A9 Die Zeit 1933 – 1945

Transcription

A9 Die Zeit 1933 – 1945
A9 Die Zeit 1933 – 1945
Um 1933
Zusätzlicher Lehrer in Mardorf ist Herr Gewecke (SA-Mann aus Hagen).
1933
Regierungspräsident von Hannover wird Dr. Ulrich von Stapenhorst.
Neuer evangelisch-lutherischer Pastor für Mardorf und Schneeren:
Friedrich Karl Wilhelm August Lunde (*25.6.1903 in Horst als Sohn des Pastors H.F.Karl Lunde / oo
Elisabeth / vorher Pastor in Bentheim und bis 1968
hier / +8.11.1976 Bad Nenndorf). Ihm zu Ehren ist um
1995 der Fußweg von der Mardorfer Straße zum
Friedhof Pastor-Lunde-Weg benannt worden.
Besonders in Erinnerung bleiben werden aber auch
seine für damalige Verhältnisse sehr großen Füße –
Größe 48, mit von hand verlängerten Spitzen. 2009
erhält der Weg ein Erläuterungsschild:
Friedrich Karl Wilhelm August Lunde (geb.25.6.1903
Horst+8.11.1976) Ev.Luth. Pastor für Mardorf/Schn.
1933-1968
(Eheleute Lunde – Foto um 1955)
Eine neue kleine Hofstelle entsteht in Mardorf: Die „Niedersächsische Heimstätte“ baut das erste
Haus in Mardorf Nr.141 an der Rehburger Straße. Wilhelm Thürnau (Nr.70 *1908+1978) ist gelernter
Zimmermann und Landwirt gründet eine Zimmerei mit „Gatter“ zum Schneiden. Durch die vielen
Schuppenanbauten wird er „Schuppenwilli“ genannt. Tochter Ilse oo W.Hahn („Timmermanns“).
? in 1933 ist auch auf dem Lindenberg die Nr.142 entstanden. Der Schneidermeister Heinrich Hüper
(*18.4.1905 Nr.87/103 +1985 / oo Dora Feldmann, Schneeren / 3 Töchter / später Rintelmann)
übernimmt das Haus von H.Nülle (Nr.44). Er ist auch Kleinlandwirt, Verköppelungsteilnehmer,
Gemeindebrandmeister, 1.Vors. TSV und Wiedergründer des Schützenvereins.
Der Kriegerverein Mardorf wird „gleichgeschaltet“ und in Reichskriegerbund umbenannt. daraufhin
treten viele Mitglieder aus.
Albrecht Bretthauer (Steinhude Nr.142) erwirbt die Nr.145 am Weißen Berg. Um 1941 wird hier aber
schon der Hannoversche Architekt Wilhelm Hübotter (Nordufer-Planer) erwähnt.
An der heutigen Meerstraße 63 entsteht die Nr.146 am Weißen Berg durch Heinrich Stieber aus
Hannover. Um 1940 wird der Zahnarzt Dr. O.Mayring und Günther Berlin aus Hannover erwähnt.
Anfang 1933 Gau Süd-Hannover-Braunschweig mit Hauptstadt Hannover.
Oberpräsident Provinz Hannover ist Viktor Lutze bis 1941.
SA und Arbeitsdienst (RAD) werden zum Alltag. Die NSDAP übernimmt endgültig die Macht in
Deutschland und damit in Mitteleuropa.
Reichsgesetz zur Zentralisierung des Fremdenverkehrs. Es wird der Landesverkehrsverband (LVV)
mit freiwilligen Mitgliedsvereinen gegründet.
Mardorf hat 633 Einwohner bei ca. 145 Hausnummern. Es gibt ca. 70 kleinere landwirtschaftliche
Betriebe im Vollerwerb und die „27 Bauern“.
30.1.1933
Adolf „Hitler“ wird Reichskanzler und am 1.8.1934 „Führer“ (später des Großdeutschen Reiches bis
zu seinem Selbstmord am 30.4.1945).
5.3.1933
Reichstags-Wahlen in Neustadt a. Rbge. erbringen erste große Mehrheiten für die „extremen“
Parteien: NSDAP 13.851 Stimmen, KPD 1.157, SPD 4.359, DNVP 1.677, DVP 162 und DHP (Deutsche
Hannoversche Partei) 383.
12.3.1933
Gemeinde- und Kreistagstagswahlen im Gau Südhannover. Bürgermeister in Mardorf,
Gemeindevorsteher und Standesbeamter bleibt vorerst F.Meyer (Nr.23 *1887) und 1.Beigeordneter
H.Niemeyer (Nr.37 *1885). Landrat in Neustadt a. Rbge. wird Johannes Specht (-1945). SAKreisführer Neustadt ist Rahlfs.
125
4.4.1933
Großdemonstration der SS und SA in Mardorf: (Leine – Zeitung 5.4.33)
„So etwas hat Mardorf noch nicht gesehen!“ hieß es, als in den Spätnachmittagsstunden des Sonntags die
schmucken Braunhemden der SA-Formationen unseres Kreises unter Vorantritt der SS-Kapelle und des
Trommler- und Pfeiferkorps durch die Straßen unserer Ortschaft marschierten. Ganz Mardorf war in diesem
Augenblick auf den Beinen, um Zeuge zu sein von diesem herrlichen und musterhaften Bilde, welches unsere
braunen Jungen uns boten. Auf dem Schulhofe endete der wunderbare Zug. Nach einer kernigen Ansprache des
Führers Rahlfs-Neustadt und einem Konzert der SS-Kapelle fand die Nachmittagsveranstaltung ihr Ende. Um 8
Uhr begann der deutsche Abend im Saale des Gastwirts August Asche, der von der hiesigen SA-Mannschaft gut
vorbereitet war. Für Bekränzung und Blumenschmuck hatte die hiesige Frauenabteilung Sorge getragen. SAMann Schlüsselburg eröffnete die abendliche Veranstaltung. Nach ihm sprach Lehrer Gewecke-Hagen in ganz
begeisterten Worten zu den versammelten Mardorfern und forderte alle auf, mitzuwirken in dieser großen
deutschen Volksgemeinschaft, in der Gemeinnutz vor Eigennutz zu gelten habe. Alsdann würde auch das große
Opfer der Millionen, derer das deutsche Volk am Volkstrauertage gedacht habe, nicht vergebens gebracht sein.
Treffend wies er auf unsern großen Führer Adolf Hitler hin und wünschte, unter ihm wieder zu werden ein einig
Volk von Brüdern. Seine Worte zündeten in allen Herzen und so sang dann die Versammlung die erste Strophe
des Deutschlandliedes und das Horst-Wessel-Lied. Im Anschluß daran trugen die Schulkinder unter Leitung
ihrer Lehrer Gedichte und Lieder vor. Die Pausen wurden ausgefüllt von
Darbietungen der SS-Kapelle. Zum Schluß gelangte eine humoristische Szene: Wir
halten fest und treu zusammen! zur Aufführung. Die Spieler, welche nur drei Tage
Zeit zum Ueben hatten, zeigten, daß mit Aufwendung aller Energie auch in
kürzester Zeit ein guter Erfolg möglich ist! Die Zuhörer spendeten für alle
Darbietungen reichsten Beifall. Sodann blieb man noch gemütlich beieinander. Uns
Mardorfern wird dieser Tag unvergesslich sein!“
12.-14.6.1933 Schützenfest (wieder ohne Winterkönig) mit König Wilhelm Heidorn (*1903
Nr.113/170).
Juni 1933
Im Monat fällt über 160 mm Niederschlag (normal 60).
„Sommersonnenwendfeier“ der NS-Frauenschaft Schneeren/ Mardorf in
alten Trachten.
13.9.1933
Reichsnährstandsgesetz (RNST – siehe Schild oben) macht neben einem Kreis- auch einen
Ortsbauernführer nötig. In Mardorf sind es u. a. Heinrich Förthmann (Nr.12 *~1873 und Otto
Struckmann (Nr.21 *1900). Das rechte Emaille-Schild ist am jeweiligen Haus angebracht.
1933/34
Die neue Reichs-Autobahn 2 zwischen Ruhrgebiet und Berlin soll in
einem ersten Entwurf nördlich von Mardorf (etwa Vehrenheide –
Golfplatz – Kohlenberg – Totes Moor) verlaufen (siehe Karte 1890).
1934
„Trockenjahr“ – niedrigster jemals bis dahin
Wasserstand im Steinhuder Meer mit 37,41 m üNN.
„Zwangsmitgliedschaft“ aller Touristik-Orte (auch
Steinhude) im Landesverkehrsverband Hannover.
gemessener
Mardorf
und
1.Vors. im TSV Mardorf wird Otto Gerberding (*6.11.1910 Nr.84). Er
bleibt es bis zur Einstellung der Aktivitäten Ende 1939.
Am heutigen Wasserkampweg 6 entsteht das Haus Nr.143 von Ernst Schlüsselburg aus Hannover.
Er ist auch SA-Ortsführer in Mardorf.
A.Frommold (Frommhold) aus Hannover erwirbt an der heutigen Meerstraße 61 (Weißer Berg) einen
Teil der Nr.147. Ab 1940 wird Dr.jur. Bernhard Sprengel (*1899+1985) Fabrikant für Schokolade und
Pralinen in Hannover erwähnt (später Nr.263).
Unter der gleichen Hausnummer 147 (aber Meerstraße 51) erwirbt Dr. Wilhelm Blase (*6.1.1902
Lübbecke/Westf. oo Hertha / Ruth – Tochter *1970 / später Nr.158) ein Grundstück. Er wird für viele
Jahre Jagdpächter in Mardorf und wegen seiner Verdienste im Schützenwesen zum Ehrenoberst
des Schützenvereins ernannt.
An der heutigen Ladenstraße 3 (Weißer Berg) erwirbt 1934 der Mindener Fabrikant August
Hohmeyer die Nr.148. Ab 1941 wird Heinrich Schrader aus Hannover-Herrenhausen genannt.
Familie Emil Jannssen (*1881+1955 oo Helene Fesing 1885+1976 – Sohn Adalbert*1913) aus
Hannover betreibt die Gaststätte und Pension „Meeresblick“ (Nr.149) noch bis nach 1960.
