Der Traum - Filmernst

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Der Traum - Filmernst
cinécole
Der Traum
Ein Unterrichtsheft zur Arbeit mit dem Kinofilm
Cinécole
ist ein Projekt der MAXmedien GmbH
Autor des Arbeitsheftes:
Dr. Martin Ganguly
Fotos: © Arsenal Filmverleih GmbH
© MAXmedien GmbH 2007
Stephanstr. 2 - 72072 Tübingen
www.cinecole.de
Alle Informationen zum Kinofilm
DER TRAUM finden Sie unter:
www.arsenalfilm.de
Online-Fassung
www.cinecole.de
Dänemark / Großbritannien, 2005
Regie: Niels Arden Oplev
Buch: Niels Arden Oplev/Stehen Bille
Kamera: Lars Vestergaard
Schnitt: Søren B. Ebbe
Musik: Jacob Groth
Ausstattung: Søren Skjær
Darsteller/innen: Janus Dissing Rathke (Frits), Bent Mejding
(Lindum-Svendsen), Anders W. Berthelsen (Freddie Schwalbe), Jens Jørn Spottag (Peder), Anne-Grethe Bjarup Riis (Stine),
Peter Hesse Overgaard (Erling), Sarah Juel Werner (Iben), Elin
Reimer (Großmutter), Gyrd Løfqvist (Großvater)
Produktion: Zentropa Entertainments
Länge: 106 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung empfohlen ab: 10 Jahren
Weltvertrieb: Trust Film Sales ApS
Deutscher Verleih: Arsenal Filmverleih
Der Traum
Inhalt
Die dänische Insel Fünen im Sommer 1969: Der
13-jährige Frits Johansen lebt mit seinem Vater
Peder, seiner Mutter Stine und seinen zwei jüngeren Schwestern auf einem Bauernhof. Der Sommer neigt sich dem Ende zu, Frits Vater wird
aufgrund schwerer Depressionen ins Krankenhaus
eingewiesen. Um die Kinder aufzuheitern, kauft
seine Mutter den ersten Fernseher der Familie und
die neue Zeit hält Einzug. Die ganzen Sommerferien hindurch sieht Frits, was die Flimmerkiste
hergibt. Besonders angetan haben es ihm dabei die
Nachrichten aus den USA: das „I have a dream“
von Martin Luther King (Begriffserklärung) und dessen Traum von einer besseren Welt ohne Unterdrückung und Rassendiskriminierung genauso wie
die Demonstrationen in den Großstädten und die
Flower Power Generation (Begriffserklärung).
Am ersten Tag an der neuen Schule hat er gleich
Unterricht beim gefürchteten Rektor LindumSvendsen, der wenig von neuen Medien und noch
viel weniger von Frits’ langen „Beatleshaaren“
(Begriffserklärung Beatles) hält. Er hängt alten Erziehungsidealen an und schlägt bei Aufmüpfigen
gerne zu, obwohl seit geraumer Zeit in Dänemark
körperliche Züchtigungen in der Schule verboten
sind. Zum Glück kommt in Gestalt seines neuen
Lehrers, des jungen Lehramtsanwärters Freddie
Schwalbe, jemand an die Schule, der im Gegensatz zum Rest des verschlafenen Dorfs erkannt hat,
dass sich die Zeiten ändern.
Die anderen Schüler scheinen das autoritäre System jedoch zu akzeptieren und verspotten sogar
Schüler, die vom brutalen Rektor bestraft werden.
Als Frits, der eine Außenseiterposition bekleidet,
von den anderen Jungs heimtückisch beim Ausspionieren der Mädchenumkleidekabine in die
Mädchengruppe gestoßen wird, läuft er LindumSvendsen in die Arme. Der züchtigt ihn auf brutalste Weise und reißt dabei seine Ohrmuschel ein,
so dass dem Jungen das Blut übers Gesicht strömt.
Doch Frits will das nicht hinnehmen: ermutigt
durch die Fernsehbilder und durch seine Beschäftigung mit der Bürgerrechtsbewegung (Begriffserklärung) der Schwarzen in den USA, nimmt Frits,
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Der Traum
1.0
Preise (Auswahl):
-Internationale Filmfestspiele Berlin 2006, Gläserner Bär – Bester Film
-Chicago International Children’s Film Festival
2006 Children’s Jury Award
-Cinekid; Amsterdam ,Cinekid Film Award 2006
-Robert Festival (Kopenhagen), 2007
-Zlín, Tschechei - International Film Festival for Children and
Youth, 2006
Der Traum
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der sich jetzt nach seinem Vorbild Martin Luther
King ebenfalls Martin nennt, den Kampf gegen das
alte System auf. Seine Mutter, die im Gegensatz
zu seinem Vater den Konflikt anfänglich aus lebenspragmatischen Gründen flachhalten möchte, versucht, von Lindum-Svendsen eine Entschuldigung
einzufordern, was ihr dieser hohnlächelnd verweigert. Auch die Polizei sieht sich für diesen Fall nicht
zuständig. Mit der Unterstützung des neuen Musiklehrers Freddie, der Frits-Martin und seinen
Klassenkameraden zeigt wie moderner Unterricht
und modernes Leben aussehen können, nimmt die
Familie den Kampf gegen den etablierten Schuldirektor auf und legt bei der Schulaufsicht Beschwerde ein. Dieser Konflikt spaltet die Gemeinde in zwei Lager – bei einem Sommerfest auf dem
Bauernhof zeigt sich aber, dass Lindum-Svendsen
nicht nur Freunde hat. Aber auch die Befürworter
des Rektors zeigen ihre Machtstellung - Stine verliert wegen angeblicher Befangenheit ihre Stelle als
Schulkrankenschwester.
Am Tag der Untersuchung erleben die Johansons
jedoch eine herbe Enttäuschung: der einzige relevante Zeuge und Freund der Familie, Freddie
Schwalbe, kann sich, wohl aus Angst um seine Stellung, nicht mehr erinnern wie sich der Vorfall genau
ereignet hat. Stattdessen wird auf unsachliche
Weise von Lindum-Svendsen Peders Krankheit
vorgeführt und der Fall niedergeschlagen. Peder
erleidet daraufhin einen depressiven Schub und
wird zum Entsetzen seines Sohnes erneut ins Krankenhaus eingeliefert.
Frits-Martins einziger Trost ist die Zuneigung seiner Klassenkameradin Iben, die den Erwachsenen,
nachdem sie verbotenerweise bei der Anhörung gelauscht hat, in stummer Verachtung zeigt, dass hier
das Recht mit Füßen getreten wurde.
Nachdem Freddie Svale aus Gewissensgründen die
Schule verlassen hat, unterrichtet der Rektor die
Klasse von Frits-Martin wieder selbst. Doch die
Schüler verweigern sich ihm. Als der ans Pult genötigte Frits-Martin Lindum-Svendsen als Lügner
bezeichnet, prügelt dieser brutal auf den Jungen
ein und bekommt dabei einen Herzanfall und stirbt
im Krankenhaus. Als dies den Schülern in der Aula
mitgeteilt wird, ist der Jubel zum Entsetzen der
Lehrer groß. Die Schüler, mit Iben an vorderster
Stelle, hissen vor lauter Freude auf dem Schulvorplatz die Landesflagge. In der Schlusseinstellung
fordert Frits-Martin seinen Vater auf, wieder nach
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Hause zu kommen, um dem moralischen Sieg auch
dadurch Ausdruck zu verleihen.
1.1.
Figuren mit Fragen
Frits Johansen: der 13-jährige Junge vom Bauernhof lässt
sich von den Fernsehbildern
über die „wilden 68er“ begeistern, die in seinem Dorf jedoch
noch nicht richtig eingezogen
sind. Der Erziehungsstil seines
neuen Rektors ist jedoch gar
nicht modern und kinderfreundlich. Im Laufe der
sich dramatisch zuspitzenden Auseinandersetzung
mit anderen Ansichten über Erziehung lernt er viel
übers Erwachsenwerden und –sein.
Welche politische Figur, deren Vornamen er auch
später annimmt, ist Frits’ großes Vorbild?
Wie beginnt der Konflikt mit Lindum-Svendsen und
wie endet er für Frits?
Lindum-Svendsen: der „Herr
Rektor“ von Frits’ neuer Schule, der höchst altmodische Erziehungsideale verkörpert. Er
glaubt alles Recht auf seiner
Seite zu haben, doch auch ihn
ereilt die Veränderung der Zeit.
Wie stellt sich LindumSvendsen Erziehung vor?
Woran merkt er, dass die Zeiten sich auch auf
Fünen ändern?
Freddie Schwalbe: ein junger
Lehramtsanwärter um die dreißig, der die neue Zeit mit in die
Schule und ins Leben seiner
Schüler bringt. Am Ende scheinen ihm aber sein persönliches
Wohlergehen und die Angst vor
der Autorität des alten Rektors
wichtiger zu sein, als die großen Ideen von Gemeinschaft, Gerechtigkeit und Selbstlosigkeit, über
die er so gerne spricht.
Wie heißt Freddie Schwalbe mit bürgerlichem Namen und warum hat er diesen geändert?
Ist er am Ende des Films immer noch ein Vorbild
für Frits?
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Peder Johansen: Frits’ Vater,
der an schweren Depressionen
leidet und deswegen von Zeit
zu Zeit ins Krankenhaus muss.
Er steht von Anfang an hinter
seinem Sohn und unternimmt
alles in seiner Verfassung Mögliche, um diesem Gerechtigkeit
zu verschaffen. Als LindumSvendsen aufgrund von Peders Krankengeschichte behauptet, dass er selbst seinen Sohn misshandelt hat, scheinen ihn endgültig die Kräfte zu verlassen. Doch Frits überzeugt seinen Vater davon,
dass der Sieg auf ihrer Seite war.
