Finanzplatz Zürich 2014/2015 - Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA)
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Finanzplatz Zürich 2014/2015 - Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA)
Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion Amt für Wirtschaft und Arbeit Finanzplatz Zürich 2014/2015 Monitoring, Prognosen, Strukturwandel am Bankenplatz Zürich Eine Studie des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und der Stadtentwicklung Zürich «Das Amt für Wirtschaft und Arbeit ist Ihr Kompetenzzentrum für Fragen rund um die Themen Arbeit, Standortentwicklung und Volkswirtschaft. Der Entwicklung des Finanzplatzes schenken wir aufgrund seiner Bedeutung für den Standort Zürich besondere Aufmerksamkeit. » Bruno Sauter, Chef Amt für Wirtschaft und Arbeit Cluster Finance Unter Cluster verstehen wir die Vernetzung von Unternehmen der gleichen Branche untereinander sowie mit Forschungsstätten zur Optimierung von Wert- und Wissensschöpfungsketten sowie Steigerung der Innovation. Standortförderung Kanton Zürich: Eva May Tel +41 (0)43 259 26 52 [email protected] Ziele des Cluster Finance Förderung tragfähiger Partnerschaften zwischen – Wirtschaft – Wissenschaft – Politik und öffentlicher Verwaltung Förderung optimaler Rahmenbedingungen Entstehung und Erhalt von Arbeitsplätzen Branchendiversität fördern Innovationssteigerung im Bereich Fintech Die Cluster-Aktivitäten erfolgen in Partnerschaft mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Zürich. Finanzplatz Zürich www.finanzplatz-zuerich.ch Standort Zürich www.standort.zh.ch www.stadt-zuerich.ch/wirtschaft Wirtschaftsförderung Stadt Zürich Elke Frost Tel. +41 (0)44 412 36 54 [email protected] Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion Amt für Wirtschaft und Arbeit Finanzplatz Zürich 2014/2015 Monitoring, Prognosen, Strukturwandel am Bankenplatz Zürich Eine Studie des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und der Stadtentwicklung Zürich Impressum Herausgeberin Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich Amt für Wirtschaft und Arbeit Auftraggeberin Standortförderung Kanton Zürich Wirtschaftsförderung Stadt Zürich Projektkoordination Eva May (Leitung) Standortförderung Kanton Zürich CH-8090 Zürich T +41 43 259 26 52 [email protected] Elke Frost Wirtschaftsförderung Stadt Zürich CH-8022 Zürich T +41 44 412 36 54 [email protected] Projektbearbeitung BAK Basel Economics AG CH-4053 Basel T +41 61 279 97 00 [email protected] www.bakbasel.com Michael Grass Rebekka Rufer Simon Koller Sebastian Isenring Titelbild Juliet Haller, Amt für Städtebau © 2014 by BAK Basel Economics AG Das Copyright liegt bei BAK Basel Economics AG. Der Abonnent, die Abonnentin verpflichtet sich, dieses Produkt weder teilweise noch vollständig zu kopieren oder in anderer Form zu reproduzieren, um es so Dritten kostenlos oder gegen Vergütung weiterzugeben. 2 Inhaltsverzeichnis V orwort 5 Dank an die Experten 6 Executive Summary 7 1Einleitung 1.1Zielsetzung 1.2Methodik 9 9 10 Teil I: Finanzplatzmonitor 11 2 Portrait des Finanzplatzes Zürich 2.1 Akteure 2.1.1Banken 2.1.2Versicherungen 2.1.3 Sonstige Finanzdienstleistungen 2.2 Struktur 2.2.1 Regionale Struktur des Schweizer Finanzsektors 2.2.2 Regionale Struktur des Zürcher Finanzsektors 2.3 Bedeutung für die regionale Volkswirtschaft 2.3.1 Branchenstruktur der Region Zürich 2.3.2 Wertschöpfung und Erwerbstätige im Finanzsektor Zürich 2.3.3 Bedeutung des Finanzsektors für das regionale BIP-Wachstum 2.3.4 Branchenproduktivität in der Region Zürich 2.3.5Steueraufkommen 2.4Fazit 11 11 12 13 14 16 16 16 19 19 19 21 21 23 23 3 Performance des Finanzplatzes Zürich 3.1 Aktuelle Entwicklung 3.2 Der Finanzplatz Zürich im Schweizer Vergleich 3.3 Der Finanzplatz Zürich im internationalen Vergleich 3.4Fazit 24 24 24 24 26 Teil II: Prognosen 27 4Ausblick 4.1 Überblick 4.1.1 Wirtschaftliches Umfeld 4.1.2 Aktuelle Entwicklung der Finanzmarktindikatoren 4.2 Finanzsektor Schweiz 4.2.1Erwerbstätige 4.3 Finanzsektor Region Zürich 4.3.1Wertschöpfung 4.3.2Erwerbstätige 4.4Fazit 28 28 28 28 31 32 32 32 33 34 Teil III: Der Strukturwandel am Bankenplatz Zürich 35 5Ausgangslage 35 6 Ursachen und Treiber des Strukturwandels 6.1 Trends und Schocks 6.2Umweltveränderungen 37 37 38 7 Konkrete Herausforderungen 7.1Wettbewerb 7.2 Margen 7.3 Volumen 7.4 Kosten 7.5Wertschöpfung 41 41 41 42 44 45 3 8 Strategiewandel der Banken 8.1Allgemein 8.2 Investment Banking 8.3Vermögensverwaltung 8.4 Retail Banking 47 47 48 49 50 9 Auswirkungen auf den Bankenplatz Zürich 9.1Industrialisierung 9.1.1 Verflechtung der Banken mit der übrigen Wirtschaft 9.1.2 Geografische Aspekte der Industrialisierung 9.2 Konsolidierung in der Bankenbranche 9.3 Auswirkungen auf das Personal 9.3.1 Personalbestand 9.3.2Entlohnung 9.4 Anforderungsprofil eines Bankers 9.5 Attraktivität des Finanzplatzes Zürich 51 51 52 53 54 57 57 58 59 59 10 61 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Teil IV: Anhang 65 