126
1934
Georg Erdmann sen. (Herren-Bekleidungshaus in Hannover) erbaut direkt am Ufer an der heutigen
Roten-Kreuz-Str.36 das östl. von Nr.129 gelegene Haus Nr.150.
Am heutigen Wasserkampweg 9 entsteht durch Dipl.Ing. Hermann Dörrner und Helmut Koch aus
Hannover das Haus Nr.151. 1936 übernimmt es der Hannoversche Postbeamte Willy Wiedenroth
(*1896 oo Holdine*1894).
Richard Könecke aus Hannover-Misburg erbaut das Haus Nr.152 am Weißen Berg (Erlenweg?).
1936 wird Brunhild Borgmann (*1924 Minden) dort erwähnt.
An der Meerstr.(49) baut der Hannoversche (Schuh-)Kaufmann Friedrich Görtz die Nr.158.
15.1.1934
Das Preußische Feuerlöschgesetz tritt in Kraft: Auch in Mardorf ist bis dahin der Brandschutz
Privatsache und liegt bei den Einwohnern, die sich gegenseitig helfen müssen und selbst für ihre
Sicherheit verantwortlich sind. Die Gemeinde Mardorf hat natürlich auch schon vorher ihren Teil mit
einer kleinen „Pflichtwehr“, Wehrführer (F.Ohlhagen Nr.89 *1904), Gerät und Material beigetragen.
Mit dem Gesetz wird aber die Stellung der Feuerwehr in der Gesellschaft neu geregelt. So wird die
Wehr aus dem reinen Vereinswesen herausgehoben und unter den Schutz des Staates gestellt.
Gleichzeitig werden die Brandschützer in die Amts-Hierarchie des Ortes eingegliedert. Bei den
Aufgaben erweitert das Gesetz auch das Spektrum der Aufgaben. Neben der reinen Löschaufgabe
kommt nun auch die allgemeine Not- und Katastrophenhilfe hinzu.
26.8.1934
Um die Hilfe im Mardorf weiterhin sicher zu stellen, gründet sich „zwangsweise“ in der Gastwirtschaft
Kahle Nr.7 die Freiwillige Feuerwehr Mardorf. Von den 39 Gründungs-Männern sind u. a.
H.Förthmann (12), H.Kahle (17), Otto Heidorn (20), F.Meyer (23), August Struckmann (30), H.Meier
(48), W.Syrup (69), W.Kahle (82), F.Ohlhagen (89), W.Nortmeier (91), Albert Struckmann (109) und
H.Hüper (142) noch lange nach dem Krieg aktiv.
17.9.1934
Es gehören der neuen Feuerwehr schon 45 Männer an. Friedrich Ohlhagen (Nr.89 *1904) wird
Gemeindebrandmeister (bis 1945) und F.Wiebking (Nr.83 *~1896) sein Stellvertreter (bis 1945).
26.-28.5.1934 Schützenfest mit König Friedrich Meier (*1912 Nr.35).
23.7.1934
Großes Unwetter über Mardorf. Das Regenwasser steht 1 m hoch auf der Dorfstraße. Am
Mühlenberg (Haubarg) können die herunterschießenden Wassermassen nur durch einschlagen
einer Hauswand wieder herausgelassen werden.
1934/35
Rekordbestand von Kaulbarsch im Steinhuder Meer.
Führerschein 1935 ausgestellt (F.Meyer Nr.23)
127
1935
Schrittweise Einführung der Deutschen Volksschrift (-1941) als Schulausgangsschrift – eine
Weiterentwicklung des Sütterlin.
Stilllegung der Steinhuder Meerbahnstrecke Stadt Rehburg-Uchte wegen mangelnder Rentabilität.
Großes Brassensterben im Steinhuder Meer.
Wilhelm Krecke aus Hannover baut am Weißen Berg ? die Nr.155 und Friedrich Ahrend aus
Hannover die Nr.156.
Am Erlenweg (11) entsteht durch Franz oo Else Roever (*1904 Hannover) die Nr.157. Auch ihre
Kinder wohnen hier später.
Der Polizeibeamte Willy Dietmann (*1904 oo Brunhilde / Sohn Gerd*1944) erbaut die Nr.159
(Wasserkampweg 13).
Polsterer und Sattler Leo Oesterwinter (*2.7.1911+1975 / Emilie*29.8.1911 Schadberg) baut am
Wasserkamp(weg 16) die Nr.160.
Fritz und Elise Hildebrand bauen am Weißen Berg „An den Eichen“ (am heutigen Wasserkampweg
3) die Nr.161.
Bau der kleinen Kneipe „Goldige Freiheit“ (Büchner) am Weißen Berg (später Nr.176 / Sperberweg
13).
Eröffnung der kleinen Kneipe „Dünenschänke“ am Weißen Berg (später entsteht dort am
Kiefernweg das Strandhotel Nr.326).
Baubeginn der Gaststätte „Waldschänke“ (später Nr.366 am Pferdeweg) durch Ludwig (Ludschen)
Brühmann (*11.5.1899+1973) und Helene (Leni / *27.9.1904+1993). Ihre 2 Söhne: Ludwig jun. (oo
Else in Nr.111 „Blaue Grotte“) und Oskar (oo Gertrud in Nr.144, 188 „Moorhütten“).Der Betrieb der
kleinen Kneipe läuft bis 1975.
„Landjahr“ – Lehrgänge am Nordufer Mardorf. Gastwirt Ostermeyer im Seestern (Nr.115) verpachtet
seine Gaststätte an den Kreis Neustadt als NS-Landjahr-Heim. Es gibt viele negative Vorkommnisse
über Brutalitäten an den Jugendlichen.
Hofgebäude und Gastwirtschaft mit Pension Mardorf Nr.18
(Haus 1835 neu gebaut / Laterne / Rechnung von 1932)
15.-17.6.1935 Schützenfest mit König Gustav Vogeler (*1912 Nr.93).
1936
Regierungspräsident von Hannover wird SS-Standartenführer
Rudolf Diels (-1942).
Der Kreis Neustadt a. Rbge. wird zum Landkreis Neustadt a. Rbge. (1.1.).
Inbetriebnahme des nahe gelegenen Fliegerhorstes Wunstorf (Bau ab 1934 / 1935 Militär). Ein
„Kampfgeschwader“ mit „Ju52“ und ab 1937 mit „He111“-Bombern wird hierher verlegt.
Das Telefon-Ortsnetz „Schneeren“ mit Mardorf entsteht. Die Verbindungen kommen noch per
Handstöpselung zu Stande.
Mardorf hat laut amtl. Statistik 536 Einwohner!
„2 Einbäume“ werden im Bannsee und bei Lütjen Mardorf (Nr.164) gefunden – leider sind sie im
II.Weltkrieg verbrannt.
Großes Brassensterben im Steinhuder Meer.
128
1936
Walter Heidmann aus Bielefeld wohnt in der Nr.162 (von Dr.Fricke erbaut – Dr.Fricke-Weg 8).
Die Nr.163 wird gebaut am Weißen Berg ? (von ?). Evtl. ist es die „Strandgaststätte“ bei Lütjen
Mardorf, die im März 1936 errichtet wird und seit 1969 Nr.662 „Fischerstübchen“ ist.
Das Badehotel Weißer Berg (Nr.110) hat zu der Zeit: Gastzimmer, Klubzimmer, großen Garten,
Saal, Verkaufspavillon direkt am Strand, 103 Tische, 426 Stühle, 9 Fremdenzimmer mit 18 Betten,
Saisonkräfte: 1 Köchin, 1 Kellner, 1 Zimmermädchen, 1Aufwaschmädchen, 1 Hausmädchen (ständig
beschäftigt).
Die neue Gaststätte Kahle von 1936 an der Dorfstraße (das Gebäude steht noch)
Reichsfremdenverkehrsverband (RFVV) mit LFVV (Niedersachsen - Weserbergland) und aller
Fremdenverkehrsgemeinden als Pflichtmitglieder. Mardorf zahlt zu dieser Zeit für
Gemeinschaftswerbung an Steinhude 200 RM.
Seestern (Nr.115 / Landjahrheim) wird jetzt HJ-Heim für die Marine-HJ und den BDM. Eine erste
Holzbaracke (Nr.133) des Kanuverbandes Kreis Weser-Ems (45 Vereine im DKV) entsteht auf
dem heutigen Gelände am Mardorfer Nordufer. Schon ab 1931 werden einzelne Parzellen (1.877 m²
für 305 RM/Jahr) als Pachtfläche von der Realgemeinde erworben. Am 18.8.1935 kommen noch mal
1.200 m² hinzu. Jetzt beträgt die jährl. Pacht 485 RM.
6.-8.6.1936
Zum Schützenfest werden 3 Brüder Könige: Fritz Dankenbring (*1923 Nr.63) Jugendkönig im
Gewehrschießen, Bruder Willi (*1926) Kinderkönig und Helmut mit 7 Jahren König im
„Lederballschmeißen“. Der Ball wird dabei 5x durch einen 30m entfernten Reifen geworfen.
Schützenkönig ist Friedrich Heidorn (*1917 Nr.64).
Sommer 1936 Heinrich Niemeyer (Nr.37 *1885 / bis 1936 noch 1.Beigeordneter) wird als Bürgermeister und
Standesbeamter (bis 1946) in Mardorf eingesetzt. Gemeindevorsteher wird Fritz Wehrmann
(Nr.119 „Warte“). Vorgänger F:Meyer (Nr.23 *1887) muss nach mehr als 22 Jahren zurücktreten.
Die Verwaltung der Realgemeindeflächen geht zwangsweise an die politische Gemeinde. Deren
Vorsitzender wird Heinrich Niemeyer (Nr.37 *1885), der Bürgermeister.
1.12.1936
Gesetz über die Hitler-Jugend (HJ ab 15.Lebensjahr). Ab 10. bis 14. Lebensjahr werden nun die
Jungen im Jungvolk (DJ / „Pimpfe“) und die Mädchen im Bund Deutscher Mädel (BDM / Jungmädel)
zusammengefasst und uniformiert. Ab 25.3.1939 ist es eine Zwangsmitgliedschaft. Mit dem
18.Geburtstag gibt es für die Jungen den Wechsel in die SA (Sturmabteilung), die 17 bis 21 jährigen
Mädel sind im BDM-Werk „Glaube und Schönheit“ organisiert.