Was ist eine Depression? Wann ist sie eine Krankheit?
Wie überzeugt Frits seinen Vater, dass sie die Auseinandersetzung mit dem Rektor gewonnen haben?
kämpfen muss.
Warum will Stine zunächst nichts gegen den Rektor unternehmen?
Warum ändert sich ihr Verhalten im Verlauf der
Geschichte?
2. Didaktisch-methodische Vorüberlegungen
Der Film „Der Traum“ ist in Bezug auf die Behandlung im Unterricht besonders für Schüler/
innen der Klassen 5-10 zu empfehlen. Er kann
schwerpunktmäßig im Deutsch-, Geschichts-,
Musik-, Ethik- und Religionsunterricht eingesetzt
werden. Der Coming-of-Age Film hat verschiedene Themenfelder: Die Auseinandersetzung mit
Schule, Erziehung und Autorität, dem täglichen
Lebensumfeld also, betrifft Schüler wie Lehrer
gleichermaßen. Hierbei können verschiedene pädagogische Richtungen untersucht und verglichen
werden.
Geschichtlich sind die Veränderungen, die die 68er
Bewegung und die damals entstandenen Bürgerrechtsbewegungen in die westliche Welt brachte,
auch im Zusammenhang mit heutigen Leitbildern
und Wertevorstellungen von Bedeutung. Das
schließt ansatzweise auch die Verwendung von
Musik in „Der Traum“ ein.
Der Einsatz von Film als Unterrichtsmedium beinhaltet natürlich auch die Untersuchung der Filmsprache, die im letzten Themenfeld aufgegriffen
wird.
Zu allen Themenfeldern gibt es Info-, Frageblätter
und unterschiedliche Materialien, die Lehrern und
Schülern helfen sollen, sich mit diesem wunderbaren Film intensiver auseinanderzusetzen.
Iben Severinsen: Die
Klassenkameradin von Frits ist
die Tochter eines der wichtigen
Männer im Ort, die auf Lindum-Svendsens Seite stehen. Sie
ist jedoch in Frits verliebt und
zeigt, dass sie gar nicht so brav
und angepasst ist, wie sie
zunächst erscheint- und wie ihre Eltern und Lehrer sie mögen. Mutig hilft sie Frits und verteidigt
ihren Freund gegen die Ungerechtigkeiten der
Erwachsenenwelt und soll deswegen ins Internat
abgeschoben werden.
Aus welchem Grund stellt sich Iben zu Beginn des
Films auf die Seite der anderen Schüler?
Woran merkt man, dass Iben in Frits verliebt ist?
Warum hisst sie am Ende des Films die Flagge?
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Der Traum
Stine Johansen: Frits Mutter
ist die Schulkrankenschwester
an seiner neuen Schule.
Zunächst möchte Sie die Auseinandersetzung mit LindumSvendsen gütlich regeln, doch
im Laufe der Geschehnisse
lernt sie, dass man für Rechte
und Freiheit bezahlen und auch
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3. Themenfelder
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sichtigt, sondern sie ist in gleichem Maße ausschlaggebend wie die Ansicht der Eltern.
A. Schule, Erziehung und Autorität
Es gibt unterschiedliche Vorstellungen wie man
Kinder erziehen sollte. Die Ansichten zur Erziehung haben sich im Lauf der Jahrhunderte und Jahrzehnte geändert.
Der Traum
Heute werden sieben Erziehungsstile unterschieden: autokratisch, autoritär, demokratisch, egalitär, permissiv, laissez-faire und negierend. Alle diese
Stile zeichnen sich durch ein unterschiedliches Maß
an Verantwortung und Eigeninitiative, das den
Kindern und Jugendlichen zuteil wird, aus.
Elder, ein bekannter Erziehungsstilforscher, hat
bereits 1962 das Erzieherverhalten sieben unterschiedlichen Typen, die auch heute noch aktuell
sind, zugeordnet. Er beschreibt die einzelnen Erziehungsstile folgendermaßen:
1. Der autokratische Erziehungsstil: Beim autokratischen Erziehungsstil wird angenommen,
dass es notwendig ist, Autorität gegenüber den
Kindern auszuüben. Aus diesem Grund wird die
Eigeninitiative der Kinder unterdrückt, die kindliche Meinung interessiert nicht.
2. Der autoritäre Erziehungsstil: Autoritäre Eltern üben ebenfalls eine starke Kontrolle ihrer Kinder aus. Die Meinung des Sprösslings wird zwar
akzeptiert, letzten Endes bestimmen aber weiterhin
die Eltern. Alles in allem haben die Kinder nur
wenige Möglichkeiten, sich frei zu entfalten.
3. Der demokratische Erziehungsstil: Im demokratischen Erziehungsstil werden die Kinder
und Jugendlichen als ernstzunehmende Gesprächspartner mit eigener Meinung betrachtet. Je älter der
Sprössling wird, desto selbstständiger und eigenverantwortlicher soll er handeln. Anleitungen und
Hilfestellungen durch die Eltern werden jedoch als
unerlässlich angesehen. Demokratische Eltern sind
ihren Kindern gegenüber offen und vermitteln ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Erwünschtheit.
4. Der egalitäre Erziehungsstil: Beim egalitären Erziehungsstil haben Eltern und Kinder die
gleichen Rechte und Pflichten, d.h. die Meinung
des Kindes wird nicht nur eingeholt und berück-
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5. Der permissive Erziehungsstil: Permissive
Eltern halten sich in der Erziehung eher zurück.
Die Kinder und Jugendlichen müssen deswegen
selbst die Initiative ergreifen, wenn es um persönliche Entscheidungen geht
.
6. Der laissez-faire Erziehungsstil: Bei einer
laissez-faire Erziehung („machen lassen“) gibt es
keine verbindlichen Regeln, jeder ist sich selbst
überlassen. Stehen persönliche Entscheidungen an,
so sind die Kinder und Jugendlichen in der Regel
aktiver als ihre Eltern. Elterliche Wünsche können dabei wahlweise berücksichtigt werden oder
nicht. In den 60er Jahren wurde eine vergleichbare
Erziehungshaltung auch als „antiautoritäre Erziehung“ bezeichnet.
7. Der negierende Erziehungsstil: Bei einem
negierenden Erziehungsstil beeinflussen die Eltern
das kindliche Verhalten überhaupt nicht. Es fehlt
das Interesse, an der Entwicklung des Kindes teilhaben zu wollen.
Solche klar umrissenen Erziehungsmethoden zeigen sich im Alltag nur sehr selten, in der Regel sind
immer Mischformen unterschiedlicher Stile zu finden. Im Laufe der langjährigen Erziehungsstilforschung konnte allerdings nachgewiesen werden,
dass sich Kinder, die überwiegend demokratisch
erzogen wurden, nicht nur durch ein besonderes
Maß an Selbstvertrauen und sozialer Reife auszeichnen, sondern auch zufriedener und leistungsfähiger sind als andere Kinder und Jugendliche.
Fragen:
- Welchen Erziehungsstil bevorzugt
Lindum-Svendsen? Welchen Erziehungsstil
befürwortet Freddie Schwalbe?
- Wie erziehen Peder und Stine ihre Kinder?
- Welcher Erziehungsstil herrscht an eurer
Schule vor?
- Welchen Erziehungsstil bevorzugen deine
Eltern (bzw. dein Erziehungsberechtigter)?
- In welcher Form würdest du deine Kinder
erziehen?
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Arbeitsblatt: Dialogszenen mit
Rollenspielvorschlägen/ Schreibanlässe
FRITS: Lass mich!
STINE: Komm her!!!!! Setz dich hin!!! ….Morgen
gehst du mit der gleichen Frisur wie alle
anderen in die Schule!!!
FRITS: Einen Dreck tu‘ ich!!
STINE: Sitz jetzt still!!! Wenn wir gleich gemacht
hätten, was ich gesagt hab, hätten wir
alles vermeiden können!! …..
FRITS: Gar nichts hätten wir vermeiden können!
Aua, verdammt, pass doch auf mein Ohr
auf!!! ……..
STINE: Du sollst nicht fluchen!! …….
FRITS: Du sollst meine Haare nicht schneiden!!
Spielt die Szene mit einer Mutter/Vater und einem
Sohn/Tochter nach und überlegt euch unterschiedliche Möglichkeiten, auch andere als die im Film
gezeigte, wie sie weitergehen könnte. Wie könnte
die Mutter/der Vater mit der Situation umgehen?
Wie könnte der Sohn/die Tochter reagieren?
Schreibt zu diesem Text einen Dialog zwischen Frits
und dem Rektor weiter (und spielt ihn dann nach).
Ist Frits’ Vorstellung der Moral von der Geschichte die gleiche wie die von Lindum-Svendsen?
SVENDSEN: Sehen Sie …… als ich als junger
Lehrer an diese Schule kam, da konnte man nicht
den Flur entlang gehen ohne über schmutzige Schuhe und Stiefel der Kinder zu stolpern, die überall
herumlagen. Und es gab sehr viel Lärm. Das Eigentliche, worum es in der Schule geht, nämlich
das Lernen, war unmöglich. Neue Lehrer? Niemand
wollte seine Kräfte an dieser Schule verschwenden, so wie sie damals war!! ……
Es mussten sehr harte Methoden her!! Es war nicht
angenehm, aber es war notwendig!!
