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Nr. 3/2014 • • • • • MEHR ALS NUR EINE RANDNOTIZ: WOMEN IN BLUES Tim Lothar & Holger „Hobo“ Daub in Memphis BoƩleneck John - Paul BaƩo - Bob Hite - Hands on Strings Album des Monats: Ursula Ricks - My Street Gedichte von Odile Endres Vorabdruck „Der Krieg der Gurken“ von Buchmann & iwi r e d n e l a k s e u l B t i M Editorial präsentiert das 23. Blues Festival Schöppingen Münsterland live dabei: Joe Louis Walker & Band (USA) North Mississippi Allstars (USA) Mike Zito & the Wheel (USA) Delta Saints (USA) Jonathon „Boogie“ Long & The Blues Revolution (USA) Mason Rack Band (AUS) Mr. Sipp „The Mississippi Blues Child“ (USA) Lisa Doby (USA) Frankie Chavez (PT) Mountain Men (F) and more... Sa 7. und So 8. Juni 2014 Das 2-Tagesticket (begrenztes Kontingent) wird im Vorverkauf nur 55,- € (inkl. Vvk-Gebühr) kosten. Es kann nur über die Homepage „www.kulturring-schoeppingen.de“ gebucht werden. 2 © wasser-prawda Editorial E Editorial in Freund war letztens in Berlin beim Record Release Konzert für das Doppelalbum „Live In Reitwein“. Auf der Bühne eine Mixtur von alten Helden der DDR-Bluesszene und ein paar regionale Acts aus der Umgebung der Kneipe in Reitwein, wo in den letzten Jahren 100 Konzerte schon stattgefunden haben. Er erzählte mir folgende Bemerkung aus dem Publikum: „Freygang klingen ja gar nicht mehr so wie damals 1978!“ Für mich ist das ein entlarvender Satz nicht nur über die Erwartungen des Publikums im Osten Deutschlands sondern leider auch zum Stand des Blues in den längst nicht mehr neuen Bundesländern: Es herrscht Stillstand seit vielen Jahren. Stillstand zumindest bei den Bands und Musikern, mit denen ich lange Jahre groß geworden bin als Bluesfan: Mir reicht es einfach nicht mehr, immer wieder die alten Hits zu hören. Ich will neue Lieder, Lieder, die ein Spiegel der heutigen Zeit sind. Ich kann einfach nicht glauben, dass Musiker wie Bodag, Speiche, Jürgen Kerth und andere sich eingerichtet haben im musikalischen Altersheim. Aber genau das wurde in Berlin zelebriert. man feierte eine lang vergangene Geschichte mit Liedern, die alle kennen und keinen mehr ärgern können. Wie man heute mit dem Blues aktuelle Geschichten erzählen kann, ohne die Tradition zu verraten, das machen Musiker wie Tim Lothar deutlich, der mit seinem deutschen Kollegen Holger Daub in Memphis bis ins Halbfinale der IBC kam. Ein anderer Bericht aus Memphis widmet sich speziell den Frauen im Blues. Beim Showcase „Women In Blues“ präsentieren sich seit einigen Jahren Bluesladies aus aller Welt. Und das ist genau das richtige Thema für den März. Schließlich ist am 8. März der Internationale Frauentag. Aus dem Grund hab ich auch einige bemerkenswerte Neuerscheinungen von Bluesladies in einem Special zusammengefasst. Denn unter all den Alben von Männern gehen sie sonst viel zu leicht unter. Etwa das außerordentliche Debüt „My Street“ von Ursula Ricks aus Baltimore oder der swingende Rhythm & Blues von Adrianna Marie aus Kalifornien. Gerade „My Street“ hat bei uns in der Redaktion einen derartigen Eindruck hinterlassen, dass wir es im März zum „Album des Monats“ bestimmt haben. Es hat sich gegen die wirklich bemerkenswerten Scheiben von Billy Branch & The Sons of Blues und von Joe Louis Walker durchgesetzt. Denn es sind die Songs von Ricks, die diese Scheibe zu etwas ganz Besonderem machen: Hier ist der Blues endlich mal wieder ein ganz aufmerksamer Kommentator der Gegenwart, besonders der Zustände in Baltimore. Zwei Autorinnen können wir im März erstmals in der WasserPrawda begrüßen. Memphis Mini, Journalistin aus Hamburg war mit Tim Lothar und Holger Daub unterwegs bei der IBC in Memphis. Und die Künstlerin und Festivalorganisatorin Terri Robbins hat über die zunächst von Michele Seidman gegründete Initiative „Women In Blues“ und besonders deren Auftritte im Rahmen der IBC berichtet. Um noch mal auf Engerling zurück zu kommen. Die wollen demnächst ihr 40jähriges Bestehen feiern. Ich bin der Meinung, dass dies mit einem neuen Studioalbum passieren sollte. LiveAlben gab es schon zu den letzten Geburtstagen. © wasser-prawda 3 Editorial Inhalt Impressum Editorial Die Wasser-Prawda ist ein Projekt des Impressum Computerservice Kaufeldt Greifswald. Das pdf-Magazin wird in Zusammenarbeit mit dem freiraumverlag Greifswald veröffentlicht und erscheint in der Regel monatlich. Es wird kostenlos an die registrierten Leser des Online-Magazins www. wasser-prawda.de verschickt. Wasser-Prawda Nr. 01/2014 3 4 Auf Tour Clubs 6 8 MUSIK Women Sing the Blues in Memphis 10 Von Tischen und Tangas 14 Redaktionsschluss: 06.. März Auf zum Mississippi! Gewinner der IBC 2014 2014 16 18 Freude am Blues: Ein Interview mit Bottleneck John Redaktion: Gitarrenwald imThüringer Wald Chefredakteur: Raimund Nitz- Paul Batto und die „neue Auszeit“ sche (V.i.S.d.P.) 21 26 29 Redaktion: Mario Bollinger, Bernd Kreikmann, Lüder Bob Hite (1943-1981) Kriete, Matthias Schneider, Blueskalender Dave Watkins Blueskalender 36 38 Album des Monats Mitarbeiter dieser Ausgabe: • • • • • Gary Burnett Memphis Mini Terri Robbins Torsten Rolfs Darren Weale Ursula Ricks - My Street 42 Frauen im Blues, Folk, Jazz und Soul Adrianna Marie - Double Crossing Blues Alexx & The Moonshiners - En Animation Die nächste Ausgabe erscheint am 17. Christina Skjolberg - Come And Get It Electric Blue - Born In Sin April 2014. Gisela Novais & The Blue Summers - The Perfect One Adresse: Heavy Chevy Band - Open Up Redaktion Wasser-Prawda JJ Thames - Tell You What I Know c/o wirkstatt Kerri Powers - Kerri Powers Malaya Blue - Bourbon Street Gützkower Str. 83 Naomi Wachira - Naomi Wachira 17489 Greifswald Rachelle Coba - Mother Blues Tel.: 03834/535664 Tangled Eye - Dream Wall [email protected] 44 44 45 45 46 46 47 47 48 48 48 49 Rezensionen A bis Z Anzeigenabteilung: [email protected] Gerne schicken wir Ihnen unsere aktuelle Anzeigenpreisliste und die Mediadaten für das Online-Magazin und die pdf-Ausgabe der Wasser-Prawda zu. Anzeigenschluss für das pdf-Magazin ist jeweils der 1. Werktag des Erscheinungs-Monats. 4 Andy Twyman - Blues You Haven‘t Heard Before Bad Temper Joe - Sometimes A Sinner Billy Branch & The Sons Of Blues - Blues Shock Jens Lysdal - Easy Heart Joe Louis Walker - Hornet‘s Nest John Lyons - Sing Me Another Song Johnny Sansone - Once It Gets Started Maik W. Garthe - Tight Corner Pete Karnes Blues Band - I‘m Still Here 50 50 50 51 51 52 53 53 54 © wasser-prawda Editorial Rosco Levee & The Southern Slide - Get It While You Can 55 Kurz & knapp Hanggai - Baifang Kim Simmonds & Savoy Brown - Goin To The Delta Paul Rodgers - The Royal Sessions Wille and the Bandits - Grow Yiruma - Blind Film 56 56 56 56 56 Wiederhören Eric Bibb - Me To You Morrissey - Your Arsenal 57 57 FEUILLETON Koma-Glotzen: House of Cards. Season 2 58 Sprachraum Odile Endres - Vier Gedichte J. Buchmann & iwi - Der Krieg der Gurken (Vorabdruck) Jürgen Landt: titelersparnis 60 63 67 Fortsetzungsroman Robert Kraft - Die Vestalinnen © wasser-prawda 70 5 Musik Auf Tour 3 Dayz Whizkey 30.03. München, Rattlesnake Saloon 07.04. Köln, JVA Köln 19.04. Mengen, Kultkneipe 5. Chemnitzer Blues & More Festival Black Kat & Kittens, Josa, Peters „Dodge“ Schmidt Band, Keith Dunn Band 10.05. Chemnitz, DAStietz, Moritzstr. 20 Akkordeonale 2014 23.04. Karlsruhe Tollhaus 24.04. Reutlingen franz k 25.04. Jena Volkshaus 26.04. Greven Kulturzentrum GBS 27.04.Mülheim Ringlokschuppen 28.04. Bonn Harmonie 29.04. Kassel Adventskirche 30.04. Stuhr Gutsscheune Varrel 01.05. Dresden Dreikönigskirche Blue Note Blues Band 11.04. Hohenthann, Hinterholzer Bar 12.04. Bielefeld, Extra Blues Bar 26.04. Burckmühl, Auszeit 10.05. Kaufbeuren, Blue Night im Uncle Satchmo‘s Danny Bryant 02.05. München, Garage Deluxe 03.05. Rutesheim, Uhlenspiegel 07.05. Eppstein, Wunderbar Weite Welt 09.05. Torgau, Kulturbastion 10.05. Fritzlar, Kulturscheune 11.05. Kiel, Räucherei Eddy „The Chief“ Clearwater 29.03. Amsterdam, North Sea Jazz Club (NL) 6 04.04. Mühlheim, Hapa Haole 05.04. Bluezy Blues Festival Ridderkerk (NL) 06.04. Hoogland, Cafe de Noot (NL) 07.04. Ruiselede, Banana Pel (BL) Engerling 29.03. Lübbenau, Kulturhof 05.04. Singwitz, Kesselhauslager 12.04. Neustadt, Wotufa Saal 30.04. Dresden, Zeitgeist 01.05. Dresden, Bärenzwinger 02.05. Erfurt, Museumskeller 17.05. Wählitz, Erlebniskirche GProject Blues Band 27.03. München, Theater Drehleier 10.04. Nürnberg, Brown Sugar 17.05. München, Hide Out Greyhound George 29.03. Bad Oeynhausen, AK Bel Etage (m. Andy Grünert) 31.03. Bielefeld, Spökes Hamburg Blues Band 21.03. Göttingen, Musa 22.03. Bordesholm, Savoy 28.03. Kirchheim/Teck, Bastion 29.03. Metzingen, Hirsch 30.03. Wien, Reigen 11.04. Hamburg, Fabrik 17.04. Marburg, KFZ 19.04. Kulturbastion 02.05. Wangen, Jazzpoint im schwarzen Hasen 03.05. Habach, Village 20.03. Hannover, Kulturzentrum Faust 21.03. Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus 22.03. Hamburg, Grosse Freiheit 36 24.03. Salzburg, Rockhouse 25.03. Wien, Arena 27.03. Zürich, Moods 28.03. Solothurn, Kulturfabrik Kofmehl 29.03. München, Freiheiz 03.04. Budapest, A38 IRISH SPRING - Festival of Irish Folk Music 2014 20.03. Roth Kulturfabrik 21.03. Stuhr Gutsscheune Varrel 22.03. Kerpen Erfthalle Kerpen-Türnich 23.03. Marbach Stadthalle 24.03. Tübingen Sudhaus 25.03. Waldkraiburg Haus der Kultur 26.03. Helmbrechts Bürgersaal 28.03. Gersthofen Stadthalle 29.03. Bebra Ellis Saal 30.03. Bensheim Parktheater 31.03. Hildesheim Bischofsmühle 01.04. Altenkirchen Stadthalle 02.04. Mainz Frankfurter Hof 03.04. Offenburg Reithalle 04.04. Lörrach Burghof Henning Pertiet 22.03. Kiel, Alte Meierei 29.03. Bremen, Brödelpott 04.04. Minden, St. Simeonis Kirche (Orgelimprovisationen) 11.04. Bremen-Habenhausen, Simon Petrus Kirche 30.05. Isenrhagen, Kulturkaffe Rautenkranz (Trio) Jesper Munk 23.03. Dresden, Puschkin, 25.03. Hamburg, Rock Café St.Pauli 26.03. Gera, Comma 27.03. Erfurt, Museumskeller 28.03. Nünberg, Stereo 04.04. Lübeck, Rider‘s Café 05.04. Berlin, Frannz 06.04. Hannover, Mephisto 08.04. Köln, die Werkstatt 09.04. Mannheim, Alte Seilerei 10.04. Konstanz, Kulturladen 11.04. Stuttart, Goldmark‘s 17.04. München, Ampere Henrik Freischlader Jessy Martens © wasser-prawda Musik 28.03. Berlin, Ratskeller Köpenick (Jessy Martens & Jan Fischer‘s Blues Support) 29.03. Lehsten, Büdnerei (Jessy Martens & Jan Fischer‘s Blues Support) 04.04. Koblenz, Cafe Hahn 05.04. Freudenburg, Ducsaal 11.04. Basel, Bluesfestival (unplugged feat. Jan Fischer) 19.04. Wedel, Theaterschiff Batavia (Jessy Martens & Jan Fischer‘s Blues Support) 24.04. Berlin, Maschinenhaus 25.04. Isernhagen, Bluesgarage 26.04. Hamburg, Fabrik Layla Zoe 21.03. Eiscafe Temmler, Chemnitz 22.03.. Seelow, Kreiskulturhaus (Blues-Rock-Fest) 26.03. Wien, Vienna Spring Blues Festival 27.03. Velden (Österreich), Bluesiana Marius Tilly Band 05.04. Selm, Sunshine 12.04. Winterbach, Lehenbachhalle (Support Mick Ralphs Bluesband) 02.05. Lüdenscheid, Panoptikum 03.05. Köln, Torburg Mike Seeber 29.03. Berlin, Frannz-Club 05.04. Frohburg, Rockclub 20.04. Mühlhausen, Kulturfabrik 25.04. Torgau, Kulturbastion 26.04. Lübeck, Riders-Café 04.04. Luzern, Switzerland – Tschuppis Wonderbar 05.04. Meidelstetten, Adler 06.04. Landshut, Jimmy’s 07.04. Wien, Austria – Bluesfestival 09.04. Rosenheim, Le Pirate 11.04. Dessau, Sonne koppe Blues 13.04. Grobenbeeren, Bluesfestival 29.04. Kassel, Theaterstübchen 30.04. Twist, Heimathaus Bluesfestival Otis Taylor Band 02.04. Münster, Hot Jazz Club 03.04. Leverkusen, Scala Club 04.04. Hannover, Bluesgarage Popa Chubby 28.03. Erfurt, Museumskeller 29.03. Baden, Baden Blues Club 31.03. Wien, Reigen 03.04. Roth, Rother Bluestage 04.04. Aargau, Moonwalker (CH) 05.04. Hannover, Bluesgarage Sisa Feherova Quartett 25.04. Chemnitz, Eiscafé Temmler Speiches Monokel 05.04. Hoyerswerda, KuFa 20.04. Bohnsdorf, BuntzelRanch THORBJØRN RISAGER 20.03. Lindenwerra, Gemeindesaal 21.03. Wolfsburg, Lindenhof Nordsteimke Mitch Kashmar 22.03. Minden, Jazz Club 26.03. Berlin, Yorckschlos- 23.03. Dirlos, Alte Piesel schen 24.03. Weinheim, Muddy‘s 27.03. Miltenberg, Beavers Club 29.03. Staudach, Musikbuhne 02.04. Hamburg, Downtown 30.03. Muhlethurnen, Switzer- Bluesclub land – Alti Moschti 04.04. Bielefeld, Jazzclub 01.04. Emmendingen, Mehl- 05.04. Berlin, Quasimodo sack 23.04. Bremen, Meisenfrei 02.04.. Kandern, ChaBah 24.04. Bonn, Rocktimes 03.04. Ulm, Charivari Bluesfe- 25.04. Hildesheim, Bischofsstival mühle © wasser-prawda 26.04. Isernhagen, Bluesgarage Tim Kasher 19.04. Solingen, Wohnzimmer 20.04. Kiel, Hansa 48 23.04. Hamburg, Knust 24.04. Berlin, Ramones Museum 25.04. Braunschweig, Hansa Kultur-Club w/ Al Burian 26.04. Gießen, Alte Kupferschmiede 27.04. Münster, FachWerk 08.05. Leipzig, Sxmxlde 09.05. Dresden, Beatpol 10.05. München - Feierwerk 11.05. Wiesbaden, Schlachthof 12.05. Berlin, Schokoladen Todd Wolfe 24.04. Hamburg BeLaMi 25.04. Berlin, Kiste n Blues 26.04. Forst, Manitu Liveclub 27.04. Steyregg, Weissenwollf 28.04. Wien, Vienna Blues Spring 29.04. Suhl, Gambrinus 30.04. Sömmerda, Piano 09.05. Oldenburg, Charly‘s Musikkneipe 10.05. Dormagen, Streetlife 13.05. Braunschweig, Barnaby‘s Blues Bar 14.05. Celle, Herzog Ernst 15.05. Wetzlar, Franzis 17.05. Gaildorf, Kulturkneipe Häberlen 18.05. Straubing, Raven 23.05. Haiming, Gewölbe Eisching 29.05. Leverkusen, Topos 30.05. Wetter, Earth Music Hall Tommy Schneller Band 20.3.2014 Windeck 21.3.2014 Garbsen 22.3.2014 Berlin Wabe 27.3.2014 Oberkochen Jazz Tage 28.3.2014 Krefeld Kulturrampe 29.3.2014 Köln Torburg 30.3.2014 Velbert „Alldie“ Kunsthaus Langenberg 12.4.2014 Greven 7 Musik Clubs Barnaby‘s Blues-Bar (Braunschweig) 21.03.. Modern Earl 22.03.. Bluespower 27.03. Donald Kinsey Band 28.03. The Sharpees 05.04. Krissy Matthews 12.04. Good and dry 19.04. Elizabeth Lee & Cozmic Mojo 25.04. The Revolutionaires 30.04. Booze Band Bischofsmühle (Hildesheim) 20.03. Old Blind Dogs 28.03. The Outside Track 31.03. Irsish Spring Festival 10.04. Andrea Marcelli Trio 11.04. Henning Wolter Trio 25.04. Thorbjörn Risager & The Black Tornado 02.05. Beoga Blues im Bahnhof Bahnhof Mannheim. Eintritt frei. 28.03. Harriet Lewis & Gregor Hilden Band 11.04. Paul Lamb & The King Snakes 16.05. Zydeco Annie & the Swamp Cats 20.06. Norbert Schneider & Winestreet Session 05.09. El Ville Blues Band 10.10. Black Cat Bone 07.11. Abi Wallenstein, Dave Goodman, Oliver Spanuth, Steve Baker Bluesgarage 21.03. Classic Rock Road Show 2014 (Marcus Bonfanti, Dan Patlansky, Frankie Chavez) 22.03. Vanilla Fudge 27.03. Banned From Utopia 28.03. Gerry McAvos‘s Band of Friends 29.03. The Black Cadillacs 04.04. Otis Taylor Band 05.04. Popa Chubby & Band 8 08.04. Tanita Tikaram 10.04. David Grissom & Band 11.04. King King 17.04. The Mick Ralphs Blues Band 25.04.. Jessy Martens Band 26.04. Thorbjorn Risager & The Black Tornado 02.05. JJ Grey & Mofro Cafe Hahn Koblenz 24.03. Alexandra Lehmler Quintett 31.03. American Songbirds 01.04. Gianmaria Testa 04.04. Jessy Martens Band 05.04. Frank Out! 24.04. Markus Krebs 26.04. Georg Schroeter & Marc Breitfelder 04.04. Abi Wallenstein & Blues Culture 09.04. Latin Quarter 11.04. Albert Lee & Hogans Heroes 12.04. Layla Zoe 16.04. David Grissom 18.04. Bluespackage 23.04. Larry Garner & The Norman Beaker Band 25.04. Man Extra Blues Bar Bielefeld 29.03. Baby Universal 05.04. Kris Pohlmann 12.04. Blue Note Blues Band 20.04. Michael van Merwyk 26.04. Mudcats Blues Trio 30.04. Pete Anthony Alderton Chabah 79400 Kandern 26.03. Kris Pohlmann Band 02.04. Mitch Kashmar 09.04. BluesBones 16.04. T.Bo & The B.Boppers 23.04. The Tim Mitchell Band 30.04. Aynsley Lister Frannz Club Berlin 21.03. The Ricochets 27.03. Livingstons 28.03. Michy Reincke 29.03. Mike Seeber Trio 03.04. Keziah Jones 04.04. DEKAdance 05.04. Jepser Munk Cotton Club Hamburg 20.03. One Trick Pony 24.03. Billbrook Bluesband 27.03. Jelly Baker 31.03. Blue Silver 04.04. MaCajun 07.04. Paul Garner Band 10.04. Boogie Connection 14.04. Jo Bohnsack 17.04. Stupid White Men 20./21.04. 9. Cotton Club Easter Blues Nights: Jimmy Reiter Band, Wellbad, Kat Baloun, Jan Fischer 28.04. Eight To The Bar 29.04. B3 30.04. Stevie + The Hand Jive Hirsch Nürnberg 20.03. Chi Coltrane 25.03. Albert Lee 03.04. Jon Flemming Olsen 04.04. Kellerkommando 08.04. Ton Steine Scherben 09.04. Monsters of Liedermaching 09.04. Die Happy und Gäste 13.04. Vandenberg‘s Moonkings 14.04. Junior Kelly & The roots Hamonics Band 15.04. John Mayall 16.04. Luxuslärm 22.04. Julian Le Play 28.04. JJ Grey & Mofro Downtown Bluesclub Hamburg 22.03. Henrik Freischlader 28,03, TM Stevens Shocka ZooLoo/Twin Dragons 29.03. Band of Friends 02.04. Thobjorn Risager Kulturbastion Torgau 22.03. Kris Pohlmann & Band 29.03. DEKAdance 05.04. Elisabeth Lee & Cosmic Mojo 11.04. The Russian Doctors 19.04. Hamburg Blues Band 25.04. Mike Seeber & Band © wasser-prawda Musik 01.05. Wolf Maahn & Band 09.05. Danny Bryant & Band Kulturspeicher (Bergstraße, Ueckermünde) 22.03. Maximilian Wilhelm & Band 06.04. Pianola 03.05. Thilo Martinho 31.05. Captain Crap und Band Laboratorium (Stuttgart) 20.03. Liv. & Band 27.03. Blues Company 28.03. Al Jones Blues Band 04.04. Paul Millns & Band 05.04. Julie et moi 10.04. Paul Lamb & The King Snakes 11.04. Anne Wylie Quartett 13.04. Latin Quarter 27.04. Aynsley Lister 02.05. Ben Prestage Late Night Blues (Loev Hotel Binz/Rügen) 22.03. Tommy Harris & Band Beginn jeweils 21 Uhr Meisenfrei (Bremen Hankenstr.) 26.03. Paunchy Lovers 28.03. Off Limits 01.04. Sonic Health Club 02.04. Albert Castiglia 03.04. Jane 08.04. Albert Lee 09.04. Jarome 11.04. Wild Black Jets/Stringtone Slingers 12.04. Rihm Shots 15.04. Delta Moon 16.04. Natalia Mateo & Band 17.04. Soul Funk Family 18.04. Hardbone 20.04. Backbeat 23.04. Thorbjorn Risager 25.04. Rob Tognoni 26.04. Cats TV Museumskeller Erfurt 21.03. DeWolff 22.03. Ignatz 26.03. David Munyon 27.03. Jesper Munk © wasser-prawda 28.03. Popa Chubby 30.03. Hans Söllner 03.04. John Mayall 06.04. UFO 09.04. Thomas Godoj 10.04. Sebastian Hackel & Band 16.04. Tim Neuhaus Duo 17.04. Delta Moon 23.04. Katja Werker 25.04. Canned Heat Music Hall Worpswede 20.03. Pohlmann 21.03. Stoppok plus Artgenossen 28.03. Adjiri Odametey Band 29.03. John Mayall 02.04. Bratsch 05.04. Barclay James Harvest 10.04. Pasadena Roof Orchestra 12.04. Wolf Maahn & Band 24.04. The Hooters 25.04. Merit Becker 26.04. Mokomba 30.04. Saga 22.03. Fred Wesley & The New JBs 23.03. Classic Rock Roadshow 27.03. Hugh Cornwell 28.03. moe 29.03. Morblus 05.04. Thobjorn Risager 13.04. Roachford 17.04. Jesse Ballard Band 19.04. The Black Diamonds 25.04. Funk Deliscious 26.04. Schwarzkaffee Räucherei Kiel 28.03. Ray Cooper 04.04. UFO 12.04. Soulfinger Schwarzer Adler (47495 Rheinberg) 22.03. Pigor & Eichhorn 04.04. Band of Friends Tante JU Dresden 02.04.Oysterband (UK) 04.04.Monokel Kraftblues 05.04. UFO (UK) 06.04. Gazpacho (NOR) 11.04. TM Stevens (USA) 24.04. Poogie Bell Band Musiktheater Piano (Dortmund) 23.03. Bjorn Berge 28.03. Lake 30.03. Hugh Cornwell 04.04. Richard Bargel & Dead 26.04. Purple Schulz (D) Yorkschlösschen Slow Stampede (Yorkstr. 15, Berlin) 27.04. Randy Hansen 21.03. The toughest Tenors 22.03 La Marche Musiktheater Rex (Bensheim) 26.03. Mitch Kashmar & Band 20.03. Albert Lee & Hoogans 28.03. Opera Chaotique Heroes Bruno de Sanctis & Jakkle! 