11Tabellen 11.1 Wirtschaft der Region Zürich 11.2 Teilregionen des Finanzplatzes Zürich 11.3 Finanzplatz Zürich im Regionenvergleich 11.4 Finanzplatz Schweiz im Ländervergleich 65 65 67 69 70 12Methodik 12.1 Angaben zu den Vergleichsregionen 12.2 Angaben zu den Vergleichsbranchen 71 71 72 4 Finanzplatz Zürich 2014/2015 V orwort Finanzplatz Zürich im Wandel Wir freuen uns, mit dem Monitoring zum «Finanzplatz Zürich 2014/2015» neueste Zahlen und Analysen zum Finanzplatz Zürich präsentieren zu können. Der Finanzplatz Zürich zählt zur Topliga der weltweit grössten Finanzplätze und umfasst in der vorliegenden Analyse die Kantone Zürich, Zug und Schwyz. Erklärtes Ziel des Monitorings ist es, die Bedeutung sowie die Perspektiven des Clusters – bestehend aus Banken, Versicherungen sowie sonstigen Finanzdienstleistern – für den Standort Zürich aufzuzeigen. Unser Finanzplatz befindet sich seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise ab 2007 verstärkt im Wandel. Neue nationale und internationale Finanzregulierungen, der Ruf nach mehr Transparenz und einer Weissgeldstrategie bei der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung, Steuerstreitigkeiten sowie eine rasante technologische Entwicklung haben die Branche in Atem gehalten. Viele Firmen mussten ihre Geschäftsfelder überprüfen und allenfalls ihre strategische Ausrichtung anpassen. Doch wie weit ist der Wandel schon vorangeschritten? Wie fit sind unsere Banken für die Zukunft? Inwiefern verändert sich das Bankengeschäft im nationalen oder auch im grenzüberschreitenden Kontext? Welche Auswirkungen sind für den Standort Zürich und die lokale Beschäftigung zu erwarten? Diese bankenspezifischen Fragestellungen behandelt das Monitoring vertieft im dritten Teil. Der Konsolidierungsprozess wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Dennoch ist die Attraktivität des Bankenplatzes erfreulicherweise weiterhin hoch, und die Qualität der angebotenen Palette an Finanzdienstleistungen überzeugt, so dass die Branche für den schärfer werdenden globalen Finanzwettbewerb gut gerüstet ist. Auch wenn die Bundespolitik den Rahmen für die Regulierung und die Aufsicht des Schweizer Finanzplatzes vorgibt, müssen und wollen wir dem Finanzsektor den Rücken stärken. Wir setzen uns auf regionaler und lokaler Ebene für eine hohe Standortqualität ein. Für Zürich ist eine gute Ausgestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Finanzcluster essentiell. Dieser braucht eine solide Grundlage, um weiterhin zum Wirtschaftswachstum unserer Region beizutragen. Stadt und Kanton Zürich beschreiten bei der Umsetzung ihrer Clusteraktivitäten gemeinsame Wege, damit Zürich auch in Zukunft auf einem wirtschaftlich starken Fundament steht und über eine vielfältige sowie nachhaltige Wirtschaftsstruktur verfügt. Zürich, im Januar 2015 Regierungsrat Ernst Stocker Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Zürich Stadtpräsidentin Corine Mauch Stadt Zürich 5 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Dank an die Experten Die Standortförderung des Kantons Zürich sowie die Wirtschaftsförderung der Stadt Zürich bedanken sich herzlich bei den folgenden Personen, welche als Experten bei der Analyse zum Strukturwandel am Bankenplatz Zürich (Teil III) mitgewirkt und damit einen wertvollen Beitrag geleistet haben (in alphabetischer Reihenfolge): Barth Johannes CEO, Sallfort Privatbank Blumer Andreas Partner, Audit – Financial Services, Ernst & Young (EY) Dietrich Andreas Professor for Banking and Finance, Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) Franke Arno Executive Director, Strategie Consultant, Vontobel-Gruppe Gantenbein Pascal Professor of Financial Management, University of Basel Hess Martin Chefökonom und Direktionsmitglied, Schweizerische Bankiervereinigung Müller Urs Präsident, Verband Schweizer Kantonalbanken Perlini Fabio Geschäftsleitungsmitglied, Clientis Zürcher Regionalbank Ravara Cesare Public Policy Switzerland / Governmental Affairs, Credit Suisse AG Rüegsegger Urs Group CEO, SIX Group Scheidt Herbert J. Präsident des Verwaltungsrates, Vontobel-Gruppe Siegrist Reto Leiter Finanzberatung und Stellvertreter Leiter Private Banking, Zürcher Kantonalbank Ulrich Thomas Regionaldirektor UBS Zürich, UBS AG Präsident, Zürcher Bankenverband Vannoni Raphael Geschäftsführer, Basler Bankenvereinigung Wiedmer Thomas Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums, Leiter Finanzen und Risiken, SNB 6 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Executive Summary In der vorliegenden Studie untersucht BAKBASEL im Auftrag der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich und der Stadtentwicklung Zürich die Bedeutung des Finanzplatzes Zürich sowohl im regionalen, nationalen als auch in einem internationalen Kontext. Dabei umfasst der «Finanzplatz Zürich» Banken, Versicherungen und sonstige Finanzdienstleistungen in den Kantonen Zürich, Schwyz und Zug. Im regelmässig aufdatierten Finanzplatzmonitor werden aktuelle