„Ich bin ein Soldat“ Auf dem W Auf dem Weg in die Erste W eg in die

Transcription

„Ich bin ein Soldat“ Auf dem W Auf dem Weg in die Erste W eg in die
118. Jahrgang Nr. 31.627
Sonnabend, 11. August 2007
„Ich bin ein Soldat“
Venezolaner wollte 800.000 Dollar ins Land schmuggeln
Buenos Aires (AT/cal) – Ein
mysteriöser Venezolaner, ein zurückgelassener Geldkoffer, ein
Politiker, der abgesetzt wird, und
viele offene Fragen. Dies die Bilanz. Was ist passiert?
Es landet ein kleines Flugzeug
mit acht Passagieren, Geschäftsmann steigt aus, läuft mit Koffer
durch den Zoll, hat nichts zu deklarieren, führt angeblich nur Bücher mit, die Beamten wollen dennoch ins Handgepäck schauen,
Nervosität macht sich breit ... und
siehe da, das Köfferchen ist prall
gefüllt mit Geldscheinen: rund
800.000 Dollar.
Das hat sich der venezolanische Unternehmer Guido Alejandro Antonini Wilson definitiv anders vorgestellt, als er letzten
Samstag im Flughafen Aeroparque Jorge Newberry in der Stadt
Buenos Aires Boden berührte –
wohl wissend, dass nur 10.000
Dollar unversteuert ins Land eingeführt werden dürfen. Das sei für
einen Immobilienkauf, erklärte
Antonini Wilson den Zollbeamten. Die Schlinge wird enger, der
Bestechungsversuch schlägt fehl,
der Venezolaner ereifert sich: „Ich
bin ein Soldat, von mir werden Sie
“Im Koffer sind Bücher”, sagte der Geschäftsmann.
niemals erfahren, woher das Geld
kommt und wohin es hätte gehen
sollen.“ Ein Soldat? Von welcher
Armee? Das Geld wird vorerst beschlagnahmt und im Flughafen in
ein Schließfach der Nationalbank
verräumt. Fünf Tage später reist
der Geschäftsmann wieder ab, gegen ihn besteht kein Haftbefehl.
Seine „noch“ 400.000 Dollar lässt
er zurück. Bei illegalem Einfüh-
ren von Geld muss der Besitzer 50
Prozent des gesamten Betrages abgeben.
Die Geschichte könnte bis hierher als ein einigermaßen übliches
Vergehen durchgehen, wäre der
Venezolaner nicht an Bord einer
Maschine gewesen, die vom argentinischen Energie-Staatskonzern Enarsa gechartert worden
war. Darin saßen nebst Antonini
Wilson vier ranghohe Angestellten des staatlichen venezolanischen Erdölkonzerns Pdvsa und
drei argentinische Regierungsmitglieder. Dazu zählten der Direktor von Enarsa, Exequiel Espinosa, und Claudio Uberti, Direktor
der staatlichen Kontrollstelle der
Autobahnen und enger Vertrauter
des Planungsministers Julio de
Vido. Schnell fragt man sich: Was
hatte Antonini Wilson in diesem
Fluzgzeug zu suchen? Wussten die
anderen Passagiere vom Geldkoffer? Handelt es sich hier um Geldschmuggel? Diesen Fragen geht
nun die zuständige Staatsanwältin
nach.
Mittels Pressemitteilung distanziert sich am Dienstag Enarsa
von diesem Vorfall. Am Mittwoch
rollt bereits ein Kopf: Präsident
Néstor Kirchner schmeisst Claudio Uberti aus der Regierung raus.
Uberti, der bisher die MillionenGeschäfte zwischen Argentinien
und Venezuela abwickelte, hatte
dem reichen Geschäftsmann erlaubt, im Flugzeug mitzufliegen.
Hm. Und Antonini Wilson soll angeblich ein guter Bekannter des
venezolanischen Präsidenten
Hugo Chávez sein. Hm.
Auf dem W
eg in die Erste W
elt
Weg
Welt
Cristina Kirchner vor US-Unternehmern
Buenos Aires (AT/cal) – Reden voller Optimismus: In der Konferenz
der US-Businessorganisation Council of the Americas garantierten Politiker und First Lady Cristina Kirchner, dass Argentinien ein sicheres Land
für Investitionen und die Energiekrise bald gelöst sei.
„In Argentinien können Sie sehr gute Geschäfte machen“, sagte die
Präsidentschaftskandidatin Kirchner im Alvear Palace Hotel in Buenos
Aires vor bedeutenden argentinischen und US-Unternehmern. Sie wiederholte ihre politisch-wirtschaftlichen Pläne, die sie bereits beim Auftakt
ihres Wahlkampfes vor rund vier Wochen geäußert hatte: Wenn sie zur
Präsidentin von Argentinien gewählt würde, werde sie ein Abkommen
zwischen Staat, Unternehmern und Arbeitnehmern ausarbeiten. Sie fasste
ihre Reisen ins Ausland zusammen und versicherte, dass die so genannte
Energiekrise niemanden zu beunruhigen habe. Die Senatorin referierte frei
und sicher, mit gewählten Worten. Sie überzeugte ihre Hörerschaft, zu
welcher auch der US-Botschafter in Buenos Aires, Earl Wayne, und der
Präsident des Autoherstellers Fiat, Cristiano Rattazzi, zählten. Sie kam
wie gewohnt auf die Politik des früheren Präsidenten Carlos Saúl Menem
zu reden: „In den 90er-Jahren glaubten wir, wir würden in der Ersten Welt
leben. Die Wahrheit ist, wir waren nur auf dem Weg dahin, machten dann
aber eine Kehrtwendung.“
Kabinettschef Alberto Fernández überraschte in seiner Rede: „Bis-
her mussten wir notfallmäßig regieren. In Zukunft sollte es im Rahmen
der Normalität vonstatten gehen.“ Einige Zuhörer deuteten diese Worte, als eine Zusage, dass die eingefrorenen Tarife bald freigegeben werden. Und Planungsminister Julio de Vido versicherte, dass die großen
Unternehmen in wenigen Tagen von der rationierten Elektrizitätszufuhr wieder erlöst würden. Der neue Wirtschaftsminister Miguel Peirano sprach über die Förderung der Industrie im Land und des Exports
und kündigte an, dass in Zukunft der Import von chinesischer Ware
limitiert werden solle, um den Inlandmarkt zu schützen.
Sonnabend, 11. August 2007
2
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
„Ich bin Antiimperialist“
Chávez baut „Energienetz“ in Lateinamerika auf
Buenos Aires (AT/cal) – Der
Mann, der überzeugt ist, dass „der
Sozialismus niemals sterben
wird“, leiht Argentinien Geld.
Hugo Chávez, der venezolanische
Präsident, war diese Woche auf
einer Reise durch den Süden Lateinamerikas. Dabei schloss er mit
Ländern wie Uruguay, Bolivien
und Ecuador verschiedene Energieabkommen ab. Am Montag
und Dienstag traf er sich mit dem
Präsidenten Néstor Kirchner und
der First Lady Cristina Kirchner in
der Hauptstadt Buenos Aires. „Sogar die Steine reden davon, dass
Cristina die künftige Präsidentin
Argentiniens sein wird“, sagte
Chávez, der jetzt bereits die Präsidentschaftskandidatin in Gesprächen wie das künftige Staatsoberhaupt behandelte.
Kirchner und Chávez unterschrieben einen Vertrag über Energiesicherheit, in dem sämtliche bilateralen Projekte zusammengefasst sind. Darin wird unter anderem die Gründung des multinationalen Energieunternehmens Petrosuramérica festgehalten, an dem
mehrere binationale Firmen betei-
Hugo Chávez (links) zweifelt keinen Deut,
Cristina Kirchner (rechts) wird die neue Präsidentin sein.
ligt sein sollen. Petrosuramérica
soll ideologisch und im Energiebereich die Länder Südamerikas
einigen. „Venezuela hat Erdrohstoffe für die nächsten 150 Jahre“,
sagte Chávez am Montag in einem
Fernsehinterview des Kanals TN
in Argentinien.
Auch soll bis 2009 eine 400
Millionen Dollar teure Anlage für
die Aufbereitung von Flüssiggas
in Argentinien gebaut werden, die
täglich bis zu 10 Millionen Kubik-
meter Gas zu produzieren vermag.
Das notwendige Flüssiggas wird
Venezuela wohl über den Seeweg
liefern. Denn das Megaprojekt
Gasoducto del Sur, die Gaspipeline durch Brasilien bis Argentinien, sei zurzeit auf Eis gelegt, so
Chávez.
Außerdem kaufte Venezuela erneut argentinische Staatsanleihen.
In einem ersten Schritt geht es
dabei um einen Kauf von 500 Millionen Dollar. Weitere 500 Millio-
nen Dollar kämen in den kommenden Monaten dazu, sagt Chávez.
Damit hat der erklärte Gegner des
Internationalen Währungsfonds
(IWF) in den vergangenen Jahren
Argentinien mehr als fünf Milliarden Dollar geliehen. „In der
Region brauchen wir die internationalen Finanzorganisationen
nicht mehr“, sagte er zufrieden.
Kritische Fragen musste sich
das venezolanische Staatsoberhaupt allerdings bereits bei seiner
Ankunft am Flughafen anhören.
So teilte man ihm mit, dass die
jüdische Gemeinschaft sich sehr
daran störe, dass Venezuela eine
gute Beziehung zu Iran pflegt.
Chávez antwortete trocken: „Sie
sollen sich nicht allzu sehr ärgern,
das ist schlecht für die Gesundheit.“ Im TN-Fernsehinterview
fragen ihn denn auch die Journalisten direkt: „Sind Sie eigentlich
Antisemit?“ Überhaupt nicht, sagte Chávez. „Ich bin kein Antisemit, ich bin durch und durch Antiimperialist.“ Und: Auf der
schwarzen Liste der USA sei er
auch nur deswegen, weil „Venezuela ein freies Land ist“.
WOCHENÜBERSICHT
Weitere 105 Polizisten
rausgeschmissen
Seit León Arslanian Sicherheitsminister der Provinz Buenos
Aires ist, haben korrupte und straffällige Polizisten hartes Brot.
Rund 1600 Polizisten sind seit
2004 ihres Amtes enthoben worden - davon 105 am letzten Sonntag. Die neulich Entlassenen sind
oder waren in Fällen wie Korruption, Verschleierung der Tatbestände oder illegales Erzwingen
einer Aussage involviert. Sie dürfen auf Lebzeiten kein öffentliches
Amt mehr besetzen.
Transvestiten und
Nachbarn im Gespräch
Nach dem Verbot, welches die
Transvestiten ignorierten und die
Stadtregierung vorerst als nichtig
erklärte, kam es am Montag zu ersten Gesprächen. Im Stadtviertel
Palermo diskutierten Nachbarn,
Transvestiten, Regierungsleute
Eröffnung am Tag der
Deutschen Einheit:
www
.allesdeutsch.com.ar
www.allesdeutsch.com.ar
...für alle, die es deutsch mögen.
und Mitglieder des Instituts gegen
Diskriminierung über die Zukunft
des größten Transvestiten-Strichs
– „el Rosedal“ – der Stadt Buenos Aires. Der Unterstaatssekretär
für Geschützte Zonen der Stadt
hatte dort vor rund zwei Wochen
von einem Tag auf den anderen die
Rotlichtszene verboten. Die Prostituierten sollen sich nicht an Abmachungen gehalten haben. Der
Entscheid löste Proteste aus.
Dinosaurier-Ei
kehrt zurück
Die australische Regierung hält
in einem Beschluss fest, dass sie
das Dinosaurier-Ei und weitere
Fossilien an Argentinien zurückgibt. Es handelt sich dabei um
rund 150 Kilogramm paläontologisches Material, welches das südamerikanische Land illegal verlassen hat. Die australische Polizei
war Ende 2003 bei einer Zollkontrolle auf die in Kisten abgepackten Fossilien gestoßen, die auf dem
Weg zu einer Ausstellung in den
USA waren. Da es keine gültigen
Exportpapiere für diese Ladung
gab, wurde ermittelt und festgestellt, dass Argentinien diese Fossilien als ihr Eigengut deklariert
hat.
