Eine Information des Deutschen Verbands der Riechstoff
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Eine Information des Deutschen Verbands der Riechstoff
Duft welten Eine Information des Deutschen Verbands der Riechstoff-Hersteller e.V. vorwort Atmen Sie tief ein. Was riechen Sie? Ist es der würzige Duft der Tasse Kaffee, die auf Ihrem Schreibtisch steht? Der erste Hauch des Frühlings, der durch das Fenster hineinweht? Das Parfüm Ihres Gegenübers? Oder schlicht der ganz einmalige Duft Ihres Zuhauses, der Ihnen Geborgenheit schenkt? Und jetzt stellen Sie sich eine Welt ohne Duft vor. Ohne dieses „Frisch gewaschen“-Gefühl, wenn Sie Ihre Wäsche auf die Leine hängen. Ohne den typischen Geruch der Nordsee. Ohne Blütenduft. Ohne die beruhigenden ätherischen Öle eines heißen Bades oder den euphorisierenden Duft des ersten eigenen Parfüms. Düfte bereichern das Leben auf einzigartige, unverzichtbare Weise. Sie können uns glücklich machen, uns entspannen oder beleben. Sie können Erinnerungen wecken und unsere Anziehungskraft erhöhen. Als Deutscher Verband der Riechstoff-Hersteller e.V. (DVRH) beschäftigen wir uns Tag für Tag mit der faszinierenden Welt der Düfte. Wir vertreten die Interessen der Riechstoffbranche und stehen allen Interessenten als Ansprechpartner zum Thema VOM RAUCH ZUM DUFT Eine kurze Geschichte der Parfümerie Seite 04 DIE SPRACHE DES DUFTES Kleines Lexikon der Riechstoffe Seite 06 Vom Sinn des riechens Wie die Nase unser Verhalten steuert Seite 10 MUSIK FÜR DIE NASE Der Parfümeur und sein Werk Seite 14 LUXUSPARFÜMS UND FRISCHE WÄSCHE Die Anwendungsgebiete von Riechstoffen Seite 20 VERTRAUEN SCHAFFEN Sicherheit für den Verbraucher Seite 22 FLÜCHTIGE DÜFTE, STABILES GESCHÄFT Die Riechstoffindustrie als Wirtschaftsfaktor Seite 24 Duft zur Verfügung. Mit dieser Broschüre liefern wir Ihnen einen Einblick in die vielfältige Welt der Düfte. Wir reisen mit Ihnen zu den Anfängen der Parfümerie, erklären Ihnen die (Fach-)Sprache des Duftes, erforschen den Geruchssinn, stellen Ihnen die Arbeit des Parfümeurs und die vielfältigen Anwendungsgebiete von Riechstoffen vor und informieren über rechtliche Grundlagen und Wirtschaftszahlen. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und anregende Dufterlebnisse! geschichte Eine kurze Geschichte der Parfümerie Grasse zu großer Bekanntheit. Die ortsansässigen Handschuhmacher nutzten die edlen Duftwässer, um ihr gegerbtes Leder zu parfümieren. 1614 wurde für sie durch königliche Patenturkunde der Titel „Maître Gantier Parfumeur“ eingeführt. Zu den berühmtesten Kundinnen der französischen Dufthändler gehörte im 18. Jahrhundert Madame de Pompadour, die Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. Pro Jahr soll sie eine halbe Million Francs für Duftwässer und wohlriechende Salben ausgegeben haben, um sich dessen Gunst zu erhalten. VOM RAUCH ZUM DUFT Geruchseindrücke faszinieren die Menschen seit dem Altertum. Sie sind fest verbunden mit religiösen oder mythischen Ritualen und haben seit jeher eine besondere Bedeutung im sozialen Leben und der Kultur. Ursprünglich nur Göttern und Herrschern vorbehalten, sind die schönen Düfte heute Teil unseres Alltags. Uralter Mythos: Rituale für Götter und Schönheit Die ersten Wohlgerüche schufen Menschen durch das Abbrennen von Räucherwerk. Unser heute verwendetes Wort Parfüm leitet sich vom lateinischen „per fumum“ ab, was „durch Rauch“ bedeutet. Ursprünglich diente das Verbrennen von Pflanzen und Hölzern jedoch nicht dem eigenen Wohlbefinden, sondern der Huldigung der Götter. Schon vor 5.000 Jahren verbrannten die Ägypter duftende Blumen, Kräuter und Harze zu Ehren des Sonnengottes Re. Auch die Babylonier und Römer schickten ihre Gebete in Begleitung von duftendem Räucherwerk gen Himmel. Die Menschen glaubten, ihre Wünsche würden mit 04 Oben: Madame Pompadour Rechts: Caterina de’ Medici Bis ins frühe 19. Jahrhundert bestanden Parfüms aus rein natürlichen Inhaltsstoffen. Hauptsächlich wurden pflanzliche Auszüge sowie tierische Produkte wie Moschus, Ambra oder Zibet verwendet. Eines der ersten modernen Parfüms, „L’ Eau de Lubin“, wurde 1798 in Paris kreiert. Es enthielt Auszüge von Zitrus, Tonka, Tuberose, Benzoe und Vanille. dem wohlriechenden Rauch die Götter schneller erreichen, zugleich versetzten die berauschenden Schwaden sie in religiöse Ekstase. Neben Räucheringredienzien spielten bei den Ägyptern auch duftende Salben eine Rolle. Kleopatra soll diese genutzt haben, um ihre verführerische Wirkung zu erhöhen. Auch die reichen Griechen und Römer badeten in duftendem Wasser und verteilten kostbare Öle und Salben auf ihrer Haut. Der Chemie sei Dank: die Anfänge der Parfümerie in Deutschland Im Gegensatz zur französischen Parfümerie, deren Rohstoffe unter optimalen klimatischen Bedingungen gedeihen konnten, verdankt die deutsche Riechstoffindustrie ihr Entstehen vor allem der chemischen Forschung. Als Wiege der Riechstoffindustrie gilt die 1829 in Leipzig gegründete Firma Spahn & Büttner, später unter dem Namen Schimmel & Co. bekannt. Sie beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Handel von Arzneidrogen. Die wissenschaftlichen Entwicklungen der Firma bildeten die Grundlage für Technologien, die noch heute in der Industrie verwendet werden. Schriften wie „Die ätherischen Öle“, veröffentlicht von den Doktoren Gildemeister und Hoffmann (1899), und „Theorie der Gewinnung und Trennung der ätherischen Öle durch Destillation“ von Dr. Carl von Rechenberg (1908) dienten als Grundlage für die Herstellung und Nutzung dieser Produkte. Weitere Riechstoffunternehmen entstanden in Hamburg, Holzminden und München. Luxus à la Paris: Frankreich als Wiege der modernen Parfümerie Caterina de’ Medici brachte im 16. Jahrhundert die Kunst der Parfümerie an den französischen Hof. Sie verhalf auch der südfranzösischen Stadt Eine neue Welt: synthetische Duftstoffe Die chemische Synthese von Riechstoffen gilt als Meilenstein der modernen Parfümerie. Im Jahr 1834 wurde erstmalig Zimtaldehyd aus Zimtrindenöl isoliert. 