetenter Führer vor Ort zu sein. Bei meinem Eintreffen in Bangkok stand die Stadt ganz im Zeichen der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten anläßlich des 80sten Geburtstags seiner Majestät König Bumiphol Adulyadej, der im Land als die „Seele der Nation“ verehrt wurde. War es im vergangenen Jahr noch dessen 60. Thronjubiläum gewesen, das in großem Stil begangen wurde und aufgrund dessen überall in der Stadt und auf dem Land sein Konterfei in Überlebensgröße gezeigt wurde, so war es diesmal die Vollendung seines 80. Lebensjahres, was das Volk in eine schier unglaubliche Euphorie versetzte. Mit einem Staatsstreich wurde den thailändischen Herrschern im Jahr 1932 die absolute Macht entzogen. Nach der Verfassung nimmt der Regent also heute nur noch die Rolle des Repräsentanten war. Gleichwohl wird er als traditioneller Bewahrer und Verteidiger des Buddhismus wie ein Halbgott verehrt. Bumiphol Adulyadej wurde am 5. Dezember 1927 in Cambridge (Massachusetts, USA) geboren. Er wuchs in Bangkok und in der Schweiz auf. In der Schweiz besuchte er Schulen und studierte später an der Lausanner Universität verschiedene Wissenschaften. Nach dem plötzlichen Tod seines älteren Bruders übernahm er am 9. Juni 1946 inoffiziell den Thron. An seiner Stelle führte ein Regentschaftsrat die Geschäfte. Bumiphol schloß sein Studium der Rechtswissenschaften in Lausanne ab und wurde am 5. Mai 1950 als Rama IX. offiziell gekrönt. Im selben Jahr heiratete er Prinzessin Sirikit. Der heute dienstälteste Monarch der Welt hatte bis dahin als Jazzmusiker, Saxophonist in einer Tanzkapelle, Komponist, Segler und begeisterter Autofan von sich reden gemacht. Weil die aus Generälen, reichen und machthungrigen Politikern gebildeten Regierungen des Landes sich nur wenig um die Probleme des Volkes kümmerten, reiste der König durch die Provinzen und half vor allem der einkommensschwachen Landbevölkerung, deren Probleme zu lösen: Nahrungsmangel, Wasserknappheit, Krankheiten, fehlende Arbeitsplätze. Er schuf Entwicklungszentren, vermittelte landwirtschaftliche Technologien, förderte den Umweltschutz, die Wiederaufforstung und Bewässerung und verbesserte somit die Lebensgrundlage seines Volkes. Ich schildere all dies nur deshalb so ausführlich, weil man sich nur so eine Vorstellung davon machen kann, warum das thailändische Königshaus dermaßen tief verwurzelt ist in die Bevölkerung seines Landes, und weil man nur so die Vorgänge verstehen kann, deren Zeuge ich selbst wenig später in den Straßen der Hauptstadt werden durfte. Das Holiday Inn Silom Bangkok war, ebenso wie das Kowloon Hotel in Hong Kong, eine gute Wahl! Vor allem das Frühstücksbüffet ließ keine Wünsche offen. Zwar war letzteres mit seinen 588 Bath (circa 12 Euro) nicht gerade günstig zu nennen, aber dafür war die Auswahl kaum zu überbieten. In erster Linie war es aber wiederum die Lage, die meinen Vorstellungen sehr entgegen kam. So waren es nur wenige Minuten zum Menam Chao Phraya, der die Stadt von Nord nach Süd durchzog, und ebenso dauerte es nur wenige Minuten, um im Fußmarsch die Silom Road hinunter die quirlige Patpong zu erreichen. Vor dem Hotel selbst prangte nicht nur der obligatorische buddhistische Hausaltar, sondern zusätzlich war auch, wie vor allen größeren Gebäuden der Stadt, ein Schrein aufgebaut, in dessen Mitte ein großes Bild des Königs hing. Sämtliche Straßen wurden von thailändischen Nationalflaggen im Wechsel mit der gelben Flagge mit dem königlichen Emblem darauf gesäumt.15 Gelb deshalb, weil diese Farbe mit dem Montag assoziiert wurde, jenem Wochentag, an dem der König geboren wurde. Seit Tagen schon berichtete die BANGKOK POST über die freudige Befindlichkeit, die das gesamte Land erfaßt hatte. „Joyous crowds greet the King“ lautete am 6. Dezember die Schlagzeile und die farblich unterschiedlichen Polohemden, mit denen der Monarch zu den unterschiedlichsten Anlässen erschien, brachten die Händler ganz schön ins Schwitzen, weil am nächsten Tag alle Welt es dem König gleichtun wollte. Kaum ein Thai, der nicht am rechten Handgelenk eines jener gelben Plastikarmbändchen aus Gummi trug auf dem in der Landessprache und in Englisch eingraviert war „Long live the King“. In einer kurzen Dankesrede an sein Volk beschwor der König am Tage seines Wiegenfestes zum dritten Mal innerhalb nur einer Woche die Einheit des Landes herauf: „[If] everyone is determined to work in unity, benefits and happiness will befall us and our society as a whole. And our country will maintain normalcy and stability and develop as we wish.”16 Gerade erst zwei Tage zuvor waren in einem der blutigsten Anschläge der letzten Monate in einem Open-Air-Restaurant in Pattani’s Muang District sechs Menschen getötet und 24 verletzt worden.17 Die zunehmende Zerstrittenheit unter den politischen Gruppierungen und Parteien im Lande hatte bereits in der Vergangenheit zu blutigen Ausschreitungen geführt, so daß am 19. September 2006 das Militär in einem zwar verfassungswidrigen aber gleichwohl als notwendig empfundenen Putsch die Macht an sich riß, um ein weiteres Blutvergießen zu verhindern. Von der bevorstehenden allgemeinen Wahl am 23. Dezember dieses Jahres versprach man sich deshalb allenthalben, daß das Land endlich wieder zur vollen Demokratie zurückkehren möge. Gerade am 5. Dezember, dem Tag des königlichen Geburtstags, hatte ich die Gelegenheit, selbst von der Euphorie angesteckt zu werden, die bereits seit Tagen das Land ergriffen hatte. Gegen 21:00 Uhr hielt ich mich in der Nähe des Vergnügungsviertels der Patpong Road auf, als an allen einschlägigen Etablissements die schrillen Neonreklamen ausgingen, die Musik zu spielen aufhörte, und sich die Menschen statt dessen dünne gelbe Kerzen, die sie zu Bündeln zusammengebunden hatten, ansteckten und sich vor den Schreinen mit dem Konterfei des Königs versammelten. Selbst die Touristen bekamen solche Kerzen angeboten und wurden herzlich eingeladen, es den Thais gleichzutun. Auf den Stufen des C.P. Towers in der Sala Daeng, die gegenüber der Patpong Road zu den dort befindlichen Fastfood Restaurants hinaufführten, hatten sich etwa eintausend Menschen versammelt. Die hier in beide Richtungen vierspurig verlaufende Straße war wegen der Menschenmassen auf drei Fahrbahnen reduziert. Bis auf wenige Ausnahmen trugen alle die gelben T-Shirts, die schon seit Tagen das gesamte Stadtbild Bangkoks beherrschten. Mönche beteten vor dem überdimensionalen Bild des Monarchen, priesen seine Wohltaten und beteten für dessen Gesundheit. Ergriffen schloß ich mich der Menge an und bekam selbstverständlich unverzüglich ein kleines Bündel Kerzen in die Hand gedrückt. Obwohl ich kein einziges Wort von dem verstand, was dort gesagt wurde, nahm mich die Atmosphäre innerlich sehr stark gefangen. Ich erfuhr erstmalig am eigenen Leib, was Massenpsychose bedeutet und in den Menschen auslösen kann. Als schließlich die thailändische Nationalhymne gesungen wurde standen selbst mir die Tränen in den Augen. Ich hatte wieder einmal das Glück gehabt, in einem fremden Land unter mir fremden Menschen einen Moment zu erleben, den man im Leben nicht so schnell vergißt. Verschämt wischte ich mir durch die Augen, konnte aber beruhigt feststellen, daß es vielen der Menschen um mich herum nicht anders erging. Am Abend fragte ein Redakteur des TV-Senders CNN aus Atlanta, was wohl diesen König in einer doch so krisengeschüttelten Region (z.B. mit Myanmar als Nachbarn) so beliebt machte. Er kam zu dem Schluß, dies sei wohl auf dessen Uneigennützigkeit, sein Eintreten für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung, den Klimaschutz und sein vehementes Eintreten für die Einheit des Landes zurückzuführen. Nur einen Monat später, am 5. Januar 2008 hatte ich wiederum die einmalige Gelegenheit, meine Gefühle, die ich in an jenem Abend des 5. Dezember verspürt hatte, im thailändischen Fernsehen zu äußeren. Am 2. Januar war die älteste Schwester des Königs, Her Royal Highness Princess Galyani Vadhana, im Alter von 84 Jahren ihrem schweren Krebsleiden erlegen. Wegen ihres sozialen Engagements für die Armen des Landes war sie beinahe ebenso populär und im Volk beliebt, wie ihr Bruder der König. Nina war gerade am Tag zuvor in Bangkok eingetroffen und auf unserer Besichtigungstour schlenderten wir durch die Anlagen des Wat Phra Keo, als ein Kamerateam des TV-Senders „Chanel Five“ uns ansprach. War es der Umstand, daß Nina per Zufall ein schwarzes und ich ein weißes T-Shirt, die Farben der Trauer, trug, eine junge Redakteurin bat uns jedenfalls um ein kurzes Interview, das wir ihr auch bereitwillig gewährten. Vor laufender Kamera fragte sie uns, ob uns bekannt sei, warum der Königspalast augenblicklich für Touristen gesperrt und nur für Thailänder zugänglich sei, und warum die Menschen in Schwarz und Weiß gekleidet seien? Selbstverständlich war uns der Grund bekannt. Ich hatte sogar zuvor in der BANGKOK POST gelesen, daß Königin Elisabeth II. von England in ihrem Glückwunschschreiben anläßlich des Geburtstages des thailändischen Monarchen die Hoffnung ausgesprochen hatte, daß seine Schwester baldmöglichst von ihrem Krebsleiden genesen werde. Ich berichtete der Redakteurin auch von jenem denkwürdigen emotionalen Moment, den ich am 5. Dezember in der Sala Daeng unter den Menschen von Bangkok erleben durfte, ein Augenblick, der mich davon überzeugt hatte, wie tief das thailändische Königshaus in der Bevölkerung verwurzelt sei! Als Nina und ich uns am selben Abend mit Hunderten, ja wenn nicht sogar Tausenden weiterer Touristen durch die engen Gassen der Patpong drängelten und uns auf die Vielzahl von Copywatches, T-Shirts, Handtaschen, oder Feuerzeugen konzentrierten, sprach uns aus heiterem Himmel einer jener dort befindlichen Verkäufer an „… oh, I know you from TV. You were in Chanel 5 TV today!