Kirchner-Gegnerin
siegt in San Luis
Die 51-jährige Architektin
María Alicia Lemme ist letzten
Sonntag mit rund 50 Stimmenprozenten zur Stadtpräsidentin von
San Luis der gleichnamigen Provinz gewählt worden. Ihr Gegner
und Kandidat von Präsident Néstor Kirchner, Alfonso Vergés, erzielte lediglich 42 Prozent. Dieser
Sieg kommt dem peronistischen
Dissidenten-Block sehr entgegen,
dem nicht nur Lemme, sondern
auch der Gouverneur der Provinz
San Luis, Alberto Rodríguez Saá,
dessen Bruder Alfredo Rodríguez
Saá oder der frühere Präsident
Carlos Saúl Menem angehören. In
den Präsidentschaftswahlen im
Oktober wollen sie einen Kandidaten aufstellen, der gegen Cristina Kirchner antritt. In rund einer
Woche wird zudem der Gouverneur von San Luis gewählt.
Deutsche Abgeordnete
in V
olkswagen-Fabrik
Volkswagen-Fabrik
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Erich Fritz
und Michael Fuchs, sind von
Montag bis Donnerstag in der
Hauptstadt Buenos Aires zu Besuch. Die Mitglieder der Fraktion
Christlich Demokratischen und
Christlich Sozialen Union (CDU/
CSU) treffen sich mit verschiedenen argentinischen Politikern und
Unternehmern zu Gesprächen
über internationale wirtschaftliche
Beziehungen, Mercosur oder die
Europäische Union. Auch werden
sie die Volkswagen-Fabrik besichtigen gehen.
Balestrini begleitet
Scioli in die Provinz
Alberto Balestrini wird als Vizegouverneur der Provinz Buenos Aires kandidieren. Der 59-Jährige begleitet in den kommenden
Wahlen im Oktober somit den derzeitigen argentinischen Vizepräsidenten Daniel Scioli, der Gouverneur dieser Provinz werden will.
Noch ist Balestrini Präsident der
Abgeordnetenkammer. Zuvor war
er sechs Jahre lang Bürgermeister
der Gemeinde La Matanza in Buenos Aires. Er kennt die Provinz
bestens, bringt Erfahrung mit und
als Bürgermeister der Gemeinde
mit den meisten Wählerstimmen
des Landes war er sehr geschätzt.
Spaniens V
ize
Vize
will sichere Regeln
María Teresa Fernández de la
Vega, Vizepräsidentin von Spanien, traf sich am Mittwoch in der
Spanischen Handelskammer von
Buenos Aires mit Unternehmern
und darauf mit dem Präsidenten
Néstor Kirchner im Regierungsge-
3
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 11. August 2007
bäude der Hauptstadt. Ein weiteres Mal bat sie, dass Argentinien
den spanischen Investoren im
Land einen sicheren Rahmen mit
klaren Regeln garantiere. „Das ist
ein Muss, um Vertrauen zu schaffen“, sagte die Vize.
Fünf private
Universitäten anerkannt
Präsident Néstor Kirchner hat
ein Dekret unterschrieben, das
fünf private Universitäten als solche definitiv anerkennt. Es handelt
sich um die Unis Fundación Barcélo, Zentrum für makrowirtschaftliche Studien (UCEMA),
Lateinamerikanisches Studienzentrum (UCEL), Torcuato Di Tella
(UTDT) und San Andrés (UDE-
SA). Bisher verfügten diese Institute lediglich über eine provisorische Erlaubnis. Eine neue Universität muss erst sechs Jahre funktioniert haben, bevor die definitive Anerkennung beantragt werden
kann. In Argentinien gibt es 41
private und 38 öffentliche Universitäten.
(AT/cal)
Das regierende Quartett
In Argentinien regiert seit Mai 2003 Präsident Néstor Kirchner. Die
Präsidentschaft ist das exekutive Amt der Republik, dessen Machtfüllle
in der Verfassung verbrieft ist, aber durch Gesetze und eigenes Handeln ausgebaut werden kann. Das entspricht dem Regierungsstil Kirchners, der die Entscheidungsgewalt im Präsidialamt konzentriert und seinen Ministern sowie Staats- und Unterstaatssekretären nur ausführende
Aufgaben zuteilt. Einige dezentralisierte Ämter wie die Steuerbehörde
AFIP, das Zollamt, die Sozialverwaltung ANSES, die Altersfürsorge
PAMI und andere geniessen Verwaltungsunabhängigkeit, wogegen die
politischen Entscheidungen, die diese Ämter betreffen, vom Präsidialamt gefällt werden.
Niemand regiert indessen allein und allmächtig. In jeder Regierung
gibt es treue Mitarbeiter, die das Vertrauen des Regierungschefs geniessen und dessen Handeln beeinflussen. Im Fall der jetzigen Regierung bilden drei Mitarbeiter mit Kirchner das echt regierende Quartett.
Allen voran seine Gattin und designierte Nachfolgerin Cristina Fernández. Sie übt freilich kein exekutives Amt aus, hat aber an den wichtigen
Entscheidungen des Präsidenten informell Anteil. Sie residiert mit ihrem Gatten in Olivos und unterhält ein Büro im Regierungsgebäude.
Im Senat, wo sie den Vorsitz des politisch wichtigen Ausschusses für
Verfassungsfragen innehat, ist ihr Wort massgebend, wenn es sich um
Gesetzesprojekte handelt, die die Machtvollkommenheit der Exekutive
betreffen, darunter die dringlichen Notstandsgesetze und der Richterrat
(„Consejo de la Magistratura“). Der Einfluss der Präsidentengattin bei
wichtigen Entscheidungen lässt sich freilich nur erraten, weil sie selber
nicht öffentlich mitteilt, wie sie den Präsidenten beeinflusst. Kirchner
ist auf jeden Fall letzte Instanz im Fall von Meinungsverschiedenheiten
mit seiner Gattin, die es im politischen Entscheidungsfeld immer gibt.
Nach Cristina Fernández integrieren das regierende Quartett der stille
Randglossen
Den Skandal Skanska deckte die Steuerbehörde AFIP auf, den Geldbeutel in der Toilette der Wirtschaftsministerin fand die Feuerwehr
und den Dollarkoffer des jüngsten Skandals erwischte das Zollamt
im Stadtflughafen. Die drei Skandale zeigen, dass es in Argentinien
trotz allem immer noch Beamte gibt, die ihre Pflicht erfüllen und
sich nicht nötigen lassen. Der Koffer mit fast 800.000 Dollar war am
Zoll Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen und Drohungen
gegen die Zollbeamten, die das Vergehen gegen die Vorschriften,
das Geld anzugeben, zu Protokoll nahmen. Die Regierung reagierte
erst nach zwei Tagen und versuchte zu erklären, was immer noch
ein Geheimnis ist. Weshalb für ein angebliches Immobiliengeschäft
Bardollars mitgebracht werden, anstatt eine Banküberweisung zu
vollziehen, nährt Verdachtsmomente wie weiland das Bargeld in der
Toilette der Wirtschaftsministerin, das eigentlich in ein Bankschließfach gehört. Eigenartig.
Oberst Hugo Chávez, allmächtiger Präsident Venezuelas und Finanzier
Argentiniens, kam für zwei Tage auf Besuch nach Buenos Aires, willigte ein, eine halbe Milliarde Dollar argentinischer Bonds zu hohem Zinssatz zu zeichnen, und erschöpfte sein Repertoir an Schimpfworten gegen das von ihm gehasste Imperium, lies die Vereinigten Staaten unter
Präsident Bush, den Chávez stets verunglimpft. Unterdessen verkauft
Venezuela Erdöl an die USA und betreibt dort Tankstellen. Miami ist
der alternative Wohnort reicher Venezolaner und der Dollarschwarzmarkt
floriert mit profitversprechenden Margen. Alles dank einem Erdölpreis
von über 70 Dollar je Fass, mit dem Chávez bei freilich sinkender Förderung Geldgeschenke verteilt. Bis das Fass leer ist.
Präsidialsekretär für technische und administrative Angelegenheiten.
Die umständliche Bezeichnung des Amtes verdeckt die Tatsache, dass
Carlos Zannini alle Dekrete des Präsidenten durchleuchtet und auch
gelegentlich mitwirkt, wenn Entscheidungen fallen. Das Quartett wird
ergänzt durch den Kabinettschef Alberto Fernández, der die Staatskasse massgeblich mitgestaltet, obwohl das nationale Schatzamt im Wirtschaftsministerium unter Carlos Mosse die ausführende Instanz ist.
Fernández geniesst das Vertrauen des Präsidentenehepaares und mischt
bei Entscheidungen gelegentlich auch mit.
Planungsminister Julio de Vido, enger Vertrauter des Präsidenten
seit er als Minister im Kabinett des damaligen Gouverneurs von Santa
Cruz wirkte, bereitet die Entscheidungen in Sachen Infrastruktur vor,
die der Präsident und das Quartett fällt. Allen anderen Ministern fallen
administrative Aufgaben zu, ebenso Empfehlungen an den Präsidenten, welche Massnahmen sich gegebenenfalls aufdrängen. Seit Roberto
Lavagna gegen Ende 2005 als Wirtschaftsminister abgesetzt wurde, konzentriert Präsident Kirchner die wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen in seinem Amt.
Dieses Regierungsquartett dürfte mit veränderten Rollen an der Spitze
weiter regieren, sollte Cristina Kirchner die Wahlen am 28. Oktober
gewinnen, wie es durchweg alle Wählerumfragen prophezeien. Die letzten Entscheidungen werden dann der Präsidentin obliegen, aber ihr Gatte
wird weiter mitmischen sowie möglicherweise den politischen Wahlapparat ausbauen, auf den er sich stützt. Wie es heisst, werden Zannini
und Alberto Fernández ihre Ämter behalten, anders als die meisten Kabinettsmitglieder. Neue Gesichter dürften die Regierungsmannschaft
bilden, was freilich keineswegs heissen soll, dass diese Minister mehr
eigene Entscheidungen durchsetzen können als bisher.
Der Regierungsstil Cristina Kirchners wird sicherlich weniger auf
das Präsidialamt konzentriert sein, als es beim jetzigen Regierungschef
der Fall ist. Néstor Kirchner widmet dem Amt seine gesamte Kraft und
kontrolliert alle Regierungsgeschäfte. Von seiner Gattin darf man erwarten, dass sie weniger arbeitswütig sein wird als er selber. Eigene
Akzente sind normal bei einem Präsidentenwechsel, auch im Ehebund,
doch in den entscheidenden politischen Fragen dürfte das bisherige Regierungsquartett weiter amtieren wie bisher.
Menschenrechte im Militär
Buenos Aires (AT/cal) – Wer jetzt in Argentinien die militärische
Karriere des Offiziers einschlägt, hat sieben neue Fächer auf dem Stundenplan. Dabei handelt es sich nicht etwa um neue Kriegstheorien oder
Kampfsportarten, sondern um Kurse in Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft, Geschichte, internationale Beziehungen und Menschenrechte.
Die Reform der militärischen Ausbildung sei längst angestanden,
sagte Verteidigungsministerin Nilda Garré, genauer genommen seit dem
Wiederaufbau der Demokratie in 1983, nach der Militärdiktatur. 2006
rief sie extra dafür ein Beraterrat mit verschiedenen Spezialisten ins
Leben, der die neuen Studienpläne ausarbeiten sollte. Diesem gehört
auch der Anwalt Martin Gras an, ein ehemaliger „Verschwundener“
der Militärdiktatur (1976-83). Er saß fast zwei Jahre im Geheimgefängnis der technischen Marinenschule (ESMA), wo mutmaßliche
Regimegegner von Militärs gefoltert und umgebracht wurden.
Vorerst unterrichten unter anderem Dozenten der Universität Buenos Aires (UBA) die Offizierschüler. Später werden in einem dreimonatigen Kurs militärische Instruktoren dafür geschult. Bis Ende Jahr
soll der vielseitige Stundenplan auch für die Unteroffiziersschulen
angepasst werden.
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 11. August 2007
4
Daniel Carlos Beros’ “Heimat für Heimatlose”
Von Regula Rohland de Langbehn
Buenos Aires - Dieser wichtige Beitrag zur Geschichte der Volksdeutschen in Argentinien entstand als theologische Dissertation. Das
Buch enthält deshalb im zweiten Teil tiefgreifende theologisch-hermeneutische Betrachtungen, die mit dem Thema der Heimat in der anderen Welt verbunden sind und einen Ausblick auf die derzeitige Verschränkung des katholischen Denkens mit Grundgedanken der Lutherischen Tradition eröffnen. Dieser zweite Teil rundet das historische
Bild des ersten ab, dessen Aussagen außerdem durch Quellenschriften
- viele davon Gedichte - untermauert werden.