21.03. The Shanes 30.03. Sltaim‘band 06.04. Roachford 02.04. Jan Hirte‘s Blue Ribbon 08.04. Stacie Collins Band 04.04. Roger & The Evolution 24.04. Lisa Doby & Band 05.04. Dizzybirds 25.04. RoxxBusters 06.04. Jo Trio 26.04. Klaus Major Heuser 09.04. Mike Green & Band Band 11.04. Hattie St. John Band 12.04. The Boogie Blasters O‘Man River 13.04. The Rock m Roll Trio (Friedensstraße, Heringsdorf) 16.04. Kat Baloun 21.03. Gotte Gottschalk 17.04. Jay Hahn Swinging All28.03. Eric Lenz stars 18.04. Lenard Streicher Band Quasimodo Berlin 21.03. Guitar Crusher & Band 9 Musik Einen herzlichen Dank an all die talentierten Frauen im Blues, die mitgeholfen haben (in überhaupt keiner Reihenfolge): Shaun Murphy, Mandy Lemons, Carlene Perkins Thornton, Amy Hart, Eleanor Tsaig with Ori Naftaly Band, Niecie Blues, Gracie Curran, Tracy K, Logan Layman, Debra Devi, Redd Velvet, Erica Brown, Lauren Mitchell, Annie Mack, Laura Cheadle, Pam Taylor, Sunday Wilde, April Mae, Julia Cruz Magness, Cassie Taylor, Pat Pepin, Laurie Morvan, Rhonda Robichaux, Janelle Frost, Diedra the Blues Diva, Juke Joint Judy, Hurricane Ruth, Octavia Blues Harp, Lady Rose, Bridgette Kelly, Lucy Hammond, with surprise guests Markey Blues, Anna Marie, Brick Fields, Annika Chambers and Laura Chavez, and more! 10 Women Sing the Blues in Memphis National Women in Blues war die Idee von Gründerin und „Chief Bottle Washer“ (CBW) Michele Seidman. Michele hatte beobachtet, dass Blueskünstlerinnen zu wenig wahrgenommen und oft gar übersehen wurden und sah die Notwendigkeit, das Spielfeld für diese talentierten Frauen zu verbessern. Das machte sie zu ihrer persönlichen Mission und ein paar Jahre später beschloss ich, ihr zu helfen. Von Terri Robbins. 2006 schuf sie mit der Hilfe einer Handvoll Menschen und Sponsoren im schönen Wilmington (North Carolina) das „National Woman In Blues Festival“, dessen Einnahmen zur Unterstützung bedürftiger Bluesmusikerinnen und für Rechtsstreitigkeiten verwendet wurden. 2007 sah ich, dass diese Frau etwas Hilfe benötigte und bot sie ihr an. Und wir wurden „Partner“, weil ein passenderes Wort dafür fehlte. Das Festival wurde von 2006 bis 2008 veranstaltet, als sowohl Micheles als auch meine Gesundheit für ein paar Jahre die Kontrolle über unsere Leben übernahmen. Im Herbst 2012 war Michele in meinem Haus und wir unterhielten uns über die bevorstehende International Blues Challenge in Memphis (Tennessee). Das ist das größte Zusammentreffen von Bluesmusikerinnen und Bluesmusikern in der Welt! Ich half den Organisatoren dieser monumentalen Veranstaltung, der Blues Foundation, seit 2004. Und so meinte ich: „Michele, was könnte es für eine bessere Zeit geben, um Frauen im Blues von überall auf dem Planeten an einem Ort zusammen zu bekommen?“ Unsere Augen begannen zu leuchten und Michele sagte: „Wir sollten eine © wasser-prawda Musik Gracie Curran Eleanor Tsaig Logan Layman © wasser-prawda 11 Musik Titelseite: Mandy Lemons Amy Hart & Tracy K Redd Velvet Debra Devi Lucy Hammond & Mandy Lemon Tracy K & Bob Corritore 12 Women In Blues Veranstaltung während der IBC haben!“ Damit begann unser Kreuzzug, um die Operation bis nach Memphis auszudehnen. Die Blues-Familie ist eng und meistenteils loyal. Da ich für fast zehn Jahre bei der IBC ausgeholfen hatte, war alles was ich tun musste (denn wir hatten mit buchstäblich nichts angefangen), die Idee gegenüber von Michael Powers, Besitzer von Yellow Dog Records, zu erwähnen und der Ball kam ins Rollen. Er empfahl, Kontakt zu Judy Peiser vom „Center for Southern Folklore“ aufzunehmen, die uns den Veranstaltungsort zur Verfügung stellte. Die gleichermaßen schöne und talentierte Cassie Taylor, Tochter von Otis Taylor, hörte von der Veranstaltung und fragte, ob sie unsere Zeremonienmeisterin sein könne. Aber wir hatten keine Anlage, keinen Soundtechniker, weder Instrumente noch Geld, ... wirklich nichts, aber innerhalb von nur zwei Wochen kamen meine Freundin Heidi Knochenhauer und andere von der Memphis Blues Society und rollten die Ärmel hoch. Präsident Brian Wells bot uns das Schlagzeug an. Der talentierte Victor Wainwright lieh uns ein Keyboard. Eric Hughes und Xanadu Music and Books steuerten je einen Verstärker bei. Vinni Marini von „Music on the Couch“ gab uns jede Menge Zeit im Radio für Werbung und promotete die Veranstaltungen. Tim Woitiwitz von Carlene Perkins and the Juke Rockets Blues Band verdiente sich sein erstes Paar „Ehreneierstöcke“ durch sein Angebot, unser Toningenieur zu werden. All das kam so schnell auf uns zu und brachte Micheles Kopf zum Rotieren, denn es war ihre Aufgabe, dieses Event zu organisieren. Wir hatten unseren ersten „WiB All-Star Jam“ im „Center for Southern Folklore“ während der IBC 2013 und den „WiB Showcase“ während des Wettbewerbs 2014. Dutzende talentierter Frauen haben unsere Bühnen beehrt, zu viele, um sie aufzuzählen. Und ich will nicht eine herausgreifen, ohne alle anderen auch zu nennen. Frauen im Blues haben geholfen, das Genre lebendig und gesund zu erhalten. Jetzt arbeiten wir daran, mit Veranstaltungen wie diesen aber auch durch Medien und Airplay im Radio, die Frauen in dieser Musik zu unterstützen, auszubilden und zu fördern. Zugleich versuchen wir, den Künstlerinnen wo immer möglich direkte Kontakte zu vermitteln. Durch die Hilfe und Unterstützung unserer Freunde, die Frauen im Blues lieben, konnten wir Micheles Traum am Leben erhalten und wir schauen in eine Zukunft mit noch größeren und besseren Ereignissen. Wer sich einen kleinen Eindruck vom „WiB Showcase“ im Jahr 2014 verschaffen will, sollte sich das Feature „Female Blues Singers Shine In Memphis“ auf der Homepage von Voice of America anschauen. © wasser-prawda Musik © wasser-prawda 13 Musik Darren Weale’s . Brief aus dem Vereinigten Königreich Von Tischen und Tangas Fotos Erja Lyytinen Tanga „Voracious Love“ aus dem Merchandising-Angebot der finnischen Gitarristin Wˎ˕ˌ˘˖ˎ ˝˘ ˝ˑˎ Lˎ˝˝ˎ˛ ˏ˛˘˖ ˝ˑˎ U˗˒˝ˎˍ K˒˗ːˍ˘˖ Deutsche haben einen Ruf für ihre Effizienz. Ich hab dafür einige Beweise gesehen in der Musik. Der beste Merchandising-Tisch, den ich jemals gesehen habe, gehörte dem deutschen Gitarristen Henrik Freischlader. Er war wundervoll. Der Tisch selbst im Beaverwood Club in Chistlehurst in South-East London ist nicht vielversprechend. Eine Holzbar in einer Ecke in der Nähe der Tür dicht bei ein paar stählernen Catering-Regalen. Der Türsteher ist auch in der Nähe und verkauft manchmal CDs für Bands, die sich schon belästigt vorkämen, wenn man ihnen die Benutzung des Merchandising-Tischs vorschlüge. Oft sehe ich Bands mit bekannten Namen und guter Musik im Beaverwood Club auftauchen und einen schmuddeligen Zettel auf den Tisch packen, auf den jemand in Handschrift mit schwarzem Edding “CDs £10” geschrieben hat. Der Zettel landet direkt neben einem schiefen Haufen dieser CDs. Dann verschwinden die Musiker für den Rest der Nacht außer für die Zeit, wo sie auf der Bühne stehen. Es scheint so, als ob sie ihre CDs nicht wirklich mögen würden oder es ihnen egal wäre, ob sie eine davon 14 © wasser-prawda Musik verkauften. Und es scheint so, als ob sie das Publikum nicht sehen wollten, das bezahlt hat, um sie auftreten zu sehen. Hier gibt es natürlich Ausnahmen. Die charmante finnische Slide-Gitarristin Erja Lyytinen hatte einen gut vorbereiteten Tisch. In dessen Zentrum lag ein scharlachroter Tanga mit dem Namen ihres damals neuen Albums drauf: „Voracious Love“. Ich kaufte einen, aus Forschungsgründen natürlich. Schließlich verdiene ich tagsüber mein Geld im Marketing. Leider lieh ich den Tanga einem britischen Bluesmusiker, den ich kenne. Damals lachte er darüber. Aber heute behauptet er, ihn nie bekommen. zu haben Trotz allem: Die Vorstellung, die Erja von ihrem Marketing hatte, war bestechend. Wenn ich sie wieder einmal sehe, muss ich einen weiteren Tanga für Forschungszwecke kaufen. Henrik freilich war eine ganz andere Klasse. Ein echter Mensch stand die ganze Nacht hinter dem Tisch, um Dinge zu verkaufen. Eine gute Decke bedeckte den Tisch, extra für diesen Anlass mitgebracht. Da gab es gedruckte Preisschilder. Es gab Tischlampen, um das Angebot zu beleuchten. Es gab eine große Auswahl an Artikeln zu kaufen und einige bedruckte Blätter Papier, die man sich kostenlos signieren lassen konnte. Hendrik verschwand nicht einfach nach seinem Auftritt (der übrigens wundervoll war). Er kam geradewegs an, um sich mit den Besuchern zu unterhalten und ihre Einkäufe zu signieren. Er hatte auch eine Mailingliste, in die man sich eintragen konnte. Kurz gesagt: Henriks Brillianz beim Marketing passte zu seinem überragenden Gitarrenspiel. Ich bewundere seine deutsche Effizienz. Als weiteren Beleg dafür, warum das wichtig ist, schaue ich nach Amerika. Muddy Waters Sohn Mud Morganfield sagte mir einmal auf die Frage, warum er sich für seine Bühnenauftritte so elegant kleidet: „Die Leute zahlen nicht dafür, einen schlampigen Typen zu sehen.“ Wenn eine Band ihren Merchandising-Tisch schlampig behandeln, werden die Leute auch keine Lust haben, für ihre Alben und anderen Dinge Geld auszugeben. Bˎ ˙˛˘˜˙ˎ˛˘˞˜ ˊ˗ˍ ˎ˗˓˘ˢ ˢ˘˞˛ ˕˒˟ˎ ˖˞˜˒ˌ ˊ˗ˍ ˊ˕˕ ˝ˑˊ˝ ˒˜ Gˎ˛˖ˊ˗! © wasser-prawda Links Alistair Cooke - www.bbc. co.uk/programmes/b00f6hbp Beaverwood Club and other Pete Feenstra London venues - www.feenstra.co.uk Erja Lyytinen - www.erjalyytinen.com Henrik Freischlader – www. henrik-freischlader.de Mud Morganfield - www. mudmorganfieldblues.com 15 Musik Auf zum Mississippi! Ein Deutsch-Dänisches Duo im Semifinale der IBC in Memphis. Von Memphis Mini. • • • • • 16 Fotos: Holger Daub & Tim Lothar am Mississippi Ankunft in Memphis Unterwegs zum Fluss Lothar & Daub beim International Shocase Treffen mit den Suitcase Brothers aus Spanien Was macht einen Solo-Act zum Duo? Wenn der andere auch da ist... Dass Tim Lothar, hoch dekorierter dänischer Bluesgitarrist, am Ende einer mehrtägigen Zitterpartie „da“ war, kostete ihn einiges an Nerven und Optimismus. Denn, ob er – rechtzeitig oder überhaupt – zur Internationalen Blues Challenge (IBC) in Memphis/Tennessee – gelangen konnte, stand kurz vor Start in den Sternen. D er dänische Blues-Musiker, der vom Baltic Blues e.V. für die Teilnahme an der IBC nominiert wurde und seinen Duopartner Holger „HoBo“ Daub einlud, ihn zu begleiten, saß im Norden Dänemarks fest. Starker Schneefall in Frederikshavn und Aalborg, gestrichene Zug- und Flugverbindungen wenige Tage vor Abflug und unklare Wettervorhersagen zwangen ihn, umzudisponieren. Er buchte einen Flug Hamburg/ Amsterdam, schlug sich mit dem Zug so weit südlich durch, wie er kam und wurde in Kolding abgeholt. Auf dem Hamburger Flughafen wollte er sein Ticket dann aktualisieren lassen – trat er doch die lang gebuchte USA-Reise nicht von Aalborg, sondern von Amsterdam an. Lapidare Information am Info-Schalter: „Geht nicht.“ „Sorry?“ „Geht nicht.“ Eine Weiterreise nach Memphis sei nicht möglich. Reiseantritt ab Aalborg nicht bestätigt, also Flug nach Memphis nicht zulässig. So seien die Regeln. Ergebnis: Ein fassungsloser Musiker und eine farblose, gleichgültige © wasser-prawda Musik weibliche Person, die weder um Hilfestellung noch um Lösung des Problems bemüht war. Erst die entzückende Angestellte beim Check-in, bei der das Gepäck wartete, machte wieder Hoffnung: „Fliegen Sie nach Amsterdam und gehen Sie da direkt zu KLM. Schildern Sie ihr Problem. Das klappt schon...“ E ineinhalb bange Stunden später: Sie sollte Recht behalten. Tim Lothar durfte in den Flieger nach Minneapolis/Memphis und fand am Ende wieder bestätigt, was er zwischendurch selber fast bezweifelt hatte: „It always works out.“ (Es klappt am Ende doch irgendwie.) Nach insgesamt 40 durchwachten Stunden, aber keinerlei weiteren Problemen: glückliche Landung in Memphis. Hier erstmal Füße hoch, Warten auf Holger Daub, der kurze Zeit später mit einem anderen Flug eintraf. Tag eins in Memphis: Einmal den Mississippi sehen, Finger eintauchen, bei strahlendem Sonnenschein das Programm durchspielen und sich vorbereiten auf den International Showcase im New Daisy Theatre, der eineinhalb Tage später stattfinden sollte: Ausgewählte IBC-Nominierte durften sich hier Mitmusikern und Zuschauern schon einmal außerhalb der Challenge präsentieren. D as Teilnehmerfeld in diesem Jahr war groß: 255 Blues-Acts aus der ganzen Welt waren für die IBC gemeldet; 125 unter der Kategorie „Bands“ (2013: 124), 101 für „Solo/Duo“ (2013: 80), 29 Youngsters in der Kategorie „Youth Showcase“ und damit beim weltgrößten (Blues-)Musik-Wettbewerb dabei. Tim © wasser-prawda 17 Musik • • Nachts auf der Beale Street Tim Lothar beim Viertelfinale im 152 Club Lothars/Holger Daubs Auftritt im New Daisy begann mit zwei Schrecksekunden – einmal, als Jay Sielemann, Geschäftsführer der „Blues Foundation“, die beiden völlig überraschend auf Bühne rief, obwohl noch eine Band vor ihnen spielen sollte. Die professionelle Planung der IBC sieht einen äußerst straffen Zeitplan vor: fällt ein Act aus, rückt der folgende nach. Das hieß für die beiden: Zack, zack – Instrumente greifen und rauf auf die Bühne. Zweiter Schreck: Holgers Harp-Amp machte Probleme, die aber gelöst werden konnten, so dass der Auftritt als „stressful but went fine“ abgespeichert wurde. Überwältigend die Reaktion des Publikums – es gab ehrliche Anerkennung: Von allen Seiten reckten sich Arme, schüttelten die beiden Hände, gratulierten ihnen Kollegen und Bluesfans zum gelungenen Auftritt; Sitznachbarn stellten sich als Fans aus Kanada, Musiker aus Australien (Chris O’Connor und Familie) oder eben den USA (z.B. The Octavia Blues Band) vor. D Gewinner der IBC 2014 • • 18 Solo/Duo: Tim Williams (Calgary Blues Music Association, Kanada) Band: Mr. Sipp (Vicksburg Blues Society, Mississippi) er erste Wettbewerbsauftritt für das Duo Lothar/Daub folgte dann einen Tag später im Club 152 – natürlich ebenfalls auf der Beale Street: Die Location – herrlich düster, das Publikum interessiert und aufmerksam, die Jury taufrisch, der Sound perfekt. Mit in der Konkurrenz, die sich so aber gar nicht anfühlte, an diesem Tag alte Bekannte von Tim Lothar: Die spanischen Suitcase Brothers (Foto vor Club 152 mit Gitarren), die in 2013 bei der IBC Zweite wurden; Little G Weevil, Sieger des gleichen Jahres oder Nico Wayne Toussaint & Michel Foizon aus Frankreich. So zurückhaltend Tim Lothar im Umgang wirkt, so ausdrucksstark ist er auf der Bühne: Als würde ein Schalter umgelegt, arbeitet er sich mit seiner Gitarre, einer beeindruckenden, starken Stimme und Einsatz des ganzen Körpers durch die sehr persönlichen Stükke. Immer meint er, was er singt, nie fehlen seiner Musik Seele und Aufrichtigkeit. „HoBo“ Daubs, von Sonny Boy Williamson, Little Walter oder Rod Piazza beeinflusstes, dynamisches und mitreißendes Mundharmonikaspiel, seine passgenauen Improvisationen und die songdienliche, emotionale Spielweise illustriert und unterstreicht eloquent, was der Gitarrist da liefert. Tim Lothar © wasser-prawda Musik und Holger Daub legten einen tollen Auftritt hin und bekamen wieder eine Menge anerkennende Kommentare, die sie direkt zurückgeben konnten. Tim Lothar: „I want the Suitcase Brothers to win. They are better than ever.“ Die Suitcase Brothers: „We want Tim Lothar to win!“ Lothars Urteil über die Quarter Finals: „This night was fun. The best acts were the Europeans – Spain and France. Nice to meet all these guys again.“ Wie auch immer – am Ende waren die beiden weiter. Tom Shakas Bruder (Swamp Shaka Duo with Tony C) samt Familie stellte begeistert fest, dass mit Holger ein Hamburger in Memphis dabei war, Buck Hoffmann vom Duo Buck Hoffmann & Paul McQuade ließ Tim nach dem Auftritt auf seiner Gibson L1 von 1945 spielen (Foto). Sowohl im Hotel als auch hier wieder faszinierend zu sehen – die Solidarität und Freundlichkeit zwischen den Musikern – ob vorher miteinander bekannt oder nicht. Da wurde sich im Fahrstuhl kurz unterhalten (Joe Mauldin und Frau, Nico Wayne Toussaint, diverse Bands) – am Ende traf man seine Hotelnachbarn auf dem nächsten Auftritt wieder: Die hatten sich die Lothar/Daub-Auftritte herausgepickt und trotz des eigenen engen Zeitplans alles daran gesetzt, rechtzeitig dabei zu sein. Ein Radiointerview bei Vinny Bond Marini von „Music on the Couch“ (Foto) und ihr großartiger, professioneller TV-Live-Auftritt bei Ditty TV (Foto) komplettierten die unvergleichlichen musikalischen Erfahrungen des Dänisch-Deutschen Duos hier in Memphis. Dann, schließlich, das Halbfinale: Ort der Semi-Finals am Freitag war das „12 bar“ im Jerry Lee Lewis. Hier war es sehr viel lauter, der übergewichtige junge Mann am Mischpult wirkte leicht desinteressiert, die Jury von den anstrengenden Tagen zuvor durchaus ermüdet. Startplatz: Letzter Solo/Duo-Act von acht Auftritten um 22.30 Uhr. Mit im Starterfeld so gute Leute wie Lucious Spiller, The Suitcase Brothers oder Micah Kesselring, der das Semi-Finale viermal hintereinander für unterschiedliche Blues Societies erreicht hat. Klar war: Von den acht starken Teilnehmern würden an diesem Semi-Abend nur zwei weiter kommen... © wasser-prawda Zur Autorin Memphis Mini, Journalistin aus HH, im Norden der Republik regelmäßig unterwegs für Tageszeitungen, Stadtreiseführer und Besseressermagazine. 19 Musik • • • • 20 Mike Seeber Trio im Hardrock Cafe Interview bei Music on the Couch Fernsehauftritt bei Ditty TV Buck Hoffmann lässt Tim seine Gibson L1 aus dem Jahre 1945 ausprobieren S pät abends dann die erlösende Info: Tim Lothar und Holger Daub waren nicht mehr dabei – nun war Freizeit und Sightseeing angesagt! Von wegen. Tim wurde noch am selben Abend krank, schlief zwei Tage lang. Holger jammte bis tief in die Nacht zum wiederholten Male im New Daisy mit sämtlichen Bluesgrößen, die die IBC aufzubieten hatte; Tim verschlief auch das Finale im prachtvollen Orpheum, das Tim Williams in der Kategorie Solo (zweiter Lucious Spiller) und Mr. Sipp mit Band gewann. Aber, ganz mit sich im Reinen und überglücklich, konnte Tim sich ehrlich freuen über eine tolle Woche in Memphis und das persönliche Semifinale: „Our concert went fine – perhaps our best one.