1. Rechtliche Grundlagen - Sozialkonferenz des Kantons Zürich

Transcription

1. Rechtliche Grundlagen - Sozialkonferenz des Kantons Zürich
Empfehlungen an die Sozialbehörden
zur Bemessung der Elternbeiträge
an die Kosten der Platzierungen von Kindern und Jugendlichen
ausserhalb der eigenen Familie
Die Empfehlungen zur Bemessung der Elternbeiträge gelten für alle Platzierungen von Kindern und
Jugendlichen in Kinder- und Jugendheimen, Heilpädagogischen Pflegefamilien, Pflegefamilien, Kinderkrippen etc., die auf Antrag der Jugendsekretariate, der Sozialdienste und weiterer Instanzen
und/oder gemäss Beschluss von Vormundschaftsbehörden erfolgen.
Ziel dieser Empfehlungen ist, im ganzen Kantonsgebiet bei der Bemessung der Elternbeiträge gleiche
Massstäbe anzuwenden. Sie konkretisieren die SKOS-Richtlinien, welche in Kapitel F.3.3 (Elterliche
Unterhaltspflicht) und H.4 (Berechnung von Elternbeiträgen) Grundsätze aufstellen und Hinweise
enthalten.
1.
1.1.
Rechtliche Grundlagen
Elterliche Unterhaltspflicht
Art. 276 Abs. 1 ZGB
Die Eltern haben für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen.
1.2.
Unterstützungswohnsitz / Zuständigkeit / Verfahren
Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG / § 37 Abs. 3 lit. c SHG
Das dauernd fremdplatzierte unmündige und wirtschaftlich nicht selbständige Kind hat eigenen Unterstützungswohnsitz in derjenigen Gemeinde, in der es unmittelbar vor der Fremdplatzierung mit dem/der Inhaber/in der elterlichen Gewalt zusammengelebt hat.
§ 15 SHG / § 16 VO zum SHG
Hat ein Kind eigenen Unterstützungswohnsitz, ist die Unterstützungsbedürftigkeit aus seiner
Optik zu beurteilen. Wenn das Kind selbst mittellos ist, hat es einen eigenen Anspruch auf
Unterstützung an seinem Unterstützungswohnsitz, ungeachtet der finanziellen Verhältnisse
der Eltern.
Art. 289 Abs. 2 ZGB
Trägt die Sozialhilfe die Kosten für den Unterhalt von fremdplatzierten oder von mündigen,
noch in Ausbildung stehenden Kindern, so hat die zuständige Behörde bei den Eltern für die
Dauer der Fremdplatzierung oder Erstausbildung Beiträge einzufordern.
Art. 279 ZGB
Unterhaltsbeiträge können nicht mit Beschluss der Sozialbehörde eingefordert werden. Wenn
kein Urteil oder Unterhaltsvertrag vorliegt, hat im Streitfall die Wohnsitzgemeinde eine Zivilklage zu erheben, die sich auf Leistungen des Unterhalts für die Zukunft und für ein Jahr vor
Klageerhebung erstrecken kann.
Richtlinien kantonales Amt für Jugend und Berufsberatung
Grundsätzliche Vorgaben und das Verfahren bezüglich der Festsetzung der Heimplatzierungund Nebenkosten sind in ‚Platzierungs- und Nebenkosten in Kinder- Schul- und Jugendheimen, Richtlinien für die Versorger und Heime’ geregelt.
2.
Grundsätze der Bemessung
Der Elternbeitrag bei Fremdplatzierung eines Kindes bemisst sich grundsätzlich nach der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern (Art. 276 ZGB i.V.m. Art. 285 ZGB). Die Berechnung basiert auf den SKOS-Richtlinien.
Weil es sich bei Fremdplatzierungen um emotional belastende und in der Regel längerfristige
Massnahmen handelt, wird gemäss den SKOS-Richtlinien zur Berechnung der Unterhaltsbeiträge ein erweitertes Budget erstellt. Von der Differenz zwischen dem errechneten Bedarf und
dem tatsächlichen Einkommen kann grundsätzlich rund die Hälfte als Beitragsleistung an die
Platzierung gefordert werden.
3.
Anrechnung des Einkommens des Kindes
3.1
Drittleistungen
Für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen (Kinderzulagen, Alimente, Waisenrenten,
Zusatzrenten, Stipendien usw.) sind an das unterstützende Gemeinwesen zu überweisen. Zu
vermeiden ist, dass sich daraus eine Unterstützungsbedürftigkeit der Eltern ergibt.
3.2
Lehrlingslohn
Der Lehrlingslohn platzierter Jugendlicher ist nach Abzug der Nebenauslagen und eines angemessenen Taschengeldes voll zur Deckung der Fremdplatzierungskosten zu verwenden.