1875 gelang es den deutschen Chemikern Ferdinand Tiemann und Wilhelm Haarmann erstmalig, Vanillin durch einen Oxidationsprozess aus Coniferin, das im Saft von Nadelhölzern vorkommt, herzustellen. Es folgte die Synthese von Cumarin, das für den Heugeruch beim Trocknen von Gras verantwortlich ist. Schon bald entdeckte die Parfümerie die neuen kreativen Möglichkeiten, die sich durch die chemische Industrie erschlossen. Als Revolution der Duftgeschichte gilt das Parfüm „Jicky“ von Guerlain (1889), der erste Duft mit synthetisch erzeugter Vanille. Jicky ahmte nicht mehr einen natürlichen Duft nach, sondern schuf ein „Gefühl im Flakon“ (Paul Guerlain); es wirkte erotisch, magisch und verwirrend. Weitere Parfüms, die synthetische Bestandteile enthielten, waren „Fougère Royale“ von Houbigant (1882), „La Rose Jaqueminot“ von Coty (1904), „Après L’ Ondée“ von Guerlain (1906) und „Quelques Fleurs“ von Houbigant (1912). Riechstoffe für alle: die Ära der Massendüfte Mit der Möglichkeit, Riechstoffe synthetisch in großem Maßstab herzustellen, begann eine neue Ära der Parfümerie. Riechstoffe standen nun sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht ausreichend zur Verfügung. Das starke Wachstum des Konsumgütermarktes in den 1950er und 1960er Jahren führte auch zu einer starken Expansion der Riechstoffindustrie. Klassisches Verfahren der Parfümherstellung: Destillation ätherischer Öle 05 Duft = althochdeutsch Dunst, Nebel, Tau. lexikon Kleines Lexikon der Riechstoffe DI E SPRACHE DES DUFTES Woraus besteht eigentlich ein Riechstoff? Was ist ein Parfümöl? Dieses kleine Lexikon erläutert einige der grundlegenden Begrifflichkeiten der Branche. 06 Riechstoffe Chemisch gesehen sind Riechstoffe kleine, flüchtige Moleküle, die aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff, manchmal auch Stickstoff oder Schwefel zusammengesetzt sind. Ihre gemeinsame Eigenschaft besteht darin, dass sie bei normaler Umgebungstemperatur verdampfen und dass sie in diesem gasförmigen Zustand in den Riechzellen der menschlichen Nase ein Signal auslösen können. Riechstoffe werden durch physikalische Verfahren aus natürlichen Rohstoffen gewonnen oder durch chemische Synthese hergestellt. Zu den natürlichen Riechstoffen zählen beispielsweise ätherische Öle, Extrakte oder Harze. Das Repertoire der Riechstoffindustrie umfasst über 3.000 Substanzen, die in unterschiedlichen Mengen in den Parfümrezepturen eingesetzt werden. Das Wort Duftstoff wird oft synonym zu Riechstoff verwendet. Für den Laien ist das Wort Duft (aus dem Althochdeutschen: Dunst, Nebel) positiv besetzt, Duftstoffe umfassen jedoch alle vom Menschen riechbaren Stoffe. Deshalb werden auch unangenehm riechende Stoffe in der Parfümbranche als Duftstoffe bezeichnet. parfümöl Ein Parfümöl ist eine Riechstoffkomposition, das heißt eine konzentrierte Mischung verschiedener natürlicher und synthetischer Riechstoffe. Eine solche Mischung besteht in der Regel aus 30 bis 80 Einzelstoffen, manche Kompositionen beinhalten sogar bis zu 150 Komponenten. Parfümöle werden kosmetischen Produkten, Haar- und Hautpflegeprodukten sowie Reinigungs- und Waschmitteln zugesetzt, um ihnen einen angenehmen Duft zu verleihen. 07 lexikon Ein Tag ohne Dufterlebnisse ist ein verlorener Tag Altägyptisches Sprichwort Parfüm Ein Parfüm ist ein Gemisch aus einem Parfümöl sowie Alkohol und Wasser. Abhängig vom Anteil des Parfümöls verwendet man im Allgemeinen folgende Bezeichnungen: • • • • Eau de Cologne (EdC): 3-5 % Eau de Toilette (EdT): 4-8 %, in den Varianten Extreme und Intense bis zu 10 %. Eau de Parfum (EdP): 8-15 % Parfum oder Extrait: 15-30 % naturstoffe Riechstoffe natürlichen Ursprungs können aus nahezu allen Pflanzenteilen gewonnen werden: aus Blüten, Blättern, Früchten, Holz oder Wurzeln. Sie können aus einer Vielzahl von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen aufgebaut sein, manchmal aus über 50 analysierbaren Einzelsubstanzen. Diese Substanzen können in der Natur vielfältige Zwecke erfüllen, zum Beispiel Schädlinge fernhalten oder Insekten zur Bestäubung anlocken. Durch Wasserdampfdestillation, trockene Destillation, durch mechanische Prozesse („Expression“, insbesondere bei Zitrusfrüchten) oder durch physikalisch-chemische Prozesse (Extraktion) können diese Substanzen als ätherische Öle (Destillation, Expression) oder als sogenannte „Concretes“ bzw. „Absolues“ (Extraktion) aus den Pflanzenteilen herausgelöst werden. Einige Harze aus gewissen Pflanzen werden aber auch als solche, das heißt ohne weitere Verarbeitung, in der Parfümkomposition 