„Ich bin ein Soldat“ Auf dem W Auf dem Weg in die Erste W eg in die
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„Ich bin ein Soldat“ Auf dem W Auf dem Weg in die Erste W eg in die
118. Jahrgang Nr. 31.627 Sonnabend, 11. August 2007 „Ich bin ein Soldat“ Venezolaner wollte 800.000 Dollar ins Land schmuggeln Buenos Aires (AT/cal) – Ein mysteriöser Venezolaner, ein zurückgelassener Geldkoffer, ein Politiker, der abgesetzt wird, und viele offene Fragen. Dies die Bilanz. Was ist passiert? Es landet ein kleines Flugzeug mit acht Passagieren, Geschäftsmann steigt aus, läuft mit Koffer durch den Zoll, hat nichts zu deklarieren, führt angeblich nur Bücher mit, die Beamten wollen dennoch ins Handgepäck schauen, Nervosität macht sich breit ... und siehe da, das Köfferchen ist prall gefüllt mit Geldscheinen: rund 800.000 Dollar. Das hat sich der venezolanische Unternehmer Guido Alejandro Antonini Wilson definitiv anders vorgestellt, als er letzten Samstag im Flughafen Aeroparque Jorge Newberry in der Stadt Buenos Aires Boden berührte – wohl wissend, dass nur 10.000 Dollar unversteuert ins Land eingeführt werden dürfen. Das sei für einen Immobilienkauf, erklärte Antonini Wilson den Zollbeamten. Die Schlinge wird enger, der Bestechungsversuch schlägt fehl, der Venezolaner ereifert sich: „Ich bin ein Soldat, von mir werden Sie “Im Koffer sind Bücher”, sagte der Geschäftsmann. niemals erfahren, woher das Geld kommt und wohin es hätte gehen sollen.“ Ein Soldat? Von welcher Armee? Das Geld wird vorerst beschlagnahmt und im Flughafen in ein Schließfach der Nationalbank verräumt. Fünf Tage später reist der Geschäftsmann wieder ab, gegen ihn besteht kein Haftbefehl. Seine „noch“ 400.000 Dollar lässt er zurück. Bei illegalem Einfüh- ren von Geld muss der Besitzer 50 Prozent des gesamten Betrages abgeben. Die Geschichte könnte bis hierher als ein einigermaßen übliches Vergehen durchgehen, wäre der Venezolaner nicht an Bord einer Maschine gewesen, die vom argentinischen Energie-Staatskonzern Enarsa gechartert worden war. Darin saßen nebst Antonini Wilson vier ranghohe Angestellten des staatlichen venezolanischen Erdölkonzerns Pdvsa und drei argentinische Regierungsmitglieder. Dazu zählten der Direktor von Enarsa, Exequiel Espinosa, und Claudio Uberti, Direktor der staatlichen Kontrollstelle der Autobahnen und enger Vertrauter des Planungsministers Julio de Vido. Schnell fragt man sich: Was hatte Antonini Wilson in diesem Fluzgzeug zu suchen? Wussten die anderen Passagiere vom Geldkoffer? Handelt es sich hier um Geldschmuggel? Diesen Fragen geht nun die zuständige Staatsanwältin nach. Mittels Pressemitteilung distanziert sich am Dienstag Enarsa von diesem Vorfall. Am Mittwoch rollt bereits ein Kopf: Präsident Néstor Kirchner schmeisst Claudio Uberti aus der Regierung raus. Uberti, der bisher die MillionenGeschäfte zwischen Argentinien und Venezuela abwickelte, hatte dem reichen Geschäftsmann erlaubt, im Flugzeug mitzufliegen. Hm. Und Antonini Wilson soll angeblich ein guter Bekannter des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez sein. Hm. Auf dem W eg in die Erste W elt Weg Welt Cristina Kirchner vor US-Unternehmern Buenos Aires (AT/cal) – Reden voller Optimismus: In der Konferenz der US-Businessorganisation Council of the Americas garantierten Politiker und First Lady Cristina Kirchner, dass Argentinien ein sicheres Land für Investitionen und die Energiekrise bald gelöst sei. „In Argentinien können Sie sehr gute Geschäfte machen“, sagte die Präsidentschaftskandidatin Kirchner im Alvear Palace Hotel in Buenos Aires vor bedeutenden argentinischen und US-Unternehmern. Sie wiederholte ihre politisch-wirtschaftlichen Pläne, die sie bereits beim Auftakt ihres Wahlkampfes vor rund vier Wochen geäußert hatte: Wenn sie zur Präsidentin von Argentinien gewählt würde, werde sie ein Abkommen zwischen Staat, Unternehmern und Arbeitnehmern ausarbeiten. Sie fasste ihre Reisen ins Ausland zusammen und versicherte, dass die so genannte Energiekrise niemanden zu beunruhigen habe. Die Senatorin referierte frei und sicher, mit gewählten Worten. Sie überzeugte ihre Hörerschaft, zu welcher auch der US-Botschafter in Buenos Aires, Earl Wayne, und der Präsident des Autoherstellers Fiat, Cristiano Rattazzi, zählten. Sie kam wie gewohnt auf die Politik des früheren Präsidenten Carlos Saúl Menem zu reden: „In den 90er-Jahren glaubten wir, wir würden in der Ersten Welt leben. Die Wahrheit ist, wir waren nur auf dem Weg dahin, machten dann aber eine Kehrtwendung.“ Kabinettschef Alberto Fernández überraschte in seiner Rede: „Bis- her mussten wir notfallmäßig regieren. In Zukunft sollte es im Rahmen der Normalität vonstatten gehen.“ Einige Zuhörer deuteten diese Worte, als eine Zusage, dass die eingefrorenen Tarife bald freigegeben werden. Und Planungsminister Julio de Vido versicherte, dass die großen Unternehmen in wenigen Tagen von der rationierten Elektrizitätszufuhr wieder erlöst würden. Der neue Wirtschaftsminister Miguel Peirano sprach über die Förderung der Industrie im Land und des Exports und kündigte an, dass in Zukunft der Import von chinesischer Ware limitiert werden solle, um den Inlandmarkt zu schützen. Sonnabend, 11. August 2007 2 ARGENTINISCHES TAGEBLATT „Ich bin Antiimperialist“ Chávez baut „Energienetz“ in Lateinamerika auf Buenos Aires (AT/cal) – Der Mann, der überzeugt ist, dass „der Sozialismus niemals sterben wird“, leiht Argentinien Geld. Hugo Chávez, der venezolanische Präsident, war diese Woche auf einer Reise durch den Süden Lateinamerikas. Dabei schloss er mit Ländern wie Uruguay, Bolivien und Ecuador verschiedene Energieabkommen ab. Am Montag und Dienstag traf er sich mit dem Präsidenten Néstor Kirchner und der First Lady Cristina Kirchner in der Hauptstadt Buenos Aires. „Sogar die Steine reden davon, dass Cristina die künftige Präsidentin Argentiniens sein wird“, sagte Chávez, der jetzt bereits die Präsidentschaftskandidatin in Gesprächen wie das künftige Staatsoberhaupt behandelte. Kirchner und Chávez unterschrieben einen Vertrag über Energiesicherheit, in dem sämtliche bilateralen Projekte zusammengefasst sind. Darin wird unter anderem die Gründung des multinationalen Energieunternehmens Petrosuramérica festgehalten, an dem mehrere binationale Firmen betei- Hugo Chávez (links) zweifelt keinen Deut, Cristina Kirchner (rechts) wird die neue Präsidentin sein. ligt sein sollen. Petrosuramérica soll ideologisch und im Energiebereich die Länder Südamerikas einigen. „Venezuela hat Erdrohstoffe für die nächsten 150 Jahre“, sagte Chávez am Montag in einem Fernsehinterview des Kanals TN in Argentinien. Auch soll bis 2009 eine 400 Millionen Dollar teure Anlage für die Aufbereitung von Flüssiggas in Argentinien gebaut werden, die täglich bis zu 10 Millionen Kubik- meter Gas zu produzieren vermag. Das notwendige Flüssiggas wird Venezuela wohl über den Seeweg liefern. Denn das Megaprojekt Gasoducto del Sur, die Gaspipeline durch Brasilien bis Argentinien, sei zurzeit auf Eis gelegt, so Chávez. Außerdem kaufte Venezuela erneut argentinische Staatsanleihen. In einem ersten Schritt geht es dabei um einen Kauf von 500 Millionen Dollar. Weitere 500 Millio- nen Dollar kämen in den kommenden Monaten dazu, sagt Chávez. Damit hat der erklärte Gegner des Internationalen Währungsfonds (IWF) in den vergangenen Jahren Argentinien mehr als fünf Milliarden Dollar geliehen. „In der Region brauchen wir die internationalen Finanzorganisationen nicht mehr“, sagte er zufrieden. Kritische Fragen musste sich das venezolanische Staatsoberhaupt allerdings bereits bei seiner Ankunft am Flughafen anhören. So teilte man ihm mit, dass die jüdische Gemeinschaft sich sehr daran störe, dass Venezuela eine gute Beziehung zu Iran pflegt. Chávez antwortete trocken: „Sie sollen sich nicht allzu sehr ärgern, das ist schlecht für die Gesundheit.“ Im TN-Fernsehinterview fragen ihn denn auch die Journalisten direkt: „Sind Sie eigentlich Antisemit?“ Überhaupt nicht, sagte Chávez. „Ich bin kein Antisemit, ich bin durch und durch Antiimperialist.“ Und: Auf der schwarzen Liste der USA sei er auch nur deswegen, weil „Venezuela ein freies Land ist“. WOCHENÜBERSICHT Weitere 105 Polizisten rausgeschmissen Seit León Arslanian Sicherheitsminister der Provinz Buenos Aires ist, haben korrupte und straffällige Polizisten hartes Brot. Rund 1600 Polizisten sind seit 2004 ihres Amtes enthoben worden - davon 105 am letzten Sonntag. Die neulich Entlassenen sind oder waren in Fällen wie Korruption, Verschleierung der Tatbestände oder illegales Erzwingen einer Aussage involviert. Sie dürfen auf Lebzeiten kein öffentliches Amt mehr besetzen. Transvestiten und Nachbarn im Gespräch Nach dem Verbot, welches die Transvestiten ignorierten und die Stadtregierung vorerst als nichtig erklärte, kam es am Montag zu ersten Gesprächen. Im Stadtviertel Palermo diskutierten Nachbarn, Transvestiten, Regierungsleute Eröffnung am Tag der Deutschen Einheit: www .allesdeutsch.com.ar www.allesdeutsch.com.ar ...für alle, die es deutsch mögen. und Mitglieder des Instituts gegen Diskriminierung über die Zukunft des größten Transvestiten-Strichs – „el Rosedal“ – der Stadt Buenos Aires. Der Unterstaatssekretär für Geschützte Zonen der Stadt hatte dort vor rund zwei Wochen von einem Tag auf den anderen die Rotlichtszene verboten. Die Prostituierten sollen sich nicht an Abmachungen gehalten haben. Der Entscheid löste Proteste aus. Dinosaurier-Ei kehrt zurück Die australische Regierung hält in einem Beschluss fest, dass sie das Dinosaurier-Ei und weitere Fossilien an Argentinien zurückgibt. Es handelt sich dabei um rund 150 Kilogramm paläontologisches Material, welches das südamerikanische Land illegal verlassen hat. Die australische Polizei war Ende 2003 bei einer Zollkontrolle auf die in Kisten abgepackten Fossilien gestoßen, die auf dem Weg zu einer Ausstellung in den USA waren. Da es keine gültigen Exportpapiere für diese Ladung gab, wurde ermittelt und festgestellt, dass Argentinien diese Fossilien als ihr Eigengut deklariert hat. Kirchner-Gegnerin siegt in San Luis Die 51-jährige Architektin María Alicia Lemme ist letzten Sonntag mit rund 50 Stimmenprozenten zur Stadtpräsidentin von San Luis der gleichnamigen Provinz gewählt worden. Ihr Gegner und Kandidat