Eckwerte dargestellt. Der Ausblick skizziert die kurzfristig erwartete Konjunkturentwicklung. Im diesjährigen Spezialthema wird der Strukturwandel am Bankenplatz Zürich genauer unter die Lupe genommen. Die Banken sind weiterhin die gewichtigste Teilbranche des Finanzsektors Zürich, und ihr Wandel dürfte auch die regionale Volkswirtschaft mitprägen. Der Finanzsektor ist weiterhin die wichtigste Branche der Zürcher Wirtschaft. Im Jahr 2013 erwirtschaftete er eine Bruttowertschöpfung von rund 28 Milliarden Franken und stellte rund einen Fünftel der regionalen Wirtschaft oder fast die Hälfte des Schweizer Finanzsektors. Aufgrund der überdurchschnittlichen Arbeitsproduktivität des Zürcher Finanzsektors lag der Anteil der Beschäftigten mit knapp einem Zehntel der regionalen Gesamtwirtschaft (rund 97’500 Erwerbstätige) deutlich tiefer. Sowohl der Wertschöpfungs- als auch der Beschäftigungsanteil des Finanzsektors an der regionalen Wirtschaft haben sich in den Jahren 1980 bis 2000 dank überdurchschnittlichem Wachstum stark erhöht. Die Jahre 2000 bis 2013 waren allerdings durch das Platzen zweier Finanzmarktblasen geprägt, was sich auch in der Entwicklung der Anteile niederschlug. Die Aufteilung des Finanzsektors zeigt, dass die Banken 2013 mit einem Wertschöpfungsanteil von 45 Prozent die grösste Teilbranche des Finanzplatzes Zürich waren. An zweiter Stelle standen die Versicherungen (43%), gefolgt von den sonstigen Finanzdienstleistern (z.B. Vermögensverwalter, Hedge-Fonds, Geldbroker, Versicherungsmakler). Letztere sind seit 2000 überproportional gewachsen und trugen im Jahr 2013 12 Prozent zur Wertschöpfung des Zürcher Finanzplatzes bei. Geografisch wurde der Finanzplatz von den Banken und Versicherungen im Kanton Zürich dominiert. Lediglich bei den sonstigen Finanzdienstleistungen waren die Kantone Zug und Schwyz mit Anteilen von 10 respektive 8 Prozent namhaft vertreten. Der Finanzplatz Zürich ist auch im internationalen Kontext bedeutend, gehört er doch zur Gruppe der sogenannten «Global Leaders» und verwaltet weiterhin über einen Viertel der globalen grenzüberschreitenden Vermögen. Allerdings ist der Finanzplatz Zürich in der Zeitspanne 2000 bis 2013 durchschnittlich «nur» mit rund einem Prozent pro Jahr expandiert. Die Finanzplätze London oder Luxemburg wuchsen in diesem Zeitraum deutlich schneller. Der Ausblick für den Zürcher Finanzsektor lässt auf eine Verbesserung der Wachstumsraten schliessen. Die erwartete anziehende Konjunktur ab 2015 dürfte die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen erhöhen und dem Finanzsektor Wachstumsimpulse liefern. Insbesondere die Vermögen dürften leicht rascher zunehmen als das Wirtschaftswachstum, welches selber eine Beschleunigung erfährt. Während die Volumen im Finanzsektor damit tendenziell steigen, bleibt der Druck auf die Preise und damit die Margen weiterhin hoch. Zudem ist auf der Kostenseite kurzfristig nur mit wenig Entlastung zu rechnen. Die Implementierung der neuen Regulierungen und die Investitionen in den (technologischen) Wandel treiben aktuell die Kosten in die Höhe. Gerade dieser Wandel dürfte längerfristig zusätzliches Wachstumspotential bieten. Insgesamt rechnet BAKBASEL für den Zürcher Finanzsektor in den Jahren 2014 bis 2016 mit gegenüber der Gesamtwirtschaft marginal überdurchschnittlichen Wachstumsraten. Zusammen mit dem konjunkturellen Aufschwung erreicht das reale Wachstum des Finanzsektors im Jahr 2016 seinen Höhepunkt (+2.7%; Gesamtwirtschaft +2.2%), bevor es auf die langfristigen Trendraten einschlägt. Der laufende Wandel der Bankenbranche hemmt kurzfristig auch die Wachstumsraten der Zahl der Erwerbstätigen. 2015 und 2016 dürfte die Zahl der Erwerbstätigen mit jeweils 0.9 Prozent zunehmen. Die Finanzkrise hat den Schweizer Bankenplatz tief erschüttert. Zahlreiche Beobachter prophezeiten der Branche einen schmerzhaften Strukturbruch. Mittlerweile hat sich die Situation stabilisiert, auch wenn die Branche noch rund eine Dekade brauchen wird, um in der Wertschöpfung wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen. Aus zahlreichen Expertengesprächen im Rahmen des vorliegenden Projekts und der analysierten Daten wurde deutlich, dass die Bankenbranche einem starken Wandel ausgesetzt ist. Dieser Prozess wurde schon vor der Finanzkrise eingeläutet und spielt sich über einen längeren Zeitraum ab. Auslöser des längerfristigen Strukturwandels sind der technologische Fortschritt, die Digitalisierung und geopolitische Veränderungen. Zudem dürfte die schwierige konjunkturelle Lage nach der Finanz- und Schuldenkrise und ihre Folgen den Leidensdruck der Banken erhöht und den Strukturwandel beschleunigt haben. Die geforderte Transparenz und die gesunkene Loyalität der Kunden, die Auflösung von Quasi-Monopolen sowie der Verlust des Wettbewerbsvorteils Bankkundengeheimnis haben den Wettbewerb in der Bankenbranche verstärkt. Dadurch und aufgrund der tiefen Zinsen sind die Margen gesunken, die Volumen unter Druck geraten, während die Kosten vorerst hoch bleiben durch die notwendige Digi7 Finanzplatz Zürich 2014/2015 talisierung, die Regulierungsumsetzung und den Bedarf an spezialisiertem Personal. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag hat sich bei den Banken seit der jüngsten Finanzkrise deutlich verschlechtert. Im Vergleich zu anderen Branchen ist das durchschnittliche Aufwand-Ertrags-Verhältnis jedoch immer noch sehr tief. Als Lösung der verschlechterten Wirtschaftlichkeit wird eine stärkere Industrialisierung angestrebt. Die Strategie, Kunden aus allen Ländern und Segmenten bedienen zu wollen, ist aufgrund der gestiegenen Anforderungen nicht mehr nachhaltig. Daher fokussieren sich die Banken verstärkt auf ihre jeweiligen Stärken und ihre Kerngeschäfte. Die stärkere Spezialisierung der Banken führt zu einer längeren, weniger tiefen Wertschöpfungskette. Tendenziell dürfte es zu einer vermehrten Aufspaltung der Branche in einen «Finanzmarkthintergrund» mit grossem Potential für Skalenerträge und in die individualisierte Beratung kommen. Als Folge wird auch eine beschleunigte Konsolidierung erwartet. Die Attraktivität des Bankenplatzes Zürich ist gegenwärtig nach wie vor intakt. Das Niveau der Vermögensverwaltung ist im weltweiten Vergleich herausragend und Zürich spielt immer noch unter den Top 5 der Welt mit. Die Schweiz konnte zudem ihre Position als weltweit grösstes Zentrum für die Verwaltung grenzüberschreitender Vermögen halten. Trotzdem sieht die Branche selbst die zukünftige Attraktivität des Finanzplatzes Zürich und der Schweiz gefährdet. Ausschlaggebend sind zum einen die bankenspezifische Regulierung und zum anderen eine Verschlechterung der allgemeinen Rahmenbedingungen. Die Banken nehmen ein grosses Misstrauen in der breiten Bevölkerung und der Politik wahr. Sie wünschten sich, dass die Bedeutung des Schweizer Finanzplatzes für die Wirtschaft besser aufgezeigt und anerkannt wird. Dazu sei jedoch ein besseres Zusammenspiel von Politik und Banken notwendig. Insgesamt verlangt der andauernde Strukturwandel der Branche noch einige Anstrengungen ab. Er dürfte aber durch Qualitäts- und Effizienzsteigerung zur Festigung der Attraktivität des Finanzplatzes beitragen. 8 Finanzplatz Zürich 2014/2015 1Einleitung Ein Merkmal der Schweizer Wirtschaft sind regionale Branchencluster, die einerseits starke Standbeine der regionalen Wirtschaftsleistung darstellen und andererseits im internationalen Wettbewerb in derselben Branche bestehen müssen. Zu nennen sind die chemisch-pharmazeutische Industrie in der Region Basel, der Maschinenbau in der Region Zürich/Aargau, die Uhrenindustrie im Jurabogen und das Gastgewerbe in der Alpenregion. Die international am stärksten mit der Schweiz assoziierte Branche dürfte aber der Finanzsektor darstellen. Dieser teilt sich in der Schweiz vornehmlich auf die Regionen Zürich, Genf, Basel und Tessin auf. 1.1 Zielsetzung Fokus dieser Studie ist der Finanzplatz Zürich, der sich nicht auf den Kanton Zürich beschränkt, sondern aufgrund von Cluster-Effekten sinnvollerweise auch die Kantone Schwyz und Zug umfasst. Der Finanzsektor der so definierten Region Zürich stellt eines der wichtigsten regionalen Branchenaggregate der Schweiz dar. 2013 leistete er einen Anteil von gut 5 Prozent an das gesamtschweizerische Bruttoinlandsprodukt (BIP) und beschäftigte rund 2 Prozent aller Erwerbstätigen der Schweiz. Auch international ist er bedeutend, belegten doch mehrere Zürcher Banken darunter die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse in den vergangenen Jahren stets Spitzenplätze in den Rankings der weltweit grössten Vermögensverwalter. Der Finanzsektor stellt damit für die Region Zürich (und letztlich auch für die Schweiz) einen sehr bedeutenden Wirtschaftsmotor dar, von dessen Befindlichkeit die regionale Prosperität stark beeinflusst wird. Die regionale Wirtschaftspolitik anhand von adäquaten Informationen zu unterstützen, ist ein Ziel des Finanzplatz-Monitorings von BAKBASEL. Dabei sollen den regionalen Entscheidungsträgern quantitative Informationen zur Hand gegeben werden, durch die sich insbesondere die Interaktion zwischen der Wertschöpfung des Finanzsektors und der regionalen Prosperität einschätzen lässt. Im «Monitoring Finanzplatz Zürich 2010» wurde diesbezüglich das Fundament geschaffen. In einer statischen Momentaufnahme des Jahres 2009 wurde anhand einer Impact-Analyse die volkswirtschaftliche Bedeutung des Finanzsektors für die Region Zürich errechnet. Ein Kernresultat dieser Bestandsaufnahme war, dass der Finanzsektor für jeden dritten Wertschöpfungsfranken und jeden fünften Job verantwortlich ist. Angesichts einer derart hohen Abhängigkeit von einer einzigen Branche ist die Frage nach der optimalen Konzentration durchaus gerechtfertigt. In der Studie des Jahres 2011 wurde mit der Analyse von verschiedenen Szenarien versucht, die Perspektiven des Finanzplatzes Zürich bis ins Jahr 2020 unter verschiedenen potentiellen Rahmenbedingungen aufzuzeigen. Der