08 eingesetzt (zum Beispiel Weihrauch und Myrrhe). Diese Naturstoffe besitzen einen intensiven Duft, der dem der Ursprungspflanze oft sehr ähnlich ist. Ein Teil der gewonnenen Naturstoffe wird als Baustein für Duftkompositionen, als Rohmaterial für die Gewinnung weiterer Riechstoffe und für Medikamente verwendet. Der andere Teil wird in der Lebensmittelindustrie zur Aromatisierung eingesetzt. Extrakte aus Rohstoffen tierischen Ursprungs spielen aufgrund von moralischen und ethischen Grundsätzen inzwischen keinerlei (Moschus) oder eine mengenmäßig lediglich untergeordnete Rolle (zum Beispiel Sekret des Bibers, Ambra des Pottwals), da sie durch synthetisch erzeugte Riechstoffe ersetzt werden. Weitere Informationen zur Herstellung von ätherischen Ölen finden Sie auf der Website des DVRH unter: www.riechstoffverband.de/fakten-rs/etherische_oele/ Chemisch synthetisierte Riechstoffe Groben Schätzungen zufolge decken die natürlichen Rohstoffe weniger als ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Riechstoffen. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in dem zunehmenden Verbrauch von Parfümölen in allen Lebensbereichen und in der Verknappung von Rohstoffen, zum Beispiel durch Missernten oder klimatische Schwankungen. Vor allem aufgrund ihrer besseren Verfügbarkeit erhalten synthetische Riechstoffe eine immer größere Bedeutung. Früher war die Synthese von Riechstoffen auf die Reproduktion natürlicher Duftkomponenten begrenzt. Dazu wurde die chemische Struktur eines einzelnen Riechstoffs analysiert und „nachgebaut“. Heute werden mittels chemischer Synthese auch neue, in der Natur nicht existierende Duftbausteine geschaffen, die den Parfümeuren einen völlig neuen, kreativen Spielraum eröffnen. 09 geruchssinn Wie die Nase unser Verhalten steuert VOM SINN DES RIECHENS Täglich nehmen wir Gerüche auf, die unsere Psyche und unseren Körper in vielfältiger Weise beeinflussen. Der Geruchssinn liefert Informationen über unsere Umwelt, warnt vor Gefahr und beeinflusst, wen wir sympathisch finden. Düfte können Erinnerungen auslösen, uns stimulieren und beruhigen – oder einfach glücklich machen. Im Dienst der Evolution: der älteste Sinn Entwicklungsgeschichtlich ist der Geruchssinn einer der ältesten Sinne. Lange bevor Lebewesen sehen und hören konnten, nahmen sie Geruchssignale wahr, denn mittels chemischer Signale werden Botschaften vermittelt, die das Überleben und Fortpflanzen sichern. In unserem zivilisierten Leben mit seinen zahlreichen visuellen, akustischen und haptischen Reizen messen wir dem Geruchssinn mittlerweile nur noch eine geringe Bedeutung bei. Duftende Signale: von der Nase ins Gehirn Sobald die Duftmoleküle eines Geruchs unsere Nase erreichen, gelangen sie über die Nasenhöhle zum sogenannten Riechepithel, der Riechschleimhaut, die sich im Dach der oberen Nasenschleimhaut befindet. Auf der drei bis fünf Quadratzentimeter großen Fläche befinden sich 20 bis 30 Millionen Riechzellen, die sich alle 40 Tage erneuern. Jede einzelne dieser Zellen ist mit Sinneshaaren, den Cilien, ausgestattet. An diesen Sinneshaaren sitzen Duftrezeptoren. 11 geruchssinn Duftmoleküle Durch das Andocken an einen Rezeptor löst der Riechstoff einen elektrischen Impuls aus. Im Inneren der Zelle wird dieser elektrische Reiz verstärkt und läuft über lange Fortsätze der Riechzellen direkt in den Riechkolben, einen der ältesten Teile des Gehirns. Der Riechkolben besteht aus kleinen, kugelförmigen Zellansammlungen, den Glomeruli. Ist der Reiz stark genug, schicken die Glomeruli den Reiz weiter an das Riechhirn. Hier wird der Nervenreiz sortiert, gebündelt und an verschiedene Bereiche unseres Gehirns weiterverteilt. MaSSgeschneiderte Moleküle: das Schlüssel-Schloss-Prinzip So wie ein Schlüssel nur in ein bestimmtes Schloss passt, passt auch jedes Duftmolekül nur zu ganz bestimmten Duftrezeptoren. Ob eine Riechzelle ein Molekül akzeptiert, wird von seiner Form und seiner elektrischen Ladung bestimmt. Damit wir einen bestimmten Geruch überhaupt wahrnehmen können, müssen ausreichend viele Riechstoffe des gleichen Typs an den Duftrezeptoren andocken. Erst dann wird das entsprechende Signal an das Gehirn weitergeleitet. Duft und Gefühl: das limbische System Die Duftinformation wird ohne Umwege direkt in das limbische System geleitet, das eine wichtige Rolle bei der Steuerung emotionaler Reaktionen spielt. Das limbische System ist der Ort der Gefühle, Affekte und Triebe: Hier werden Angst, Lust, Spannung, Freude oder Ekel erzeugt. Ist ein Duftreiz intensiv genug, gelangt er über den Thalamus im Zwischenhirn bis in die Hirnrinde und so ins Bewusstsein. 