Spielt eine Mutter und/oder einen Vater, die sich
Lindum-Svendsens Verteidigung anhören. Was
könnten Sie ihm darauf antworten? Rechtfertigen
seine Behauptungen den von ihm bevorzugten autoritären Erziehungsstil?
Extra
Madonna verbietet Tochter Kontakt zu Jungen
(Spiegel Online 22. März 2007)
So streng sieht sie gar nicht aus: Popstar Madonna
hat ihrer zehnjährigen Tochter sämtliche Verabredungen mit Jungen verboten. Bis Lourdes 18 Jahre
alt ist, soll sie sich von der Männerwelt fernhalten.
Anlass für das harte Durchgreifen der 48-Jährigen
war eine Filmpremiere, bei der Madonnas Tochter
große Aufmerksamkeit erregt hat, wie das Magazin „National Enquirer“ berichtet. Das Mädchen
habe bei der Veranstaltung viele Komplimente erhalten - alle hätten ihm gesagt, wie glänzend es
aussehe, zitiert das Magazin einen Augenzeugen.
Das habe Madonna alarmiert.
Die Sängerin führt auch ansonsten zu Hause ein
strenges Regime: Sie betonte, dass ihre Kinder kein
Fernsehen schauen dürfen. Sie selbst sei auch ohne
TV groß geworden. Ebenso gebe es keine Magazine und Zeitungen in ihrem Haus.
Unterrichtsvorschläge:
Wie sieht eine Auseinandersetzung übers abendliche Weggehen und übers Fernsehen im Hause
Madonna wohl aus? Erarbeitet eine Spielszene oder
entwerft einen Comic (bzw. eine Fotocollage) dazu.
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Der Traum
SVENDSEN: Mein junger Freund ….. du kennst
Hans Christian Andersens Märchen „Was Vater tut,
ist immer das Richtige“. ……. Du erinnerst dich
daran, wie der Bauer sein Pferd für eine Kuh eintauscht …. und die Kuh für ein Schaf / das Schaf
für eine Gans! …. Wir glauben, dass er sich jedes
Mal verschlechtert …. bis er am Ende im Dorfkrug einen Sack fauler Äpfel erhält. ….. Wie jene
zwei arroganten und reichen Engländer ist der Leser natürlich der Auffassung, dass er einen Fehler
begeht!! .... Aber am Ende stellt sich heraus ….
dass er völlig Recht gehabt hat!!! …. Was, würdest
du sagen, ist die Moral von dieser schönen Geschichte, Frits??!
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Infoblatt zum Thema Prügelstrafe
(unter Verwendung von Wikipedia):
Der Traum
OPA: Zu meiner Zeit ….. da haben sie uns in
der Schule verprügelt, das sage ich dir, Frits!! Mit
dem Rohrstock auf den Hintern und Ohrfeigen,
dass es noch tagelang in den Ohren gedröhnt hat!!!
Und dann wurde man im Klassenraum in einem
Schrank eingeschlossen!
Einmal sind einem Jungen die Finger aufgeplatzt,
nach Schlägen mit dem Lineal und ein anderer hat
das Gehör auf einem Ohr verloren! Aber ein Ohr
abgerissen zu bekommen, das geht zu weit!!
Körperstrafen in der Kindererziehung
Als Strafmethode in der Kindererziehung waren Körperstrafen in abgemilderter Form das wohl beliebteste
Erziehungsmittel bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Diese Körperstrafen wurden in der Regel mit der
flachen Hand, einem dünnen Rohrstock oder einem Lineal auf den Po, im Schulmilieu oft auch auf die ausgestreckte Hand des Kindes gegeben (sogenannte „Tatzen“). Andere häufig gebrauchte Körperstrafen waren
die Ohrfeige, die Kopfnuss, das Ziehen an den Haaren
oder Ohren, oder das Knienlassen des Kindes auf einem dreikantigen Holzscheit.
Im Englischen wird die Züchtigung auf das Gesäß
„Spanking“, im Französischen „Fessée“ genannt. (Im
Deutschen gibt es hierfür keinen hochsprachlichen Begriff. Verbreitet ist der Ausdruck „den Hintern versohlen“ sowie eine Vielzahl von regionalsprachlichen Dialekt-Wendungen, z.B. „schinkenkloppen“, im Süddeutschen „Hosenspanner“.) Im Gegensatz zu Nord-, Mittel- und Südamerika, Afrika, Asien und Ozeanien, spielt
„Spanking“ in der Kindererziehung in Europa und
insbesondere im deutschsprachigen Raum heute jedoch
kaum noch eine Rolle. In Deutschland sind alle Körperstrafen in der Kindererziehung seit dem Jahr 2000 gesetzlich verboten.
Von manchen Naturvölkern ist uns die Praxis der Körperstrafe übermittelt, von anderen dagegen nicht. Dagegen wird in nahezu allen höher entwickelten antiken
Gesellschaften die körperliche Züchtigung als Strafe erwähnt, z.B. an den Schulen der Sumerer, im antiken Indien oder im Kaiserreich China. Eine erste theoretische
Rechtfertigung für die Praxis der Körperstrafe findet
man bei den Hebräern im Alten Testament. Hier wird
die Züchtigung nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar
immer wieder empfohlen, vor allem im Buch Sprüche
Salomos.
Allerdings findet sich ebenfalls bereits im alten Testament (5. Buch Mose 25,3) die Regel, dass eine Körperstrafe den (erwachsenen) verurteilten Täter nicht entehren darf. Der zu Bestrafende darf deshalb höchstens
vierzig Schläge („Gertenstreiche“) erhalten.
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Online-Fassung
Obwohl Jesus Christus die „unmündigen Kinder“
teilweise als Vorbild betrachtete („...wer die Liebe Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird sie niemals erfahren...“, „...werdet wie die Kinder...“) setzte sich eine sanftere Pädagogik in den christianisierten Ländern zunächst
nicht durch.
Die westeuropäischen Gesellschaften des Mittelalters
übernahmen die Züchtigungsmethoden von den Römern
und aus ihrer eigenen Tradition, nicht nur in der Kindererziehung, sondern auch zur Bestrafung Erwachsener,
wie beispielsweise das Stäupen am Pranger. Christentum und germanische Tradition lieferten die Rechtfertigung für die berüchtigt harten Strafen des Mittelalters in
allen Lebensbereichen (andererseits wurde auch die
vergleichsweise milde Strafpraxis im Byzantinischen Reich
mit dem Christentum begründet). In dieser Zeit entstand - basierend auf biblischen Ratschlägen - das
Sprichwort „Spare die Rute und verdirb das Kind“.
Besonders harte Erziehungsmittel sind aus den Klosterschulen überliefert, wo die Kinder als Novizen oft für
den kleinsten Fehler „bis aufs Blut gegeißelt“ wurden.
Die Erziehungsmethode der Strafe für Vergehen wurde zunehmend durch eine ausgewogener erscheinende
Kombination aus Strafe und Belohnung abgelöst, wie
sie die drastische Redewendung „Peitsche und Zuckerbrot“ umschreibt. Noch Martin Luther (1483-1546)
empfiehlt, bei der Kindererziehung „neben den Apfel
eine Rute zu legen“, und dies war nicht nur metaphorisch gemeint. Aus dieser Zeit stammt auch der weitverbreitete Ausspruch „An der Rute sparen rächt sich
nach Jahren“.
Das Zeitalter der Aufklärung brachte noch keine wesentliche Änderung bei den Erziehungsmethoden. Johann
Heinrich Pestalozzi (1746-1827) revolutionierte zwar als
erster entscheidend die Pädagogik, aber erst im 19. Jahrhunderts wurden einzelne Stimmen laut, die den völligen Verzicht auf Körperstrafen in der Kindererziehung
forderten. Dennoch war die körperliche Züchtigung von
Kindern und Heranwachsenden in Westdeutschland in
(insbesondere handwerklichen) Ausbildungsverhältnissen
bis etwa 1960 und an Grundschulen bis etwa 1970 weit
verbreitet. Auch die Übertragung des Züchtigungsrechts
an Dritte (etwa an Nachhilfelehrer) war bis etwa 1970
sozial akzeptiert und nicht unüblich.
Die pädagogische Trendwende setzte erst ab den 1960er
Jahren ein, ging dann aber - zumindest in Europa - sehr
schnell und radikal vonstatten. Seit den 1970er Jahren
gilt die Körperstrafe in Europa in weiten Gesellschaftskreisen, insbesondere in den Medien, als barbarisches
Relikt vergangener Zeiten und wird mit Kindesmisshandlung oder mit sexuellem Missbrauch gleichgesetzt.
Heute verwenden in den westlichen Ländern viele den
Begriff Schwarze Pädagogik, wenn sie negativ von den
Erziehungsmethoden früherer Elterngenerationen sprechen. Aber auch heute noch sind in den meisten Län-
Online-Fassung
Kanada verschärfte seine Gesetze im Frühjahr 2004.
Seitdem ist es dort nur noch legal, Kinder und Jugendliche zwischen zwei und einschließlich 12 Jahren entsprechend körperlich zu züchtigen. Entgegen der sonst in
den westlichen Staaten verbreiteten Tendenz, körperliche Bestrafungen von Kindern generell zu verbieten, hat
allerdings der Kanadische Oberste Gerichtshof in Ottawa
am 30. Januar 2004 eine differenzierendere Haltung eingenommen und entschieden, dass Eltern körperliche
Bestrafungen ihrer Kinder nicht durch Gesetz verboten
werden können, solange die Bestrafungen „vernünftig“
(„reasonable“) sind, d.h. nicht im Zorn erfolgen. „Vernünftig“ sind dabei laut Gericht außerdem nur Körperstrafen aus wichtigem Anlass, sie dürfen nach dem Urteil nur ohne Werkzeug (also nur mit der Hand) und nur
an Kindern vorgenommen werden, die mindestens zwei
und noch nicht dreizehn Jahre alt sind. Schließlich sind
körperliche Erziehungsmaßnahmen gegen den Kopf
(Ohrfeigen, Kopfnüsse, Ziehen an Haaren oder Ohren
usw.) immer und ausnahmslos verboten.
