Teil 2 - architektur

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Teil 2 - architektur
KULTUR, GASTRO, SHOP
Was haben Pink Floyd, Battersea und
China gemeinsam?
DIE GRANDE DAME
DER
LONDONER ENERGIE
T EXT: S ANDRA K NÖBL
B ILDER : P ARKVIEW I NTERNATIONAL L ONDON P LC , W OLFGANG W ALLINGER , C AROLINE K OO
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das die Powerstation umgibt, Platz nehmen sollen
und möglicherweise auch werden. Es ist eigentlich nichts gegen ein neues Wohnareal am südlichen Ufer der Themse einzuwenden. Allerdings
ist zu fürchten, dass die Preislage der geplanten
Wohnungen nicht auf die bestehende Wohnungsnot antwortet. Battersea wird – wie alle
Bezirke im zentralen London – von einer Diversität in Bezug gesellschaftlicher Positioniertheit
der Bewohner aber auch deren Liquidität dominiert. Viktorianische Reihenhäuser mit gepflegten Vorgärten sind benachbart mit sozialem
Wohnbau in 10 – 20-geschoßiger HochhausForm, was aus planerischer Sicht zu einer absolut
trügerischen Geschoß-Flächen-Zahl führt. Von
den Investoren der zukünftigen BatterseaPowerstation-Umnutzung kann nicht erwartet
werden, dass sie das gegenwärtige Wohnungsdilemma Londons lösen. Es ist allerdings zu
fürchten, dass mit neuen Immobilien-Investitionen wie der vorliegenden die Kluft zwischen
wohlhabenden Städtern und weniger Begünstigten immer größer wird und somit die Auslagerung der Wohnstätten in die Vororte noch mehr
zunimmt, als es im Augenblick der Fall ist.
Eine Umfrage des Londoner Magazins „Time Out“
(der „Kultur-Veranstaltungsbibel“ Londons) im
Oktober 2006 bezüglich des zukünftigen Raumprogramms der ehrwürdigen Energie-Zentrale
ergab, dass ein Großteil der Befragten eine Nutzung im Kunst- und Kultur-Bereich befürworten
und den Baukörper von Architektenhand weitgehend unangetastet sehen möchten. Die „Serpentine-Gallery“ ist diesem Wunsch schon zuvorgekommen und öffnete die Pforten des Areals erstmalig in der Geschichte des Sichtziegelmonuments, um der Öffentlichkeit chinesische Kunst
näher zu bringen. Von 8. Oktober bis zum 5.
November 2006 wurde in der Battersea Powerstation zeitgenössische Kunst und Architektur
gezeigt – unter anderem war auch der von Toyo
Ito in Kooperation mit Arup entwickelte SerpentineGallerie-Pavillion von 2002 auf dem Areal der
Powerstation zu sehen. Dass gerade chinesische
Kunst in den alten, teils verfallenen Hallen der
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Von 1939 bis 1983 wurden 20 Prozent der für
London notwendigen Energie von der Battersea
Powerstation produziert. Architekt der massiven,
von vier Schornsteinen dominierten Anlage ist
Sir Gilles Gilbert Scott, ein Meister im
Verschmelzen von gotischer Tradition und industrieller Funktionalität. Das Energiewerk wurde in
zwei Phasen gebaut: Die heutige „Station A“ mit Art–Deco–Ornamenten in luxuriösem Marmor ausgekleidet – produzierte ab 1939 105
Megawatt und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg um die „Station B“ erweitert, was zu einer
Produktionsleistung von 509 Megawatt führte.
1975 wurde die „Station A“ und 1983 schließlich auch die „Station B“ geschlossen, da die
Standards der Energie - Gewinnung nicht mehr
zeitgemäß waren. Doch die Powerstation in Battersea wurde über die Jahrzehnte zu einem urbanen Statussymbol der Bewohner Londons. Entlang der Themse sind ihre vier weißen Schornsteine wie mahnende Relikte des Industriezeitalters weit sichtbar. Die Battersea Powerstation ist
aber nicht nur in der urbanen Topografie in Südlondon ständig wahrnehmbar. Sie hat auch einen
wesentlichen Platz im Pop-kulturellen Kontext,
zierte sie doch 1977 das Cover des Pink Floyd
Albums „Animals“.
Architekt Sir Scott schien ein begnadeter Architekt im Schaffen kultureller Landmarks Londons
zu sein, denn auch das Energiewerk an der
Bankside, das seit dem Umbau durch Herzog de
Meuron als Tate Modern bekannt und beliebt ist,
ist auf ihn zurückzuführen. Und bis vor dem
Beginn des gnadenlosen Mobiltelefon-Zeitalters
benützten unzählige Menschen Londons herausragendes Identifikationssymbol, ebenfalls von
Architekt Scott entwickelt: Die schmucken, roten
britischen Telefonzellen. Im Augenblick wird in
verschiedenen britischen Medien öfter von dem
geplanten Entfernen der Telefonzellen berichtet.
Die Battersea Powerstation wird ebenfalls verschwinden. In naher Zukunft wird nur sehr wenig
von ihrer Patina und ihrem Reiz übrig sein. Mit
feiner Hand agierten die Schweizer Herzog & de
Meuron bei der „Battersea Schwester“ an der
Bankside aka Tate Modern und machten durch
architektonische Gesten, die mehr einem Sezieren als einer Umplanung gleichen, aus einem
industriellen Ziegel-Monument beeindruckende
Architektur, die dem Besucher beim Betreten
kurz den Atem stocken lässt. Eine gänzlich
andere Zukunft erwartet die Battersea Powerstation: In den Hallen, in denen einst pro Woche
10.000 Tonnen Kohle verbrannt wurden, sollen
ein Entertainment Center und hübsche Restaurants – ganz nach dem Geschmack der gegenwärtigen, schicken Stahl-Glas-Architektur Platz nehmen. Die Schlote, aus denen einst dunkelgrauer Rauch drang und die Garanten für
einen Großteil der Londoner Energie Versorgung
waren, sollen in Zukunft – von Glaskuppeln
gekrönt – Teile der gastronomischen Aktivitäten
stattfinden. Es ist aus Sicht von Investoren verständlich, dass ein Areal, das mit 14,5 Hektar
als das größte, innerstädtische Brachland Europas gilt, nicht ohne Weiteres dem Verfall überlassen werden kann. Es stellt sich nur die Frage,
ob die vorliegende Planung der Powerstation auf
die aktuelle, britische Architekturproblematik
reagiert, oder ob sie die Kerbe der Fehlplanungen und sozialen Spannungsfelder aber auch
Miss-Stände vergrößert. Neben dem Entertainment- und Shopping-Center, zwei Fünf-SternHotelanlagen und Bürogebäuden sind Apartmentanlagen geplant, die entlang des Areals,
architektur
Üblicherweise wird im vorliegenden Medium
über zeitgenössische Architektur berichtet. Zeitgenössisch im Sinne der Nutzung aber auch der
architektonischen Formensprache. Die Battersea
Powerstation – im südlichen London, unweit der
Themse situiert – tut beiden Parametern nicht
Genüge. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist ihre Geschichte, als auch ihre Zukunft
absolut berichtenswert, handelt es sich doch um
ein Bauwerk, dessen Architekt für drei britische
Ikonen verantwortlich zeichnet. Zudem wird die
geplante Zukunft dieses gigantischen, stillgelegten Energiewerkes den Bezirk Battersea informell, ideell und kulturell maßgeblich verändern.