“ © wasser-prawda Musik Freude am Blues: Ein Interview mit Bottleneck John Bottleneck John ist einer von Europas besten Vertreter des Blues. Sein im letzten Jahr beim Opus Label veröffentlichtes Album „All Around Man“ ist eine wundervolle Sammlung traditioneller Blues-Songs und drei neuer Stücke. Es ist ein Album mit einer Menge großartigem Spiel auf akustischen Gitarren, inklusive exzellentem Slide-Spiel auf alten und modernen Resonator-Gitarren. Insgesamt ein toll produziertes und überzeugendes Blues-Fest! Interview von Gary Burnett (zuerst veröffentlicht auf Down In The Crossroads). Übersetzung: Raimund Nitzsche Johan, zuerst Glückwünsche zum neuen Album - es ist fantastisch. Bist Du zufrieden mit den Reaktionen, die es hervorgerufen hat? Vielen Dank! Ja, das Album bekam rund um die Welt wunderbare Kritiken - und das ist für mich nicht weniger als ein Traum der in Erfüllung ging! Es gab einfach so viele positive Dinge, die diese Veröffentlichung ausgelöst hat, Menschen von überall suchen den Kontakt, um mir zu sagen, was ihnen das Album bedeutet. Ich bin gerührt und überwältigt, es ist eine Freude, die Musik mit so vielen zu teilen. Und in den Musikmedien war es das Gleiche, sowohl was die Soundqualität als auch was die Musik angeht. So bin ich ein stolzer und glücklicher Mensch! Wie kommt ein Typ aus Schweden dazu, Blues zu singen. Und was ist es, was Dich bei den alten Blues-Songs berührt? Das muss der gleiche Grund wie bei jedem Blues-Musiker irgendwo auf der Welt sein: Der Blues lässt mich etwas fühlen, was die meisten anderen Musikstile nicht schaffen. Ich werde von alten Blues, Gospel & Spirituals, Worksongs usw. berührt. Das ist die einfache Antwort, aber warum und wie das der Fall ist, das kann ich mit Worten nicht erklären. Der Blues kennt keine Grenzen und kümmert sich nicht darum, wo Du her bist. Jeder, der Höhen und Tiefen im Leben hatte, kann sich durch diese wundervolle Musik ausdrücken. Es ist alles darin. Und das mag ich! Mein Herz ist für immer verwurzelt hier in den Wäldern und Bergen im Norden Schwedens. Meine Seele aber gehört eigentlich ins Mississippi Delta. Wenn ich dort drüben bin, dann fühle ich mich in spiritueller Hinsicht zu Hause, dürfte schwer zu erklären sein, aber ich fühle es in meinen Knochen. Die alten Blues-Aufnahmen, die wir auf 78er Platten hören, sind so direkt, so unwahrscheinlich tief, von Herzen kommend und wahr. Sie sind einfach einzigartig, Das ist das beste Wort, um zu beschreiben, was ich beim Hören fühle. Und wenn ich die alten Klassiker live auf der Bühne spiele, dann klingen sie auf meine Weise, weil ich niemals die alten Bluesmu- © wasser-prawda 21 Musik siker und ihre Lieder exakt nachspiele. Es fühlt sich großartig an, in der Lage zu sein, ein OldSchool-Repertoire für heutige Bluesfans anzubieten. Wenn ich auftrete, dann singe ich normalerweise die originalen Texte, mache aber die Musik ganz zu meiner eigenen, nutze das Original nur als Plattform für neue Ideen. Du bist ein äußerst talentierter Gitarrist - erzähl uns über einige der Bluesgitarristen, die dich beeinflusst haben, und von denen Du gelernt hast. Da sind so viele, die Einfluss drauf hatten, wie ich ans Gitarrespielen herangehe, nicht im Detail, aber vom Gesamtgefühl her. Alte Meister wie Tampa Red, Blind Willie Johnson und Son House natürlich. Ich glaub, der Typ, der dafür verantwortlich war, dass ich mit dem SlideSpiel begann, war ein Schwede namens Göran Wennerbrandt, der einige exzellente Sachen auf paar Alben von Eric Bibb gespielt hat. Da gibt es wunderbar geschmackvolle Sachen auf Bottleneck und Lapsteele! In den frühen Tagen meines Slide-Spiels hörte ich auch eine Menge von Corey Harris, da gibt es auf seinen ersten Alben wirklich feines Spiel zu hören. Die Fähigkeiten von Blind Willie Johnson waren schlichtweg nicht von dieser Welt. Das ist die einfache Wahrheit, wie er sein Instrument beherrschte, war ehrfurchtgebietend. Auch Robert Johnson brachte die Dinge auf ein neues 22 © wasser-prawda Musik Level, und das macht auch Derek Trucks heute. Sein Slide-Spiele ist schlicht fantastisch! Akustikblues ist äußerst lebendig zur Zeit - Leute wie Eric Bibb, Keb Mo, Guy Davis und so weiter sind sehr populär. Welche der heutigen Künstler hörst Du Dir gern an? Natürlich die, die Du genannt hast. Aber ich höre auch sehr gern Doug MacLeod, er ist einfach fantastisch! Die Carolina Chocolate Drops und Paul Rishell sind andere gute akustische Rootsmusiker momentan. Es ist immer die Stimme, die mein Interesse zuerst erweckt, erst dann die Instrumente, die der Künstler spielt. Ich glaub, Du hast eine interessante Sammlung von Gitarren. Erzähl uns über einige Deiner Lieblinge. Ich habe einige alte Gitarren, Mandolinen und Banjos. Die hab ich in den letzten 15 Jahren oder so gesammelt. Angefangen hat das Finden und Reparieren dieser alten Stücke als ein Hobby. Inzwischen ist nicht mehr genug Zeit vorhanden, um nur aus Spaß zu Restaurieren. So repariere ich diejenigen, auf denen ich spiele. Es ist cool, das selbst machen zu können, das reduziert einige der Kosten, die es braucht, um ein Wrack wieder spielbar zu bekommen. Was ich an diesen historischen Instrumenten mag, ist dass sie eine „Seele“, oder meiner Meinung nach „Mojo“ haben. Wie auch immer Du es nennst: sie sprechen zu mir und durch mich ganz anders als es eine moderne Gitarre kann. Vielleicht passiert das nur in meinem Kopf, aber so fühle ich es. Meine älteste spielbare Gitarre stammt ungefähr von 1840. Gebaut wurde sie in Deutschland. Durch die Jahre und die Gebrauchsspuren der Vergangen- © wasser-prawda 23 Musik heit, bekomme ich beim Spielen ein großartiges Feeling. Und sie klingen natürlich auch perfekt für alten Blues. Für das Album war es mein Ziel, den Hörern neben der guten Musik so viele verschiedene Gitarren wie möglich vorzustellen. Nicht, weil es nötig gewesen wäre, sondern weil es Spaß machte! Ich denke, es kommt nur sehr selten vor, dass eine solche Vielzahl alter und neuer Resonator- und Akustikgitarren auf einem einzigen Album aufgenommen werden. Und das kann man in der guten Soundqualität hören, die das Markenzeichen von Opus 3 Records ist. Auf der CD hören wir 19 verschiedene Saiteninstrumente aus meiner Sammlung neben anderen Instrumenten wie Konzertflügel, Tuba, Mundharmonika, Hammondorgel und Kontrabass. Um hier ein paar Favoriten aufzuzählen: Da haben wir eine Dobro von 1936 mit Metallkörper und Fiddle-Kante, eine wunderbare alte Gitarre. Eine 1914er Levin mit schönen Einlegearbeiten, eine in Schweden gebaute Salon-Gitarre. Dann haben wir noch eine National Duolian von 1933, die ultimative Resonator für Blues nach Meinung vieler Musiker (mich eingeschlossen). Die gibt einen tiefen heulenden Ton von sich. Gespielt wird auf dem Album auch eine 12-saitige Resonator, die ich selbst aus eine sechssaitigen hergestellt haben. Selbst eine einsaitige Zigarren-Kisten-Gitarre, ein Diddley-Bow kann man beim letzten Lied von „All Around Man“ hören. Da ich mich so sehr für alte Gitarren und Mandolinen interessiere, wollte ich die Gelegenheit nutzen, diese Klänge mit Blues- und Gitarrenfans überall zu teilen. Ich hoffe, Ihr steht auf diese Idee! Wenn ich live spiele, wechsle ich die Instrumente häufig und verwende für verschiedene Auftritte verschiedene Modelle. Meine historischen Instrumente bring ich aber nur zu Konzerten mit, wenn ich weiß, dass sie dort sicher sind. Manche Läden sind in der Beziehung etwas unsicherer und dort bringe ich dann neuere Versionen, Klone der alten Nationals und Dobros mit. Den Blues hat man oft „Musik des Teufels“ genannt. Aber daneben gibt es auch eine lange Geschichte von Gospel-Blues. Und einige Lieder auf Deiner neuen Platte sind Gospel-Blues - offensichtlich fühlst Du dich mit diesen ebenso wohl wie mit Spirituals. Wie kommt das? Was ist an diesen Songs auch im 21. Jahrhundert noch relevant? Des Herrn Antwort auf die Musik des Teufels! Das ist eine Weise, die alten Gospel-Blues zu bezeichnen. Es hat etwas von einem Zeitsprung, es ist berührend und großartig, diese frühen, tief religiösen Lieder zu singen. Und ich mach das bei jedem Auftritt. Melodien und Texte erzählen von Arbeit, Mühen und Leiden, das die Menschen aushalten, aber auch von dem warmen Mitgefühl und dem echten Glauben an Gott, der ihnen Kraft zum Weitermachen gab. Damals spielten Musiker am Samstag Blues in den Juke Joints und am nächsten Morgen spielten die gleichen Musiker Gospelmusik in der Kirche. Die Texte waren verschieden, aber die Musik blieb die Gleiche. Es ist keine religiöse Ursache, welhalb ich Gospel und alte Spirutals singe sondern ich mach es aus dem wichtigen historischen Anteil, den sie für diese Musik haben. Und sie verdienen es definitiv, wei- 24 © wasser-prawda Musik terhin gespielt zu werden. Ich will dabei helfen, die Tradition am Leben zu halten. Für mich ist es fast genauso wichtig, die Geschichte und die Hintergründe der Musik zu kennen und weiterzugeben wie die Musik selbst zu spielen! Was hält 2014 für Bottleneck John noch bereit? Später im Jahr wird es hoffentlich ein neues Album geben, ich freue mich sehr darauf, mit den Aufnahmen bei Opus 3 anzufangen. Tourneen und Gigs hier und da gibt es wie üblich. Das ist überhaupt das Beste daran, ein reisender Musiker zu sein: neue Orte zu besuchen und neue Zuhörer zu treffen! © wasser-prawda 25 Musik . Februar: Hands on Strings im Jazzclub Eisenach Gitarrenwald im Thüringer Wald Aus dem Thüringer Wald wurde auf der Bühne ein Gitarrenwald (O-Ton: Thomas Fellow) – Ibanez-E-Gitarre, Konzertgitarren verschiedenster Korpus- und Saitenformen, Tweed bezogene Duncan-Verstärker, eine kleine Effekt-Treter-Sammlung, zwei Stühle … Hands on Strings sind die Gitarristen Thomas Fellow und Stephan Bormann. Gast bei ihrer „Prometheus Tour“ war der Mandolinespieler und Sänger Mike Marshall. Eine Konzertkritik von Torsten Rolfs. Am Anfang des gut besuchten Konzertabends stand das Titelstück der Tour der beiden Gitarristen. Thomas Fellow vermochte in launigen Ansagen die Schwierigkeit des Findens von Titelbezeichnungen von Musikstücken zu erklären. So erfuhr das Publikum, dass das Titelstück nicht durch jahrelanges Studium der griechischen Mythologie seinen Namen erhalten habe, sondern einfach ein Katastrophenfilm im Kino den Titel entstehen ließ. Sei es durch die Einführung zum Thema Film (stellenweise lang, aber eben auch kurzweilig) oder der Wiedererkennungswert ein- 26 © wasser-prawda Musik zelner Töne – ein 3-Tonzitat kam mir in den Sinn Lalo Shiffrins Mission Impossible-Thema). Das mehrfache Intonieren des Themas des Stückes, abwechselnd oder unisono gemeinsam gespielt, gefolgt von intensiven Soloparts mit enormer Dynamik entzückte dies gleich am Anfang das Publikum. Der Titel „Offroad“ aus einem der vorhergehenden Programme führte er mit den Worten ein, die Musiker und ihr Gast seien auf den Spuren Bach´s in Eisenach gewandelt und sie hätten auch die waldreiche Umgebung entdeckt. So passte es gut, sich das Wandeln auf waldreichen, steinigen Pfaden vorzustellen. Die Kino- und Filmbegeisterung steigerte sich dann auch im Stück Chewbaka (der geneigte Leser vermag sofort die passende Filmtrilogie auf der Leinwand zu sehen). Thomas Fellow erzeugte mit Hilfe gekonnt eingesetzter Effekte vom „R2D2“-Pedalboard mit der Ibanez-Gitarre sphärische Klänge. Das Thema hatte fast etwas von einem Kinderlied, das in einem Turnaround mit Chorus- und … effekten gipfelte, bis dann Bormann mit der Konzertgitarre das Thema aufnahm und in dem heiteren Turnaround Fellow wieder übernahm und Bormann das Thema vocal unterstützte … So vergingen die ersten 20 Minuten wie im Flug und einer guten Konzertdramaturgie folgend, spielten die beiden ein wunderschön besinnliches Stück und die Zuhörer hatten somit Gelegenheit zu entspannen, Luft zu holen. Die virtuose Kraft der beiden Gitarristen zeigte sich auch im nächsten Stück. Hier erzeugte bei mir die Ansage mit der Erklärung der Rhythmus- und Taktbesonderheiten (in einem geradlinigen Leben muss man auch mal ungerade Taktarten nutzen) eine Vorfreude, die sich dann nicht bestätigt fand, wenngleich das Stück einen enormen Fuss-Wipp-Charakter hatte. Zum Ende des Sets gab es zwei Stücke, die die Zuhörer in der Alten Mälzerei besonders mit einbezogen. Zunächst einmal „Erkennen Sie die Melodie“ mit einer Adaption des Popsongs „Somebody That I Used To Know“ von Gotye und als letztes (auch hier wieder einer perfekten Dramaturgie folgend) eine Komposition mit dem Namen „Loco“, bei der die Besucher aktiv mit einbezogen wurden. Im 4/4 Takt den Männern die ersten drei Taktzeiten zum Klat- © wasser-prawda 27 Musik schen und den Frauen im Publikum die 4 in Achteln … (O-Ton Bormann: zwei Schwierigkeitsgrade ein leichter für die Frauen und einen sehr leichten für die Männer) Die Musiker auf der Bühne konnten sich über ein rhythmus-sicheres Publikum freuen. Das zweite Set stellte den grandiosen Gast Mike Marshall an der Mandoline in den Mittelpunkt. Die drei Musiker verstanden sich musikalisch blind auf der Bühne, wenngleich ihr Minenspiel in besonderem Maße diese Verbindung deutlich machte. Ein Pophit, Conga von Gloria Estefan bildete den rhythmisch virtuosen Anfang des Sets. Bei The Gator Strut spielte Mike Marshall ein Mandoloncello, das eine warme Basstonalität erzeugte und somit den Rhythmuscharakter des Stückes pointierte und die beiden Gitarristen ein wahres Solistenfeuerwerk abfeuern konnten. Mike Marshall war ganz beseelt vom Spirit der Stadt Eisenach mit seinem großen Sohn – Johann Sebastian Bach – und Mike Marshall vermochte diese Begeisterung in sein Spiel mit einzubeziehen. In einem Solo-Stück begann er mit einem Zitat Bach´scher Barockmusik, um dann mit Bluegrass-Elementen in einem organischen Übergang fortzufahren. Im Gesangspart des Stückes lebte die Roots-Music Tradition auf, um dann wieder in einer Phrase klassischer Tonalität zu enden. Nach zwei weiteren Stücken zum Ende des Sets ging in der von begeistertem Applaus geforderten Zugabe so richtig die Post ab: I´m sittin´on top of the world - der beliebte Bluesklassiker - erhielt in dieser Instrumentierung ein ganz eigenes Gepräge. Auch in diesem Stück gefiel die Stimme von Mike Marshall mit rauchig warmem Timbre. Ein letztes Stück gab den drei Musikern noch einmal Gelegenheit, ihre virtuose Expressivität ausspielen zu können. Mit ihren Instrumenten in der Hand und weiter spielend verließen sie unter Beifall die Bühne. Wie lässt sich diese Gitarrenmusik von Hands on strings schubladisieren? Ist das Jazz, weil es im Jazzclub stattfand, war es Klassik, weil aus der klassischen Gitarrenschule kommend die Virtuosität im Vordergrund steht? Ist es vielleicht doch auch PopMusik, weil es Freude macht populäre Themen zu adaptieren? Bei dieser Musik wird klar, dass es nicht um die vermarktungsgerechte Kategorisierung von Musik geht, sondern der Musiker mit seinem Instrument die stilistische Diversität bestimmt. Auch wird deutlich, dass von bestimmten Künstlern Hörgewohnheiten geprägt wurden, und der Schreiber und ein weiterer Zuhörer sofort Assoziationen zu Al di Meola, Pacco di Lucia und John McLaughlins Friday Night in San Francisco hatten. 28 © wasser-prawda Musik Paul Batto und die „neue Auszeit“ Paul Batto ist ein in Europa weitgereister Musiker, der seinen Ursprung in Südosteuropa hat. Geboren in Slowenien lebt er heute in der Tschechischen Republik, von wo aus er seiner Konzertreisen in Europa startet. Zum Konzert am 25. Januar 2014 in der Bruckmühler Auszeit gibt es zwei Novitäten: Erstens ist die Auszeit als Restaurant und Musikbühne neu konzeptioniert und zum zweiten bringt Paul Batto seine neue CD „Lonesome Road“ mit. Interview und Fotos: Mario Bollinger. D ie Auszeit ist ursprünglich ein Eßlokal in Bruckmühl zwischen München und Rosenheim. Der Betreiber Mario Oksas hat aber das Lokal Schritt für Schritt in einen Laden mit Liveveranstaltungen umgeprägt. Viele lokale und internationale Musiker haben hier Konzerte gegeben. So haben hier schon Musiker wie „Sir“ Oliver Mally aus Österreich, Bastian Semm mit seinem CASH – Singerof-Songs-Programm und die Kabarettisten Franziska Wanninger und Helmut A. Binser ihr Programm gezeigt. Der neueste Coup ist aber die optische Umgestaltung des Lokals und der Speisekarte. Der Look des Lokals ist moderner. Glas, Stein und blaues © wasser-prawda 29 Musik Licht prägen die Optik. Für die Musiker gibt es jetzt einen besser ausgewiesenen Bühnenteil mit Bühnenlicht und einem schwarzen Vorhang als Hintergrund. Die Speisekarte ist fokussierter und der neue Mann hinter der Theke Muhammer Gül ist an diesen positiven Änderungen sehr beteiligt gewesen. Die Tische sind kleiner geworden, locker in Gastraum verteilt und bieten für 4060 Personen Sitzplätze. Der Gastraum kann bei der Show jetzt abgedunkelt werden, die alten UFO-Lampen sind verschwunden und Muhammer besteht darauf, dass während der Show Ruhe herrscht und selbst die Espressomaschine hat zu schweigen. Nach wie vor lockt Mario Oksas mit freiem Eintritt zu den Konzerten und Kabaretts, jeder Gast kann aber während der Show seine Anerkennung durch eine Spende in den Hut Ausdruck verleihen. Paul Batto war bereits letztes Jahr Gast von Mario Oksas und als er das Lokal betrat, sagte er spontan und begeistert: Das ist aber nicht das Lokal, wo ich schon mal gespielt habe! V or der Show hatte ich Gelegenheit, mit Ondra Kriz (Ondřej Kříž) zu sprechen, der Paul Batto auf vielen seiner Konzerte auf dem Klavier begleitet. Ondra Kriz ist mit seinen 26 Jahren bald halb so jung wie sein Partner Batto. Beide haben sich in Ondras Heimatstadt Tabor südlich von Prag getroffen, als Paul dort vor einigen Jahren hinzog. Neben Paul Batto begleitet er noch den Bluesmusiker Rene Trossman und unterrichtet Kinder am Klavier. Sein Konservatoriumsstudium hat er zu Gunsten eines frühen Musikerberufs aufgeben, was ihn aber nicht daran hindert, sein Wissen und Können unkonventionell an Klavierschüler weiterzugeben und damit seinen Lebensunterhalt mitzuverdienen. Sie müssen natürlich das Basiswissen erlernen, aber das nicht zwangsweise an den alten Komponisten wie Bach oder Mozart. Er erlaubt seinen Schülern zu spielen, was ihnen gefällt und erhält hier auch die Unterstützung der Eltern. Daneben macht er z.B. 120 Shows im Jahr mit Paul Batto oder Rene Trossman. Die Musikszene in der Tschechischen Republik entwickelt sich stetig, die wahre Musikszene spielt sich in den Theatern und Kulturhäusern ab, die es noch reichlich aus alten Zeiten gibt. Die Pubs in Prag dagegen werden vornehmlich von Touristen frequentiert und sind nicht das Ziel von Musikern wie Ondra Kriz oder Paul Batto. Auf die Frage, ob sich Auftritte wie in der Auszeit mit einer Anreise von 500km für Ondra rentieren, antwortet er: „Nun, ich spiele nicht nur für das Geld, sondern auch für den Spaß“. Er selber hat zwar Deutsch in der Schule gelernt, aber leider mittlerweile durch das wesentlich häufiger gebrauchte Englisch fast alles wieder vergessen. Paul Batto und Ondra Kriz brauchten kaum 30 Minuten zum Aufbauen, dann ging das Konzert auch schon los. Paul Battos eindringliche Stimme, eine Resogitarre, seine Stompbox und Ondras Klavier sorgen gleich für einen schnellen Opener der Show. Anfänglich herrschte noch etwas Unruhe im Raum, aber als Paul Batto einen sehr leisen Song mit spanischen Elementen anstimmte, herrschte sofort gespannte Ruhe im Publikum. Während Paul Battos Wesen von Stimme und Spiel geprägt ist und er ansonsten ein sehr ruhiger Musiker auf der Bühne ist, lebt Ondra auch körperlich in seiner Musik. Körperhaltung und Gestik unterstrei- 30 © wasser-prawda Musik chen seine Aussage: „Ich spiele nicht nur für das Geld sondern auch für den Spaß“. Paul Batto hat mir dann hinterher erzählt, dass er auf der Bühne nicht allzu viel von sich preisgibt. Bei dem Song „Garden of Love“ erzählt er aber dann doch von seiner neuen Heimatstadt in Südböhmen, einer Kirche, eine Haus dahinter und dem Garten dazu. Bei einem Pianosolo von Ondra läßt sich das Publikum dann doch mal zu einem Szenenapplaus hinreisen. Paul Batto beschließt nach 2 Zugaben den Abend mit Amazing Grace, einem alten Kirchenlied, das einen Sinneswandel eines ehemaligen Sklavenschiff kapitäns beschreibt. Als allerletzte Zugabe geben Paul Batto und Ondra Kriz ihre Version von „Moon River“, was einmal mehr die Bandbreite von Paul Battos Gesang unterstreicht. Einen besseren Schlussakkord kann mit sich nach dem Musikprogramm der Beiden fast nicht vorstellen. Nach dem Konzert stand mir auch Paul Batto zu einigen Fragen für die Wasser-Prawda zur Verfügung WP: Woher kommst Du und wo geht es hin? PAUL BATTO: Ich weiß es nicht. Ich betrachte das Ganze als Tomatenpflanzen und -ernten. Ich bin jetzt 47 Jahre alt und plane nicht mal 6 Monate voraus. Ich bin Großvater geworden, ich kümmere mich um meine Kinder und es macht mir viel Spaß. Ich bin in Slowenien geboren, mache seit dem 18. Lebensjahr Musik, begann zu singen und bediente mich der afrikanisch-amerikanischen Gospeltraditionen und der Art, wie in Kirchen zu singen. Wurzeln habe ich keine. Ich bin nicht in einer musikalischen Familie aufgewachsen, es gab keine Schallplatten und ich hatte nur das Radio als Quelle. Ich war lediglich einen Monat auf einer Musikschule. Musik faszinierte mich schnell und ich kam dann sozusagen über die Hintertür zur Musik. Ich habe Slowenien mit 20 Jahre verlassen. Ich ging in die Schweiz, mache Spiritual Music, Blues, spielte in einem Jazztrio, in Big Bands. Ich machte viel verschiedene Musik und mache es noch, aber es sind immer Schaffensperioden. Es gibt viele Musiker, die viele Stile spielen, aber keinen Stil richtig rüberbringen. Ich mache das schon auch und für ein offenes Publikum ist das eine abwechslungsreiche © wasser-prawda 31 Musik Präsentation. Ich richte mich aber nicht nach dem Anspruch des jeweiligen Publikums, sondern mache einfach mein Ding. Und ich mache das in Perioden. In erster