“ Nina und ich schauten uns ungläubig an. Unter der Vielzahl der an diesem Abend an ihm vorüberschlendernden Touristen hatte er uns tatsächlich wiedererkannt, und das sogar, obwohl der gesendete Sendebeitrag nur wenige Sekunden gedauert haben konnte. Dieser junge Mann mußte ein phänomenales eidetisches Gedächtnis haben! Zugleich aber war uns die Tatsache, daß er uns im Fernsehen gesehen hatte, Hinweis darauf, daß das Interview tatsächlich ausgestrahlt worden war. Durch Vermittlung der BANGKOK POST und meines Bangkok Bureau-Chiefs Nik bin ich inzwischen im Besitz einer DVDAufzeichnung dieses Interviews. Doch zurück zu meinen ersten Tagen in der thailändischen Hauptstadt. Neben den Sehenswürdigkeiten, die ich zusammen mit Nina nach deren Eintreffen aufsuchen wollte, gehörte vor allem der Wat Arun zu jenen Plätzen, die ich selbst bisher nur aus der Entfernung hatte wahrnehmen können. Die Umrisse des 64 Meter hohen Prang vor der Kulisse der dunkelrot am Abendhimmel untergehenden Sonne gehörten zu den Postkartenmotiven, die weltweit immer wieder das Fernweh unzähliger Touristen hervorriefen. In diesem Zusammenhang erwies sich erstmalig die Lage des Holiday Inn Silom Bangkok als echter Vorzug: man bestieg bei der nur wenige Minuten entfernten Anlagestelle 1 „Oriental“ eines der Boote des Chao Phraya Express Boat Service, fuhr bis zum Anleger Nr. 8 „Tha Tien“ und nahm von dort aus für 20 Baht noch einmal die Fähre zur anderen Seite und schon war man am Ziel. Auf ähnlichem Weg, lediglich mit unterschiedlichen Anlegestellen, war übrigens später auch der Wat Phra Keo, der Königspalast, der Wat Pho und auch Chinatown zu erreichen. Selbst die ausgedehnteren Klongfahrten starteten von hier aus. Auf dem Wat Arun führten vier steile Treppen auf einen hohen Sockel hinauf, auf dem der zentrale Prang emporragte, der wiederum von vier kleinen umgeben war. Sie symbolisierten den heiligen Berg Meru, das buddhistische Universum. Besonders eindrucksvoll auch hier, wie die bunten chinesischen Keramik- und Porzellanscherben das Licht reflektierten. Zudem genoß man von hier oben aus einen phantastischen Blick auf die Silhouette von Bangkok: flußaufwärts, Richtung Norden, auf das alte, historische Bangkok, flußabwärts auf das moderne Bangkok mit seinen Hochhäusern, wie zum Beispiel dem Millennium Hilton oder dem Peninsula Hotel direkt am Ufer des Flusses. Am Abend des 3. Dezember meldete übrigens CNN, worüber schon zuvor in Hong Kong die internationale Medienwelt spekuliert hatte: einer USGeheimdienststudie zufolge soll der Iran schon 2003 seine Nuklearrüstung gestoppt haben. Während Israel dem Sender zufolge „is downplaying the report“, beharrte das Weiße Haus auf seiner Einschätzung. Er würde ja auch Präsident Bush in seinem Wunsch, Krieg gegen die Mullahs zu führen, den Boden unter den Füßen entziehen! Die sieben Tage in Bangkok vergingen schneller als gedacht und galten eigentlich in erster Linie der eigenen Nachbereitung meines ersten Besuches in der thailändischen Hauptstadt, zugleich aber auch der Vorbereitung für den Besuch Ninas, die am 4. Januar in Bangkok eintreffen würde und deren Aufenthalt in Thailand mit einem dreitägigen Auftakt in der Hauptstadt beginnen sollte. Ich war inzwischen gut vorbereitet, hatte mir Notizen gemacht, was ich ihr alles zeigen wollte und mir obendrein dazu auch ganz passable Ortskenntnisse angeeignet. Zumindest über ein Event möchte ich allerdings an dieser Stelle noch berichten, wie es inzwischen fast schon zur Routine meiner Auslandsaufenthalte geworden ist. In Bangkok lernte ich wiederum einen jungen Künstler kennen, dessen Arbeiten mich faszinierten. Neung, mit tatsächlichem Namen Panuwat Hoonbumrung, war ein 35-jähriger Künstler, geboren in Samut Prakarn, einer kleinen Stadt außerhalb Bangkoks, der in 114/ 5 Silom Soi 4 eine kleine Galerie mit Namen „Art At Play“ betrieb. Seine Ausbildung hatte er als Produktdesigner gemacht und er war augenblicklich dabei, neue Erfahrungen in der Bearbeitung von Metallen, hier vor allem mit den unterschiedlichen Oxydationstechniken bei Kupfer und Messing zu sammeln. Neben Hong Kong, Singapur und Thaipai hatte er vor fünf Jahren erstmalig in den Niederlanden (Amsterdam) und Belgien, vor zwei Jahren in Moskau ausgestellt. Mit seinen Arbeiten der Serie No. 5 (The 5 Series)18 wollte er vor allem die Aufmerksamkeit auf die fünf bedeutenden Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus lenken und den Einfluß deutlich machen, den diese auf unsere Lebensführung nahmen. Aber auch mit seinen übrigen Werken wollte er die Betrachter in einen Dialog über Politik, Religion und Kultur drängen: „I believe that everything is an important part of our universe, that all that we need is within ourselves, and that my work reflects that.”19 Es lohnt sich, Neung zumindest über seine Internetseite weiter im Auge zu behalten. Der Transfer nach Pattaya erfolgte dieses Mal mit einem Minibus über ein ganz normales Reisebüro. Für nur 400 Bath wurde ich am Holiday Inn abgeholt und bis auf den Hof der Metro gebracht. Der günstige Preis ergab sich aus der Tatsache, daß insgesamt zehn Personen an den jeweiligen Hotels in Bangkok aufgelesen und an ihren Unterkünften in Pattaya abgesetzt wurden. In der Metro durfte ich tatsächlich dasselbe Zimmer 433 im 29 Stockwerk des insgesamt 42 Etagen hohen Gebäudes beziehen. Mr. Lee, der Eigentümer des Apartments, ließ es sich nicht nehmen, mich sogar persönlich zu begrüßen. Aber damit erschöpften sich eigentlich auch schon die Annehmlichkeiten, die noch vor neun Monaten Anlaß dafür gewesen waren, daß ich es kaum erwarten konnte, wiederzukommen. Viel hatte sich in den zurückliegenden Monaten verändert, Personal hatte gewechselt, Restaurants waren mittlerweile geschlossen und selbst das Tennisspielen zweimal in der Woche gestaltete sich zunehmend zu einem Problem. Für den gesamten Monat Dezember hatte das „Royal Cliff“ sämtliche Tennisplätze von 15:00 bis 18:00 Uhr an Russen vergeben, die hier offenbar mit einigen hoffnungsvollen Nachwuchstalenten ein Intensivtraining betrieben. Tirra und Chokchai, meine beiden Trainer vom letzten Urlaub, waren nicht mehr da, und Mr. Sod, mein treuer privater Taxifahrer wollte für die Fahrt dorthin und die eineinhalb Stunden Wartezeit statt der bisherigen 300 Bath auch plötzlich 100 Bath mehr haben. Lediglich der Dongtan Beach und die ihn bevölkernden Gäste hatten sich kaum verändert. Viele der Gesichter der „Farang“, aber auch der Einheimischen waren mir vom letzten Mal geläufig. Auch wenn ich mich mit Bekanntschaften damals extrem zurückgehalten hatte, stellte sich zumindest hier so etwas wie ein optisches Wiedersehen ein. In Pattaya selbst hatte es so gut wie keine Veränderungen gegeben, zumindest keine für mich sichtbaren, sieht man einmal von der Tatsache ab, daß die Anzahl der russischen Touristen noch größer geworden zu sein schien. Am Strand, in den Supermärkten, auf den Taxis zeichneten sie sich vor allem durch ihre rüden Arbeiter- und Bauernmanieren aus, so daß sie weder bei den Thais selbst, noch bei den übrigen Touristen besonders beliebt waren. Aber auch ihre Devisen waren willkommen. Über den Rest sah man im Land des Lächelns im wahrsten Sinne des Wortes „lächelnd“ hinweg. Bei einem meiner sporadischen Blicke auf meine Email Seite stellte ich mit Freuden fest, daß Jumlong, mein letztjähriger Masseur, mit dem ich über das Internet in Kontakt geblieben war, auf meine Ankündigung, ab dem 7. Dezember wieder in Pattaya zu sein, reagiert hatte. Bereits im Sommer hatte er mir