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Cover des Pink Floyd Albums „Animals“
Energiezentrale Platz nimmt, ist keinesfalls zufällig,
hat doch ein aus China stammender Investor das
Areal samt Bauwerk gekauft, um mit Hilfe
renommierter Architekturbüros den Bezirk
Battersea durch den vorliegenden Masterplan
aufzuwerten. Doch wie so oft in der Welt der
Architektur- und Immobilienwelt brodelt die Londoner Architektur-Gerüchte-Küche. Falls man
den Rumoren Glauben schenken darf, dann wird
es wohl noch eine Weile dauern, bis die Powerstation neuem, urbanen Leben Platz macht, da
ein irischer Bauherr Verhandlungen führt, um das
Areal zu kaufen. Und diese Wende in der
Geschichte der Powerstation würde auch eine
Wende in der Planung und möglicherweise auch
a
in der Nutzung mit sich führen.
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architektur
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Luftbild von Norden
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Blick auf die Turbinen Halle
architektur
Turbinen Halle
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Luftbild von Süden
Battersea Power Station, 188 Kirtling Street, Battersea, London SW8 5BP
Bauherr:
Parkview International London Plc*
Konferenz-Hotel:
Arup AGU mit Reid Architecture
Konsulenten:
Architektur: Sir Philip Dowson
Parkhaus:
Arup AGU
Statik:
Sir Frank Lampl & Sir Jack Zunz
Produkt Ausstellungsräume
Masterplan:
Arup AGU
und Büros:
Arup AGU
Oberleitung Architektur:
Reid Architecture
Wohnanlage:
Benson & Forsyth
Entwurf Power Station:
Grimshaw mit HMKM und UDS
Battersea Park Bahnhof:
Grimshaw
Powerstation Instandhaltung:
Purcell Miller Tritton
Auditorium:
Scéno Plus
Urban Resort Hotel:
Arup Associates mit Reardon Smith Architects
Landschaftsplanung:
Gustafson Porter/West 8
* Die Parkview Group ist ein Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hong Kong.
Die letzte Investition der Parkview Group beinhaltete das „Flagship-ParkviewWohnanlagen Projekt“ in Hong Kong, das aus 980 Luxusapartments in
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architektur
18 Wohntürmen besteht.
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Architektur im Licht
T EXT: A STRID M EYER
(N UTZUNGSRECHT T ARGETTI )
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PODPOD DESIGN )
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WWW. FOTOSTUDIO . AT
architektur
F OTOS :
P ORTRAIT: M ARIANNE H IPPESROITHER (N UTZUNGSRECHT
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Entwicklung von Licht
in der Architektur
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als mit
Erfindung der Elektrizität verlässliche Lichtquellen zu Verfügung standen, bedachten die
Architekten die nächtliche Erscheinung ihrer
Gebäude. Zeitgleich mit der Architektur der
Moderne kam das Thema Licht in der Architektur auf. Die Lichtreklame hatte als ein
beliebtes Anwendungsgebiet Ende der 1920er
einen ersten Höhepunkt in Deutschland. Und
Kurt Weill ersann das Lied „Berlin in Licht“ für
den 1928 erstmals stattfindenden Lichtball.
Schon damals erhoben sich erste kritische
Stimmen ob der Lichtverschmutzung durch
Reklame. Das NS-Regime machte sich zu seiner Machtübernahme in Deutschland 1933
den Begriff Lichtarchitektur zu eigen. Davon
unbeeindruckt sah Bauhaus-Lehrer Laszlo
Moholy-Nagy eine große Zukunft für Licht in
der Architektur vorher: „Es ist Zeit, dass sich
jemand der dritten Dimension annimmt, und
mit Hilfe von Material und Reflektionen Lichtstrukturen im Raum schafft.“ In den USA gab
es parallel Entwicklungen zur schrillen Lichtreklame in Form von Farblichtspielen an der
Spitze von Hochhäusern. Auf dem 8. CIAMKongress 1951 wurden Möglichkeiten zur
Wiederbelebung der Stadtzentren mit Licht
diskutiert. Das Thema Licht gewann an
Bedeutung bis zur Energiekrise 1973. Heute
sind die ersten Ansätze der 20er und 30er
weiterentwickelt. Licht macht Architektur
nachts sichtbar, verleiht ihr ein eigenes Antlitz. Die Einsatzgebiete reichen von Konturbeleuchtung, Flutlicht zu Leuchtkörpern. Fassaden sind Projektionsflächen und interaktive
Membranen. Medienoberflächen sind ebenso
gültig wie grobkörnige Strukturen beispielsweise beim Kunsthaus Graz. Andreas Broeckmann, Kurator der transmediale Berlin,
begreift die Oberfläche aber auch als schauendes Objekt: „Die Stadt hat Augen“
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architektur
(Quelle Leuchtende Bauten – Architektur der
Nacht, Hrsg. M. Ackermann, D. Neumann,
Hatje Cantz)
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IN
Ein gelungenes Beispiel für die nächtliche Inszenierung eines kulturell wie ideologisch wichtigen
Gebäudes wurde kürzlich erhellt: Am 2. September präsentierte sich die Wiener Staatsoper erstmals in neuem Licht. Das Gebäude war mit der 50
Jahre alten Außenbeleuchtung ungleichmäßig
ausgeleuchtet, verschiedene Lichtfarben und eine
starke Blendwirkung durch die Straßenbeleuchtung verzerrten das Erscheinungsbild. Ein junges
Wiener Designbüro nahm es sich zur Aufgabe, die
Oper wieder ins rechte Licht zu rücken. Podpod
design entwickelte ein Beleuchtungskonzept für
die Oper mit dem Anspruch, die akustische Qualität nach außen sichtbar zu machen und überzeugte damit. Simulationen der künftigen
Beleuchtung vermittelten einen ersten Eindruck,
Bemusterungen am Dach und an der Fassade
folgten. Aus den dabei aufgenommenen Fotos
setzten die Designer wirklichkeitsnahe Beleuchtungsszenarios für das gesamte Haus zusammen.