Linie spiele ich erst mal für mich. Die Bühne ist für mich immer noch ein sehr privater Bereich. Ich habe heute ein breites Spektrum und ich spiele das alles gerne. WP: Verfolgst Du auch andere Projekte? PAUL BATTO: Eigentlich nein. Ich werde viel eingeladen, ich kann mit Big Bands singen. Ich wurde auch für Musicals wie Jesus Christ Superstar eingeladen zu singen, aber ich habe abgelehnt, da es Kraft kostet. Vor einem halben Jahr habe ich von einem Philharmonischen Orchester die Einladung angenommen, „Anatevka“ zu singen, aber im Wesentlichen habe ich nicht die Zeit und die Kraft, sowas zu verfolgen. Ein Orchester erfordert Proben und Aufwand, was ich nicht bereit bin aufzubringen, obwohl es immer eine gute Erfahrung ist. Ich habe daher gelernt, Nein zu sagen, um mich nicht in Dinge zu verlieren, die mir nichts bringen. Die meisten Leute mögen eigentlich die Musik, die von mir stammt. Ich schreibe ca. 90% aller Songs selbst und das ist für mich die ehrlichste Art und Weise, Musik nahezubringen. Ich kann mich hinsetzen, einen ganzen Abend Jazzstandards singen. Das ist sicherlich nett und aber der Effekt ist nicht der Gleiche, als wenn ich meine Songs singe. WP: Deine letzte CD “aint but one way” ist aus dem Jahr 2010. Deine neue CD heißt „Lonesome road” . Erzähl uns mehr darüber. PAUL BATTO: Die CD ist eine reine solo CD und jetzt im Januar 2014 erschienen. Ich habe lediglich meine Stimme und meine Gitarre aufgenommen. Die letzte CD war von den Mitmusikern und Instrumente wie die Lapsteel Gitarre dominiert. Dieses Mal wollte ich nur ein Mikrophon und sonst nichts. WP: Welche Instrumente spielst Du? PAUL BATTO: Ich spiele eine Republic Resonator Gitarre, ich benutze eine custom made Archtop Gitarre und eine hundert Jahre alte Parlor Gitarre. Sie ist auf dem Cover der neuen CD abgebildet. Diese Gitarren sind fantastisch und haben ein unendliches Sustain. Sie sind einzigartig und immer mit einer eigenen Stimme. Dann benutze ich noch eine Cole Clark aus Australien und habe ein sehr schöne tschechische Furch Gitarre. Viele Instrumentenhersteller kommen aus der tschechischen Republik. In der Gegend von Markneukirchen und aus der tschechischen Seite kommen Firmen wie C.F. Martin ebenso Höfner und Framus. Ich habe zwei Furch Gitarren und das sind Weltklasse Akustikgitarren. WP: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Ondra Kriz? PAUL BATTO: Wir leben in der gleiche Stadt Tabor, in die ich vor ca. 5 Jahren gezogen bin. Wir haben uns da getroffen und seit dem spielen wir zusammen. WP: Welche anderen Projekte verfolgst Du mit Ondra? PAUL BATTO: Wir machen einiges zusammen, aber ich spiele auch gerne alleine, weil ich dann ganz andere Dinge tun kann. 32 © wasser-prawda Musik Mein Publikum mag mich solo genau so gerne, weil sie meine Stimme lieben und ich mich auf sowas konzentrieren möchte WP: Wie posititionierst Du Dich und Deine Musik? PAUL BATTO: Ich bin ein Singer/Songwriter, ich schreibe zu 90% meine Songs selber. Ich halte mich von Strömungen fern, verkehre kaum mit Bluesmusikern, werde deshalb manchmal als Musikanarchist bezeichnet und halte mich auch fern von Zirkeln. Ich mache halt einfach mein Ding und fühle mich nicht als ein Teil einer Szene. Manche Leute fühlen sich verwirrt, wenn ich mal den Stil wechsle, ich möchte einfach keinem Stil zugehören. Und ich liebe meine Freiheit. WP: Hast Du eine Message, welche Du Deinem Publikum nahebringen möchtest? PAUL BATTO: Ich möchte keine Message rüberbringen, da sie politisch sein könnte und das möchte ich nicht. Ich halte es da wie Randy Newman, der nie einen selbstbeobachtenden Song über sich selbst schrieb. Alles was er geschrieben hat, hatte nichts mit ihm zu tun. Ich erzähle nicht viel und erkläre auch nichts auf der Bühne. Eine sehr introvertierte Art, Musik zu machen. Ich liebe ein Publikum, das gerne zuhört und nicht viel fragt. Ich antworte natürlich und man kann mit dem Publikum arbeiten, aber das ist nicht meine Art. Am Ende des Tages bin ich es, der da auf der Bühne ist und die Leute akzeptieren mich so. WP: Wenn Du einen Wunsch hättest, mit jemanden ein Konzert zu machen – wen würdest Du Dir wünschen? PAUL BATTO: Ich habe da keine Wünsche © wasser-prawda 33 Musik Paul Batto - Lonesome Road Paul Battos neue CD heißt „Lonesome Road“ und enthält 11 Songs aus seiner Feder. Im Gegensatz zur vorherigen CD spielte er diese CD komplett solo ein. Im Gespräch erwähnte er, dass die vorherige zu sehr von den anderen Instrumenten wie einer Lapsteel dominiert war. Das wollte er hier grundlegend ändern. Ein Mikrofon, eine alte Parlorgitarre und seine eindringliche Stimme. Ein Konzept, das auch bei vielen anderen Musikern im Singer/Songwriter-Genre Anklang findet. Die Songs sind bewusst kurz gehalten, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden. Da die Kombination Stimme/akustische Gitarre nicht sehr viel Abwechslung bieten, klingen einige Songs sehr ähnlich ohne eine Spannung aufzubauen. Wesentlich interessanter sind die Stücke, in den Paul Batto das Tempo erhöht oder abwechslungsreiche Rhythmen spielt. Ein solcher Titel ist “Hey, Hey here comes a new day”. Auch ungewöhnliche Einflüsse wie spanische Melodien lassen den Zuhörer aufhorchen. In „Storm’s comin‘“ blitzt er dann wieder durch, der Blues von Paul Batto: Coole Stimme, tolles Fingerpicking auf einer ungewöhnlichen Parlorgitarre. Im Titelsong „Lonesome Road“ zeigt Paul Batto, dass er auch ein Könner auf der Resogitarre ist. Trotzdem ist es kein typischer Bluessong, bedient sich lediglich an Fragmenten des Blues und kombiniert sie zu einem typischen Song dieser Solo-CD von Paul Batto. 34 WP: Was weißt Du von München? PAUL BATTO: (Schweigt) - Ist Paulaner aus München? Ich habe ein oder zweimal im Hide Out gespielt. Ich kenne den ehemaligen Music Shop, Aber ich gehe auch nicht auf Großveranstaltungen wie Oktoberfest. WP: Du bist oft in den Niederlanden? PAUL BATTO: Ja, ich bin mehrmals in Jahr für 3 bis 4 Wochen dort. WP: Auf der Facebookseite sind sehr viele holländische Einträge. PAUL BATTO: Ja, ich bin da sehr beliebt. Ich wollte erst gar nichts auf Facebook machen, aber ich kann ja nicht mal meine eigene Webseite pflegen, daher habe ich angefangen, mehr auf Facebook zu machen, um schnell Dinge zu posten. Ja, Holland und Belgien sind sehr interessant für mich. Als ich in die Tschechische Republik gezogen bin, habe ich erst gar nicht viel da gemacht. Aber seit drei Jahren machen wir immer eine schöne Tour durch die Republik. Wir haben immer gute 100 Besucher in den Kulturhäusern und Theater, die es hier immer noch gibt. Ich spiele nie in Pubs, sofern mich keiner wirklich dazu einlädt. Es ist für den Künstler nicht sehr einladend, wenn die Gäste eigentlich nur wegen der Getränke aber nicht wegen des Künstlers kommen. WP: Was möchtest Du gefragt werden? PAUL BATTO: Hm, was möchte ich gefragt werden? Frag mich das nächste Mal, ob wir zusammen Abendessen. © wasser-prawda Musik © wasser-prawda 35 Musik Bob Hite (1943-1981) Einige werden sicher fragen Bob Wer? Die eingefleischten Blueskenner wissen natürlich sofort, wer da gemeint ist. Bob Hite – Gründungsmitglied von Canned Heat. Eine Biographie von Matthias Schneider. Literaturempfehlung So ziemlich der letzte Überlebende der klassischen Besetzung von Canned Heat ist Schlagzeuger Fito de la Parra (seit 1970 dabei). seine Autobiographie „Living The Blues“ ist unbedingt empfehlensewrt. Die deutsche Ausgabe erschien bereits 2001. Fito de la Parra: Living The Blues. Canned Heat‘s Story zwischen Musik, Drogen, Tod, Sex und Überleben Big Beat Musikverlag Lindenwerra 2001 ISBN 3-00-007020-6 Wegen seines massigen Körpers nannte man ihn „The Bear“. Geboren wurde Bob Hite am 26. Februar 1945 im Stadtteil Torrance von Los Angeles. Seine Mutter war Sängerin und sein Vater hatte in einer Band in Pennsylvania gespielt. Schon mit neun Jahren fing seine große Leidenschaft als Plattensammler an. Er sammelte sämtliche Platten aus Jukeboxen, die er bekommen konnte. Später eröffnete er sogar einen eigenen Plattenladen und gab das Magazin „Rhythm & Blues Collector“ heraus. Bis 1973 hatte er über 70.000 Schallplatten gesammelt. Er soll oft in Plattenläden sämtliche Kopien einer Platte aufgekauft und sie bis auf ein Exemplar vernichtet haben, um den Wert seiner Sammlung zu erhöhen. Nach seinem Tod 1981 wurde die Sammlung zerschlagen, er hatte aber vorher schon aufgrund finanzieller Probleme große Teile verkaufen müssen. Einen Großteil seiner Sammlung besitzen heute Fito DeLaParra und Walter De Paduwa. Dieser veröffentlichte 2007 in Zusammenarbeit mit Adolfo „Fito“ De La Parra einige Aufnahmen aus der Sammlung auf dem Sampler Rarities From The Bob Hite Vaults.“1 Die Leidenschaft für klassischen Blues und Rhythm & Blues spielte auch eine große Rolle für sein Leben als Musiker. 1965 gründete Bob mit Alan Wilson und Henry Vestine Canned Heat. Hite kam auf den Namen, da eine seiner Schallplatten aus dem Jahr 1928 von Tommy Johnson einen gleichnamigen Bluessong enthielt. Der Name ist eine Anspielung auf gelierten Brennspiritus, der in verdünnter Form oft als billiger Schnapsersatz missbraucht wurde. Zunächst wollte man eine traditionelle Jugband sein, bei der Alan Wilson die Slide-Gitarre spielte. Bei Canned Heat übernahm Hite neben Wilson den Gesang und spielte ebensfalls Mundharmonika. Gerade der Kontrast zwischen Hites tiefer und rauher Stimme und Wilsons einzigartig hoher Gesang trugen zum Erfolg der Band bei. Auch das Harpspiel der beiden war jeweils einzigartig und führte zu reizvollen Kontrasten. Über die Kreise der Bluessammler hinaus wurde die Band vor allem durch ihre Auftritte bei den beiden legendären Festivals in Montery und Woodstock bekannt. Canned Heat war auch die Band, die damals unsere Hymne „Going up the Country“ spielte, ein Titel entstanden nach dem Bull Doze Blues von Henry Thomas , ein Titel der unseren Sehnsüchten in der damaligen DDR entsprach. „I‘m going to leave the city got to get away I ‚m going to leave the city got to get away All this fussing and fighting Man, you know I sure can‘t stay. „Ich Werde die Stadt verlassen, ich muss hier fort All diese Aufregung und dieser Kampf Mensch, mir ist klar, dass ich mit Sicherheit nicht bleiben kann.“ 1 36 http://fakten-uber.de/bob_hite © wasser-prawda Musik „Neben seiner Rolle als Musiker (co-)produzierte Hite auch Alben von Canned Heat und anderen Interpreten. Über seine Sammlerleidenschaft traf er 1969 Albert Collins und half ihm, seine Karriere aufzuwerten. Collins widmete ihm daraufhin die Single „Love Can Be Found Anywhere“, dessen Namen aus dem von Hite geschriebenen Song „Fried Hockey Boogie“ stammt. 1968 war er Co-Produzent des Albums „Slim‘s Got His Thing Going On“ von Sunnyland Slim, an dem er neben Alan Wilson auch musikalisch mitwirkte. Als Gage erhielt er ein Piano, welches bei dem Song „Turpentine Moan“ auf dem Album Boogie With Canned Heat zu hören ist. Im selben Jahr produzierte er zusammen mit Skip Taylor das Album „Hooker ’n Heat“, das Canned Heat mit ihrem großen Idol John Lee Hooker aufnahmen. Das Album „Hooker ´n Heat“ ist sicherlich eines der wichtigsten und besten Alben der Bluesgeschichte und Bob hatte einen riesigen Anteil am Erfolg des Albums. Daneben wirkte und produzierte er mit Musikern wie Little Richard, Clarence Gatemouth Brown, Memphis Slim und Ronnie Barron. Nach dem Tod seines Mitstreiters und Bandgründers Alan Wilson im September 1970 ließ der Erfolg der Gruppe rapide nach und Hite verfiel mehr und mehr harten Drogen. Canned Heat ist die Band, die wahrscheinlich die meisten Mitgliederwechsel zu verzeichnen hat, aber auch die meisten verstorbenen Bandmitglieder und das nicht wegen des hohen Alters. Sex and Drugs and Rock and Roll gehörten genau so zu der Band wie guter Blues. Sie hetzten nicht nur von Konzert zu Konzert sondern auch von Vollrausch zu Vollrausch. Ein Wunder, dass da überhaupt noch jemand lebt.2 Bob Hite hat es jedenfalls nicht geschaff t. Die Drogenexzesse verbunden mit Alkoholkonsum waren wahrscheinlich die Ursache für Bobs Gesundheitszustand. „Am 5. April 1981 spielten Canned Heat im Palmino Club in Los Angeles unter anderem mit Henry Vestine einen laut ihrem Schlagzeuger Adolfo „Fito“ De La Parra sehr guten Gig, was zu dieser Zeit für die Band nicht selbstverständlich war, da sie aufgrund enormer Drogenprobleme und oft wechselnden Besetzungen viele Reinfälle erlebte. In der Pause zwischen den beiden Sets boten ein paar Junkies Hite Heroin an, welches dieser sofort komplett inhalierte. Von dem Heroin völlig weggetreten war Hite nicht mehr in der Lage, das zweite Set zu singen. Um ihn wieder auf die Beine zu bekommen, gaben ihm ein paar Roadies der Band etwas Kokain, doch das knockte ihn völlig aus und die Band musste ohne ihn weiter spielen. Sie kümmerte sich nicht weiter um ihn, da sie so was öfters mit ihm erlebten. Während des zweiten Sets brachten ihn Freunde nach Hause, wo er einen Herzanfall hatte. Als nach langer Wartezeit endlich der Krankenwagen eintraf konnte er zwar noch einmal reanimiert werden doch der stark übergewichtige Hite verstarb einige Minuten darauf. Seine letzte Aufnahme war das Lied „Hell‘s just on down the line“ für das Album „Kings of the Boogie“, das ohne ihn fertiggestellt wurde. Zu seinem Gedenken brachte der ehemalige Canned HeatBassist Tony De La Barreda ein 1980 aufgenommenes, auf Hites ausdrücklichen Wunsch unveröffentlicht gebliebenes Album mit dem Titel „In Memory of Bob „The Bear“ Hite - Don‘t forget to boogie“ heraus. Bis dato hatte er jedes Konzert mit den Worten „Don‘t forget to boogie“ beendet.“3 2 3 http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/231218 http://de.wikipedia.org/wiki/Bob_Hite © wasser-prawda 37 Musik Blueskalender 1. April 1895: Alberta Hunter * 1897: Lucille Bogan * 1927: Amos Milburn * 2, April 1952: Alex Conti * 3. April Lucille Bogan 1932: 1958: 1970: 2001: Leopold von Knobelsdorff * Adam Gussow * Rusty Zinn * Big Daddy Kinsey + 1896: 1913: 1913: 1929: 1952: 1960: 4. April Marion Harris * Cecil Gant * Muddy Waters * John Dee Holeman * Gary Moore * Sylvester Weaver + 5. April 1950: Paul Oscher * 6. April Big Walter Horton 1919: 1955: 1960: 1981: Big Walter Horton * Blind Mississippi Morris * Warren Haynes * Bob Hite + 7. April 1915: Billie Holiday * 8. April 1908: Tommy McClennan * 1944: Keef Hartley * 1960: Andreas „Andi“ Hofmann * 9. April 1895: Mance Lipscomb * 1997: Yank Rachell + 10. April Billie Holiday 38 1922: John Brim * 1928: Rosco Gordon * 1936: Bobby Smith * © wasser-prawda Musik 1958: Chuck Willis + 1979: Shemekia Copeland * 2013: Jimmy Dawkins + 11. April 1936: Buddy Ace * 1939: Luther Johnson * 12. April 1915: 1921: 1945: 1945: 1954: Shemekia Copeland Hound Dog Taylor * Shakey Jake Harris * Miller Anderson * Ann Rabson * Pat Travers * 13. April 1944: Jack Casady * 2005: Johnnie Johnson + 14. April 1954: Lil Green + 1992: Sammy Price + 15. April 1894: Bessie Smith * 1936: Frank Frost * 1955: Tommy Castro Hound Dog Taylor 16. April 1931: John Littlejohn * 1937: Artie „Blues Boy“ White * 1954: Texas Alexander + 17. April 1901: Clifford Gibson * 2003: Earl King + 18. April 1906: Little Brother Montgomery * 1924: Clarence Gatemouth Brown * 19. April 1898: 1928: 1985: 1994: Peter Clayton * Alexis Korner * Willie Mabon + Larry Davis + Earl King 20. April 1958: Gary Primich * 1992: Johnny Shines + 2013: Artie „Blues Boy“ White + © wasser-prawda 39 Musik 21. April 1943: Albert Lee * 1970: Earl Hooker + 2003: Nina Simone + 22. April 1919: 1922: 1950: 1975: Bull Moose Jackson * George „Harmonica“ Smith * Peter Frampton * Walter Vinson + 23. April 1894: Cow Cow Davenport * 1944: Marion Harris + 24. April Nina Simone 1970: Otis Spann + 2013: Bob Brozman + 25. April 1913: Earl Bostic * 1923: Albert King * 1965: Pau Luboš Andršt l Lassey 26. April 1886: 1915: 1926: 1948: Ma Rainey * Johnny Shines * J.B. Hutto * Luboš Andršt * 27. April 28. April Ma Rainey 1891: 1940: 1952: 1974: Charley Patton * Phil Guy * Chuck Leavell * Gary Pushkin (Igor Vedeneev) * 29. April 1927: 1935: 1935: 1937: 1967: Big Jay McNeely * Leroy Carr + Otis Rush * Lefty Dizz * J.B. Lenoir + 30. April 1896: Gary Davis * 1931: Jimmie Lee Robinson * 1983: Muddy Waters + 40 © wasser-prawda Musik Leroy Carr © wasser-prawda 41 Platte Des Monats Ursula Ricks - My Street Ursula Ricks legt mit „My Street“ ein Debutalbum vor, das mich gleich beim ersten Hören gepackt hat. Ich haƩe bislang nichts von oder über Ursula Ricks gehört und dachte, es handele sich um eine weitere talenƟerte Musikerin aus dem scheinbar unerschöpflichen Topf guter US-Musiker. I nzwischen höre ich die CD regelmäßig und bin überzeugt, daß Ursula das Zeug hat, eine der anerkannt großen Bluessängerinnen zu werden – schade, dass es so lang gedauert hat, bis sie sich mit einem Album gemeldet hat. Ursula stammt aus Baltimore, ist glückliche Großmutter und sagt, daß sie das Album im Gedenken an ihre vor neun Jahren verstorbene Mutter Malagash Yemariamfere aufgenommen habe – sie war als großartige Sängerin und Songschreiberin bekannt, habe dies aber niemals nach Außen getragen. Malagash wird sich freuen, daß ihre stimmgewaltige Tochter dies nun nachholt. Auf dem Album finden sich acht Eigenkompositionen und zwei Coversongs. 