entsetzt mitgeteilt, daß er am 1. November für zwei Jahre als Wehrpflichtiger zur Armee eingezogen würde. Entsetzt deshalb, weil in Thailand das Losverfahren darüber entscheidet, ob jemand eingezogen wird, oder nicht. Er war fest davon ausgegangen, daß dieser Kelch an ihm vorübergehen würde. Nun hatte es ihn doch erwischt. Obwohl also erst seit einigen Tagen Soldat, war es ihm offenbar dennoch möglich, ein Treffen in Pattaya zu verabreden. Als wir uns einige Tage später beim Abendessen gegenübersaßen, war er kaum wiederzuerkennen. Er war vollkommen abgemagert und seine Gesichtsfarbe blaß. An die Stelle seines eigentlich sonst unbeschwert fröhlichen Lachens war eine Ernsthaftigkeit getreten, die mich zutiefst erschreckte. Außerdem fiel mir auf, daß er jeglichen direkten Augenkontakt vermied und statt dessen während des Essens auf seinen Teller starrte oder über mich hinwegsah. Teilweise unter Tränen berichtete er von seinen ersten Erfahrungen als Soldat. Dank seiner als Masseur erlangten Erfahrungen war er zwar in ähnlicher Funktion in einem Hospital eingesetzt, aber gleichwohl hatte auch er häufig genug allgemeine Wachdienste zu absolvieren. Wenn einer aus der Gruppe dann einmal negativ auffiel, so berichtete er mit stockender Stimme, würden alle anderen gleich mitbestraft. Tagelang gäbe es dann nichts zu essen. Abends könnten sie dann vor Hunger nicht einschlafen. Wenn sie der Schlaf dann doch überwältige, würden sie nach kurzer Zeit vor lauter Hunger wieder aufwachen. In solchen Situationen würden sie sich ausschließlich von Wasser ernähren. Das heutige Abendessen sei seit längerem wieder das erste Mal, daß er etwas Ordentliches zu essen bekäme. Ich versuchte, ihn so gut es ging damit zu trösten, daß überall auf der Welt die jungen Soldaten in den ersten Monaten ihrer Dienstzeit ähnliche Erfahrungen machen müßten. Nicht nur die Umstellung auf die neuen Lebensumstände gelte es, zu bewältigen, sondern auch die Tatsache, daß manche Vorgesetzte – je nach Armee unterschiedlich – ihre Machtbefugnisse gegenüber den ihnen anvertrauten Wehrpflichtigen zudem schamlos dazu ausnutzten, diese einem wahren Martyrium auszusetzen. In den Armeen der Länder der Dritten Welt sei dies besonders ausgeprägt, da es dort häufig genug an den rechtlichen Grundlagen fehle, die die jungen Männer gegen die Willkür ihrer Vorgesetzten schütze. Aber auch die älteren Kameraden, ebenfalls Wehrpflichtige, die kurz vor der Entlassung stünden, entwickelten in einer Art Hackordnung eine interne Hierarchie, in der die Neuzugänge einfach das Nachsehen hätten. Ich riet ihm deshalb, sein Verhalten so einzurichten, daß er möglichst wenig auffallen und ansonsten zusehen solle, seine verbleibende Zeit unbeschadet zu überstehen. Schließlich, so mein Rat, solle er sich bemühen, eventuell auch von der Armee zu profitieren. Wenn er schon in einem Hospital eingesetzt sei, könne er vielleicht beruflich von der einen oder anderen Weiterbildungsmaßnahme profitieren. Abgesehen von der Tatsache, ihn wiederzusehen, war die einzig freudige Überraschung, daß er mittlerweile sein Englisch erheblich verbessert hatte und deshalb auch eine ordentliche Unterhaltung mit ihm möglich war. Als wir uns voneinander verabschiedeten wurde seine Stimme erneut zittrig und er konnte die Tränen kaum unterdrücken. Morgen werde er wieder in sein Heimatdorf zurückkehren. Bevor er sich im Army-Camp melde, wolle er sich bei seiner Familie die Kraft holen, die notwendig sei, um die Zeit bis zu seinem nächsten Urlaub zu überstehen. Ich bot ihm an, wann immer er die Möglichkeit oder das Bedürfnis dazu habe, mich über das Internet zu kontakten. Vielleicht könnte ich ihm aus der Ferne über das eine oder andere interne Problem hinweghelfen oder ihm sogar aus meinen eigenen Erfahrungen mit Militär den einen oder anderen Rat geben. Als ich ihn abschließend an mich zog und ihm nachdrücklich ein besorgtes „…take care, you promise me that?“ ins Ohr flüsterte, hoffte ich unterschwellig, daß ihm diese Umarmung Kraft geben würde: da gibt es im wahrsten Wortsinn „…weit entfernt von seinem eigenen Umfeld“ einen „farang“, für den die Begegnung mit ihm nicht nur eine Sache des Augenblicks gewesen war, sondern der sogar über Monate hinweg Kontakt zu ihm gehalten hatte, sich jetzt mit ihm traf und der sich wirklich ernsthaft Sorgen um ihn machte! Das mußte eine völlig neue Erfahrung für ihn sein. Ich wünschte mir in diesem Augenblick, daß wir tatsächlich via Internet in Kontakt bleiben und im Dezember 2009 bei einem weiteren Besuch in Pattaya seine glückliche Entlassung aus der Armee feiern könnten. Ja, ich verhehle nicht, ich habe ihm auch noch etwas Geld zugesteckt, das was er im Augenblick neben der persönlichen Zuwendung durch seine Familie wohl am ehesten gebrauchen konnte! Die ersten Dezembertage verliefen eigentlich so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Spätes Aufstehen, gemütliches Frühstück mit dem aus Deutschland importierten und im Appartement selbst zubereiteten Filterkaffee, dabei Nachrichten der Deutschen Welle „…mitten aus dem Herzen Europas“. Anschließend die Morgentoilette und die ersten vorbereitenden Maßnahmen für den obligatorischen Strandbesuch: MP-3 Player, Handtuch, Sonnenschutz, Baseball-Cap, Badehose, Geld. Gegen Mittag Übergabe des Handtuches zur rechtzeitigen Reservierung des Liegestuhls, gleichwohl zunächst Besuch im Rabbit Resort zur Einnahme des besten Cappuccinos in der Stadt bei gleichzeitiger Lektüre der BANGKOK POST und last but not least Belegung des Liegestuhls: „Good morning Pa, ice-box, water, tonicwater?“ „Yes please!“ Irgendwie gelang es mir sogar, jeglichen Sonnenbrand zu vermeiden, immerhin hatte ich ja bis Ende Februar des nächsten Jahres Zeit und konnte es deshalb langsam angehen lassen. In der Surfschule am Jomtien Beach war großes Event angesagt. Vom 6. bis 15. Dezember wurden hier die Windsurf-Wettbewerbe der 24th Southeast Asian Games (SEA Games) ausgetragen. Eigentlich sollten diese SEA Games in diesem Jahr in Singapur stattfinden. Da sich aber das dortige Stadion bereits im Umbaustadium für die 2010 dort stattfindenden Commonwealth Games befand, war Thailand, das diese Spiele bereits zum sechsten Mal ausgetragen hatte, kurzerhand eingesprungen. Die SEA Games gehen auf eine Initiative des damaligen Vizepräsidenten des thailändischen olympischen Komitees, Luang Sukhumnaipradit, zurück und wurden im Dezember 1959 noch unter dem Namen Southeast Asian Peninsular Games (SEAP Games) erstmalig in der thailändischen Hauptstadt Bangkok ausgetragen. Heute treffen sich alle zwei Jahre zwischen anderen internationalen Wettbewerben wie z.B. den Asian Games oder den Olypischen Spielen, Sportler aus Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Mianmar, den Philippinen, Singapur, Thailand, Ost-Timor und Vietnam, um sich in insgesamt 45 Sportarten zu messen. Thailand hatte der Ausrichtung in 2007 um so freudiger zugestimmt, da das Datum zusammenfiel mit den Geburtstagsfeierlichkeiten für König Bumiphol. Während die leichtathletischen Wettbewerbe in der Provinzhauptstadt Nakhon Ratchasima (gemeinhin bekannt unter Khorat), nordöstlich von Bangkok, ausgetragen wurden, fanden die Surfwettbewerbe vor dem Jomtien-Beach statt. Freitag, der 21. Dezember 2007, war ein ganz besonderer Tag, nämlich jener, an dem Nik in mein sonst so geordnetes Leben in Pattaya trat und der neben dem zu erwarteten Nina-Besuch durch seinen Auftritt meinem dortigen Dasein etwas mehr Farbe verlieh! An diesem Tag fiel mir am Dongtan Beach ein junger Mann auf, der an seinem fast kahlgeschorenen Schädel lediglich an seinem Hinterkopf in einem Kreis von circa 5 Zentimetern Durchmesser eine Stelle unrasiert gelassen hatte, wo er ein Bündel circa 8 Zentimeter langer, gelb gefärbter Haare wie zu einem kleinen hochstehenden Pinsel zusammengebunden hatte. Der Clou allerdings und der Grund, warum ich ihn letztlich ansprach, war der Umstand, daß er, wenn er ein kühles Bad in den Wellen nahm, seinen Mini-I-Pod an eben dieses hochstehende Bündel Haare klemmte und ansonsten mit beiden Earstickers in den Ohren munter drauflosschwamm. Das ganze sah so aberwitzig aus, daß ich das unbedingt im Bild festhalten mußte. Vielleicht ließ sich mit einer entsprechenden Aufnahme damit in der Werbeabteilung von Apple sogar etwas Geld machen. Nik, so der Name des jungen Mannes, war nur für ein paar Tage aus Bangkok nach Pattaya gekommen. Er erklärte sich sofort bereit, mir am nächsten Tag für ein paar entsprechende Aufnahmen zur Verfügung zu stehen. Aus diesem Kontakt entwickelte sich im Laufe der folgenden Tage eine Freundschaft, der ich nicht nur die Kopie meines Interviews für das thailändische