4.
Feststellen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der
Eltern
Berechnungsgrundlage bilden die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Angerechnet werden alle Arten von Einkommen und Vermögen.
4.1
Erwerbseinkommen und andere Einkünfte
•
•
•
•
Nettoerwerbseinkommen
zusätzliche Monatslöhne
Gratifikationen
Gewinnbeteiligungen und Umsatzprovisionen
• Honorare
4.2
•
•
•
•
•
•
•
Ehegattenalimente
Stipendien für Eltern in Ausbildung
Sozialversicherungsleistungen
Renten
Pensionen
Einnahmen aus Nebenerwerb
usw.
Vermögen
Dem Einkommen werden pro Jahr 10% jenes Vermögens dazugerechnet, das den einfachen
Freibetrag gemäss Kapitel E.2.1. der SKOS-Richtlinien übersteigt.
Vermögensfreibeträge:
4.3
Fr. 4'000.-- pro Elternteil
Fr. 2'000.-- pro Kind
Stiefelterneinkommen
Für die Berechnung des Elternbeitrages wird das Einkommen der im gleichen Haushalt lebenden Stiefeltern angemessen berücksichtigt. In diesem Falle ist die Zumutbarkeit besonders zu prüfen (Art. 163 und 278 ZGB).
Empfehlungen an die Sozialbehörden zur Bemessung der Elternbeiträge
Seite 2/3
5.
Berechnung des Bedarfes
Der Bedarf wird mittels eines erweiterten Budgets nach den Richtlinien der SKOS ermittelt.
Berücksichtigt werden:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Grundbedarf (Kapitel B)
Effektive Wohnkosten
Medizinische Versorgung (Kapitel B)
Ausgewiesene regelmässig anfallende situationsbedingte Kosten
(Kapitel C.1)
Integrationszulage (IZU) für Nicht-Erwerbstätige (Kapitel C.2 und
kantonale Weisung vom 29.3.2005)
Minimale Integrationszulage (C.3 und kantonale Weisung vom
29.3.2005)
Einkommens-Freibetrag EFB für Erwerbstätige (Kapitel E 1.2 und
kantonale Weisung vom 29.3.2005)
AHV-Beiträge, sofern nicht bereits vom Einkommen abgezogen
laufende Steuern
geschuldete Unterhaltsbeiträge
Die Haushaltsgrösse berechnet sich ohne das fremdplatzierte Kind.
Verbringt das fremdplatzierte Kind in der Regel die Wochenenden in der Herkunftsfamilie, ist
die Haushaltgrösse einschliesslich des fremdplatzierten Kindes zu berechnen.
Schulden und Kreditamortisationen können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zwecks
Anschaffung notwendiger Güter und zur Existenzsicherung begründet wurden, denn die Unterhaltspflicht geht allen anderen Verpflichtungen vor. Ausnahmsweise können zusätzliche
Kreditamortisationen im Budget berücksichtigt werden, wenn sonst eine finanzielle Bedrängnis droht, die zu Pfändungen und erheblichen sozialen Problemen führen würde.
6.
Ermittlung des Elternbeitrages
Von der Differenz zwischen Bedarf (Ziff.5) und Einkommen (Ziff.4.1. - 4.3.) kann für die Dauer
der Unterstützung die Hälfte als Beitragsleistung von den Eltern gefordert werden.
Bei erheblichem Vermögen der Eltern können die ganzen Fremdplatzierungskosten den Eltern in Rechnung gestellt werden (Art. 285 Abs. 1 ZGB).
7.
Nebenkosten
Am Ort der Platzierung anfallende übliche Nebenkosten für Anschaffungen, Reisen, Taschengeld etc. müssen in der Regel von den Eltern zusätzlich zum Elternbeitrag übernommen
werden. Werden die Fremdplatzierungskosten vollständig (d.h. inkl. Nebenkosten) von der
Sozialhilfe übernommen, ist dies bei der Ermittlung des Elternbeitrages entsprechend zu berücksichtigen.
Heimspezifische Spezialauslagen, die nicht dem Üblichen entsprechen, sind davon ausgenommen.
8.
Regelung von Sonderfällen
In ausgesprochenen Sonderfällen in vermögensrechtlicher familiärer oder persönlicher Hinsicht können abweichende Vereinbarungen getroffen werden, falls die Anwendung dieser
Empfehlungen zu unsinnigen oder stossenden Ergebnissen führen sollte.
Zürich, 4. Juli 2005
Sozialkonferenz des Kantons Zürich
Der Co-Präsident:
Urs Lauffer
Geschäftsstelle:
Lisa Moser
Empfehlungen an die Sozialbehörden zur Bemessung der Elternbeiträge
Seite 3/3