12 Duftrezeptoren Riechzellen Glomeruli Das Bewusstsein kann den Duft wiedererkennen und benennen. Wie wir Düfte bewerten, hängt von individuellen Vorlieben, aber auch von unserer Prägung durch die Umwelt und unser soziales Umfeld ab. Schon im Mutterleib beginnt das ungeborene Kind, Düfte wahrzunehmen und einzuordnen. Im Reich der Erinnerung: der Proust-Effekt Frisch gewaschene Wäsche, selbst gebackene Kekse oder alte Holzdielen: Gerüche wie diese können in Sekundenbruchteilen Erinnerungen aufleben lassen, die wir scheinbar vergessen hatten. Denn während eines Erlebnisses wird der Duft untrennbar mit den visuellen Eindrücken, der Atmosphäre, Bewegungen, Musik oder Gesprächen verknüpft. Forscher haben herausgefunden, dass Erinnerungen sehr viel stärker im Gedächtnis verankert werden, wenn sie mit einem Duft verbunden werden. Der französische Schriftsteller Marcel Proust beschrieb diesen Erinnerungseffekt in seinem Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“: Der Geruch frisch gebackener Madeleines (ein muschelförmiges Kleingebäck mit dem Geschmack von Rum und Zitrone) weckt im Protagonisten plötzlich längst verloren geglaubte Kindheitserinnerungen. Seither bezeichnet man dieses Phänomen als „Proust-Effekt“. Ich kann Dich nicht riechen: wie der Geruchssinn unsere Beziehungen beeinflusst Die Liebe geht nicht nur durch den Magen, sondern auch durch die Nase. Denn der individuelle Eigengeruch eines Menschen, der über den Schweiß transportiert wird, entscheidet darüber, ob wir diesen anziehend oder abstoßend finden. Forscher fanden heraus, dass Frauen den Geruch von Männern bevorzugen, deren Immunsystem sich genetisch am stärksten von ihrem unterscheidet. Evolutionsbiologisch eine sinnvolle Sache, denn unterschiedliche Immunsysteme sorgen für gesunden und leistungsfähigen Nachwuchs. Neueste Experimente zeigen sogar, dass Frauen in Parfümerien gezielt Parfüms auswählen, die das eigene immungenetische Signal verstärken. Uneinig ist sich die Wissenschaft bislang über Pheromone, die im Tierreich als Sexuallockstoffe der Fortpflanzung dienen. Tiere nehmen die an sich geruchlosen Substanzen mit dem Vomeronasalorgan wahr. Ob dieses beim Menschen funktioniert oder ob Menschen Pheromone auf andere Weise wahrnehmen können, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Anosmie – Wenn Menschen nicht riechen können Als Anosmie bezeichnet man das vollständige Fehlen oder den Verlust des Geruchssinns. Die Ursache kann zum Beispiel eine Störung im Bereich der Hirnnerven, eine Virusinfektion oder eine chronische Nebenhöhlenentzündung sein. Die Unfähigkeit, Gerüche wahrzunehmen, wird von Außenstehenden oft bagatellisiert. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Geruchssinn überwiegend für den Geschmack von Speisen und Getränken verantwortlich ist. Über die Geschmacksknospen auf der Zunge kann man nur die vier Grundrichtungen süß, sauer, salzig und bitter wahrnehmen. Wer nicht schmecken kann, verliert oft seine Lebensfreude; weitere Gefahren sind eine Fehl- oder Unterernährung. 13 kreation Der Parfümeur und sein Werk MUSIK FÜR DIE NASE Noten, Töne und Akkorde: Hört man Parfümeure sprechen, gewinnt man den Eindruck, Düfte seien ein kunstvolles Stück Musik. Nicht ohne Grund spricht man von einer Parfümkomposition: Wie der Komponist seine Töne verbindet, so vereint auch der Parfümeur eine Vielzahl von Riechstoffen zu einem einzigartigen Werk. Parfümeure kreieren wahre Meisterwerke. Umso erstaunlicher ist es, dass die Duft-Künstler in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind. Die meisten Parfümeure arbeiten quasi anonym für große Dufthäuser oder Markenhersteller; ihre Düfte werden unter den Namen von Modeschöpfern und Musikstars vermarktet oder finden Verwendung in Haushalts- und Körperpflegeprodukten. Dies sah zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch ganz anders aus. Unter ihren eigenen Namen schufen Parfümeure wie Jacques Guerlain oder François Coty exklusive Parfüms, mit denen sie den Grundstein für die noch heute höchst renommierten Dufthäuser legten. 14 Herz oder Kopf: die Parfümkomposition Parfüms werden so kreiert, dass sie sich in drei Stufen entfalten. Die sogenannte Duftpyramide bildet diese Abfolge eines Duftes ab. Die Kopfnote (die Spitze der Duftpyramide; auch als Spitze oder Angeruch bezeichnet) ist für den ersten Eindruck am wichtigsten und bestimmt oft die Kaufentscheidung des Verbrauchers. Sie ist unmittelbar nach dem Auftragen des Parfüms auf der Haut wahrzunehmen. Die Herznote (oder Mittelnote) kommt zur Geltung, wenn sich die Kopfnote verflüchtigt hat. Sie prägt den Charakter eines Duftes und ist über einen längeren Zeitraum wahrnehmbar. Die Basisnote (auch Fond oder Schlussnote), enthält langhaftende und schwere kreation Duftbestandteile und bildet den letzten Teil des Duftablaufes. „Jicky“ war 1889 das erste Parfüm, das auf diese Weise geschaffen wurde – seither folgen Parfümeure diesem Schema. Träger des Duftes ist meist eine Mischung aus Alkohol (Ethanol) und destilliertem Wasser. Das zugefügte Wasser verhindert ein zu schnelles Verdunsten auf der warmen Haut. Kopf herz Eine Klasse für sich: die Duftfamilien Riechen ist einfach, doch über Duft zu sprechen kann schwierig sein. Damit sich Fachleute und Verbraucher besser über Düfte verständigen können, werden die wichtigsten Duftrichtungen verschiedenen Kategorien, den sogenannten Duftfamilien, zugeordnet. Damendüfte Blumig: Etwa die Hälfte aller Markendüfte lassen sich in diese Duftfamilie einordnen. Der Charakter blumiger Düfte wird von Blütenessenzen bestimmt. Typische Noten sind Veilchen, Jasmin, Rose, Maiglöckchen, Flieder oder Tuberose. Wenn dem Duft herbfrische Noten von Blättern und Gräsern zugesetzt werden, spricht man von einem blumig-grünen Duft. Werden Frühblüher wie Hyazinthe oder Maiglöckchen mit Zitrusnoten und frischen Kräutern kombiniert, entsteht ein blumig-frischer Duft. Orientalisch: Orientalische Düfte