Fernsehen verdanke, sondern die für Nina und mich zugleich auch eine Einführung in die Tiefen des Bangkoker Nachtlebens bedeutete. Diese Verbindung hält bis heute an und wird wohl auch über den Aufenthalt in Thailand hinaus Bestand haben. Der Zufall wollte es, daß er ausgerechnet an jenem Tag nach Bangkok zurück mußte, an dem ich Nina vom Flughafen abholen wollte. Es war deshalb naheliegend, daß wir zusammen in einem Taxi in die Hauptstadt fuhren, und als ich ihm vorschlug, mich zum Flughafen zu begleiten und anschließend unseren Transfer in die Innenstadt zum Holiday Inn zu nutzen, um sich selbst anschließend nach Hause bringen zu lassen, war er auch damit einverstanden. Zu einem denkwürdigen Datum geriet auch der 23. Dezember 2007. An diesem Tag wählten die Thailänder ihr neues Parlament. Die Peoples Power Party (PPP) mit ihrem Führer Samak Sundaravej als Spitzenkandidat gewann dabei erwartungsgemäß die Mehrheit. Daß sich für diese Partei mit dem Milliardär Thaksin Shinawatra, ausgerechnet auch eben jener ehemalige Ministerpräsident Thailands als einfacher Parlamentsabgeordneter hatte aufstellen lassen, gegen den am 19. September 2006 das Militär geputsch hatte, und der sich seit diesem Tag in England im Exil aufhielt, gehört zu jenen Dingen der Weltgeschichte, die sich einem im Land aufhaltenden interessierten Ausländer nur schwer erschließen. Tatsache ist auf jeden Fall, daß die überwiegende Mehrheit der Thailänder nichts sehnlicher erwartete, als dessen Rückkehr auf die politische Bühne. „Was sind die Bestechungsvorwürfe im Vergleich zu den Leistungen, die er für sein Land erbracht hat...?“ war die beinahe einhellige Auffassung der Menschen auf der Straße. Am Donnerstag, den 28. Februar 2008, kehrte Thaksin aus dem Exil nach Thailand zurück, um sich den gegen ihn erhobenen Korruptionsvorwürfen zu stellen: „Er wurde kurz nach seiner Ankunft auf dem Bangkoker Flughafen von der Polizei verhaftet und zum Obersten Gericht gebracht. Gegen eine Kaution von acht Millionen Baht (177.000 Euro) wurde er auf freien Fuß gesetzt. Die erste Anhörung in seinem Fall ist am 12. März, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Thaksin, der von 2001 bis 2006 regierte, wurde auf dem Flughafen von mehreren tausend Anhängern begrüßt. Der 58-jährige Milliardär hatte Tränen in den Augen, als er aus dem VIP-Raum heraustrat. Er kniete nieder und berührte den Boden mit der Stirn. Er war von Hong Kong mit einer Maschine der Fluggesellschaft Thai Airways nach Bangkok geflogen.“20 Mit Ninas Eintreffen in Bangkok am 4. Januar 2008 sollten drei Wochen Thailand beginnen, wie ich sie mir im Nachgang eigentlich nicht schöner, abwechslungsreicher und fröhlicher hätte vorstellen können. Mit jedem Tag, den ihre Ankunft näherrückte, waren zwar zuletzt meine Bedenken immer größer geworden, ob ich mich mit meinem Angebot nicht doch etwas zu weit zum Fenster hinausgelehnt hatte, denn schließlich sagt es sich sehr leicht daher „…ich habe in Pattaya ein Bett für dich frei“, ohne sich jedoch von Anfang an konkreter über die Konsequenzen im klaren zu sein. Die rückten meist erst dann ins Blickfeld, wenn der Besuch unmittelbar bevorstand. Und die türmten sich in meiner Vorstellung tatsächlich plötzlich zu solch einem Haufen auf, daß ich sogar schon damit begann, meine Freunde in der „Metro“ mit meinen Befürchtungen zu langweilen. Aber, wie so oft im Leben, kam letztlich alles ganz anders. Ninas Besuch hatte ich für uns unter die Devise gestellt „…alles kann, nichts muß!“ und ihr dazu gleich zu Beginn geraten, wenn ihr irgend etwas nicht passe, dies lauthals zu verkünden. Diese Aufforderung sollte sich ebenso an das von mir vorgesehene Besuchsprogramm, als auch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen beziehen. Mein Wunsch sei es, ihr zu einem unvergeßlichen Urlaub zu verhelfen. Dies sei aber nur dann realisierbar, wenn wir ganz offen miteinander umgingen. Ich weiß nicht, wie diese gleich zu Anfang ihres Besuches aufgestellten Verhaltensregeln auf sie gewirkt haben mögen, aber schon während der ersten drei Tage in Bangkok war mir klar, daß sie eigentlich vollkommen überflüssig gewesen waren. Dies wurde mir besonders am zweiten Tag deutlich, als Nina mich auf dem Weg zur Fähre des Chao Phraya in aller Öffentlichkeit in den Arm nahm, mich herzhaft drückte und sich gleichzeitig dafür bedankte, daß wir gemeinsam so schöne Stunden verbringen durften. Das tut kaum jemand, der sich unwohl oder durch ein zu umfangreiches Programm gestreßt fühlt. Ich bedankte mich artig für dieses Kompliment, wies Nina aber zugleich darauf hin, daß diese Aktion in Dubai wohl unsere gemeinsame Verhaftung zur Folge gehabt hätte. Dort ist nämlich der Austausch solcher „Zärtlichkeiten“ in der Öffentlichkeit strengstens untersagt. Das Besuchsprogramm „Bangkok“ sah für den ersten Tag die Besichtigung des Wat Arun vor. Der zweite Tag sollte nach einem ausgedehnten Frühstück mit einer anschließenden eineinhalbstündigen Klongfahrt beginnen, der am Nachmittag ein Besuch des Wat Phra Keo (einschließlich Emerald Buddha) und des Königspalastes folgen sollte. Am dritten Tag galt es, den Wat Phra Chetuphon (den liegenden Buddha) in Augenschein zu nehmen, um schließlich von dort aus über den Anleger Nr. 5 „Rachawongse“ einen Gang durch Chinatown zu machen. Sowohl am Abend des zweiten, als auch des dritten Tages war fakultativ der Copy-Market der Patpong vorgesehen. Für den dritten Abend hatte ich Nik gebeten, uns ein wenig in das Nachtleben von Bangkok einzuführen. Tatsächlich lief unsere Sightseeing-Tour durch die thailändische Hauptstadt wie geplant ab, ausgenommen der Tatsache, daß der Königspalast wegen des Todes von Princess Galyani Vadhana (s.o.) für Ausländer gesperrt war. Dessen Zugang war für absehbare Zeit nur Thailändern vorbehalten, die in Massen herbeiströmten, um auf diese Weise ihre Trauer und ihr Mitgefühl mit dem Königshaus auszudrücken. Wie gelöst und unkompliziert sich inzwischen das Verhalten zwischen Nina und mir gestaltete, mag man an jener kleinen eigentlich alltäglichen Begebenheit ersehen, die uns beiden anschließend jedoch vor Lachen die Tränen in die Augen trieb. Am Abend des zweiten Besuchstags stärkten wir uns vor unserem ersten Gang durch die engen Gassen der Patpong mit Fastfood von McDonald. Nina war mit ihrem durch und durch weichen Cheesburger gar nicht zufrieden und machte ihrem Unmut durch die kritisch lapidare Bemerkung Luft: „Der ist untenrum so instabiehl! … mit iehl, so hab’ ich’s gesagt!“ Nicht nur Ninas juristisch geschulte, gestochen kluge, scharfe und deutliche Ausdrucksweise für einen eigentlich banalen Zustand, sondern vor allem auch deren zweideutige Anwendbarkeit auf andere Sachverhalte trieb uns beiden anschließend vor Lachen die Tränen in die Augen. Die von meinem „Bangkok-Bureau-Chief“ Nik vorgenommene Einführung in das Nachtleben von Thailands Hauptstadt beschränkte sich auf einen Gang durch das Amüsierviertel und einen Besuch der Diskothek „DJ-Station“, der offenbar auch unter Heteros angesagten Schwulendisco von Bangkok, praktischerweise nur ein paar Häuser entfernt von der Patpong. Nach einer halbstündigen Travestie-Vorstellung zu mitternächtlicher Stunde wurde uns allerdings die Musik etwas zu laut auf den Ohren, so daß wir mit Rücksicht auf den am nächsten Morgen bevorstehenden Transfer nach Pattaya die Nacht hier beendeten. Das Appartement in der Metro fand Ninas uneingeschränkte Zustimmung. Als wir wegen der frühen Mittagsstunde jedoch noch zum Dongtan Beach wechselten und Nina erstmalig unter einem der dortigen Sonnenschirme in einem Liegestuhl lag, verschlechterte sich ihre Stimmung zunehmend, so daß ich es zunächst vorzog, sie für eine Weile nicht anzusprechen. Gemäß meiner Aufforderung, sich bei Mißfallen einer Sache nicht zurückzuhalten, machte sie aber schon bald ihrem Unmut Luft. Vor allem war es die Enttäuschung über den Strand, die erheblich auf ihre Stimmung drückte. Bilder von den Traumstränden von Aruba und Maui, früherer gemeinsamer Ziele, kamen ins Spiel. Mit denen konnte Pattaya selbstverständlich nicht mithalten. Pattaya gehörte tatsächlich keinesfalls in die Kategorie der Traumstrände dieser Welt. Seine Strände waren nicht einmal zweit- oder drittklassig! Selbst die Wasserqualität veranlaßte mich, meiner Enttäuschung durch einen Beitrag in der zweimal im Monat erscheinenden deutschen Zeitung „DER FARANG. [Ausländer, Anm. d. Verf.] Zeitung für Urlauber und Residenten in Thailand“, Luft zu machen. Unter der Überschrift „Ist die Wasserqualität an Pattayas Stränden gesundheitsgefährdent“ schrieb ich: „Seit geraumer Zeit gehöre ich zu jener Spezies von Urlaubern, die es aufgrund der