Einer Meldung des Berliner Tagesspiegels vom 13. April
2006 zufolge hat nun in einem ähnlichen Fall auch der
Oberste Gerichtshof Portugals in dem Sinne entschieden, dass die maßvolle körperliche Bestrafung eines
Kindes Teil des elterlichen Erziehungsrechts sei, die nicht
durch Gesetz ausgeschlossen werden könne. Der Tagesspiegel-Meldung zufolge soll der Fall deshalb dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu letztgültiger
Entscheidung vorgelegt werden.
In Großbritannien wurde zunächst 1986 das Schlagen
von Schülern in staatlichen Schulen und 1998 in allen
Schultypen verboten. Ein Anhang zum britischen
Kinderschutzgesetz der Eltern, welches das Schlagen ihrer
Kinder generell verbieten sollte, wurde im Jahr 2004 im
House of Commons 424 zu 75 Stimmen abgelehnt. Ein
weiterer Antrag, der das Schlagen von Kindern unter
Hinterlassung sichtbarer Spuren verbietet, wurde hingegen mit 284 zu 208 Stimmen angenommen und trat im
Januar 2005 in Kraft. Im Januar 2006 forderten die vier
Kinderbeauftragten Großbritanniens ein totales Verbot
von Gewalt in der Kindererziehung; diese Forderung
wurde jedoch von der Regierung Tony Blairs abgelehnt.
Tony Blair hatte in seiner Vergangenheit bekannt gegeben, dass er gelegentlich seine Kinder schlägt.
Fragen: Viele Erwachsene sind trotz des gesetzlichen
Verbots der Auffassung, dass „ein paar hinter die Löffel
gelegentlich nichts schaden könne.“
- Kannst Du diese Einstellung nachvollziehen?
- Würdest Du deine Kinder körperlich züchtigen,
wenn sie ein von dir gesetztes Verbot nicht befolgt haben?
- Sind Schläge die schlimmste Art von Strafe?
- Sollte man Kinder bestrafen? Wenn ja – welche
Art von Bestrafung findest Du richtig?
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Der Traum
dern der Welt Körperstrafen als Erziehungsmittel (soweit sie maßvoll und angemessen sind, also keine Misshandlung darstellen) legal und können dort vor allem
von den Eltern, jedoch auch - im Rahmen festgeschriebener Gesetze - von Lehrern oder anderen Erziehungsverantwortlichen erteilt werden.
In den meisten Staaten Europas hat sich seit etwa dem
Ende des Zweiten Weltkriegs, vor allem in den 1960er/
1970er Jahren und gestützt durch neue psychologische
Erkenntnisse, die neue öffentliche Meinung durchgesetzt,
dass Körperstrafen schädlich für die Entwicklung des
Kindes sind und nicht mehr angewendet werden sollen.
In der DDR wurden Körperstrafen an den Schulen 1949
abgeschafft, 1973 auch in der Bundesrepublik Deutschland. Neben Deutschland verbieten die gesetzlichen Regelungen Spanking innerhalb von Familien in mehreren
Ländern, beispielsweise in Schweden, der Schweiz, Island,
Finnland, Dänemark, Norwegen, Österreich, Italien, Zypern, Kroatien, Israel und Litauen. Entsprechende
Gesetzesinitiativen in den USA sind im Verlauf der
vergangenen Jahrzehnte immer wieder gescheitert. Seit
Anfang der 1990er Jahre gründeten sich dort Elterninitiativen die einem entsprechenden Verbot entgegen traten.
In Schweden wurden schon 1979 Körperstrafen als
Erziehungsmittel grundsätzlich illegalisiert, ebenso seither
in mehreren anderen (v. a. europäischen) Staaten, die dem
Beispiel Schwedens folgten. So verbot Großbritannien
am 22. Juli 1986 per Gesetz die Prügelstrafe in Schulen.
Mit Änderung des § 1631 Abs. 2 BGB haben auch in
Deutschland Kinder seit 6. November 2000 ein Anrecht
auf gewaltfreie Erziehung, das heißt, auch Demütigungen sind verboten. Damit wurde das bis dahin bestehende elterliche Züchtigungsrecht aufgehoben. Körperliche oder seelische Misshandlungen von Kindern in der
Erziehung hingegen sind in Deutschland bereits seit 1998
verboten.
In den USA sind noch immer Körperstrafen an den Schulen in ungefähr der Hälfte aller US-amerikanischen Bundesstaaten erlaubt, werden aber praktisch nur noch in den
ehemaligen Südstaaten praktiziert. Diese werden in der Regel mit einem speziellen Holzpaddel (Paddle) oder auch
mit einem Lederriemen auf das bekleidete oder, jedoch
nur in seltenen Fällen, entblößte Gesäß des Schülers gegeben („paddling“/“lashing“). Nach einer Schätzung des
amerikanischen Bundeserziehungsministeriums gab es im
Schuljahr 1996/97 an allen staatlichen US-Schulen insgesamt
rund 458.000 Paddlings, das entspricht etwa 1 % der Schüler. Die prozentual meisten Paddlings gibt es in Arkansas
und Mississippi (über 10 % der Schüler erhalten dort
mindestens ein Paddling im Schuljahr). In den betroffenen
Bundesstaaten obliegt es dem jeweiligen Schulbezirk die
Zulässigkeit, Anlässe, Umfang und Durchführungsregelungen für körperliche Bestrafungen festzulegen. In der
Vergangenheit haben wiederholt Schulangestellte ihre Stellung verloren, da sie gegen die entsprechenden Vorschriften verstießen.
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Der Traum
B. Zeit des Aufbruchs - Die 68er
In den Sechzigern wird die bundesdeutsche Gesellschaft spürbar offener, internationaler. Der
Autoboom erzeugt eine hohe Mobilität, die
Urlaubswelle zieht die Deutschen in ihre europäischen Nachbarländer. Migranten kommen nun verstärkt ins Land, um hier als „Gastarbeiter“ einige
Zeit lang zu arbeiten, doch viele bleiben. Familien
reisen nach oder entstehen hier, und die deutsche
Alltagskultur vom Speiseplan bis zum Konzertereignis bekommt ein internationales Flair. In Berlin
wird der Döner Kebab erfunden. Der kulturelle
Aufbruch erreicht allerdings zunächst nur Minderheiten der Gesellschaft.
Ende der 60er gab es dann die sogenannte 68er
Bewegung in Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten.
Unter 68er-Bewegung werden verschiedene, meist
linksgerichtete Studenten- und Bürgerrechtsbewegungen zusammengefasst. Der Name bezieht sich
auf das Jahr 1968, in dem einige der von diesen
Bewegungen thematisierten Konflikte eskalierten,
insbesondere in den USA in den Antikriegsdemonstrationen und den Folgen der Ermordung
Martin Luther Kings, in Europa in diversen außerordentlichen zivilen Auseinandersetzungen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch in Deutschland
bezeichnet man hiermit häufig vereinfachend die
Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre.
Die 68er-Bewegung hat der 68er-Generation ihren Namen gegeben, für die die späten 60er-Jahre
eine prägende Phase darstellt. Angehörige der Generation, im besonderen aktive Teilnehmer der
Bewegungen, werden 68er bzw. Alt-68er genannt.
Diesen diversen Bewegungen gemeinsam waren
u.a. der Protest gegen den laufenden Vietnamkrieg
(Friedensbewegung), der Kampf gegen Autorität
(insbesondere in Bildung und Erziehung, Jugendbewegung) und für die Gleichstellung von Minderheiten sowie der Einsatz für mehr sexuelle Freiheiten (Frauenbewegung, Schwulenbewegung, Sexuelle Revolution).
Eine der vorherrschenden neuen Jugendbewegungen war die Hippiekultur (auch FlowerPower-Generation genannt). Die Mehrzahl der
Hippies war eigentlich nicht „politisch“ motiviert,
doch bald merkten sie, dass man aus der Mehrheitsgesellschaft nicht aussteigen kann, ohne politisch
zu werden. Denn anders als die Gammler wollten
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Online-Fassung
sie nicht nur dem Leistungsdruck der Gesellschaft
entfliehen, sondern zugleich neue, menschlichere
Lebensweisen und Umgangsformen finden. Doch
der Mehrheitsgesellschaft der Sechzigerjahre fehlte das Selbstbewusstsein, die „Fliehenden“ einfach
ziehen zu lassen, und so betrachtete sie jegliche
Suche nach dem eigenen Lebensstil fernab der vorgegebenen Standards (Lohnarbeit, Kleinfamilie,
Konsumfreude) bereits als radikalen politischen
Angriff.
Das Ziel der Hippies war eine „antiautoritäre und
enthierarchisierte Welt- und Werteordnung ohne
Klassenunterschiede, Leistungsnormen, Unterdrückung, Grausamkeit und Kriege. Ihr Blick richtete
sich jedoch weniger auf ein anderes System als
mehr auf die Veränderung des einzelnen Menschen.
(unter Verwendung von Textpassagen aus Farin,
Klaus: Jugendkulturen in Deutschland 1950-1989,
Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2006)
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Der Traum
Fragen:
1.) Auf den Bildern siehst du Jugendliche aus 3
verschiedenen Jahrzehnten. Kannst du diese
Jugendkulturen zeitlich einordnen und namentlich
benennen?