sind von den warmen, sinnlichen Noten der arabischen Welt inspiriert. Sie vermitteln einen Eindruck von Schwere und Süße. Beliebte Komponenten sind Patchouli und Vanille, animalische Riechstoffe sowie Gewürze wie Muskat, Nelke oder Zimt. Ein Duft muss die besten Augenblicke des Lebens wieder wachrufen. Karl Lagerfeld Floriental: Diese Duftrichtung hat besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Sie umfasst Düfte, die sowohl blumige als auch orientalische Komponenten enthalten. Fruchtig: Diese Parfüms werden von fruchtigen Noten wie Pfirsich, Apfel, Ananas oder roten Früchten dominiert, die gerne mit Blütennoten basis KLASSISCHE DUFTPYRAMIDE kombiniert werden. Sie haben eine natürlich süßliche, warme Note; leichtere fruchtige Düfte sind besonders im Sommer populär. Zitrus: Zitrusparfüms zeichnen sich durch spritzige Noten von Zitrusfrüchten wie Bergamotte, Zitrone, Limette, Mandarine, Süßorange oder Grapefruit aus. Häufig werden auch aus dem Bitterorangenbaum gewonnene Komponenten wie Orangenblüte (Neroli) oder Petit Grain beigefügt. Zitrusnoten werden häufig mit blumigen Noten oder Chypre-Akkorden kombiniert. Chypre: Der berühmte Parfümeur François Coty entwickelte 1917 auf der Grundlage einer zypriotischen Flechtenart und weiterer mediterraner Pflanzen eine völlig neue Duftkomposition. Der Name dieses Parfüms, „Chypre“, dient heute als Sammelbegriff für Parfüms, deren Charakter durch eine frische, zitrische Kopfnote, Labdanum und Patchouli bestimmt wird. Viele warme, erogene, sinnliche Parfüms gehören zur Familie der Chyprenoten. 17 kreation Herrendüfte Fougère: Der Begriff Fougère geht auf das 1882 vom Dufthaus Houbigant kreierte Parfüm „Fougère Royale“ zurück. Der Duft mit den Hauptnoten Lavendel, Eichenmoos und dem damals neu entdeckten Riechstoff Cumarin war ursprünglich ein Damenduft, der Fougère-Akkord entwickelte sich jedoch bald zu einem Hauptvertreter der maskulinen Duftrichtungen. Fougèredüfte werden durch das Zusammenspiel von Lavendel in der Kopfnote und Eichenmoos im Fond charakterisiert und meist als wasserartig, holzig oder sogar blumig bezeichnet. Auch wenn der Name dies nahelegt, ist Farn (frz. fougère) nicht in dem Duft enthalten. Holzig: Holzige Herrenparfüms sind warm, trocken und elegant. Meist werden sie durch opulentere Noten wie Sandelholz und Patchouli dominiert. Zeder und Vetiver verleihen ihnen den trockenen Charakter. Diese maskulinen Akkorde werden häufig mit einem Hauch Zitrus oder einer aromatischen Note angereichert. Orientalisch: Die orientalischen Herrendüfte sind oft edlen, schweren und süßen Damenparfüms nachempfunden. Den Schwerpunkt der Duftkompositionen bilden meist sinnliche Hölzer und Harze, exotische Gewürze wie Vanille und Zimt, tierische Noten sowie Akzente von Tabak oder Leder. Etwas frischer werden orientalische Herrenparfüms durch zitrische oder aromatische Facetten. Zitrus: Zitrus-Herrenparfüms haben einen frischen, leichten Duft und setzen sich vorwiegend aus Zitrusnoten wie Bergamotte, Limette, Grapefruit oder Orange zusammen. Den maskulinen Charakter erhalten sie durch aromatische und würzige Komponenten. Aromatisch: Aromatische Düfte werden häufig aus Salbei, Rosmarin, Kreuzkümmel, Lavendel und anderen würzigen und nach Gras duftenden Pflanzen komponiert. Oft werden sie mit Zitrusnoten oder Gewürzen ergänzt. 18 Vom Briefing zum Flakon: ein Duft entsteht Nach dem Briefing – der Aufgabenstellung des Kunden – entsteht die Zusammensetzung einer Duftkomposition zunächst ausschließlich im Kopf des Parfümeurs. Anschließend notiert er die Duftkomponenten, häufig unter Verwendung spezieller Software. Nach seiner Anweisung werden die Bestandteile anschließend exakt abgewogen und zusammengemischt. Allein oder gemeinsam mit Kollegen aus anderen Bereichen, zum Beispiel den sogenannten Evaluatoren, riecht der Parfümeur seine Kreationen ab und verändert sie so lange, bis sie den Anforderungen des Briefings genügen. In größeren Unternehmen kann eine Duftentwicklung bis zu drei Jahre dauern. Von den Entwicklungen eines Parfümeurs kommen gerade einmal zwischen drei bis fünf Prozent auf den Markt. Ich werde Parfümeur: der Weg zum Traumberuf Weltweit gibt es nur rund 2.000 Parfümeure und Parfümeurinnen; vielen gilt der Beruf als Traumberuf. Eine geregelte Ausbildung zum Parfümeur besteht in Deutschland nicht. Große Kosmetik- und Dufthersteller bilden ihre Parfümeure meist selbst aus, um den eigenen Bedarf zu decken. Auch der Weg über eine Ausbildung zum Chemielaboranten kann in die Riechstoffindustrie führen. In Frankreich können sich junge Parfümeure an unterschiedlichen Instituten wie dem Institut Supérieur International du Parfum, de la Cosmétique et de l´Aromatique alimentaire (ISIPCA) in Versailles ausbilden lassen, um anschließend Kontakt zur Riechstoffindustrie zu knüpfen. anwendung Die Anwendungsgebiete von Riechstoffen LUXUSPARFÜMS UND FRISCHE WÄSCHE Das bekannteste Einsatzgebiet von Riechstoffen ist die Markenparfümerie. Doch auch in Hautcremes, Weichspülern, Bodenreinigern und vielen anderen Produkten haben sie sich unentbehrlich gemacht. Für die Verbraucher ist der Duft eines Produktes ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal, das häufig über den Kauf entscheidet. Düfte sollen einen für die Marke charakteristischen