Anfang 1937 Der Jahresanfang ist sehr kalt!
1937
Eröffnung des Rehburger Heimatmuseums in der Form eines Dreiständerbürgerhauses (Architekt
Ernst Meßwarb).
Die Postagentur Mardorf erhält eine neue Adresse: ???
Heinrich Harmening, Händler aus Hannover-Linden baut am Weißen Berg ? die Nr.165.
129
1937
„Gebietsausschuß Steinhuder Meer“ im LFVV Niedersachsen-Weserbergland mit allen umliegenden
Gemeinden als Mitglied.
Fritz Wehrmann baut am Nordufer eingeschossige Wochenendhäuser mit Flachdach, aus Holz.
Architekt Flügel baut für Gartenarchitekt W.Hübotter Strandhäuser. Erste „Siedler“ sind Familie
Hübotter, Zahnarzt Dr. Mayring, Dr. Frombold(Frommold), Schokoladenfabrikant Bernhard Sprengel.
Dr. (med.prakt.Arzt) Winfried Fricke aus Hannover baut
das heute noch stehende Holzblockhaus (Nr.166 – Foto
rechts) am Nordufer auf einem schon 1931 erworbenen
Grundstück (Dr.Fricke-Weg 8).
Landwirt Wilhelm Meyer (von Nr.26) oo Erna Langhorst
(Nr.2 – Nr.227) bauen sich am Nordufer die Nr.167
(Dr.Fricke-Weg ?).
22.-24.5.1937 Schützenfest mit König Ernst Freese (*1920 Nr.112).
Sommer 1937 Das Gemeinde-Grundstück (heute: Auf dem
Lindenberg 10) wird vom Händler Wilhelm Heidorn
(*1903 Nr.113 / oo Herta Hofrage / Sohn) erworben und
erhält als letzte vergebene Hausnummer vor dem Krieg
die Nr.170! Das schöne (noch heute vorh.) Klinkerhaus wird erst um 1955 gebaut.
Das Marine HJ-Heim im Seestern hat schon viele Boote u. a. einen Ausbildungskutter. Leiter ist der
Hannoversche Tischler Friedrich Klaproth (seit 1931 auch Betreiber des Hotels).
Herbst 1937 Der Schützenverein Mardorf beteiligt sich erstmals am Erntefest der Gemeinde mit einem
Unkostenbeitrag von 19,85 RM.
Um 1938
Fam. Dumont /später Nr.278) aus Lemgo baut am Weißen Berg ? ein Wochenendhaus (Nr.168).
Am „Fillerberg“ (1954 Nr.186 - Auf dem Mummrian 29) entsteht ein kleines Haus (Gustav
Peters*1913 in Kattenvenne/Iburg+gef.1944 oo Marie Stadtländer*1915 / 2 K.: Horst und Edith).
Im Gastgeberverzeichnis des Landesfremdenverkehrsverbandes Niedersachsen-Weserbergland,
Hannover stehen 2 Mardorf Gästebetten-Anbieter: Badehotel (Weißer Berg) mit 22 (2,50 Mark in der
Saison ohne Bad) und Otto Meier (Lütjen Mardorf) mit 10 (1,50 M. pro Nacht, Frühstück je 1 Mark).
Bad Rehburg hat gleichzeitig 112 Betten.
Im amtlichen Telefonbuch sind für das Ortsnetz Schneeren (üb. Neustadt a.Rbge.) unter den
gesamten 23 Rufnummern (alle 2-stellig) für Mardorf vermerkt:
Wählvermittlung und Fernamt Wunstorf / Zeitangabe
Asche, August, Gastwirt, Mardorf [üb. Wunstorf] Nr.78
Badehotel „Weißer Berg“ Hotel, Pension, Weißer Berg
[P. Mardorf üb. Wunstorf]
16
Bürgermeister Mardorf [üb Wunstorf] Nr.37 07
Gend.-Einzelposten Schneeren
25
Lunde, Pastor
26
Mardorfer Warte, Hotel u. Strandrestaurant am
Steinhuder Meer, Inh. Architekt Fritz Wehrmann,
Luthe (Tel. Wunstorf 215), Mardorf [üb. Wunstorf] 24
Meier, Müllerei u. Güternahverkehr, Mardorf
[üb. Wunstorf] Nr.94
21
Meyer, Gebr., Kraftverkehr, Mardorf [üb. Wunstorf]
03
23
22
Anfang 1938 Bürgermeister Ernst Meßwarb in Rehburg tritt mit 65. Jahren ab, dafür kommt NSDAP-Mann Seppl
Günther an die Stadtspitze. In Mardorf geht zunächst alles etwas langsamer und zurückhaltender.
Der Bürgermeisterposten ist mit Heinrich Niemeyer Nr.37 zwar schon 1936 neubzw. „umbesetzt“ worden, aber die NS-Führungspositionen im Dorf kommen erst
nach und nach zur Geltung. Wichtigster NS-Mann vor Ort ist der Lehrer Heinrich
Dannenberg Nr.22. Er wird unterstützt vom Ortsgruppenleiter NSDAP (rechts
sein Ärmelabzeichen), dem Kirchkötner Heinrich Heidorn Nr.24 und dem
Ortsbauernführer. Weiter gibt es eine NS-Ortsgruppe der „Pimpfe, Hitlerjugend,
Bund Deutscher Mädchen, Frauenschaft, Reichsarbeitsdienst“.
130
1938
Beginn eines großen Eichensterbens in Mitteleuropa.
Mardorf hat 628 Einwohner.
Die Übernachtszahl der Beherbergungsbetriebe übersteigt 865 pro Jahr!
Das auffällige Haus auf der Düne (Nr.169 / heute Ecke Holunderweg 25/Uferweg – blauer Anstrich)
wird gebaut. Es beherbergt auch eine Seglergemeinschaft. Nach 1945 wohnen hier Frau Meyer
(Nr.175) und später Franziska Fuhrmann (*24.5.1905 / oo Landgrebe). Sie sind über Jahrzehnte im
Gemeinderat und der Ortspolitik aktiv.
Werbung für das Steinhuder Meer 1938
Anfang 1938 Nordbachverlegung
(Karte
rechts:
rote
Markierung
ehemaliges
Bett) von westlich des
Meerbachtrichters
weiter nach Norden
(siehe auch 1957).
Hans-Werner
Bosse
(Nr.129
/
Zigarrenkistenund
Holzfabrikant)
aus
Stadthagen baut in
Mardorf ein Betriebserholungsheim an der
Rote-Kreuz-Str.
1944
wird das Heim für staatl. Zwecke beschlagnahmt.
Auf einem Grundstück von Nr.18 entsteht westlich der Kräheninsel direkt am Ufer das idyllisch
gelegene Wochenendhaus (Nr.195 / „Stiller Winkel“) mit Reetdach von Sievers aus Hannover. Es
wird von Valentin Klein (Unternehmer Hannover) übernommen.
1.Vors. bei „Concordia“ Mardorf ist Wilhelm Dankenbring (*1871 Nr.80) bis 1941 (Einstellung). Sein
Chorleiter ist von 1937-1939 H.Kleine (Nr.106).
Der Schützenverein Mardorf wird Mitglied im Deutschen Schützen-Verband.
8.1.1838
Briefträger auch für Mardorf ist Dietrich Rode jun. Dessen Familie baut große Postagentur in
Rehburg (Gebäude an der Hauptstraße noch heute).
11.-13.6.1938 Schützenfest mit König Gustav Vogeler (*1912 Nr.93) als einer der aktivsten Schützen im Ort.
Sommer 1938 Im HJ-Heim (Seestern Nr.115) sind jetzt laufend ca. 50 Schüler untergebracht mit einer eigenen
Rettungsstation (DLRG).
1.10.1938
Trennung der 2.Lehrerstelle in der Mardorfer Schule von der Kirche!
10.11.1938
„Kristallnacht“! Die jüdischen Geschäfte, Einrichtungen und Synagogen werden auch in Rehburg
Wunstorf und Neustadt verwüstet („Reichs-Progrom-Nacht“). Die jüdischen Mitmenschen werden in
Konzentrationslager (u. a. Buchenwald) verschleppt und kaum einer überlebt die Zeit bis 1945.
131
1938/39
Gemeinsame Werbung für das ganze Steinhuder Meer mit 30.000 Prospekten.
In Liebenau wird eine „Gestapo“-Zentrale mit angegliedertem „Arbeitserziehungslager“ eingerichtet.
Die „Konzentrationslager“ (KZ) in Norddeutschland entstehen: Neuengamme/Hamburg, BergenBelsen und Niederhagen/Paderborn. Daneben gibt es aber in der Nähe auch noch viele kleinere
„Außenlager“, die z. T. zeitlich begrenzt oder nur für ein Projekt den großen KZ angegliedert sind. Im
Landeskrankenhaus Wunstorf erleiden erste Patienten die „Eutanasie“.
1939
Für die noch wenigen Katholiken dieser Gegend ist jetzt das Bistum Hildesheim zuständig.
Im Bereich südliche Häfern werden 16 Hügelgräber gezählt und kartiert. Es sind einfache Gräber,
ohne Eichensärge oder besondere Steineinfassungen; nur zentrale Holzhohlräume.
Erst jetzt wird beim TSV Mardorf eine Fußballsparte gegründet.
Dank des Schießwartlehrgangs von Heinrich Rusche (Nr.47) 1938 kann der Schützenverein jetzt am
Kreismeisterschaftsschiessen teilnehmen.
Die „Genossenschaftliche Treuhand Gesellschaft“ Hannover übernimmt die Windmühle Nr.75. 1940
wird W.Meier (*1886 Nr.94) dort Müllermeister.
1.4.1939
Die Poststelle I in Neustadt wird eingerichtet – Mardorf bleibt aber weiterhin Post Rehburg.
17.5.1939
Mardorf hat 639 Einwohner (lt. einer amtl. Statistik in Hannover nur 514). Die Zahl in Schneeren
geht dagegen zurück auf 781.