Nach einer kurzen Geschichte der Deutschen im Wolgagebiet und
der Gründe, warum sie aus Russland nach Argentinien weiterwanderten, wird die Arbeit des russlanddeutschen Pastors Jakob Riffel (18931958) dargestellt. 1924 nach Argentinien gekommen, war er bis zu seinem Tode in Entre Ríos in den Gemeinden Lucas González (1924-1941)
und San Antonio (1941-1957) als Seelsorger tätig. Sein historische
Bedeutung verdankt Riffel seiner publizistischen Arbeit. Er gab vier
Publikationen heraus: 1925-1929 die “Russlanddeutsche Ecke” als
Beilage zum Evangelischen Gemeindeblatt; dann 1929-1945 “Der Russlanddeutsche”, der 1945 enteignet wurde; 1946 kurzfristig die “Pastoralbriefe” und zuletzt den “Landboten”, der über seinen Tod hinaus
bis 1971 weitergeführt wurde. Diese sukzessiven Publikationen erfüllten den Zweck, den seelsorgerisch und schulisch wenig betreuten zerstreuten Gruppen der Russlanddeutschen in Entre Ríos und in ganz Argentinien als gemeinsames Organ zu dienen, in dem sie ihre Fragen und
Nöte artikulieren und miteinander Fühlung nehmen konnten. Die Langlebigkeit des Blattes zeugt vom Erfolg.
Beros studiert anhand des Themas Heimat, wie sich die Redaktionsmeinung mit den vom Herausgeber sehr stimulierten Äußerungen der
Leser zu einem historischen Gewebe verdichtet. Zwei Eckdaten während der Erscheinungszeit der Publikation waren das 50. und das 75.
Jubiläum der ersten wolgadeutschen Einwanderung nach Argentinien
(1878). Während das Jubiläum von 1928 unter dem Zeichen der Hoffnung stattfand, sich als Gruppe zusammenzufinden und so in dem Gastland eine eigene Rolle zu spielen, steht das von 1953 im Zeichen der
Akzeptation Argentiniens als neue Heimat.
Zwischen diesen beiden Daten steht die Befürwortung des Nationalsozialismus durch Riffel: ihm wurde für seine Zeitschrift von deutscher
Seite eine neue Druckerpresse zur Verfügung gestellt, es gab neue Unterstützungen, vor allem im schulischen Bereich. Hiermit verband man
die Hoffnung, Jugendliche der wolgadeutschen Gruppe ins argentinische intellektuelle Leben einzugliedern und bessere Bedingungen für
die Gemeinschaft zu erwirken. Daneben wurden Hoffnungen auf eine
neue deutsche Kolonialmacht laut. Später wurden die mit dem Nationalsozialismus verbundenen Hoffnungen auf den Peronismus übertragen, was die Assimilation förderte.
Ein weiterer bedrückender Teil der Geschichte, der in Beros’ Untersuchung ist die zunehmende Schwierigkeit für die nach 1900 Eingewanderten, ihre Erwartungen erfüllt zu sehen: es gab keine Politik, durch
die den Kolonisten eigene Parzellen zur Bewirtschaftung zugesprochen
worden wären; als Pächter rücksichtslos ausgebeutet, mussten die Immigranten ein unsicheres Leben führen und wiederholt die Suche nach
neuen, besseren Bedingungen auf sich nehmen, Wanderungen von La
Pampa nach dem Chaco, von dort nach Corrientes... und viele landeten
schließlich in Buenos Aires in einer Umgebung, die ihrem bäuerlichen
Weltbild keineswegs gerecht wurde.
(Daniel Carlos Beros. Heimat für Heimatlose. Die Sprache des Glaubens und die Suche nach Bodenständigkeit bei russlanddeutschen Migranten in der La Plata-Region. Erlangen: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene 2007. Missionswissenschaftliche Forschungen, Neue
Folge, Band 22, 384 S.)
AUSFLÜGE UND REISEN
Auch die Plaza de Mayo wandelt sich
Man mochte früher ein, fünf oder
zehn Jahre auswärts verbracht haben: wenn man in die (Wahl)heimat
zurückkehrte, hatte sich in der Stadt
Buenos Aires zwar einiges gewandelt, aber die Plaza de Mayo sah aus
wie eh und je: Das Regierungsgebäude, der Cabildo, die Kathedrale,
die Monumente - alles schien, und
war, wie einst.
Wie viel hat sich jedoch in jüngster Zeit verändert! Die Casa Rosada ist von einer zweimal mannshohen Drahtumzäunung umgeben, die
Straße davor (Balcarce) wurde für
den Autoverkehr gesperrt, allenthalben sieht man Polizisten. Die ständigen Proteste aller möglichen
Gruppierungen haben die Regierung
zermürbt und sie gezwungen, sich
einzuigeln. Vor allem für Besucher
aus dem Landesinneren ist der Anblick eine herbe Enttäuschung, denn
nun ist selbst ein Erinnerungsfoto
vor dem Sitz der Exekutive nur mit
einem abscheulichen Drahtkäfig als
Hintergrund möglich.
Ansonsten ist der älteste Platz
von Buenos Aires, einst Plaza Mayor, später Plaza de la Victoria und
heute Plaza de Mayo, weitgehend
so, wie er ursprünglich war. Verschwunden ist im 19. Jahrhundert
lediglich die Recova, ein Arkadengang, der den Platz in zwei Hälften
teilte. Das Areal des Maiplatzes,
Bürgersteige, kleine Grünflächen
und Springbrunnen inklusive, umfasst knapp 45.000 Quadratmeter ein wichtiger Parameter dafür, wenn
Regierungen Massenaufmärsche inszenieren und von „Millionen von
Teilnehmern“ reden, wo in Wirklichkeit jedoch maximum maximorum (à fünf Personen pro Quadratmeter) dicht an dicht 150.000 bis
170.000 Menschen Platz finden.
Doch vor allem für Familien aus
dem Landesinneren mit ihren Kindern, die in der Schule Geschichte
aus der Ferne lernen mussten, ist die
Plaza de Mayo ein wichtiger Bezugspunkt. Nicht nur wegen der historischen Gebäude, sondern auch,
weil man dort sowohl das Museo de
la Casa de Gobierno besuchen kann,
das vergangenen Monat Mai 50 Jah-
Norte ist etwas mehr als einen Kire alt wurde (montags bis freitags
lometer lang, die Diagonal Sur rund
von 10 bis 18 und sonntags von 14
600 Meter. Dem Durchstich der
bis 18 Uhr), als auch das Museo
Süddiagonale und der Avenida de
Histórico Nacional del Cabildo de
Mayo fielen die beiden Flügel des
Buenos Aires y de la Revolución de
Cabildo zum Opfer, der deshalb
Mayo (dienstags bis freitags von
10.30 bis 17,
sonntags 11.30 bis
18 Uhr). Die
Räumlichkeiten
scheinen hier noch
die Geschehnisse
um 1810 zu atmen.
Im Untergeschoss
funktionierte bis
etwa 1875 das einzige Gefängnis
von Buenos Aires.
Für den Originalbau
sollen
204.000 Lehmziegel benutzt worden sein.
Etwa von der
Maipyramide aus
kann man sowohl
die einst wie heute beeindruckende
Avenida de Mayo
mit dem monumentalen Kongressgebäude am
anderen Ende sehen, als auch die
beiden Diagonalen; die Diagonal
Maipyramide und dahinter die Casa Rosada.
heute nur noch die Hälfte der ursprünglichen Rundbögen besitzt.
Die jetzige elektrosynchrone Turmuhr stammt aus dem Jahre 1940, als
der Cabildo zum letzten Mal renoviert wurde; der zuvor benutzte Regulator von 1861, zeitweise die offizielle Uhrzeit Argentiniens anzeigend, wurde einer anderen Pfarrkirche übereignet.
Die Pirámide de Mayo ist das erste Denkmal Argentiniens. Das Original wurde 1811 anlässlich des ersten Jahrestags der Staatwerdung
aus Adobe errichtet und 1856 von
Prilidiano Pueyrredón in ihrer jetzigen Form ummantelt, mit der nach
Osten, der dem Sonnenaufgang,
dem „Sol de Mayo“ entgegenblikkenden „Freiheit“ gekrönt und übrigens zweimal verschoben. Und
zwar wurde sie 1884 nach dem Abriss der Recova versetzt und dann
noch einmal bewegt, als man die
Endstation der U-Bahnlinie A baute. Man bugsierte den knapp 19
Meter hohen Obelisken wegen der
Ausschachtungsarbeiten beiseite
und rückte ihn dann wieder auf den
ursprünglichen Standort, doch einen
Meter weniger als zuvor, weil der
neue U-Bahnhof darunter lag. So
bilden das Reiterstandbild des General Belgrano und die Pyramide
keine perfekte Gerade mehr.
Höhen-Nullpunkt vor der
Kathedrale.
Die Ur-Stadt wurde von Juan de
Garay erstaunlich genau nach OstWest und Süd-Nord ausgerichtet,
die Avenida Rivadavia als Hauptstraße weicht weniger als zwei Grad
vom Meridian ab.
Auf dem Aufgang zur Kathedrale sieht man zwischen den zwei mittleren der zwölf Kolumnen einen
Stern in den Marmorfußboden eingelegt. Dieser galt früher als der absolute Bezugspunkt für die Höhenmessungen in Buenos Aires und
dem restlichen Land. Seine Höhe
wurde seinerzeit mit 18 Meter und
44 Zentimeter über dem Meeresspiegel fixiert. Die Kathedrale war
die erste große Baulichkeit in Buenos Aires, bei der Backsteine verwendet wurden.
Marlú
TABELLEN
Fußball - T
orneo Clausura
Torneo
1. Spieltag: Colón-Vélez 0:1, Banfield-Estudiantes 0:3, Gimnasia-Tigre 0:1, Argentinos-San Martín (SJ) 0:1, Independiente-Lanús 5:3, Olimpo-Racing 0:2, Newell´s-San Lorenzo 1:0, Boca-Rosario Central 0:0,
Huracán-Arsenal 1:1, Gimnasia (J) - River (verschoben).
Fußball
Sehnsucht in der Apertura
Buenos Aires - Der erste Spieltag der diesjährigen Apertura brachte
keine spektakulären Ergebnisse. Die Aufsteiger Tigre und San Martin
(SJ) konnten jeweils einen 1:0 Sieg für sich verbuchen wohingegen
Olimpo seinen Wiedereinstieg mit 0:2 gegen Racing nicht so gut anging. Auch der amtierende Meister San Lorenzo musste einen Rückschlag gegen Newell´s hinnehmen (1:0). Bei Boca hingegen bleibt nur
die Sehnsucht. Das ganze Team hofft immer noch auf die endgültige
Entscheidung über den Verbleib von Juan Román Riquelme. Das erste
Spiel ohne Bocas Superkicker brachte ein enttäuschendes 0:0 für die
Truppe von Miguel Angel Russo gegen Rosario Central. (dpa/AT/jvm)
ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT
Der frei benannte Dollarkurs betrug Freitag nachmittags $ 3,18. Die
Rofex Terminkurse betrugen zum 31.8.
$ 3,155, 1.10. $ 3,173, 31.10. $ 3,191,
30.11. $ 3,211, 2.1. $ 3,233 und 31.1.
$ 3,251.
***
Der Mervalindex fiel in der Berichtswoche zum Donnerstag um
4,5% auf 2.087,68, der Burcapindex
um ebenfalls 4,5% auf 7.432,62 und
der Börsenindex um 4% auf
111.835,37.
***
Der durchschnittliche Rind-
5
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Sonnabend, 11. August 2007
fleischpreis (kg Lebendgewicht in
Liniers) stieg in der Berichtswoche um
4,3 % auf $ 2,721.
***
Die Gold-, Devisen- und Anlagenreserven der ZB betrugen am
27.7.07 U$S 44,19 Mrd., der Banknotenumlauf $ 64,70 Mrd. Eine Woche zuvor waren es U$S 44,18 Mrd.
bzw. $ 64,38 Mrd., einen Monat zuvor
U$S 42,96 Mrd. bzw. $ 61,76 Mrd. und
ein Jahr zuvor U$S 26,23 Mrd. bzw. $
50,37 Mrd.
***
Der Deckungskoeffizient der De-
visenreserven in Pesos zum Tageskurs, bezogen auf die monetäre Basis, betrug am 27.7.07 154,3%.