Geruchseindruck vermitteln und die positiven Eigenschaften eines Produktes verstärken. Ein gutes Beispiel ist Zitrusduft in Reinigern. Dieser steht oft für Frische und Sauberkeit. Viele Riechstoffe werden auch eingesetzt, um den Eigengeruch von anderen Inhalts- und Wirkstoffen zu überdecken, beispielsweise in Waschmitteln. Haushaltsreiniger und Textilpflege Die sogenannten Haushaltsdüfte verleihen Textilpflegeprodukten und Haushaltsreinigern ihren angenehmen, „reinen“ und frischen Duft. Man findet sie in Weichspülern, Fein- und Vollwaschmitteln, Waschmittelzusätzen, in der Sanitärpflege, in Geschirrspülmitteln oder Oberflächenreinigern. Einsatzgebiete für Duftstoffe sind: Raumdüfte Raumdüfte liegen seit einigen Jahren im Trend. Ihre Aufgabe ist es, ein angenehmes Ambiente zu schaffen, in dem sich Bewohner und Gäste wohlfühlen. Raumdüfte werden unter anderem in Form von Kerzen, Duftspendern oder Sprays angeboten. Feinparfümerie Als Feinparfümerie bezeichnet man den Anwendungsbereich, den die meisten Verbraucher mit dem Begriff Parfüm assoziieren. Zur Feinparfümerie gehören exklusive Luxusparfüms ebenso wie Markendüfte oder Duftwässer für den täglichen Gebrauch. Körperpflege In der Haut- und Körperpflege sollen Düfte ein Gefühl von Pflege und ein positives Lebensgefühl vermitteln. Riechstoffe finden sich in Duschund Badeprodukten, Shampoos und Haartönungen, Hautcremes, Rasurprodukten, Sonnenschutzprodukten oder Deodorants. 20 Masking Das Masking spielt vor allem in der Produktentwicklung eine wichtige Rolle. Neben der Entwicklung von Wohlgerüchen gehört es zur Aufgabe der Parfümeure, unangenehme Gerüche zu „maskieren“, das heißt, sie mit bestimmten Riechstoffen zu überlagern oder zu neutralisieren. Masking wird beispielsweise bei Dauerwellmitteln, Haarfarben, Haushaltsreinigern und Waschmitteln eingesetzt. Vom zarten Hauch zur intensiven Note: Wie viel Duft steckt in welchem Produkt? Der Anteil der Riechstoffe variiert je nach Produkt erheblich und kann je nach Land und Hersteller von den hier angegebenen Konzentrationen abweichen. Produkt .............................. Konzentration in % Parfüm ............................. 12–20 (oder höher) Eau de Toilette ..................... 5–8 (oder höher) Kölnisch Wasser/Colognes ...................... 2–5 Badezimmerreiniger ................................. ≤ 5 Bad- und Duschgele ............................. 0,5–4 Seife ................................................... 0,5–2 Luftverbesserer .................................... 0,5–2 Make-up, Lippenstift .................................... 1 Hautpflegeprodukte ........................... 0,3–0,5 Geschirrspülmittel .............................. 0,1–0,5 Haarspray .......................................... 0,1–0,3 Wirtschaft Sicherheit für den Verbraucher VERTRAUEN SCHAFFEN Düfte berühren nicht nur die Seele, sondern auch den Körper und die Haut. Damit jede Dufterfahrung eine positive bleibt, hat der Schutz der Verbrauchergesundheit oberste Priorität. Über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinaus verschreibt sich die Branche mit einer breit angelegten Selbstkontrolle diesem Ziel. Verbraucherschutz hat für die Riechstoffindustrie höchste Priorität. Die Sicherheit und Verträglichkeit von Riechstoffkompositionen bei ihrer Anwendung durch den Verbraucher (im Endprodukt) ist ein elementarer Bestandteil in der heutigen Entwicklung von Düften. Die Produktsicherheit beruht auf zwei starken Säulen, erstens den Regelungen des Gesetzgebers und zweitens auf dem global anerkannten Programm der freiwilligen Selbstkontrolle der Riechstoffindustrie durch ihren Weltverband IFRA (International Fragrance Association, www.ifraorg. org). Dies ermöglicht eine zielgerichtete, vorausschauende Betrachtung und Berücksichtigung aktueller und zukünftiger Herausforderungen möglicher Unverträglichkeiten. Unverträglichkeiten gegen Riechstoffe Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber einem bestimmten parfümierten Produkt können auf einer individuellen Empfindlichkeit des Konsumenten gegenüber gewissen Riechstoffen beruhen. In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen Unverträglichkeiten um Hautreaktionen wie zum Beispiel Reizungen (Irritationen) mit Juckreiz oder Rötung der Haut, die in der Regel rasch abklingen. Diese Irritationen sind jedoch keine wirkliche „Allergie“, auch wenn dieser Begriff häufig in diesem allgemeinen Sinne verwendet wird. Eine Allergie wird durch eine nachhaltige Reaktion des Immunsystems bestimmt. Hierbei hat das Individuum in 22 seiner Immunreaktion eine sogenannte Sensibilisierung gegen gewisse Riechstoffe ausgebildet, die bei weiterem Kontakt möglicherweise zu einer tatsächlichen, länger anhaltenden allergischen Hautreaktion führen kann. Gesetzliche Regelungen: Produkt-Kennzeichnungen Die Regelungen des Gesetzgebers in Kosmetikverordnung und Detergenzienverordnung (Wasch- und Reinigungsmittel) sehen eine Kennzeichnung der Endverbrauchsprodukte vor, wenn diese gewisse als Allergene gelistete Riechstoffe (derzeit insgesamt 26 - Stand 04/2013) über einer sehr niedrigen Konzentrationsschwelle enthalten (0,001 % bei auf der Haut verbleibenden Produkten und 0,01 % bei von der Haut abgewaschenen/nicht auf der Haut verbleibenden Produkten). Anhand dieser