von Präsident Néstor Kirchner, Alfonso Vergés, erzielte lediglich 42 Prozent. Dieser Sieg kommt dem peronistischen Dissidenten-Block sehr entgegen, dem nicht nur Lemme, sondern auch der Gouverneur der Provinz San Luis, Alberto Rodríguez Saá, dessen Bruder Alfredo Rodríguez Saá oder der frühere Präsident Carlos Saúl Menem angehören. In den Präsidentschaftswahlen im Oktober wollen sie einen Kandidaten aufstellen, der gegen Cristina Kirchner antritt. In rund einer Woche wird zudem der Gouverneur von San Luis gewählt. Deutsche Abgeordnete in V olkswagen-Fabrik Volkswagen-Fabrik Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Erich Fritz und Michael Fuchs, sind von Montag bis Donnerstag in der Hauptstadt Buenos Aires zu Besuch. Die Mitglieder der Fraktion Christlich Demokratischen und Christlich Sozialen Union (CDU/ CSU) treffen sich mit verschiedenen argentinischen Politikern und Unternehmern zu Gesprächen über internationale wirtschaftliche Beziehungen, Mercosur oder die Europäische Union. Auch werden sie die Volkswagen-Fabrik besichtigen gehen. Balestrini begleitet Scioli in die Provinz Alberto Balestrini wird als Vizegouverneur der Provinz Buenos Aires kandidieren. Der 59-Jährige begleitet in den kommenden Wahlen im Oktober somit den derzeitigen argentinischen Vizepräsidenten Daniel Scioli, der Gouverneur dieser Provinz werden will. Noch ist Balestrini Präsident der Abgeordnetenkammer. Zuvor war er sechs Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde La Matanza in Buenos Aires. Er kennt die Provinz bestens, bringt Erfahrung mit und als Bürgermeister der Gemeinde mit den meisten Wählerstimmen des Landes war er sehr geschätzt. Spaniens V ize Vize will sichere Regeln María Teresa Fernández de la Vega, Vizepräsidentin von Spanien, traf sich am Mittwoch in der Spanischen Handelskammer von Buenos Aires mit Unternehmern und darauf mit dem Präsidenten Néstor Kirchner im Regierungsge- 3 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 11. August 2007 bäude der Hauptstadt. Ein weiteres Mal bat sie, dass Argentinien den spanischen Investoren im Land einen sicheren Rahmen mit klaren Regeln garantiere. „Das ist ein Muss, um Vertrauen zu schaffen“, sagte die Vize. Fünf private Universitäten anerkannt Präsident Néstor Kirchner hat ein Dekret unterschrieben, das fünf private Universitäten als solche definitiv anerkennt. Es handelt sich um die Unis Fundación Barcélo, Zentrum für makrowirtschaftliche Studien (UCEMA), Lateinamerikanisches Studienzentrum (UCEL), Torcuato Di Tella (UTDT) und San Andrés (UDE- SA). Bisher verfügten diese Institute lediglich über eine provisorische Erlaubnis. Eine neue Universität muss erst sechs Jahre funktioniert haben, bevor die definitive Anerkennung beantragt werden kann. In Argentinien gibt es 41 private und 38 öffentliche Universitäten. (AT/cal) Das regierende Quartett In Argentinien regiert seit Mai 2003 Präsident Néstor Kirchner. Die Präsidentschaft ist das exekutive Amt der Republik, dessen Machtfüllle in der Verfassung verbrieft ist, aber durch Gesetze und eigenes Handeln ausgebaut werden kann. Das entspricht dem Regierungsstil Kirchners, der die Entscheidungsgewalt im Präsidialamt konzentriert und seinen Ministern sowie Staats- und Unterstaatssekretären nur ausführende Aufgaben zuteilt. Einige dezentralisierte Ämter wie die Steuerbehörde AFIP, das Zollamt, die Sozialverwaltung ANSES, die Altersfürsorge PAMI und andere geniessen Verwaltungsunabhängigkeit, wogegen die politischen Entscheidungen, die diese Ämter betreffen, vom Präsidialamt gefällt werden. Niemand regiert indessen allein und allmächtig. In jeder Regierung gibt es treue Mitarbeiter, die das Vertrauen des Regierungschefs geniessen und dessen Handeln beeinflussen. Im Fall der jetzigen Regierung bilden drei Mitarbeiter mit Kirchner das echt regierende Quartett. Allen voran seine Gattin und designierte Nachfolgerin Cristina Fernández. Sie übt freilich kein exekutives Amt aus, hat aber an den wichtigen Entscheidungen des Präsidenten informell Anteil. Sie residiert mit ihrem Gatten in Olivos und unterhält ein Büro im Regierungsgebäude. Im Senat, wo sie den Vorsitz des politisch wichtigen Ausschusses für Verfassungsfragen innehat, ist ihr Wort massgebend, wenn es sich um Gesetzesprojekte handelt, die die Machtvollkommenheit der Exekutive betreffen, darunter die dringlichen Notstandsgesetze und der Richterrat („Consejo de la Magistratura“). Der Einfluss der Präsidentengattin bei wichtigen Entscheidungen lässt sich freilich nur erraten, weil sie selber nicht öffentlich mitteilt, wie sie den Präsidenten beeinflusst. Kirchner ist auf jeden Fall letzte Instanz im Fall von Meinungsverschiedenheiten mit seiner Gattin, die es im politischen Entscheidungsfeld immer gibt. Nach Cristina Fernández integrieren das regierende Quartett der stille Randglossen Den Skandal Skanska deckte die Steuerbehörde AFIP auf, den Geldbeutel in der Toilette der Wirtschaftsministerin fand die Feuerwehr und den Dollarkoffer des jüngsten Skandals erwischte das Zollamt im Stadtflughafen. Die drei Skandale zeigen, dass es in Argentinien trotz allem immer noch Beamte gibt, die ihre Pflicht erfüllen und sich nicht nötigen lassen. Der Koffer mit fast 800.000 Dollar war am Zoll Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen und Drohungen gegen die Zollbeamten, die das Vergehen gegen die Vorschriften, das Geld anzugeben, zu Protokoll nahmen. Die Regierung reagierte erst nach zwei Tagen und versuchte zu erklären, was immer noch ein Geheimnis ist. Weshalb für ein angebliches Immobiliengeschäft Bardollars mitgebracht werden, anstatt eine Banküberweisung zu vollziehen, nährt Verdachtsmomente wie weiland das Bargeld in der Toilette der Wirtschaftsministerin, das eigentlich in ein Bankschließfach gehört. Eigenartig. Oberst Hugo Chávez, allmächtiger Präsident Venezuelas und Finanzier Argentiniens, kam für zwei Tage auf Besuch nach Buenos Aires, willigte ein, eine halbe Milliarde Dollar argentinischer Bonds zu hohem Zinssatz zu zeichnen, und erschöpfte sein Repertoir an Schimpfworten gegen das von ihm gehasste Imperium, lies die Vereinigten Staaten unter Präsident Bush, den Chávez stets verunglimpft. Unterdessen verkauft Venezuela Erdöl an die USA und betreibt dort Tankstellen. Miami ist der alternative Wohnort reicher Venezolaner und der Dollarschwarzmarkt floriert mit profitversprechenden Margen. Alles dank einem Erdölpreis von über 70 Dollar je Fass, mit dem Chávez bei freilich sinkender Förderung Geldgeschenke verteilt. Bis das Fass leer ist. Präsidialsekretär für technische und administrative Angelegenheiten. Die umständliche Bezeichnung des Amtes verdeckt die Tatsache, dass Carlos Zannini alle Dekrete des Präsidenten durchleuchtet und auch gelegentlich mitwirkt, wenn Entscheidungen fallen. Das Quartett wird ergänzt durch den Kabinettschef Alberto Fernández, der die Staatskasse massgeblich mitgestaltet, obwohl das nationale Schatzamt im Wirtschaftsministerium unter Carlos Mosse die ausführende Instanz ist. Fernández geniesst das Vertrauen des Präsidentenehepaares und mischt bei Entscheidungen gelegentlich auch mit. Planungsminister Julio de Vido, enger Vertrauter des Präsidenten seit er als Minister im Kabinett des damaligen Gouverneurs von Santa Cruz wirkte, bereitet die Entscheidungen in Sachen Infrastruktur vor, die der Präsident und das Quartett fällt. Allen anderen Ministern fallen administrative Aufgaben zu, ebenso Empfehlungen an den Präsidenten, welche Massnahmen sich gegebenenfalls aufdrängen. Seit Roberto Lavagna gegen Ende 2005 als Wirtschaftsminister abgesetzt wurde, konzentriert Präsident Kirchner die wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen in seinem Amt. Dieses Regierungsquartett dürfte mit veränderten Rollen an der Spitze weiter regieren, sollte Cristina Kirchner die Wahlen am 28. Oktober gewinnen, wie es durchweg alle Wählerumfragen prophezeien. Die letzten Entscheidungen werden dann der Präsidentin obliegen, aber ihr Gatte wird weiter mitmischen sowie möglicherweise den politischen Wahlapparat ausbauen, auf den er sich stützt. Wie es heisst, werden Zannini und Alberto Fernández ihre Ämter behalten, anders als die meisten Kabinettsmitglieder. Neue Gesichter dürften die Regierungsmannschaft bilden, was freilich keineswegs heissen soll, dass diese Minister mehr eigene Entscheidungen durchsetzen können als bisher. Der Regierungsstil Cristina Kirchners wird sicherlich weniger auf das Präsidialamt konzentriert sein, als es beim jetzigen Regierungschef der Fall ist. Néstor Kirchner widmet dem Amt seine gesamte Kraft und kontrolliert alle Regierungsgeschäfte. Von seiner Gattin darf man erwarten, dass sie weniger arbeitswütig sein wird als er selber. Eigene Akzente sind normal bei einem Präsidentenwechsel, auch im Ehebund, doch in den entscheidenden politischen Fragen dürfte das bisherige Regierungsquartett weiter amtieren wie bisher. Menschenrechte im Militär Buenos Aires (AT/cal) – Wer jetzt in Argentinien die militärische Karriere des Offiziers einschlägt, hat sieben neue Fächer auf dem Stundenplan. Dabei handelt es sich nicht etwa um neue Kriegstheorien oder Kampfsportarten, sondern um Kurse in Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft, Geschichte, internationale Beziehungen und Menschenrechte. Die Reform der militärischen Ausbildung sei längst angestanden, sagte Verteidigungsministerin Nilda Garré, genauer genommen seit dem Wiederaufbau der Demokratie in 1983, nach der Militärdiktatur. 2006 rief sie extra dafür ein Beraterrat mit verschiedenen Spezialisten ins Leben, der die neuen Studienpläne ausarbeiten sollte. Diesem gehört auch der Anwalt Martin Gras an, ein ehemaliger „Verschwundener“ der Militärdiktatur (1976-83). Er saß fast zwei Jahre im Geheimgefängnis der technischen Marinenschule (ESMA), wo mutmaßliche Regimegegner von Militärs gefoltert und umgebracht wurden. Vorerst unterrichten unter anderem Dozenten der Universität Buenos Aires (UBA) die Offizierschüler. Später werden in einem dreimonatigen Kurs militärische Instruktoren dafür geschult. Bis Ende Jahr soll der vielseitige Stundenplan auch für die Unteroffiziersschulen angepasst werden. ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 11. August 2007 4 Daniel Carlos Beros’ “Heimat für Heimatlose” Von Regula Rohland de Langbehn Buenos Aires - Dieser wichtige Beitrag zur Geschichte der Volksdeutschen in Argentinien entstand als theologische Dissertation. Das Buch enthält deshalb im zweiten Teil tiefgreifende theologisch-hermeneutische Betrachtungen, die mit dem Thema der Heimat in der anderen Welt verbunden sind und einen Ausblick auf die derzeitige Verschränkung des katholischen Denkens mit Grundgedanken der Lutherischen Tradition eröffnen. Dieser zweite Teil rundet das historische Bild des ersten ab, dessen Aussagen außerdem durch Quellenschriften - viele davon Gedichte - untermauert werden. Nach einer kurzen Geschichte der Deutschen im Wolgagebiet und der Gründe, warum sie aus Russland nach Argentinien weiterwanderten, wird die Arbeit des russlanddeutschen Pastors Jakob Riffel (18931958) dargestellt. 1924 nach Argentinien gekommen, war er bis zu seinem Tode in Entre Ríos in den Gemeinden Lucas González (1924-1941) und San Antonio (1941-1957) als Seelsorger tätig. Sein historische Bedeutung verdankt Riffel seiner publizistischen Arbeit. Er gab vier Publikationen heraus: 1925-1929 die “Russlanddeutsche Ecke” als Beilage zum Evangelischen Gemeindeblatt; dann 1929-1945 “Der Russlanddeutsche”, der 1945 enteignet wurde; 1946 kurzfristig die “Pastoralbriefe” und zuletzt den “Landboten”, der über seinen Tod hinaus bis 1971 weitergeführt wurde. Diese sukzessiven Publikationen erfüllten den Zweck, den seelsorgerisch und schulisch wenig betreuten zerstreuten Gruppen der Russlanddeutschen in Entre Ríos und in ganz Argentinien als gemeinsames Organ zu dienen, in dem sie ihre Fragen und Nöte artikulieren und miteinander Fühlung nehmen konnten. Die Langlebigkeit des Blattes zeugt vom Erfolg. Beros studiert anhand des Themas Heimat, wie sich die Redaktionsmeinung mit den vom Herausgeber sehr stimulierten Äußerungen der Leser zu einem historischen Gewebe verdichtet. Zwei Eckdaten während der Erscheinungszeit der Publikation waren das 50. und das 75. Jubiläum der ersten wolgadeutschen Einwanderung nach Argentinien (1878). Während das Jubiläum von 1928 unter dem Zeichen der Hoffnung stattfand, sich als Gruppe zusammenzufinden und so in dem Gastland eine eigene Rolle zu spielen, steht das von 1953 im Zeichen der Akzeptation Argentiniens als neue Heimat. Zwischen diesen beiden Daten steht die Befürwortung des Nationalsozialismus durch Riffel: ihm wurde für seine Zeitschrift von deutscher Seite eine neue Druckerpresse zur Verfügung gestellt, es gab neue Unterstützungen, vor allem im schulischen Bereich. Hiermit verband man die Hoffnung, Jugendliche der wolgadeutschen Gruppe ins argentinische intellektuelle Leben einzugliedern und bessere Bedingungen für die Gemeinschaft zu erwirken. Daneben wurden Hoffnungen auf eine neue deutsche Kolonialmacht laut. Später wurden die mit dem Nationalsozialismus verbundenen Hoffnungen auf den Peronismus übertragen, was die Assimilation förderte. Ein weiterer bedrückender Teil der Geschichte, der in Beros’ Untersuchung ist die zunehmende Schwierigkeit für die nach 1900 Eingewanderten, ihre Erwartungen erfüllt zu sehen: es gab keine Politik, durch die den Kolonisten eigene Parzellen zur Bewirtschaftung zugesprochen worden wären; als Pächter rücksichtslos ausgebeutet, mussten die Immigranten ein unsicheres Leben führen und wiederholt die Suche nach neuen, besseren Bedingungen auf sich nehmen, Wanderungen von La Pampa nach dem Chaco, von dort nach Corrientes... und viele landeten schließlich in Buenos Aires in einer Umgebung, die ihrem bäuerlichen Weltbild keineswegs gerecht wurde. (Daniel Carlos Beros. Heimat für Heimatlose. Die Sprache des Glaubens und die Suche nach Bodenständigkeit bei russlanddeutschen Migranten in der La Plata-Region. Erlangen: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene 2007. Missionswissenschaftliche Forschungen, Neue Folge, Band 22, 384 S.) AUSFLÜGE UND REISEN Auch die Plaza de Mayo wandelt sich Man mochte früher ein, fünf oder zehn Jahre auswärts verbracht haben: wenn man in die (Wahl)heimat zurückkehrte, hatte sich in der Stadt Buenos Aires zwar einiges gewandelt, aber die Plaza de Mayo sah aus wie eh und je: Das Regierungsgebäude, der Cabildo, die Kathedrale, die Monumente - alles schien, und war, wie einst. Wie viel hat sich jedoch in jüngster Zeit verändert! Die Casa Rosada ist von einer zweimal mannshohen Drahtumzäunung umgeben, die Straße davor (Balcarce) wurde für den Autoverkehr gesperrt, allenthalben sieht man Polizisten. Die ständigen Proteste aller möglichen Gruppierungen haben die Regierung zermürbt und sie gezwungen, sich einzuigeln. Vor allem für Besucher aus dem Landesinneren ist der Anblick eine herbe Enttäuschung, denn nun ist selbst ein Erinnerungsfoto vor dem Sitz der Exekutive nur mit einem abscheulichen Drahtkäfig als Hintergrund möglich. Ansonsten ist der älteste Platz von Buenos Aires, einst Plaza Mayor, später Plaza de la Victoria und heute Plaza de Mayo, weitgehend so, wie er ursprünglich war. Verschwunden ist im 19. Jahrhundert lediglich die Recova, ein Arkadengang, der den Platz in zwei Hälften teilte. Das Areal des Maiplatzes, Bürgersteige, kleine Grünflächen und Springbrunnen inklusive, umfasst knapp 45.000 Quadratmeter ein wichtiger Parameter dafür, wenn Regierungen Massenaufmärsche inszenieren und von „Millionen von Teilnehmern“ reden, wo in Wirklichkeit jedoch maximum maximorum (à fünf Personen pro Quadratmeter) dicht an dicht 150.000 bis 170.000 Menschen Platz finden. Doch vor allem für Familien aus dem Landesinneren mit ihren Kindern, die in der Schule Geschichte aus der Ferne lernen mussten, ist die Plaza de Mayo ein wichtiger Bezugspunkt. Nicht nur wegen der historischen Gebäude, sondern auch, weil man dort sowohl das Museo de la Casa de Gobierno besuchen kann, das vergangenen Monat Mai 50 Jah- Norte ist etwas mehr als einen Kire alt wurde (montags bis freitags lometer lang, die Diagonal Sur rund von 10 bis 18 und sonntags von 14 600 Meter. Dem Durchstich der bis 18 Uhr), als auch das Museo Süddiagonale und der Avenida de Histórico Nacional del Cabildo de Mayo fielen die beiden Flügel des Buenos Aires y de la Revolución de Cabildo zum Opfer, der deshalb Mayo (dienstags bis freitags von 10.30 bis 17, sonntags 11.30 bis 18 Uhr). Die Räumlichkeiten scheinen hier noch die Geschehnisse um 1810 zu atmen. Im Untergeschoss funktionierte bis etwa 1875 das einzige Gefängnis von Buenos Aires. Für den Originalbau sollen 204.000 Lehmziegel benutzt worden sein. Etwa von der Maipyramide aus kann man sowohl die einst wie heute beeindruckende Avenida de Mayo mit dem monumentalen Kongressgebäude am anderen Ende sehen, als auch die beiden Diagonalen; die Diagonal Maipyramide und dahinter die Casa Rosada. heute nur noch die Hälfte der ursprünglichen Rundbögen besitzt. Die jetzige elektrosynchrone Turmuhr stammt aus dem Jahre 1940, als der Cabildo zum letzten Mal renoviert wurde; der zuvor benutzte Regulator von 1861, zeitweise die offizielle Uhrzeit Argentiniens anzeigend, wurde einer anderen Pfarrkirche übereignet. Die Pirámide de Mayo ist das erste Denkmal Argentiniens. Das Original wurde 1811 anlässlich des ersten Jahrestags der Staatwerdung aus Adobe errichtet und 1856 von Prilidiano Pueyrredón in ihrer jetzigen Form ummantelt, mit der nach Osten, der dem Sonnenaufgang, dem „Sol de Mayo“ entgegenblikkenden „Freiheit“ gekrönt und übrigens zweimal verschoben. Und zwar wurde sie 1884 nach dem Abriss der Recova versetzt und dann noch einmal bewegt, als man die Endstation der U-Bahnlinie A baute. Man bugsierte den knapp 19 Meter hohen Obelisken wegen der Ausschachtungsarbeiten beiseite und rückte ihn dann wieder auf den ursprünglichen Standort, doch einen Meter weniger als zuvor, weil der neue U-Bahnhof darunter lag. So bilden das Reiterstandbild des General Belgrano und die Pyramide keine perfekte Gerade mehr. Höhen-Nullpunkt vor der Kathedrale. Die Ur-Stadt wurde von Juan de Garay erstaunlich genau nach OstWest und Süd-Nord ausgerichtet, die Avenida Rivadavia als Hauptstraße weicht weniger als zwei Grad vom Meridian ab. Auf dem Aufgang zur Kathedrale sieht man zwischen den zwei mittleren der zwölf Kolumnen einen Stern in den Marmorfußboden eingelegt. Dieser galt früher als der absolute Bezugspunkt für die Höhenmessungen in Buenos Aires und dem restlichen Land. Seine Höhe wurde seinerzeit mit 18 Meter und 44 Zentimeter über dem Meeresspiegel fixiert. Die Kathedrale war die erste große Baulichkeit in Buenos Aires, bei der Backsteine verwendet wurden. Marlú TABELLEN Fußball - T orneo Clausura Torneo 1. Spieltag: Colón-Vélez 0:1, Banfield-Estudiantes 0:3, Gimnasia-Tigre 0:1, Argentinos-San Martín (SJ) 0:1, Independiente-Lanús 5:3, Olimpo-Racing 0:2, Newell´s-San Lorenzo 1:0, Boca-Rosario Central 0:0, Huracán-Arsenal 1:1, Gimnasia (J) - River (verschoben). Fußball Sehnsucht in der Apertura Buenos Aires - Der erste Spieltag der diesjährigen Apertura brachte keine spektakulären Ergebnisse. Die Aufsteiger Tigre und San Martin (SJ) konnten jeweils einen 1:0 Sieg für sich verbuchen wohingegen Olimpo seinen Wiedereinstieg mit 0:2 gegen Racing nicht so gut anging. Auch der amtierende Meister San Lorenzo musste einen Rückschlag gegen Newell´s hinnehmen (1:0). Bei Boca hingegen bleibt nur die Sehnsucht. Das ganze Team hofft immer noch auf die endgültige Entscheidung über den Verbleib von Juan Román Riquelme. Das erste Spiel ohne Bocas Superkicker brachte ein enttäuschendes 0:0 für die Truppe von Miguel Angel Russo gegen Rosario Central. (dpa/AT/jvm) ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT Der frei benannte Dollarkurs betrug Freitag nachmittags $ 3,18. Die Rofex Terminkurse betrugen zum 31.8. $ 3,155, 1.10. $ 3,173, 31.10. $ 3,191, 30.11. $ 3,211, 2.1. $ 3,233 und 31.1. $ 3,251. *** Der Mervalindex fiel in der Berichtswoche zum Donnerstag um 4,5% auf 2.087,68, der Burcapindex um ebenfalls 4,5% auf 7.432,62 und der Börsenindex um 4% auf 111.835,37. *** Der durchschnittliche Rind- 5 ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 11. August 2007 fleischpreis (kg Lebendgewicht in Liniers) stieg in der Berichtswoche um 4,3 % auf $ 2,721. *** Die Gold-, Devisen- und Anlagenreserven der ZB betrugen am 27.7.07 U$S 44,19 Mrd., der Banknotenumlauf $ 64,70 Mrd. Eine Woche zuvor waren es U$S 44,18 Mrd. bzw. $ 64,38 Mrd., einen Monat zuvor U$S 42,96 Mrd. bzw. $ 61,76 Mrd. und ein Jahr zuvor U$S 26,23 Mrd. bzw. $ 50,37 Mrd. *** Der Deckungskoeffizient der De- visenreserven in Pesos zum Tageskurs, bezogen auf die monetäre Basis, betrug am 27.7.07 154,3%. *** Die Zeitschrift „Noticias“ hat in ihrer Ausgabe der Vorwoche die Vermögens- und Einkommenserklärung untersucht, die Kirchner beim Amt zur Bekämpfung der Korruption eingereicht hat. Der Präsident gibt an, 32 Immobilien zu besitzen, von denen er 17 bis 19 in Rio Gallegos vermietet. 