Zuständiges Amtsgericht ist Neustadt a. Rbge. und Finanzamt Nienburg/Weser.
3.-5.6.1939
Letztes Friedens-Schützenfest (eine Woche nach Pfingsten; Kinderfest am Montag) in Mardorf mit
dem 3maligen Schützenkönig August Nortmeier (*1905 Nr.42). Alle Festlichkeiten und der
Schießsport im Ort kommen zum erliegen („der Verein ruht“), da keine rechte Feierstimmung mehr
aufkommen will.
1.Sept.1939 Der Zweite Weltkrieg (bis 8.5.1945) beginnt mit dem Angriff auf Polen.
Die „Gestellungsbefehle“ erreichen zuerst die Jahrgänge 1894-1899. In
der allgemeinen „Euphorie“ melden sich viele freiwillig. Andere kommen
zunächst zum Reichsarbeitsdienst.
3./4.9.1939
Erstes englisches Flugzeug (evtl. Hawker „Hurricane“ – Foto rechts) über Mardorf gesichtet.
Danach gibt es immer öfter „Fliegeralarm“ und die Luftschutzüberwachung verlangt nachts strenge
Verdunklung.
Das Steinhuder Meer als größtes Gewässer Norddeutschlands vor den Toren Hannovers und
Braunschweigs ist auch in der Nacht gut zu erkennen wird zum Sammelplatz für einfliegende alliierte
Bomberverbände.
Sept.1939
In Mardorf wird die Feuermeldestelle bei Bürgermeister Niemeyer Nr.37 eingerichtet. Bei Luftalarm
wird eine Handsirene betätigt.
Okt.1939
Winterbeginn mit geschlossener Schneedecke.
Erste polnische Zwangsarbeiter kommen zur Arbeit in
der Landwirtschaft nach Mardorf, darunter auch
„Zivilarbeiter“ (eigentlich Kriegsgefangene). kommen erste
polnische
Zwangsarbeiter
zur
Arbeit
in
der
Landwirtschaft nach Mardorf. Die Lager befinden sich in
Rehburg-Stadt, Loccum und Neustadt. Unter anderem
werden sie für die Verlegung des Nordbachs und den Bau
des später sogen. „Polendammes“ (Foto rechts um 2005)
eingesetzt. 300 vorwiegend polnische Zwangsarbeiter und
ab 1941 einige Kriegsgefangene sind mit Unterbrechung
bis 1945 mit den Baumaßnahmen beschäftigt.
Schwerpunktmäßig wird im sehr langen und kalten Winter
1941/42 der Damm südl. des jetzigen Nordbaches
zwischen
Meerland
und
Heudamm,
bis
zur
Meerbachbrücke und weiter entlang der „Beeke“
(Meerbach)
errichtet.
Er
dient
auch
dem
Hochwasserschutz für die umliegenden Wiesen. Als
Füllsand wird eine ehemalige Sanddüne im Bereich
Hegebusch / Hinter dem Lindenberge (der später sogen. „Polenkuhle“) abgetragen.
132
(Polen)
Mit Schmalspur-Elektroloks und Loren wird auf dem Schienenweg der Sand für weitere Dämme bis
kurz vor Rehburg transportiert. Einige Arbeitskräfte sind in Mardorf auf dem Saal von Nr.78 bzw. auf
Höfen (z. B. Franz ? bei Nr.84) untergebracht. Ein Pole wird bei den Bauarbeiten von Aufsehern
erschossen. Der Damm überdauert völlig in Takt die Zeit und ist für Wanderer lange beliebte
Strecke. Aus Naturschutzgründen ist der Damm seit ca. 2000 gesperrt. Ein paralleler „neuzeitlicher“
millionenteurer Ersatzbau Anfang der 1980er Jahre ist inzwischen wieder im „Großen Dreckmoor“
versunken.
Ende 1939
Mehrere Aushilfslehrer unterrichten in der Volksschule Mardorf u. a Marie Langer (*1921 bei Nr.7/ oo
Robert Dankenbring, später Winningen).
Strenger Winter mit viel Schnee! Kälterekorde im Januar mit bis zu -32°C. Bis Febr.1940 bleibt es
extrem kalt.
Es gibt die ersten Mardorfer Kriegsopfer an der Westfront.
Winter 1939/40 Für den kleinen winterlichen Binnenhandel (Lebensmittel gegen Leinen) mit Steinhude nutzen
einige Mardorfer auch Schlittschuhe und zum Transport Rodelschlitten. Um schneller über das
zugefrorene Eis zu kommen, werden große Leinentücher am Gürtel befestigt und mit beiden Händen
zum steuern in den Wind gehalten (die ersten Winter-"Kiter"?).
Winter 1939/40 am Ortsausgang Mardorf nach Schneeren (links Nr.96)
Jan./Febr.1940
Anfang 1940
Kälteeinbruch mit bis zu -30°C und vielen Schneeverwehungen.
Weitere Jahrgänge müssen in den Kriegseinsatz. Verwundete kommen zur Erholung in die
„Mardorfer Warte“. Die Mardorfer Beherbergungsbetriebe haben in dieser Zeit aber trotzdem auch
für andere Gäste geöffnet. So haben das „Hotel Weißer Berg“ (Nr.110) 22 und die „Mardorfer Warte“
(Nr.119) über 100 Betten anzubieten!
Mit den ersten kleineren deutschen Luftangriffen und Bombardierungen beginnt die „Luftschlacht
um England“ mit großen Zerstörungen und führt schließlich zur Gegenoffensive der Alliierten.
11./12.5.1940 beginnt mit dem nächtlichen Angriff auf Mönchengladbach der „Bombenkrieg gegen
Deutschland“: Zunächst aber nur mit britischen Flugzeugen der Royal Air Force „RAF“ (Bomber
Command) von England aus und nur in Nachteinsätzen. Neben dem britischen Premierminister
Winston Churchill wichtigster Mann ist dabei Air Chief Marshal Arthur Harris.
18./19.5.1940 Um kurz nach Mitternacht trifft ein Bombenangriff in Norddeutschland auch Hannover.
Im Turm der Mardorfer Windmühle Nr.75 wird eine „Funkleitstelle“ der Wehrmacht zur Flugabwehr
von Hannover installiert. Auf dem Kohlenberg (Nr.1)ist eine „Scheinwerfer“-Anlage.
133
(Kleiderkarte 1940)
15./16.7.1940 Hannover wird erstmals bei einem Bombenangriff schwer getroffen.
26./27.8.1940 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
Alliierte Luftstreitkräfte (u. a. britische Bomber vom Typ: Avro „Lancaster“ mit 7 MannBesatzung, DeHavilland „Mosquito“ mit 2 Mann und 2 Motoren – Foto unten links, HP „Halifax“ mit 7
Mann – Foto unten Mitte, Short „Stirling“ mit 7-8 Mann – Foto unten rechts) / ab 17.8.1942 auch
amerikanische B-17 mit bis zu 10 Besatzungsmitgliedern) verwechseln öfter das Steinhuder Meer
mit dem Maschsee in Hannover, das damals ein häufiges Ziel ist.
Sie entladen ihre tödliche Fracht also über dem Gebiet im und rund ums Meer. Auch die großen
angrenzenden Moore erhalten ihren Teil fehlgeleiteter Bombenfracht. Um die gegnerischen
Flugzeuge irre zu führen, werden auf dem Steinhuder Meer für Tarnzwecke 800
Radarstörungsflöße installiert.
Sommer 1940 Am Nachthimmel kann man sehen wie Hannover nach verheerenden Bombenangriffen brennt. Die
sogenannten „Tannen- oder Christbäume“ (rot und grüne Zielmarkierungs- Leuchtbomben die
langsam an kleinen Fallschirmen zu Boden gleiten) zeigen den Bomben-Flugzeugen den Weg.
7.9.1940
Beginn des „Blitz“ (konzentrierte Bomberangriffe auf England) bis 16.5.1941.
16.12.1940
Die RAF beginnt mit verheerenden „Area Bombing“ (Flächenbombardierungen) über Deutschland.
1940/1941
Schwarzschlachten, Buttern und Handeln sichern das Überleben auf dem Lande. Dazu kommen
Versuche selbst Tabak anzubauen und Schnaps zu brennen. Aber darüber hinaus wird alles immer
knapper und dann auch zunehmend rationiert.
Der Wirtschaftsplan Mardorf führt zum ersten Bebauungsplan am Weißer Berg (1941) und
Freigabe des 3,5 km langen Uferabschnitts zwischen Mardorfer Warte und Hotel Weißer Berg.
Es gelten nun auch in Mardorf die NS-Bauvorschriften u. a.: ..... der Eigenart des Landschaftsbildes und
des Baumbestandes einzuordnen .... Außenwände in Fachwerk- oder Blockbauweise ...... Sprossenfenster ......
Dach aus Rohr oder Stroh / in Waldgebieten braune bzw. bodenständige Ziegel ....... Parzellengröße 1.500 m²
.... Hecke- oder Holzzäune ...... keine Werbe- und Firmenschilder ..... kein Stacheldraht ......
134
Anfang 1941 Langer und sehr kalter Winter!
Polizeiverordnung zur Regelung der Bebauung des Geländes am Weißen Berg am Steinhuder
Meer sowie Platzordnung für Zeltlagerplätze. Dazu kommt ein weiterer W.Hübotter-Plan zur
Gestaltung und Bebauung des Nordufers zwischen Mardorfer Warte und Weißem Berg.
Dauerwohnungen z. B. im Bereich Erlengrund (1943 Nr.182) und Wasserkamp entstehen.
1941
Einführung der Deutschen Normalschrift. Sie bleibt bis 1952 schulische Ausgangsschrift.
Oberpräsident der Provinz Hannover ist Hartmann Lauterbacher bis 1945.
Beginn des Ernte-Kindergartens Mardorf mit Ida Meier (*1922 Nr.94) im alten Haus von Nülle Nr.1
(östl. von Nr.47). Schon aus dieser Zeit stammt der begriff „Tante Ida“. Einstellung der Betreuung mit
1945, da jetzt einfach zu viele Kinder im Ort sind.