2.) Welche der Jugendkulturen ist dir am
sympahischsten? Begründe deinen Wahl.
3.) Sind Jugendliche heute anders? Haben die
Jugenkulturen der vergangenen Jahrzehnte den
heutigen Mode- und Lebensstil beeinflusst? In
welcher Weise?
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C. Martin Luther King
Der Traum
Martin Luther King
Dr. Martin Luther King Jr. (* 15. Januar 1929 in
Atlanta, Georgia; † 4. April 1968 in Memphis,
Tennessee) war ein US-amerikanischer Baptistenpastor und Bürgerrechtler. Er zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
Seinen erfolgreichen gewaltlosen Kampf gegen die
Diskriminierung der Schwarzen in den Vereinigten Staaten führte er inspiriert von den Gedanken
und Methoden Gandhis. King, der immer die Gewaltlosigkeit predigte, wurde dreimal tätlich angegriffen, überlebte mindestens ein Bombenattentat
und wurde zwischen 1955 und 1968 mehr als 30
Mal inhaftiert. 1964 erhielt er den Friedensnobelpreis. Am 4. April 1968 wurde er von einem Attentäter erschossen.
(verschiedene Quellen)
Martin Luther King Jr. „I have a dream“. [Rede
zum Marsch auf Washington am 28. August 1963
vor 250.000 Menschen am Lincoln Memorial (Auszug)
I am happy to join with you today in what will go
down in history as the greatest demonstration for
freedom in the history of our nation.
Ich freue mich, heute mit euch zusammen an einem Ereignis teilzunehmen, das als die größte Demonstration für
die Freiheit in die Geschichte unserer Nation eingehen wird.
Fivescore years ago, a great American, in whose
symbolic shadow we stand today, signed the
Emancipation Proclamation. This momentous
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decree came as a great beacon light of hope to
millions of Negro slaves who had been seared in
the flames of withering injustice. It came as a
joyous daybreak to end the long night of their
captivity.
Vor hundert Jahren unterzeichnete ein großer Amerikaner, in dessen symbolischen Schatten wir heute stehen, die
Emanzipationsproklamation. Der aktuelle Erlass kam
wie ein großes Leuchtturmlicht der Hoffnung für Millionen von Negersklaven, die in den Flammen einer
zerstšrenden Ungerechtigkeit verbrannten. Er kam wie ein
freudiger Tagesanbruch nach der langen Nacht ihrer Gefangenschaft.
But one hundred years later, the Negro still is not
free; one hundred years later, the life of the Negro
is still sadly crippled by the manacles of segregation
and the chains of discrimination; one hundred years
later, the Negro lives on a lonely island of poverty
in the midst of a vast ocean of material prosperity;
one hundred years later, the Negro is still languished
in the corners of American society and finds
himself in exile in his own land. (.....)
Aber hundert Jahre später ist der Neger immer noch nicht
frei. Hundert Jahre später ist das Leben des Negers immer
noch traurigerweise verkrüppelt durch die Fesseln der Rassentrennung und die Ketten der Diskrimminierung. Hundert Jahre später lebt der Neger immer noch auf einer
einsamen Insel inmitten eines riesigen Ozeans materiellen
Wohlstandes. Hundert Jahre später schmachtet der Neger
immer noch am Rande der amerikanischen Gesellschaft
und befindet sich im eigenen Land im Exil. (.......)
I have a dream that one day on the red hills of
Georgia, sons of former slaves and sons of former
slave-owners will be able to sit down together at
the table of brotherhood.
Ich habe einen Traum, daß eines Tages auf den roten
Hügeln von Georgia die Söhne früherer Slaven und die
Söhne früherer Sklavenhalter miteinander am Tisch der
Brüderlichkeit sitzen können.
I have a dream that one day, even the state of
Mississippi, a state sweltering with the heat of
injustice, sweltering with the heat of oppression,
will be transformed into an oasis of freedom and
justice.
Ich habe einen Traum, daß sich eines Tages selbst der Staat
Mississippi, ein Staat , der in der Hitze der Ungerechtigkeit und Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase und
Gerechtigkeit verwandelt.
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I have a dream my four little children will one day
live in a nation where they will not be judged by
the color of their skin but by the content of their
character. I have a dream today!
Ich habe einen Traum, daß meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie
nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird. Ich habe einen Traum heute . . .
I have a dream that one day every valley shall be
exalted, every hill and mountain shall be made low,
the rough places shall be made plain, and the
crooked places shall be made straight and the glory
of the Lord will be revealed and all flesh shall see
it together.
Ich habe einen Traum, daß eines Tages in Alabama mit
seinen bösartigen Rassisten, mit seinem Gouverneur, von
dessen Lippen Worte wie „Inter vention“ und
„Annullierung der Rassenintegration“ triefen . . ., daß
eines Tages genau dort in Alabama kleine schwarze Jungen und Mädchen die Hände schütteln mit kleinen weißen
Jungen und Mädchen als Brüdern und Schwestern. Ich habe
einen Traum, daß eines Tages jedes Tal erhöht und jeder
Hügel und Berg erniedrigt wird. Die rauhen Orte werden
geglättet und die unebenen Orte begradigt werden. Und
die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und
alles Fleisch wird es sehen.
Fragen:
- Welche Gefühle löst diese Rede bei dir aus?
- Was fasziniert Frits an Martin Luther Kings
Rede?
- Was wollte Martin Luther King mit dieser Rede
erreichen?
- Für viele Menschen war Martin Luther King ein
Hoffnungsträger, viele haben ihn aber auch gehasst – so sehr, dass er bei einem Attentat ermordet wurde. Welche Gruppen von Menschen
haben ihn geliebt? Welche Menschen haben ihn
wohl gehasst? Begründe deine Einschätzungen.
- Was sind Bürgerrechtsbewegungen? Welche Bürgerrechtsbewegungen gab es noch außer der
afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung?
- Aus welchem Grund sind diese Bewegungen
entstanden? Sind Bürgerrechtsbewegungen
heute noch von Bedeutung?
HERR OLSEN:
Von Scholten war ein richtiger Däne mit großem Mannesmut. Ganz allein
wagte er, dem absolutistischen König in
Kopenhagen zu widerstehen. Er benutzte seinen
gesunden Menschenverstand: So wurde Dänemark
das erste Land der Welt, das die Sklaven frei ließ!
Frits, wiederholst du das Letzte noch mal?! ….
Frits, wird´s bald??!
FRITS: Ich kann‘s nicht wiederholen! …..
HERR OLSEN:
Weil du nicht zugehört hast,
hab ich Recht?! …..
FRITS: Nein, weil es falsch ist!! …… Dänemark
war nicht das erste Land, das die Sklaven freigelassen hat!! …. Wir waren die ersten, die die
Sklaventransporte über den Atlantik einstellten.
……. Aber nur, weil die Engländer uns mit ihrer
Flotte gedroht hatten. ….. Wir haben immer noch
Sklaven gehabt, auf den Westindischen Inseln. …..
Da gab es Höfe, wo wir Sklaven herangezüchtet
haben, so wie Vieh!
Sklaverei
Wichtiges Merkmal der Sklaverei ist das Festhalten
der Person gegen ihren Willen mittels (physischer
oder institutioneller) Gewalt zum Zweck der wirtschaftlichen Ausbeutung. Offiziell ist die Sklaverei heute in allen Staaten der Welt abgeschafft.
Dennoch befinden sich immer noch viele Menschen in einer derartigen Abhängigkeit.
Allgemein bekannt ist die Sklaverei aus den Südstaaten der USA, die in großer Zahl Menschen aus
Afrika als Arbeitskräfte für die Landwirtschaft
(Baumwollernte) ‚importierten’. Dabei sind
Hunderttausende von Schwarzen ums Leben gekommen. Mit der Sklaverei entwickelte sich auch
der Rassismus der Weißen gegenüber der einheitlich schwarzen Sklavenbevölkerung. Die unterschiedlichen Sichtweisen der Politiker der Nordund der Südstaaten zum Thema Sklaverei führte
unter anderem zur Sezession, dem Austritt einiger
Staaten aus dem Bund der Vereinigten Staaten von
Amerika und der Bildung der Konföderierten Staa-
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Der Traum
This is our hope. This is the faith that I go back to
the South with.
Das ist unsere Hoffnung. Mit diesem Glauben kehre ich
in den Süden zurück.
(Deutsche Übersetzung: Frank Ley)
D. Sklaverei
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ten von Amerika. In den Konföderierten Staaten
von Amerika waren laut der Volkszählung von
1860 von ca. 9,1 Millionen Einwohnern über 3,5
Millionen Sklaven. Durch die Sezession kam es zum
Ausbruch des US-Amerikanischen Bürgerkrieges,
in welchem sich die abolitionistischen, Sklavenhaltung ablehnenden Nordstaaten durchsetzten.
Am 18. Dezember 1865 wurde mit der Ratifizierung des 13. Zusatzes („amendment“) zur USamerikanischen Verfassung durch die Bundesstaaten die Sklaverei in den USA verboten. Trotzdem
waren die ehemaligen Sklaven in vielen Bereichen
der USA nicht vollkommen gleichberechtigt. Der
meist friedliche Kampf für Gleichberechtigung und
gegen Rassentrennung
setzte sich bis in die späten Sechziger Jahre des
zwanzigsten Jahrhunderts
fort. Die Amerikaner afrikanischer Abstammung
werden heutzutage als
Afroamerikaner bezeichnet.