Die Grundbeleuchtung wurde an den vordersten
Punkten der Fassade wegen der Verkabelung
knapp über dem Gesimse angebracht: Die
Leuchten FEBO der Firma Targetti zeichnen dank
ihrer rotationssymmetrischen Fresneloptik die
feinen Strukturen der Fassade heraus. Sie lassen
die unterschiedlichen Tiefen in einem Licht und
Schattenspiel wirken. Die Lichtdesigner setzten
diese Leuchten erstmals in historischem Kontext
ein – üblicherweise wird FEBO als Effektleuchte
bei modernen Gebäuden verwendet. Das Dach
wird von unten mit Linearscheinwerfern geflutet,
deren Licht sich durch die Dachkrümmung sanft
verteilt. Farbliche Akzente mit High Output LEDs
in Blau verleihen den fliegenden Pferden, den
Musen und dem kaiserlichen Wappen einen
Mondscheineffekt. Die historischen Pendelleuchten in den Arkaden wurden mit neuer Lichttechnik
adaptiert: Ringleuchtstoffröhren strahlen die
Gewölbe an, Metallhalogenlampen leuchten nach
unten.
Die Lichtdesigner arbeiteten mit der MA 33, der
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Dies gelang Podpod design bereits beim vorangegangen Projekt, dem Palais Epstein. Hier galt
es, die Terrakottafiguren im oberen Bereich hervorzuheben, die Krone und den Eingangsbereich
zu betonen. Die Lichtdesigner kombinierten auch
hier technische Leuchten mit historischer Architektur, die altehrwürdigen Gasleuchten wurden
mit moderner Lichttechnik versehen. Ein weiteres
Projekt von podpod design war die Wiener Stadthalle: Im Innenraum wurden die Buffets neu
gestaltet und mit Licht in Szene gesetzt. Nach
außen sollte sich das Gebäude abheben: Linearscheinwerfer an der Fassadenkante markieren
die Grenze zwischen innen und außen. Farbiges
Licht wurde auch als Leitsystem eingesetzt.
Wenn sie nichts Passendes im Handel finden,
entwickeln Podpod design die Leuchten selbst,
denn die beiden Lichtdesigner Iris und Michael
Podgorschek sind Absolventen Meisterklasse
Industrial und Interior Design der Angewandten.
Die Hinwendung zum Thema Licht erfolgte nach
und nach; Im Studium von Industrial Design war
Objektdenken vorherrschend, im Interior Design
ging es um die Wirkung von Licht im Raum. Diese
Erfahrungen hat das Geschwisterpaar Podgorschek verbunden. Licht bestimmt unsere Wahrnehmung. Die historische Architektur wurde fürs
Sonnenlicht gebaut. Doch auch dieses fällt in
verschiedenen Winkeln ein, spielt mit Struktur
und Schatten, meint Iris Podgorschek und vertritt
damit einen offeneren Standpunkt. Licht ist
selektiv, es gibt einem Gebäude eine eigene
nächtliche Identität. Die Rezeption von modernen
Städten ist durch deren Erscheinung bei Nacht
geprägt, umso wichtiger ist das Gesamtbild, das
eine Stadt von sich zeigen will. Derzeit arbeiten
die Lichtdesigner an einem Masterplan für Wien.
TENDENZEN
FÜR DIE
ZUKUNFT
Die nächtliche Erscheinung von Gebäuden
gewinnt zusehends an Bedeutung und rückt auch
in der Planung in den Mittelpunkt. Gespräche mit
führenden Leuchtenherstellern zeigen Entwicklungen zum Thema Licht in der Architektur auf.
Eine Technologie der Zukunft sind Leuchtdioden.
Deren Anwendungsgebiete sind vielfältig und reichen im Außenbereich von Objektbeleuchtung
und Fassadenanstrahlung bis zu Platz- und Wegbeleuchtung. Für LEDs sprechen ein hohes Energiesparpotenzial, deren lange Lebensdauer und
ein geringer Wartungsaufwand. Dies ist aufgrund
schwieriger Montagesituationen in großer Höhe
und an exponierten Stellen von Vorteil. Die Kaltstrahler sind dimmbar, die RGB-Farbmischung
ermöglicht farbige Lichteffekte. Nächste Entwicklungen gehen in Richtung tageslichtweiße und
warmweiße LEDs. Sie eignen sich auch für Signallicht, Werbeflächen und alles Monochromatische. Darin liegt gleichzeitig aber auch die
Gefahr der Ablenkung im Straßenverkehr. Dem
wirkt eine gezielte Anwendung und der Einsatz
von Leuchten mit geringer Blendwirkung entgegen. Licht sollte man sehen, wo es auftrifft. Bei
der Lichtemission sollte so wenig wie möglich
Licht verloren gehen. Dies ist auch im Hinblick
auf Ökologie und Wirtschaftlichkeit wichtig. In
der Objektbeleuchtung im Sinne von Gebäudeaußenbeleuchtung unterscheidet man im Wesentlichen zwei Anwendungsarten: Ein Gebäude
anstrahlen oder es leuchten lassen. In einigem
Abstand zum Gebäude montierte Scheinwerfer
oder Spots heben Details oder die gesamte
Struktur der Fassade hervor. Durch direkt an der
Fassade angebrachte Leuchten und Leuchtdioden wird das Gebäude selbst zum Leuchtobjekt.
Dabei spielen Funktionalität und Ästhetik zusammen: Die Beleuchtung soll die Orientierung im
Stadtbild erleichtern, für den Betreiber wirtschaftlich und für den Betrachter attraktiv sein.
Die Zusammenarbeit von Architekten, Lichtplanern und Leuchtenherstellern beginnt bestenfalls
schon bei der Erstellung des Lichtkonzepts.
Erstere geben dabei die Gestaltung vor, für die
Letztere den technischen Rahmen schaffen. Ob
ein Fachplaner hinzugezogen wird, hängt von
der Größe des Projekts und – damit in
Zusammenhang – dem verfügbaren Budget ab.
Das technische Know-how und die gestalteria
schen Möglichkeiten lohnen es jedenfalls.
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D IE W IENER S TAATSOPER
NEUEM L ICHT
Abteilung für öffentliche Beleuchtung, zusammen, die Strahler für eine Zusatzbeleuchtung an
den Lichtmasten der Ringstraße montierten.
Auch mit dem Bundesdenkmalamt war die
Kooperation durchwegs erfolgreich, das gemeinsame Ziel der würdigen Präsentation des Kulturdenkmals ist erreicht.
architektur
Licht in der Architektur ist ein umfassendes
Thema. Architektur im Licht bedeutet die nächtliche Inszenierung von Gebäuden. Die Erscheinung
eines Bauwerks bei Nacht unterscheidet sich von
der bei Tag: Die Wahrnehmung ist reduziert auf
das vom Licht Erhellte. Beleuchtete Details treten
hervor, unbeleuchtete treten zurück oder verschwinden gar. Licht gibt einem Gebäude nachts
eine eigene Identität, die mit der tags übereinstimmen muss, um als Gesamtes stimmig zu sein.