2006 hat Kirchner angeblich $ 1,38 Mio. an Mieten kassiert. Die Zeitschrift hat ermittelt, dass die Mieten, die Kirchner effektiv kassierte, zwischen $ 400 und $ 1.200 für jede Wohnung lagen. Nimmt man den höchsten Wert, bei 19 Wohnungen, so ergibt das $ 273.600 im Jahr, ein Fünftel der angegebenen Summe. Ausserdem hat Kirchner angegeben, auf seine Fristdepositen in Dollar, für u$s 2,4 Mio. einen Zinssatz von 9% erhalten zu haben, bei einem normalen Zinssatz am Platz von 1,7%. Die Zeitschrift deutet an, dass die Angaben des Präsidenten falsch sind. *** Wie die Zeitung „La Nación“ unter Berufung auf die Kontrolleinheit der Treuhandfonds für Infrastruktur berichtet, erhielten die städtischen Omnibusse im 1. Halbjahr 2007 Subventionen von $ 1,03 Mrd, verglichen mit $ 479 Mio. in der gleichen Periode 2006 und $ 298 Mio im 1. Halbjahr 2005. Hinzu kommt noch die Subvention des Dieseltreibstoffes. Die Omnibusse, die lange Strecken hinterlegen, erhalten den Treibstioff zu $ 0,42 je Liter und die städtischen Omnibusse zu $ 0,62 pro Liter, verglichen mit einem durchschnittlichen Marktpreis von $ 1,70. Die Differenz zahlt der Staat, wobei dies 2006 gemäss Schätzung von Erdölunternehmen über eine Milliarde Pesos gekostet hat. Die direkte Subvention übertrifft im 1. Halbjahr 2007 den im Haushaltsgesetz für das ganze Jahr vorgesehenen Betrag von $ 700 Mio. Die Erhöhung der Subvention ist im Wesen auf Lohnzulagen zurückzuführen, zum Teil aber auch auf erhöhte Instandhaltungskosten. Die Subventionen werden aus einem Fonds bezahlt, der mit einem Beitrag von 20% auf den Preis für Dieseltreibstoff genährt wird. *** Der Verband der lokalen Kfz-Fabrikanten ADEFA teilt mit, dass die Kfz-Produktion im Juli mit 432.964 Einheiten um 16,5% über dem Vorjahr, aber um 7,6% unter dem Vormonat lag. In 7 Monaten wurden 275.851 Einheiten erzeugt. Die Lieferungen an Agenturen betrugen im Juli 50.568 Einheiten und der Export 20.326 Kfz. *** Bei zahlreichen Tankstellen ist der Preis für Benzin und Dieseltreibstoff höher als in der Bundeshauptstadt und Umgebung. Dieseltreibstoff kostet hier zwischen $ 1,50 und $ 1,70 pro Liter, und im Landesinneren bis zu $ 2,30. Benzin kostet hier zwischen $ 1,90 und $ 2,20, aber im Landesinneren zwischen $ 2 und $ 2,50. Ausser- dem nehmen die meisten Tankstellen keine Zahlung mit Kredit- oder Scheckkarten an. Die Tankstelleninhaber geben an, ohne höhere Preise ihre Kosten nicht decken zu können. Doch in mehreren Fällen haben sie Knappheitserscheinungen ausgenutzt. *** Durch Beschluss 2296 des landwirtschaftlichen Kontrollamtes ONCCA (Amtsblatt vom 6.8.07) wurde bestimmt, dass die Grossisten des Rindermarktes (genannt „matarifes“) täglich über die Zahl und Preise der Rinder berichten müssen, die sie schlachten lassen. Die Schlachthäuser und die Makler („consignatarios“) waren schon vorher verpflichtet worden, diese Daten anzugeben. Somit würde das Amt jetzt eine vollständige Information über Rinderschlachtungen haben. *** Hugo Chavez, Präsident von Venezuela, gab bei seinem Argentinien-Besuch vom Montag bekannt, dass er argentinische Bonds nicht für u$s 1 Mrd. kaufen werde, wie es angekündigt worden war, sondern nur für u$s 500 Mio. Der effektive Zinssatz dieser Boden 2015 würde bei 10,6% liegen. Chavez erklärte, in zwei Jahren habe sein Land schon argentinische Staatspapiere für u$s 4,72 Mrd. gekauft. Allerdings hat die venezolanische Regierung schon über die Hälfte dieses Betrages wieder verkauft. *** Präsident Kirchner entschied, dass das Rentenamt ANSeS der Pensionskasse der Provinz Buenos Aires $ 650 Mio. überweist, damit diese ihr Defizit decken und die Renten zahlen kann, die den 211.862 ehemaligen Beamten der Provinzverwaltung gezahlt werden. Die Provinz Buenos Aires hat das Pensionierungsystem in den 90er Jahren nicht, wie viele andere, an den Nationalstaat übertragen, weil die provinziellen Renten höher als die nationalen waren und eine Angleichung an letztere befürchtet wurde. Die Provinz Buenos Aires hat schon Anfang dieses Jahres einen Zuschuss von $ 1,1 Mrd. erhalten, der für die Zulage an Lehrer bestimmt war. *** Die Erdölexporte nahmen in den ersten 5 Monaten 07 um 28% gegenüber der gleichen Vorjahresperiode auf 1,31 Mio. cbm ab. Dies ist hauptsächlich auf eine Zunahme des Binnenkonsums zurückzuführen, der in der gleichen Periode bei Benzin und Dieseltreibstoff mit 7,4 Mio. cbm um 8% PERSONALNACHRICHTEN Geburten Clara Rizzardi-Mehnert, am 3.8. Geburtstage Melchior Leis, 80. Todesfälle Hans Günter Schmitt, am 10.7. Erich Kunath, am 23.7. Henry Rosenbaum, am 3.8. Elsa Krüger de Kirchhübel, 90. am 4.8. Claus Häberle, 80, am 5.8. Sonnabend, 11. August 2007 über dem Vorjahr lag. *** Tenaris, die zum Techint-Konzern gehört, hat ihren Investitionsplan von u$s 160 Mio. in der Fabrik für nahtlose Stahlrohre in Campana, Provinz Buenos Aires, zu Ende geführt. Das Unternehmen hat eine neue Anlage für die thermische Behandlung von kleinen und mittleren Röhren in Betrieb genommen, mit einer Kapazität von 90.000 Jato, womit die Gesamtkapazität für die Erzeugung thermisch behandelter Röhren auf 550.000 Jato erhöht wurde. Insgesamt beträgt die Kapazität 900.000 Jato nahtlose Röhren. *** Pampa Holding, die dem DophinFonds von Marcelo Mindlin gehört, gab ein Abkommen mit Emgasud bekannt, die Alejandro Ivanissevich gehört, um eine Beteiligung von 50% des Kontrollpaketes am Ingentis-Projekt zu übernehmen. Dieses Unternehmen setzt sich zu 61% aus Privatkapital und zu 39% aus einer Beteiligung der Provinz Chubut zusammen. Jetzt soll der Bau eines Wärmekraftwerkes von 400 MW und von Windkraftanlagen von insgesamt 100 MW in Chubut in Angriff genommen werden. Pampa Holding kontrolliert schon die Kraftwerke Piedra Buena (Bahía Blanca), Nihuiles und Diamante (Mendoza), Loma de la Lata (Neuquén) und Güemes (Salta), das Stromverteilungsunternehmen Edenor und 50% von Transener, das die Stromfernleitungen betreibt. Wie Pampa Holding in einigen Jahren so viel Geld aufbringen konnte, nachdem vorher weder der Fonds noch Mindlin bekannt waren, wurde nicht geklärt. *** Nachdem Global Crossing im Mai dieses Jahres die lokale Firma IMPSAT für u$s 347 Mio. übernommen hat, wird sie jetzt auch in Argentinien unter der eigenen Marke Global Crossing statt IMPSAT tätig sein. Global Crossing, mit Sitz in Bermudas, hat im Jahr 2000 das erste internationale Netz mit Technologie IP („Internet Protocol“) entwickelt. Impsat entstand Ende der 80er Jahre als technologisches Unternehmen des Pescarmona-Konzerns. Impsat kotierte auch an der Börse von New York, ging dann aber auf Investment-Fonds über. Impsat hat etwa 5.000 Kunden in Argentinien und Lateiname-rika. *** Felipe Rovera, Präsident von General Motors Argentina, gab bekannt, dass die Firma über die schon angekündigten u$s 200 Mio. noch mehr in ihrer Fabrik in Rosario investieren werde. Es war informell von weiteren u$s 200 Mio. die Rede. 06 erzeugte GM in Rosario 70.900 Kfz; für 07 sind 120.000 Kfz vorgesehen, und das Ziel für 2010 sind 150.000 Einheiten. *** Das Arbeitsministerium hat bei der Schlichtung des Arbeitskonfliktes des Unternehmens Telefónica de Argentina S.A. eine Lohnerhöhung von 16,5% und eine einmalige Zah- ARGENTINISCHES TAGEBLATT lung von $ 1.050 verfügt, bei Verringerung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde. Auf diese Weise verdient ein Arbeiter der niedrigsten Kategorie insgesamt $ 2.640. Der Antrag der Firma, die sogenannte funktionelle Mobilität der Arbeiter in das Arbeitsabkommen aufzunehmen, wurde hingegen vom Ministerium bei Seite gelassen. Es geht hier darum, dass die Arbeiter für verschiedene Funktionen ausgebildet werden, und von einer auf die andere, je nach Bedarf, verlegt werden können. Das würde die Produktivität erhöhen, aber weniger Arbeitskräfte erfordern. In den 90er Jahren haben viele Unternehmen, angefangen mit Acindar, dieses System mit grossem Erfolg eingeführt; jetzt scheint dies nicht mehr möglich zu sein. Die Gewerkschaft hat daraufhin die Gewaltmassnahmen aufgehoben, die sie seit mehreren Monaten eingeführt hat, die besonders Reparaturdienste und Einrichtung neuer Anschlüsse betroffen haben. *** Zwischen Veneueala und Argentinien wurde vereinbart, am Hafen von Bahía Blanca eine Anlage für u$s 400 Mio. zu errichten, um flüssiges Gas aufzunehmen und in Gasform weiter leiten zu können. Dabei sollen 10 Mio. cbm. Gas jährlich geliefert werden, 8% des gegenwärtigen Gaskonsums. Die staatliche argentinische Enarsa soll 51% zum Projekt beitragen, und die venezolanische PDVSA 49%, wobei dieser auch die Verflüssigungsanlage in Venezuela zur Last fällt. Bei Verflüssigung wird das Volumen des Gases 600 Mal verringert. Dieses Projekt soll die geplante Gasleitung von Venezuela über Brasilien nach Argentinien ersetzen, die über u$s 20 Mrd. gekostet hätte, wobei das Gas in Argentinien mindestens u$s 10 je Mio. BTU gekostet hätte, über doppelt so viel wie das Gas aus Bolivien. Beim Import von Flüssiggas per Schiff wird mit einem Preis gerechnet, der auf alle Fälle weit über u$s 5 je Mio. BTU liegen wird, die Bolivien bezahlt werden. Den lokalen Gasproduzenten wird bis zu u$s 1,50 am Förderungsort gezahlt. *** Der Weinkonsum weist gemäss einer Studie der Firma CCR eine klare Tendenz zum Qualitätswein auf. Im 1. Halbjahr 07 stieg der Umsatz bei Weinen von $ 8 bis $ 10 pro Liter um 27%, und bei Weinen von über $ 24 pro Liter um 24%. Bei gewöhnlichen Weinen nahm der Umsatz um 6% ab, und bei solchen, die in Tetrabrik geliefert werden, nur um 2% zu. *** Die Firma Corsal gab die Erweiterung der Kapazität ihrer Landmaschinenfabrik in der Umgebung von Rosario von 150 auf 400 t bekannt. *** Die Präsidentschaftskandidatin Cristina Fernandez de Kirchner