Monitor 2012/13 legte den Fokus auf die in der öffentlichen Wahrnehmung eher stillen und zurückhaltenden Versicherungen. In der diesjährigen Ausgabe werden die Banken, respektive der Strukturwandel in der Bankenbranche, ins Rampenlicht gerückt. TEIL I «Finanzplatzmonitor» stellt ein Update des letztjährigen Finanzplatzmonitors dar. Unter Zuhilfenahme der aktuellsten historischen Daten (in diesem Fall das Jahr 2013) wird die direkte volkswirtschaftliche Bedeutung des Finanzsektors für die Region Zürich analysiert. Um die Bedeutung und das Ausmass besser einschätzen zu können, werden die Werte der Region Zürich mit denjenigen weiterer wichtiger europäischer Finanzzentren verglichen. In TEIL II werden die Prognosen von BAKBASEL für den Schweizer und den Zürcher Finanzsektor vorgestellt. Dazu werden zunächst die globalen Entwicklungen skizziert und die Entwicklung der wichtigsten finanzmarktspezifischen Indikatoren aufgezeigt. Redaktionsschluss der Studie war Oktober 2014. Es konnten daher nur Entwicklungen berücksichtigt werden, die bis dahin bekannt waren. TEIL III «Der Strukturwandel am Bankenplatz Zürich» soll ein umfassendes Bild zum Strukturwandel auf dem Bankenplatz Zürich zeichnen und die Auswirkungen auf die regionale Volkswirtschaft beleuchten. Neben den Erkenntnissen aus vorhandenen Statistiken tragen Gespräche mit unterschiedlichen Vertretern aus der Branche und der Verbände, aber auch mit Experten, die sich mit den Banken beschäftigen, massgeblich zum Bild des Strukturwandels bei. 9 Finanzplatz Zürich 2014/2015 1.2 Methodik Definition der Branchen und Regionen Der Finanzsektor wird gemäss der schweizerischen allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige (NOGA)1 in die Branchen «Erbringung von Finanzdienstleistungen» (NOGA 64), «Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen (ohne Sozialversicherung)» (NOGA 65) und «Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten» (NOGA 66) unterteilt. Um Unklarheiten zu verhindern, wird die Branche NOGA 64 fortan «Banken», NOGA 65 «Versicherungen» und NOGA 66 «Sonstige Finanzdienstleistungen» genannt. Die Region Zürich umfasst wie bereits erwähnt die Kantone Zürich, Schwyz und Zug. Die detaillierte Zusammensetzung der Regionen und Branchen wird im Anhang dargestellt (vgl. Tab. 12.1 und Tab. 12.2). Verwendete Daten und Zeithorizonte TEIL I bezieht sich meist auf das Jahr 2013. Wegen Datenmangels am aktuellen Rand wird zuweilen auch auf die Jahre 2011 oder 2012 verwiesen2. Um die Entwicklung des Finanzplatzes Zürich zu erfassen, wird auch die Dynamik der letzten zehn bis dreissig Jahre dargestellt. In TEIL II wird der kurzfristige Zeithorizont 2014 bis 2016 betrachtet. Daten über den Finanzsektor der Schweiz werden hauptsächlich von der schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) erhoben. Institute mit einer Banklizenz werden im Auftrag der FINMA von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) überwacht, welcher sie detaillierte Daten zur Bilanz und Erfolgsrechnung vorlegen müssen. Das Bundesamt für Statistik (BFS) verwendet die von der FINMA und der SNB erhobenen Zahlen zur Berechnung der Wertschöpfung. Allerdings weist sie im Produktionskonto nicht alle drei Finanzbranchen aus, sondern lediglich zwei Aggregate. Das erste enthält die Banken und bankennahe Tätigkeiten der sonstigen Finanzdienstleistungen. Das zweite die Versicherungen und versicherungsnahen Tätigkeiten der sonstigen Finanzdienstleistungen. Ausserdem erscheint die Wertschöpfung nur auf nationaler Ebene. Die Daten, die in TEIL I verwendet werden, sind Schätzungen im Rahmen des Regionalmodells von BAKBASEL. Die vom BFS ausgewiesenen zwei Aggregate werden in die drei Teilbranchen des Finanzsektors unterteilt und die nationale Wertschöpfung auf die einzelnen Kantone verteilt. Ausserdem werden Wertschöpfungszahlen für die Jahre, für die noch kein detailliertes Produktionskonto vorhanden ist (in dieser Studie 2013), geschätzt. Die Prognosen in TEIL II entstammen ebenfalls dem Regionalmodell von BAKBASEL und werden anhand von regionalökonomischem Fachwissen validiert. Regionalmodell von BAKBASEL Die regionalen Wertschöpfungs- und Erwerbstätigendaten stützen sich auf das Regionalmodell von BAKBASEL. Dieses Modell dient der Analyse und Prognose der konjunkturellen wie auch der strukturellen Entwicklung von 82 Einzelbranchen gemäss NOGA-08-Systematik in allen Kantonen der Schweiz. Im Rahmen des Modells werden für die kantonalen Branchen die reale sowie die nominelle Bruttowertschöpfung, die Zahl der Erwerbstätigen sowie die Arbeitsproduktivität, die Arbeitsvolumen und die Stundenproduktivitäten geschätzt. Die Analyse- und Prognoseperiode beginnt im Jahre 1980 und reicht bis ins Jahr 2040. Das Regionalmodell modelliert die Entstehungsseite der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für jeden Schweizer Kanton. In seinem Ursprung ist das Regionalmodell ein Strukturmodell, das unter Berücksichtigung verschiedener kantons- und