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architektur
podpod design
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Zu den Klängen von Verdis Aida wurde die Oper
am 2. September 2006 stufenweise erleuchtet.
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Glitzerndes Raumgefüge
T EXT: M ICHAELA H ALLER
Schon allein hinter dem Namen des im Sommer
eröffneten Gastronomiebetriebes „maquin“
inmitten der Innsbrucker Altstadt verbirgt sich
sehr viel Kreativität. Die interessant anmutende
Namensgebung setzt sich aus den Kindernamen
der Besitzerin Diana Langes-Swarovski“ nämlich
Marina und Joaquin, zusammen und spiegelt
sich in ebensolchem Innenraumkonzept wider.
Das Restaurant repräsentiert ein innovatives
Konzept, speziell auch im kulinarischen Bereich,
denn alle vier Monate wird eine neue symbiotische Speisenkombination kreiert. Das Motto lautet: Österreich trifft auf internationale Küche!
Der erste Schwerpunkt wurde mit China gesetzt,
darauf folgte Malaysien.
Auf ca. 680 Quadratmeter verteilen sich die
ebenfalls sehr unterschiedlich ausgelegten Nutzungsbereiche des Innenraumes, zugrunde
gelegt sind ihnen die fünf Elemente Wasser,
Holz, Feuer, Erde und Metall (entsprechend der
Elementenlehre der traditionellen Chinesischen
Medizin). Das Ambiente in den zwei oberen
Geschoßen reicht vom Restaurant mit Showcooking und einem Take-Away-Café, über eine Bar
und eine VIP-Lounge bis zu einem Shop, in dem
heimische Produkte erworben werden können.
Als Highlight wird nicht nur von Kennern die VIPbzw. Zigarren-Lounge bezeichnet.
In den insgesamt drei Ebenen konnten die Vorgaben der Diana Langes-Swarovski Gastro Consulting GmbH in eine innerstädtische denkmalgeschützte Bausubstanz integriert werden. Um
das schlussendlich homogene Raumgefüge
erzeugen zu können, war ein konstruktiver Großeingriff in die Bestandsstruktur nötig. Durch das
Aushöhlen des Baukörpers sowie durch die Auswechslung der bis zu 1,6 m dicken Mittelmauer
konnte Freiraum dazu gewonnen werden. In den
drei Geschoßen wurde die Tragstruktur durch
Stahlverbundsäulen ersetzt. Ein weiterer wichtiger Eingriff zugunsten des Innenraumes stellte
die Absenkung des Kellerniveaus um einen
Meter dar, denn damit konnte eine Raumhöhe
von ca. 3 Metern erreicht werden.
Nach außen hin werden diese massiven Eingriffe durch die erhalten gebliebene Fassade überdeckt, während das Raumkonzept zugleich klar
innerhalb des so entstandenen Großraumes
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F OTOWERK A ICHNER
ablesbar wird. Eine Stiege, der Kubus und ein
Steg umgeben einen zentralen, über zwei
Geschoße verlaufenden „Paravent“ aus schwarzer Wenge. Elemente, welche die Geschoße
optisch miteinander verbinden, wie zum Beispiel
eine Wandscheibe ebenfalls aus Wenge, tragen
wesentlich zum konzeptionellen Gesamteindruck
bei. Der Hauptaufgang erfolgt über eine einläufige, sandgestrahlte Ortbetontreppe entlang dieser Wandscheibe. Schwere dunkle Verkleidungen, die sich entlang der Wände und des Bodens
ziehen, finden ihre kontrastreiche Fortsetzung
an den Decken, von denen Helligkeit ausgeht.
Geprägt wird das Raumempfinden durch dunkles
Holz und Sichtbeton, aber vor allem durch die
indirekte Beleuchtung zum Teil hinter diesen
Wandelementen. In Kombination dazu finden
sich immer wieder „Eyecatcher“, wie die eigens
von Swarovski angefertigten „Kristall-Luster“ als
auch das unterhalb der Haupttreppe situierte,
mit Bisazza Oro ausgelegte Wasserbecken.
Der Weg zur VIP-Lounge, die auch als ZigarrenLounge bezeichnet wird, ist als deutlich wahrnehmbare Schwelle gestaltet, als ein Kubus aus
Sichtbeton-Fertigplatten auf einer Unterkonstruktion, der mit rasterförmig angeordneten
Glasfaseroptiken ausgeleuchtet wird. Hierhin
gelangt man nur über einen Steg aus sandbestrahltem Ortbeton mit einem Nurglas-Geländer
auf zarten Nirosta-Stehern bzw. verdeckten
Klemmprofilen. Der Raum, der sich hinter all
dem befindet, ist geprägt durch die gebogene
Holzverkleidung in Pyramidenmahagoni-Furnier
an den Wänden. Er scheint zu „fließen“, nichts
stört dieses besondere Ambiente. Sogar die aufwendige Technik wurde größtenteils verdeckt
hinter der Verkleidung, wie die Mietvitrinen, der
fernbedienbare Einbaukamin, ein ZigarrenHumidor sowie ein mobiles Bar-Element mitsamt
Bodenanschlüssen und dergleichen. Im Erdgeschoß befindet sich in unmittelbarer Eingangsnähe das „Take-Away“ und der Shop. Das Mobiliar des Take-Away mit Theke, Stehpult und Kassadesk besteht aus rohen Sichtbeton-Bauteilen,
wohingegen der im rückwärtigen Teil liegende
„Shop“ mit einer Auswahl an heimischen Produkten (auch zusätzlich direkt von außen
zugänglich) aus Lärche gebürstet und weiß
lackiert gestaltet wurde. Ebenfalls im rückwärtigen Teil des Erdgeschoßes befindet sich die Bar,
in der sich die großzügige, dunkle Steinbodenstruktur „Nero Marquina“ vom Eingangsbereich
her fortsetzt. Durch eine lose Bestuhlung mit
gepolsterten Sitzmöbel mit einer Bezugsfläche,
die in Kombination mit dem Licht in den Vordergrund rückt, entsteht eine legere und zugleich
gehobene Atmosphäre.
Im 1. Obergeschoß ist das Restaurant im Großraum untergebracht und nur durch einige Säulen
unterteilt, die durch integrierte Klapptische eine
vielseitigere Raumnutzung ermöglichen. Hier
wechselt auch die Bodenoberfläche auf Parkett
in Wenge geölt, seitliche Lichtschlitze bringen
natürliches Tageslicht in konzentrierten Maßen
in den Raum. Im Restaurant hat der Gast außerdem die Möglichkeit, auf einem mit Sichtbeton
gestalteten Fondue-Tisch mit drei verdeckten
Induktions-Kochstellen selbst etwas zu kochen.