Junge Mädchen aus Polen und der Ukraine werden vereinzelt auch auf Mardorfer Bauernhöfe
zwangsverpflichtet, um bei der täglichen Arbeit zu helfen. Die als 16-jähriges Mädchen aus der
Ukraine auf den Hof Nr.37 deportierte Nadja Samnius muss aufgrund von internationalen Verträgen
schon im April 1945 in ihre Heimat zurückkehren. Dennoch denkt sie in Dankbarkeit an diese Zeit
und hält mit ihrer Familie weiterhin Kontakt zum Hof Niemeyer in Mardorf.
Einige französische Kriegsgefangene werden (ab Mai 1940) in Mardorf anstelle der Kriegsdienst
leistenden Männer zur landwirtschaftlichen und gemeindlichen Hilfe eingesetzt und auf dem Saal von
Nr.18 einquartiert.
Die russischen Kriegsgefangenen haben (ab Mitte 1941) bei der Unterbringung in auswärtigen
Behelfsbaracken nicht soviel Glück.
10./11.2.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
23./24.3.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
15./16.5.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
15./16.6.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
22.6.1941
Deutscher („Achsenmächte“) Angriff („Barbarossa“) auf die Sowjetunion!
Sommer 1941 ist sehr verregnet und ein Großteil der Ernte auch in Mardorf geht verloren.
19./20. u. 25./26.7.1941
Hannover ist Ziel von schweren Nachtbombardierungen der RAF.
12./13.8.1941 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
7.12.1941
Überfall (des deutschen Verbündeten) Japan auf den US-Stützpunkt „Pearl Harbor“ (Hawaii) führt am
8.12. zum Kriegseintritt der USA (11.12. Deutsche Kriegserklärung), die bis dahin die Alliierten in
Europa „nur“ mit Kriegsmaterial unterstützt hatten.
135
1941/42
Der strenge Winter ist von Dez. bis Febr. extrem kalt und schneereich
– Mardorf ist längere Zeit von der Außenwelt abgeschnitten.
1942
Das Konzentrationslager Arbeitsdorf/Wolfsburg entsteht.
Regierungspräsident von Hannover wird Dr. Kurt Binding.
26./27.1.1942 Hannover ist Ziel einer schweren Nachtbombardierung der RAF.
Alliierte Jagdbomber (auffällig ist die Lockheed P38“Lightning“ – Foto
rechts) werden bei Kämpfen mit der deutschen Luftwaffe gesichtet.
Febr./März 1942 Viel Schnee und Temperaturen bis
-20°C.
31.3.1942
Als letzte verbliebene jüdische Familie
in Rehburg-Stadt werden Max oo
Emmy
Goldschmidt
über
das
Sammellager Ahlem weiter nach
Warschau deportiert. Sie überleben
den Holocaust nicht.
4.5.1942
Maria Sabat (*19.12.1909 in Sarny bei
Lemberg/Lwow/Lwiw in Galizien – im
strittigen Grenzgebiet zwischen Polen
und der Ukraine) kommt nach der
deutschen Besetzung mit einem 4tägigen
Bahntransport
nach
Deutschland und wird ab 8.5. auf
einem
Spargelhof
in
Liebenau
eingesetzt (siehe Arbeitskarte rechts). Ab
5.8.1942 wird sie der Hofstelle Nr.8 in
Mardorf zugewiesen. Vom griechischkatholischem Pfarramt wird ihr im
gleichen Jahr ein Geburtschein als
„Volksdeutsche“ (Vater war in der
österr.-ungar.Armee,
Mutter
eine
geborene Wolf) ausgestellt. Daraufhin
erhält sie ein Arbeitsbuch (Abbildung
rechts unten). Ihr muss es wohl trotz der
schweren Arbeit relativ gut gegangen
sein, denn sie will nach Ende des
Krieges nicht in ihre inzwischen
sowjetische Heimat zurückkehren. Sie bekommt 1961 eine
unbefristete Arbeitserlaubnis, erhält später Rente und wird am
9.5.1977 schließlich eingebürgert. Sie verstirbt am 22.5.1987 in
einem Seniorenheim in Rehburg.
4.7.1942
Der Luftkrieg über Deutschland wird jetzt von der „8th US-Air
Force“ unter GenMaj Carl A. Spaatz in Zusammenarbeit mit der
RAF gesteuert (1944 folgt ihm LtGen James H. Doolittle).
7.7.1942
beginnt die „Schlacht um Stalingrad“. Insgesamt 650.000
Menschen verlieren in diesem „Kessel“ bis 2.2.1943 ihr Leben.
Viele der 6.Deutschen Armee gehen in russische Gefangenschaft,
aus der bis 1956 nur die wenigsten zurückkehren. Für die Ostfront
ist es auch der Wendepunkt. Der Krieg bewegt sich jetzt vollends
Richtung Deutschland.
18.9.1942
Die Deutsche Luftschutzraum-Ordnung gewährt nur Deutschen
den Zutritt zum rettenden Bunker!
Dez.1942
Der Brief eines in Stalingrad eingeschlossenen deutschen
Soldaten (Gottfried Mäder*1920) an seine verwitwete Mutter in Mardorf (Nr.63) vom 29.12.1942. Mit
Bleistift geschrieben und erst nach seinem frühen Tod im Januar 1943 in die ferne Heimat gelangt.
(Der Schreiber hatte eine gute Schulbildung, aber wegen der schlechten Ernährung und extremen
Kälte an der Front ergeben sich viele Rechtschreibfehler und zum Schluss wirkt auch alles etwas
„zerfahren“):
136
(Brief)
„Meine Lieben!
Mein liebes sorgendes Mütterlein, heute abend komme wieder zu, u. sende dir die aller recht herzlichsten
Grüße. Sitze wiedermal an dem kleinen Tischchen, das kleine Tischchen, das mir so manchesmal als Unterlage
diente, wenn ich an meine liebe Mutter schrieb. U. so tut der kleine Tisch es auch heute wieder. Wärend ich
jetzt an meine liebe Mutter schreibe, hoffe ich, das ich wärend der Zeit nicht gestört werde u. mögte doch auch
hoffen dass Du meine liebe Mutter, wie auch Onkel u. Fml. Dankenbring noch alle gesund und munter seit. Das
ich von mir mit Gottes-Hilfe gesundheitlich auch noch sagen darf. Wie habt Ihr den Weihnachten verlebt? War
der kleine Fritz zu Weihnachten noch da? Hoffentlich!’’ Wie war den im Algemeinen die Stimmung zu
Weihnachten in Mardorf?’’ Was für’n Weihnachten wir in Stalingrad gehabt haben, glaub ich, brauch ich wohl
nicht zu erwähnen.
Vielleicht habt Ihr auf’n Heiligabend Radio gehört, wenn ja, dan wisst Ihr es ja. Heiligabend stand ich auf
Posten, schönes Gefühl, u. dan keine Post, rein gar nichts hatten wir zu Weihnachten, im Gegenteil. Wir haben
nur ein Wunsch, mögten doch Päkchen’s ankommen, damit man sich doch mal wieder satt essen kann, aber wir
wollen alles in Gottes Händen legen, möge Er geben das wir hier aus’n Kessel bald erlöst werden aber mache
Dir liebe Mutter keine Sorgen. Wir lassen den Kopf nicht hängen, u. das bringt ja schließlich auch nichts ein.
Wir müssen es alles in Gottes Handen, der wird uns uns schon führen denk ich. U. nun meine liebe Mutter
schließe ich für heute wieder mein Schreiben, u. wünsche Dir meine liebe Mutter, wie auch Onkel u. Fml.
Dankenbring ins neue Jahr alles Gute, möge Gott Euch Liebe ins neue Jahr Zufriedenheit u. Frieden schenken.
Diese zwei Wünsche, wünsch ich Euch Lieben, von ganzen herzen:
Euer Gottfried
Gute Nacht.“
Anfang 1943 Bereits am 6.2.1943 beeilt sich der Leutnant und Resteinheitsführer des Pz.Grd.Regt.26 über die
Feldpost an die Mutter zu schreiben: „...dass der O’gefr. August (Taufname) Mäder am Heldenkampf in der
Festung Stalingrad teilgenommen und den heroischen Endkampf gegen eine erdrückende Übermacht
mitgekämpft hat“. Das wirkliche Schicksal klärt sich für die Mutter aber erst Jahre später.
1943
Regierungspräsident von Hannover wird Paul Kanstein.
Der inzwischen Reichskriegerbund genannte ehemalige
Kriegerverein Mardorf wird mangels Mitgliedern
aufgelöst.
Der letzte Mardorfer Nachtwächter „Slösser Willi“ stirbt.
Wilhelm Meier (*um 1880 in Bremerhaven / Abbauer in
Mardorf Nr.127).
(Foto mit dem „Kuhhorn“ = Signalhorn)
Seit ca. 1910 Amts- und Gemeindediener, Schließer
(„Slösser“) in Mardorf bis 1943. (oo Lene ? aus
Sachsenhagen
/
2
Töchter).
An
früheren
Silvesterabenden ist er gewöhnlich mit seiner Frau, die
vorsorglich eine Torfkarre mitführt, von Haus zu Haus
gegangen und beide singen nach einem kräftigen „tuuten
mit’n hörn“ (Signalhorn = im Mardorfer Wappen verewigt)
den traditionellen Neujahrsglückwunsch: „Oh wie laufen
doch die Jahre, wie verschwindet doch die Zeit ...!“. Bei
Jungverheirateten: „Ik wünsk jük’n nyt joor un’n lütjen jung
mit kruusen (swarten) hoor!“ Für seine treuen Dienste im
vergangenen Jahr erhält er jedes Mal zum Dank „’n kloorn un’ne knapwost“. Um Mitternacht muss
seine Frau ihn dann oft beherzt auf die Karre packen, um die Runde fortzusetzen.
3.2.1943
Der Hof Mardorf Nr.67 (H.Nülle, damals noch zw. Nr.78 und 82) brennt nach einem Luftangriff mit
Brand– u. Phosphorbomben, der wohl Hannover treffen sollte, ab. Bei diesem irrtümlichen
Brandbomben-abwurf mit insgesamt 150 Stück werden auch noch weitere Wirtschaftsgebäude
getroffen (Nr.11 Garagen und Nr.102 Scheune). Menschen kommen nicht zu Schaden.