branchenspezifischer Bestimmungsfaktoren in der Konjunkturanalyse eingesetzt werden kann. Ausgangslage ist der Arbeitsmarkt, die Branchenwertschöpfung wird mittels eines korrigierten Produktivitätsansatzes berechnet. Die historische Fortschreibung erfolgt mittels eines kombinierten Produktivitäts- und Indikatorenansatzes. Das Regionalmodell ist integrierter Bestandteil der BAKBASEL-Modellwelt, die Regionaldaten und -prognosen sind somit konsistent zu den entsprechenden Makro- und Branchendaten gemäss der Schweizerischen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 95). Die Entwicklung am aktuellen Rand und die Prognosen werden vierteljährlich aufdatiert. Die modelltechnischen Wertschöpfungs- und Erwerbstätigenprognosen bzw. Produktivitätsprognosen nach kantonalen Branchen werden von BAKBASEL einem intensiven Validierungsverfahren unterworfen. Dabei nutzt BAKBASEL umfassende Datenbanken, vielfältige Umfelddaten und ihr grosses Fachwissen in der Regionalökonomie sowie in der Erstellung von Wirtschaftsprognosen. 1 NOGA: Nomenclature Générale des Activités économiques. In dieser Studie wird die NOGA-Klassifikation des Jahres 2008 verwendet. 2 Definitive Werte der STATENT sind bisher nur für das Jahr 2011 erhältlich. Das Jahr 2012 wird hauptsächlich im Zusammenhang mit den internationalen Vergleichsregionen verwendet. Diese Daten stammen aus der konsistenten Internationalen Benchmarking-Datenbank von BAKBASEL. Diese Daten reichen aktuell nur bis 2012. 10 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Teil I Finanzplatzmonitor Wird vom Finanzplatz Schweiz gesprochen, ist dabei implizit die Rede von der Region Zürich und den damit in den Kantonen Zürich, Zug und Schwyz ansässigen Grossbanken und Versicherungen. Diese Dominanz zeigt sich unter anderem darin, dass die Wertschöpfung des Finanzsektors dieser Region im Jahr 2013 mit rund 28 Milliarden Schweizer Franken gut 5 Prozent an das schweizerische Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitrug. Die Region Zürich generierte fast die Hälfte der totalen Wirtschaftsleistung des Schweizer Finanzsektors. Damit stellte Zürich den weitaus wichtigsten Finanzplatz der Schweiz. Der Wertschöpfungsanteil des Finanzsektors am regionalen BIP betrug im Jahr 2013 rund einen Fünftel, womit der Finanzsektor das wichtigste Branchenaggregat der Region darstellte. Als Arbeitgeber war der Finanzsektor mit einem Anteil der Erwerbstätigen der Region von knapp einem Zehntel weniger ausgeprägt als der Anteil am regionalen BIP. Daraus folgt, dass der Faktor Arbeit im Finanzsektor überdurchschnittlich produktiv eingesetzt wurde. Ein Grund dafür sind die Zentrumsfunktionen, die im Finanzsektor der Region Zürich erfüllt werden. Hier dominieren Grossbanken, Lebens- und Rückversicherungen sowie Fondsgesellschaften. In der übrigen Schweiz sind dagegen Kantonal- und Regionalbanken, Krankenversicherungen sowie Versicherungsmakler stärker vertreten. Die Untersuchung der Dynamik zeigt, dass der Finanzsektor über die letzten drei Dekaden eine der am stärksten wachsenden Branchen war. Mit einer bemerkenswerten Wachstumsrate von 2,7 Prozent trug die Finanzbranche der Region Zürich auch 2013 wesentlich zum Wachstum des Schweizer Finanzsektors bei. Im europäischen Vergleich wiesen nur die beiden Regionen London und Stockholm eine grössere Wachstumsrate aus. Die Periode 2000–2013 war durch das Platzen zweier Finanzmarktblasen geprägt und führte insbesondere bei den Banken zu deutlichen Korrekturen im Wertschöpfungsverlauf. In dieser Zeitspanne weist der Finanzplatz Zürich jährliche Wachstumsraten in der Höhe von rund einem Prozent auf. Im europäischen Vergleichssample wuchsen in diesem Zeitraum die Finanzplätze London oder Luxemburg deutlich schneller. Laut dem aktuellsten Global Financial Centres Index (GFCI 15) gehört Zürich nach wie vor zur Gruppe der sogenannten «Global Leaders». Die strukturellen Voraussetzungen für ein zukünftiges Wachstum sind also gegeben. 2Portrait des Finanzplatzes Zürich 2.1 Akteure In diesem Abschnitt sollen die relevanten Akteure des Finanzplatzes genauer vorgestellt werden. Leider weist die Analyse gewisse Lücken auf, da nicht alle Teilbranchen einer Aufsichtskommission unterstellt sind wie etwa der schweizerischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) oder der Schweizerischen Nationalbank (SNB), welche die relevanten Statistiken erstellen. Für die erfassten Teilbranchen werden jeweils einige wichtige Indikatoren zur Bedeutung der in ihr enthaltenen Institute aufgelistet. Die Regionalisierung von Bilanzsummen und gebuchten Bruttoprämien ist mit Vorbehalten behaftet, da diese dem Hauptsitz des jeweiligen Unternehmens zugeordnet wurden. Dies bedeutet nicht automatisch, dass die Gelder auch am Ort des Hauptsitzes verwaltet werden. Die Werte dürfen daher nur als grobe Annäherung und die Anteile nur als ungefähre Richtungsangaben verstanden werden. 