Ein Sichtschlitz gibt Einblick in die hinter dem
gebogenen Holzparavent liegende Küche. Sogar
in den direkt darunter platzierten sanitären Einrichtungen setzt sich die überall im Restaurant
sichtbare Holzverkleidung fort. Ein schlichtes
Raumkonzept und eine sparsame Beleuchtung
kennzeichnen die von ständiger Bewegung
geprägten Nebenräume. Überraschende Effekte
werden durch das beleuchtete Wasser (in die
Hähne installierte Glasfaseroptik) und durch die
in die Spiegel eingebauten Armaturen (inkl.
Waschbecken von Antonio Lupi) gesetzt.
Laut Architekt sollen „die Räumlichkeiten und
deren Oberflächen entsprechenden Widerhall in
den menschlichen Sinnen hervorrufen“. Er
schafft dies durch Einbindung der Sinne und in
weiterer Folge der Psyche in seine Entwurfsüberlegungen. Beim „Maquin“ bedeutet dies,
dass durch das Setzen von Kontrasten mit Überraschungseffekten, aber zugleich durch die Verwendung von immer sich wiederholenden Materialien eine Einheitlichkeit entsteht, die den Gast
laut Architekt „auf unmittelbare Weise verführen
soll, seine Aufmerksamkeit und sein Bewusstsein auf den Genuss an sich vorzubereiten vermag“. Der Gast kann in solche Räumlichkeiten
„eintauchen“ und sich vom Alltag loslösen. a
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BAU A RT ARCHITECTURE ,
architektur
F OTOS : B IRGIT K ÖLL , P ETER R IGAUD ,
KULTUR, GASTRO, SHOP
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architektur
KULTUR, GASTRO, SHOP
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architektur
KULTUR, GASTRO, SHOP
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architektur
KULTUR, GASTRO, SHOP
KULTUR, GASTRO, SHOP
Maquin, Innsbruck, Tirol
Nutzfläche:
EG 310 m2 OG 280 m2
Planung:
bauArt architecture gmbh
Umbauter Raum:
2.700 m2
Statik:
aste konstruktion
Planungsbeginn:
März 2005
Mitarbeiter:
DI Alexander Tavakoli, DI Natascha Hammes
Bauzeit:
18 Monate
Grundstücksfläche:
ca 500 m 2
Fertigstellung:
Juni 2006
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Diana Langes Swarovski
architektur
Bauherr:
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KULTUR, GASTRO, SHOP
Mailand.Hotel.Culture.Pulse.
T EXT: B ETTINA T HUN -H OHENSTEIN
F OTOS : G IULIO O RIANI
immensen Eindruck machen. Weiße Tische, Sessel mit grauen Hussen zum Grau des Industriebodens lassen hier der Wirkung der Paradiesvögel unter den Gästen den Vortritt.
Die mobile VIP-Arena schwimmt wie eine Insel
im “normalen“ Restaurantbereich, bevorzugt
durch Jacopo-Foggini-Blüten beleuchtet. Ein
dritter, hybrider Bereich bietet Platz an langen
Tischen mit Hockern für einen schnellen Imbiss
oder Drink. Im Lounge und Barbereich kann man
es cool oder bunt haben. Die schrillen Sitzgelegenheiten können aber beim nächsten Hotelaufenthalt schon Vergangenheit sein, denn der
“Behälter“ funktioniert auch für eine neue aufregende Möblierung. Die Einrichtung stammt
hauptsächlich vom Designer und Architekten
Matteo Thun, der aber allen, die im Design Rang
und Namen haben, hier mit einen Auftritt verschafft.
In den 256 Hotelzimmern werden keine üblichen
Hotelstandards zum wiederholten Male abgewandelt, sondern versucht, die wirklichen und
heutigen Bedürfnisse der Gäste aufzuspüren und
zu befriedigen. Vielleicht auch neue Ansprüche
zu kreieren, auf eine Sehnsucht zu antworten,
bevor sie ausgesprochen oder anderswo verwirklicht ist. Jeder Raum hat ein freies Layout,
das die verschiedenen Lebensbereiche ineinander übergehen lässt. Die Möbel sind für alle
Zimmer gleich, aber frei kombinierbar. Sie definieren und charakterisieren den Raum jedes Mal
anders, lassen eine visuelle Leichtigkeit und Flexibilität entstehen. Jedes Teil der Einrichtung ist
vielfältig einsetzbar, auf starre Einbauten wurde
verzichtet. Der ovale Tisch von Eero Saarinen für
Knoll steht mitten im Raum und lässt sich zum
Essen, zum Schreiben oder für Meetings gleich
gut nutzen. Der Stuhl wurde nach einem Entwurf
Matteo Thuns von Poltrona Frau für das NHowHotel gefertigt. Er ist bequem genug gepolstert
für gemütliches Sitzen, ermöglicht aber auch
exakte Sitzhaltung zum Arbeiten. In den Raum ist
eine transparente Garderobe integriert, die sich
an der Gewohnheit der Gäste orientiert, ihre Koffer für einen kurzen Aufenthalt gar nicht erst
auszupacken. Die Beleuchtung ist indirekt und
so konzipiert, dass unterschiedliche Beleuchtungsszenarien den unterschiedlichen Nutzungsmomenten des Zimmers entsprechen können. Die Leuchten selbst sind hier von Artemide,
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bezeichnet den Eingang und versteht sich als
neues Wahrzeichen der Stadt.
Im Inneren erlauben die großzügig proportionierten “Public Areas“ eine dynamische und funktionale Raumaufteilung. Das Erschließungssystem
beginnt in der Lobby bei Liften und Treppen und
läuft in den stahlsäulendominierten Gängen, die
zu den 256 Zimmern führen, aus. Die Materialien sind cool und industriell, ergänzt durch
warme Elemente, die wohlige Atmosphäre
schaffen. Versiegelter Betonboden, offen sichtbare Stahlprofilsäulen und - träger sind Teil der
industriellen Basis. In den Gängen wird zusätzlich mit graffitigestalteten Türen und prononcierter Säulenbeleuchtung U-Bahn-Atmosphäre der
eleganten Art erzielt. In Wartezonen wie den Liftbereichen wird es dank Farbwahl und MatteoThun-Design-Möbeln gemütlich. Den Lifttüren
gibt hochglänzend polierter Edelstahl technoide
Eleganz. Warm umrahmt sind sie mit geschliffenem und geöltem Eichenholz, das eine großartige Patina zeigt. Lobby und Foyers können sich
im Laufe der verschiedenen Ausstellungen und
Events wandeln und verändern, jedes Mal in
neuem Gewand erscheinen. Matteo Thun hat
keine Scheu vor theatralischen Effekten im coolen Ambiente. Farbige Glaswände teilen und
trennen, deckenhohe Spiegel vervielfachen und
vertiefen den Raum. Das vergoldete Rezeptionspult präsentiert sich als museales Möbel, Ausstellungsstück in einer Glasvitrine. Die Luster
aus farbigen Acrylfäden sind hier leuchtender
Blickfang, Explosion von Farbe und Licht! Der
Künstler Jacopo Foggini hat eine eigene Technik
zur Verarbeitung des Acryls entwickelt, mit der
er die ästhetischen und chromatischen Qualitäten dieses Werkstoffes auslotet und zur Entfaltung bringt.