***
Die Zeitschrift „Noticias“ hat in
ihrer Ausgabe der Vorwoche die
Vermögens- und Einkommenserklärung untersucht, die Kirchner beim
Amt zur Bekämpfung der Korruption eingereicht hat. Der Präsident
gibt an, 32 Immobilien zu besitzen, von
denen er 17 bis 19 in Rio Gallegos vermietet. 2006 hat Kirchner angeblich $
1,38 Mio. an Mieten kassiert. Die Zeitschrift hat ermittelt, dass die Mieten,
die Kirchner effektiv kassierte, zwischen $ 400 und $ 1.200 für jede Wohnung lagen. Nimmt man den höchsten
Wert, bei 19 Wohnungen, so ergibt das
$ 273.600 im Jahr, ein Fünftel der angegebenen Summe. Ausserdem hat
Kirchner angegeben, auf seine Fristdepositen in Dollar, für u$s 2,4 Mio.
einen Zinssatz von 9% erhalten zu haben, bei einem normalen Zinssatz am
Platz von 1,7%. Die Zeitschrift deutet
an, dass die Angaben des Präsidenten
falsch sind.
***
Wie die Zeitung „La Nación“ unter Berufung auf die Kontrolleinheit
der Treuhandfonds für Infrastruktur berichtet, erhielten die städtischen Omnibusse im 1. Halbjahr
2007 Subventionen von $ 1,03 Mrd,
verglichen mit $ 479 Mio. in der gleichen Periode 2006 und $ 298 Mio im
1. Halbjahr 2005. Hinzu kommt noch
die Subvention des Dieseltreibstoffes.
Die Omnibusse, die lange Strecken
hinterlegen, erhalten den Treibstioff zu
$ 0,42 je Liter und die städtischen
Omnibusse zu $ 0,62 pro Liter, verglichen mit einem durchschnittlichen
Marktpreis von $ 1,70. Die Differenz
zahlt der Staat, wobei dies 2006 gemäss Schätzung von Erdölunternehmen über eine Milliarde Pesos gekostet hat. Die direkte Subvention übertrifft im 1. Halbjahr 2007 den im
Haushaltsgesetz für das ganze Jahr
vorgesehenen Betrag von $ 700 Mio.
Die Erhöhung der Subvention ist im
Wesen auf Lohnzulagen zurückzuführen, zum Teil aber auch auf erhöhte
Instandhaltungskosten. Die Subventionen werden aus einem Fonds bezahlt,
der mit einem Beitrag von 20% auf den
Preis für Dieseltreibstoff genährt wird.
***
Der Verband der lokalen Kfz-Fabrikanten ADEFA teilt mit, dass die
Kfz-Produktion im Juli mit 432.964
Einheiten um 16,5% über dem Vorjahr, aber um 7,6% unter dem Vormonat lag. In 7 Monaten wurden
275.851 Einheiten erzeugt. Die Lieferungen an Agenturen betrugen im Juli
50.568 Einheiten und der Export
20.326 Kfz.
***
Bei zahlreichen Tankstellen ist
der Preis für Benzin und Dieseltreibstoff höher als in der Bundeshauptstadt und Umgebung. Dieseltreibstoff
kostet hier zwischen $ 1,50 und $ 1,70
pro Liter, und im Landesinneren bis zu
$ 2,30. Benzin kostet hier zwischen $
1,90 und $ 2,20, aber im Landesinneren zwischen $ 2 und $ 2,50. Ausser-
dem nehmen die meisten Tankstellen
keine Zahlung mit Kredit- oder
Scheckkarten an. Die Tankstelleninhaber geben an, ohne höhere Preise ihre
Kosten nicht decken zu können. Doch
in mehreren Fällen haben sie Knappheitserscheinungen ausgenutzt.
***
Durch Beschluss 2296 des landwirtschaftlichen Kontrollamtes
ONCCA (Amtsblatt vom 6.8.07)
wurde bestimmt, dass die Grossisten
des Rindermarktes (genannt „matarifes“) täglich über die Zahl und
Preise der Rinder berichten müssen,
die sie schlachten lassen. Die
Schlachthäuser und die Makler („consignatarios“) waren schon vorher verpflichtet worden, diese Daten anzugeben. Somit würde das Amt jetzt eine
vollständige Information über Rinderschlachtungen haben.
***
Hugo Chavez, Präsident von Venezuela, gab bei seinem Argentinien-Besuch vom Montag bekannt,
dass er argentinische Bonds nicht
für u$s 1 Mrd. kaufen werde, wie es
angekündigt worden war, sondern
nur für u$s 500 Mio. Der effektive
Zinssatz dieser Boden 2015 würde bei
10,6% liegen. Chavez erklärte, in zwei
Jahren habe sein Land schon argentinische Staatspapiere für u$s 4,72 Mrd.
gekauft. Allerdings hat die venezolanische Regierung schon über die Hälfte
dieses Betrages wieder verkauft.
***
Präsident Kirchner entschied,
dass das Rentenamt ANSeS der Pensionskasse der Provinz Buenos Aires $ 650 Mio. überweist, damit diese ihr Defizit decken und die Renten zahlen kann, die den 211.862
ehemaligen Beamten der Provinzverwaltung gezahlt werden. Die Provinz Buenos Aires hat das Pensionierungsystem in den 90er Jahren nicht,
wie viele andere, an den Nationalstaat
übertragen, weil die provinziellen Renten höher als die nationalen waren und
eine Angleichung an letztere befürchtet wurde. Die Provinz Buenos Aires
hat schon Anfang dieses Jahres einen
Zuschuss von $ 1,1 Mrd. erhalten, der
für die Zulage an Lehrer bestimmt war.
***
Die Erdölexporte nahmen in den
ersten 5 Monaten 07 um 28% gegenüber der gleichen Vorjahresperiode
auf 1,31 Mio. cbm ab. Dies ist hauptsächlich auf eine Zunahme des Binnenkonsums zurückzuführen, der in der
gleichen Periode bei Benzin und Dieseltreibstoff mit 7,4 Mio. cbm um 8%
PERSONALNACHRICHTEN
Geburten
Clara Rizzardi-Mehnert, am 3.8.
Geburtstage
Melchior Leis, 80.
Todesfälle
Hans Günter Schmitt, am 10.7.
Erich Kunath, am 23.7.
Henry Rosenbaum, am 3.8.
Elsa Krüger de Kirchhübel, 90. am
4.8.
Claus Häberle, 80, am 5.8.
Sonnabend, 11. August 2007
über dem Vorjahr lag.
***
Tenaris, die zum Techint-Konzern gehört, hat ihren Investitionsplan von u$s 160 Mio. in der Fabrik
für nahtlose Stahlrohre in Campana, Provinz Buenos Aires, zu Ende
geführt. Das Unternehmen hat eine
neue Anlage für die thermische Behandlung von kleinen und mittleren
Röhren in Betrieb genommen, mit einer Kapazität von 90.000 Jato, womit
die Gesamtkapazität für die Erzeugung
thermisch behandelter Röhren auf
550.000 Jato erhöht wurde. Insgesamt
beträgt die Kapazität 900.000 Jato
nahtlose Röhren.
***
Pampa Holding, die dem DophinFonds von Marcelo Mindlin gehört,
gab ein Abkommen mit Emgasud
bekannt, die Alejandro Ivanissevich
gehört, um eine Beteiligung von
50% des Kontrollpaketes am Ingentis-Projekt zu übernehmen. Dieses
Unternehmen setzt sich zu 61% aus
Privatkapital und zu 39% aus einer
Beteiligung der Provinz Chubut zusammen. Jetzt soll der Bau eines Wärmekraftwerkes von 400 MW und von
Windkraftanlagen von insgesamt 100
MW in Chubut in Angriff genommen
werden. Pampa Holding kontrolliert
schon die Kraftwerke Piedra Buena
(Bahía Blanca), Nihuiles und Diamante (Mendoza), Loma de la Lata (Neuquén) und Güemes (Salta), das Stromverteilungsunternehmen Edenor und
50% von Transener, das die Stromfernleitungen betreibt. Wie Pampa Holding
in einigen Jahren so viel Geld aufbringen konnte, nachdem vorher weder der
Fonds noch Mindlin bekannt waren,
wurde nicht geklärt.
***
Nachdem Global Crossing im
Mai dieses Jahres die lokale Firma
IMPSAT für u$s 347 Mio. übernommen hat, wird sie jetzt auch in Argentinien unter der eigenen Marke
Global Crossing statt IMPSAT tätig sein. Global Crossing, mit Sitz in
Bermudas, hat im Jahr 2000 das erste
internationale Netz mit Technologie IP
(„Internet Protocol“) entwickelt.
Impsat entstand Ende der 80er Jahre
als technologisches Unternehmen des
Pescarmona-Konzerns. Impsat kotierte auch an der Börse von New York,
ging dann aber auf Investment-Fonds
über. Impsat hat etwa 5.000 Kunden
in Argentinien und Lateiname-rika.
***
Felipe Rovera, Präsident von General Motors Argentina, gab bekannt, dass die Firma über die schon
angekündigten u$s 200 Mio. noch
mehr in ihrer Fabrik in Rosario investieren werde. Es war informell von
weiteren u$s 200 Mio. die Rede. 06
erzeugte GM in Rosario 70.900 Kfz;
für 07 sind 120.000 Kfz vorgesehen,
und das Ziel für 2010 sind 150.000
Einheiten.
***
Das Arbeitsministerium hat bei
der Schlichtung des Arbeitskonfliktes des Unternehmens Telefónica de
Argentina S.A. eine Lohnerhöhung
von 16,5% und eine einmalige Zah-
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
lung von $ 1.050 verfügt, bei Verringerung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde. Auf diese Weise verdient
ein Arbeiter der niedrigsten Kategorie
insgesamt $ 2.640. Der Antrag der Firma, die sogenannte funktionelle Mobilität der Arbeiter in das Arbeitsabkommen aufzunehmen, wurde hingegen vom Ministerium bei Seite gelassen. Es geht hier darum, dass die Arbeiter für verschiedene Funktionen
ausgebildet werden, und von einer auf
die andere, je nach Bedarf, verlegt
werden können. Das würde die Produktivität erhöhen, aber weniger Arbeitskräfte erfordern. In den 90er Jahren haben viele Unternehmen, angefangen mit Acindar, dieses System mit
grossem Erfolg eingeführt; jetzt scheint
dies nicht mehr möglich zu sein. Die
Gewerkschaft hat daraufhin die Gewaltmassnahmen aufgehoben, die sie
seit mehreren Monaten eingeführt hat,
die besonders Reparaturdienste und
Einrichtung neuer Anschlüsse betroffen haben.
***
Zwischen Veneueala und Argentinien wurde vereinbart, am Hafen
von Bahía Blanca eine Anlage für
u$s 400 Mio. zu errichten, um flüssiges Gas aufzunehmen und in Gasform weiter leiten zu können. Dabei
sollen 10 Mio. cbm. Gas jährlich geliefert werden, 8% des gegenwärtigen
Gaskonsums. Die staatliche argentinische Enarsa soll 51% zum Projekt beitragen, und die venezolanische PDVSA 49%, wobei dieser auch die Verflüssigungsanlage in Venezuela zur
Last fällt. Bei Verflüssigung wird das
Volumen des Gases 600 Mal verringert.
Dieses Projekt soll die geplante Gasleitung von Venezuela über Brasilien
nach Argentinien ersetzen, die über u$s
20 Mrd. gekostet hätte, wobei das Gas
in Argentinien mindestens u$s 10 je
Mio. BTU gekostet hätte, über doppelt
so viel wie das Gas aus Bolivien. Beim
Import von Flüssiggas per Schiff wird
mit einem Preis gerechnet, der auf alle
Fälle weit über u$s 5 je Mio. BTU liegen wird, die Bolivien bezahlt werden.
Den lokalen Gasproduzenten wird bis
zu u$s 1,50 am Förderungsort gezahlt.
***
Der Weinkonsum weist gemäss
einer Studie der Firma CCR eine
klare Tendenz zum Qualitätswein
auf. Im 1. Halbjahr 07 stieg der Umsatz bei Weinen von $ 8 bis $ 10 pro
Liter um 27%, und bei Weinen von
über $ 24 pro Liter um 24%. Bei gewöhnlichen Weinen nahm der Umsatz
um 6% ab, und bei solchen, die in Tetrabrik geliefert werden, nur um 2% zu.
***
Die Firma Corsal gab die Erweiterung der Kapazität ihrer Landmaschinenfabrik in der Umgebung von
Rosario von 150 auf 400 t bekannt.