frostigen Temperaturen in der Heimat an jene Strände der Welt zieht, wo einem die Sonne wieder einmal so richtig auf den Bauch scheint, und man sich Abkühlung nur durch ein erfrischendes Bad in den kühlen Wassern der jeweiligen Meere holen kann. In diesem Jahr fiel meine Wahl auf Pattaya. Seit einigen Tagen zweifle ich allerdings, ob meine Wahl für den Jomtien Beach die richtige war und ob das erfrischende Bad tatsächlich so erfrischend ist, wie ich es mir immer noch einrede. Offenbar je nach Windrichtung und anderen, nicht auf den ersten Blick ersichtlichen, Umwelt- und Witterungseinflüssen ist das Wasser am Jomtien- und Dongtan Beach bisweilen so eine trübe Brühe, daß man schon nach einem halben Meter Wassertiefe kaum noch die eigene Hand sehen kann. Auch was da so ab und zu in den mal leichteren, mal höheren Wellen an das Ufer gespült wird, sieht alles andere als appetitlich aus. Ganz besonders kritisch schien mir die Lage jedoch am Montag, den 21. Januar zu sein. An diesem Tag war das ohnehin schon kaum sauber zu nennende Wasser zusätzlich durchsetzt von unzähligen kleinen schwarzen Partikelchen, die ich auf den ersten, ungeübten Blick als Öl oder Teer identifizieren würde. Eines dieser Teilchen habe ich aufgefischt und mitgenommen. Auf das kühle Bad im Wasser habe ich an diesem Tag vorsichtshalber verzichtet. Bei der anschließenden Fußmassage fragte mich der erstaunte Masseur nach den braunen Flecken, die ich an den Fußsohlen hatte, und auf der Taxifahrt nach Hause konnte ich beobachten, wie andere Urlauber am Jomtien Beach gegenseitig ihre schwarzen Fußsohlen begutachteten. Dem dieserart aufmerksam gewordenen Besucher konnte am darauf folgenden Tag der leichte Ölfilm auf dem Wasser nicht entgehen! Aus diesen Beobachtungen ergeben sich doch einige Fragen: Wer überprüft eigentlich die Sauberkeit und damit auch Unbedenklichkeit des Wassers an den unterschiedlichen Stränden Pattayas? In welchen Abständen finden diese Überprüfungen statt? Werden die Überprüfungen - wenn sie denn stattfinden - von unabhängigen Prüfern durchgeführt? Bei welcher unabhängigen Stelle kann ich meine dem Wasser entnommene Probe überprüfen lassen? Ich möchte ja den vielen fliegenden Händlern an den Stränden Pattayas nicht das Geschäft verderben, aber sollte hier eine Gefährdung der Gesundheit der Urlauber durch eine zu lasch oder gar nicht durchgeführte Überprüfung des Badewassers zugrunde liegen, hört bei mir der Spaß auf. Ich würde mich gerne wieder unbekümmert in die nassen Fluten stürzen.“21 Nein, Pattayas Qualitäten lagen eindeutig auf anderem Gebiet, da waren die Strände eigentlich völlige Nebensache! Pattayas Stärke wurde in einem Leserbrief der englischsprachigen BANGKOK POST gerade erst so beschrieben: „Pattayas current reputation is still based on tourism, easy prostitution, corruption and beer bars.“22 Genau deshalb kamen die dickbäuchigen, Goldkettchen behängten und Ringerhemd tragenden „Farangs“ aus aller Welt nach Pattaya. Eben das war das Image, das der Badeort zwei Autostunden südlich von Bangkok heute weltweit innehatte und das einem brutal ins Gesicht schlug, weil man eben nicht durch die Weitläufigkeit von schneeweißen Sandstränden oder azurblauem, kristallklarem Wasser anderweitig abgelenkt wurde. Im Gegenteil, die eng nebeneinander aufgestellten Liegestühle unter einem den Himmel verdunkelnden Dach aus übereinandergeschachtelten Sonnenschirmen mußten zwangsläufig auf den sonnenhungrigen Newcomer aus dem kalten Europa einen extrem erdrückenden und düstren Eindruck machen. Es dauerte allerdings keine zwei Tage, und Nina hatte sich mit den äußeren, nicht abänderbaren Rahmenbedingungen dergestalt arrangiert, daß sie ihren Liegestuhl entweder in die Sonne zerrte oder zur Bräunung des Rückens einen Strandabschnitt aufsuchte, auf dem man sich auf einem Handtuch auch auf den Bauch legen konnte. Zu meiner großen Erleichterung schien sie von Tag zu Tag mehr Gefallen an der Location zu finden. Da war zunächst die Erkenntnis, daß alle Strände hinsichtlich der Liegestühle und Sonnenschirme gleichermaßen aufgebaut waren, und schließlich auch, daß der Strand des Dongtan Beach im direkten Vergleich zu den übrigen Strandabschnitten noch vergleichbar breit war und zudem in seinem Rücken kein Autoverkehr stattfand. Insgesamt wurde es Nina und mir also nicht langweilig. Trotz des erheblichen Altersunterschiedes verstanden wir uns prächtig. Alle zuvor geäußerten Befürchtungen waren in kürzester Zeit hinfällig. Und ich sage es jetzt schon an dieser Stelle: als ich schließlich nach Ihrem Rückflug nach Düsseldorf allein am Dongtan Beach saß und auf das Meer hinausschaute überkam mich eine große innere Leere, und ich merkte, wie mir ein paar Tränen die Augen füllten. Nina begann, mir zu fehlen! Aber, so weit war es ja gottlob noch nicht. Zunächst standen in Pattaya noch einige gemeinsame Ausflüge auf dem Programm. Da war zum Beispiel am 9. Januar der Tagesausflug nach Ko Samet, einer kleinen Insel, circa 2 Auto-Stunden südlich von Pattaya. Mit einem Minibus, in dem neben Klaus, dem deutschen Reiseleiter, und dem thailändischen Fahrer, neun Personen Platz fanden, ging es über den Sukhumvit Highway (3), der über die Provinzstädte Rayong und Chantaburi bis zur kambodschanischen Grenze führte, zum kleinen Fischerort Ban Phe. Mit einer Fähre wurde anschließend auf die 6 Kilometer lange, sich nach Süden erstreckende Insel, die zugleich Hauptinsel eines Marine National Parks war, übergesetzt. Hier fanden wir schließlich das, was wir in Pattaya so schmerzlich vermißten: einen weißen, feinen Sandstrand und kristallklares Wasser! Da die gesamte Insel Nationalpark war, hielt sich auch der Tourismus in überschaubaren Grenzen. Die kleinen Hotels und Restaurants direkt am Strand duckten sich unter die hohen Palmen und paßten sich auf diese Weise den lokalen Gegebenheiten an. Als wir bei Ankunft gegen 09.00 Uhr morgens unsere Liegestühle belegten, war der breite Strand noch fast menschenleer, Grund genug für Nina und mich, ausgerüstet mit meiner Digitalkamera, einen ausgedehnten Spaziergang zu machen. Dabei entstanden ganz nebenbei ein paar wunderschöne Strandaufnahmen meiner bildhübschen Begleiterin! Die Erzählungen über Ko Samet wären allerdings unvollständig, wenn ich nicht auch „Mad Max“ erwähnte. Er war einer der neun Teilnehmer unserer kleinen Reisegruppe und fiel zum einen durch seinen immensen Körperumfang, vor allem aber auch durch sein „Outfit“ auf. Über einem schwarzen, kurzärmeligen T-Shirt, von dem auf der Bauchseite ein Tiger sein Gebiß in die Gegend fletschte, trug er eine schmuddelige ärmellose schwarze Lederweste, die über und über mit den unterschiedlichsten Buttons bestickt war. Seinen umfangreichen Oberkörper zierte zudem sein über diese Weste gelegtes „Geschmeide“ (O-Ton Nina), bestehend aus den verschiedensten längeren und kürzeren Ketten aus buntbemaltem Holz (oder Plastik) sowie die entsprechenden, dazu passenden Reifen, die er sich hoch auf die Oberarme geschoben hatte. Aus der schwarzen West hing hintenherum eine in der Mitte nach unten spitz zulaufende, ebenfalls bemalte Decke (aus Leder?), die nicht nur sein ausladendes Hinterteil verbarg, sondern auch bei jedem Schritt um seine Beine schwappte. Logisch, daß er einen langen Bart trug und ein ebenso langer Zopf in seinem Nacken hing. Klou des ganzen war jedoch, daß er sein „Geschmeide“ auch nicht ablegte, wenn er für eine Erfrischung ins Wasser stieg. Mad Max war zweifelsohne ein Original, der keinerlei Komplexe hatte, alle ansprach und nach eigenen Aussagen einmal Koch gewesen und inzwischen Fernfahrer sei! Sein Nickerchen mit offenem Munde im Liegestuhl, den er mehr als voll ausfüllte und der seinem Gewicht überraschend problemlos standhielt, nutzten alle Mitreisenden für ein unbemerktes Foto dieses Phänomens! Die Begeisterung über den Tagesausflug auf die Insel Ko Si Chang am 15. Januar, hielt sich dagegen sowohl bei Nina, als auch bei mir in Grenzen. Weder der Besuch des Marine-Aqariums in Bang Saen, 45 Autominuten nördlich von Pattaya, noch die Tempelanlage des Wat Sen Suk, oder die Fütterung der Affen auf dem Affenberg konnte uns zu einem müden Lächeln bewegen. Daran konnte auch der Fischerhafen Siracha mit seinen Seeschildkröten oder die Insel selbst etwas ändern. Grund genug also, nicht weiter darauf einzugehen. Wir waren uns beide einige: ein Tag Sonne pur am vertrauten Dongtan Beach wäre uns lieber gewesen. Schon ganz anders kam die ganztägige Angel- und Badetour zur Insel Ko Sak an, die immer wieder gerne genommen wurde. Sie bot zudem ein Wiedersehen mit „Mad Max“ und seiner „Perle“. Mit von der Partie waren übrigens auch, wie auch schon bei der Tour nach Ko Si Chang, Uschi und Reiner, zwei liebenswerte Menschen aus Flensburg, die ich schon im vergangenen Jahr in der Metro kennen gelernt, und mit denen ich mich wegen ihrer wohltuend freundlichen und unkomplizierten Art angefreundet hatte. Sie kamen schon seit zehn Jahren nach Pattaya und, um es gleich an dieser Stelle einzuschieben, wir haben uns auch für das nächste Jahr schon wieder miteinander verabredet. Pünktlich um 09.00 Uhr stachen wir dazu von Pattaya aus in See. Nach nur 45 Minuten Bootsfahrt erfolgte der erste Angelstopp. Da selbst Nina schon bald ihren ersten (aber auch letzten Fisch) an der Angeln zu zappeln hatte, geriet dieser Ausflug selbstredend zu einem der Höhepunkte ihrer Südostasien Reise. Die Größe des bedauerlichen Objekts veranlaßte mich allerdings zu der laut vernehmbaren Bemerkung „... Nina, ich hab Dir doch gesagt, Du sollst Dir einen Millionär Angeln, und nicht so einen kleinen Fisch!