Auch im Restaurantbereich herrscht Flexibilität.
Um den Hallencharakter aufzulösen, wurden verschiedene Ebenen geschaffen, die Bereiche
unterschiedlicher Intimität erzeugen und mit
Vorhängen diskret abgetrennt werden können.
Lounge, Bar, Restaurant/Frühstücksbereich und
VIP-Restaurantbereich haben ihre eigenen
Podesthöhen, sind aber trotzdem zusammenschaltbar und als eine Einheit nutzbar. Im coolen
Styling des Restaurants sitzt man unter riesigen
kuppelförmigen Kunstharzlampen von Catellani
& Smith, die allein durch ihre Proportionen
architektur
Die Zona Tortona war seit den 1930er Jahren
Industrieviertel und ist heute der boomende
Fashion-, Design- und Kreativstadtteil von Mailand. Frühere Industriebauten werden zu Studios, Show-Rooms, Museen. Die Via Tortona ist
Kulminationsbereich der Kreativen, ihrer Lokale
und Shops. Die Mischung aus Ursprünglichkeit
der industriellen Umgebung und ihrer Adaptierung und Inbesitznahme durch Menschen mit
Ideen und ihrer kreativen Verwirklichung und
Perfektionierung ist Thema in diesem Teil der
Stadt.
In der alten Fabrik der General Electrics entstand jetzt eine neue Art von Hotel, das sich als
Bühne für die kreative Szene versteht. Für die
architektonische Umgestaltung des Gebäudes
zeichnen die Architekten Daniele Beretta und
Matteo Thun & Partners verantwortlich, das Interior Design übernahm Matteo Thun & Partners.
NHow ist nicht nur Hotel, sondern auch Raum für
Ausstellungen und Events. NHow ist als eine Art
dynamischer Behälter konzipiert, der mit verschiedenen Inhalten gefüllt werden kann. “Fluid
Design“ nichts Starres, Statisches ist hier angedacht worden, kein Platz der perfekten Dauerdekoration, sondern ein Ort des Wandels, der pulsierenden Veränderung. In Zusammenarbeit mit
dem Museum „Triennale“, führenden Herstellern
von Design und dem Betreiber, NH Hotels, wird
in der Halle, den drei Foyers und den offenen
Bereichen Kunst und Design im ständigen Wechsel präsentiert werden. Die Möblierung dieser
Bereiche wird den Ausstellungen angepasst
sein, kompletter Szenewechsel ist hier Programm. Rohe, einfache Materialien bieten jedmöglichem Szenario den nötigen Entfaltungsraum. Die ursprüngliche LKW-Zufahrt hat als
Eingangstunnel eine neue Bedeutung und vielfache Verwendungsmöglichkeiten als Veranstaltungsort von Fashion-Shows und Events oder
sogar als Parkraum. Das Hotel beherbergt auch
vier Fotostudios, in denen Platzmangel kein
Thema ist.
Das Gebäude selbst mit seinen typischen ShedDächern hat nichts von seinem authentischen
industriellen Charme verloren. Die eindrucksvollen Fassaden sind streng dunkelgrau. Diese
Strenge wird nur durch die farbigen Fenster
unterbrochen, die der Außenwand ihr charakteristisches Muster geben. Das riesige Vordach
KULTUR, GASTRO, SHOP
Design Matteo Thun. Der Boden des Zimmers ist
mit geräucherten Eichendielen, der des Badbereichs mit Stein belegt und gibt gemeinsam mit
vielen Naturtönen dem Raum eine angenehm
warme Ausstrahlung. Das große Bad ist Teil des
Raumes, mit walk-in-shower beziehungsweise
freistehender Porzellanwanne in den Suiten.
Noch im Entstehen sind die Spa-Suiten, die zum
Wohnen, aber auch stundenweise als privater
Rekreationsbereich gemietet werden können und
über Whirlpool, Sauna und Dampfbad verfügen
und in denen Massage und Kosmetikbehandlung
exklusiv genossen werden kann. Hier überwiegen
helle Farbtöne und Naturmaterialien. Ebenfalls
im Entstehen ist noch die exklusivste Suite, ein
zweigeschoßiges Loft direkt unter dem Dach, in
dem das industrielle Tonnengewölbe und die
gusseisernen Trägerstrukturen sichtbar sind und
das für vielerlei Zwecke nutzbar ist. Es bietet ideale Lichtbedingungen für Fotoshootings und
Raum für Szeneparties und Events, Abgeschiedenheit für spezielle Konferenzen und Meetings.
Freunde des industriellen Chics, lifestylegeübte
Bohemiens und Beteiligte der Fashion- und
Designszene finden im NHow ihre Bühne, lassen
sich hier zum Wohnen nieder, direkt am Puls des
a
Geschehens.
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architektur
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Nhow Hotel, Mailand, Italien
Planungsbeginn:
01/2004
Daniele Beretta und Matteo Thun & Partner
Bauzeit:
04/2004
Statik:
S.C.E., Mailand
Fertigstellung:
09/2006
Grundstücksfläche:
25.000 m2
Bebaute Fläche:
11.548 m2
Umbauter Raum:
75.000 m3
DEZ 2006
DHD srl, Mailand
Planung:
architektur
Bauherr:
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KULTUR, GASTRO, SHOP
schön und good
SHOPSYNERGIEN / ARCHITEKTURLADEN
UND T-HOCH-N
/ WIEN
T EXT: A STRID M EYER
F OTOS : H ERTHA H URNAUS / J ULIA O PPERMANN / G ERHARD B INDER (S CHÖN
UND
S CHÖN )
B ERKHAN S EZEN / A STRID M EYER (B E A G OOD G IRL )
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Zwei Parallelstraßen weiter südlich wurde kürzlich mit „schon schön“ ein Geschäftslokal eröffnet, das eine Schneiderin, ein Friseur und ein
Restaurantbetreiber gemeinsam führen; jeder in
seinem eigenen Bereich, alle zusammen in
einem Raum. Die verschiedenen Zonen fasste
Architekturladen mit einer einheitlichen Gestaltung. Reduziert auf das Wesentliche ist die
Möblierung in allen drei Teilen. Der Schneidertisch als Arbeits- und Präsentationselement
nimmt einen zentralen Platz ein. Beim Friseur
steht ein übermannshoher Spiegel als Sinnbild
für Schönheit und Instrument zur Überprüfung
derselben im Mittelpunkt. Und ums Eck im Restaurant prägt eine lange Tafel den Raum, als
Symbol für Kommunikation und Gemeinschaft.