beteuerte bei ihrer Rede vor dem „Council of the Americas“, der in Buenos Aires tagte, dass sie einen dreiteiligen Sozialpakt anstrebe, an dem der Staat, die Unternehmer und 6 Die gefälschte Preisstatistik Das Statistische Amt (INDEC) hat die Zunahme des Indices der Konsumentenpreise für Juli 2007 mit 0,5% angegeben, womit sie für 7 Monate 2007 bei 4,4% liegt. Allgemein gehen Wirtschaftsexperten und Konsumentenschutzvereine davon aus, dass die Juli-Zunahme über 1% liegt, und sich im Laufe dieses Jahres eine Zunahme von 12% angehäuft hat. Die 12monatige Preiszunahme beträgt laut INDEC 8,6%, gemäss privaten Schätzungen um 15%, bei steigender Tendenz. Man muss jetzt abwarten, bis die Indices der Konsumentenpreise für die verschiedenen Gegenden des Landesinneren veröffentlicht werden, die viel höhere Zahlen ergeben, weil Binnenhandelesskeretär Moreno keine Möglichkeit hat, die Zahlen zu ändern, wie er es offensichtlich beim Index für die Stadt Buenos Aires und Umgebung tut, der diese Woche bekanntgegeben wurde. Der Index der Grossistenpreise weist im Juli eine Zunahme von 2,1% aus, von 9,5% in 7 Monaten und 10,9% in 12 Monaten. Dies bedeutet, dass die Margen des Einzelhandels drastisch zurückgegangen sind, wobei sich in vielen Fällen sogar Verluste ergeben. So ist der Engrospreis für Gemüse in 7 Monaten durchschnittlich um 78% gestiegen, beim Einzelhandel hingegen nur um 17%. Kartoffeln nahmen beim Handel im Zentralmarkt um 27,7% zu, beim Verkauf an das Publikum jedoch nur um 3,7%. Das Angebot an frischem Gemüse war im Juli durch die akute Kälte beeinträchtigt worden, was sich auf die Preise ausgewirkt hat. Bei Milch wurde der Preis, den die Industrie dem Milchbauern zahlt, dieses Jahr um 50% erhöht. Der Grossistenpreis für Milch nahm auch stark zu, allein im Juli um 10%; aber beim Einzelhandel hat dies laut INDEC kaum eine Wirkung gehabt. Nahrungsmittel und Getränke stiegen im Juli um 0,5%, jedoch gemäss der Erhebung der Consulting-Firma Equis (von Artemio Lopez) um 4,47%. Andere private Erhebungen ergeben noch mehr. Die Ausgaben für Freizeitgestaltung, was Tourismus mit einschliesst, lagen um 0,9% über Juni, aber um 1% unter Dezember 2006. Wenn man nur Tourismus nimmt, so ergibt sich eine Zunahme von 2%, gegen 7,6% im Juli 2006 und 11,5% im Juli 2005. Die Winterferien führen allgemein wegen der plötzlich stark erhöhten Nachfrage zu Preissteigerungen auf diesem Gebiet. Es ist nicht glaubhaft, dass das dieses Jahr nicht der Fall war. Das „Zentrum für Erziehung der Konsumenten“ (CEC, Centro de Educación al Consumidor), geleitet von Susana Andrade, hat ermittelt, dass es beim Tourismus Zunahmen von 20% in einem Monat gegeben hat. Die Sparte „Bekleidung“ weist im Juli eine Abnahme von 3,2% aus, und in 7 Monaten eine Zunahme von 1,4%. Hier spielt der Umstand eine Rolle, dass der Handel seine Lagerbestände verkaufen will, solange die Kälte andauert, und daher mit hohen Preisen für Winterbekleidung im April beginnt und sie ab Mitte Juli senkt. Der Vergleich mit Dezember, wo es sich um Sommerbekleidung handelt, ist nicht einfach, und daher besonders suspekt. Es wäre auf alle Fälle interessant zu wissen, wie sich bestimmte Bekleidungsstücke, die nicht von saisonalen Umständen abhängen, wie Herrenhemden oder Unterhosen, verhalten haben. Die Ausgaben für Gesundheit, einschliesslich Medikamente werden vom INDEC im Juli mit einer Zunahme von 0,5% ausgewiesen, in 7 Monaten von 4%. Das genannte Zentrum von S. Andrade weist indessen darauf hin, dass die Medikamentenpreise im Juli um 3% bis 12% zugenommen haben, gegen nur 0,6% gemäss INDEC. Wohnungausgsaben und öffentliche Dienste stiegen um 0,6%, bzw. 5,1%, Wohnungsausrüstung um 1,1%, bzw. 6,3%, Transport und Fernverbindungen um 1,1%, bzw. 4,2%, Erziehung um 2,2%, bzw. 7,9%% und „andere Ausgaben“ um 0,8%, bzw. 6,2%. Kabinettschef Alberto Fernandez erklärte, die einzige konkrete Wirkung des Preisindices betreffe die Rechte der Gläubiger, wobei er sich frage, ob die Argentinier einen höheren Index wünschen, der nur die Gläubiger begünstigt. Das bezieht sich auf die CER-Werberichtigung der Staatstitel in Pesos. Er hat also zugegeben, dass man Inhaber dieser Bonds betrügen will. Kein Wunder, dass diese Bonds am gleichen Tage der Bekanntgabe des Indices um 2% zurückgingen. Die Baukosten stiegen laut INDEC im Juli um 2,8%, in 7 Monaten um 14,4%, und in 12 Monaten um 20,4%. Die Zunahme ist hier hauptsächlich durch Lohnerhöhungen bedingt, die die Arbeitskosten um 4,5% im Monat Juli und um 20,2% in 7 Monaten emportrieben. Aber ausserdem nahmen innnerhalb dieses Jahres die Preise für Ziegelsteine und Keramikprodukte um 27% zu, Produkte aus Kupfer, Blei und Zinn um 24% und Zement um 14,6%. Sonnabend, 11. August 2007 die Gewerkschaften beteiligt seien, um auf diese Weise den bestehenden makroökonomischen Rahmen als definitiv zu verankern. *** ZB-Präsident Martín Redrado wies bei seiner Ansprache vor dem „Council of the Americas“ darauf hin, dass die jüngste Finanzkrise gezeigt habe, dass die ZB mit Reserven von rund u$s 44 Mrd. in der Lage sei, spekulative Bewegungen zu entmutigen. Die Intervention der ZB auf dem Devisenmarkt verfolge das Ziel, zu verhindern, dass die Kursschwankungen die Entscheidungen über Ausgaben, Sparen und Investitionen beeinflussen, dass jedoch gleichzeitig keine Kurssicherung bestehe, die spekulative Kapitalien anziehe. *** Planungsminister De Vido erklärte am Dienstag, in den nächsten Tagen würden die Einschränkungen der Stromlieferungen an Industriebetriebe aufgehoben werden. Gegenwärtig wird die Nachfrage um 1.200 MW durch Beschränkung der Nachfrage von 16 bis 24 Uhr verringert. Die höheren Temperaturen, die nach dem Abflauen der Polarwelle eingetreten sind, haben eine Erleichterung am Strommarkt herbeige-führt. *** Der Oberste Gerichtshof hat ein Urteil widerrufen, das die Stadt Bue-nos Aires zu einer Entschädigung von bis zu $ 1,6 Mrd. an die ehemalige Konzessionärin des städtischen Vergnügungsparks „Interama“ verurteilt hatte. Die Konzession, die unter der Militärregierung, als der unlängst verstorbene Osvaldo Cacciatore Bürgermeister war, gewährt worden war, wurde am 15. Dezember 1983 vom radikalen Bürgermeister Saguier aufgehoben. Es war eine rein politische Entscheidung, die der Bürgermeister 5 Tage nach seinem Amtsantritt ohne eingehendes Studium des Falles getroffen hatte, die einen klaren Vertragsbruch darstellte. Das hat der Richter in erster Instanz und danach die Berufungskammer bestätigt. Der Oberste Gerichtshof vertrat indessen den Standpunkt, dass das Unternehmen Interama in Konkurs geraten sei, so dass die ehemaligen Konzessionsinhaber nicht mehr Besitzer der Anlagen seien und kein Anrecht auf Entschädigung hätten. Es spricht nicht für die argentinische Justiz, dass es 24 Jahre gedauert hat, bis ein endgültiges Urteil gefällt worden ist, wobei dieses offensichtlich stark politisch gefärbt ist. *** Der US-Investmentfonds Vitrium Capital hat ein Projekt in Angriff genommen, um im Bezirk Vicente Lopez (Strasse Bartolomé Cruz, zwischen Italia und Hipólito Yrigoyen) mit u$s 3,4 Mio. ein Bürogebäude von 1.978 qm zu errichten. *** Das Unternehmen Transener, das ein Netz von 8.000 km Hochspannungsleitungen betreibt, mit weiteren 5.500 km über ihre Tochtergesellschaft Transba, und zu 50% dem ARGENTINISCHES TAGEBLATT Dolphin-Fonds (von Marcelo Mindlin) gehört, weist im 1. Halbjahr 07 einen Verlust von $ 6,6 Mio. aus, verglichen mit einem von $ 1,3 Mio. in der gleichen Vorjahresperiode. Die Betriebskosten sind gegenüber dem Vorjahr um 29,4% gestiegen. Vor kurzem hat Petrobras seinen Anteil von 50% an Transener an einen lokalen Konzern verkauft, der die staatliche ENARSA als Mehrheitdsaktionär hat. *** Die brasilianische VulcabrasGruppe gab den Kauf von zwei Fabriken der lokalen Indular (ex Gatic) für u$s 60 Mio. bekannt, in denen sie Sportschuhe und -bekleidung herstellen wird. Eine Fabrik liegt in Coronel Suarez und die zweite in Las Flores (beide in der Provinz Buenos Aires). Die Sportschuhe werden mit der Marke Reebok und die Sportbekleidung unter der Marke Signal vertrieben. In Brasilien betreibt die Firma 11 Fabriken, beschäftigt 22.000 Personen und hat einen Jahresumsatz von umgerechnet u$s 726 Mio. *** Der Index Big Mac, den die Wirtschaftszeitschrit „The Economist“ ausarbeitet, der die Kaufkraft der einzelenen Länder an Hand des Preises des Bic Mac der McDonaldkette misst, setzt Argentinien im Juli 07 auf den Platz 23, nachdem das Land im Mai 04 noch auf Platz 51 lag. Dieser „Hamburger“ kostet in Argentinien u$s 2,67, gegen nur u$s 1,48 vor drei Jahren. Die teuersten Länder sind gemäss diesem Index Island (u$s 7,61), Norwegen (u$s 6,88), Schweiz (u$s 5,20), Dänemark (u$s 5,08), Schweden (u$s 4,86) und die EU (u$s 4,17) , und die billigsten sind China (u$s 1,45), Hong Kong (u$s 1,54), Malaysien (u$s 1,60), Ägypten (u$s 1,68) und Indonesien (u$s l,76). In den USA liegt der Preis bei u$s 3,41. *** Obwohl die ZB Lebac und Nobacwechsel für $ 1,4 Mrd. amortisiert hat, hat sie am Dienstag nur $ 700 Mio. für diese Papiere ausgeschrieben. Schliesslich hat die ZB jedoch beschlossen, Angebote für $ 1,02 Mrd. anzunehmen, davon der grösste Teil von der Banco Nación. Dabei musste die ZB für Lebac auf 35 Tage 10,6% und auf 98 Tage 10,6% zahlen, gegen 8,06% am 24. Juli. *** Die Rentenverwaltungsunternehmen (AFJP) erreichten für die von ihnen verwalteten Fonds per Ende Juli einen 12monatsertrag von 25,79%, trotz negativer Ergebnisse im Juni und Juli 07. An erster Stelle stand Met mit 26,51%, gefolgt von Consolidar mit 26,07%, Máxima mit 25,71% und Origenes und ProRenta mit je 25,69%. *** Das Transportsekretariat hat 7 Lokomotiven und 18 Waggons, die von der portugiesischen „Caminhos de Ferro Portugueses“ gekauft wurden, an die Unternehmen verteilt, die die Vororteisenbahnen von Buenos Aires betreiben. Es handelt sich um gebrauchtes Material, das völlig erneuert wurde. *** Die Hotelgruppe NH, die vor kurzem das Hotel Lancaster (Córdoba Ecke Reconquista) gekauft hat, hat das Gebäude an der Strasse Cerrito erworben, wo sich das Kino Metro befand, um dort ihr elftes 4-Sternehotel zu errichten. *** Nach 15 Tagen Streik musste der Engrossupermarkt „La Maravilla“, im Vorort La Matanza, nachgeben und das Personal, das