Der Traum
(unter Verwendung von Wikipedia)
Onkel Toms Hütte (engl. Uncle Tom’s Cabin) ist
ein Roman von Harriet Beecher-Stowe, dessen
Hauptperson ein Afroamerikaner ist.
Der Klassiker schildert das Schicksal einer Reihe
von afroamerikanischen Sklaven und ihrer jeweiligen Besitzer in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Titelfigur „Onkel Tom“ ist ein Sklave in
Kentucky, der von seinem Besitzer Mr. Shelby aus
Finanznot verkauft wird, und nach dem überraschenden Tod seines zweiten Herrn, der ihn freilassen wollte, in die Hände eines br utalen
Plantagenbesitzers gerät, der ihn zu Tode misshandelt, da er sich nicht beugt und seinen Idealen treu
bleibt. Mr. Shelbys Sohn Robert versucht nach dem
Tod seines Vaters vergeblich, das Tom gegebene
Versprechen, ihn zurückzukaufen, einzulösen, und
kann ihm nur noch beim Sterben helfen und ihn
begraben. Daraufhin lässt er seine Sklaven frei, um
sie gegen Bezahlung in seinen Dienst zu nehmen.
Der Roman erschien erstmalig vom 5. Juni 1851
bis zum 1. April 1852 unter dem Titel „Uncle Tom’s
Cabin; or, Life Among the Lowly“ in der Zeitung The
12
Online-Fassung
National Era, die von den Abolitionisten, den Gegnern der Sklaverei, herausgegeben wurde. Die Geschichte, ein Stück Weltliteratur, stellt die Grausamkeit der Sklaverei in den USA in Frage und
zwar noch über ein Jahrzehnt bevor diese abgeschafft wurde.
Im folgenden Textausschnitt unterhalten sich mehrere Passagiere Mitte des 19. Jahrhunderts auf einem Mississippidampfer über das Recht, beziehungsweise Unrecht Sklaven zu halten:
Das Boot „La belle rivière“ fuhr unter einem glänzenden Himmel lustig den Strom hinab, während
die „Streifen und Sterne des freien Amerika“
darüber wehten und flatterten und auf Deck gutgekleidete Herren und Damen spazierengingen,
um den herrlichen Tag zu genießen.
Alles war heiter und gehobener Stimmung; alles,
außer Haleys Transport, der neben anderm Frachtgut im Zwischendeck verstaut war. (…)
Und über ihnen in der Kajüte saßen Väter und
Mütter, Gatten und Gattinnen; ihre Kinder bewegten sich zwischen ihnen wie kleine Schmetterlinge, und alle waren guter Dinge.
„Ach, Mama“,sagte ein Knabe,“ein Sklavenhändler
ist an Bord, und er hat vier oder fünf Sklaven mitgebracht.“
„Die armen Geschöpfe“, sagte die Mutter in einem Ton, der zwischen Schmerz und Entrüstung
schwankte.
„Und sie sind gefesselt“, sagte der Knabe.
„Was für eine Schande für unser Land, dass man
so etwas sehen muss!“ rief eine andere Dame.
„Oh, darüber lässt sich manches für und manches
wider sagen“, meinte eine Dame, die vor der Tür
ihrer Kajüte saß und nähte, während ihre beiden
Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, neben ihr
spielten. „Ich bin im Süden gewesen und muss sagen, dass es den Negern dort besser geht, als wenn
sie frei wären.“
„In mancher Hinsicht geht es einigen ganz gut, das
gebe ich zu“, sagte die Dame, deren Bemerkung
diese Äußerung veranlasst hatte. „Das Schrecklichste bei der Sklaverei ist meiner Ansicht nach,
wie sie die Gefühle und Neigungen verletzt – das
Zerreißen von Familienbanden zum Beispiel.“ (…)
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„Stellen Sie sich einmal vor, Madame, man würde
Ihnen Ihre beiden Kinder da nehmen und sie verkaufen.“
„Wir können die Empfindungen dieser Leute nicht
nach den unsrigen beurteilen“, sagte die andere
Dame und sortierte ruhig das Strickgarn auf ihrem
Schoß.
„Wenn Sie so sprechen, kennen Sie diese Leute
wahrhaftig nicht“, bemerkte die erste Dame mit
Wärme. „Ich bin unter ihnen aufgewachsen. Ich
weiß, dass sie ebenso stark fühlen wie wir –
vielleicht noch stärker.“ (…)
(aus Harriet Beecher-Stowe: Onkel Toms Hütte,
ins Deutsche übertragen vom Herausgeber/Verlag
Neues Leben, Berlin 1952 nach einer anonymen
Übersetzung aus dem Jahre 1854)
Rollengesprächsaufgabe (in Gruppenarbeit):
Nehmt in einem Rollengespräch die unterschiedlichen Positionen, der hier zitierten Romanfiguren
ein.
Sammelt diese Positionen (Pro/Contra) zur
Sklavenhaltung mündlich oder schriftlich.
Schreibaufgabe:
Stellt euch vor, ihr würdet Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA leben und wolltet die Sklaverei
abschaffen. Schreibt eine Rede, die auch die
Befürworter der Sklavenhaltung überzeugen könnte.
E. Musik als Protestform
Sex and Drugs and Rock’n Roll - Rockmusik
und Jugendkultur der 60er
Auch in der populären Musik der 60er Jahre spiegeln sich die gesellschaftspolitischen und kulturellen Veränderungen wider - und wurden gleichzeitig von ihr motiviert.
Der erwachsene Beobachter der Jugendszene hatte zumeist zwei wichtige Gründe, sich mit jugendmusikalischem Verhalten und seinen vielfachen
Nebenerscheinungen wie Kleidung, Haartracht,
Auftreten u.v.m. zu beschäftigen. Diese optische
Veränderung der Jugendlichen wirkte neu, fremd
oder gar unverständlich. In den Medien fanden sich
sensationsreiche, befremdete bis ablehnende Berichte über Lautstärke, textliche Inhalte, exzentrische Aufmachung und motorisch seltsame Bewegungen. Dabei stand Musik oftmals als
Stimulationsmittel für Krawall, Aufruhr oder
Rauschdrogen in Verdacht.
Gerade Großveranstaltungen, sogenannte Festivals, wie z.B. Monterey (1967), Isle of Wight (’68)
Woodstock (1969) und Altamont (1969), stießen
auf verstärktes öffentliches Interesse, da sich Jugendliche hier am schutzlosesten der Beobachtung
preisgeben konnten.
Das Interesse an der Popmusik war und ist weder
länder- noch klassenspezifisch, noch ist es abhängig von bestimmten Erziehungs -oder kulturellen
Lernprozessen, vielmehr hängt es offensichtlich mit
dem Alter zusammen.
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Der Traum
„Es ist unzweifelhaft der Wille der Vorsehung, die
afrikanische Rasse in Knechtschaft und Erniedrigung zu halten“, sagte ein feierlich aussehender
Herr in Schwarz, ein Geistlicher, der neben der
Kajütentür saß.“ ‚Verflucht Kanaan; ein Knecht
der Knechte soll es sein!’ sagt die Schrift.“
„Ist das wirklich der Sinn der Stelle, Fremder?“
fragte ein langer Mann, der dabeistand.
„Unzweifelhaft. Es hat der Vorsehung aus einem
unerforschlichen Grunde gefallen, dieses Geschlecht vor Jahrhunderten zur Sklaverei zu verdammen; und wir dürfen unseren eigenen Willen
nicht dagegensetzen.“
„Na, dann lasst uns lustig Nigger kaufen, wenn es
die Vorsehung so will – nicht wahr?“ sagte er zu
Haley gewendet, der, die Hände in den Taschen,
neben dem Ofen stand und dem Gespräch gespannt
zuhörte.
„Ja“, fuhr der lange Mann fort, „wir müssen uns
alle dem Willen der Vorsehung fügen. Nigger müssen verkauft und verschleppt und in Ketten gehalten werden; dazu sind sie da. Das ist eine ganz bekömmliche Ansicht, nicht wahr, Fremder?“ wandte er sich an Haley.
„Ich habe nie darüber nachgedacht“, sagte Haley.
„Ich hätte das selber nicht sagen können; bin nicht
gelehrt genug dazu. Ich bin in das Geschäft eingestiegen, um mein Brot zu verdienen; wenn es eine
Sünde ist, so werde ich sie wohl einmal bereuen
müssen, nicht wahr?“
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Der Traum
Ein wichtiges Merkmal des Rock ist die Verständnislosigkeit und die Ablehnung, die diese Musik
bei großen Teilen der Erwachsenenwelt hervorrief.
Pop ist das Ergebnis direkt gesteuerter Publicity in
Presse, Werbung und Fernsehen, welche sich in den
Händen von Konzernen und Managern befindet,
die eigentlich keinen direkten Zugang zur Musikbedeutung für Jugendliche haben. Deshalb ist Popmusik eine Musik der Erwachsenen für die Jugend,
und nicht, wie in den Entstehungsphasen des Rock,
eine Musik der Jugend für sich selbst.
Rockmusik zeichnet sich durch eine Vielzahl von
Stilrichtungen sowie deren Weiterentwicklung aus.
Letztere entstehen in einem Prozess, der von der
Musikwissenschaft als Bewegung von einfachen zu
verfeinerten musikalischen Strukturen verstanden
wird. Vormals musikalisch Eindimensionales wird
darin mehrdimensional komplex in seinen Klangmitteln, und nähert sich somit mehr und mehr der
Kunstmusik.
Im Jahr 1967 war die Popmusik zum Rock geworden, und damit nicht mehr nur Teenager-Musik der
Arbeiterklasse, sondern ein Ausdrucksmittel einer
ganzen Generation von Jugendlichen.