“ Gegen 11.30 Uhr stand die Weiterfahrt zur Badebucht an. Die von den HobbyAnglern mühsamst gefangenen Fische wurden von der Ehefrau des Schiffskapitäns natürlich in einem Wok fachgerecht für das Mittagessen zubereitet und gegen 16.00 Uhr beendeten wir den „...interessanten und erholsamen Ausflug“. Daß uns der interessanteste Teil des Ausflugs allerdings noch bevorstand, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen. Wegen der schon den ganzen Tag vorherrschenden stürmischen Böen und der damit einhergehenden hohen Wellen konnte der Bootsführer des kleinen Beibootes, das uns wieder an Land setzen sollte, dieses nicht so im Wind halten, daß ein geordnetes Verlassen über den Bug möglich gewesen wäre. Aus Furcht darüber, daß das schmale Schiff quer zu den Wellen und zum Ufer sogar kentern könnte, veranlaßte einige der Passagiere zu solch einem hektischen Ausbooten, daß sie dabei plötzlich bis zu den Hüften im Wasser standen! Selbst Mad Max, den ansonsten nichts aus der Ruhe bringen konnte, ließ sich zu der Bemerkung hinreißen, der Bootsführer solle sich gefälligst sein Lehrgeld zurückgeben lassen! Unter dem Motto „Frauen und Kinder zuerst“ war ich der letzte, der von Bord ging ... übrigens völlig unbeschadet und trockenen Fußes! Die letzte gemeinsame Initiative galt Pattaya selbst und dem Sanctuary of Truth. Mit Mr. Sod als treuem Taxifahrer fuhren wir zunächst auf den Khao Pra Tamnak, der kleinen Erhebung zwischen Pattaya und Jomtien, wo ein überdimensionierter Goldbhudda weithin sichtbar über der Stadt thronte, und anschließend wechselten wir hinüber zum View Point, von dem aus man einen phänomenalen Überblick über den Pattaya Beach hatte. Weit in der Ferne war sogar das Sancturay of Truth auszumachen. Der View Point war zugleich auch eine Gedenkstätte für Admiral Krom Luang Jumborn Khet Udomsakdi, der im Land als H.R.H. Prince Abhakara Kiatiwongse aufgewachsen war. 1880 wurde der Prinz als 28. Kind des damaligen Königs Rama V. in Bangkok geboren. Als erster Prinz des thailändischen Königshauses wurde er sechs Jahr lang in der Royal Navy Englands ausgebildet. Er ist besonders durch seinen Beitrag zur Entwicklung der thailändischen Marine bekannt geworden, weshalb er heute immer noch bei allen Marineoffizieren als „The Father of the Royal Thai Navy“ gilt. Das Sanctuary of Truth schien bei Nina nicht die gleiche Begeisterung hervorzurufen, wie bei mir, als ich dieses Monument im vergangen Jahr zum ersten Mal sah. Jetzt, bei meinem zweiten Besuch, nahm ich mir sogar etwas mehr Zeit, die Hinweistafel genauer zu studieren, die einige Zusatzinformationen zur Symbolik des erst in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen Gebäudes lieferte. So stand dort zu lesen: „From the cold war era until today, the world has been under the influence of western civilization, accentuated by materialism and devotion to advanced technology. Many natural areas have been degraded, and men have drifted away from their old values in such a way that morality and spiritual contentment have become irrelevant to many people. Their attempts to control nature have transformed many people into egoistical individuals who are out to destroy one another through incessant [unablässige] wars and economic plundering. Most are after only happiness in this life, and believing that there is no life after this. This Sanctuary of Truth was conceived out of the vision that human civilization has been achieved and nurtured by religious and philosophical truth. This sanctuary was created not from hubris but from goodness drawn from religion, philosophy and art. Men cannot be born and exist without seven creators. The Sanctuary of Truth presents seven creators through carved wood sculptures which adorn [schmücken; verzieren] its interior. They are: Heaven, Earth, Father, Mother, Moon, Sun, and Stars. On top of the four spires [Turmspitze] of the sanctuary, the four elements that will lead to the ideal world according to eastern philosophy are presented: • A wood sculpture of a celestical body (Deva) holding a lotus flower symbolizing establishment of religion, the pillar of the world • A wood sculpture of a celestical body holding a child and leading an eldely person symbolizing life bestowed upon [verleihen] human beeing • A wood sculpture of a celestical body holding a book symbolizing the continuation of immortal philosophy • A wood sculpture of a celestical body with a pigeon perching [to perch: sich niederlassen auf] on his hand symbolizing peace. On top of the tallest, central spire is Kalaki mounting a horse, the symbol of Phra Sri Ariyametrai. Phra Sri Ariyametrai is the last Bodhisatava to achieve enlightenment in the world and become the fifth Buddha in the Bhadhra Era, the present era. This place is a sanctuary where people can gather to recognize the seven creators an the four elements that will lead to the ideal world whether for each individual or the whole world. The steps that mankind must go through to reach such an ideal world include the war between the good and evil. The creator of the art work presented here portrays this through wood carvings depicting the stories from two great epics, Mahabharata and Ramayana. The stories are meant to help fight against personal desires and lust, and to extinguish them.“ Mich sprachen diese Sätze an. Angesichts unserer schnellebigen Zeit lohnte es sich tatsächlich, innezuhalten und einmal intensiver darüber nachzudenken! Zwei weitere Vorhaben, ein Besuch des Nong Nooch Tropical Botanic Gardens und einer Travestie-Show in dem berühmten „Alcazar“ von Pattaya wurden auf Ninas Wunsch hin zugunsten des Dangton Beach verworfen. Die letzte Woche wollte sie einfach nur am Strand abhängen, bevor sie nach Rückkehr nach Deutschland ihr Praktikum bei einer Lübecker Rechtsanwältin antreten mußte, eine Maßnahme, die mir selbst sehr entgegenkam. Am 25. Januar schließlich saßen Nina und ich im „Taxi-Meter“, das uns zum Flughafen Bangkok bringen sollte. Ursprünglich hatte ich zwar einmal angedacht, sie allein die Rückreise antreten zu lassen, aber letztlich hatte ich Nik gebeten, ebenfalls zum Flughafen zu kommen, um Nina dort mit „großem Bahnhof“ zu verabschieden. Außerdem wollte ich selber zwei weitere Tage in der Hauptstadt verbringen. Diese letzte Entscheidung stellte sich gottlob als goldrichtig heraus, denn auf dem Weg zum Suvanabhumi-Aiport verfuhr sich der Fahrer in Bangkok dermaßen, daß ich, sehr zum Erstaunen von Nina, sogar unkontrolliert laut wurde. Es konnte doch nicht sein, daß ich dem Fahrer zu sagen hatte, welchen Weg er zu nehmen hatte! Bei der Vorstellung, daß Nina dieses Problem mit dem kaum englisch sprechenden Fahrer hätte allein lösen müssen, streuben sich mir heute noch die Nackenhaare. Nik erschien pünktlich wie verabredet, und als Nina hinter den Milchglasscheiben der Paßkontrolle verschwand, endete auch meine Verantwortung für sie. Zugleich gingen damit aber auch drei Wochen zu Ende, die zu dem Schönsten, Fröhlichsten und Unbeschwertesten gehörten, was ich in den letzten Jahren erlebt hatte. Danke Nina! Zurück im Liegestuhl am Dongtan Beach war zunächst einmal nur Entspannung angesagt. Nach nunmehr zwei Monaten vor Ort nahm ich gegenüber den übrigen Touristen quasi die Rolle des „Elder Tourist“ ein. Wann immer ich am Strand erschien, mein Liegestuhl war für mich reserviert! Mit den von Num verabreichten Fußreflexzonenmassagen, den von Tik zubereiteten Banana-Shakes, und Enrique Iglesias‘ schmalzig schönem Song „Do you know“ auf den Ohren ließ ich es mir gut gehen. Jeden Tag durfte ich dabei erneut feststellen, wie anstrengend auch Nichtstun sein kann. Die ursprünglich ins Auge gefaßten Exkursionen nach Angkor Wat ins benachbarte Kambodscha, nach Saigon