42 © wasser-prawda Platte Des Monats Der Opener „Tobacco Road“ ist an Intensität schwer zu übertreffen, die übrigen Songs beschäftigen sich dezidiert mit den Zuständen in und auf Ursulas Straße. Der Text des Titelsongs beschreibt eine durch Drogenhandel und Bandenkriminalität geprägte Straße, an deren Himmel die Polizei mit Hubschraubern patroulliert. Da sie für sich und ihre Kinder keine Alternativen sieht, fühlt sich eine Mutter gezwungen eine schmerzhafte Entscheidung zu treffen und zurück in ihre angestammte Heimat zu fliehen. Sie hoff t, dort das Überleben ihrer Familie sichern zu können. Es lohnt sich, zuzuhören, was Ursula erzählt. Das Album wurde mit der Severin Hausband (u.a. Johnny Moeller - Fabulous Thunderbirds) gekonnt eingespielt. Ursula Ricks setzt ihre ausdrucksstarke Stimme in das rechte Licht – mal heiser, mal hart – eine echte Diva! Stilistisch bewegt sie sich zwischen Blues, Soul, Funk, vielleicht auch ein wenig Reggae und Rap. Das ist die Mischung ihrer Straße, die sie perfekt adaptiert. Ich hoffe sehr, daß Ursula weitere Alben einspielen wird – besonders würde ich mich über einen Live-Mittschnitt aus einem Club freuen. Vielleicht kommt sie ja auch einmal über den Teich und wir haben das Glück, sie im Konzert zu erleben? (Severn/ in-akustik) Bermd Kreikmann © wasser-prawda 43 Platten Frauen im Blues, Folk, Jazz und Soul „Hottest Blues Chick“, „Girls With Guitars“ - Stereotype wie diese und und sexuell aufreizende Plattencover haben die Künstlerinnen im Blues heutzutage eigentlich nicht nötig. Jedenfalls dann nicht, wenn es nur nach der künstlerischen Qualität ginge. Aber im Musikgeschäft zählen ja leider oft andere Maßstäbe. Aber warum eigentlich? Zwischen Bluesrock und klassischem Rhythm & Blues, Country , Folk und akustischer Musik reichen die Alben, die wir allein in den letzten Wochen auf den Tisch bekamen. Adrianna Marie - Double Crossing Blues Wie eine Zeitreise in die Hochzeit des klassischen Rhythm & Blues kommt einem das Debüt von Adrianna Marie vor. „Double Crossing Blues“ erinnert an die späten 40er Jahre mehr als an die Zeiten des elektrischen Blues etwa einer Koko Taylor. Die Musik swingt, die Stimme erinnert an Dinah Washington oder Helen Humes - man könnte sich in einen verrauchten Nachtclub irgendwann kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs versetzt fühlen. Doch dann knallt einem eine Gitarrenlinie in die Ohren, die eindeutig vom späteren Albert King inspiriert ist. Adrianna Marie und ihre Groovecutters haben sich für das Album eindeutig an den Sounds der späten Bigbands orientiert. Doch auch wenn sie Klassiker von Helen Humes, Louis Jordan oder Big Maybelle interpretieren, kommen sie nicht umhin ihre eigenen Biographien in den Sound einzubringen. Und so hört man Anklänge an Rockabilly und Country ebenso wie an den elektrischen Blues der 50er in Chicagoer Clubs, eine deftig röhrende Bluesharp inklusive. Als Sängerin ist Adrianna Marie heutzutage allerdings ziemlich einzigartig: Statt sich wie viele um die Nachfolge von Koko Taylor zu bemühen, ist sie in jedem Moment elegant, sophisticated und reserviert. Ebenso wie man es von einer eleganten Nachtclubsängerin in den 40er Jahren erwarten würde. So ist „Double Crossing Blues“ eine wunderbar tanzbare musikalische Zeitreise geworden. Die Nominierung für einen Blues Music Award für das beste Debüt 2014 ist absolut verständlich. Raimund Nitzsche Alexx & The Mooonshiners - En AnimaƟon Eine Live-DVD der besonderen Art haben Alexx & The Moonshiners aus Frankreich veröffentlicht. Mitgeschnitten wurde dafür ein Auftritt der Bluesrocker beim Festival Grésiblues. Dabei spielen die drei Moonshiners und ihre wie ein Wirbelwind agierende Sängerin nicht nur Songs von ihrem letzten Studioalbum Mooonset, Mooonrise sondern auch Stücke von AC/DC, den Sex Pistols und Willie Dixon. Das macht riesigen Spaß und selbst „Anarchy In The UK“ ist eigentlich Bluesrock! Alexx ist eine Entertainerin par excellence - in Deutschland würde man hier wohl am besten Jessy Martens als Vergleich heranziehen. (Das betriff t natürlich nicht die jeweiligen Stimmen - hier sind die beiden Sän44 © wasser-prawda Platten gerinnen ziemlich verschieden.) Und wenn Alexx dann zeitweise eine riesige Puppe ansingt, wird es noch unterhaltsamer als die großartig dahinstürmende Musik allein es schaffen könnte. Das Besondere an dieser Veröffentlichung? Die DVD wird nicht verkauft, sondern an die Käufer anderer Alben der Band als Geschenk verschickt. Eine gute PR-Aktion - wer aber die Scheibe unbedingt haben will, dafür werde man schon eine Entschuldigung finden, meint die Band auf ihrer Homepage. Aber eigentlich kann man nur empfehlen, eines der anderen vier Alben der Truppe zu bestellen und sich auf eine gute Live-DVD als Geschenk zu freuen. Nathan Nörgel ChrisƟna Skjolberg - Come And Get It Zur Zeit ist die norwegische Gitarristin Christina Skjolberg weltweit mit Rufs Blues Caravan unterwegs, teilt sich die Bühne unter anderem mit Albert Castiglia. Ruf Records kündigt sie als „Norwegens am besten gehütetes Geheimnis“ an. „Come And Get It“ ist ihr erstes Studioalbum beim rührigen Label von Thomas Ruf. Los gehts funky - und das nicht zu knapp: Trockene Gitarrenakkorde, dezente Keyboarduntermalung und eine druckvolle Rhythmusgruppe bilden die Grundlage für den Titelsong. Jetzt würde nur noch eine richtig soulige Stimme fehlen. Doch genau das ist die Schwäche von Skjolberg. Ihre Gitarre spielt sie auch in den Solos sehr gut. Doch als Sängerin ist sie noch zu jung oder zu wenig trainiert, wirkt daher zu bemüht. Und das betrifft leider nicht nur den Opener sondern zieht sich für meine Ohren durch das ansonsten wirklich hörenswerte Album. Musikalisch bleibts nicht nur funkig, meist wird recht amtlich gerockt. Und hier macht sich die Besetzung der Band positiv bemerkbar: zwischen Gitarre und Keyboards ergeben sich so immer wieder reizvolle Kontraste. Ich warte mal ab, was in den nächsten Jahren von dieser Musikerin noch weiter zu hören sein wird. Raimund Nitzsche Electric Blue - Born In Sin In Israel hätte man jede Menge Grund, den Blues zu singen, meinte Eleanor Tsaig, Sängerin und Songwriterin der Ori Naftaly Band letztens. Und es ist nicht zu überhören, dass von dort immer mehr guter Blues bis nach Europa dringt. Neuestes Beispiel ist Electric Blue mit ihrem Album „Born In Sin“. Mancherorts wird schon von der besten Bluesband Israels gesprochen - das liegt vielleicht auch daran, dass Ori Naftaly und Eleanor Tsaig mittlerweile einen großen Teil des Jahres auf Tour in den USA verbringen. Electric Blue könnte da in Israel die Lücke füllen, hat die Band doch mit Noa Hellinger eine großartige Sängerin und Mor Benda spielt eine tolle Gitarre zwischen klassischem Blues und treibendem Bluesrock. Hinzu kommt eine prägnante Harp von Ofir Venrura und eine immer präzise und druckvolle Rhythmusgruppe (Itai Rosenzweig - b, Ofer „Soli“ Solomon - dr). Schon der Titelsong, mit dem das Album beginnt, haut voll rein: Die Stimme von Noa Hellinger packt einen von Anfang an, der Bass sorgt mit melodischen Läufen dafür, dass der Rhythmus gleich ins Blut geht. Und die Harp von Ofir Ventura (die auch schon mit der Band von Ori Naftaly zu hören war), ist das gewisse Extra, was aus der Nummer einen echten Bluesohrwurm macht. © wasser-prawda 45 Platten Mit „Texas Steel“ folgt der erste von einigen längeren Jams des Albums: fast acht Minuten geben sowohl Gitarre als auch Harp genügend Zeit für einprägsame Solos. „Black Joe“ ist punkiger Girl-Group-Blues (wenn es denn so ein Genre überhaupt gibt). Man könnte auch sagen; Hier wird rotzig losgerockt und die Band klingt mehr nach den Blackhearts als nach den Fabulous Thunderbirds. Rotzig, frech - und ziemlich einzigartig. Auch bei „Color Blue“ geht es wieder in Richtung des harten Bluesrock: ein erbarmungsloses Riff irgendwo zwischen den frühen Black Sabbath und Led Zeppelin treibt die Sängerin vor sich her. Und wenn die verzertte Gitarre dann zu ihrem Solo ansetzt, ist man vollkommen im Bluesrock der frühen 70er Jahre gelandet. Nur dass damals nur ganz wenige Frauen in der Ecke zu hören waren. Andere Songs des Albums sind da wesentlich traditioneller - leider auch manchmal zu lang um zu überzeugen. Aber das ist der einzige Schwachpunkt eines ansonsten toll rockenden Bluesalbums. Und eines ist klar: Die Ori Naftaly Band hat wirklich ernstzunehmende Konkurrenz in ihrer Heimat! Raimund Nitzsche Gisela Novais & The Blue Summers - The Perfect One Elegant und spritzig, geeignet für Cocktail-Parties ebenso wie für‘s Jazzfestival, für James-Bond-Soundtracks wie für Tanzbars mit Stil: Gisela Novais & The Blue Summers sind Retro-Soul in italienischer Eleganz. In der Stimme von Sängerin Novais und den Instrumenten hört man immer auch die Liebe zu den swingenden Rhythm&Blues-Sounds der 40er und 50er Jahre. Es dauert eine Weile, bis diese Musik wirklich mal sämtliche Handbremsen löst. Aber spätestens beim heftig dahin rockenden „Don‘t Wanna Hear“ sind die letzten Hemmungen auch beim kritischen Hörer gefallen. „The Perfect One“ ist zeitweise so verdammt schön und makellos, dass man unwillkürlich nach der Made sucht. Aber genau das ist die falsche Einstellung zu dieser retroseligen Mixtur aus Soul, Jazz, Rock&Roll und Blues. Die Band empfiehlt ihre Musik als Untermalung zu Serien wie „Mad Men“. Und ein Kritiker meinte, das wäre Musik wie ein trockener Martini. Beides stimmt so ziemlich. Hier ist kein Dreck zu finden. Der Glanz der Produktion gehört hier ebenso her wie das Fehlen irgendwelcher präpubertärer Rockfantasien. Die große Kunst ist es, dass dabei noch so viel echter Soul in dieser Musik steckt: „The Perfect One“ ist wirklich verdammt nah dran an einem perfekten Album. Ich suche jetzt noch ne Bar, wo eine solche Band zum Tanz aufspielt. Nathan Nörgel Heavy Chevy Band - Open Up Eine Sängerin irgendwo zwischen Etta James und Adele, ein Saxophon wie aus den besten Zeiten von Clarence Clemmons und dazu eine Gitarre, die Texasbluesrock a la Stevie Ray Vaughan ebenso spielt wie rockenden Chicagoblues oder Motown-Funk. Die Heavy Chevy Band aus Eugene (Oregon) liefern auf ihrem Album „Open Up“ eine wilde Stilmixtur zwischen Soulblues und Bluegrass, Zydeco und Delta Blues ab und bieten damit den Soundtrack für eine wilde Party. Den Anfang macht dabei der deftige Funk von „Secrets“. „Little Miss Lonely“ ist im Anfang ein wundervoller langsamer Blues, der 46 © wasser-prawda Platten ganz von Darcy Lee‘s Stimme und der singenden Slide-Gitarre von Brian Chevallier lebt, bis dann Drums und auch das Saxohpon sich melden und sich der Song in immer heftigere Spannung hineinsteigert. Ganz und gar Old-School-Blues ist dagegen „Lonesome Cry“ mit Waschbrett, Harp und akustischer Slide-Gitarre. So geht es weiter über Rock & Roll mit Anklängen an die Riffs der frühen Stones, Texas-Shuffle (Borrow Another Dollar mit einer an Johnny Winter erinnernden Gitarre) bis hin zur Soul-Blues-Ballade „Weep“. Beim Titelsong zum Schluss kommen dann fast alle Zutaten nochmals zusammen. Äußerst unterhaltsam und abwechslungsreich wie wenige Bluesalben in den letzten Wochen! (cdbaby) Nathan Nörgel JJ Thames - Tell You What I Know Ehrlich, entwaffnend und voller Soul: Zwischen Southern Soul, Gospel, Blues und Funk spielt die Musik von JJ Thames. Gospel, Anklänge an afrikanische Gesangsstile, nur eine Trommel untermalt die Sängerin: „Souled Out“ wird von JJ Thames gepredigt mit der Intensität des Gottesdienstes und der Dringlichkeit einer gequälten Seele: Ich muss diese Geschichte einfach erzählen, bevor ich sterbe. Ein Lied, das in zweieinhalb Minuten all das rüberbringt, worum es im Blues eigentlich geht. Bei „Hey You“ ist man mitten drin im Country Blues - doch auch hier die Sängerin fernab von den heut üblichen Klischees. Sie fordert den Respekt ein, der ihr als Frau gebührt in einer Welt, wo sich selbst die Priester nicht zu schade sind, sich wie Zuhälter aufzuführen. Weiter geht das Album mit Funk, Balladen, mit Ausflügen nach Memphis, New York und zurück zum Mississippi. Aber immer sind es die Lieder einer starken Frau, die sich weigert den üblichen Klischees zu entsprechen, die Liebe dort findet, wo man nicht nach dem Äußeren entscheidet, die Sympathie eher mit den Arbeitern als den Glamourgrößen hat. Begonnen hat Thames in den 90ern mit Kollegen wie Bobby Blue Bland, Willie Clayton und anderen. Später gehörte sie auch noch als Backgroundsängerin zur Reggae-Rock-Band Outlaw Nation. So tourte sie mit Bands wie Fishbone oder The Beat, den Bad Brains oder Slightly Stoopid durch die Welt. Jetzt ist sie aber wieder ganz bei ihrer ersten Liebe, dem Blues und Soul angekommen. Ein umwerfend gutes Album von einer faszinierenden Sängerin. So geht Blues heute! Raimund Nitzsche Kerri Powers - Kerri Powers Eine rauchige Stimme, zugleich verletzlich und voller Kraft - viel mehr braucht es eigentlich nicht, um die Lieder von Songwriterin Kerri Powers zum Leben zu erwecken. Ihr selbst betiteltes Album erinnert zeitweise an Neil Young, ist Country, Blues und manchmal traumhafter Folk. In letzter Zeit haben es Songwriterinnen und Songwriter immer schwerer, zu mir durchzudringen. Viele Geschichten, die da erzählt werden, plätschern mit ihren Gitarren an mir vorbei. Kerri Powers‘ Lieder hingegen packen mich komischerweise sofort. Oder vielleicht gar nicht so komischerweise. Denn die Songs werden klanglich so abwechslungsreich dargeboten, wie es die Geschichten © wasser-prawda 47 Platten brauchen: Mundharmonikas spielen, die Steel-Gitarre singt, der Rhythmus bleibt immer dezent. Ihre Geschichte über ein altes Hemd geht ins Ohr - und auch wenn sie an alten Neil Young erinnert ist sie völlig eigenständig. Und der Opener der Scheibe „Tallulah Send a Car for Me“ ist einfach großartig - manche fühlten sich dabei gar an Lieder von Lucinda Williams erinnert. Das Herz blutet bei „Train in The Night“, doch von aufgeben ist keine Spur zu hören, auch nicht von Selbstmitleid. Das sind wirklich Lieder, denen man endlos zuhören könnte. Und „Buttercup“ ist das Beste in der Sammlung. Raimund Nitzsche Malaya Blue - Bourbon Street Malaya Blue kommt eigentlich vom Gospel her. Doch auf ihrem aktuellen Album „Bourbon Street“ vermischt die Songwriterin Blues, Jazz und Popsounds der 60er zu Popsounds, die auch Fans von Katie Melua oder Jamie Cullum gefallen können. Das britische Label Mad Ears Production hat in den letzten Jahren solch bemerkenswerte Acts wie Mockingbird Hill und Mick Simpson veröffentlicht. Bei ersteren hatte man Malaya Blue auch schon als Backgroundsängerin hören können. Doch bei dem von Andy Littlewood produzierten eigenen Album geht es weniger rootsmäßig zur Sache sondern immer soulful und popaffin: Stücke wie der jazzige Titelsong oder der 60s Pop von „Bitter Moon“ sind der richtige Rahmen für ihre (man verzeihe mir die Phrase) schöne Stimme. Insgesamt fehlt mir auf Albumlänge ein wenig Biss, könnte ich etwas weniger Politur vertragen. Aber insgesamt ist das ein Album so richtig für ruhige Stunden beim Rotwein. Nathan Nörgel Naomi Wachira - Naomi Wachira In der Musik von Naomi Wachira triff t der amerikanische Folk und Blues auf die Musik Kenias. Beim Hören ihres selbstbetitelten Debüts kann man sich sowohl an Tracy Chapman als auch an Miriam Makeba erinnert fühlen. Ich weiß nicht, wann ein aktuelles Folkalbum mich in der letzten Zeit von der ersten Note an so gefangenen genommen hat: Eine Stimme voller Wärme und Zuversicht, begleitet von Bass, Cello, Schlagzeug und Percussion. Hinzu kommen ab und zu noch unterstützende oder antwortende Chöre. Naomi Wachira schreibt Lieder, die zwar die gesellschaftlichen Realitäten reflektieren und kritisieren. Doch tut sie das nie mit einer vordergründig revolutionären Pose sondern mit der Intensität einer Predigerin, mit der Liebe, die das Gegenüber überzeugen will. Hier singt eine starke Frau, die es doch niemals nötig hat, als kratzbürstige Emanze ihre innere Schönheit zu verstecken. Die Pfarrerstochter, geboren in Kenia und schon als Kind mit der Familienband unterwegs, ist inzwischen in Seattle heimisch geworden. 2013 wurde sie zu Seattles bester Folksängerin gewählt. Ihr von Damien Jurad produziertes Album zählt schon jetzt zu den schönsten Folkalben 2014. Raimund Nitzsche Rachelle Coba - Mother Blues Als Teenager brachte Buddy Guy sie zum Blues. Und auch wenn Gitarristin und Sängerin Rachelle Coba schon einige Jahre in der Bluesszene der Vereinigten Staaten unterwegs ist, hat sie doch erst 48 © wasser-prawda Platten jetzt mit „Mother Blues“ ihr Debütalbum als Solistin veröffentlicht. Was sind heute noch Themen für neue Bluessongs? Rachelle Coba singt vom Loch in ihrer Seele, dass dadurch vorhanden ist, weil sie es noch nie geschaff t hat, nach Memphis zu kommen. Sie singt davon, dass ihr einfach die Zeit fehlt, sich in den Mann, der sie anbetet, zu verlieben. Sie ist desillusioniert davon, das Chicago doch nicht das vielbesungene „Sweet Home“ ist - jedenfalls nicht für sie. Doch wo auch immer die Probleme liegen: Der Blues ist die große Mutter, die niemals stirbt. Nein, sie lässt sich nicht aufhalten. Als Gitarristin hat Rachelle Coba schon diverse Jobs gehabt: als Bandleaderin etwa für Matt „Guitar“ Murphy. Jetzt hat sie die Chance ergriffen, ihre eigene Stimme als Sängerin und auch mit ihrem ganz eigenen Gitarrenstil zu suchen. „Mother Blues“ ist ein verheißungsvoller Start - ein hörenswertes Album mit guten Songs. Und wenn Manager behaupten würden, hier fehlte der ganz große Hit: Diese ruhige Scheibe schleicht sich langsam aber sicher in die Gehörgänge. Nathan Nörgel Tangled Eye - Dream Wall Rauh und heftig kommt der Bluesrock von Tangled Eye aus den Niederlanden daher. Und immer wieder ist der Sound des Trios (Dede Priest - voc,v, Jan Mittendorp - g, Jasper Mortier - dr) überraschend. Es passiert selten, dass wie im Blues elektrische Gitarre und Violine aufeinandertreffen. Jan Mittendorp kennt man als Bluesfan bislang aus zwei Kontexten. Einerseits ist er Chef des Labels Black + Tan. Und außerdem veröffentlicht er selbst unter dem Künstlernamen MiXendop eigene Remixe von Bluestiteln, die den rauhen Juke Joint Blues mit aktuellen elektronischen Dancegrooves vereinen. Beim Trio Tangled Eye ist er Gitarrist und spielt dabei Basslinien, Riffs und Melodie gleichzeitig. Dede Priest, studierte Philosophin und ausgebildete klassische Geigerin, stand schon mit Leuten wie Harry Belafonte, Tommy Shannon oder Clarence Gatemouth Brown auf der Bühne. Doch erst jetzt fand sie die Möglichkeit, Geige und Stimme gleichzeitig einzusetzen. Und Jasper Mortier war seit Jahren eigentlich als Bassist für zahllose in Europa tourende Musiker unterwegs, bevor er sich für Tangled Eye ans Schlagzeug setzte. Volles Risiko könnte man das nennen, was die drei Musikerinnen hier eingehen. Das Ergebnis ist absolut empfehlenswert. Blues und Rock treffen hier gleichberechtigt aufeinander. Spannungsbögen bauen sich in den Songs auf, die an die frühen Zeiten der Psychedelic erinnern. Und der Gesang von Priest bringt noch Gospel und Soul in die Mixtur, die die komplett von der Band selbst verfassten Songs auszeichnet. Eine echte Neuentdeckung ist diese Band, die im Sommer auch beim Bluewave Festival auf der Insel Rügen auftreten wird. (Black + Tan Records) Raimund Nitzsche © wasser-prawda 49 Platten Rezensionen A bis Z Andy Twyman - Blues You Haven‘t Heard Before Als One Man Band hat Andy Twyman in seiner britischen Heimat in den letzten Monaten einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Seine Mixtur aus klassischem Blues und heftigem Rock kann man auf seinem aktuellen Album „Blues You Haven‘t Heard Before“ kennenlernen. Um Essen, Trinken, Drogen und ähnliches ging es beim Blues schon immer. Hier allerdings spielen nicht die Gerichte der Südstaaten eine Rolle, sondern Instant-Nudeln. Oder auch Kokain, das heute bei den hippen Clubbesuchern angesagt ist und nicht der gute alte Joint oder gar der schwarzgebrannte Schnaps: Andy Twymans Lieder sind klassischer Blues durch und durch. Seine Geschichten aber spielen in den Pubs und Kneipen von London und Umgebung. Und genau das macht sie zu etwas Bemerkenswertem: Er singt davon, gerne Captain Kirk von der Enterprise zu sein, von Frauen, die sich immer für zu fett halten oder auch von politischen Themen wie der Informationsfreiheit. Dazu stampfen in guter alter One-Man-Band-Tradition die Rhythmen, seine Gitarre klingt wahlweise stoisch wie bei John Lee Hooker oder groovt wie bei Bo Diddley. Und in der Deftigkeit kann man verstehen, wieso manche sich auch an Songs von The Clash erinnert fühlen: Das ist heftiger Kneipenblues, der keine Gefangenen macht. Unbedingt mal reinhören! Nathan Nörgel Bad Temper Joe - SomeƟmes A Sinner Songs über Glauben, Sünde, Frauen und geistige Getränke: Man hört Bad Temper Joe nicht an, dass er aus Ostwestfalen, genauer: aus Bielefeld stammt. Seine Begleitungen auf Lap-Slide-Gitarre und Bluesharp ergänzen die eindrücklich knarzende Stimme des erst 22jährigen Songwriters. Ähnlich wie Hessen (siehe Lüder Krietes Rezension von Maik W. Garthe in diesem Magazin) ist auch Ostwestfalen ein interessanter Brennpunkt der deutschen Bluesentwicklung. Da gibt es den kabarettistischen Brakenbergblues von Mr. Blues und die teils melancholischen, teils humorvollen aber immer klischeefreien Stücke von Greyhound George. Und jetzt muss man auch noch Bad Temper Joe mit auf die Liste nehmen. Denn hier hört man ein wirkliches Talent: Die Slide-Gitarre nimmt Anleihen bei den Ahnen von Blind Willie Johnson bis zu Robert Johnson. Und die Texte - hier beginnt die eigentliche Überraschung des Rezensenten. Hier singt ein junger Mann mit einer Reife vom Glauben und Leiden, von der Suche nach Heimat und der Bösartigkeit der Liebe, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt. Wie meinte Greyhound George, als ich ihn nach seinem Kollegen fragte: Das wir einmal ein Großer! Beim Anhören von „Sometimes A Sinner“ kann ich mich der Einschätzung nur anschließen. (Timezone) Raimund Nitzsche Billy Branch & The Sons Of Blues - Blues Shock Die Sons of Blues hatten ihren ersten Auftritt irgendwann in den 70er Jahren. 