Ab Juni 1943 fliegt die US Air Force jetzt auch am Tage großangelegte Bombenangriffe auf Deutschland. Die RAF
kommt weiterhin nachts. Auch kleinere Jagdbomberverbände (Foto rechts: z. B. Republic
P47“Thunderbolt“) werden über Mardorf gesichtet.
24./25.7.1943 Hamburg erlebt nach einem schweren Nachtangriff, einem am Tage und
einer weiteren Nachtbombardierung am 27. mit dem Unternehmen
„Gomorrha“ einen vernichtenden „Feuersturm“.
26.7.1943
Hannover ist ebenfalls Ziel eines ersten schweren amerikanischen Bombardements am Tage.
21.8.1943
Hitzerekord mit +38°C!
137
22./23. u. 27./28.9.1943
Hannover ist Ziel von schweren Nachtbombardierungen der RAF.
(Foto: Nach einer
Brandbombe 1943 –
Französische
Kriegsgefangene beim
Aufräumen vor den
Garagen von Nr.11)
8./9.10.1943 Hannover wird durch
nächtliche
Bombenangriffe stark
zerstört. Selbst in
Mardorf
sind
Detonationen, Feuer
und Rauch zu spüren.
Nachdem
schon
Kinder aus Hamburg
nach
Mardorf
verschickt
worden
sind, kommen nun auch Flüchtlinge aus Hannover dazu.
18./19.10.1943 Ein alliierter Bomber (vom Typ „Liberator“ – englische Version der amerikanischen
Consolidated B-24 mit 12 Mann Besatzung – Foto rechts) stürzt
nach Beschuss beim Anflug auf Hannover nördl. von Mardorf
über dem Buchholz ab. Ein Besatzungsmitglied (von vier?
Gefundenen) überlebt und wird nach Wunstorf (Fliegerhorst) zur
Internierung gebracht.
(B17-Bomber im Anflug - Fotos: Ray Dankenbring St.Louis, MO, USA)
(typische Kondensstreifen)
138
Ab 1943
Unterbringung von ausgebombten Städtern in Wochenendhäusern und Herbergen in Mardorf.
Erste Flüchtlinge aus Westdeutschland (Raum Aachen) sind dabei.
1943/1944
Jugendliche (auch unter 15 Jahren) und „Greise“ (über 65) aus Mardorf werden vor allem zum Ende
des Krieges als Flakhelfer in Hannover eingesetzt.
Über Mardorf wird ein amerikanischer Bomber-Begleitjäger abgeschossen (NorthAmerican-P51„Mustang“ – Foto links / auch die „Spitfire“ – Foto Mitte links – ist öfter über Mardorf zu sehen).
Insgesamt 5 deutsche Jäger (4 Messerschmidt „Bf109“ vom nahen Fliegerhorst Wunstorf – Foto
Mitte rechts und evtl. auch eine Junkers Ju87„Stuka“ mit 2 Mann Besatzung – Foto rechts) werden bei
Luftkämpfen über Mardorf bis Kriegsende zum Absturz gebracht.
1944
Die immer größer werdenden menschlichen zivilen und militärischen Verluste an allen Fronten
fordern auch viele Mardorfer Opfer.
Postleitzahl für Raum Mardorf (Hannover) „20“.
Anfang 1944 Durch Zusammenlegung der Ämter ist jetzt der Bürgermeister (H.Niemeyer, Nr.37), Vorsteher der
Gemeinde und gleichzeitig Vorsitzender der Realgemeinde Mardorf.
11.1.1944
Aus einem alliierten Verband auf dem Weg nach Halberstadt wird ein
Bomber (wahrscheinlich eine englische Avro „Lancaster“ – Foto rechts)
von der Flak abgeschossen und stürzt nördl. von Mardorf in die
Buchholz-Forst. Von der achtköpfigen Besatzung kann sich einer mit
dem Fallschirm retten, versteckt sich bei Nr.86, wird angezeigt und als
Gefangener nach Wunstorf zum Fliegerhorst gebracht.
30.1.1944
Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.
März 1944
(Vermutlich am 9.3.) Ein amerikanischer Großbomber (Boeing B-17 „Flying Fortress“ – Foto rechts
unten) muss beim Anflug auf Nienburg, Hannover, Braunschweig im Winzlarer Streitbruch notlanden.
Die Besatzung versucht sich in den schwimmenden Wiesen zu
verstecken, muss sich aber schließlich ergeben und kommt nach
Wunstorf (Fliegerhorst).
28./29.5.1944 (Pfingsten) Mitten im Krieg kommen Tausende Erholung suchende
Menschen ans Steinhuder Meer, insbesondere zur „Mardorfer Warte“
und an den Weißen Berg.
6.6.1944
Landung der Alliierten an der Küste der Normandie („Overlord“)!
12.6.1944
Fliegende Bomben („Wunderwaffen“) werden jetzt als „Vergeltungswaffen“ gegen England
eingesetzt. Die V1 fliegt bis 29.3.1945 und die V2 von Sept.1944-27.3.1945.
18.6.1944
Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.
Mitte 1944
Musterung für die Jahrgänge 1927/28: Die 17jährigen Jugendlichen hätten eigentlich zunächst den
6monatigen Reichsarbeitsdienst (RAD) leisten müssen. Wegen der hohen Kriegsverluste geht es
nun aber gleich als Rekrut in die verkürzte Wehrausbildung und dann gleich an die Front. Sie
glauben noch an den „Endsieg“ und sehnen den Einsatz herbei. Viele ideologisch verführte
Jugendliche melden sich darüber hinaus freiwillig und oft auch zur Waffen-SS. Ihre Ausbildung findet
in den Dörfern und in der Nähe von Nienburg statt.
Sept.1944
„Propaganda-Offensive“ des III.Reichs: Die Untergrundbewegung „Werwolf“ findet allerdings keinen
Anklang in der deutschen Zivilbevölkerung.
18.10.1944
Der Volkssturm aus älteren Männern über 60 Jahre und Jugendlichen der Jahrgänge 1926/27 soll
jetzt den unaufhaltsamen Vormarsch der Amerikaner, Briten und Kanadier aufhalten. Auf dem Brink
in Mardorf werden „Wehrübungen“ durch aktive (oft versehrte) Offiziere abgehalten.
22.10.1944
Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.
4.11.1944
Hannover ist Ziel eines schweren Bombenangriffs.
12./13.12.1944 Hannover ist Ziel eines nächtlichen schweren Bombenangriffs.
139
Anfang Jan.1945 Musterung für die Jahrgänge 1928/29: Die ehemaligen Jungvolkkinder im Alter von 15-17
Jahren müssen für 6 Wochen in das Ausbildungslager Eystrup-Hämelheide. Dort sind in 4
Kompanien ca. 400 Jungen untergebracht. Wegen der nahenden Front von Westen wird die
Ausbildung auf 3 Wochen verkürzt. Am Mittwoch (4.4.) gerade wieder zu Hause wartet aber schon
der „Gestellungsbefehl“ (ein harmloses einfaches Blatt Papier) für Montag (9.4.) in HannoverBothfeld. Zum Glück kommen die Ereignisse dazwischen!
5./6.1.1945
Hannover ist Ziel eines nächtlichen schweren Bombenangriffs.
3.2.1945
Berlin erlebt den 300. Bombenangriff aus der Luft. Dresden bekommt noch eine ganze Angriffswelle
mit vielen Toten ab (13.-15.3.1945).
3./14. u. 17.3.1945 Hannover ist Ziel mehrerer schwerer Bombenangriffe durch alliierte Flugzeuge. Das nördliche
Stadtgebiet wird hart getroffen. Die Luftangriffe enden, aber Hannover ist zu 80 % (vor allem im
Zentrum) zerstört.
Der Bombenkrieg aus der Luft hat in Deutschland schätzungsweise einer halben Million Zivilisten
das Leben gekostet.
April 1945
Aus dem Nahrungsmittellager Bokeloh erhält Mardorf keine Lieferung mehr.
4.4.1945
(Mittwoch) Minden ist schon zum größten Teil von britischen Truppen besetzt. Über den WeserElbe-Kanal (Mittellandkanal) führt hier noch eine wichtige intakte Brücke.
5.4.1945
(Donnerstag) Englische und Kanadische Streitkräfte (8th UK-Army Corps / 6th UK-Airborne Div. /
1st
Canadian-Airborne
Bat.
(Canadian 1st Army) / 11th UK Tank
Div.) nähern sich zuerst nördlich von
Minden der Weser. Sie setzen mit
Faltsturmbooten über und legen eine
Pontonbrücke über die Weser bei
Petershagen (sie trägt 40 Tonnen –
Zeitungsfoto rechts mit „CromwellPanzer“). Die Brücke bei Heisterholz
(9 Tonnen tragend) wird nicht
zerstört. Dort und bei Wietersheim
können kleine Brückenköpfe gebildet
werden und so können sie mit ihren
Truppen jetzt schnell weiter Richtung
Hannover vorrücken.
Weiter nördlich Richtung Nienburg
sprengen
deutsche
Sprengkommandos
die
Weserbrücke
zwischen Leese und Stolzenau, in der Stadt Nienburg (um 11 Uhr).
In Steyerberg werden am gleichen Tag auf dem Bahnhof noch sechs V1 und V2 Raketen gesprengt.
Z. T. Jugendliche des SS-Pz.Gren.Ausb.u.Ers.Btl.12 (mit Kommandeur HSturmFhr. Peinemann)
leisten dann auf der rechten Weserseite hartnäckigen Widerstand. Der anglo-kanadische
Angriffsschwerpunkt liegt bei Stolzenau. Dort verteidigt lediglich die 1.Batt. des RAD-Flak-Reg.531.
Trotzdem kann das 8.Bat. der Rifle Brigade mit Schlauchbooten übersetzen und einen ersten kleinen
Brückenkopf (Gut Vorwerk) bilden. Das „Corps of Royal Engineers“ baut danach eine Kriegsbrücke.