Produktkennzeichnung kann der betroffene sensibilisierte Verbraucher erkennen, ob der potenziell allergene Riechstoff enthalten ist, gegen den er vom Dermatologen als „sensibilisiert“ getestet und entsprechend bestätigt wurde. Weitere Kennzeichnungsvorschriften von sensibilisierenden chemischen Stoffen, zum Beispiel durch Piktogramme (Gefahrensymbole) finden sich in der sogenannten EU-CLP Verordnung, welche die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von chemischen Stoffen und Gemischen regelt. Hierunter fallen die Riechstoffe selbst, die daraus gefertigten Parfümöle, sowie Endverbrauchsprodukte wie Detergenzien oder parfümierte Bedarfsgegenstände wie Lufterfrischer oder Duftkerzen, nicht jedoch Kosmetika, welche in der Kosmetikverordnung separat geregelt sind. Sicherheit von Riechstoffen Die Sicherheit von chemischen Stoffen generell, sowohl synthetischen als auch natürlichen, wird in der EU übergreifend durch die REACHVerordnung (Registrierung, Evaluierung, Zulassung von chemischen Stoffen) geregelt. Für eine Registrierung und gegebenenfalls Evaluierung eines Stoffs durch den Stoffhersteller oder -importeur sind zahlreiche Testdaten notwendig. Die Riechstoffindustrie unterhält mithilfe ihres wissenschaftlichen Instituts RIFM (Research Institute for Fragrance Materials) sowie des Weltverbands IFRA ein eigenes Testprogramm sowie ein Programm der freiwilligen Selbstregulierung. Im Rahmen dieses Programms werden toxikologische Daten auch potenziell allergener Riechstoffe ermittelt und auf deren Basis eine Sicherheitsbewertung unter der Aufsicht eines Gremiums unabhängiger Experten durchgeführt. Je nach Ergebnis der Sicherheitsbewertung kann ein Stoff auf Grundlage des IFRA Code of Practice und der darin enthaltenen IFRA-Standards dann gegebenenfalls limitiert oder auch verboten werden. Im Hinblick auf potenzielle sensibilisierende Eigenschaften eines Stoffs ist das Ziel, eine Sensibilisierung der Verbraucher bei vorgesehener Verwendung von Endverbraucherprodukten und damit eine spätere allergische Reaktion zu vermeiden. Der IFRA Code of Practice und die IFRA-Standards sind für alle Mitglieder, zu denen nahezu alle namhaften Parfümölproduzenten zählen, weltweit verbindlich. Sie sind auf der Internetseite der IFRA veröffentlicht. So können sich sowohl Verbraucher als auch Behörden jederzeit über die Sicherheit von Riechstoffen informieren. Der IFRA Code of Practice und die IFRA-Standards genießen auch außerhalb der Industrie weltweite Anerkennung. Der Deutsche Verband der Riechstoff-Hersteller e.V. (DVRH) ist Mitglied der IFRA; der Verband unterwirft sich den Richtlinien und Regeln der IFRA. verbraucherschutz Die Riechstoffindustrie als Wirtschaftsfaktor FLÜCHTIGE DÜFTE, STABILES GESCHÄFT Die Entwicklung von Düften stellt höchste Anforderungen an die Kreativität. Doch ein Gespür für Mode und Zeitgeist genügt nicht, wenn es um ein stabiles und gesundes Wachstum der Riechstoffbranche geht. Mindestens genauso wichtig sind langfristige Planung und Investitionen. Das Ergebnis: sichere Arbeitsplätze und mehr Vielfalt für den Verbraucher. Die Riechstoffindustrie ist eine globale Industrie mit einem Umsatz von rund 7,5 Milliarden Euro jährlich. Weltweit werden circa 3.000 Inhaltsstoffe von der Riechstoffindustrie für die Produktion von 60 bis 80.000 firmeneigenen Mischungen eingesetzt. Europa stellt mit annähernd 37 % des globalen Verkaufs den größten Markt dar. Es werden etwa 10 % des Gesamtumsatzes für Forschung und Entwicklung aufgewendet. In Europa zählt die Branche circa 12.000 Beschäftigte in den Bereichen Produktion und Handel. Die deutsche Riechstoffindustrie machte im Jahre 2011 einen Umsatz von 351,2 Millionen Euro; pro Jahr wächst die Branche um etwa 2,5 %. Ein Großteil der produzierten Duftkompositionen geht in Pflege- und Haushaltsprodukte, diese machen circa 75 % des Marktanteils aus. Die Branche beschäftigt in Deutschland ungefähr 2.500 Menschen. 24 Der Duftexperte für Deutschland: der Riechstoffverband Die Interessen der Riechstoffbranche werden im Deutschen Verband der Riechstoff-Hersteller e.V. (DVRH) gebündelt. Er berät seine Mitglieder in fachlichen Fragen. Auch der Öffentlichkeit dient der DVRH als Anlaufstelle für „Duftfragen“ aller Art. Der DVRH hat gegenwärtig 18 ordentliche und acht fördernde Mitglieder, von denen die Mehrzahl Produktionsstätten in der Bundesrepublik Deutschland unterhält. Seit 2002 ist der DVRH auch mit einem Büro in Brüssel vertreten, um Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene direkt vor Ort verfolgen zu können. Mehr Informationen zum DVRH finden Sie unter www.riechstoffverband.de. Herausforderung und Chance: Das Thema Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit ist in den vergangenen Jahren zu einem unerlässlichen Kriterium für die gesamte Riechstoffindustrie geworden – dies prägt natürlich auch die Verbandsarbeit. Der langfristige Schutz und Erhalt von Umwelt und Ressourcen, Produktionsprozesse, die so umweltschonend und energiesparend wie möglich sind, Produktsicherheit und Sicherheit am Arbeitsplatz: Nachhaltigkeit berührt mittlerweile praktisch alle Aspekte des Arbeitsalltags in der Branche. Die Herkunft natürlicher Rohstoffe und die Produktion synthetischer Rohstoffe stehen besonders im Augenmerk der