Die Einbauten verschwinden gleichsam in der
Wand, der Raum wird in seiner schlichten Form
wahrgenommen und durch Einschnitte strukturiert.
Weißes Resopal kontrastiert das Furnier in
Makassar Alpi, einer dunklen Edelholzoptik. Ein
durchgehender Asphaltboden unterstreicht die
Einheit in der Vielfalt. Farblich dominiert weiß in
den öffentlichen Zonen, individuelle Akzente in
Rot, Pink, Schwefelgelb und Grasgrün werden in
den intimeren Bereichen gesetzt. Glasschiebetüren trennen die Bereiche räumlich voneinander,
ohne sie optisch abzugrenzen. Dies war nicht
nur wegen der Küchendüfte einerseits und der
Fönfrisuren andererseits notwendig. Frisier- und
Schneidezone mussten auch wegen unterschiedlicher Öffnungszeiten abschließbar sein.
Das Label „schon schön“ verkauft sich gut, sagt
Architekt Michael Anhammer. Journalisten vom
benachbarten Verlag kommen zum Mittagsmenü
zu Hermann Seiwald, junge Stadtnomaden las-
sen sich von Claudio Studer Stufen schneiden
und Elfriede Hauder schneidert für jedermann
und - frau nach Maß. Alleine hätten sie diesen
Schritt kaum gewagt: Gespräche mit Bauherren
und Behörden wurden leichter einmal zu dritt
geführt, die Investitionen wurden geteilt und drei
Freundeskreise zur Mithilfe gebeten.
Die Synergien dieses Zusammenschlusses sind
offensichtlich: Sanitärräume gibt es nur einmal
für alle drei, ebenso beschallt die Musikanlage
alle drei Zonen – jede einzelne steuert separat
die Lautstärke. Werbung, Homepage und Blumenschmuck werden gemeinsam bestellt. Der
Laden läuft, und eine Erweiterung wird angedacht. Konzepte wie diese entsprechen dem
Zeitgeist. Aus Flexibilisierung und prekären
Arbeitsverhältnissen entwickeln junge kreative
Unternehmer neue Initiativen und treffen damit
a
auf gleichgesinnte Lebensfreude.
•
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Im 7. Wiener Gemeindebezirk hat Gerhard Binder von t-hoch-n Architektur ein Geschäftslokal
für einen Friseur gestaltet, das gleichzeitig
Schauraum für Mode und Accessoires sein sollte. An der Westbahnstraße gelegen, nimmt man
„be a good girl“ zunächst im Vorbeifahren aus
dem Auto oder der Straßenbahn wahr. Der Architekt sah dies als Anregung für die Gestaltung der
Front. Sechs Öffnungen in der Fassade reagieren auf die verschiedenen Blickwinkel: Paneele
in den Schaufenstern regulieren Einblicke, führen den Blick ins Ladeninnere.
Die Paneele sind Elemente einer umlaufenden
Wandverkleidung, bestehend aus Stahlrahmen
aus C-Profilen, die mit 30 cm Abstand von der
Wand montiert sind und dahinter Platz für Licht
und Lagerung bieten. In die Profile sind Stahlregale, Spiegel, Sperrholzplatten und Stegglaselemente eingesetzt. Die Füllungen können modular ausgetauscht und so der jeweiligen Nutzung
angepasst werden. Das Rastermaß der Wandpaneele setzt sich bei den mobilen Elementen fort.
Die räumliche Anordnung der beiden Geschäftsbereiche entspricht deren Anforderungen: Im
vorderen, öffentlicheren Bereich lockt der Laden
Laufkundschaft an. Schaltstelle ist das zentrale
Pult, das die Funktionen Empfang, Kassa und
Beratung abdeckt. Dahinter liegt etwas abgeschirmt die Haarschneiderei. Funktionalität und
Flexibilität waren die Anforderungen von Betreiber Andreas Wall. Dem entspricht die Gestaltung
ebenso wie die Materialien: Stahl und Estrich
verleihen dem Friseurladen industriellen Charakter. Das Konzept und die Ladenarchitektur von
„be a good girl“ haben sich über Jahre bewährt.
Der Laden könnte auch in London, Tokyo oder
Berlin sein, sagen internationale Kunden.
architektur
Ein-Personen-Unternehmen machen mittlerweile
den stärksten Anteil an Selbständigen aus. Sein
eigener Chef zu sein bringt aber nicht nur Vorteile: Es liegt auf der Hand, dass Kleinstunternehmen einen hohen finanziellen Aufwand für
Infrastruktur, PR und Administration haben. Der
eigentliche Job kommt neben Organisatorischem dabei oft zu kurz; Umso besser, wenn
sich mehrere Ich-AGs zusammentun und ihre
Kräfte bündeln. Während Ärzte und Anwälte sich
bereits seit langem in Praxis- und Kanzleigemeinschaften zusammenschließen, ist die Vereinigung verschiedener Sparten unter einem Dach
noch relativ neu. Erste Synergien im Dienstleistungssektor gibt es bei Architekten mit Designern oder Agenturen. Dass man bei einem Friseur gleichzeitig Taschen kaufen oder bei einer
Schneiderin dinieren kann, ist ein junges Konzept von jungen Unternehmern für junges und
junggebliebenes Publikum.
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be a good girl-Wien
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schon schön-Wien
schon schön, Wien
be a good girl, Wien
Bauherr:
Andreas Wall
Planung:
Michael Anhammer und Christian Ambos
Planung:
t-hoch-n Architektur
Nutzfläche:
200 m2
Statik:
Igor Budai
Planungsbeginn:
2005
Nutzfläche:
190 m2
Bauzeit:
3 Monate
Planungsbeginn:
2000
Fertigstellung:
2006
Baubeginn:
2000
Fertigstellung:
2000
DEZ 2006
Elfriede Hauder, Hermann Seiwald, Claudio Studer
architektur
Bauherr:
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KULTUR, GASTRO, SHOP
Spiel in neuer Form und Farbe
WINWIN VIDEO LOTTERY TERMINAL OUTLETS
IN
ÖSTERREICH
P LANUNG : S CHLUDERARCHITEKTUR
T EXT: K ATHARINA T IELSCH
B ILDER : R AINER Z OTTELE , A RCHIV A RCHITEKTEN
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bleibt doch jeder Ort, den Lokalkolorit behaltend,
individuell. Das eigens entwickelte WINWIN Muster auf Deckenfeldern, Vorhängen und Paravants
dient als Corporate Identity zur Wiedererkennung.