Im Gegensatz zum Teenager-Pop besaß der Rock
Inhalte, die noch nicht vereinnahmt waren und die
den Jugendlichen neue Möglichkeiten öffneten.
Allgemein lässt sich sagen, dass die neue Rockmusik im Wesentlichen durch drei Hauptmerkmale
gekennzeichnet ist:
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druck und schließlich zur Verkünstelung in den
Textaussagen.
Ermöglicht durch technische Neuerungen wurde
eine monumentale Klangentwicklung erzielt, elektronische Rückkopplungen- und Überlagerungsklänge wechselten mit grellen und harten BluesFigurationen oder mit zarten Musikteilen.
Der Zuhörer konnte sich so in der Rockmusik wiederfinden, hatte keine Indentifikationsschwierigkeiten, die Musiker drückten auch seine
Bedürfnisse und Ängste wahrhaftig und ehrlich aus.
Die Erwachsenenwelt setzte sich in Folge gegen
die Provokationen zur Wehr. Sowohl Eltern und
Erzieher, Radio, Fernsehen, Presse und Kirche traten der jeweils neuen Rock-Richtung entgegen, und
versuchten, in vielfältiger Weise ihre Benutzung einzuschränken.
So ist die Ideologie der Rockmusik nicht zuletzt
auch von den Absichten der Erwachsenen beeinflusst, ihre Bedeutung und Ausbreitung zu verhindern. Die Abwehr der Erwachsenenwelt wurde
somit Inhalt von Rockmusik.
1) Der Text bekommt eine aktuelle, besondere
Bedeutung
2) Damit können neben jugendspezifischen
Belangen auch die zeitbezogenen Interessen
der Jugend deutlicher und fordernder dargestellt
werden.
3) Die musikalische Ausdrucksformen werden
radikalisiert.
Eine erotisierende Wirkung soll der Rockmusik bis
zu einem bestimmten Grad durchaus nicht abgesprochen werden, nur sind die meisten Vorstellungen über die sexuellen Stimulationen des Rock-Genusses übertrieben. So kann man Rock letztlich
nicht direkt für sexuelle Handlungen verantwortlich machen. Vielmehr ist zu bedenken, dass bei
Rockkonzerten oder in Discotheken Jugendliche
beiderlei Geschlechts ohne elterliche Kontrolle zusammentreffen. Die Kontaktaufnahme mit dem
anderen Geschlecht wurde für den Jugendlichen
bei solchen Gelegenheiten zu einem wichtigen
Erlebnis. Rockmusik bildete nur den Rahmen, die
Adoleszenz brachte die Sexualität mit sich.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Rockmusik zumindest teilweise beigetragen hat, sexuelle
Tabus abzubauen.
Die Ideologie von künstlerischer Freiheit und individuellem Ausdruck in der Rockmusik, und der
Widerwille gegen einschränkende gesellschaftliche
Konventionen mischte sich mit politischen Aspekten und dem Wunsch, sich von kommerziellen Manipulationen der Industrie zu befreien. Das alles
führte zu steigender musikalischer Experimentierfreudigkeit und Virtuosität, sowie zu großer Lautstärke und Monumentalität im Liveaus-
Die Rockmusik hatte sich schon vor der Zeit der
Studentenrevolte mit den kritischen Texten der
Folkbewegung zusammengetan.
Bob Dylan und Joan Baez zeigten politische Solidarität mit Bürgerrechtsbewegungen, Gewerkschaften und Links-Organisationen; Beat-Bands
spielten gegen die atomare Bewaffnung;
Rock hatte damals die Fähigkeit, ein Publikum
aufzurütteln, zu kollektivieren und zu politisieren.
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Online-Fassung
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Das vorherrschende Thema dieser Jahre war der
Vietnamkrieg, dessen Leiden und Grausamkeiten
viele Musiker anprangerten.
Das eindrucksvollste Anti-Vietnam-Kriegslied
stammte von Jimi Hendrix „Star Spangled Banner“,
indem er die amerikanische Nationalhymne in ein
musikalisches Inferno verwandelte.
Der Traum
Die Rockmusik wird oft eine realitätsfremde,
selbstzerstörerische Kraft zugeschrieben, deren
sich eine heruntergekommene Jugend ohne
Zukunftsperspektiven als Droge bedient. Auch
schon frühere jugendreiche Rock-Kulturen haben
doch gezeigt, dass utopische Weltverbesserungsvorstellungen, ob nun romantisch-idealistisch oder
politisch-revolutionärer Art, letztendlich immer mit
Flucht aus den tatsächlichen Gegebenheiten endeten. Die Geschichte zeigt, dass Rock-Kultur
immer in unterschiedlicher Form mit Fluchtverhalten verbunden war, sei es mittels Drogenkonsum oder der Selbstausbürgerung über radikale Altersgruppenabschottung.
Nachdem sich zu Beginn der 70er herausgestellt
hatte, dass die Welt durch „Love & Peace“ nicht
besser geworden war, bezogen die Musiker und das
Publikum in ihre Experimente zunehmend auch
harte Drogen, wie Heroin oder Morphium mit ein.
Barbiturate und Alkohol, die typischen Drogen der
Rock’n Roll-Ära, Marihuana, Haschisch, LSD, STP
als beliebte Mittel der Beat- und besonders der
Flower-Power-Zeit, wurden in der Hochblüte des
Rock durch Heroin, Morphium, Tranquilizer und
andere tödlichen Drogen ergänzt.
Nachweislich am Gebrauch harter Drogen starben
die Rock-Stars Brian Jones (69), Jimi Hendrix (70),
Janis Joplin (70), Jim Morrison (71);
Auf den ersten Blick scheinen die engen Verbindungen zwischen Rockmusik und Drogenkonsum
auf der Hand zu liegen, zu erdrückend sind die
Beweise. Doch Drogen sind bei weitem kein alleiniges rockspezifisches Problem, Rockmusik und
Drogen kommen zwar miteinander vor, sind deshalb aber nicht schon ursächlich aufeinander bezogen.
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Arbeitsblatt Musik
Zwei Soulsongs der 60er Jahre „Dark end of the street“ und „House of the rising sun“ unterstreichen
das Lebensgefühl der Hauptfigur. „Dark end of the street“, gesungen von dem bekannten Soulsänger
James Carr, bildet eine musikalische Klammer im Film. Zu Beginn, als Frits verzweifelt auf dem Dachboden schaukelt, ist er im Dunkeln zu sehen („hiding in shadows, where we don’t belong“). Am Ende
des Films laufen alle Schüler gemeinsam ins Licht, um das im Songtext verheißene Tageslicht zu finden,
das auch als Metapher für ihre Befreiung steht. Das Zeitgefühl des Aufbruchs der späten 60er und 70er
Jahre findet sich in dem bekannten amerikanischen Folksong „House of the Rising Sun“, den die englische Rockband „The Animals“ Mitte der 60er populär gemacht hat.
The dark end of the street
From the dark end of the street
To the bright side of the road
We’ll be lovers once again on the
Bright side of the road
Little darlin’, come with me
Won’t you help me share my load
From the dark end of the street
To the bright side of the road
Der Traum
Into this life we’re born
Baby sometimes we don’t know why
And time seems to go by so fast
In the twinkling of an eye
Let’s enjoy it while we can
Won’t you help me sing my song
From the dark end of the street
To the bright side of the road
From the dark end of the street
To the bright side of the road
We’ll be lovers once again
On the bright side of the road
We’ll be lovers once again on the bright side of the road
Fragen:
- Hör dir den Song noch einmal genau an. Welche Empfindungen werden in dir beim Anhören wach?
- Welche Geschichte wird hier erzählt? Welcher Inhalt soll damit transportiert werden.
- Ist dieser Song ein Protestsong?
- Wie unterscheidet sich diese Musik von der Musik, die du gerne hörst?
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F. Filmsprache
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Schulvorhof strömen, um ihre Befreiung von der
Person des restriktiven Rektors zu feiern.
Filmgenre, Raum und Ästhetik
Die Farbgebung des Films unterstützt in den jeweiligen Sequenzen das Gefühl von Freiheit und Wohlgefühl, beziehungsweise von Einengung und angespannter Atmosphäre. Angenehme Gefühle spiegeln sich in den kräftigen Naturfarben des sommerblauen Himmels, der grünen Bäume und der goldgelben Kornfelder wider. Auch die Haarfarbe von
Frits und Iben sowie die gelben Kacheln in der
Küche der Johansens und in der Wohnküche von
Freddie Svale wirken hell und freundlich. Dem
gegenüber stehen das diffuse Licht und die gedämpften Farben der Innenräume: das Graugrün
in den Klassenzimmern, das Grau der Flure, das
abgedunkelte Rektorat, die Kirche, die Wohnung
der Severinsens oder auch das graue Haar Lindum-Svendsens.
Das Starre und Unangenehme im Charakter von
Lindum-Svendsen wird auch mehrfach durch den
monochromen Hintergrund, vor dem er agiert,
unterstrichen. Bei Naheinstellungen und Großaufnahmen sieht man so zum Beispiel das aggressive
Rot des Vorhangs (am Anfang des Films und später bei der Untersuchung) oder das Schiefergraugrün der Tafel, dessen gebrochener Farbcharakter
einen Gegensatz zum satten Grün der freien Natur bildet.
Bei Freddie Svale, Frits oder anderen Kindern ist
der Hintergrund meist polychrom, diese Personen
bilden im Gegensatz zu Lindum-Svendsen auch
farblich eine Einheit mit ihrer Umgebung.