11 Finanzplatz Zürich 2014/2015 2.1.1 Banken Die zwei Grossbanken der Schweiz hatten 2013 ihren Sitz faktisch in Zürich. Für die UBS stimmt dies nur de facto, weshalb sie in Tabelle 2-1 nur zu drei Vierteln Zürich und zu einem Viertel Basel angerechnet wird. Diese Zuteilung ist eine grobe Einschätzung von BAKBASEL bezüglich der Wichtigkeit der einzelnen Standorte für die UBS. Die 1.75 Institute hielten zusammen eine Bilanzsumme von 1.14 Billionen Schweizer Franken. Dies entspricht rund 55 Prozent der gesamten Bilanzsumme der Region Zürich, während sie an der Anzahl aller Institute 1.6 Prozent und an allen Geschäftsstellen etwas mehr als einen Fünftel ausmachten. Die zwei weiteren bemerkenswerten Anteile an der totalen Bilanzsumme hielten die Institute mit besonderem Geschäftskreis (22.2%) und die Kantonalbanken (8.4%). Bei ersteren fällt vor allem die Schweizerische Nationalbank ins Gewicht. Bei ihr ergibt sich dasselbe Problem wie bei der UBS: Sie hat ihren Sitz offiziell in Bern und Zürich. Drei Viertel der Bilanzsumme wurden deshalb wieder Zürich, ein Viertel Bern angerechnet. Die Zuteilung soll wiederum die Wichtigkeit der einzelnen Standorte für die SNB widerspiegeln. Um Tabelle 2-1 dem Leser etwas näher zu bringen, wird nachfolgend für jede Kategorie ein Beispielinstitut genannt: Institute mit besonderem Geschäftskreis: Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken AG Kantonalbanken: Zürcher Kantonalbank (ZKB) –– Grossbanken: UBS und Credit Suisse –– Regionalbanken und Sparkassen: Clientis Zürcher Regionalbank Genossenschaft –– Raiffeisenbanken: Wie in der Anmerkung der Tabelle erwähnt wird, erfasst die SNB nur die in St. Gallen ansässige Raiffeisen Gruppe. In der Region Zürich befinden sich aber dennoch Raiffeisenbanken, beispielsweise in der Stadt Zürich. –– Auf Börsen-, Effekten- und Vermögensverwaltungsgeschäfte spezialisierte Institute: Bank Vontobel AG –– Andere Banken: Migros Bank AG –– Ausländisch beherrschte Banken: Falcon Private Bank –– Filialen ausländischer Banken: Barclays Capital, London, Zweigniederlassung Zürich –– Privatbankiers: Rahn & Bodmer Co. FINMA-Kategorie Institute mit besonderem Geschäftskreis Kantonalbanken Grossbanken Regionalbanken und Sparkassen Raiffeisenbanken Auf Börsen-, Effekten- und Vermögensverwaltungsgeschäft spezialisierte Institute Andere Banken Ausländisch beherrschte Institute Filialen ausländischer Banken Privatbankiers Total Wert 3.75 3 1.75 12 23 20 7 45 18 1 134.5 Anzahl Anzahl Institute Geschäftsstellen Anteil Wert Anteil 3% NA NA 2% 138 27% 1% 115 23% 9% 56 11% 17% 28 5% 15% 29 6% 5% 40 8% 33% 79 15% 13% 20 4% 1% 6 1% 100% 511 100% Bilanzsumme Wert Anteil 460 22.2% 175 8.4% 1’143 55.1% 12 0.6% NA NA 90 4.4% 45 2.1% 81 3.9% 67 3.2% NA NA 2’073 100% Tab. 2-1 Banken, Region Zürich, 2013 Bilanzsumme in Mia. CHF; SNB: ¾ Zürich, ¼ Bern, UBS: ¾ Zürich, ¼ Basel; Raiffeisenbanken werden als in St. Gallen ansässige Raiffeisen Gruppe ausgewiesen; NA = Die Werte sind nicht erhältlich (Quelle: SNB, FINMA) Die beiden Grossbanken stellten 2011 mit 27’402 Beschäftigten (gemessen in Vollzeitäquivalenten) 2011 die wichtigsten Arbeitgeber bei den Banken und sogar im Finanzsektor der Region Zürich dar (vgl. Abb. 2-1). Die Beschäftigten der Grossbanken entsprachen einem Anteil von 49 Prozent am regionalen Total der Banken (56’291 Stellen). Dieser Wert ist im Vergleich zur Gesamtschweiz (32%) stark überdurchschnittlich. Ebenfalls überdurchschnittlich vertreten waren die Bankenkategorien «Schweizerische Nationalbank, Institute mit besonderem Geschäftskreis», «Börsenbanken» und «Filialen ausländischer Banken». 12 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Schweiz Abb. 2-1 SNB, Institute mit besonderem Geschäftskreis Banken, Anteil am Total der Beschäftigten, 2011 Kantonalbanken Beschäftigte gemessen in Vollzeitäquivalenten Grossbanken (Quelle: BFS-STATENT) Regionalbanken und Sparkassen 1% 12% 14% 3% 11% 11% 4% 1% 1% 2%1% 12% 1%Region Zürich 16% 9% 2% 1% 49% 7% Raiffeisenbanken Börsenbanken 32% 7% 3% Ausländisch beherrschte Banken Filialen ausländischer Banken Privatbankiers Handelsbanken und andere Banken Sonstige Finanzinstitutionen Die Beschäftigten der Grossbanken in der Region Zürich machten 67 Prozent aller Grossbank-Beschäftigten in der Schweiz aus. So wie der Finanzsektor und die Banken waren also auch die Grossbanken in der Region Zürich konzentriert. Dies galt ebenfalls für die Filialen ausländischer Banken (54%), die Börsenbanken (55%) und weitere Unterbranchen der Banken (Institute mit besonderem Geschäftskreis, SNB, sonstige Finanzinstitutionen). Im Kanton Zürich sieht das Bild sehr ähnlich aus wie in der Region Zürich. In den Kantonen Schwyz und Zug hingegen dominierten insbesondere die Kantonalbanken (42% respektive 19%). Die Grossbanken folgten in den beiden Innerschweizer Kantonen jeweils auf dem vierten Rang mit Anteilen von 6 (SZ) und 11 Prozent (ZG). Im Gegensatz zu Zürich (12%) wurden die anderen grossen Finanzzentren der Schweiz, die Region Genf (43%) und das Tessin (32%), von den ausländisch beherrschten Banken dominiert. Für die Region Basel hingegen waren wiederum die Grossbanken (37%) und die Kantonalbanken (15%) von grösserer Bedeutung. 