6.4.1945
(Freitag) Im Morgengrauen führen junge SS-Soldaten einen Gegenschlag, der ab Mittag auf britische
Elite Einheiten trifft. Sie halten sie auf und zwingen die Alliierten am 7.4. 17 km weiter südlich bei
Petershagen über die abgebildete Kriegsbrücke (Zeitungsfoto oben) überzusetzen.
Ebenfalls am 6.4. rückt zwischen „Weser-Elbe-Kanal“ (Mittellandkanal) und Deister entlang der R65
(B65) die 84th US-Infantry-Div. (US 9th Army) weiter Richtung Hannover vor. Sie treffen bei
Kolenfeld und Dedensen (schwere Flak-Stellung) auf die deutsche „Kampfgruppe Wiking“ der 5.SSPz.Div. (Waffen SS mit gepanzerten SPW, Sd.Kfz.251 und Panther-Panzer), Einheiten des
Volkssturms und bei Wunstorf auf die lokale Fliegerhorstverteidigung. Die Leinebrücken bei Schloß
Ricklingen, Bordenau (bleibt intakt), Luthe sind besonders vom 7.-9.4. schwer umkämpft. Die
vorrückenden Alliierten erleiden durch Gegenangriffe herbe Verluste. Der Vormarsch kann aber
allenfalls nur verzögert werden. Weiter nördlich erreicht abends das 12th Devonshire Reg.
Raderhorst und Wiedensahl und die 159.Brig. mit 2 Inf.Bat. und einem Pz. und Pz.Aufkl.Bat. rückt
gegen Loccum vor.
140
7.4.1945
Von zwei Seiten treffen somit die Alliierten vor Loccum auf die 5.SS-Kompanie, die bis in die Nacht
Widerstand leistet und sich dann nach Rehburg absetzt.
(Samstag) Am Morgen rücken über Steinhude / Großenheidorn britisch-kanadische Stoßtrupps
weiter nach Norden vor und besetzen ohne Gegenwehr den Fliegerhorst Wunstorf, wo sich noch
am gleichen Tag die RAF in den fast unbeschädigten Anlagen einrichtet. In Neustadt werden 24
junge britische Fallschirmjäger (7th Bat., Light Infantry of the Airborne Forces) beim vorschnellen
Passieren der Löwenbrücke über die Leine durch Hand-Zündung einer Fliegerbombe zerfetzt und
viele weitere verwundet.
Das englischen Jagdflugzeug „Typhoon / Tempest“ (Foto rechts) kommt bei
den letzten Kämpfen an der Weser zum Einsatz. Dagegen hält sporadisch
nochmal ein deutscher „Stuka“. Die Kampfhandlungen dauern im Raum
Nienburg/W. auch wegen der gesprengten Weserbrücken von der Nacht 7./8.4. bis zum 9.4. an,
wobei die Stadt Nienburg als „offene Stadt“ kampflos übergeben wird.
Leese wird aber wegen des erbitterten SS-Widerstandes besonders stark zerstört. Die deutsche
Resttruppe zieht sich nach Nordosten zurück.
141
8.4.1945
(Sonntag) Die Rehburger Einwohner erreichen am Morgen, dass die 5.SS-Kompanie ihre neuen
Panzerabwehrstellungen (Panzerfäuste mit 30 m Reichweite) weiter nördlich des Friedhofs
einrichten.
Britische und kanadische Truppen (3rd Royal Tank Rgt. and 23rd
Hussars of the 29th Armd.Bde. mit Major-General George Roberts,
11th Armd.Div., 8 Corps, 21st Army Group) und später auch mit Field Marshal Bernhard Montgomery
rücken von Loccum kommend in Rehburg ein. Sie haben englische „Churchill“ (Foto oben links) und
„Cromwell / Comet“ (Foto oben Mitte / Original-Foto vom 8.4.1945) Panzer.
Der Spitzenpanzer (ein „Comet“) des 2.Bat. der „Fife and Forfar“ rattert durch die Hauptstraße
Rehburgs und am Ortsausgang nach Husum wird der Kompaniechef Major E.Loram von einer
vorschnellen Karabinerkugel tödlich getroffen. Es gibt ein kurzes Feuergefecht und Flammenwerfer
(auch mit „Churchill-Crocodile“ Panzern) verbrennen die Landschaft.
Danach ziehen sich die Truppen in den Ort zurück. Ein nachfolgendes Infanterie Bat. des
„Herefordshire“ Rgt. nimmt 15 abgekämpfte z. T. 17jährige SS-Soldaten gefangen (großes Foto unten
– mit noch brennenden Bäumen und Jeep). Am Morgen des 9.4. werden diese von Mitgliedern des
„Cheshire“ Inf.Bat. im Wilden Moor (500 m nordöstl. des Krähenberges, Rehburg) erschossen.
(Original-Foto vom 8.4.1945 – Imperial War Museum of London)
142
8.4.1945
Die britische 29.Panzer-Brigade bricht später aber doch noch durch und gerät in Husum in ein
schweres Gefecht. Die 5.SS-Kompanie und das Marine Bat. aus Nienburg (2.Mar.Inf.Div.)
verteidigen das Dorf bis zum Abend. Am 9.4. bewegen sich die alliierten Truppen Richtung
Linsburg. Auch hier sind viele Tote, brennende Häuser und Ruinen (Flammenwerfer) das Resultat
des sinnlosen Endkampfes.
Der alliierte Kampfverband mit dem 1.Bat. des „Cheshire Reg.“ an der Spitze der 159.Brigade
wendet noch am Morgen seine Stoßrichtung in Richtung Mardorf und erreicht kurz darauf über die
„Rehburger Chaussee“ den Ortskern. Die Bewohner der zuerst passierten Häuser wissen nicht, wie
sie sich am besten verhalten sollen, denn in Mardorf halten sich noch versprengte deutsche
Soldaten auf. Die nationalsozialistischen „Ortsgrößen“ sind auch noch im Amt und die
heranrückenden Truppen sind durch die Rehburger Vorfälle in höchster Anspannung und haben
zudem die Aktion „Werwolf“ im Kopf, wodurch sie noch immer Hinterhalte der Zivilbevölkerung
erwarten. Aber Großmütter mit Lebenserfahrung nehmen kurzerhand ein weißes Tischtuch und
schütteln es unverdächtig vor der Haustür aus.
So sind alle auf der sicheren Seite und die anglo-kanadischen Verbände können zügig weiter
vorrücken. Da unter den durchfahrenden Panzern auch „Sherman“ (amerikanischer Bauart – Foto
rechts) sind und z. T. noch den weißem Stern tragen, meinen
wohl einige Mardorfer, dass es sich um amerikanische
Streitkräfte handeln müsse. Montgomery persönlich durchquert
im Laufe des Tages Mardorf. Er bewegt sich mit den alliierten
Hauptkampftruppen hinter der sich schnell verändernden
Frontlinie her.
In Mardorf geht der 2.Weltkrieg zu Ende. Die meisten Einwohner haben sich mit Habseligkeiten auf
Leiterwagengespannen in Richtung Ohlhagen Moor in Sicherheit gebracht. Es kommt zum Glück nur
zu vereinzelter deutscher Gegenwehr versprengter Soldaten. Mindestens ein deutscher Deserteur
wird bei diesen letzten sinnlosen Kämpfen nordwestlich von Mardorf von eigenen Truppenteilen
erschossen. In der Lehmkuhle hat sich ein deutscher Offizier hinter einer Karre verschanzt und will
mit einer Panzerfaust (Einschlag in einem Strommasten bei Nr.5) allein die heranrückenden
Engländer aufhalten. Mit einem Kopfschuss ist er zumindest in Mardorf das letzte Opfer. Der
Vormarsch aber geht schnell weiter.
Der Tag, an dem der Krieg zu Ende war
(erzählt von Otto Gerberding, Mardorf Nr.84 mit Zeichnung von damals)
Ein paar Wochen zuvor im Jahre 1945 hatte es auch unser kleines Dorf erwischt. Ein angeschossener
amerikanischer Bomber entlud seine Bombenfracht direkt über uns. Vier Gebäude wurden getroffen,
drei davon brannten bis auf die Grundmauern nieder. Gott sei Dank gab es keine Toten. Wir lebten mit
der Angst. Jeden Tag und jede Nacht war der Himmel rot von der brennenden Stadt Hannover. Bei
Südostwind ging bei uns dann oft ein Aschenregen nieder. Wir Kinder waren auf „Deckung suchen“
gedrillt. Wenn wir Flugzeuge hörten, lagen wir flach auf dem Boden. Mit Hoheitsabzeichen an den
Maschinen kannten wir uns aus. Einige Monate vorher wurde einem Freund von mir beim
Schlittschuhlaufen auf dem Steinhuder Meer von einem Tiefflieger ein Bein weggeschossen. Einzelne
Maschinen griffen auch die Zivilbevölkerung an, es war eine schlimme Zeit. Ich erinnere mich noch
genau an die letzten Kriegstage. Vater war wegen seiner Verwundung schon zu Hause und musste
den „Volkssturm“ führen. "Wat schall ik den bloos mit düssen opas un krüppeln anfangen, mit 3 jagdflinten“
sagte Vater. Man hörte schon den Kanonendonner, so nahe war die Front an unserem Dorf. Vater
musste mit dem Volkssturm außerhalb unseres Dorfes Panzersperren bauen. Die Strasse wurde
aufgerissen und Palisaden eingegraben. Vater sagte: "Soen blöödsin, 'n bund stroo up`r straate helpet
genauso feel. Dor ballert dy yn rin und föert den dür." Es half nichts - er musste los mit seinen Opas. Als er
ging, sagte er: "Jie blievet hier, ik bin balle wir in'n huuse." Wir beluden inzwischen den Heuwagen mit
allem Lebensnotwendigen. Betten, Planen. Verpflegung, Hausrat, Werkzeug und die wichtigsten
Dokumente wurden verstaut. Franz, unser polnischer Kriegsgefangener, half mit. Er hielt zu uns. Er
hatte es soweit auch immer gut gehabt, war ein Teil der Familie geworden. Meine Eltern hatten schon
öfter deswegen Scherereien gehabt. Er saß mit uns am gleichen Tisch. Das war verboten. Franz
kümmerte sich immer besonders um mich, er war mein bester Freund. Gegen Morgen kam Vater
zurück. Der Geschützlärm war inzwischen bedenklich laut geworden. Einige deutsche Soldaten kamen
angelaufen und baten um Zivilkleidung. Mutter suchte alles zusammen, was greifbar war. Sogar die alten
Klamotten für die Feldarbeit gingen mit drauf. Wir erfuhren, daß die Panzer noch etwa 20 Kilometer
entfernt seien. "Dy Kreisleiter woll mie noch doodschyten" sagte Vater "as ik dy opas naa huuse schicket hef. Hy
was aaver dy ierste, dy sik ferkrüümelt het, ik heve siene uniform förhen in'n büsken 'fun." Nun wurde es aber
höchste Zeit. Wir spannten zwei Kühe vor den Wagen, die dritte wurde hinten dran gebunden. Oma und
ich kamen oben drauf, zwischen die Betten. Vater trieb die Kühe an, es dauerte trotzdem eine Stunde,
bis wir außerhalb des Dorfes zwischen einigen hohen Sandhügeln anhielten. Eine Kuh war krank, sie
hatte einen ganz dicken Bauch und konnte nur langsam gehen. „Hier künt üsk dy granaaten nig dräpen“
sagte Vater, „dy barge sind dor för“.