1969 hatte Willie Dixon den Bluesharpspieler Billy 50 © wasser-prawda Platten Branch entdeckt. Seit zehn Jahren ist von Branch kein Studioalbum mehr erschienen. Doch alt scheinen weder er noch seine Kollegen geworden zu sein, wenn man ihr neues Album „Blues Shock“ anhört. Der Sound der Harp von Branch ist so typisch Chicago, wie überhaupt nur denkbar. Doch was die Sons of Blues hier angerichtet haben, ist ein äußerst abwechslungsreiches Menü. Da hat man funkige Bluesnummern mit Hornsection (etwa der Opener „Sons of the Blues“), klassisch swingende Shuffles, klassischen Soul („Function at the Junction“), Jazz („Song for my Mother“) und losrockende Tanznummern wie das wundervolle „Baby Let Me Butter Your Corn“. Thematisch geht es natürlich um das Leben der Musiker und Fans in den Clubs, um‘s andere Geschlecht („Dog House“, „Slow Me“) oder auch um die Geschichte des Blues in Chicago selbst. Wunderbar, wie in „Going To See Miss Gerri One More Time“ der langjährigen Nachtclubchefin Gerri Oliver ein musikalisches Denkmal setzt. Schockierend ist diese Scheibe nicht, wie der Titel verspricht. Aber äußerst unterhaltsam und absolut hochklassig gespielt. Eine Empfehlung vor allem für die Fans der Bluesharp. (Blind Pig) Raimund Nitzsche Jens Lysdal - Easy Heart Leichtfüßig, locker und gutgelaunt sind die meisten Stücke auf dem sechsten Album des Dänischen Songwriters Jens Lysdal. „Easy Heart“ ist eine feine Sammlung eingängiger AmericanaSongs, bei denen unter anderem Musiker wie Tim O‘Brien, Greg Leisz mit seiner Pedal-Steel und Schlagzeuger Danny Frankel mitwirkten. Bin ich froh, dass das hier kein typisch skandinavisches Songwriter-Album ist. Denn diese ganze Schwermut wäre mir zur Zeit echt zu heftig. Nein, bei Lysdal entstehen aus Folk, Country, Blues und Ragtime meist wohlgelaunte Lieder voller Anmut. Sie geben Lysdal den Raum, seine Virtuosität auf akustischen und elektrischen Gitarren zu zelebrieren und mit seiner einschmeichelnden Stimme ohne Umweg direkt aufs Herz der Hörer zu zielen. Highlights der Scheibe sind neben dem Titelsong und dem tollen Gitarren-Duell des „Congress Rag“ (mit Tim O‘Brien) der melancholische Walzer „I Should Have Danced“ und „It Happens To Me Sometimes“. Und für die Freunde großartiger Slide-Gitarren sei auch noch der letzte der neun Songs, das Instrumental „Sliding (in and out of reality)“ erwähnt, das von der Atmosphäre her dann sogar noch an Ry Cooder gemahnt. „Easy Heart“ ist mehr als ein Geheimtipp für Freunde guten Songwritings. Nathan Nörgel Joe Louis Walker - Hornet‘s Nest Ein Hornissennest ist wirklich nicht angenehm, wenn man hineingreift oder ihm versehentlich zu nahe kommt. Bei Joe Louis Walker wird das Hornissennest zu einem Bild einer von Eifersucht zerstörten Liebesbeziehung. Und seine Gitarre singt nicht, sie schreit die Qualen förmlich heraus zu bombastischen Rhythmen und treibenden Bläsern. Joe Louis Walker setzt mit dem Titelsong ungefähr dort fort, wo er mit seinem letzten Album „Hellfire“ 2012 aufgehört hatte. © wasser-prawda 51 Platten Mit „Hellfire“ und der längs überfälligen Aufnahme in die Blues Hall of Fame gelang es Joe Louis Walker endlich, den Status als ewiger Kritikerliebling und Geheimtipp loszuwerden. Endlich nahm man den Gitarristen wahr als das, was er seit Jahren schon ist: einer der innovativsten und kreativsten Gitarristen, die die Bluesszene zur Zeit kennt. „Hornet‘s Nest“ wurde wieder in Nashville aufgenommen mit Produzent/Songwriter Tam Hambridge und der gleichen Studioband wie der Vorgänger. Und wie der knallt auch dieses Album von der ersten Note an voll rein. Nicht nur der Titelsong sondern auch die anderen elf Songs spielen auf allerhöchstem Niveau. Mal werden sie etwas poppiger wie „All I Wanted To Do“, mal wird ein wenig dem Swamp Blues gehuldigt („As The Sun Goes Down“). Mit dem von Tom Hambridge geschriebenen „Ramblin Soul“ macht Walker deutlich, wie seiner Meinung nach Bluesrock zu klingen hat - absolut wunderbare Nummer! Und bei „Don‘t Let Go“ lässt er sowohl den Rockabilly des Originals von Carl Perkins anklingen als auch die Soulvarianten, die später Roy Hamilton und Isaac Hayes abgeliefert haben. Immer wieder haben sich Bluesmusiker wie Walker den Songs der Rolling Stones angenommen. Diesmal musste „Ride On, Baby“ sich die Taufe im Mississippi gefallen lassen. Wobei: eigentlich bringt Walker die jugendliche Unbekümmertheit dieses Klassikers ziemlich unverstellt rüber, so dass selbst Die-Hard-Fans der Briten sich nicht beschweren dürften. „Hornet‘s Nest“ ist kurz gesagt ein großartiges Bluesalbum zwischen rockigen und souligen Klängen. Und Joe Louis Walker ist noch immer der einzige ernstzunehmende Konkurrent, den Buddy Guy heutzutage hat. (Alligator/in-akustik). Raimund Nitzsche John Lyons - Sing Me Another Song Er kommt eigentlich aus Michigan, lebt aber seit 2001 in der Schweiz. Und dort entstand auch das aktuelle Album des Sängers & Gitarristen John Lyons. „Sing Me Another Song“ ist eine Sammlung eingängiger aber niemals belangloser Lieder zwischen Soulblus und Pop. Es ist etwas an diesem Album, was mir schon vom ersten Hören an bekannt vorkam: Diese Wärme und unaufgeregte Leidenschaft in den Liedern! Etwas, das mich auch bei Musikern wie Philipp Fankhauser oder Greg Nagy sofort begeistert und gefangen nimmt. Hier sind Stücke eines Songwriters, dem die Stilgrenzen eigentlich vollkommen egal sind. Ob man das Ganze nun als Blues, Pop, Soul oder was auch immer verkauft: Er singt seine Geschichten über den Glauben an das Gute, über gebrochene Herzen, das Warten auf den entscheidenden Wink im Auge des Gegenübers, die Bereitschaft, auf das Glück auch lange zu warten. Als Sänger hat Lyons etwas einschmeichelndes. Aber seine Gitarre kann zuweilen dazu ganz schön heftige Kontraste setzen. Begleitet wird Lyons, der zuweilen neben der Gitarre auch noch die Bluesharp spielt, von Mattew Savnik (Hammond, p), Simon Britschgi (dr) und Gabriel Spahni (b, back-voc). Ach ja: Marco Jencarelli (Gitarrist und Produzent von Fankhauser) ist für den Mix des Albums zuständig. Und das war genau der richtige Mann. Denn im Geiste sind Fankhauser und Lyons ziemlich eng miteinander 52 © wasser-prawda Platten verwandt, was ihre Art des musikalischen Geschichtenerzählens betriff t. Nathan Nörgel Johnny Sansone - Once It Gets Started Eigentlich hatte Bluesharpspieler Johnny Sansone mal mit ganz traditionellem Chicago-Blues begonnen. Spätestens aber mit seinem aktuellen, von Anders Osborne produzierten Album „Once It Gets Started“ ist er ebenso auch im aktuellen Groove von New Orleans angekommen. Johnny Sansone und Anders Osborne haben in den letzten Jahren immer wieder zusammengearbeitet, etwa auf Osbornes „Three Free Amigos“-EP. So ist es kein Wunder, wenn der Gitarrist jetzt nicht nur auf dem Produzentenstuhl Platz nahm, sondern auch seine typischen Gitarrensounds für das neue Album des Harpspielers beigesteuert hat. Manchmal spielt er auch noch das Klavier - wenn nicht gerade der 88 jährige Henry Gray seine typischen Boogielinien in die Tasten hämmert. Die Stücke auf „Once It Gets Started“ sind eine bunte Mischung aus ganz traditionellen Klängen zwischen Blues, Swamp-Americana und düster dahinrockenden Songs, in denen man sogar Einflüsse aus dem Hiphop zu erkennen glaubt. Schon der Titelsong zu Beginn des Albums ist dafür ein eindrückliches Beispiel. Auch könnte die Songwriter-Kunst von Osborne Pate gestanden haben. Der hat sich in den letzten Jahren ja immer weiter vom traditionellen Bluesrock hin zu einer faszinierend modernen Version einer echt amerikanischen Rockmusik hin entwickelt, in der allein das Thema der erzählten Geschichte die musikalische Richtung bestimmt. Sansone etwa erzählt nicht nur von den klassischen Bluesthemen sondern schildert das Leben in den miesen Ecken von New Orleans („9th Ward Landlord“) ebenso wie vom ruhelosen Umherziehen („Sang With The Gypsies“), vom Anwachsen der Sorgen bis hin zur Schilderung einer Nacht, in der die Kuchenfabrik niederbrannte. Das ist musikalisch und textlich spannend und immer wieder überraschend. Allerdings sollte man die GenreScheuklappen vor dem Hören unbedingt ablegen. (cdbaby) Raimund Nitzsche Maik W. Garthe - Tight Corner Einmal mehr gelangen wir zu der Überzeugung, dass der Blues in Deutschland in Hessen seine Heimat hat, ja eigentlich von hier seinen Siegeszug um die Welt angetreten hat. Okay, wer‘s nicht glaubt, kann dennoch frohen Mutes bleiben. Argumentationshilfe dafür kommt z.B. in Form dieses erstklassigen Silberlings, dem Debüt, von Maik W. Garthe. Dieser wiederum lebt (noch) in Ellershausen und das liegt eben nun mal in Hessen. Mit ‚Tight Corner‘ hat er einen unbedingt beachtenswerten Erstling zum Leben erweckt. Maik hat gegenüber so manch einem anderen Debütanten nach unserer Meinung einen ganz entscheidenden Vorteil – er ist schon jenseits des 30. Lebensjahres! Und das hört man. Es liegt einfach ein deutliches Pfund mehr an Lebenserfahrung, Musikalität und persönlicher Reife in seinen 12 Songs, als bei vielen anderen, jüngeren Musikanten. - Blues kann ja formal einfach und leicht zu erlernen sein, aber für‘s richtige feeling braucht es doch etwas © wasser-prawda 53 Platten mehr als nur technisches know-how. Und genau das bringt der Gute mit. Im Pressetext beschreibt er seine Umwelt als „Einöde in der nordhessischen Bergwelt zwischen leerstehenden Gehöften und Nationalparkidylle, Funklöchern, Hochleistungskühen, dörflicher Gemächlichkeit und Kleinstadt-Hektik“. Und so erzählen seine Lieder dann auch von „Hinterlandtrinkern, provinziellen Castingshow-Opfern“ und ähnlichen Themen; von Liebe natürlich auch. Aber das tun viele andere Songschreiber auch und doch fehlt denen eben so oft diese persönliche Lebenserfahrung, die einen Song so gut machen kann. Das kann jeder Hörer überprüfen, wenn er sich einfach mal ‚Black lemon‘ anhört. Hier swingt der Blues, unterstützt von einem famos virtuosem Hi-Hat. Die Saiten werden gezupft und der Gesang hat eine angenehme Süffisance. Oder wer mal die Linie Blues-Punk erleben möchte der lässt sich mal für 2:43 von ‚Shirley MacLaine‘ auf den Zahn fühlen. Gitarre mit voller Dröhnung, stampfend, dampfendes Drumherum – einfach nur stark gespielt, Leute. Und dann wieder ganz bodenständig und traditionell ‚These old boots‘. Feines Fingerpicking, dazu die Harp vom Ripphan – der Blues kommt aus Hessen, ich sag‘s Euch! Ach ja, neben den Hochleistungskühen und Hinterlandtrinkern gibt es da auch noch den ‚Old dog‘ der einfach nicht vom Fleck kommt, aber mächtig mit dem Schwanz wackelt. So‘n wenig slide über die Saiten macht wohl nicht nur uns Spaß. Diese CD wird angepriesen als Solo-Debüt. Dagegen haben wir nichts, wollen aber doch erwähnen, dass es neben Maik W. Garthe mit Vocals, Guitars und Harp im zweiten Titel auch die Herren Jan Hampicke am Bass, Organ (3), Harmonium (12) und Backings (10), James Schmidt an den Drums, Tambourine (2, 3, 6 und 11) und ebenfalls Backings im Titel 10 und der Mann aus dem analoghaus, Tom Ripphan persönlich, mit Harp (8), harmonium (8) Organ (11) und Tambourine (5) mit von der (Land-) Partie sind. Wir sind uns ziemlich sicher, dass dieser Mann bald aus seiner engen Ecke herausgeholt wird und dem geneigten Publikum überall im Lande zu kurzweiliger Unterhaltung aufspielt, gleich ob solo oder mit ein wenig Personal. Und so manch einer wird diese CD in seine Sammlung stellen und sich freuen, einen Neuen entdeckt zu haben. Lüder Kriete Pete Karnes Blues Band - I‘m SƟll Here Pete Karnes ist Bluesharpspieler, dem Chicago Blues verpflichtet, Mitglied der Blues Hall of Fame und seit ewigen Zeiten im Geschäft. Geboren in Pigget (Arkansas), aufgewachsen in Ann Arbor (Michigan) kam er als Teenager nach Detroit. Er stammt aus einer bluesaffinen Familie und startete seine Profikarriere als Musiker in den 60ern. Lightning Slim, Carey Bell und Big Walter Horten förderten ihn. Er spielte mit B.B. King, Big Walter Horton, Willie Dixon, John Lee Hooker, Robert Lockwood, J.B. Hutto, Lightning Slim und Charlie Musselwhite sowie vielen anderen Bluesgrößen. Mitte der achtziger Jahre beendete er seine Musikerkarriere um sich der Familie zu widmen. Ende der Neunziger erkrankte er ernsthaft, ist aber seit 2006 wieder aktiv. Jetzt hat er mit „I’m still here“ ein neues Album herausgebracht. Es gehört zu den Alben, die man gern anhört, ein zweites Mal 54 © wasser-prawda Platten hört und plötzlich merkt, daß es oft auf dem Plattenteller liegt. Das ist möglich, wenn ein Musiker in der Gewißheit spielt, daß er es wirklich kann und niemandem mehr etwas beweisen muß. Pete Karnes benötigt keine zwanzig Harps, ich nehme an, daß er die Stücke überwiegend mit einem Instrument gespielt hat. Da gibt es keine Demonstration elektronischen Overkills – ein Musiker, seine Harp, ein Mikrophon und seine Stimme müssen genügen – und das tun sie auch voll und ganz. Seine warme, sonore Stimme paßt hervorragend zu den Songs. Gleiches gilt für die Band. Erfahrene Musiker spielen den Blues ohne Schnickschnack klar, geradeaus und mit vollem Einsatz. Pete Karnes und die Band harmonieren, man merkt, sie spielen schon lange zusammen. Die Songs wurden allesamt von Pete Karnes geschrieben und führen durch einige Stilarten des Blues mit Schwerpunk Chicago. Der Opener „I love my Baby“ geht prima ab, Pete Karnes möchte danach auch gern „Play with your Poodle“ (was er damit wohl meint?). „South of the Boarder“ ist ein toll gespieltes Instrumental (klingt ein wenig wie „La Cucaracha“), das die Hüften der Senoritas kreisen läßt, „Boogie Time“ geht auch dem anderen Geschlecht in die Beine. Das Album ist abwechslungsreich und zeitlos. Ich schließe mich da der Meinung eines Mannes an, der ganz bestimmt viel über den Blues sagen kann: „So, if you like straight ahead, no-nonsense, blue-collar, low down harp blues you‘ll enjoy Pete‘s harp and vocals on this recording like I do. … the latin instrumental reminded me a lot of Big Walter.“ - Charlie Musselwhite Dicker Kauftipp für alle, die ein zeitloses, schnörkelloses Bluesalbum mögen! (cdbaby) Bernd Kreikmann Rosco Levee & The Southern Slide - Get It While You Can Manche Kritiker im Vereinigten Königreich sind sich jetzt schon ziemlich sicher: Sie halten „Get It While You Can“ für eines der Alben 2014. Wenn man die Euphorie abzieht, dann bleibt zu vermelden: Rosco Levee & the Southern Slide haben ein verdammt gutes Album zwischen Southern Rock und Americana vorgelegt. Ok, Kent ist eigentlich weit entfernt von den ehemaligen Kolonien Großbritanniens. Aber Gitarrist Rosco Levee hat mit seiner Band die Atmosphäre der Südstaaten zwischen Southern Rock, Blues und Country hervorragend eingefangen. Und auf „Get It While You Can“ wird keine dürftige Schonkost serviert sondern die ganze volle Palette dieser Musik. Levees treibende Slide wird unterstützt von fetten Bläsern, Hammond-Orgeln, Boogie-Pianos und vollen Background-Chören. Und vor allem ist nicht zu überhören, dass hier ohne Zwischenstufen die Musik direkt aufs Band gebannt wurde. Man braucht keines der Lieder wirklich herauszupicken für die Rezension: „Get It While You Can“ ist von vorn bis hinten gelungen, mitreißend und großartig! Jetzt kann ich verstehen, warum Levee im Interview mit der Wasser-Prawda meinte, an Kent sei seine Band das, was am ehesten Rock & Roll. Nathan Nörgel © wasser-prawda 55 Platten Kurz & knapp Hanggai - Baifang Mongolische Folklore triff t auf europäische Rockmusik: Die 2004 gegründete Band Hanggai aus der Inneren Mongolei ist mit ihrer Mixtur in den letzten Jahren auf Festivals in der ganzen Welt unterwegs gewesen. Jetzt erscheint beim niederländischen Label Harlem Recordings das dritte Album „Baifang“ (übersetzt: Back To You) der Chinesen. Psychedelische Rockmusik vor allem der späten 60er Jahre hatte in ihrer Eindringlichkeit immer etwas Hypnotisches. Da ist der Weg zu mongolischem Kehlgesang nicht weit. Doch bei den Liedern von Hanggai werden auch Anklänge an aktuelle Mittelalterrocker wach oder auch an manch theatralisches Metalwerk. Und bei Liedern wie der Ballade „Miss Daughter“ ist die Band dann bei traditionellen chinesischen Melodien angekommen. „Baifang“ ist in all der stilistischen Vielseitigkeit dennoch ein Album wie aus einem Guss: Hanggai ist eine Band, die es schaff t, daraus vollkommen eigene Musik zu machen. Dass diese sich immer wieder den gängigen Rockklischees entzieht, ist ein echter Vorteil des Albums. Faszinierend und immer wieder überraschend! Nathan Nörgel Kim Simmonds & Savoy Brown - Goin To The Delta widmen sie sich nicht mehr dem American Songbook, sondern dem klassischen Soul der 60er. Jetzt also auch Bluesrocker Paul Rodgers. Wobei „The Royal Sessions“ einen wirklichen Vorteil haben: Hier wurde eine Band im Studio versammelt, die genau diese Musik zu atmen scheint. Und da macht es dann auch nichts, dass eigentlich niemand neue Coverversionen von „I Thank You“, „I Can‘t Stand The Rain“ oder gar „Wonderful World“ mehr braucht. Rodgers singt hier fast altersweise - und das passt eigentlich nun wirklich nicht zu Stücken wie „Shake“. Aber das ist die Meinung eines notorischen Nörglers. Die Plattenkäufer sind da anderer Meinung. Nathan Nörgel Wille and the Bandits - Grow Ihren Ruf haben Willie and the Bandits im Vereinigten Königreich vor allem durch ihre mitreißenden Live-Shows errungen. Auf ihrem aktuellen Studio-Album „Grow“ ist diese Energie gut eingefangen. Rauhe treibende Riffs, eine verrauchte Stimme und treibende Rhythmen: schon beim Opener „Got to Do Better“ wird klar, dass das hier keine Scheibe für Feingeister ist. Es wird abgerockt im Geiste des Blues. Man vergisst schnell, dass hier lediglich drei Musiker am Werke sind: Slide-Gitarrist Wille Edwards, Matthew Brooks am Bass und Schlagzeuger Andrew Naumann haben einen extrem fetten und dichten Bandsound gefunden. Und Wille ist mit seiner Intensität als Sänger eine absolute Überraschung in der heutigen Rockwelt. Manche meinen sogar, in ihm den neuen Seasick Steve zu vernehmen. Doch wer lediglich auf Bluesrock von der Stange lauert, dürfte häufig überrascht werden. Denn immer wieder kommen Ausflüge in andere Gefilde: zum Folk (naheliegend) und gar in den Latin-Rock. Immer aber - ob nun in deftig losrockenden Stücken oder den langsamen Nummern ist eine unwahrscheinliche Spannung drin, eine Steigerung, die nach der großen Erlösung schreit. „Grow“ ist eine echte Empfehlung! Raimund Nitzsche Es gibt Bands, die sind schon so lange dabei, dass sie schon zum Inventar der Szene gehören. Savoy Brown gehört dazu. Nach dem 2011 erschienenen „Voodoo Moon“ ist jetzt ebenfalls bei Ruf Records der Nachfolger „Goin To The Delta“ herausgekommen. Die zwölf Songs versteht die Truppe um Sänger Kim Simmonds als Liebeserklärung an die Heimat des Blues. Ich selbst halte die Scheibe für extrem langweilig und sehe mich kaum in der Lage, wirkliche Höhepunkte zu entdecken. Das ist Bluesrock für ne Bikerkneipe, wo das Publikum schon erheblich unter dem Einfluss von Alkohol steht. Nathan Nörgel Yiruma - Blind Film Klaviermusik zwischen Klassik und Easy ListePaul Rodgers - The Royal Sessions ning, sanfte Streicher dazu - das Album „Blind Für sein neues Album hatte sich Paul Rodgers Film“ des südkoreanischen Pianisten ist Entin den Royal Studios in Memphis eingemietet. spannungsmusik pur. Wer spannende KompoHerausgekommen ist eine Sammlung klassi- sitionen, aufregende Entwicklungen usw. sucht, scher Blues- und Soulnummern zwischen Albert ist hier fehl am Platz. Wer das für moderne KlasKing, Otis Redding und Isaac Hayes. sik hält, hat wenig Ahnung von MusikgeschichMan könnte böse sein, und folgende Frage stel- te. Das sind romantische Klangtapeten, vom len: Was machen alternde Rockstars, denen Musiker gewidmet den traurigen Menschen dienichts mehr Neues einfällt? Seit einiger Zeit ser Welt. 56 © wasser-prawda Platten Wiederveröffentlichungen, Klassiker, Vergessenes Wiederhören Eric Bibb - Me To You Eric Bibb hatte