***
Die Präsidentschaftskandidatin
Cristina Fernandez de Kirchner beteuerte bei ihrer Rede vor dem
„Council of the Americas“, der in
Buenos Aires tagte, dass sie einen
dreiteiligen Sozialpakt anstrebe, an
dem der Staat, die Unternehmer und
6
Die gefälschte Preisstatistik
Das Statistische Amt (INDEC) hat die Zunahme des Indices der Konsumentenpreise für Juli 2007 mit 0,5% angegeben, womit sie für 7 Monate 2007 bei 4,4% liegt. Allgemein gehen Wirtschaftsexperten und Konsumentenschutzvereine davon aus, dass die Juli-Zunahme über 1% liegt,
und sich im Laufe dieses Jahres eine Zunahme von 12% angehäuft hat.
Die 12monatige Preiszunahme beträgt laut INDEC 8,6%, gemäss privaten Schätzungen um 15%, bei steigender Tendenz. Man muss jetzt abwarten, bis die Indices der Konsumentenpreise für die verschiedenen Gegenden des Landesinneren veröffentlicht werden, die viel höhere Zahlen
ergeben, weil Binnenhandelesskeretär Moreno keine Möglichkeit hat, die
Zahlen zu ändern, wie er es offensichtlich beim Index für die Stadt Buenos Aires und Umgebung tut, der diese Woche bekanntgegeben wurde.
Der Index der Grossistenpreise weist im Juli eine Zunahme von 2,1%
aus, von 9,5% in 7 Monaten und 10,9% in 12 Monaten. Dies bedeutet,
dass die Margen des Einzelhandels drastisch zurückgegangen sind, wobei sich in vielen Fällen sogar Verluste ergeben. So ist der Engrospreis
für Gemüse in 7 Monaten durchschnittlich um 78% gestiegen, beim Einzelhandel hingegen nur um 17%. Kartoffeln nahmen beim Handel im Zentralmarkt um 27,7% zu, beim Verkauf an das Publikum jedoch nur um
3,7%. Das Angebot an frischem Gemüse war im Juli durch die akute Kälte beeinträchtigt worden, was sich auf die Preise ausgewirkt hat. Bei Milch
wurde der Preis, den die Industrie dem Milchbauern zahlt, dieses Jahr um
50% erhöht. Der Grossistenpreis für Milch nahm auch stark zu, allein im
Juli um 10%; aber beim Einzelhandel hat dies laut INDEC kaum eine
Wirkung gehabt.
Nahrungsmittel und Getränke stiegen im Juli um 0,5%, jedoch gemäss
der Erhebung der Consulting-Firma Equis (von Artemio Lopez) um 4,47%.
Andere private Erhebungen ergeben noch mehr. Die Ausgaben für Freizeitgestaltung, was Tourismus mit einschliesst, lagen um 0,9% über Juni,
aber um 1% unter Dezember 2006. Wenn man nur Tourismus nimmt, so
ergibt sich eine Zunahme von 2%, gegen 7,6% im Juli 2006 und 11,5%
im Juli 2005. Die Winterferien führen allgemein wegen der plötzlich stark
erhöhten Nachfrage zu Preissteigerungen auf diesem Gebiet. Es ist nicht
glaubhaft, dass das dieses Jahr nicht der Fall war. Das „Zentrum für Erziehung der Konsumenten“ (CEC, Centro de Educación al Consumidor),
geleitet von Susana Andrade, hat ermittelt, dass es beim Tourismus Zunahmen von 20% in einem Monat gegeben hat.
Die Sparte „Bekleidung“ weist im Juli eine Abnahme von 3,2% aus,
und in 7 Monaten eine Zunahme von 1,4%. Hier spielt der Umstand eine
Rolle, dass der Handel seine Lagerbestände verkaufen will, solange die
Kälte andauert, und daher mit hohen Preisen für Winterbekleidung im
April beginnt und sie ab Mitte Juli senkt. Der Vergleich mit Dezember,
wo es sich um Sommerbekleidung handelt, ist nicht einfach, und daher
besonders suspekt. Es wäre auf alle Fälle interessant zu wissen, wie sich
bestimmte Bekleidungsstücke, die nicht von saisonalen Umständen abhängen, wie Herrenhemden oder Unterhosen, verhalten haben.
Die Ausgaben für Gesundheit, einschliesslich Medikamente werden
vom INDEC im Juli mit einer Zunahme von 0,5% ausgewiesen, in 7
Monaten von 4%. Das genannte Zentrum von S. Andrade weist indessen
darauf hin, dass die Medikamentenpreise im Juli um 3% bis 12% zugenommen haben, gegen nur 0,6% gemäss INDEC.
Wohnungausgsaben und öffentliche Dienste stiegen um 0,6%, bzw.
5,1%, Wohnungsausrüstung um 1,1%, bzw. 6,3%, Transport und Fernverbindungen um 1,1%, bzw. 4,2%, Erziehung um 2,2%, bzw. 7,9%%
und „andere Ausgaben“ um 0,8%, bzw. 6,2%.
Kabinettschef Alberto Fernandez erklärte, die einzige konkrete Wirkung des Preisindices betreffe die Rechte der Gläubiger, wobei er sich
frage, ob die Argentinier einen höheren Index wünschen, der nur die Gläubiger begünstigt. Das bezieht sich auf die CER-Werberichtigung der Staatstitel in Pesos. Er hat also zugegeben, dass man Inhaber dieser Bonds betrügen will. Kein Wunder, dass diese Bonds am gleichen Tage der Bekanntgabe des Indices um 2% zurückgingen.
Die Baukosten stiegen laut INDEC im Juli um 2,8%, in 7 Monaten um
14,4%, und in 12 Monaten um 20,4%. Die Zunahme ist hier hauptsächlich durch Lohnerhöhungen bedingt, die die Arbeitskosten um 4,5% im
Monat Juli und um 20,2% in 7 Monaten emportrieben. Aber ausserdem
nahmen innnerhalb dieses Jahres die Preise für Ziegelsteine und Keramikprodukte um 27% zu, Produkte aus Kupfer, Blei und Zinn um 24%
und Zement um 14,6%.
Sonnabend, 11. August 2007
die Gewerkschaften beteiligt seien, um
auf diese Weise den bestehenden makroökonomischen Rahmen als definitiv zu verankern.
***
ZB-Präsident Martín Redrado
wies bei seiner Ansprache vor dem
„Council of the Americas“ darauf
hin, dass die jüngste Finanzkrise
gezeigt habe, dass die ZB mit Reserven von rund u$s 44 Mrd. in der
Lage sei, spekulative Bewegungen
zu entmutigen. Die Intervention der
ZB auf dem Devisenmarkt verfolge das
Ziel, zu verhindern, dass die Kursschwankungen die Entscheidungen
über Ausgaben, Sparen und Investitionen beeinflussen, dass jedoch gleichzeitig keine Kurssicherung bestehe, die
spekulative Kapitalien anziehe.
***
Planungsminister De Vido erklärte am Dienstag, in den nächsten
Tagen würden die Einschränkungen
der Stromlieferungen an Industriebetriebe aufgehoben werden. Gegenwärtig wird die Nachfrage um 1.200
MW durch Beschränkung der Nachfrage von 16 bis 24 Uhr verringert. Die
höheren Temperaturen, die nach dem
Abflauen der Polarwelle eingetreten
sind, haben eine Erleichterung am
Strommarkt herbeige-führt.
***
Der Oberste Gerichtshof hat ein
Urteil widerrufen, das die Stadt
Bue-nos Aires zu einer Entschädigung von bis zu $ 1,6 Mrd. an die
ehemalige Konzessionärin des städtischen Vergnügungsparks „Interama“ verurteilt hatte. Die Konzession, die unter der Militärregierung, als
der unlängst verstorbene Osvaldo
Cacciatore Bürgermeister war, gewährt
worden war, wurde am 15. Dezember
1983 vom radikalen Bürgermeister
Saguier aufgehoben. Es war eine rein
politische Entscheidung, die der Bürgermeister 5 Tage nach seinem Amtsantritt ohne eingehendes Studium des
Falles getroffen hatte, die einen klaren
Vertragsbruch darstellte. Das hat der
Richter in erster Instanz und danach
die Berufungskammer bestätigt. Der
Oberste Gerichtshof vertrat indessen
den Standpunkt, dass das Unternehmen
Interama in Konkurs geraten sei, so
dass die ehemaligen Konzessionsinhaber nicht mehr Besitzer der Anlagen
seien und kein Anrecht auf Entschädigung hätten. Es spricht nicht für die
argentinische Justiz, dass es 24 Jahre
gedauert hat, bis ein endgültiges Urteil gefällt worden ist, wobei dieses
offensichtlich stark politisch gefärbt
ist.
***
Der US-Investmentfonds Vitrium Capital hat ein Projekt in Angriff genommen, um im Bezirk Vicente Lopez (Strasse Bartolomé Cruz,
zwischen Italia und Hipólito Yrigoyen)
mit u$s 3,4 Mio. ein Bürogebäude von
1.978 qm zu errichten.
***
Das Unternehmen Transener, das
ein Netz von 8.000 km Hochspannungsleitungen betreibt, mit weiteren 5.500 km über ihre Tochtergesellschaft Transba, und zu 50% dem
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
Dolphin-Fonds (von Marcelo Mindlin) gehört, weist im 1. Halbjahr 07
einen Verlust von $ 6,6 Mio. aus,
verglichen mit einem von $ 1,3 Mio.
in der gleichen Vorjahresperiode.
Die Betriebskosten sind gegenüber
dem Vorjahr um 29,4% gestiegen. Vor
kurzem hat Petrobras seinen Anteil von
50% an Transener an einen lokalen
Konzern verkauft, der die staatliche
ENARSA als Mehrheitdsaktionär hat.
***
Die brasilianische VulcabrasGruppe gab den Kauf von zwei Fabriken der lokalen Indular (ex Gatic) für u$s 60 Mio. bekannt, in denen sie Sportschuhe und -bekleidung herstellen wird. Eine Fabrik
liegt in Coronel Suarez und die zweite
in Las Flores (beide in der Provinz
Buenos Aires). Die Sportschuhe werden mit der Marke Reebok und die
Sportbekleidung unter der Marke Signal vertrieben. In Brasilien betreibt
die Firma 11 Fabriken, beschäftigt
22.000 Personen und hat einen Jahresumsatz von umgerechnet u$s 726 Mio.
***
Der Index Big Mac, den die Wirtschaftszeitschrit „The Economist“
ausarbeitet, der die Kaufkraft der
einzelenen Länder an Hand des
Preises des Bic Mac der McDonaldkette misst, setzt Argentinien im Juli
07 auf den Platz 23, nachdem das
Land im Mai 04 noch auf Platz 51
lag. Dieser „Hamburger“ kostet in
Argentinien u$s 2,67, gegen nur u$s
1,48 vor drei Jahren. Die teuersten
Länder sind gemäss diesem Index Island (u$s 7,61), Norwegen (u$s 6,88),
Schweiz (u$s 5,20), Dänemark (u$s
5,08), Schweden (u$s 4,86) und die EU
(u$s 4,17) , und die billigsten sind
China (u$s 1,45), Hong Kong (u$s
1,54), Malaysien (u$s 1,60), Ägypten
(u$s 1,68) und Indonesien (u$s l,76).
In den USA liegt der Preis bei u$s 3,41.
***
Obwohl die ZB Lebac und Nobacwechsel für $ 1,4 Mrd. amortisiert hat, hat sie am Dienstag nur $
700 Mio. für diese Papiere ausgeschrieben. Schliesslich hat die ZB jedoch beschlossen, Angebote für $ 1,02
Mrd. anzunehmen, davon der grösste
Teil von der Banco Nación. Dabei musste die ZB für Lebac auf 35 Tage 10,6%
und auf 98 Tage 10,6% zahlen, gegen
8,06% am 24. Juli.
***
Die Rentenverwaltungsunternehmen (AFJP) erreichten für die
von ihnen verwalteten Fonds per
Ende Juli einen 12monatsertrag von
25,79%, trotz negativer Ergebnisse
im Juni und Juli 07. An erster Stelle
stand Met mit 26,51%, gefolgt von
Consolidar mit 26,07%, Máxima mit
25,71% und Origenes und ProRenta
mit je 25,69%.
***
Das Transportsekretariat hat 7
Lokomotiven und 18 Waggons, die
von der portugiesischen „Caminhos
de Ferro Portugueses“ gekauft wurden, an die Unternehmen verteilt,
die die Vororteisenbahnen von Buenos Aires betreiben. Es handelt sich
um gebrauchtes Material, das völlig
erneuert wurde.
***
Die Hotelgruppe NH, die vor
kurzem das Hotel Lancaster (Córdoba Ecke Reconquista) gekauft hat,
hat das Gebäude an der Strasse Cerrito erworben, wo sich das Kino Metro
befand, um dort ihr elftes 4-Sternehotel zu errichten.