Industrie. Wichtige natürliche Rohstoffe, zum Beispiel Moschus, wurden daher durch synthetische Rohstoffe ersetzt, um aktiv zur Erhaltung bedrohter Arten wie dem Moschushirschen beizutragen. Synthetische Riechstoffe werden einer gründlichen Prüfung unterzogen, um deren problemlose Verträglichkeit beim Menschen und in der Natur sicherzustellen. Produktions- und Produktentwicklungsprozesse der Riechstoffindustrie folgen immer häufiger den Leitlinien der „Grünen Chemie“ und setzen dabei auf umweltschonende und innovative Verfahren. Größere Mitgliedsunternehmen des Verbandes haben eigene Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt; über ihre Selbstverpflichtung zu nachhaltigem Wirtschaften hinaus sind viele Unternehmen Förderer oder Mitglieder globaler Initiativen wie der Global Reporting Initiative oder dem Global Carbon Project. Die Riechstoffindustrie wird heute durch ein nachhaltiges Handeln geprägt. Globale Trends wie die wachsende Weltbevölkerung, die Verknappung von Ressourcen oder die Sicherung von Ernährung und Gesundheit bedeuten für unsere Mitglieder Herausforderung und Chance zugleich. Nachhaltigkeit ist für die Mitglieder des Riechstoffverbandes also keine Marketingmaßnahme. Sie ist die strategische Basis, um langfristigen wirtschaftlichen Erfolg mit Umweltschutz sowie globaler Verantwortung zu vereinen – und um ihr Unternehmen im Einklang mit Natur und Mensch zukunftsfähig zu machen. Wir als Industrieverband nehmen die Verantwortung für Mensch und Umwelt auch für künftige Generationen ernst. 25 schlusswort Düfte gehören zum Leben, sie bereichern das Leben. Düfte sind Schönheit, sie sind Natur, sie sind eine Kunst. Düfte bedeuten aber auch Innovation, Industrie und Verantwortung. Genau diese Verantwortung wahrzunehmen, hat sich der deutsche Verband der Riechstoff-Hersteller zur Aufgabe gemacht. Wir vereinen Unternehmen der Riechstoffbranche – deutsche und internationale Unternehmen unterschiedlichster Größe. Wir vertreten ihre Interessen in der Öffentlichkeit, beim Verbraucher, in der Politik und gegenüber den Medien. Wir sorgen für Transparenz, Information und Aufklärung rund um das spannende und große Thema Riechstoffe. Als Verband wissen wir, dass die Herstellung, Entwicklung und der Vertrieb von Riechstoffen hohe Anforderungen an jedes einzelne Unternehmen stellt. Wirtschaftlichkeit und Sicherheit, Nachhaltigkeit und Kreativität sind Herausforderungen, die unsere Branche dabei dauerhaft prägen. Wir wissen auch, dass die Anforderungen an Unternehmen und Produkte der Riechstoffbranche im Laufe der Zeit wachsen und sich ständig wandeln. Als Verband begleiten wir diesen Wandel mit unserer Fachkompetenz und bieten unseren Mitgliedern eine Plattform für Informationen, für Erfahrungsaustausch und einen fruchtbaren Dialog. Diese Broschüre hat es gezeigt: Düfte sind allgegenwärtig, völlig alltäglich – und dennoch etwas ganz Besonderes. Düfte sind ein großes, ein bewegendes, ein emotionales Thema. Wir vom Riechstoffverband leisten einen Beitrag dafür, dass Düfte ihren Platz im Leben der Menschen, im Bewusstsein der Öffentlichkeit und im ökonomischen Umfeld behalten. 26 Quellenangaben Aebi, Hugo (Hrsg.); Baumgartner, Erich: Kosmetika, Riechstoffe und Lebensmittelzusatzstoffe, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1978. Can Başer, Hüsnü, K.; Buchbauer, Gerhard: Handbook of Essential Oils: Science, Technology and Applications, CRC Press, 2009. CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Detergenzienverordnung (EG) Nr. 648/2004. Deutscher Verband der Riechstoff-Hersteller e.V.: www.riechstoffverband.de. Hatt, Hanns; Dee Hatt, Regine: Das Maiglöckchen-Phänomen: alles über das Riechen und wie es unser Leben bestimmt, Piper Verlag, München, 2008. Hatt, Hanns; Sander, Klaus: Dem Rätsel des Riechens auf der Spur – Grundlagen der Duftwahrnehmung (Tonträger), Supposé, Köln, 2006. Institut Supérieur International du Parfum, de la Cosmetique et de l`Aromatique alimentaire (ISIPCA): www.isipca.fr. International Fragrance Association: www.ifraorg.org. Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009. Mücke, Wolfgang; Lemmen, Christa: Duft und Geruch – Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen, ecomed Medizin, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, 2010. Ohloff, Günther: Düfte – Signale der Gefühlswelt, Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2004. Pehle, Tobias; Jonas, Sylvia: Dumonts kleines Lexikon Parfüm: Herstellung, Marken, Verwendung, Dörfler Verlag, Eggolsheim, 2008. REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. Reinecke, Gisela; Pilatus, Claudia: Parfum – Lexikon der Düfte, Komet Verlag, Köln, 2006. Research Institute for Fragrance Materials: www.rifm.org. Schwedt, Georg: Betörende Düfte, sinnliche Aromen, Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 1. Auflage 2008. Storp, Ferdinand: Geruch & Gefühl: eine empirische Studie über den Einfluß von olfaktorischen Reizen auf Emotionen, Drom Fragrances International, Baierbrunn, 1997. Websites von Mitgliedsfirmen (siehe Mitglieder unter www.riechstoffverband.de). www.ausliebezumduft.de. www.fragrantica.de. www.osmoz.com 27 Deutscher Verband der Riechstoff-Hersteller e.V. (DVRH) Neustädtische Kirchstraße 7A – D-10117 Berlin www.riechstoffverband.de