oder sogar ins vorolympische Peking wurden kurzerhand auf das nächste Jahr und auf das nacholympische Peking verschoben, denn eines war klar: auch ohne diese Vorhaben würde mir der noch bevorstehende komplette Monat Februar nicht langweilig werden. Nik hatte ich für seine Bemühungen, Nina und mir das nächtliche Bangkok etwas näher zu bringen, angeboten, mich für ein paar Tage in Pattaya zu besuchen und das Bett von Nina zu übernehmen. Ob er von den Angebot Gebrauch machen würde, blieb abzuwarten. Auch das Tennisspielen wurde zweimal in der Woche wieder zur lieben Gewohnheit. Nur in einem Punkt gab es schon bald eine unangenehme Veränderung: das Wetter! Statt des strahlenden Sonnescheins stellte sich für ein paar Tage Regen ein, völlig untypisch für diese Jahreszeit. Am 20. Februar kündigte Nik sein Erscheinen in Pattaya an. Seine Planung sah vor, mich von dort aus am 28. Februar zum Flughafen zu begleiten, um anschließend in der Hauptstadt wieder seinem Beruf als Friseur nachzugehen. Ich war einverstanden. Obwohl wir anschließend zwar das Zimmer teilten, führte er dennoch ein relativ selbständiges Eigenleben. So traf er sich regelmäßig gegen 16.00 Uhr im Pattaya City Public Park (in the mountains, wie er es nannte) mit einigen Gleichgesinnten zum Volleyball, von dem er erst gegen 20:00 oder 21:00 Uhr zurückkehrte. Auf dem Weg zum Tennis im benachbarten Royal Cliff nutzte ich an einem Tag die Gelegenheit, ihm dabei zuzuschauen. Der Platz, den sich die Jungs für ihr regelmäßig am späten Nachmittag stattfindendes Spiel ausgesucht hatten, bot die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, obwohl es am Jomtien Beach Stellen gab, die dafür eigentlich optimal geeignet gewesen wären. Der Boden bestand aus Verbundsteinpflaster, und hinter dem einem Spielfeldrand verlief die stark befahrene Phratamnak Road Richtung South Pattaya, hinter dem anderen fiel der Park so steil bergab, daß es häufig genug längere Pausen gab, in denen erst der Ball wiedergeholt werden mußte. Die Art und Weise, wie hier dennoch um jeden Ball und jeden Punkt gekämpft wurde, konnte einem nur Respekt abnötigen. War es die Aussicht auf den finanziellen Gewinn, denn man spielte hier immerhin um Geld, oder war es allein der sportliche Ehrgeiz, unbedingt siegen zu wollen? Ich glaube, beides traf auf die Spieler zu, die sich hier zum fairen Wettkampf trafen. Einer der besten unter ihnen war zweifellos Nik. Sein Reaktionsvermögen, seine Sprungkraft, wenn er sich zu einem Block am Netz hochschraubte oder auch sein Schwung, mit dem er einen Schmetterball zu einem Punkt verwandelte, waren phänomenal. Es machte einfach Spaß, ihm zuzuschauen. An manchen Abenden verabredeten wir uns zum Schoppen in der eleganten Einkaufspassage des Royal Garden Plaza, gingen ins „Ruen Thai“ und schauten beim Essen einer Gang Garee Gai (Sweet Curry with Chicken – Nr. 106 auf der Speisenkarte) in einem „...traditional Thai setting“ den grazilen Tänzerinnen zu, die ihre Finger in einer ungeahnt aufregenden Art und Weise zu verbiegen und zu verdrehen im Stande waren, oder hingen einfach nur in einer der zahllosen Bars ab. Keiner der Abende endete allerdings, ohne daß wir weit nach Mitternacht nicht noch einmal über die Stände und Buden der South Pattaya Road geschlendert wären, wo die inzwischen wieder hungrig gewordenen Nachtfalter an provisorischen Tischen am Straßenrand sitzend noch eine späte Mahlzeit zu sich nahmen. Nur langsam konnte man sich durch das enge Gedränge auf dem schmalen Gehweg fortbewegen. Allerdings war jeder Schritt durch dieses Gewühl zugleich auch eine alle Sinne ansprechende Erfahrung. Während einem aus den Woks der unterschiedlichen Essensstände die seltsamsten Gerüche entgegenschlugen, legte sich thailändische Musik von den CD- und DVDVerkaufsständen auf die Ohren. Die Augen schließlich waren permanent damit beschäftigt, den teilweise aggressiven und anschmachtenden Blicken jener überwiegend bildhübschen Krateus tapfer standzuhalten, die trotz der späten Stunde immer noch keinen „customer“ für die Nacht gefunden hatten. Überhaupt bekam die Vokabel „customer“ für mich durch die Erfahrungen in Pattaya eine vollkommen neue Bedeutung! Hier bedeutete sie einfach nur „Freier“. Unübertroffen bei allem war aber immer wieder der in Kinder und junge Hunde und Katzen vernarrte Nik. Tauchte irgendwo ein Kinderwagen mit Inhalt auf, hielt er sein goldgelbes Haarbüschel hinein und schon bald kam ein fröhliches kindliches Jauchzen zurück. Mit kleinen Hunden und Katzen verfuhr er ebenso, so daß die Passanten teilweise stehen blieben und belustigt zusahen, wie vor allem kleine Hunde versuchten, nach seinem Haarbüschel zu schnappen. Diese beinahe allabendlichen Exkursionen wurden bis zum Ende meines Aufenthaltes in Pattaya wegen der damit verbundenen Abwechslung und Zerstreuung zu einer lieb gewordenen Gewohnheit. Logisch, daß ich Nik zu meinem 64. Geburtstag am 23. Februar zum Abendessen einlud. Ich hatte dazu ein Restaurant des „anderen Pattaya“ auswählt, eines des „Fünfsterne-Pattaya“, das ich selbst erst vor kurzem durch ein paar liebe Freunde kennengelernt hatte. Das „Birds & Bees - Cabbages & Condoms“ lag so ziemlich am Ende eines Seitenarms der Phratamnak Road direkt gegenüber dem Asia Pattaya so versteckt, daß man es ohne den Hinweis Dritter gar nicht gefunden hätte. Sein auf verschiedene „Decks“ verteiltes Restaurant war so in die Klippen gebaut, daß man von allen Plätzen aus einen traumhaft schönen Blick auf das Meer hatte. Klou des ganzen war jedoch der dem Restaurant vorgelagerte „dschungelähnliche“ Garten, den man entweder auf „kommunistischem“ oder „kapitalistischem“ Weg durchqueren mußte, bevor sich einem die elegante Weite des Restaurants erschloß. Da es bereits dunkel war, ging man bei künstlicher Beleuchtung unter von tropischem Gehölz herabhängenden Baumwurzeln hindurch, überquerte auf kleinen Brücken schmale Rinnsale, in denen farblich bunte Koi-Karpfen gemächlich ihre Runden drehten und darauf warteten, von den Gästen aus kleinen Behältern, die an den Brückengeländern befestigt waren, gefüttert zu werden. Seinen besonderen Pfiff erhielt das Ganze jedoch durch ein Geflecht feinster Wasserleitungen aus deren zahllosen Düsen ein Hauch von Nebel durch die Anlage gesprüht und durch riesige Ventilatoren verwirbelt wurde. Es war einfach atemberaubend. Und schwelgte man schon zu Beginn in einem gewissen Gefühl der Begeisterung und Glückseligkeit, so öffnete sich beizeiten eine geräumige Rasenfläche, die von großen Scheinwerfern in tiefgrünes Licht getaucht wurde und auf dieser – man mochte es kaum glauben, wenn man es nicht selbst gesehen hätte – tummelten sich schneeweiße Kaninchen! Mein Gott, ging es nicht noch ein Tick kitschiger, hätte man gerne ausgerufen? Aber es war tatsächlich so. Vorbei am Swimmingpool erreichte man zu guter Letzt die verwinkelten Bereiche des Restaurants und über schmale Treppen gelangte man endlich zu den unterschiedlichen „Decks“ auf denen die Restaurantbesucher bedient wurden. Trotz all dieser Besonderheiten hielten sich die Preise in Grenzen. Das Geburtstags-Dinner für Nik und mich schlug lediglich mit insgesamt circa 1200 Baht (circa 25 Euro) zu Buche! Am 23. Februar 2009 werde ich 65 Jahre alt. Ich weiß jetzt schon, wo ich diesen Abend verbringen werde! Nik selbst hatte übrigens nur wenige Tage später, am 27. Februar seinen 30. Geburtstag. Der Rückflug von Dubai nach Hamburg erfolgte über die Linie Teheran, Täbriz, entlang des Kaukasus, über Odessa, Warschau und Berlin in die Hansestadt. Aufgrund der günstigen Tageszeit und der klaren Sicht war vor allem ein Blick aus dem Flieger auf das 1200 Kilometer lange und 200 Kilometer breite, im zentralen Teil vergletscherte Hochgebirge des Kaukasus zwischen Schwarzem Meer und Kaspischem Meer möglich. Ob mir bei dem mitgebrachten Foto eine Erinnerung an den 5600 Meter hohen Elbrus, der höchsten Erhebung des Kaukasus, oder einen anderen aus seinem Umfeld weit herausragenden Berg gelang, muß ich an dieser Stelle offen lassen. Auf jeden Fall vermittelt es einen imposanten Eindruck dieser gewaltigen Naturlandschaft. Noch vor Rückkehr nach Hamburg verabredete ich mit Mr. Lee, dem Vermieter meines Appartements 433 in der Metro, eine neue Option für Dezember 2008 und Januar/ Februar 2009. Ich würde auf jeden Fall Ende des Jahres wiederkommen, das war mir jetzt schon klar. Allerdings würde ich nach den Erfahrungen der letzten drei Monate beim nächsten Mal wieder Einiges anders machen. So wird zum Beispiel, ganz im Gegensatz zu den beiden ersten Jahren, an keinem Ort mehr ein ausgedehnter Zwischenstopp stattfinden. In Dubai reicht – wenn überhaupt – eine Übernachtung