seine ersten Alben schon als Jugendlicher veröffentlicht. Doch wirklich bekannt wurde er in der Bluesszene erst in den 90er Jahren, als er etwa 1996 beim London Blues Festival den Opener für Keb Mo, Gatemouth Brown und James Carr machen durfte. Die begeisterte Aufnahme des Musikers führte dazu, dass Produzent Mike Vernon ihn für sein Code Blue Label unter Vertrag nahm. Das Album „Me To You“, was aus dieser Zusammenarbeit hervorging, ist jetzt als CD wiederveröffentlicht worden. Eric Bibb war seinerzeit wohl kein ganz einfacher Klient: 44 Musiker aus Schweden, Großbritannien und den USA wurden eingeladen zu den verschiedenen Sessions. Studios in Stockholm, Portsmouth, London, New York, Chicago und San Francisco wurden gebucht. Aber das Ergebnis ist für mich eine echte Entdeckung: Zwischen funkigem Soulblues und Akustikblues spielt die Musik. Und gemeinsam mit Gästen wie Taj Mahal oder Mavis & Pops Staples spielte Bibb mit einer Intensität und Virtuosität, die manche seiner späteren Alben bei Weitem nicht mehr erreichten. Ein absoluter Pflichtkauf! (Hatman) Nathan Nörgel Morrissey - Your Arsenal Weg vom Pop, hin zu Glamrock und Rockabilly - mit seinem vierten Studioalbum „Your Arsenal“ hatte Morrissey 1992 sein bis dahin überzeugendstes Album seit dem Ende von The Smiths herausgebracht. Die jetzt herausgebrachte „Definitive Master“Edition enthält statt üblicher Bonustracks den Mitschnitt eines bislang unveröffentlichten Konzerts von 1991 auf DVD. Manchmal muss man sich großartige Songs einfach mal wieder in Erinnerung rufen. „We Hate It When Our Friends Become Successful“ etwa oder den tollen Walzer „You‘re Gonna Need Someone On Your Side“. Plötzlich wird einem klar: Die 90er waren doch nicht ganz ein verlorenes Jahrzehnt, was gute Musik angeht. Morrissey hatte hier mal wieder gezeigt, wie großartig er sein kann, wenn er denn in der richtigen Laune ist und sich auch auf seine Band verlassen kann. Für „Your Arsenal“ und seinen Sound zwischen Rock, Glam und Rockabilly war Produzent Mick Ronson (früher Gitarrist für David Bowie) unverzichtbar. Er bringt die Erinnerungen an T.Rex und Bowies Ziggy Stardust-Zeiten in den Sound. Alain Whyte und Boz Boorer bringen mit ihren Gitarren Morrissey zum Rokken wie lange nicht. Und die Rhythmusgruppe (Gary Day - bg, Spencer Cobrin - dr) treibt den Sound fast zum Stadionrock. Das ist ein noch immer wichtiges und nich verstaubtes Album. Was man von der beiliegenden Konzert-DVD kaum behaupten kann. Klar: das ist die Vorgängerband. Aber ehrlich: Wer braucht wirklich so dringend einen Mitschnitt in VHS-Qualität? Zwingend ist dieser Bonus nicht. Aber als kostenlose Dreingabe ist das ok. Raimund Nitzsche © wasser-prawda 57 Feuilleton Koma-Glotzen: House of Cards. Season 2 Vor einigen Jahren veröffentlichte eine Kieler Studentenzeitschrift einmal eine bemerkenswerte Reportage. Geschildert wurde der Selbstversuch einer Gruppe, sämtliche Folgen von Monty Pythons Flying Circus nonstop ohne Pause zu sehen. Heute sind viele technische Schwierigkeiten, mit denen sich diese Pioniere des Binge-Watching konfrontiert sahen, bestenfalls noch für historisch Interssierte nachzuvollziehen. Etwa die verzweifelte Suche für den heldenhaft dahingeschiedenen Video-Recorder mitten in der Nacht. Die Sucht danach, Serien am Stück zu genießen hat seither massiv zugenommen. Schuld sind der Verkauf von DVD-Boxen oder die Möglichkeit, komplette Staffeln in Online-Videotheken zu sehen. Wer braucht da noch Programmzeitschriften, wenn man sämtliche Folgen der neuen Staffel von House of Cards ohne wochenlange Wartezeiten genießen kann? Ein Selbstversuch. I ch bin ein Politik- und Nachrichten-Junkie. Und wenn es nicht Nachrichten gäbe, könnte ich eigentlich gerne auf das komplette deutsche Fernsehen verzichten. Hierzulande sind Serienschreiber offenbar nicht in der Lage, aktuelle Themen in spannende und unterhaltsame Drehbücher zu übersetzen. Voller Wehmut denke ich an Glanzlichter wie die wöchentlichen Kommentare zur amerikanischen Politik, die die Helden am Ende jeder Folge von „Boston Legal“ von sich gaben. Oder aber an die großartige erste Staffel von The News Room mit seiner Auseinandersetzung nicht nur mit der Qualitätät der täglichen Nachrichten sondern auch mit einer Abrechnung mit dem noch immer vorhandenen und be- 58 © wasser-prawda Feuilleton lächelten Phänomen der Tea Party. „House of Cards“ geht da noch einen ganzen Schritt weiter. Zum Glück muss man hier sagen: Die völlige Amoralität der „Helden“ um Francis Underwood (Kevin Spacey) fand sich schon in der wundervollen Vorlage, die die BBC in der Zeit nach dem Ende von Maggie Thatcher auf den Bildschirm brachte. S ofort fühle ich mich zu Hause, als die erste Folge der zweiten Staffel zu laufen beginnt. Kevin Spacey/Francis Underwood hatte es in den ersten dreizehn Folgen geschaff t, die komplette Regierung seiner eigenen Partei zu destabilisieren. Schließlich wurde er zum Vizepräsidenten gekürt. Auf der Strecke blieben ein Abgeordneter, der angeblich Selbstmord beging. Und auch die der Story nachhechelnden Journalistinnen und Journalisten sind der Skrupellosigkeit dieses Arschlochs nicht gewachsen. Jetzt also gilt es, die neue Position zu festigen und gleichzeitig dem ungeliebten Präsidenten die eigenen Ideen unterzujubeln. Die in der ersten Staffel noch mit Informationen gefütterte Journalistin Zoe Barnes stört mit ihren Fragen nur. Folglich endet sie als Leiche auf U-Bahn-Gleisen. Neuer Gegenspieler wird der Industrielle Raymond Tusk, der nach Underwoods Meinung zu viel Einfluss auf den Präsidenten hat. Es folgen eine Handelskrise mit China, Geheimverhandlungen, und immer wieder die familiären Rituale der Underwoods. Überhaupt könnte man Staffel zwei auch als „Bilder einer Ehe“ betrachten. Bis hin zum möglichen Sex der beiden mit dem Leibwächter. E s ist irgendwann zwischen drei und vier Uhr morgens. Ich schrecke hoch, bekomme die Augen mit Mühe geöffnet. Auf dem Bildschirm ist Doug Stamper dabei, mal wieder das Callgirl, in das er heimlich verliebt ist, das er aber aus dem Licht der Öffentlichkeit hat verschwinden lassen müssen, zu belästigen mit seinen Forderungen. Irgendwas hab ich verpasst. Die Folge werde ich noch mal starten müssen. Jetzt gleich? Oder sollte ich der gewaltigen Verlockung einer Schlafpause nachgeben? Ich starte sie gleich neu. Doch Minuten später fallen die Augen wieder zu. Für drei Stunden bin ich im Land der Träume versackt. Was bin ich für ein Weichei! Doch sofort nach dem Aufwachen geht der Marathon weiter. Es ist eigentlich Zeit fürs Frühstück. Doch die Brötchen sind alle. Müsli muss ausreichen. Es liegen noch drei oder vier Stunden vor mir. Stunden, in denen Kevin Spacey oftmals an der Grenze zur Demaskierung steht. Doch seiner Skrupellosigkeit ist eigentlich niemand gewachsen, nicht einmal Tusk mit seinem LobbyistenHelfer. Von den Journalisten ganz zu schweigen. Letztlich ist Underwood am Ziel: Er zieht ins Weiße Haus als neuer Präsident. Und nur Doug Stamper bleibt tot auf der Strecke. Er hätte das Callgirl nicht immer auf‘s Neue reizen sollen. F azit: Dreizehn Folge a 40 Minuten feinste Unterhaltung mit großartigen Schauspielern. Politik, Macht, Skrupellosigkeit, Zynismus. House of Cards ist eines der Beispiele für völlige Antihelden, denen man dennoch fasziniert folgt. Ich allerdings bin als Komaglotzer hier eindeutig an meine Grenzen gestoßen. Ohne Schlafpause war ich dieser Serie nicht gewachsen. Raimund Nitzsche © wasser-prawda 59 Sprachraum Odile Endres - Vier Gedichte herzsemantik du stiehlst dich in meine texte plötzlich sitzt du auf einer der bänke im hörsaal über den ich schreibe du wirst zur zeile in meinen gedichten du wirst zu allen versen du tauchst auf in der textsortenforschung doch deine typisierung scheitert du passt in keine klassifikation du stürzt dich over head und herz in meine folien du flirrst in jedem bit meines usb-sticks du irrlichterst im dickicht all meiner schreibprozessphasen du findest dich im code all meiner dateien du stehst als unlösbare frage in jeder von mir entworfenen vorlesung und schriftklausur du begleitest als subtext jeden haupt und nebensatz den ich schreibe du erscheinst als neuer eintrag in meinem lebenslexikon du bist obligatorische ergänzung im gefüge meiner alltagssyntax bist das schlüsselwort in meinem gefühlstextkorpus du füllst alle leerstellen meiner herzsemantik 60 © wasser-prawda Sprachraum doch du entziehst dich meiner textanalyse und verschwindest in einer dunklen satzfuge wo du verloren bist für mich die ich nichts kann als wortblüten treiben und tauge zu nichts als künstlichen geflechten in denen die wirklichkeit sich verheddert aber deine erdige liebe nicht Odile Endres window.close() wird es irgendwann heißen vielleicht schon bald dann wird das fenster zur erde geschlossen werden hoffen wir dass dann ein neues aufgeht: window.universe.open() vorpommern vermutlich schwarzpulver wie blind in maulfwurfsgängen umherirren ohne ziel um das ziel zu verschleiern auf das wir zutreiben wir wollen ihm nicht so einfach in die arme laufen ein paar finten wären nicht schlecht Odile Endres studierte an den Universitäten Aix-en-Provence und Heidelberg. Literarisch debütierte sie 1995 mit Rendezvous mit Künzle. Seither widmet sie sich der Sprache in vielen Facetten: Prosa, Poesie, Word-Art, Linguistik, Internet-Literatur. Seit 2005 ist sie Dozentin für Schriftkompetenz an der Universität Greifswald. 2008 wurde ihr bei der 11. Lyrikmeisterschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern der 2. Preis der Jury zugesprochen, 2009 erhielt sie bei der 12. Lyrikmeisterschaft den Publikumspreis. Im Juni 2009 gründete sie gemeinsam mit Silke Peters und Irmgard Senf in Stralsund die Lesebühne tEXTRAbatt, eine Plattform für Poesie-Performance. von bussen und büffeln freiraum-verlag 2014 76 Seiten; 14,95 EUR (D) ISBN: 978-3-943672-23-7 (Auch als E-Book erhältlich.) vermeintliche lichtspuren: gefallene glühwürmchen ein schwarzer raum durch und durch keine assoziationsketten an denen wir uns entlang hangeln könnten the missing link © wasser-prawda 61 Sprachraum wir waren am ende der welt angelangt aber das schicksal der erde bekümmerte uns wenig uns war das eigene abhanden gekommen wir hörten die stecknadeln fallen ihre köpfe schimmerten meerblau vielleicht waren sie daran schuld dass wir nicht mehr wegkommen würden von jenem ufer der langsamkeit wo die fische mit ihren goldaugen uns zuflüsterten wenn wir versuchten die zeichen von wasser und sand zu verstehen als die pipelines das haar der meerjungfraun durchschnitten und ihr methanblut am strand verströmten wachten wir auf und merkten dass wir zu lange geträumt hatten 62 © wasser-prawda Sprachraum E er v i s xklu © wasser-prawda k c u r bd a r o V 63 Sprachraum 64 © wasser-prawda Sprachraum © wasser-prawda 65 Sprachraum 66 © wasser-prawda Sprachraum Jürgen Landt: titelersparnis es war ohnehin schon ein lauer abend. die kneipe lau. unsere stimmung lau. „dann laß uns zu der lyrikerin gehen. die ist ziemlich bekannt. sie liest heute abend. ich glaub zwar nicht, daß das besser wird als hier, aber vielleicht ein bißchen anders. eigentlich wollte ich zu keiner lyriklesung mehr gehen, ich hab’s mir bei der letzen schon geschworen, der lyriker hat mich fertig gemacht, der war so was von eingenommen von seinen zeilen, das spottet jeder beschreibung, immer wieder dasselbe, ich meine diese leute, die lyriker, die sind eine spezies für sich, wie sie sich geben und überzeugt davon sind, etwas ganz einzigartiges zu sein, ist ja auch jeder mensch, aber die stellen in den raum, daß alle anderen auch so sehen und empfinden müssen, sehen sich so unglaublich einzigartig in ihrem schmieden von gefühlsworten, ist ja auch nichts schlechtes, aber warum nur sind sie so krankhaft überzeugt von ihrem tun als wär’s das non plus ultra im vorhandensein, das nervt, da wird mir immer ganz krampfig und schlecht im bauch und es ist für mich kaum aushaltbar, ach, scheiß drauf, laß uns gehen.“ „zahlen.“ sagte daniel. „ich zahle.“ sagte ich. „ist das weit?“ fragte er mich. „fünf minuten. und wenn das wieder nichts ist, sie sich auch so gibt, wie all die anderen lyriker, dann gehen wir nach fünf minuten wieder.“ „und das eintrittsgeld?“ fragte er. „da kommen wir so rein.“ „ihr wollt schon gehen?“ fragte uns die schwarzhaaraufgetürmte schönheit hinterm tresen. „sind bestimmt gleich wieder da.“ antwortete ich. © wasser-prawda 67 Sprachraum „dann könnt ihr auch nachher zahlen, ich laß euren zettel hier oben liegen.“ deutete sie auf’s brett unterm schnapsregal. „nein, ist schon gut, herr sorgenich, gehen sie mal durch.“ „drei euro.“ hörte ich sie zu daniel sagen. „ich bin student.“ erwiderte daniel. „haben sie den studentenausweis dabei?“ ich drehte mich um und sagte: „das ist mein bruder.“ „ich denk, sie haben nur eine schwester?“ „meine mutter hatte später noch was mit einem anderen kerl. daher kommt er hier, der stramme bursche, jura macht er, bin stolz auf ihn.“ und dann setzten wir uns auf zwei plätze nahe dem ausgang. es war wie immer. pathetisch mit brust- und stimmenanschwellen. zwei frauen waren dennoch während der leicht wechselnden pathetik im monotonen, berechenbaren gleichklangwechsel des daherschlürfenden lyrikvortragens eingeschlafen, ließen ihre köpfe hängen. die ältere von beiden schnarchte leise, neigte immer wieder dazu in einer gefährlichen körperschräglage jeden moment vom stuhl zu kippen, doch ein inneres hin und wieder aufschrecken innerhalb der raumfüllenden konzentrierten stille schreckte sie ab und an hoch und sie rückte sich zurecht um erneut den kopf langsam nach vorne sacken zu lassen, manchmal auch zur seite, und wenn er ihr nach hinten fiel, wachte sie sofort kurz wieder auf. stille. kein applaudieren zwischen den texten. wenn die lyrikerin neu ansetzte, erschrak man sich regelrecht vor ihrer wieder einsetzenden vortragenden innbrunst. und das, obwohl man damit rechnete, ja wußte, daß sie jeden moment fortfahren würde. und sie fand kein ende. hörte einfach nicht auf. bei jedem text dachte ich: nun ist aber gleich schluß, das muß der letzte sein. stille. ein neues beginnen und ein erneutes erschrecken. stille. dann furzte daniel laut. kein lacher aus dem publikum, nur der abgesackte kopf der ständig einnickenden frau kam hoch, schaute sich orientierungssuchend um und sackte gleich wieder ab. dann lachte ich kurz auf. die lyrikerin hielt inne, schaute ernst ins publikum, und daniel rutschte unruhig auf seinem stuhl hin und her. war es ihm peinlich? ein nächster lyrischer vortrag setzte ein. ich stand gebückt auf, klopfte daniel auf die schulter, auch er erhob sich gebückt, furzte in seinem gebückten vorwärtskommen nocheinmal und folgte mir. der kassiererinnentisch am eingang war abgebaut. „hat ja doch ein bißchen länger gedauert als euer angekündigtes gleich. gleich nochmal dasselbe?“ begrüßte uns die schwarzhaaraufgetürmte. ich schaute auf ihre lackierten fingernägel, dann auf ihren gelacken mund, nickte und sagte: „gieß ein.“ weiter hinten saß ein tisch voller mädels, sie lachten und alberten rum und daniel nahm sein bier vom tresen und ging zu ihnen. 68 © wasser-prawda Sprachraum © wasser-prawda 69 Sprachraum R˘ˋˎ˛˝ K˛ˊˏ˝ - D˒ˎ Vˎ˜˝ˊ˕˒˗˗ˎ˗ Eine Reise um die Erde. Abenteuer zu Wasser und zu Lande. Erzählt nach eigenen Erlebnissen. Band 1. 9. Das Verhör der Sklavinnen. Der Türke knirschte vor Wut mit den Zähnen, als die befreiten Mädchen an ihm vorbeigeführt wurden, und der griechische Kapitän fuhr, als das Boot der ›Vesta‹ zum ersten Male an dem seinen vorbeikam, mit der Hand nach der im Gürtel steckenden Pistole; doch während der Bewegung hörte er das mahnende Zischen eines Matrosen, und schnell griff er, anstatt nach der Pistole, nach seinem Ohr, von welchem noch immer das Blut sickerte. »Der ›Amor‹ ist in Sicht,« wurde Ellen an Bord gemeldet, und wirklich tauchten eben hinter dem letzten Inselchen des griechischen Archipels die Masten der Brigg auf. Eine Rauchwolke schwebte über dem Schiffe, also kam es angedampft und mußte bald den Schauplatz erreicht haben. »Desto besser,« meinte Ellen, »so können die englischen Herren doch sehen, wie gut wir die frühe Morgenstunde ausgenutzt haben, und unsere That bewundern. Doch jetzt schnell wieder auf die ›Undine‹ zurück, die übrigen Mädchen zu befreien.« Als das Boot zum dritten Male mit den letzten der Sklavinnen die ›Vesta‹ erreichte, war die Brigg dicht in der Nähe, fast zwischen der ›Vesta‹ und der Bark. »Guten Morgen, meine Damen,« lachte der lustige Charles zuerst hinüber. »Sie nehmen wohl Passagiere an Bord? Oder rauben Sie ein Schiff aus?« »Das erstere ist wohl das richtige,« gab Miß Jessy zurück, »wir passen den Sklavenhändlern scharf auf die Finger und nehmen ihnen unerbittlich ihre Ware weg. Mit solchen Geschäften lassen Sie sich also nicht ein, wir würden auch Sie nicht schonen.« Mit Genugthuung und Stolz nahmen die Vestalinnen die Lobpreisungen und Schmeicheleien der Herren dankbar lächelnd an. »Alle Wetter!« flüsterte Edgar Hendricks seinem Freunde ins Ohr. »Sehen Sie nur diese Prachtmädels da, die Sklavinnen. Schade, daß wir sie dem Händler nicht abnehmen konnten.« »Wahrhaftig,« entgegnete Williams, »es ist jammerschade! Alle Schattierungen sind vertreten, vom Schneeweiß bis zum tiefsten Schwarz. Sehen Sie da die große Negerin, ihre Augen funkeln, wie die eines Raubtieres. Die möchte ich nicht anfassen; ich glaube, die beißt in die Finger.« Und laut rief er nach der ›Vesta‹ hinüber, auf welcher die Damen die Sklavinnen auszufragen schienen: »Wenn Sie nicht genügend Platz drüben haben, so geben Sie uns nur einige ab. Ich schwöre Ihnen hoch und heilig, Miß Petersen, daß es die Mädchen hier gut haben sollen.« »Unsinn,« brummte Lord Hastings, der sich bisher mit der Besatzung der beiden Boote beschäftigt hatte, welche noch immer dicht zur Seite der ›Vesta‹ lagen. »Unsinn, weiter fehlte nichts. Wir wollen hier keinen Damensalon einrichten.« 70 © wasser-prawda Sprachraum »Seien Sie nicht ängstlich,« sagte Ellen, deren scharfe Ohren das Gebrumm verstanden hatten, »die ›Vesta‹ giebt keinen ihrer Schützlinge heraus.« Dann wandte sie sich an den griechischen Kapitän, dem Williams eben die Vorzüge des englischen Heftpflasters anpries, weil es besonders zerschossene Ohrläppchen riesig schnell heile. »Fahren Sie an Bord zurück,« sagte sie, »und versuchen Sie nicht, irgend etwas zur Wiedererlangung der Mädchen zu unternehmen. Sie haben jetzt gesehen, daß wir Ihnen überlegen sind und nicht mit uns spaßen lassen.« Unverzüglich begab sich die Besatzung auf die ›Undine‹ zurück, wo die Matrosen eine Vorrichtung zimmerten, welche das zerschossene Steuerrad ersetzen mußte, während der Kapitän finster brütend in der Kajüte saß und stillschweigend die Schmähreden des Türken über sich ergehen ließ. Sein einziger Gedanke war Rache, furchtbare Rache an diesen Weibern, welche ihn, den schlauen Seemann, so überlistet, gedemütigt und gezüchtigt hatten. Unterdessen fand draußen eine Unterredung zwischen Lord Harrlington und Miß Petersen statt. »Warum haben Sie uns nicht von Ihrem gefährlichen Unternehmen benachrichtigt?« fragte Harrlington in vorwurfsvollem Tone die Kapitänin. »Wie leicht hätte es unglücklich für Sie ablaufen können; Sie hätten uns wenigstens auffordern sollen, in Ihrer Nähe zu bleiben.« Der Lord mußte aber doch etwas von der Absicht der Vestalinnen gehört haben, denn in der Nacht bereits war auf seinen Befehl der ›Amor‹ segelfertig gemacht worden und der ›Vesta‹ gefolgt und lag seit dem frühesten Morgen immer unter Dampf hinter jener Insel versteckt. Von der äußersten Spitze des Eilandes hatte Harrlington mit seinem ausgezeichneten Fernrohr die beiden Schiffe beobachtet, aber alle Fragen der Herren ausweichend beantwortet und sie auf später vertröstet. »Lord Harrlington,« entgegnete Ellen, »an Bord der ›Vesta‹ droht uns keine Gefahr. Wir fühlen uns auf ihr so sicher, als wären wir in einem Ballsaal in New-York und nicht auf dem Meere.