in Logistiktätigkeiten beschäftigt ist, von der Gewerkschaft der Handelsangestellten auf die der Lastwagenfahrer übertragen, die Hugo Moyano mit seinem Sohn Pablo leitet. Die Arbeiter erhalten dabei eine Lohnerhöhung von $ 600 bis $ 800. Analoge Fälle hatte Moyano in den letzten Wochen bei den Supermartketten Vital, Diario und Maxiconsumo durchgesetzt. Die Regierung unterstützt Hugo Moyano, den aggressivsten Gewerkschaftler, und schwächt Armando Cavallieri, der viel gemässigter ist. Das erschwert die Eindämmung der Lohnerhöhungen, die im Rahmen der Inflationsbekämpfung unerlässlich ist. *** Die Aufsichtsbehörde für Arbeitsrisiken (SRT, Superintendencia de Riesgos de Trabajo) hat 78 Bauten in den Bezirken Flores, Belgrano und Villa Urquiza der Stadt Buenos Aires, sowie in Vororten, stillgelegt, wobei 102 Fälle kontrolliert wurden. Bei der Kontrolle wirkte auch das Arbeitsministerium und die Gewerkschaft der Bauarbeiter mit. Beanstandet wurden unzureichende Sicherheitsmassnahmen, um häufige Unfälle zu vermeiden. *** Der Ausschuss für Arbeitsrecht der Deputiertenkammer hat die Prüfung eines Gesetzesprojektes eingeleitet, das die Kriterien für die Berechnung von Unfallentschädigungen ändert. Der Vorsitzende der Kommission, der Gewerkschaftsanwalt Héctor Recalde, befürwortet die Festsetzung von Mindestwerten statt Höchstwerten, mit dem Argument, dass eine hohe Entschädigung die Unternehmen dazu führen wird, sich mehr um Unfallverhütung zu kümmern. Die Gesellschaften, die diese Risiken versichern (ART), fordern hingegen klar festgesetzte Entschädigungen, um vernünftige Prämien berechnen zu können. Was Recalde fordert, läuft auf eine starke Erhöhung der Prämien hinaus, die die Arbeitskosten verteuern und gegen die Beschäftigung wirken. *** Die Kammer der Bekleidungsindustrie hat beim Arbeitsminister Carlos Tomada beantragt, dass die Verantwortung der Unternehmen bei der Verpflichtung von Arbeiten mit Dritten per Gesetz genau bestimmt werde. Gegenwärtig besteht eine offene Interpretation der solidarischen Verantwortung, die in diesen Fällen gilt. *** Die Baisse, die Staatspapiere und 7 Aktien im Juli erlebten, hat das von den Rentenverwaltungsunternehmen (AFJP) verwaltete Vermögen im Juli um $ 5 Mrd. verringert, von $ 95 auf $ 90 Mrd. *** Das argentinische Institut des Kapitalmarktes (IAMC, Instituto Argentino de Mercado de Capitales) hat ermittelt, dass in 7 Monaten 07 die Finanzierung der lokalen Unternehmen über den Kapitalmarkt umgerechnet u$s 4,24 Mrd. betrug, verglichen mit u$s 3,90 Mrd. in der gleichen Periode des Jahres 2000. Davon entfielen 57,5% auf Ausgaben von Obligationen, 25% auf Treuhandfonds, 13,2% auf Aktienausgaben und 4,3% auf Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. *** Die argentinische Zitronenproduktion erreichte 06 mit 1,5 Mio. t einen neuen Rekord. Argentinien produziert 26,5% der Zitronen, die auf der Welt geerntet werden. 80% der lokalen Produktion entfällt auf Tucumán, wo besonders günstige Bedingungen für Qualitätszitronen mit dünner Schale bestehen. Die Produktionszunahme ergibt sich aus dem natürlichen Wachstum der Bäume, die nach und nach ihre Reife errreichen. Insgesamt sind 42.197 ha mit Zitronenbäumen bepflanzt. *** Die Deputiertenkammer hat ein Gesetz verabschiedet, durch das Schulden von gewerkschaftlichen Sozialwerken, Kliniken u. dgl., Laboratorien und Anstalten für ältere Personen und für psychiatrische Behandlungen, in Höhe von $ 1,2 Mrd., plus $ 400 Mio. öffentlicher Instituionen, gegenüber der AFIP und der ANSeS auf bis zu 15 Jahre gestundet werden, zu einem Zinssatz von 6% jährlich. Diese Schulden sind zum grossen Teil eine Folge der Krise von 2001/02. *** Die Stiftung FUNDELEC (Fundación para el Desarrollo del Sector Eléctrico) hat ermittelt, dass der Stromkonsum im Juli wegen der Kälte um 10,5% über dem gleichen Vorjahresmonat lag. Der Konsum der Haushalte lag um 31% bis 33,6% höher, der des Handels um 8% über dem Vorjahr, der kleinen und mittleren Unternehmen um 16% höher und der öffentlichen Beleuchtung um 2% höher. Nur bei grossen Verbrauchern fand wegen der Sparbestimmungen, die in diesem Fall eingeführt wurden, ein Rückgang von 2,2% statt. *** Die Zeitung „Clarín“ berichtet über eine starke Differenzierung der Benzinpreise in der Provinz Buenos Aires. In Bahía Blanca wurde ein Preis von $ 1,99 pro Liter Superbenzin ermittelt, in Azul einer von $ 2,25, in Cañuelas von $ 2,30, in Coronel Pringles von $ 2,08 und in Olavarría von $ 2,14. *** Im 1. Halbjahr 07 wurden 293.000 t Zwiebel und Knoblauch für u$s 123,9 Mio. exportiert, 44% Sonnabend, 11. August 2007 mehr als im Vorjahr. Knoblauch, der vornehmlich in Mendoza geerntet wird, aber auch zum Teil in San Juan u.a. Provinzen, wurde für u$s 76 Mio. exportiert, 49% mehr als im Vorjahr. Brasilien kaufte Knoblauch für u$s 50,5 Mio. *** Die Preise für Spielzeug sind stark gestiegen. Die Cebra-Spielwarenkette berichtet über Preiszunahmen von 25% bis 30% bei lokal erzeugten Spielzeugen und von 10% bei importierten. Susana Andrade, vom Konsumentenschutzverband CEC, berichtet über Zunahmen von 40% bis 50%. *** Der Verband der Mieter (UAI, Unión Argentina de Inquilinos) gab bekannt, dass die Mieten in den ersten 6 Monaten 2007 um 11,4% gestiegen seien, bei einer allgemeinen Zunahme der Konsumentenpreise von nur 4,4%. *** Die Immobiliengruppe TGTL, geleitet von Federico Weil, hat ein Gelände von 3 ha nördlich des Hafens von Rosario gekauft, um dort auf 40.000 qm zu bauen, aufgeteilt in 7 Hochhäuser, um private Wohnungen, Büros, Geschäfte und ein Hotel zu errichten. Die Gesamtinvestition wird auf u$s 40 Mio. veranschlagt. Das Grundstück gehörte der Firma Safac, des Konzerns der Quilmes-Brauerei, die dort eine Malzfabrik betrieb, die in den 70er Jahren geschlossen wurde. *** Das Savoy Hotel, auf der Callao (Bundeshaupstadt) wurde für rund u$s 12 Mio. vom Gastronomieunternehmer Victor Blanco von der Firma Camilo García e hijos S.A. gekauft. Es verfügt über 164 Zimmer und 8 Festsäle. *** Die spanische Vizepräsidentin María Teresa Fernandez de la Vega hat erreicht, dass sich Präsident Kirchner verpflichtet hat, den schweren Schaden zu entschädigen, den spanische Fischereiunternehmen in Puerto Deseado, Provinz Santa Cruz, bei einem Überfall von Gewerkschaflern erlitten haben, die die Büros der Firmen völlig zerstört haben, wobei die Polizei die Unternehmen nicht geschützt hat. Die Unternehmen schätzen den Schaden der Zerstörungen, plus den der Stilllegung der Unternehmen durch den illegalen Streik vom 3. Juli bis zum 2. August 07 auf über E 100 Mio. Der spanische Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero beabsichtigt, am 8. und 9. November Argentinien zu besuchen, und soll bei dieser Gelegenheit mit dem neu gewählten Präsidenten das Problem der einseitigen Aufhebung der Konzessionsbedingungen, besonders der eingefrorenen Tarife bei Unternehmen behandeln, die öffentliche Dienste betreiben und spanischen Firmen gehören. Frau Cristina Kirchner hatte bei ihrem jüngsten SpanienBesuch schon ihren guten Willen in dieser Sache bekundet, wurde jedoch dann von ihrem Gatten sofort demen- 8 ARGENTINISCHES TAGEBLATT tiert. Spanien u.a. Staaten, deren Unternehmen in Argentinien investiert haben, stehen auf dem Standpunkt, dass der Notzustand, auf den sich die Tarifeinfrierung gründete, überwunden sei. *** Am Donnerstag ging der MervalAktienindex um 3,3% zurück, womit die Kursgewinne des ganzen Jahres schliesslich zunichte gemacht wurden. Die indexierten Staatspapiere in Pesos gingen um 4% zurück, mit einem Gesamtverlust seit Jahresanfang von 30%. Der Bogar 2018 sank um 2,31% und der Par-Bond in Dollar um 2,70%. *** Der Weizenpreis erreichte am Donnerstag $ 533 pro t, weit über dem bisherigen Rekord von $ 500, der im Jahr 2002 erzielt wurde. Der Terminkurs für Dezember erreichte in Chicago u$s 185, was eine Zunahme von 24% in drei Monaten darstellt. Sojabohnen wurden in Rosario zu $ 675 je t gehandelt, nahe dem Rekord von $ 718, der im Januar 2004 erzielt wurde. *** Die Provinz Buenos Aires weist ein gefährlich zunehmendes Defizit aus. Statt der vorgesehenen $ 1,5 Mrd, werden es jetzt $ 3,5 Mrd. minus der eventuellen Zunahme des Betrages sein, den die Provinz aus den nationalen Steuern erhält. Die Ausgaben steigen dieses Jahr um $ 2,2 Mrd., wegen der Gehaltserhöhung von 24% für die Lehrer (denen die Nationalregierung ein Mindestgehalt von $ 1.040 gesichert hat, das jedoch die Provinzen bezahlen) und der Kettenwirkung auf andere Bereiche der provinziellen Verwaltung. Gehälter machen 51% der Ausgaben der Provinz Buenos Aires aus. *** Die Consulting-Firma Economía y Regiones, geleitet von Rogelio Frigerio, gab bekannt, dass die Provinzen insgesamt im 1. Halbjahr 07 einen Überschuss von $ 900 Mio. erzielt hätten, und einen primären Überschuss von $ 2,2 Mrd. Die gesamten Schulden der Provinzen betrugen per 30. Juni $ 83 Mrd, um 4,3% mehr als vor einem Jahr. Von der Verschuldung entfällt 78% auf den Nationalstaat, 2 Punkte weniger als vor einem Jahr. Für ganz 07 wird jedoch mit einem Gesamtdefizit der Provinzen von über $ 3 Mrd. gerechnet, was 0,4% des BIP entspricht. Die Gesamtausgaben der Provinzen stiegen in 6 Monaten um 28%, während die Einnahmen nur um 25% zunahmen. *** Durch Beschluss 435 des Wirtschaftsministeriums wurde verfügt, Subventionen an die Milchindustrie zu zahlen, um die Zunahme des an die Bauern gezahlten Milchpreises zu 85% auszugleichen, der von $ 0,51 pro Liter auf $ 0,80 pro Liter gestiegen ist. Die Unternehmen hatten sich verpflichtet, die Preise für ihre Produkte unverändert zu halten, sofern der Preis für Milch nicht zunimmt. Dieser ist jedoch wegen der Über- schwemmungen in der Milchgegend von Santa Fe, die die Lieferungen beeinträchtigt haben, stark gestiegen. Mastellone Hnos S.A. (Marke La Serenísima) erhält $ 18 Mio. und Sancor $ 14,8 Mio. Die Subvention umfasst 85% und nicht 100% der Preisdifferenz, weil angenommen wird, dass die Unternehmen 15% ihres Umsatzes mit Produkten erreichen, bei denen keine Preiseinfrierung besteht. *** Die chinesische Firma Maverick wird mit der lokalen Di Bella (dem Vertreter der Firma) in San Juan eine Motorradfabrik für u$s 3,8 Mio. errichten, um Modellle mit 100 cbcm zu erzeugen, und auch ein Vierradmotorrad mit 