zum Schoppen, es sei denn, irgendwann wäre der „Burj Dubai“, das höchste Gebäude der Welt fertig und zu besichtigen. Hong Kong ist ganz von der Liste gestrichen, und auch ein neuer Einstieg in Thailand braucht nicht mehr mit einem siebentägigen Bangkokaufenthalt zu beginnen. Auch hier dürfte eine Übernachtung im Holiday Inn ausreichen, um zu sehen, was der Copy-market der Patpong Road Neues zu bieten hat. Sollte allerdings die Fluggesellschaft Emirates irgendwann einmal einen Flug von Mumbai (das alte Bombay in Indien) nach Bangkok in seinen Flugplan aufnehmen, würde ich meine Absichten sofort über den Haufen werfen und liebend gerne dort auf einem meiner kommenden Flüge nach Bangkok einen Zwischenstopp einlegen. Indien ist nach dem Wegfall von Hong Kong auf Platz eins meiner Wunschliste möglicher Reiseziele gerutscht. Emirates bietet zwar einen Flug von Dubai nach Mumbai an, von dort jedoch keinen Weiterflug nach Südostasien. Dazu müßte ich die Fluglinie wechseln, was die Gesamtflugkosten dramatisch erhöhen würde! Das nächste Mal allerdings fest eingeplant ist jedoch jetzt schon ein Besuch der Tempelanlagen von Ankor Wat in Kambodscha. An dieser Stätte des Weltkulturerbes führt 2009 kein Weg vorbei! Schließlich: Ich habe in meinen Reisbericht wiederum einige politische Vorgänge eingeflochten, die parallel zum Verlauf der Reise die Schlagzeilen der Weltpresse beherrschten. Die Geschichte geht unaufhörlich weiter und produziert dabei auch Nachrichten, die, fänden sie nicht auch zwischenzeitlich Erwähnung, sonst möglicherweise verloren gingen. Ich bitte dafür um Verständnis! 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Erich Follath, Berhard Zand: Tausendundeine Pracht. Das höchste Gebäude, der größte Flughafen, das teuerste Hotel: Die Herrscher der Emirate am Golf sind süchtig nach Superlativen – und können sich dank Rekord-Ölpreisen fast alles leisten. Aber sie wollen mehr als ihren Goldrausch genießen: Vorbils sein für ein zukunftorientiertes Arabien, die Drehscheibe der Globalisierung zwischen Ost und West. In: DER SPIEGEL Nr. 6 v. 02.02.08, S. 80-97 ebda S. 97 Für den 27. November 2007 hatte US-Präsident George W. Bush zu einem Gipfel nach Annapolis/ Maryland eingeladen. Interessante Bemerkung am Rande: die GULF NEWS schreiben in ihrer Berichterstattung hinsichtlich der Angabe des Ortes grundsätzlich nicht nur „Jerusalem“, sondern „Occupied Jerusalem“ um anschließend mit dem Text fortzufahren. So hieß es z.B. am 22. November: “ Occupied Jerusalem (Reuters) Israel stepped up efforts yesterday to……“. Wie ernst es der israelischen Regierung mit irgendwelchen Friedensverhandlungen zu sein scheint, unterstreicht die Tatsache, daß selbst in der Phase des Gipfels von Annapolis der Ausbau jüdischer Siedlungen in der Westbank fortgesetzt wird. So schreibt die BANGKOK POST am 8. Dezember 2007 in einer kurzen Notiz unter der Überschrift „Israel asked to explain“: US asked Israel to explain its decision to build 300 new homes around Jerusalem (Har Homar) Land, captured by Israel in 1967 war. Jimmy Carter: Palestine. Peace not Apartheid, New York 2006 George S. Hishmeh: Reinventing the Mideast wheel. All that needs to be done is there and has been available for more than 40 years. In: GULF NEWS, Thursday, November 22, 2007, Opinion 9 Cecile Barendsma, Janklow & Nesbit Associates, New York: e-mail an den Verfasser vom 20.11.2007 Israel asked to explain. In: Bangkok Post, Saturday, 8 December 2007, S. 7 Bassam Za’Za’: Verdict. Housemaid acquitted of theft charges. In: GULF NEWS v. 22.11.07 „Gipfel der Ungerechtigkeit. Stahlfabrikanten aus Indien, Ölbarone aus Russland, Internet-Unternehmer aus China: Nie zuvor ist der Wohlstand so schnell gewachsen – doch nie war er so ungleich verteilt. Die Konfliktlinie zwischen Arm und Reich provoziert Spannungen. Wie lässt sich der Gegensatz überwinden? In: DER SPIEGEL 23/ 2007, S. 40 ff (Zitat S. 41) ebda, S. 42 Erich Follath: Stadt der Wiedergeburt. Ein einmaliges Experiment wird zehn Jahre alt: Am 1.Juli 1997 holte China die britische Kronkolonie Hong Kong heim ins Reich – mit dem Versprechen einer weitgehenden Autonomie. Hat Peking Wort gehalten? Kann die kapitalistische Perle auch unter KP-Hoheit glänzen? In: DER SPIEGEL 26/ 2007, S. 116-122. Im Folgenden zitiert als: Follath Auf dieser Wandtafel war zu lesen: „On 11 December 1928 a legend of Asian hospitality was born – The Peninsula Hong Kong opened its doors for the first time and has been welcoming guests and patrons fromall over the world ever since. Hong Kong was invaded by Japanese troops on 8th December 1941. The formal surrender of Hong Kong was signed on 25 December 1941 by the Govenor of Hong Kong, Sir Mark Young, in Room 336 of The Peninsula. During the Japanese occupation of Hong Kong from 1941 – 1945, The Pensinsula Hotel was renamed the Toa (East Asia) Hotel, and was also used as the Japanese army headquarters. The proximity of Kai Tak Airport and Ocean Terminal greatly helped the expansion of Kowloon’s tourisme industry. As tourist numbers steadily grew, The Peninsula developed to cope with increased demand in these years. In the 1960’s The Pensinsula went through a five years programme of renovations which cost HK $ 26 million (US $ 3.3 million). Among other major changes, the huge overhead fans in the celebrated lobby were replaced by a modern air-conditioning system.” Alexander Nadler: Hong Kong mit Macau. 6., komplett überarbeitete und neu gestaltete Auflage 2006, S. 305 Follath, S. 116 Was es mit dem königlichen Emblem auf sich hatte, war in der kleinen Broschüre nachzulesen, die aus Anlaß der 24. Sea Games herausgegeben wurde. Dort hieß es: „The Royal Emblem in Commemoration of the Celebrations on the Auspicious Occasion of His Majesty the King’s Eightieth Birthday Anniversary 5th December 2007. The Royal Emblem depicts the Privy Seal of the Ninth Reign, which is composed of the Octagonal Throne and the Discus (Chakra), in the middle of which is the symbolic “Unalome” insignia. Around the Chakra Discus, there are rays radiating in all directions. Above the Chakra Discus is the Seven-Tiered Umbrella over the Octagonal Throne, meaning that His Majesty the King has sovereign power in the realm, for at the Coronation Ceremony His Majesty sat upon the Octagonal Throne and received consecrated water from the eight cardinal points in accordance with ancient Royal custom, which for the first time was presented by Members of Parliament instead of Royal sages. As for the platform on which the Octagonal Throne rests, it is strewn with nine silver and golden “bikul” flowers. 16 17 18 19 20 21 22 The Privy Seal is encircled by 80 diamonds, meaning the 80th Birthday Anniversary. On top of the Seal is the Great Crown of Victory, which signifies the Royal Dignity of the Sovereign and symbolizes supreme Kingship. Within the Great Crown of Victory is the Thai numeral 9, meaning the ninth Reign. The Great Crown of Victory is in front of the Great White Umbrella of State, which is in the center and flanked by two Seven-Tiered Umbrellas, marking the great rank of the Sovereign. Beneath the Privy Seal is the Thai number 80, meaning that His Majesty the King has reached His eightieth year. Under the number 80 is a silk ribbon bearing the words “The Celebrations on the Auspicious Occasion of His Majesty the King’s 80th Birthday Anniversary 5th December 2007”. Apart from naming the Royal Ceremony, the silk ribbon also supports the two Seven-Tiered Umbrellas.” Media Guide. 24th Sea Games. Nakhon Ratchasima 2007, S. 8 f Joyous crowds greet the King. Hundreds of thousands turned out for His Majesty’s 80th birthday and in his brief address he reiterated that national unity is vital. In: Bangkok Post, Thursday, December 6, 2007 Abdulloh Benjakat und AP: Six die, 24 hurt in restaurant blast. In: Bangkok Post, Wednesday. December 5, 2007 No. 5; 120x140 cm; 2007; copper, acid, mixed technique: painting, drawing, printing, etching, collage; 200.000 Baht (circa 4.000 Euro); mehr Informationen über: www.artatplay.com TA & DG – Thailand Art & Design Guide. November 2007. Vol. 1/ No 5, S. 6 (AP/gba): Thaksin nach Rückkehr festgenommen. Der vor 17 Monaten gestürzte Ministerpräsident Thaksin Shinawatra ist in sein Heimatland zurückgekehrt – und muss sich nun Korruptionsvorwürfen stellen. Quelle: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/105/160666/ v. 14.03.08 Lothar W. Brenne-Wegener: Ist die Wasserqualität an Pattayas Stränden gesundheitsgefährdent? In: „Der Farang. Zeitung für den Urlauber und Residenten in Thailand“, Nr. 3, Februar 2008 Cola Ridgeback: Leserbrief. In: PostBag - Bangkok Post v. 29. Dezember 2007