143
(Kriegsende)
Zitternd vor Angst saß ich auf dem Wagen. Mutter machte Essen, Brote und Tee, aber niemand wollte
etwas. Die Ballerei wurde immer lauter, Geschosse pfiffen über uns hinweg. „O god, o god, dy schytet
dat ganse dörp in`n klump“ sagte Mutter mit zitternder Stimme. Wie lange wir dort waren, als es
allmählich ruhiger wurde, weiß ich nicht mehr. Es war wohl gegen Abend, als wir aufbrachen. Wir
kamen über den Hügel und konnten das Dorf sehen und waren überrascht. Es waren keine
zerstörten oder brennenden Häuser zu sehen. Alles schien unversehrt. Überall standen Panzer und
Lastwagen herum. Soldaten liefen umher. „Jets wültse üsk wol filtsen“, meinte Vater, als wir näher
kamen, aber es geschah nichts. Man ließ uns ziehen. Ja, man sah uns eher amüsiert zu, als wir mit
unserem Zigeunerwagen
durch das Dorf zogen.
Aber wir waren nicht die
einzigen,
die
zurückkamen.
Unser
Haus stand noch. Auf
dem
Hof
parkten
Lastwagen und an der
Ecke stand ein Panzer.
Auf dem Pflaster wurde
in einer Grube Feuer
gemacht und Essen
gekocht – wohl einige
unserer Hühner. „Dat
sind Kanadier“, sagte
Vater. Jetzt wurden wir
doch noch durchsucht. Ein Soldat verlangte Papiere und bekam von Vater wohl alles, was er wollte.
Wir konnten dann unser Haus wieder betreten. Die Zimmer waren zwar durchsucht worden, aber
nicht demoliert. Wir hatten alle Türen offen gelassen. Vater verbrannte noch heimlich Kriegsfotos,
die den „Besatzern“ nicht in die fallen sollten. Er wurde in seinen sonstigen Aktivitäten überwacht.
Ein junger Soldat wich ihm nicht von der Seite. Nach einigen Tagen beruhigte sich die Situation. Ich
lief zwischen den Soldaten herum. Es war ganz interessant, was die so alles machten. Einer deutete
mir an, dass er Eier haben wolle. Ich ging in den Hühnerstall und holte ihm eines. Dafür bekam ich
Bonbons – etwas, was wir Kinder damals wohl mit Gold aufgewogen hätten. Richtige süße Bonbons,
einzeln in Papier verpackt! Ich holte weitere Eier und bekam mehr Bonbons. Es entwickelte sich
spontan ein reger Tauschhandel. Die Sache flog dann auf, als Mutter hinter der Brotkiste mein
Bonbonlager entdeckte. Von dem Zeitpunkt an musste ich meinem Geschäftspartner öfter einen
Korb geben. Die Soldaten blieben, aber es kam, soweit ich mich erinnern kann zu keinen größeren
Komplikationen. Einige Wochen später war plötzlich große Aufregung draußen. Vater kam auf den
gelaufen, griff mich, rannte auf Mutter zu und drückte uns in seine Arme. „Et is förbie, de krieg is
förbie“, sagte er. Ich habe das wohl alles nicht richtig begriffen. Ich fragte Vater: „Wer het den dän krieg
e`wun?“ Ich bekam keine Antwort. Vater wandte sich ab. Ich sah ihn zum ersten Mal weinen, ich
wusste damals noch nicht warum.
8.4.1945
In Schneeren trifft der alliierte Kampfverband auf die 1.SS-Kompanie. Ein einziges MG verursacht
erneute Verluste. Nachdem dieser Widerstand gebrochen ist, führt der weitere Vorstoß ohne größere
Zwischenfälle über Eilvese, Himmelreich,
Empede, Mariesee bis nach Mandelsloh
(Nachmittag). Alle Brücken über die Leine
bei Mariensee-Basse, Mandelsloh-Helstorf
(Original-Foto rechts: Imperial War Museum
of
London),
Niedernstöcken-Esperke,
Schwarmstedt und Bothmer sind vorher
gesprengt worden.
8./9.4.1945
Einer
der
letzten
großangelegten
Bomberangriffe trifft den Hamburger Hafen.
15.4.1945
Der Vormarsch der Alliierten (British
Canadian 21st Army Group) geht über
Rethem/Aller weiter bis unter anderem das
Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit werden kann.
26.4.1945
Bei Torgau treffen amerikanische und sowjetische Truppen an der Elbe zusammen!
30.4.1945
Hitler begeht im Berliner Führerbunker Selbstmord. Großadmiral Karl Dönitz wird testamentarisch
ernanntes deutsches Staatsoberhaupt.
8.Mai 1945
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichnet im sowjetischen Hauptquartier in BerlinKarlshorst die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte und damit des
Großdeutschen Reiches!
144
Ab Mai 1945 wird in Bad Rehburg das britische „Rot-KreuzHospital Montgomery“ in den Kuranlagen
eingerichtet (noch bis 1949 in Betrieb).
Jack Smith (rechts im Bild, später Nr.106) und Ben
? bei ihrer Ankunft in Mardorf. Ihre Einheit soll ein
„Camp“ (Lager, Unterkünfte, Lazarett etc.) am
Nordufer zu errichten.
Die britischen Streitkräfte nehmen Quartier in
vielen der größeren Gebäude in Mardorf:
In „Lütjen Mardorf“ (Nr.164) und der „Mardorfer
Warte (Nr.119) ist jeweils ein Offizierscasino untergebracht. Unterkünfte sind auch vorübergehend in
den beiden Schulen (Nr.50 und 97). Dafür muss der Schulunterricht für ein halbes Jahr auf den Saal
von Thürnau Nr.18 verlegt werden.
In Mardorf wird von der brit. Militärverwaltung der
bisherige Bürgermeister Heinrich Niemeyer (Nr.37
*1885)
wieder
eingesetzt
und
zudem
Standesbeamter.
Er
ist
auch
der
erste
Gemeindedirektor nach englischem Vorbild. Es wird
auch ein Verwaltungsausschuss bestimmt, der die
kommenden Wahlen vorbereiten soll – die neue
Gemeindeverfassung hält sich ebenfalls eng an
angelsächsisches Recht.
Im Badehotel (Nr.110 – Betreiber ist zu der Zeit
Richard Fischer) wird das „Mary Knoll“ Catholic
Retreat Centre untergebracht. Bis zu 30 Soldaten
pro Woche werden hier behandelt und können sich
erholen. Besonders beliebt ist fischen, baden, Boot
fahren und die „excellente“ Küche. Es gibt eine
eigene kleine Kapelle mit „Father Foley of Plymouth“ (Sen.Cath.Chaplain), 30 „Corps“ und welfare
officer to the centre Miss J.T.Mullen of Cambridge (Member of the Cath.Women’s League).
(Original-Fotos: Imperial War Museum of London: Mardorf Nr.110 „Badehotel“ – Bild oben der östlich
gelegene Stall – Bild unten der Weg von der Meerstraße her)
145
Die Mardorfer Kriegstoten von 1939 bis nach 1945
(Mit Hausnummern / auch gefallene Angehörige von Ostflüchtlingen, die in Mardorf nach 1945 lebten)
Kroner, Josef 219
Alfons, Paul ?
Kühn, Max ?
Asche, August 78
Meier, Friedrich 35
Asche, Erwin 88
Meier, Heinrich 94
Bittner, Franz 195
Meier, Karl 94
Brase, Heinrich 3
Meier, Wilhelm 57
Brase, Karl 3
Nortmeier, Friedrich 19
Dankenbring, Wilhelm 63
Nortmeier, Wilhelm 14
Dinter, Herbert 12
Nülle, Heinrich 44
Eiselt, Kurt 17
Ohlhagen, Heinrich 16
Fischer, Otto 31
Peters, Gustav 186
Förthmann, Heinrich 45
Polarski, Georg 165
Förthmann, Wilhelm 32
Röhrmund, Ernst 107
Franke, Alfred 195
Rusche, Wilhelm 47
Gallmeyer, August 114
Schlombs, Josef 50
Grages, Hermann 164
Schmidt, Heinrich 34
Heidorn, Friedrich 64
Schmidt, Wilhelm 127
Heidorn, Friedrich 68
Schulz, Kurt Mdf. ?
Heidorn, Heinrich 24
Seeger, Heinrich 26
Heidorn, Wilhelm 128
Stadtländer, Heinrich 69
Herrmann, Paul 127
Stadtländer, Wilhelm 69
Hilbig, Alfred 196
Struckmann, Heinrich 21
Hoffmann, Wilhelm 137
Struckmann, Otto 21
Kahle, Heinrich 77
Thiele, Heinrich 31
Kahle, Wilhelm 74
Thiele Wilhelm 46
Koberg, Wilhelm 65
Vogeler, Wilhelm 93
Krause, Alfred 185
Wolter, Leonhard 29
146