200 cbcm. *** Die Supermarktkette Carrefour hat den ersten Carrefour Home im Bezirk Flores, in der Bundeshaupstadt, eröffnet, um Haushaltsartikel und Elektronik zu verkaufen, und mit Garbarino, Frávega und Rodó zu konkurrieren. *** Wie aus guter Quelle verlautet, will Wirtschaftsminister M. Peirano die Verhandlungen mit den 19 Staaten des Pariser Klubs wieder aufnehmen, denen Argentinien u$s 6,3 Mrd. schuldet. Eine Regelung dieser Schuld ist notwendig, damit die Staaten wieder Kreditgarantien (Hermes in Deutschland, Coface in Frankreich, u.s.w.) erteilen können, die für die Finanzierung der Lieferungen von Kapitalgütern unerlässlich sind. Die Vorschriften des Pariser Klubs fordern jedoch als Voraussetzung für eine Schuldenregelung die Mitwirkung des IWF, womit die argentinische Regierung nicht einverstanden ist. Angeblich soll die argentinische Regierung jetzt vorschlagen, dass sich die Intervention des IWF auf die jährliche Revision beschänkt, die der Fonds bei allen Mitgliedern durchführt. *** Der Construya-Index, der die Lieferungen von Baumaterialien durch die wichtigsten Unternehmen der Branche misst, lag im Juli 07 um 24,18% über Juli 06 und um 11,39% über Juni 07. WIRTSCHAFTSÜBERSICHT Der Konflikt der Regierung mit der Landwirtschaft Bei der Einweihung der jährlichen landwirtschaftlichen Ausstellung des traditionellen Verbandes “Sociedad Rural Argentina”, am Samstag der Vorwoche, hielt der Vorsitzende Luciano Miguens eine aggressive Rede, mit der allgemeinen Forderung, dass der Staat die starke Intervention bei der Landwirtschaft aufgibt, Exportzölle, Exportverbote und Höchstpreise abschafft, so dass die Landwirtschaft dann stark expandieren kann. Miguens sprach gewiss den meisten Landwirten aus dem Herzen. Doch Präsident Kirchner geriet diese Rede in die falsche Kehle, so dass er seinen Landwirtschaftssekretär Javier de Urquiza anwies, seine vorbereitete Rede nicht zu lesen und die Feier sofort zu verlassen, was dieser dann auch gleich nach Abschluss der Rede von Mi-guens tat. Kirchner denkt und handelt vorwiegend politisch; meint er, dass ein Konflikt mit den Landwirten, besonders den grösseren, ihm politisch nützt? Perón hat seinerzeit politisch vom Konflikt mit den Grossgrundbesitzern, die er Oligarchen nannte, profitiert. Doch die Zeiten haben sich geändert, es gibt viel mehr kleine und mittlere Landwirte als damals, die grossen sind jetzt organisierte Unternehmen, mit vielen Eigentümern, die sich nicht von denen anderen Branchen unterscheiden, ein grosser Teil der Bevölkerung lebt direkt und indirekt von der Landwirtschaft, und im Landesinneren haben die landwirtschaftlichen Interessen viel Gewicht, auch politisch. Es ist zweifelhaft, dass dieser Konflikt Stimmen für Frau Cristina bringen wird. Es klingt etwas merkwürdig, dass die Landwirte sich gerade jetzt so kritisch äussern, haben sie doch eine Rekordernte von 95 Mio. Tonnen beendet (11 Mio. t über dem bisherigen Rekord, der 2004/05 erreicht wurde), bei hohen Weltmarktpreisen, so dass sie trotz Exportsteuern ein real so phenomenal hohes Einkommen erzielt haben, wie bei weitem nie zuvor. Dass die Regierung unter diesen Umständen die Exportsteuern abschaffen soll, ist einfach irreal. Das würde eine schlichte Einkommensumverteilung zu Gunsten der Landwirte bedeuten, und zum Schaden anderer Einkommensgruppen, besonders der Arbeiter, so dass sich der Druck nach höheren Löhnen sofort verstärken würde. Miguens sprach sich für eine “echte” Inflationsbekämpfung aus; will er eine so restriktive Geldpolitik, dass diese eine Rezession herbeiführt? Die Abschaffung der Exportsteuern hätte auf alle Fälle eine inflationäre und rezessive Wirkung. Sonnabend, 11. August 2007 Landwirtschaftssekretär de Urquiza hat eine glänzende Gelegenheit verpasst, den Landwirten vor Augen zu führen, wie gut es ihnen geht. Abgesehen von den hohen Weltmarktpreisen profitieren die Landwirte vom real hohen Wechselkurs, der die Exportsteuern weitgehend ausgleicht, vom technologischen Fortschritt (vor allem von der Einführung genetisch veränderten Saatgutes), und auch Massnahmen, die aus der Menem-Regierung stammen, nämlich der Hafen-Deregulierung und Privatisierung, der Privatisierung des Frachttransports der Eisenbahn (dank der der Dienst wesentlich verbessert wurde), der Abschaffung der Zwangskartellierung der Lastwagen (die, die in einer Provinz eingetragen waren, keine Fracht in anderen aufnehmen durften, was die Frachten allgemein verteuerte), der spürbaren Verbesserung der Überlandstrassen durch private Betreibung, und dem Austritt aus dem Schifffahrtskartell der sogenannten “Frachtenkonferenzen”, das die Frachten verteuerte. All dies hat die Differenz zwischen dem Preis, den der Landwirt netto für sein Getreide und seine Ölsaaten erhält, und dem Preis, der am Bestimmungsort im Ausland gezahlt wird, erheblich verringert. Hinzu kommt dann noch die starke Verringerung der Importzölle für Landmaschinen, Düngemittel, Unkrautvertilgungsmittel und andere Produkte, die der Landwirt benötigt. Und schliesslich darf das Riesengeschenk nicht vergessen werden, das in Dollar verschuldete Landwirte durch die Umwandlung der Schulden in Pesos zum Kurs von eins zu eins Anfang 2002 erhielten. Der Konflikt konzentriert sich auf die Rinderwirtschaft. Hier besteht ein Exportkontingent, so dass ein hohes Angebot auf dem Binnenmarkt gesichert wird, bei niedrigen Preisen. Wird mehr exportiert, dann steigt der Preis automatisch, sowohl für den Landwirt, wie beim Metzger. Und das schafft ein soziales Problem und einen sicheren Konflikt mit den Gewerkschaften. Man muss sich schon mehr anstrengen, um eine Lösung zu finden. Der Kuhbestand nimmt in den letzten Monaten stark ab, wie aus dem anormal hohen Anteil der Kuhschlachtungen an den Gesamtschlachtungen hervorgeht. Ausserdem verlegt sich die Rinderwirtschaft zunehmend auf Grenzgebiete, die sich weniger oder gar nicht für den Ackerbau ARGENTINISCHES TAGEBLATT eignen. Mit weniger Kühen und einer geringeren Fleischproduktion pro Rind, wie sie die Rinderzucht und –mästung in trockenen und heissen Gegenden mit sich bringt, nimmt die Rindfleischproduktion ab. Und das hat keinen Sinn, zumal bei hoher und steigender internationaler Nachfrage nach Rindfleisch. Die Regierung hat keine Antwort auf dieses Problem, aber die Landwirte auch nicht. Die Regierung hat es mit Subventionen für Kälber und für Futtermittel versucht, so dass die Kälber einbehalten und die Mästung in Gegenden mit schlechten Wiesen weitgehend auf “feed lots” übergeht. Aber das System funktioniert in der Praxis sehr schlecht. Die Subventionen werden schleppend ausgezahlt und gelegentlich verweigert, mit dem Argument, dass die Kälber schon als Ochsen eingestuft werden. Und die Subvention für Futtermittel wird in der Praxis nur an Wenige ausgezahlt. Wir haben in dieser Stelle stets darauf hingewiesen, dass diese Systeme bei der schwachen Bürokratie, die den argentinischen Staat kennzeichnet, kaum zu verwalten sind, und haben dabei leider recht behalten. Die Beamten des Landwirtschaftssekretariates müssten sich somit zunächst mit den Landwirten zusammensetzen, um zu sehen, wie man das System bei seiner konkreten Anwendung verbessern kann. Ein Vorschlag in diesem Sinn von Urquiza wäre bestimmt gut angekommen. Es gibt auch andere Themen, die einer zivilisierten Besprechung würdig sind: l Wie kann man den Strukturwandel ohne Schaden für die Rinderwirtschaft vollziehen, der in der Verlegung dieser Tätigkeit auf Grenzgebiete besteht? Dass die besseren Gegenden immer stärker auf Ackerbau übergehen, ist bei der guten Konstellation der Weltmärkte für Getreide und Ölsaaten unvermeidlich und auch wünschenswert. l Wie kann man die Viehzüchter dazu bewegen, ihre Kühe nicht zu verkaufen und ihren Bestand zu erhöhen? l Wie kann man den Preis, der den Landwirten für die Rinder gezahlt wird, erhöhen, ohne den Rindfleischpreis beim Metzger zu erhöhen? Miguens hat sich über die überhöhten Margen des Fleischhandels beklagt. Es bestehen konkrete Möglichkeiten in diesem Sinn. Einmal müsste der Rindermarkt von Liniers, den Miguens verteidigt, ge- schlossen und durch einen informatischen Markt ersetzt werden, wie er in fortgeschrittenen Ländern besteht. Das würde den Landwirten die Kosten sparen, die die Vermarktung über Liniers mit sich bringt (etwa 7% des Rinderpreises) und eine grosse Transparenz schaffen, so dass die Landwirte jederzeit die beste Verkaufsmöglichkeit nutzen könnten, die sich ihnen bietet. Kabinettschef Alberto Fernández hat sich am Montag für dieses System ausgesprochen; doch die Regierung nimmt keine Initiative in diesem Sinn in Angriff, und die Landwirtschaftsverbände auch nicht. Dann müsste die Hilton-Quote versteigert werden, statt willkürlich an einige Schlachthöfe verteilt zu werden, wobei mit dem Erlös die billigeren Fleischteile für den Binnenkonsum subventioniert werden könnten. Ferner müsste das Sanitätsgesetz aus dem Jahr 1972 voll angewendet werden, so dass (fast) alle Schlachthöfe für den Export zugelassen werden, damit allgemein bestimmte Teile des Rindes (wie Lende, auf spanisch “lomo”) exportiert und andere für den Binnenkonsum bestimmt werden, die dann billig verkauft werden können, da die Schlachthöfe mit Exporten zu hohen Preisen ihre Kosten decken. Gegenwärtig ist dies nur bei den 9 für den Export zugelassenen Schlachthöfen möglich. Schliesslich sollten die Landwirte einen bestimmten Betrag pro verkauftes Rind von der Gewinnsteuer abziehen können, so dass der legale Verkauf gegenüber dem schwarzen begünstigt wird. Auch müsste gestattet werden, schwarze Rinderbestände, die ziemlich hoch sind, weiss zu waschen, damit diese Rinder ungehemmt in den legalen Handel eintreten können. Es gibt somit gewiss Themen, die eine Diskussion wert sind. Dazu müsste jedoch die Politisierung der Beziehung der Regierung zu den Landwirten bei Seite gelassen werden. Und das ist in einer Wahlperiode schwierig. Dennoch sollte man sich für die Periode nach dem 10. Dezember vorbereiten. Der aufstrebende Mittelstand Im täglichen Gespräch ist ständig davon die Rede, dass der Mittelstand in Argentinien im Aussterben begriffen ist. In der Tat hat sich die Kirchner-Regierung herzlich wenig um den Mittelstand gekümmert, und auch Duhalde und vorher De la