Rot als Farbe der Macht und Aggression sowie des
Widerstandes taucht vereinzelt auch an anderen
Stellen auf – das Blut, das Frits übers Gesicht läuft,
bei einigen Kleidungsstücken von Stine, als sie
beginnt, nicht mehr konform zu handeln und in
dem Getränk, das Frits in einem seiner glücklichen
Momente mit seinem Vater bei der Feldarbeit trinkt.
Neben der eher zeitlosen Darstellung des dörflichen Lebens und der Darstellung der konservativen Einrichtung öffentlicher Gebäude (Schule,
Polizeistation, Krankenhaus, Gemeindehalle) und
Wohnbereichen (die Wohnung der Severinsens, das
Zimmer des Großvaters) blitzt an einigen Stellen
die Ästhetik der späten 60er Jahre, die auch die
70er Jahre geprägt hat, auf. Als Beispiele dafür stehen Frits’ Haare sowie Frisur, Kleidungsstil,
Wohnungseinrichtung und das Auto von Freddie
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Der Traum
Bei DER TRAUM handelt es sich um einen Comingof-age-Film, das heißt, dass der jugendliche Protagonist den Übergang vom Kindsein in die Adoleszenz durch ein besonderes Schlüsselerlebnis, hier
die Auseinandersetzung mit dem Rektor und der
Umwelt, erlebt.
Die Geschichtsepoche der Endsechziger wird
durch verschiedene Stilmittel lebendig gemacht.
Eine besondere Authentizität verleihen dem Film
die Einfügung von schwarzweißen Dokumentarfilmsequenzen und Realbildern, die im Fernseher oder
auf Fotos zu sehen sind. Als Zeichen für die geistige Enge der ländlichen Gesellschaft und die Weite
einer neuen Sichtweise stehen auch die gezeigten
Innen- und Außenraumaufnahmen. Der Weite der
dänischen Landschaft wird die Enge des Schule,
und vereinzelt auch des heimatlichen Bauernhauses und anderer Innenräume (die Polizeiwache, die
Wohnung der Severinsens, die Bettstatt des Großvaters u.a.), entgegengesetzt. Frits fühlt sich innerlich nur frei, wenn er auch eine räumliche Weite –
an seinem Zufluchtsort am Fluss, auf dem Feld,
am Meer genießen kann. Auch die positiven Momente mit Peder erfährt er in der Natur, bei der
Feldarbeit. Wenn der Vater hingegen in Depressionen verfällt, ist er in engen Räumen (unter dem
Tisch, im Auto, im Krankenhaus) zu sehen.
Die Unterdrückung im Klassenzimmer und in der
Schule wird auch durch das vorhandene Mobiliar
symbolisiert; die Tische und Stühle engen die Kinder in ihrem Klassenraum ein, wohingegen sich die
Erwachsenen im Raum frei bewegen können, so
wie Lindum-Svendsen in seinen Unterrichtsstunden. Im Unterricht von Freddie Svale, der seine
Schüler als gleichwertig betrachtet, scheint das
Klassenzimmer förmlich aufzubrechen, die Schüler wirken in ihren Emotionen und Bewegungen
frei. Der junge Musiklehrer ist auch mit seinen
Schülern zusammen im Bild, im Gegensatz zu den
anderen Lehrkräften, die den Schülern immer (auch
durch Schuss/Gegenschuss und entsprechende
Schnitte) gegenüber stehen.
Die Bedeutung von Einengung und Befreiung
durch die Darstellung räumlicher Gegebenheiten
wird in der vorletzten Sequenz noch einmal verdeutlicht, wenn die Schüler aus der Aula auf den
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Svale.
Die filmische Umsetzung psychedelischer
Bewegungselemente, die stilistisch typisch für die
Ästhetik dieser Zeitepoche sind, finden sich, wenn
Frits im zweiten Teil des Vorspanns auf der Schaukel hin- und herschwingt, wenn er über die Felder
und Dünen oder ins Meer springt oder wenn er seinen Kopf unter Wasser taucht.
Der Traum
Die Filmerzählung ist hauptsächlich in der geläufigen Schuss-Gegenschusstechnik gestaltet. Die Kamera von Lars Vestergaard ist großteils daran interessiert, die jeweiligen Personen anderen Personen gegenüberzustellen und damit auch Positionen darzustellen. Dabei fallen besonders die häufigen
Naheinstellungen und Großaufnahmen auf.
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Die folgenden zwei Passagen sind aus Material des
18. Internationalen Kinderfilmfestivals Wien zusammengestellt:
AB – Filmsprache 1
Dialoge gibt es in dieser Szene nur am Rande. Den
Zuschauerinnen am schönsten vermittelt wird die
tiefe Emotion, die durch die Geschehnisse erzeugt
werden, in der Sequenz, in der Frits den Direktor
einen Lügner nennt und deshalb von ihm geschlagen wird. Wir können als Zuschauer die Schläge
nicht wirklich im Detail sehen, aber wir sehen auf
den Gesichtern der anderen Kinder, wie schrecklich das ist, was in diesem Augenblick
geschieht,allen voran das Gesicht Ibens, in dem
sich das ganze Entsetzen und Mitleiden der ganzen Klasse spiegelt.
Wie in der Sequenz in der Mädchengarderobe wird
der Zuschauer von der Kamera ganz nah heran
geholt und empfindet dadurch das Gleiche, was
Iben in diesem Augenblick fühlt.
Vertiefende Fragen dazu
• Was geschieht, als der Direktor die Klasse von
Freddy Svale wieder übernimmt?
• Wie unterstützen die Kinder Frits, als er den Direktor einen Lügner nennt?
• Woran könnt ihr ablesen, wie schrecklich es ist,
dass der Direktor Frits halb tot schlägt?
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Der Traum
Die Kamera erzählt
Niels Arden Oplev arbeitet bei diesem Film sehr
stark mit den Emotionen, die ein intensiver
Kamerablick erzeugen kann. Die Kamera ist immer
nah bei den Gesichtern, beim Ausdruck, der sich
auf ihnen spiegelt, und manchmal findet dabei so
etwas wie eine Gefühlsvermittlung von zweiter
Hand statt. Als Frits’ Vater zum ersten Mal einen
Anfall von Depression hat, können wir das zuerst
von Frits’ Gesicht und der Bestürzung, die sich
darauf spiegelt, ablesen. Auch die Nachrichten
über die Bürgerrechtsbewegung und Martin Luther
Kings Tod bekommen wir als Zuschauer zum großen Teil durch die Emotionen, die uns die Großaufnahme von Frits’ Gesicht vermittelt,mit. Blicke zwi-schen Frits und Iben, von der Kamera in
Großaufnahme festgehalten, spielen eine große
Rolle in der Beziehung der beiden, lange bevor sie
das erste Wort gewechselt haben. Als der Lehrer
Frits und seine Eltern verrät, hängt sich die Kamera am schuldbewussten Gesicht von Freddy
Schwalbe und an den bestürzten Gesichtern von
Frits’ Eltern fest.
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Online-Fassung
AB – Filmsprache 2
Die Tonebene schwingt mit
Musik spielt in diesem Film eine große Rolle. Und zwar eine ganz bestimmte Musik, die Musik der 60er
und 70er Jahre, wie sie später genannt werden sollte, auch unter den Namen Rock und Roll und Popmusik bekannt.
Niels Arden Oplev setzt diese Musik (fast durchwegs in Coverversionen) sparsam, aber gezielt ein,
sowohl auf diegetischer als auf nicht diegetischer Ebene. Bei einer Schulaufführung tauchen die Schüler von Frits’ Klasse in aller Unschuld und Naivität mit dem Lied „We shall overcome“ auf, Pete Seegers
berühmten Lied, das zur Hymne der Bürgerrechtsbewegung wurde. Der Direktor will in seiner Schule
selbstverständlich keine „Negermusik“ haben, passt sie doch so gar nicht in das Repertoire seiner Heldenlieder und traditionalistischen Sichtweise. Aber Freddy Schwalbe möchte genau das vermitteln,
dass der ursprüngliche Rhythmus der schwarzen Musik die Grundlage für die moderne Musik jener Zeit
war. Ein filmischer Kunstgriff des Regisseurs legt nahe, dass dieser Rhythmus auch in seinen Knochen
steckt.
Der Traum
Freddy Svale hat Pausenaufsicht und steht in der Mitte des Schulhofes, um einen Überblick über die
Kinder zu haben.
Während er da steht und dem Treiben zuschaut, werden die natürlichen Geräusche der Umgebung
(Schreie, Laufen, Lachen der Kinder) langsam rhythmisiert und gehen immer mehr in ein regelmäßiges
Klatschen über, ...
...während die Kamera sich in immer engeren Kreisen um den Lehrer zu drehen beginnt, der immer
aufmerksamer der Idee lauscht, die ihm durch die Pausengeräusche gekommen ist. Das regelmäßige
Klatschen geht dann als Tonspur in die nächste Sequenz über, in der Freddy Schwalbe den Kindern den
Ursprung der modernen Musik zu erklären sucht.
Durch das Verfremden der natürlichen Geräusche im Schulhof bzw. das Rhythmisieren dieser Geräusche und das immer weitere Herantreten der Kamera an den Lehrer
wird noch einmal das erreicht, was der Regisseur auch mit anderen filmischen Mitteln erreicht: dass die
Zuschauerinnen die Emotionen, die die Protagonisten haben, mit verfolgen und mit erleben können.
Vertiefende Fragen dazu
• Was gibt es für einen Unterschied zwischen dem Musikunterricht des Direktors und dem von Freddy
Svale?
• Was hat die Musik für eine Bedeutung in diesem Film?
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