« »Aber erinnern Sie sich doch Ihres Versprechens! Sie wollten nach der Befreiung aus den Händen der Straßenräuber unsere Begleitung annehmen.« »Wohl haben wir nichts dagegen, wenn uns der ›Amor‹ folgt,« entgegnete das Mädchen, »aber dazu auffordern werden wir ihn niemals. Dagegen bleibt die Verabredung betreffs der Landausflüge bestehen.« »Hurrah,« schrie Charles, »Miß Nikkerson, ich stelle Ihnen meinen Regenschirm zur Verfügung.« »Sie werden bald Gelegenheit finden, uns Ritterdienste zu leisten,« fuhr Ellen fort, »denn wir haben die Absicht, jedes einzelne der Mädchen persönlich in seine Heimat zu begleiten, und sie stammen aus aller Herren Länder. Wir vernehmen die befreiten Sklavinnen jetzt, und deshalb, Lord, muß ich das Gespräch abbrechen.« »Wollen Sie mir nicht den Namen des nächsten Hafens mitteilen?« bat Harrlington. »Nein, dies würde gegen unsere Gesetze verstoßen. Suchen Sie uns nicht zu verlieren, das ist alles, was ich Ihnen raten kann. © wasser-prawda 71 Sprachraum Ueberdies wissen wir selbst noch nicht, welches unser nächstes Ziel sein wird.« Sie ging wieder zu der Gruppe der Mädchen und sah nicht, wie Lord Harrlington ihr lächelnd nachblickte. Vorläufig lagen die beiden befreundeten Schiffe noch Seite an Seite still, während die Matrosen der ›Undine‹ eigenmächtig Segel setzten, denn weder der Kapitän, noch der Türke ließen sich an Deck sehen. Die Engländer aber traten zusammen und tauschten Bemerkungen über die Sklavinnen ans. Leider konnten sie, so sehr sie sich auch anstrengten, von der Unterhaltung zwischen diesen und den Vestalinnen nichts vernehmen. »Zwei von ihnen sind offenbar Negerinnen,« erklärte Lord Stevenson, der ebenso wie Harrlington schon viel gereist war, »zwei andere wahrscheinlich Araberinnen, die dort mit dem roten Jäckchen ist eine Indierin. Einige der Mädchen haben Gesichtszüge, wie man sie unter der Bevölkerung an der Westküste Asiens triff t. Aber diese da mit den gelben Gesichtern und runden Augen kann ich nicht klassifizieren. Harrlington, Sie Weltumsegler, wissen Sie nicht, wo deren Wiege gestanden haben mag?« Anzeige 72 © wasser-prawda Sprachraum © wasser-prawda 73 Sprachraum »In einer kultivierten Gegend jedenfalls nicht,« warf Edgar Hendricks dazwischen. »Warum nicht,« antwortete aber Harrlington lächelnd. »Allem Anscheine nach sind es südamerikanische Kreolinnen oder Abkömmlinge von Indianern und Weißen.« »Chaushilm,« sagte Charles zu dem jungen Herzog, der als großer Frauenverehrer bekannt war, »Sie lieben ja Damen mit üppigem, schwarzen Haar, daher empfehle ich Ihnen, sich um die Gunst jenes Mädchens dort zu bewerben. Haare hat sie wenigstens für drei auf dem Kopfe, und ihre Lippen sind wie zum Küssen geschaffen.« Er deutete dabei auf eine Gestalt mit aufgebauschtem Haarwulst und aufgeworfenen Lippen. »Wahrscheinlich eine Südseeinsulanerin,« meinte Harrlington. »Doch still! Miß Petersen will etwas fragen!« Die Vestalinnen hatten sich inzwischen nach den Schicksalen ihrer Schützlinge erkundigt. Es war ihnen dies nicht so schwer geworden, als man bei der Verschiedenheit der Nationalitäten hätte vermuten sollen; die in Asien geborenen verstanden fast alle arabisch, und bei diesen diente die französisch sprechende Sulima als Dolmetscherin, die übrigen aber hatten während ihrer Gefangenschaft so viel Türkisch gelernt, um sich verständigen zu können, und so ging die Aufklärung ohne Schwierigkeit vor sich. Nur Sulima selbst hatte ihr Schicksal noch nicht erzählt, ebenso nicht jene Negerin, deren wildes Aussehen dem lustigen Charles Gelegenheit zu dem Witze gegeben. Sie war eine hohe, schlanke Gestalt, mit einem mehr knabenhaften Gesicht, das nicht hübsch zu nennen war, aber neben Kühnheit und Stolz eine nicht zu bändigende Wildheit verriet. Die pechschwarzen Augen, welche unstät von einem der Mädchen zum anderen wanderten, schienen wirklich den Blick eines Panthers annehmen zu können, ein solcher Blitz schoß ab und zu aus ihnen, obgleich das Mädchen sich möglichst bemühte, den Vestalinnen, welche sich auch nicht durch Sulima mit ihr verständigen konnten, freundlich entgegenzukommen. Das lose Gewand hatte die Negerin so um ihren Körper geschlungen, daß die Arme freiblieben, und seltsam war es, was für Muskeln diese zeigten. Jeder Nerv, jede Ader trat an ihnen wie aus Marmor gemeißelt hervor, und dennoch zeugten die schlanken, wohlgepflegten Hände von keiner schweren Arbeit. Desgleichen verriet jede Bewegung des Körpers, was für eine katzenartige Gewandtheit ihm innewohnte. Die Damen versuchten vergeblich in allerlei Sprachen, mit dieser Negerin eine Unterredung zu ermöglichen. »Es ist nicht möglich,« sagte Sulima. »Während der sechs Monate, welche wir zusammen in Konstantinopel gefangen waren, hat sie sich nie mit uns unterhalten und gab überhaupt nie einen Laut von sich.« »Wie war ihr Benehmen im übrigen?« fragte Ellen. »Sie verhielt sich finster, zurückhaltend und stolz, besonders den Wärtern gegenüber, welche uns das Essen brachten und uns sonst bedienten. Näherte sich ihr einer der Leute, so schaute sie ihn mit so unbeschreiblich wilden Blicken an, daß er scheu zurückwich. Ich sah einmal zufällig, wie sie aus ihren dichten Haarflechten einen kleinen Dolch hervorzog und ihn aufmerksam betrachtete. Als sie bemerkte, daß ich ihr Geheimnis erkundet hatte, rief sie 74 © wasser-prawda Sprachraum mir in ihrer fremden, sonderbaren Sprache einige drohende Worte zu; aber sie wußte, daß sie von mir am allerwenigsten Verrat zu fürchten brauchte; ich ging ja selbst mit verwegenen Fluchtplänen um, besprach mich darüber mit meinen Leidensgenossinnen und machte auch ihr meine Absichten begreiflich.« Wieder war es Johanna Lind, welche in dieser schwierigen Lage einen Ausweg wußte. »Ich habe gehört,« sagte sie, »Lord Harrlington soll einen alten Diener bei sich haben, einen Neger, der, wie so viele Schwarze, ausgedehnte Sprachkenntnisse besitzt, und den er darum mit auf diese Reise genommen hat. Es ist leicht möglich, daß derselbe dieses Mädchen versteht.« »Ich werde den Lord fragen,« entgegnete Ellen und näherte sich der Bordwand des ›Amor‹, welcher vom Wind dicht an das Vollschiff getrieben wurden war. »Lord Harrlington, Sie haben einen Neger als Diener mit, welcher sehr viele Dialekte spricht, auch afrikanische?« »Ja, Miß, meinen Hannibal.« »Wir können eines der Mädchen nicht verstehen, vielleicht kann Hannibal uns als Dolmetscher dienen.« »Sofort werde ich ihn rufen,« erklärte Harrlington bereitwilligst, »das heißt,« fuhr er lächelnd fort, »er wird wohl keine Zeit haben.« Er ging nach der Luke, in die er mehrmals den Namen des Dieners hinabrief. »Was soll das heißen, daß ein Neger keine Zeit hat?« fragte Ellen erstaunt die anderen Herren. »Hannibal hat nie Zeit,« beteuerte Charles ernsthaft, »der arme Bursche ist immer mit Arbeit überhäuft. Doch Sie werden gleich selbst hören.« »Hannibal, Hannibal, komm‘ herauf!« rief Harrlington hinab. »Ich habe keine Zeit!« klang es nach einer Weile in ärgerlichem Tone zurück. »Komm einmal herauf, Damen möchten dich sprechen.« »Zum Kuckuck mit den Damen, Hannibal hat keine Zeit, Hannibal ordnet die Bibliothek!« klang es wieder von unten zurück. »Wie? Der Neger ordnet die Bibliothek?« riefen die Damen zweifelnd. »Es ist so,« versicherte Charles, »sein Herr hat ihm aufgetragen, die verkehrt stehenden Bücher umzukehren. Nun kann Hannibal zwar weder lesen, noch schreiben, aber er weiß doch, ob die Buchstaben auf dem Kopfe stehen oder nicht.« »Aber Hannibal, du wirst notwendig gebraucht,« lockte Harrlington wieder und betonte dabei das Wort ›notwendig‹. Im Nu erschien ein mächtiger, pfeffergrauer, wolliger Kopf über der Luke, dem gleich darauf die Gestalt eines alten Negers mit verwitterten und runzeligen Gesichtszügen folgte. Hannibal hatte ein bewegtes, abenteuerliches Leben hinter sich, über dessen erstem Teil ein geheimnisvolles Dunkel lag. Man sprach davon, daß er in seiner Jugend an der Westküste Afrikas einen Schmuggelhandel mit Spirituosen betrieben habe, bis er einmal erwischt und sehr hart bestraft wurde, wahrscheinlich mit Peitschenhieben, denn noch jetzt wies sein Rücken tiefe Narben auf; doch war dies nur eine Vermutung. Dann hatte Hannibal, welchen Namen er aber erst vom jetzigen Herrn bekommen, sich in der ganzen Welt herumgetrieben und zwar meist in Gesellschaft von Artisten, bei denen er als Clown fungierte. Später pro- © wasser-prawda 75 Sprachraum duzierte er sich in größeren Hafenstädten als Bauchredner, und als solcher traf ihn Harrlington einst in einem Hafen Südamerikas. Der Lord brauchte damals gerade einen Diener, und er fand an dem etwa fünfzigjährigen Neger, dessen ungeheueres Sprachentalent er bald entdeckte, ein solches Wohlgefallen, daß er ihn aufforderte, ihn zu begleiten. Der Schwarze war gerade in einer schlechten Lage, das Bauchreden wollte ihn nicht recht ernähren, und so nahm er ohne Besinnen das neue Engagement an. Das war vor fünf Jahren gewesen. Herr und Diener hatten sich seitdem so aneinander gewöhnt, daß sie, wenigstens für längere Zeit, unzertrennbar schienen, obgleich sie eigentlich in einem sehr sonderbaren Verhältnisse standen. Viele Neger besitzen ein beispielloses Talent zum Erlernen von Sprachen, sodaß sie sich bald vollkommen in derselben unterhalten können. Jeder Satz, den sie hören, haftet in ihrem Gedächtnis, und ein einmal gesprochenes Wort vergessen sie nie wieder, sie wissen mit nur wenigen Vokabeln so geschickt umzugehen, daß sie alles ausdrücken können. Dieses Talent besaß auch Hannibal. Außerdem konnte er jede einmal gehörte Tierstimme, jeden Menschenlaut oder jedes vernommene Geräusch auf das täuschendste nachahmen, wie er ja auch Bauchredner war. Lord Harrlington beschäftigte sich viel mit dem Studium fremder Völker, und hierbei leistete Hannibal ihm unschätzbare Dienste. Er brauchte nur einen Fuß, einen Finger, eine Fährte zu sehen, so konnte er sofort sagen, zu welcher Rasse der Eigentümer gehörte, wie alt er oder ob er Mann oder Weib sei. Hannibal hatte bald bemerkt, wie viel der Lord und dessen Freunde auf seine Eigenschaften hielten, und er gefiel sich nach und nach darin, den Gelehrten zu spielen. Obgleich er nicht lesen und schreiben konnte, saß er oft stundenlang vor einem offenen Buche, eine Brille auf der Nase, und that, als ob er lese. Da sein Herr ihm alles nachsah, ihn überhaupt eigentlich nur zur Unterhaltung und zum Zeitvertreib hielt, so glaubte sich Hannibal dazu berechtigt, sich jede Störung in seinem Studium, wie er sagte, zu verbitten. Wurde er gerufen, so antwortete er einfach, er habe keine Zeit, und ließ sich durchaus nicht stören, selbst nicht von Lord Harrlington, welcher daran seinen Spaß fand. Im übrigen wäre Hannibal für seinen Herrn durchs Feuer gegangen. Nur der Aufforderung, daß er ›notwendig‹ gebraucht werde, leistete er Folge, denn er versäumte nie eine Gelegenheit, bei der er seine Kenntnisse zeigen konnte, auf die er sehr stolz war. So kam er denn auch jetzt die steile Treppe eiligst heraufgestiegen und freute sich ungemein, als er erfuhr, daß alle Damen und Herren sich vergeblich abmühten, eine Negerin verstehen zu können. Ellen winkte der Schwarzen, an die Bordwand des Schiffes zu kommen, doch kaum standen jene und Hannibal sich gegenüber, so geschah etwas Seltsames. Hannibals Züge nahmen mit einem Male einen erst erschrokkenen, dann freudigen Ausdruck an. Mit weit ausgebreiteten Armen stürzte er nach der Bordwand, welche ihn von der Schwarzen trennte, fiel auf die Kniee und stammelte unzusammenhängende Worte, die niemand der Zuhörer verstand. Sie wurden in ebensol- 76 © wasser-prawda Sprachraum © wasser-prawda 77 Sprachraum chen Gurgellauten gesprochen, wie man sie vorhin von dem Mädchen gehört hatte. Dieses selbst blickte den Knieenden erst mit unverkennbaren Zeichen des Erstaunens an, ward aber dann aufmerksamer, wies bei dem Namen ›Yamyhla‹ mit dem Finger stolz auf die Brust, darauf antwortete sie, was Hannibal mit Entzücken zu erfüllen schien. Kaum aber war ihm das Wort ›Kebabo‹ entschlüpft, das er mit sichtlichem Zögern aussprach, so entstellte plötzlich ein Ausdruck grimmer Wut die Züge der Negerin; sie duckte sich zusammen, und ehe jemand ahnte, was sie vorhatte, schnellte sie mit einem Satze über die Bordwand und stand vor dem Knieenden. Ein Griff in ihr dichtes Haar, und sie hielt einen kleinen Dolch hoch in der Hand, um ihn Hannibal in das Herz zu stoßen. Lord Harrlington war der einzige, der so viel Fassung bewahrte, hinzuzuspringen, um einen Mord an seinem Diener zu verhindern. Aber wunderbarerweise stieß ihn dieser selbst zurück, riß sein Hemd auf und erwartete, ohne mit den Wimpern zu zucken, den tödlichen Stoß. Nur einige kurze Worte sagte er. Da ließ die Negerin die erhobene Waffe sinken, und wieder entspann sich zwischen beiden ein aufregendes Gespräch, in dem fortwährend die Namen Yamyhla, Kebabo, Bahadung, Gheso, Abeokuta und andere mehr vorkamen. »Was war das?« fragte Ellen erstaunt. »Wie ist mir denn, habe ich den Namen Yamyhla nicht schon irgend einmal gelesen oder gehört?« »Allerdings,« entgegnete Miß Nikkerson, »an einem Abend wurde in unserem Klub die Geschichte vorgelesen, wie vor Jahren die 5000 Amazonen von Dahomeh im Kampfe fast völlig vernichtet wurden. Die Anführerin derselben hieß Yamyhla.« »Ja, und wir jubelten damals noch über die Bravour, mit welcher sich die Mädchen gegen den zehnfach stärkeren Feind geschlagen hatten,« sagte eine andere. »Nun weiß ich auch, was alle diese Namen bedeuten,« meinte eine dritte. »Bahadung war der König von Dahomeh, welcher sich immer eine Leibgarde von 5000 in den Waffen geübten Mädchen hielt. Gheso war sein Vater, und bei der Stadt Abeokuta haben die Amazonen gekämpft.« »Sollte jene Yamyhla deren Führerin gewesen sein?« fragte Ellen. »Das ist nicht möglich, höchstens ist sie die Tochter oder Enkelin derselben,« antwortete eine Vestalin, »jetzt aber kann ich mir wenigstens erklären, woher dieses Mädchen eine solche Kraft und Gewandtheit besitzt. Ohne Zweifel ist sie eine jener Kriegerinnen, welche sich unausgesetzt in Kampfspielen üben.« »Dann wäre sie würdig für die ›Vesta‹« riefen fast alle Mädchen. »O, wenn wir sie für uns gewinnen könnten, diese Amazone!« »Wir wollen sehen, was sich thun läßt,« entgegnete Ellen, »Hannibal scheint sie genauer zu kennen. Jetzt kommt sie auf unser Schiff zurück; wir werden gleich alles von dem Dolmetscher erfahren.« Die beiden hatten sich unterdes lebhaft unterhalten, das Weib zeigte wiederholt nach der Sonne, erzählte dem Neger etwas unter Gestikulationen und legte zum Schluß bedeutungsvoll den Finger auf den Mund. Hannibal, auf dessen Gesicht sich während dieser Rede bald Freude, bald Entsetzen abgespiegelt hatte, rutschte jetzt 78 © wasser-prawda Sprachraum auf den Knieen zu der Negerin, küßte den Saum ihres Gewandes und that, als ob er vor Entzücken außer sich wäre. Darauf schritt das Mädchen wieder an die Bordwand und schwang sich mit einer Leichtigkeit und Grazie über dieselbe, um die sie jeder Cirkuskünstler beneidet hätte. Stumm schritt sie an den Damen vorüber und gesellte sich zu der Gruppe der Mädchen. »Nun, sage uns, was sie dir erzählt hat,« verlangte Ellen von Hannibal. Doch dieser schüttelte mit dem Kopfe. »Ich darf nichts verraten,« entgegnete er; sein früheres Selbstbewußtsein hatte er mit einem Male ganz verloren. »Meine Zunge ist mit tausend Eiden gebunden.« »Wie? So sollen wir nicht erfahren, wen wir befreit haben?« »Doch, das dürfen Sie, Miß. Es ist die Enkelin jener Yamyhla, welche im heldenmütigen Kampfe gegen die Neger von Weidah fiel.« »Sagte ich es nicht?« rief Miß Nikkerson. »Sie ist eine Amazone von Dahomeh.« »Wie kommt sie in die Sklaverei? Hat sie dir dies gesagt?« fragte Ellen weiter. »Das ist es eben, was ich nicht verraten darf. Dagegen hat Yamyhla eine Bitte an Sie, die Kapitänin des Damenschiffes. Sie darf erst nach 21 Monaten in ihre Heimat zurückkehren, um dort ihr Recht zu suchen, und fragt, ob sie während dieser Zeit auf der ›Vesta‹ verweilen kann. Ich habe ihr erklärt, daß sie dann arbeiten müsse, und Yamyhla hat sich bereit erklärt, gern die niedrigsten Dienste zu verrichten, wenn sie nur bei ihresgleichen sein kann. Yamyhla stammt aus einem der vornehmsten Geschlechter Dahomehs.« Ellen blickte sich im Kreise ihrer Gefährtinnen um; überall begegnete sie freudigen Gesichtern. »Natürlich,« stimmten die Vestalinnen bei, »Yamyhla ist eine der Unsrigen!« »Du hörst es, Hannibal,« redete Ellen diesen wieder an. »Teile es Yamyhla mit und sage ihr auch, daß wir sie nach Ablauf der gesetzten Frist selbst in ihre Heimat bringen werden, und, hat sie wirklich Ansprüche zu machen, so werden wir sie dabei mit aller unserer Kraft unterstützen. Auch die Herren des ›Amor‹ werden sich nicht davon ausschließen. Nicht wahr, Lord Harrlington?« »Wohin Sie gehen, dahin folgen wir Ihnen,« versicherte dieser abermals. »Ach, hat es so eine Negerin gut,« seufzte Charles in komischer Verzweiflung. »Warum bin ich keine Dahomeh geworden!« Ellen winkte dem Mädchen und ließ ihm den Entschluß durch Hannibal übersetzen. Yamyhla zeigte außerordentliche Freude darüber und drückte durch allerhand Gebärden ihre grenzenlose Dankbarkeit aus. Von den übrigen Vestalinnen wurde sie mit Herzlichkeit als Genossin begrüßt. Da über ihrem Schicksal ein Geheimnis zu ruhen schien, so wurde ausgemacht, sie nicht über dasselbe zu befragen, bis sie es selbst mitteilte. Yamyhla sollte dieselbe Arbeit verrichten und dieselben Rechte besitzen, wie jede andere Vestalin; doch sollte man sich möglichst viel mit ihr abgeben, um ihr bald einige Begriffe der englischen Sprache beizubringen. © wasser-prawda 79 ERSCHEINUNGSDATUM: 10.03.2014 UWE SAEGER: FAUST JUNIOR Justus verlässt die mütterliche Wohnung, um sich auf die Suche nach seinem Vater zu begeben. Er begegnet drei Gesellen, die ihn nach einem anständigen Saufgelage in eine von seinem vermeintlichen Erzeuger geführte Irrenanstalt entführen. Eine an ein Gehirn erinnernde Architektur und absurde Vorkommnisse verhindern jede Orientierung. Er findet einen Freund, irgendetwas entwickelt sich zwischen ihm und Wagner und eine Idee reift in ihm: Er will Superstar werden. Doch das bedeutet nicht nur anspruchsvolle Prüfungen zu bestehen und den eigenen Charakter zu formen. Er trifft Heiner Hohlen und tötet Goethe. HARDCOVER, CA. 550 SEITEN PREIS: 24,95 EUR (D) ISBN: 978-3-943672-35-0 Uwe Saegers Faust junior ist verstörend, widerspenstig, brutal und zuweilen obszön. Eine Abrechnung mit dem Irrsinn der Mediengesellschaft und ihren fragwürdigen Protagonisten, die verschiebt, demontiert, zerstückelt und sprachlos zurücklässt. PAULINA SCHULZ: DAS EILAND John verbringt die Sommerferien mit seinen Eltern in einem Ferienhaus auf einem Eiland mit romantischen Sandstränden und ausgedehnten Wäldern. Er unternimmt lange Streifzüge über die Insel und hält seine Eindrücke mit seiner Kamera fest; nach einigen Tagen begegnet er den Zwillingen Milan und Milena. Einer gemeinsamen Nacht, in der John seine ersten sexuellen Erfahrungen macht, folgt eine verstörende Entdeckung. Als er Milena Jahre später zufällig trifft, scheint sich der Kreis zu schließen. Diese Erzählung fesselt, sie reißt mit, ist wie ein Fluss, der sich unaufhaltsam seinen Weg bahnt und dennoch gleichmäßig schön vor sich hinströmt. Paulina Schulz schreibt über das Erwachsenwerden und das Gefühlschaos, das beinahe jeder erlebt hat, über Liebe, Schmerz und unerträgliche Sehnsucht. www.freiraum-verlag.de Gestaltet von Maximilian-Leonard Wienold SOFTCOVER, CA. 120 SEITEN PREIS: 12,95 EUR (D) ISBN: 978-3-943672-32-9