Solche Örtlichkeiten müssen spezielle räumliche
Anforderungen erfüllen. Den glücklichen Gewinner interessiert wohl am meisten die Kassa, die
prominent positioniert wurde. Die Tresorräume
sind meist im Keller angeordnet. Die Kosten für
die Haustechnik sind hoch und liegen zwischen
42–56 Prozent der Baukosten. Neben den Überwachungskameras muss besonders Bedacht auf
die Belüftung gelegt werden. Im Spielbereich
wird diese mit einem Lüftungsboden gelöst.
Die Bilder zeigen das zuletzt fertiggestellte Outlet in Zwettl, Niederösterreich. In dem ehemaligen Geschäftslokal an der Einkaufsstraße von
Zwettl konnte eine erstaunliche Großzügigkeit
erzielt werden.
Auch die Architekten haben sich auf subtile
Weise einem Spiel hingegeben: dem Spiel mit
Durchsicht und Einsicht. So ist durch die
bedruckten Trevisionsnetze das Innere von
außen tagsüber uneinsichtig, des Nachts jedoch
wird die Bar sichtbar und zieht das Publikum an.
Die beiden Architekten heben im Gespräch das
Bewusstsein ob der ethischen Verantwortung
heraus. Ich sage „Spielen gehört zu unserem
Leben, so auch das Glücksspiel“. – Was einst
ungemütlich in luftigen Windfängen oder versteckt in Vorräumen zu WC-Anlagen stattfinden
musste, hat nun sein von Leuten des Fachs
gestaltetes Umfeld gefunden und kann sich in
a
klarer, gepflegter Atmosphäre ereignen!
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Die Architekten Michael Schluder und Sergej
Nikoljski beweisen an sieben WINWIN- Standorten, dass diese Funktion auch in zurückhaltender Farblichkeit und in architektonisch klarer
Formensprache möglich ist. Ein ganz und gar
nicht unmoralisches, sondern sehr verantwortungsbewusstes Angebot stellten die Österreichischen Lotterien und Casinos Austria im Jahr
2003 an geladene Architekten. Sie lobten ein
architektonisches Gutachterverfahren mit Konzeptentwicklung für VLTs (Video Lottery Terminals) des Konzerns aus, wo Raumkonzepte für
das Spiel in einem gastronomischen Umfeld entwickelt werden sollten. Schluder/Nikoljski erhielten den Zuschlag für ihr Gesamtkonzept, und in
den Jahren 2004–2006 entstanden Outlets an
sieben Standorten. Hier kann man sowohl den
Gaumenfreuden als auch dem Spiel in kontrollierter Weise nachgehen.
In der Konzeptstudie wurden unterschiedliche
Aufstellungsvarianten (Insel-, Kamm-, Diagonaleund Patchwork-Variante) hinsichtlich effizienter
Raumnutzung untersucht. Die Patchwork- Variante zeigt das optimale Verhältnis zwischen
Spielfläche und Erschließungsfläche. Deckenfelder fassen die einzelnen Gruppen der VLTs
zusammen und dienen gleichzeitig der indirekten
Beleuchtung. Im vorderen Bereich, auf einem
Podium platziert, befindet sich die Gastronomie.
Sie dient als Filter zwischen der öffentlichen
Straße und dem Spielbereich. Zwei Wege führen
zu den VLTs. Der eine ist kurz und bietet einen
direkten Zugang in den Spielbereich. Von hier ist
kein Blickkontakt in die restlichen Räumlichkeiten möglich. Gläserne Paravents, die aus
bestimmten Blickwinkeln das WINWIN-Muster
zeigen, begrenzen die Schnellstraße. In Augenhöhe sind sie derart gestaltet, dass der Durchschreitende einen Anonymbalken vor Augen zu
haben scheint. Der andere Weg ist länger und
nicht direkt. Er führt über eine Rampe zur Bar
und dann weiter in den hinteren Spielbereich.
Die Räumlichkeiten sind mit hellen, freundlichen
Farben ausgestattet. Die Bar und Tische sind
aus Kambala-Holz gefertigt. Die Bestuhlung ist
mit hellen Stoffen bezogen. Im Gastronomiebereich findet man Holzböden vor.
Obwohl alle Spielstätten demselben Funktionsschema folgen und mit den gleichen Materialien
und Möblierungselemente ausgestattet sind,
architektur
Robert Venturi und Denise Scott Brown enttabuisierten in ihrem Buch „Learning von Las Vegas”
die glitzernden, glimmernden und leuchtenden
Elemente der schrillen Metropole des Glücksspiels. Nicht unkritisch erhoben sie diese zur
selbstverständlichen Zeichen- und Formensprache unserer Zeit. Diese Sprache findet sich
heute nicht nur in Projekten der genannten
Architekten, sie überflutet mittlerweile unsere
Metropolen in anderen Kontexten mehr und
mehr. Wie aber geht man um mit neu zu schaffenden Orten der Unterhaltung, die möglicherweise eingebettet sind in der lieblichen Landschaft Österreichs? Brauchen Menschen beim
Spiel ums Geld verruchte Farben, schrille
Beleuchtungen, Spiegel und Knalleffekte? Sind
Glitzern und Glamour wegzudenken von Nervenkitzel und vom leicht zu „verdienenden“ Geld
ohne besondere Leistung?
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WINWIN DONAUPLEX
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WINWIN DONAUPLEX
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WINWIN MAYRHOFEN
WINWIN LIENZ
WINWIN SCHÄRDING
WINWIN ZELL AM SEE
WINWIN DONAUPLEX
WINWIN MAYRHOFEN
Standorte: Mayrhofen, Lienz, Schärding, Zell/See, Wien, Bruck/Leitha, Zwettl
Outlet WINWIN Zwettl:
Bauherr:
Glücks- und Unterhaltungsspiel Betriebs GmbH
Standort:
3910 Zwettl, NÖ
Generalplaner:
schluderarchitektur, Michael Schluder, Sergej Nikoljski, Wien
Planungsbeginn:
März 2006
Mitarbeiter:
Wolfram Uanschou, Katharina Puchner, Waltraud Eisenhauer
Baubeginn:
Mai 2006
Bauabwicklung:
APO Ziviltechniker GmbH
Fertigstellung:
3. August 2006
Bebaute Fläche (Zwettl):
540 m2
Nutzfläche:
536,19 m2
Spielfläche:
155,41 m2
Gastronomiefläche:
103,38 m2
Durchschnittliche
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Baukosten:
1.800 € /m
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