Rua, haben wenig getan, um den Mittelstand zu fördern, der das Rückgrat einer modernen Gesellschaft darstellt. Im Mittelstand kommt die soziale Mobilität zum Ausdruck, die wesentlich ist, um ein kapitalistisches Wirtschaftssystem mit Demokratie vereinbar zu machen. Je grösser und wohlhabender der Mittelstand ist, umso gefestigter kann eine Gesellschaft bei ihrem republikanischen und demokratischen politischen Aufbau sein. Argentinien hat sich traditionell von anderen lateinamerikanischen Staaten, und von Schwellenländern im allgemeinen, durch einen ausgedehnten Mittelstand differenziert. Und das sollte nicht nur erhalten, sondern gefördert werden. Die Erhöhung der Einkom- menssteuersätze für den Mittelstand unter De la Rua (mit Machinea als Wirtschaftsminister), und die kalte Erhöhung, die durch die Inflation ab 2002 bei Beibehaltung der nominellen Progressionsstufen herbeigeführt wurde, waren ausgesprochen mittelstandsfeindlich. Wenn sich dies nicht stärker negativ auf den Mittelstand als Ganzes ausgewirkt hat, so deshalb, weil die Hinterziehung bei selbstständig Tätigen mit einem normalen Mittelstandseinkommen und bei Kleinunternehmern hoch ist. Würde dieser Mittelstand die Gewinnsteuer voll zahlen, so wäre er weitaus weniger wohlhabend, als es effektiv der Fall ist. Die soziale Mobilität wird nicht dank der Regierung, sondern trotz ihrer Politik erhalten, allerdings in einer ungerechten Weise, da diejenigen, die ihre Steuern zahlen, bei ihrer aufstrebenden Mobilität stark behindert werden. Die unlängst angekündigte Reform der Einkommenssteuer ist für Arbeitnehmer mit einem relativ niedrigen Einkommen gedacht, nicht jedoch für Sonnabend, 11. August 2007 den Mittelstand, der von der steuerlichen Entlastung ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Ebenfalls hat die Vernichtung des Hypothekarkredites für den Kauf von Eigenwohnungen, die 2002 stattgefunden hat und nur zu einem Bruchteil aufgeholt wurde, auch gegen den Mittelstand gewirkt, der diese Kredite bezog. Auch die Einfrierung von Pensionen über $ 1.000 und der höheren Beamtengehälter, die weit unter der Inflation angehoben wurden (Pensionen um 25%, bei einer Inflation von über 100%) hat bestimmte Mittelstandsgruppen geschädigt. Die Kirchner-Regierung hat sich konkret um die unteren Gesellschaftsschichten gekümmert (z.B. durch starke Erhöhung des Mindestlohnes und der Löhne und Gehälter im allgemeinen, sowie der Mindestpensionen und, in geringerem Ausmass, solcher bis $ 1.000), wobei jedoch die Reichen auch zu höherem Einkommen gelangten, einmal durch die gute Konjunktur, dann durch die hohen Ernten von Getreide und Ölsaat, bei stark gestiegenen Preisen, und dann auch in vielen Fällen durch die Anfang 2002 erfolgte Umwandlung ihrer Dollarschulden in Pesos, zu einem Kurs von eins zu eins. Dabei wurde ein enormes Vermögen an wohlhabende Personen verschenkt, die somit Mitten in der tiefen Rezession von 2002 noch reicher wurden. Und das hat eine peronistische Regierung gemacht! Was jedoch den Mittelstand besonders begünstigt hat, sind die künstlich niedrigen Tarife für Strom, Gas, Wasser und Treibstoffe. Denn der Mittelstand bezieht diese Dienstleistungen und Produkte in viel höherem Umfang als die ärmere Bevölkerung. Für diese sind die künstlich niedrigen Tarife für den öffentlichen Transport von Bedeutung, nicht aber der niedrige Benzinpreis, der voraussetzt, dass der Verbraucher ein Automobil besitzt. Zum Teil wurde somit durch diese niedrigen Preise mehr freie Kaufkraft für andere Waren und Dienstleistungen bereit gestellt. Mehrere Konsumzahlen deuten auf einen betonten Aufschwung des Mittelstandes hin. Vielen selbstständig Tätigen, kleineren Landwirten, Kleinunternehmern im allgemeinen und auch gehobenen Beamten von Grossunternehmen, muss es besser gehen, damit 10 ARGENTINISCHES TAGEBLATT sie so viel Geld ausgeben können. Der Schutz der lokalen Industrie, der grundsätzlich durch den real hohen Wechselkurs gegeben ist, hat beim industriellen Mittelstand höhere Einkommen herbeigeführt. Viele Mittelstandsmitglieder haben Auslandsguthaben oder einfach Dollar oder Euros im Kassenschrank oder im Banksafe, die dank der Megaabwertung von 2002 intern an Kaukraft gewonnen haben. Der Mittelstand ist sehr beweglich; einige Mitglieder steigen zur Oberklasse auf, andere verarmen, und gleichzeitig steigen arme Menschen in den Mittelstand ein. Diejenigen, die absinken, schreien lauter, als die die emporsteigen; daher der Eindruck, dass der Mittelstand als solcher verschwindet. Schliesslich hat die starke Ausweitung der Konsumkredite der Banken (zu Lasten der Kredite an Unternehmen) auch den Mittelstandskonsum gefördert. Wer unter einem bestimmten Einkommen liegt, erhält diese Kredite nicht, und die Reichen brauchen sie nicht. Diese Konsumförderung ist ungesund, umso mehr, als die Zinsen dabei allgemein über 30% und gelegentlich auch über 40% liegen, so dass die Käufer von dauerhaften Konsumgütern schliesslich viel mehr bezahlen, als wenn sie in bar zahlen. Dieser künstlich geförderte Konsum geht schliesslich zu Lasten des zukünftigen Konsums, der durch die Zahlung des Kredites plus Zinsen beeinträchtigt wird. Für die Banken sind die Konsumkredite wegen der wesentlich höheren Zinsen und der starken Streuung der Kredite ein gutes Geschäft; für die Wirtschaft ist dies von zweifelhaftem Vorteil. Die ZB hat Mittel, um den Kredit zu lenken, so dass die Unternehmen einen wesentlich höheren Anteil an den Gesamtkrediten erhalten, wie es im Rahmen dieses sogenannten “produktiven” Modells der Fall sein sollte, aber eben nicht ist. Die Zeitschrift “Informe Industrial” veröffentlicht in ihrer JuniAusgabe folgende Statistik über die lokale Produktion von elektrischen Haushaltsgeräten in 1.000 Einheiten): Produkt 2001 2002 2003 2004 2005 Farbfernsehgeräte ........... 1.201 ... 220 .... 332 . 941 1.627 Heizkörper versch. Art ...... 413 ..... 69 .... 282 . 335 ... 339 Waschmaschinen ............... 295 ... 163 .... 357 . 521 ... 697 Wäschetrockner ................. 263 ..... 99 .... 241 . 398 ... 405 Gasküchen ......................... 136 ... 107 .... 242 . 346 ... 420 Eisschränke für Haushalte . 247 ... 168 .... 149 . 241 ... 352 Freezer ................................. 64 ..... 29 ...... 50 ... 80 ... 105 Lufkühlanlagen für Haushalte ............................. 19 ....... 4 ...... 39 . 173 ... 395 Videogeräte ....................... 330 ..... 21 ...... 30 . 148 ... 219 DVD-Geräte ........................ 15 ..... 14 ...... 53 . 142 ... 308 Insgesamt ........................ 3.155 ... 896 . 1.7773.326 4.867 Quelle: IES Investigaciones Económicas Sectoriales Die lokale Produktion dieser Artikel lag letztes Jahr mehr als doppelt so hoch wie 2001, das letzte Konvertibilitätsjahr. Diese Statistik bezieht sich auf lokale Fabrikation, wobei es sich zum grossen Teil um Erzeugnisse handelt, die in Feuerland montiert werden (wobei der importierte Anteil sehr hoch ist), oder in San Luis u.a. Provinzen mit steuerlicher Förderung erzeugt werden. Hinzu kommt noch der Import, vornehmlich aus Brasilien, der jedoch kontingentiert ist. Obwohl wir nicht über die entsprechenden Importzahlen verfügen, können wir davon ausgehen, dass der grösste Teil des Konsums der erwähnten Güter von der lokalen Industrie gedeckt wird, so dass in obigen Zahlen eine starke Konsumzunahme zum Ausdruck 2006 2.138 .. 369 .. 774 .. 469 .. 466 .. 423 .. 109 .. 838 .. 327 .. 464 6.377 kommt. Bei dieser Statistik fehlen dann noch Computer, Laptops und deren Druckwerke, die importiert sind oder aus importierten Teilen hier zusammengestellt werden, deren Verkauf explosiv gestiegen ist. Dabei handelt es sich jedoch zum Teil um Käufe von Unternehmen, was nicht Konsum, sondern Investition ist. Die zunehmende Tendenz ging 2007 weiter. In den ersten 5 Monaten lag der Verkauf von Eisschränken und Freezern um 54,7% über dem Vorjahr, der von Waschmaschinen um 43% höher, der von Luftkühlanlagen um 43,7% und von Computern um 43,7% höher. Nur bei Fernsehgeräten fand eine Abnahme von 12,6% statt, weil 2006 wegen der Fussballweltmeisterschaft anormal viele gekauft worden waren. Gewiss: ein Teil des Umsatzes entfällt auf die Oberschicht und die untere Bevölkerungsschicht. Aber die Reichen sind normalerweise schon mit allen möglichen Haushaltsgeräten ausgerüstet, so dass sie nicht plötzlich viel mehr kaufen. Und die Armen kaufen eher billige Produkte und auch gebrauchte. Der allergrösste Teil der Zunahme der erwähnten Produkte entfällt auf den Mittelstand. Am besten wird der Aufschwung des Mittelstandes in der Zunahme der Automobile sichtbar, die die Strassen zunehmend verstopfen, nicht nur in der Stadt Buenos Aires, sondern im ganzen Land. Nur wenige dieser Fahrzeuge sind Luxusmodelle oder teure Wagen, die man wohlhabenden Personen zurechnen kann, und noch wenigere sind so alt, dass sie Besitzern angerechnet werden können, die nicht in den Mittelstand eingestuft werden können. Was gebrauchte Kfz betrifft, so werden dieses Jahr voraussichtlich um die 1,2 Mio. verkauft werden, davon der allergrösste Teil Automobile, etwa 20% mehr als im Vorjahr und mehr als doppelt so viel wie vor einigen Jahren. Die Reichen kaufen keine Gebrauchtwagen, die Armen können sie sich nur ausnahmsweise leisten. Aber auch bei neuen Einheiten wird nur der geringste Teil von der Oberschicht gekauft. Das sind vornehmlich die teureren Modelle. Die mittleren und kleinen Automobile, die den Grossteil des Umsatzes ausmachen, gehen an den Mittelstand. Dieses Jahr wird ein Rekordverkauf von 520.000 Einheiten erwartet, wobei man allerdings Lastwagen und Kleinlaster abziehen muss, die wirtschaftlich Kapitalgüter und nicht Konsumgüter sind. 2002 wurden knapp über 100.000 Kfz verkauft, und vorher muss man auf 1998 zurückgehen, um ähnliche Mengen wie die gegenwärtigen zu erreichen. Im Juli wurden fast 50.000 neue Kfz verkauft, ganze 36,6% mehr im gleichen Vorjahresmonat! Die betonte Umsatzerhöhung bei Supermärkten, und besonders bei Shopping-Centers, mit einem überporportional gestiegenen Konsum qualitativ differenzierter Produkte, bringt auch eine zunehmende Kaufkraft des Mittelstandes zum Ausdruck. Es bestehen im Einzelnen noch viele andere Zeichen dieser Entwicklung, wie z.B. die explosive Zunahme der Mobiltelefone.