***
Nach 15 Tagen Streik musste der
Engrossupermarkt „La Maravilla“,
im Vorort La Matanza, nachgeben
und das Personal, das in Logistiktätigkeiten beschäftigt ist, von der Gewerkschaft der Handelsangestellten
auf die der Lastwagenfahrer übertragen, die Hugo Moyano mit seinem Sohn Pablo leitet. Die Arbeiter
erhalten dabei eine Lohnerhöhung von
$ 600 bis $ 800. Analoge Fälle hatte
Moyano in den letzten Wochen bei den
Supermartketten Vital, Diario und
Maxiconsumo durchgesetzt. Die Regierung unterstützt Hugo Moyano, den
aggressivsten Gewerkschaftler, und
schwächt Armando Cavallieri, der viel
gemässigter ist. Das erschwert die Eindämmung der Lohnerhöhungen, die im
Rahmen der Inflationsbekämpfung
unerlässlich ist.
***
Die Aufsichtsbehörde für Arbeitsrisiken (SRT, Superintendencia
de Riesgos de Trabajo) hat 78 Bauten in den Bezirken Flores, Belgrano und Villa Urquiza der Stadt Buenos Aires, sowie in Vororten, stillgelegt, wobei 102 Fälle kontrolliert
wurden. Bei der Kontrolle wirkte auch
das Arbeitsministerium und die Gewerkschaft der Bauarbeiter mit. Beanstandet wurden unzureichende Sicherheitsmassnahmen, um häufige Unfälle zu vermeiden.
***
Der Ausschuss für Arbeitsrecht
der Deputiertenkammer hat die
Prüfung eines Gesetzesprojektes
eingeleitet, das die Kriterien für die
Berechnung von Unfallentschädigungen ändert. Der Vorsitzende der
Kommission, der Gewerkschaftsanwalt Héctor Recalde, befürwortet die
Festsetzung von Mindestwerten statt
Höchstwerten, mit dem Argument,
dass eine hohe Entschädigung die Unternehmen dazu führen wird, sich mehr
um Unfallverhütung zu kümmern. Die
Gesellschaften, die diese Risiken versichern (ART), fordern hingegen klar
festgesetzte Entschädigungen, um vernünftige Prämien berechnen zu können. Was Recalde fordert, läuft auf eine
starke Erhöhung der Prämien hinaus,
die die Arbeitskosten verteuern und
gegen die Beschäftigung wirken.
***
Die Kammer der Bekleidungsindustrie hat beim Arbeitsminister
Carlos Tomada beantragt, dass die
Verantwortung der Unternehmen
bei der Verpflichtung von Arbeiten
mit Dritten per Gesetz genau bestimmt werde. Gegenwärtig besteht
eine offene Interpretation der solidarischen Verantwortung, die in diesen
Fällen gilt.
***
Die Baisse, die Staatspapiere und
7
Aktien im Juli erlebten, hat das von
den Rentenverwaltungsunternehmen
(AFJP) verwaltete Vermögen im Juli
um $ 5 Mrd. verringert, von $ 95 auf $
90 Mrd.
***
Das argentinische Institut des
Kapitalmarktes (IAMC, Instituto
Argentino de Mercado de Capitales)
hat ermittelt, dass in 7 Monaten 07
die Finanzierung der lokalen Unternehmen über den Kapitalmarkt
umgerechnet u$s 4,24 Mrd. betrug,
verglichen mit u$s 3,90 Mrd. in der
gleichen Periode des Jahres 2000.
Davon entfielen 57,5% auf Ausgaben
von Obligationen, 25% auf Treuhandfonds, 13,2% auf Aktienausgaben und
4,3% auf Finanzierung von kleinen und
mittleren Unternehmen.
***
Die argentinische Zitronenproduktion erreichte 06 mit 1,5 Mio. t
einen neuen Rekord. Argentinien produziert 26,5% der Zitronen, die auf der
Welt geerntet werden. 80% der lokalen Produktion entfällt auf Tucumán,
wo besonders günstige Bedingungen
für Qualitätszitronen mit dünner Schale bestehen. Die Produktionszunahme
ergibt sich aus dem natürlichen Wachstum der Bäume, die nach und nach ihre
Reife errreichen. Insgesamt sind
42.197 ha mit Zitronenbäumen
bepflanzt.
***
Die Deputiertenkammer hat ein
Gesetz verabschiedet, durch das
Schulden von gewerkschaftlichen
Sozialwerken, Kliniken u. dgl., Laboratorien und Anstalten für ältere
Personen und für psychiatrische Behandlungen, in Höhe von $ 1,2 Mrd.,
plus $ 400 Mio. öffentlicher Instituionen, gegenüber der AFIP und
der ANSeS auf bis zu 15 Jahre gestundet werden, zu einem Zinssatz
von 6% jährlich. Diese Schulden sind
zum grossen Teil eine Folge der Krise
von 2001/02.
***
Die Stiftung FUNDELEC (Fundación para el Desarrollo del Sector Eléctrico) hat ermittelt, dass der
Stromkonsum im Juli wegen der
Kälte um 10,5% über dem gleichen
Vorjahresmonat lag. Der Konsum der
Haushalte lag um 31% bis 33,6% höher, der des Handels um 8% über dem
Vorjahr, der kleinen und mittleren Unternehmen um 16% höher und der öffentlichen Beleuchtung um 2% höher.
Nur bei grossen Verbrauchern fand
wegen der Sparbestimmungen, die in
diesem Fall eingeführt wurden, ein
Rückgang von 2,2% statt.
***
Die Zeitung „Clarín“ berichtet
über eine starke Differenzierung der
Benzinpreise in der Provinz Buenos
Aires. In Bahía Blanca wurde ein Preis
von $ 1,99 pro Liter Superbenzin ermittelt, in Azul einer von $ 2,25, in
Cañuelas von $ 2,30, in Coronel
Pringles von $ 2,08 und in Olavarría
von $ 2,14.
***
Im 1. Halbjahr 07 wurden
293.000 t Zwiebel und Knoblauch
für u$s 123,9 Mio. exportiert, 44%
Sonnabend, 11. August 2007
mehr als im Vorjahr. Knoblauch, der
vornehmlich in Mendoza geerntet wird,
aber auch zum Teil in San Juan u.a.
Provinzen, wurde für u$s 76 Mio. exportiert, 49% mehr als im Vorjahr. Brasilien kaufte Knoblauch für u$s 50,5
Mio.
***
Die Preise für Spielzeug sind
stark gestiegen. Die Cebra-Spielwarenkette berichtet über Preiszunahmen
von 25% bis 30% bei lokal erzeugten
Spielzeugen und von 10% bei importierten. Susana Andrade, vom Konsumentenschutzverband CEC, berichtet
über Zunahmen von 40% bis 50%.
***
Der Verband der Mieter (UAI,
Unión Argentina de Inquilinos) gab
bekannt, dass die Mieten in den ersten 6 Monaten 2007 um 11,4% gestiegen seien, bei einer allgemeinen Zunahme der Konsumentenpreise von nur
4,4%.
***
Die Immobiliengruppe TGTL,
geleitet von Federico Weil, hat ein
Gelände von 3 ha nördlich des Hafens von Rosario gekauft, um dort
auf 40.000 qm zu bauen, aufgeteilt
in 7 Hochhäuser, um private Wohnungen, Büros, Geschäfte und ein
Hotel zu errichten. Die Gesamtinvestition wird auf u$s 40 Mio. veranschlagt. Das Grundstück gehörte der
Firma Safac, des Konzerns der Quilmes-Brauerei, die dort eine Malzfabrik
betrieb, die in den 70er Jahren geschlossen wurde.
***
Das Savoy Hotel, auf der Callao
(Bundeshaupstadt) wurde für rund
u$s 12 Mio. vom Gastronomieunternehmer Victor Blanco von der Firma Camilo García e hijos S.A. gekauft. Es verfügt über 164 Zimmer
und 8 Festsäle.
***
Die spanische Vizepräsidentin
María Teresa Fernandez de la Vega
hat erreicht, dass sich Präsident
Kirchner verpflichtet hat, den
schweren Schaden zu entschädigen,
den spanische Fischereiunternehmen in Puerto Deseado, Provinz
Santa Cruz, bei einem Überfall von
Gewerkschaflern erlitten haben, die
die Büros der Firmen völlig zerstört
haben, wobei die Polizei die Unternehmen nicht geschützt hat. Die
Unternehmen schätzen den Schaden
der Zerstörungen, plus den der Stilllegung der Unternehmen durch den illegalen Streik vom 3. Juli bis zum 2.
August 07 auf über E 100 Mio. Der
spanische Regierungschef José Luis
Rodriguez Zapatero beabsichtigt, am
8. und 9. November Argentinien zu
besuchen, und soll bei dieser Gelegenheit mit dem neu gewählten Präsidenten das Problem der einseitigen Aufhebung der Konzessionsbedingungen,
besonders der eingefrorenen Tarife bei
Unternehmen behandeln, die öffentliche Dienste betreiben und spanischen
Firmen gehören. Frau Cristina Kirchner hatte bei ihrem jüngsten SpanienBesuch schon ihren guten Willen in
dieser Sache bekundet, wurde jedoch
dann von ihrem Gatten sofort demen-
8
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
tiert. Spanien u.a. Staaten, deren Unternehmen in Argentinien investiert
haben, stehen auf dem Standpunkt,
dass der Notzustand, auf den sich die
Tarifeinfrierung gründete, überwunden
sei.
***
Am Donnerstag ging der MervalAktienindex um 3,3% zurück, womit die Kursgewinne des ganzen
Jahres schliesslich zunichte gemacht
wurden. Die indexierten Staatspapiere in Pesos gingen um 4% zurück, mit
einem Gesamtverlust seit Jahresanfang
von 30%. Der Bogar 2018 sank um
2,31% und der Par-Bond in Dollar um
2,70%.
***
Der Weizenpreis erreichte am
Donnerstag $ 533 pro t, weit über
dem bisherigen Rekord von $ 500,
der im Jahr 2002 erzielt wurde. Der
Terminkurs für Dezember erreichte in
Chicago u$s 185, was eine Zunahme
von 24% in drei Monaten darstellt.
Sojabohnen wurden in Rosario zu $
675 je t gehandelt, nahe dem Rekord
von $ 718, der im Januar 2004 erzielt
wurde.
***
Die Provinz Buenos Aires weist
ein gefährlich zunehmendes Defizit
aus. Statt der vorgesehenen $ 1,5 Mrd,
werden es jetzt $ 3,5 Mrd. minus der
eventuellen Zunahme des Betrages
sein, den die Provinz aus den nationalen Steuern erhält. Die Ausgaben
steigen dieses Jahr um $ 2,2 Mrd.,
wegen der Gehaltserhöhung von 24%
für die Lehrer (denen die Nationalregierung ein Mindestgehalt von $ 1.040
gesichert hat, das jedoch die Provinzen bezahlen) und der Kettenwirkung
auf andere Bereiche der provinziellen
Verwaltung. Gehälter machen 51%
der Ausgaben der Provinz Buenos Aires aus.
***
Die Consulting-Firma Economía
y Regiones, geleitet von Rogelio Frigerio, gab bekannt, dass die Provinzen insgesamt im 1. Halbjahr 07 einen Überschuss von $ 900 Mio. erzielt hätten, und einen primären
Überschuss von $ 2,2 Mrd. Die gesamten Schulden der Provinzen betrugen per 30. Juni $ 83 Mrd, um 4,3%
mehr als vor einem Jahr. Von der Verschuldung entfällt 78% auf den Nationalstaat, 2 Punkte weniger als vor einem Jahr. Für ganz 07 wird jedoch mit
einem Gesamtdefizit der Provinzen
von über $ 3 Mrd. gerechnet, was 0,4%
des BIP entspricht. Die Gesamtausgaben der Provinzen stiegen in 6 Monaten um 28%, während die Einnahmen
nur um 25% zunahmen.
***
Durch Beschluss 435 des Wirtschaftsministeriums wurde verfügt,
Subventionen an die Milchindustrie
zu zahlen, um die Zunahme des an
die Bauern gezahlten Milchpreises
zu 85% auszugleichen, der von $
0,51 pro Liter auf $ 0,80 pro Liter
gestiegen ist. Die Unternehmen hatten sich verpflichtet, die Preise für ihre
Produkte unverändert zu halten, sofern
der Preis für Milch nicht zunimmt.
Dieser ist jedoch wegen der Über-
schwemmungen in der Milchgegend
von Santa Fe, die die Lieferungen beeinträchtigt haben, stark gestiegen.
Mastellone Hnos S.A. (Marke La Serenísima) erhält $ 18 Mio. und Sancor
$ 14,8 Mio. Die Subvention umfasst
85% und nicht 100% der Preisdifferenz, weil angenommen wird, dass die
Unternehmen 15% ihres Umsatzes mit
Produkten erreichen, bei denen keine
Preiseinfrierung besteht.
***
Die chinesische Firma Maverick
wird mit der lokalen Di Bella (dem
Vertreter der Firma) in San Juan
eine Motorradfabrik für u$s 3,8
Mio. errichten, um Modellle mit 100
cbcm zu erzeugen, und auch ein Vierradmotorrad mit 200 cbcm.
***
Die Supermarktkette Carrefour
hat den ersten Carrefour Home im
Bezirk Flores, in der Bundeshaupstadt, eröffnet, um Haushaltsartikel
und Elektronik zu verkaufen, und mit
Garbarino, Frávega und Rodó zu konkurrieren.
***
Wie aus guter Quelle verlautet,
will Wirtschaftsminister M. Peirano die Verhandlungen mit den 19
Staaten des Pariser Klubs wieder
aufnehmen, denen Argentinien u$s
6,3 Mrd. schuldet. Eine Regelung dieser Schuld ist notwendig, damit die
Staaten wieder Kreditgarantien (Hermes in Deutschland, Coface in Frankreich, u.s.w.) erteilen können, die für
die Finanzierung der Lieferungen von
Kapitalgütern unerlässlich sind. Die
Vorschriften des Pariser Klubs fordern
jedoch als Voraussetzung für eine
Schuldenregelung die Mitwirkung des
IWF, womit die argentinische Regierung nicht einverstanden ist. Angeblich
soll die argentinische Regierung jetzt
vorschlagen, dass sich die Intervention des IWF auf die jährliche Revision
beschänkt, die der Fonds bei allen Mitgliedern durchführt.
***
Der Construya-Index, der die
Lieferungen von Baumaterialien
durch die wichtigsten Unternehmen
der Branche misst, lag im Juli 07 um
24,18% über Juli 06 und um 11,39%
über Juni 07.
WIRTSCHAFTSÜBERSICHT
Der Konflikt der Regierung mit
der Landwirtschaft
Bei der Einweihung der jährlichen landwirtschaftlichen Ausstellung des traditionellen Verbandes “Sociedad Rural Argentina”,
am Samstag der Vorwoche, hielt
der Vorsitzende Luciano Miguens
eine aggressive Rede, mit der allgemeinen Forderung, dass der
Staat die starke Intervention bei
der Landwirtschaft aufgibt, Exportzölle, Exportverbote und
Höchstpreise abschafft, so dass
die Landwirtschaft dann stark expandieren kann. Miguens sprach
gewiss den meisten Landwirten
aus dem Herzen. Doch Präsident
Kirchner geriet diese Rede in die
falsche Kehle, so dass er seinen
Landwirtschaftssekretär Javier de
Urquiza anwies, seine vorbereitete Rede nicht zu lesen und die Feier sofort zu verlassen, was dieser
dann auch gleich nach Abschluss
der Rede von Mi-guens tat.
Kirchner denkt und handelt
vorwiegend politisch; meint er,
dass ein Konflikt mit den Landwirten, besonders den grösseren,
ihm politisch nützt? Perón hat seinerzeit politisch vom Konflikt mit
den Grossgrundbesitzern, die er
Oligarchen nannte, profitiert.
Doch die Zeiten haben sich geändert, es gibt viel mehr kleine und
mittlere Landwirte als damals, die
grossen sind jetzt organisierte Unternehmen, mit vielen Eigentümern, die sich nicht von denen
anderen Branchen unterscheiden,
ein grosser Teil der Bevölkerung
lebt direkt und indirekt von der
Landwirtschaft, und im Landesinneren haben die landwirtschaftlichen Interessen viel Gewicht, auch
politisch. Es ist zweifelhaft, dass
dieser Konflikt Stimmen für Frau
Cristina bringen wird.
Es klingt etwas merkwürdig,
dass die Landwirte sich gerade
jetzt so kritisch äussern, haben sie
doch eine Rekordernte von 95
Mio. Tonnen beendet (11 Mio. t
über dem bisherigen Rekord, der
2004/05 erreicht wurde), bei hohen Weltmarktpreisen, so dass sie
trotz Exportsteuern ein real so
phenomenal hohes Einkommen
erzielt haben, wie bei weitem nie
zuvor. Dass die Regierung unter
diesen Umständen die Exportsteuern abschaffen soll, ist einfach irreal. Das würde eine schlichte Einkommensumverteilung zu Gunsten der Landwirte bedeuten, und
zum Schaden anderer Einkommensgruppen, besonders der Arbeiter, so dass sich der Druck nach
höheren Löhnen sofort verstärken
würde. Miguens sprach sich für
eine “echte” Inflationsbekämpfung aus; will er eine so restriktive Geldpolitik, dass diese eine Rezession herbeiführt? Die Abschaffung der Exportsteuern hätte auf
alle Fälle eine inflationäre und rezessive Wirkung.
Sonnabend, 11. August 2007
Landwirtschaftssekretär de Urquiza hat eine glänzende Gelegenheit verpasst, den Landwirten vor
Augen zu führen, wie gut es ihnen geht. Abgesehen von den hohen Weltmarktpreisen profitieren
die Landwirte vom real hohen
Wechselkurs, der die Exportsteuern weitgehend ausgleicht, vom
technologischen Fortschritt (vor
allem von der Einführung genetisch veränderten Saatgutes), und
auch Massnahmen, die aus der
Menem-Regierung stammen,
nämlich der Hafen-Deregulierung
und Privatisierung, der Privatisierung des Frachttransports der Eisenbahn (dank der der Dienst wesentlich verbessert wurde), der
Abschaffung der Zwangskartellierung der Lastwagen (die, die in
einer Provinz eingetragen waren,
keine Fracht in anderen aufnehmen durften, was die Frachten allgemein verteuerte), der spürbaren
Verbesserung der Überlandstrassen durch private Betreibung, und
dem Austritt aus dem Schifffahrtskartell der sogenannten “Frachtenkonferenzen”, das die Frachten
verteuerte. All dies hat die Differenz zwischen dem Preis, den der
Landwirt netto für sein Getreide
und seine Ölsaaten erhält, und
dem Preis, der am Bestimmungsort im Ausland gezahlt wird, erheblich verringert. Hinzu kommt
dann noch die starke Verringerung
der Importzölle für Landmaschinen, Düngemittel, Unkrautvertilgungsmittel und andere Produkte,
die der Landwirt benötigt. Und
schliesslich darf das Riesengeschenk nicht vergessen werden,
das in Dollar verschuldete Landwirte durch die Umwandlung der
Schulden in Pesos zum Kurs von
eins zu eins Anfang 2002 erhielten.
Der Konflikt konzentriert sich
auf die Rinderwirtschaft. Hier besteht ein Exportkontingent, so
dass ein hohes Angebot auf dem
Binnenmarkt gesichert wird, bei
niedrigen Preisen. Wird mehr exportiert, dann steigt der Preis automatisch, sowohl für den Landwirt, wie beim Metzger. Und das
schafft ein soziales Problem und
einen sicheren Konflikt mit den
Gewerkschaften. Man muss sich
schon mehr anstrengen, um eine
Lösung zu finden.
Der Kuhbestand nimmt in den
letzten Monaten stark ab, wie aus
dem anormal hohen Anteil der
Kuhschlachtungen an den Gesamtschlachtungen hervorgeht.
Ausserdem verlegt sich die Rinderwirtschaft zunehmend auf
Grenzgebiete, die sich weniger
oder gar nicht für den Ackerbau
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
eignen. Mit weniger Kühen und
einer geringeren Fleischproduktion pro Rind, wie sie die Rinderzucht und –mästung in trockenen
und heissen Gegenden mit sich
bringt, nimmt die Rindfleischproduktion ab. Und das hat keinen
Sinn, zumal bei hoher und steigender internationaler Nachfrage nach
Rindfleisch.
Die Regierung hat keine Antwort auf dieses Problem, aber die
Landwirte auch nicht. Die Regierung hat es mit Subventionen für
Kälber und für Futtermittel versucht, so dass die Kälber einbehalten und die Mästung in Gegenden mit schlechten Wiesen weitgehend auf “feed lots” übergeht.
Aber das System funktioniert in
der Praxis sehr schlecht. Die Subventionen werden schleppend ausgezahlt und gelegentlich verweigert, mit dem Argument, dass die
Kälber schon als Ochsen eingestuft werden. Und die Subvention
für Futtermittel wird in der Praxis
nur an Wenige ausgezahlt. Wir
haben in dieser Stelle stets darauf
hingewiesen, dass diese Systeme
bei der schwachen Bürokratie, die
den argentinischen Staat kennzeichnet, kaum zu verwalten sind,
und haben dabei leider recht behalten. Die Beamten des Landwirtschaftssekretariates müssten
sich somit zunächst mit den Landwirten zusammensetzen, um zu
sehen, wie man das System bei
seiner konkreten Anwendung verbessern kann. Ein Vorschlag in
diesem Sinn von Urquiza wäre
bestimmt gut angekommen.
Es gibt auch andere Themen,
die einer zivilisierten Besprechung
würdig sind:
l Wie kann man den Strukturwandel ohne Schaden für die Rinderwirtschaft vollziehen, der in
der Verlegung dieser Tätigkeit auf
Grenzgebiete besteht? Dass die
besseren Gegenden immer stärker
auf Ackerbau übergehen, ist bei
der guten Konstellation der Weltmärkte für Getreide und Ölsaaten
unvermeidlich und auch wünschenswert.
l Wie kann man die Viehzüchter dazu bewegen, ihre Kühe nicht
zu verkaufen und ihren Bestand zu
erhöhen?
l Wie kann man den Preis, der
den Landwirten für die Rinder gezahlt wird, erhöhen, ohne den
Rindfleischpreis beim Metzger zu
erhöhen? Miguens hat sich über
die überhöhten Margen des
Fleischhandels beklagt.
Es bestehen konkrete Möglichkeiten in diesem Sinn. Einmal
müsste der Rindermarkt von Liniers, den Miguens verteidigt, ge-
schlossen und durch einen informatischen Markt ersetzt werden,
wie er in fortgeschrittenen Ländern besteht. Das würde den Landwirten die Kosten sparen, die die
Vermarktung über Liniers mit sich
bringt (etwa 7% des Rinderpreises) und eine grosse Transparenz
schaffen, so dass die Landwirte jederzeit die beste Verkaufsmöglichkeit nutzen könnten, die sich ihnen bietet. Kabinettschef Alberto
Fernández hat sich am Montag für
dieses System ausgesprochen;
doch die Regierung nimmt keine
Initiative in diesem Sinn in Angriff, und die Landwirtschaftsverbände auch nicht.
Dann müsste die Hilton-Quote
versteigert werden, statt willkürlich an einige Schlachthöfe verteilt
zu werden, wobei mit dem Erlös
die billigeren Fleischteile für den
Binnenkonsum subventioniert
werden könnten. Ferner müsste
das Sanitätsgesetz aus dem Jahr
1972 voll angewendet werden, so
dass (fast) alle Schlachthöfe für
den Export zugelassen werden,
damit allgemein bestimmte Teile
des Rindes (wie Lende, auf spanisch “lomo”) exportiert und andere für den Binnenkonsum bestimmt werden, die dann billig
verkauft werden können, da die
Schlachthöfe mit Exporten zu hohen Preisen ihre Kosten decken.
Gegenwärtig ist dies nur bei den
9
für den Export zugelassenen
Schlachthöfen möglich.
Schliesslich sollten die Landwirte einen bestimmten Betrag pro
verkauftes Rind von der Gewinnsteuer abziehen können, so dass der
legale Verkauf gegenüber dem
schwarzen begünstigt wird. Auch
müsste gestattet werden, schwarze Rinderbestände, die ziemlich
hoch sind, weiss zu waschen, damit diese Rinder ungehemmt in
den legalen Handel eintreten können. Es gibt somit gewiss Themen,
die eine Diskussion wert sind.
Dazu müsste jedoch die Politisierung der Beziehung der Regierung
zu den Landwirten bei Seite gelassen werden. Und das ist in einer Wahlperiode schwierig. Dennoch sollte man sich für die Periode nach dem 10. Dezember vorbereiten.
Der aufstrebende Mittelstand
Im täglichen Gespräch ist ständig davon die Rede, dass der Mittelstand in Argentinien im Aussterben begriffen ist. In der Tat hat
sich die Kirchner-Regierung herzlich wenig um den Mittelstand
gekümmert, und auch Duhalde
und vorher De la Rua, haben wenig getan, um den Mittelstand zu
fördern, der das Rückgrat einer
modernen Gesellschaft darstellt.
Im Mittelstand kommt die soziale
Mobilität zum Ausdruck, die wesentlich ist, um ein kapitalistisches
Wirtschaftssystem mit Demokratie vereinbar zu machen. Je grösser und wohlhabender der Mittelstand ist, umso gefestigter kann
eine Gesellschaft bei ihrem republikanischen und demokratischen
politischen Aufbau sein. Argentinien hat sich traditionell von anderen lateinamerikanischen
Staaten, und von Schwellenländern im allgemeinen, durch einen
ausgedehnten Mittelstand differenziert. Und das sollte nicht nur
erhalten, sondern gefördert werden.
Die Erhöhung der Einkom-
menssteuersätze für den Mittelstand unter De la Rua (mit Machinea als Wirtschaftsminister), und
die kalte Erhöhung, die durch die
Inflation ab 2002 bei Beibehaltung der nominellen Progressionsstufen herbeigeführt wurde, waren
ausgesprochen mittelstandsfeindlich. Wenn sich dies nicht stärker
negativ auf den Mittelstand als
Ganzes ausgewirkt hat, so deshalb, weil die Hinterziehung bei
selbstständig Tätigen mit einem
normalen Mittelstandseinkommen
und bei Kleinunternehmern hoch
ist. Würde dieser Mittelstand die
Gewinnsteuer voll zahlen, so wäre
er weitaus weniger wohlhabend,
als es effektiv der Fall ist. Die soziale Mobilität wird nicht dank der
Regierung, sondern trotz ihrer Politik erhalten, allerdings in einer
ungerechten Weise, da diejenigen,
die ihre Steuern zahlen, bei ihrer
aufstrebenden Mobilität stark behindert werden. Die unlängst angekündigte Reform der Einkommenssteuer ist für Arbeitnehmer
mit einem relativ niedrigen Einkommen gedacht, nicht jedoch für
Sonnabend, 11. August 2007
den Mittelstand, der von der steuerlichen Entlastung ausdrücklich
ausgeschlossen wurde.
Ebenfalls hat die Vernichtung
des Hypothekarkredites für den
Kauf von Eigenwohnungen, die
2002 stattgefunden hat und nur zu
einem Bruchteil aufgeholt wurde,
auch gegen den Mittelstand gewirkt, der diese Kredite bezog.
Auch die Einfrierung von Pensionen über $ 1.000 und der höheren
Beamtengehälter, die weit unter
der Inflation angehoben wurden
(Pensionen um 25%, bei einer Inflation von über 100%) hat bestimmte Mittelstandsgruppen geschädigt.
Die Kirchner-Regierung hat
sich konkret um die unteren Gesellschaftsschichten gekümmert
(z.B. durch starke Erhöhung des
Mindestlohnes und der Löhne und
Gehälter im allgemeinen, sowie
der Mindestpensionen und, in geringerem Ausmass, solcher bis $
1.000), wobei jedoch die Reichen
auch zu höherem Einkommen gelangten, einmal durch die gute
Konjunktur, dann durch die hohen
Ernten von Getreide und Ölsaat,
bei stark gestiegenen Preisen, und
dann auch in vielen Fällen durch
die Anfang 2002 erfolgte Umwandlung ihrer Dollarschulden in
Pesos, zu einem Kurs von eins zu
eins. Dabei wurde ein enormes
Vermögen an wohlhabende Personen verschenkt, die somit Mitten
in der tiefen Rezession von 2002
noch reicher wurden. Und das hat
eine peronistische Regierung gemacht!
Was jedoch den Mittelstand besonders begünstigt hat, sind die
künstlich niedrigen Tarife für
Strom, Gas, Wasser und Treibstoffe. Denn der Mittelstand bezieht
diese Dienstleistungen und Produkte in viel höherem Umfang als
die ärmere Bevölkerung. Für diese sind die künstlich niedrigen
Tarife für den öffentlichen Transport von Bedeutung, nicht aber der
niedrige Benzinpreis, der voraussetzt, dass der Verbraucher ein Automobil besitzt. Zum Teil wurde
somit durch diese niedrigen Preise mehr freie Kaufkraft für andere Waren und Dienstleistungen
bereit gestellt.
Mehrere Konsumzahlen deuten
auf einen betonten Aufschwung
des Mittelstandes hin. Vielen
selbstständig Tätigen, kleineren
Landwirten, Kleinunternehmern
im allgemeinen und auch gehobenen Beamten von Grossunternehmen, muss es besser gehen, damit
10
ARGENTINISCHES TAGEBLATT
sie so viel Geld ausgeben können.
Der Schutz der lokalen Industrie,
der grundsätzlich durch den real
hohen Wechselkurs gegeben ist,
hat beim industriellen Mittelstand
höhere Einkommen herbeigeführt.
Viele Mittelstandsmitglieder haben Auslandsguthaben oder einfach Dollar oder Euros im Kassenschrank oder im Banksafe, die
dank der Megaabwertung von
2002 intern an Kaukraft gewonnen haben. Der Mittelstand ist sehr
beweglich; einige Mitglieder steigen zur Oberklasse auf, andere
verarmen, und gleichzeitig steigen
arme Menschen in den Mittelstand
ein. Diejenigen, die absinken,
schreien lauter, als die die emporsteigen; daher der Eindruck, dass
der Mittelstand als solcher verschwindet.
Schliesslich hat die starke Ausweitung der Konsumkredite der
Banken (zu Lasten der Kredite an
Unternehmen) auch den Mittelstandskonsum gefördert. Wer unter einem bestimmten Einkommen
liegt, erhält diese Kredite nicht,
und die Reichen brauchen sie
nicht. Diese Konsumförderung ist
ungesund, umso mehr, als die Zinsen dabei allgemein über 30% und
gelegentlich auch über 40% liegen, so dass die Käufer von dauerhaften
Konsumgütern
schliesslich viel mehr bezahlen,
als wenn sie in bar zahlen. Dieser
künstlich geförderte Konsum geht
schliesslich zu Lasten des zukünftigen Konsums, der durch die Zahlung des Kredites plus Zinsen beeinträchtigt wird. Für die Banken
sind die Konsumkredite wegen der
wesentlich höheren Zinsen und
der starken Streuung der Kredite
ein gutes Geschäft; für die Wirtschaft ist dies von zweifelhaftem
Vorteil. Die ZB hat Mittel, um den
Kredit zu lenken, so dass die Unternehmen einen wesentlich höheren Anteil an den Gesamtkrediten
erhalten, wie es im Rahmen dieses sogenannten “produktiven”
Modells der Fall sein sollte, aber
eben nicht ist.
Die Zeitschrift “Informe Industrial” veröffentlicht in ihrer JuniAusgabe folgende Statistik über
die lokale Produktion von elektrischen Haushaltsgeräten in 1.000
Einheiten):
Produkt
2001 2002 2003 2004 2005
Farbfernsehgeräte ........... 1.201 ... 220 .... 332 . 941 1.627
Heizkörper versch. Art ...... 413 ..... 69 .... 282 . 335 ... 339
Waschmaschinen ............... 295 ... 163 .... 357 . 521 ... 697
Wäschetrockner ................. 263 ..... 99 .... 241 . 398 ... 405
Gasküchen ......................... 136 ... 107 .... 242 . 346 ... 420
Eisschränke für Haushalte . 247 ... 168 .... 149 . 241 ... 352
Freezer ................................. 64 ..... 29 ...... 50 ... 80 ... 105
Lufkühlanlagen für
Haushalte ............................. 19 ....... 4 ...... 39 . 173 ... 395
Videogeräte ....................... 330 ..... 21 ...... 30 . 148 ... 219
DVD-Geräte ........................ 15 ..... 14 ...... 53 . 142 ... 308
Insgesamt ........................ 3.155 ... 896 . 1.7773.326 4.867
Quelle: IES Investigaciones Económicas Sectoriales
Die lokale Produktion dieser
Artikel lag letztes Jahr mehr als
doppelt so hoch wie 2001, das
letzte Konvertibilitätsjahr. Diese
Statistik bezieht sich auf lokale
Fabrikation, wobei es sich zum
grossen Teil um Erzeugnisse handelt, die in Feuerland montiert
werden (wobei der importierte
Anteil sehr hoch ist), oder in San
Luis u.a. Provinzen mit steuerlicher Förderung erzeugt werden.
Hinzu kommt noch der Import,
vornehmlich aus Brasilien, der jedoch kontingentiert ist. Obwohl
wir nicht über die entsprechenden
Importzahlen verfügen, können
wir davon ausgehen, dass der
grösste Teil des Konsums der erwähnten Güter von der lokalen
Industrie gedeckt wird, so dass in
obigen Zahlen eine starke Konsumzunahme zum Ausdruck
2006
2.138
.. 369
.. 774
.. 469
.. 466
.. 423
.. 109
.. 838
.. 327
.. 464
6.377
kommt. Bei dieser Statistik fehlen
dann noch Computer, Laptops und
deren Druckwerke, die importiert
sind oder aus importierten Teilen
hier zusammengestellt werden,
deren Verkauf explosiv gestiegen
ist. Dabei handelt es sich jedoch
zum Teil um Käufe von Unternehmen, was nicht Konsum, sondern
Investition ist.
Die zunehmende Tendenz ging
2007 weiter. In den ersten 5 Monaten lag der Verkauf von Eisschränken und Freezern um 54,7%
über dem Vorjahr, der von Waschmaschinen um 43% höher, der von
Luftkühlanlagen um 43,7% und
von Computern um 43,7% höher.
Nur bei Fernsehgeräten fand eine
Abnahme von 12,6% statt, weil
2006 wegen der Fussballweltmeisterschaft anormal viele gekauft
worden waren. Gewiss: ein Teil
des Umsatzes entfällt auf die
Oberschicht und die untere Bevölkerungsschicht. Aber die Reichen
sind normalerweise schon mit allen möglichen Haushaltsgeräten
ausgerüstet, so dass sie nicht
plötzlich viel mehr kaufen. Und
die Armen kaufen eher billige Produkte und auch gebrauchte. Der
allergrösste Teil der Zunahme der
erwähnten Produkte entfällt auf
den Mittelstand.
Am besten wird der Aufschwung des Mittelstandes in der
Zunahme der Automobile sichtbar, die die Strassen zunehmend
verstopfen, nicht nur in der Stadt
Buenos Aires, sondern im ganzen
Land. Nur wenige dieser Fahrzeuge sind Luxusmodelle oder teure
Wagen, die man wohlhabenden
Personen zurechnen kann, und
noch wenigere sind so alt, dass sie
Besitzern angerechnet werden
können, die nicht in den Mittelstand eingestuft werden können.
Was gebrauchte Kfz betrifft, so
werden dieses Jahr voraussichtlich
um die 1,2 Mio. verkauft werden,
davon der allergrösste Teil Automobile, etwa 20% mehr als im
Vorjahr und mehr als doppelt so
viel wie vor einigen Jahren. Die
Reichen kaufen keine Gebrauchtwagen, die Armen können sie sich
nur ausnahmsweise leisten.
Aber auch bei neuen Einheiten
wird nur der geringste Teil von der
Oberschicht gekauft. Das sind vornehmlich die teureren Modelle.
Die mittleren und kleinen Automobile, die den Grossteil des
Umsatzes ausmachen, gehen an
den Mittelstand. Dieses Jahr wird
ein Rekordverkauf von 520.000
Einheiten erwartet, wobei man allerdings Lastwagen und Kleinlaster abziehen muss, die wirtschaftlich Kapitalgüter und nicht Konsumgüter sind. 2002 wurden
knapp über 100.000 Kfz verkauft,
und vorher muss man auf 1998 zurückgehen, um ähnliche Mengen
wie die gegenwärtigen zu erreichen. Im Juli wurden fast 50.000
neue Kfz verkauft, ganze 36,6%
mehr im gleichen Vorjahresmonat!
Die betonte Umsatzerhöhung
bei Supermärkten, und besonders
bei Shopping-Centers, mit einem
überporportional gestiegenen
Konsum qualitativ differenzierter
Produkte, bringt auch eine zunehmende Kaufkraft des Mittelstandes zum Ausdruck. Es bestehen im
Einzelnen noch viele andere Zeichen dieser Entwicklung, wie z.B.
die explosive Zunahme der Mobiltelefone.