2.1.2Versicherungen Bei den Versicherungen war die Bilanzsumme einigermassen gleichmässig auf die grossen Versicherungssparten aufgeteilt. Leider können aufgrund mangelnder Daten nur Aussagen zu den inländischen Instituten gemacht werden. Wie in Tabelle 2-2 dargestellt ist, hielten die Lebensversicherungen approximativ die Hälfte der Bilanzsumme der Region Zürich. Etwas geringere Anteile befanden sich in den Büchern von Rück- (27.0%) und Schadenversicherungen (22.2%). Bei den gebuchten Nettoprämien ging approximativ jeweils ein Fünftel auf das Konto der Schadenversicherungen sowie der Lebensversicherungsgesellschaften. Das Rückversicherungsgeschäft erzielte mit 48 Prozent den weitaus grössten Anteil der gebuchten Prämieneinnahmen. FINMA-Kategorie Leben mit Sitz im Inland Leben mit Sitz im Ausland Pensionskassen Schaden mit Sitz im Inland Schaden mit Sitz im Ausland Freiwillige Krankenversicherung mit Sitz im Inland Freiwillige Krankenversicherung mit Sitz im Ausland Rück mit Sitz im Inland Rück mit Sitz im Ausland Krankenkassen Total Wert 7 3 () 26 32 6 1 47 0 20 142 Anzahl Institute Anteil 4.9% 2.1% () 18.3% 22.5% 4.2% 0.7% 33.1% 0.0% 14.1% 100.0% Gebuchte Prämien netto Wert Anteil 25.1 21.7% 0.7 0.6% () () 25.3 21.9% 1.1 1.0% 2.4 2.1% 0.0 0.0% 53.2 46.0% 0.0 0.0% 7.9 6.8% 115.6 100.0% Tab. 2-2 Versicherungen, Region Zürich, 2013 Bilanzsumme und gebuchte Prämien in Mia. CHF; die Bilanzsummen der freiwilligen Krankenkassen und der obligatorischen Krankenkasse zu trennen ist kritisch, da dasselbe Institut oft beide Geschäfte betreibt. Deshalb wird die Bilanzsumme nur bei Krankenkassen ausgewiesen; die Bilanzsummen und Prämieneinnahmen von ausländischen Versicherungen werden von der FINMA nicht erhoben; () = die Werte sind vorhanden, standen BAKBASEL jedoch nicht zur Verfügung; NA = Die Werte sind nicht erhältlich (Quelle: FINMA, BFS, BAG) 13 Bilanzsumme Wert 235.0 NA 0.2 107.9 NA 5.5 NA 131.4 NA 6.5 486.4 Anteil 48.3% NA 0.0% 22.2% NA 1.1% NA 27.0% NA 1.3% 100.0% Finanzplatz Zürich 2014/2015 Wiederum sollen einige Beispielinstitute ein abgerundetes Bild der Tabelle geben: –– Leben mit Sitz im Inland: Swiss Life AG –– Leben mit Sitz im Ausland: Cardif Assurances Vie, Paris, Zweigniederlassung Zürich –– Pensionskassen: BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich –– Schaden mit Sitz im Inland: Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG (Zurich) –– Schaden mit Sitz im Ausland: Lloyd’s, London, Zweigniederlassung Zürich –– Freiwillige Krankenversicherung mit Sitz im Inland: Helsana Zusatzversicherungen AG –– Freiwillige Krankenversicherung mit Sitz im Ausland: Cigna Europe Insurance Company S.A.-N.V., Brüssel, Zweigniederlassung Zürich –– Rück mit Sitz im Inland: Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Swiss Re) –– Krankenkassen: Helsana Versicherungen AG Die grössten Arbeitgeber im Versicherungsbereich waren schweizweit und auch in der Region Zürich die Unfall- und Schadenversicherungen. In der Region Zürich waren aber auch Lebensund Rückversicherer überdurchschnittlich stark vertreten (vgl. Abb. 2-2). Die in der Region Zürich im Jahr 2011 7’389 besetzten Stellen (in Vollzeitäquivalenten) bei den Unfall- und Schadenversicherungen machten 41 Prozent des regionalen Versicherungssektors aus. Das ist im schweizerischen Vergleich überdurchschnittlich. Ebenfalls überdurchschnittlich waren die Anteile von Rückversicherungen (20%, CH: 9%) und Lebensversicherungen (12%, CH: 7%). Dies wurde unter anderem durch die unterdurchschnittlichen Anteile von Krankenkassen (20%, CH: 30%), Suva (2%, CH: 7%) und Pensionskassen (4%, CH: 6%) ausgeglichen. Abb. 2-2 Schweiz Versicherungen, Anteil am Total der Beschäftigten, 2011 2% Beschäftigte gemessen in Vollzeitäquivalenten (Quelle: BFS-STATENT) 6% 9% 20% Lebensversicherungen 7% 4% 12% 7% Unfallversicherung (SUVA) Unfall- und Schadensversicherung 2% Region 1%Zürich 30% 20% Krankenkassen 41% 39% Sonstige Versicherungen (ohne Sozialversicherung) Rückversicherungen Pensionskassen und Pensionsfonds Im Kanton Zürich sah das Bild wegen des grossen Gewichts an der Region Zürich ungefähr gleich aus. Im Kanton Schwyz hingegen machten die Krankenkassen (61%) und Lebensversicherungen (28%) den weitaus grössten Anteil aus. Im Kanton Zug waren sowohl die Krankenkassen (59%) als auch die Rückversicherungen (50%, hauptsächlich Rückversicherungs-Captives) überdurchschnittlich stark vertreten. Im schweizerischen Vergleich unterscheidet sich die Region Zürich vor allem durch die überdurchschnittlich hohen Anteile bei Unfall- und Schadenversicherung sowie den Rückversicherungen. Einzig die Regionen Basel (78%) und Genf (52%) konnten bei den Unfall- und Schadenversicherungen ebenfalls einen überdurchschnittlichen Anteil ausweisen. Die regionale Dominanz der Lebens- und Rückversicherer zeigte sich auch national: In der Region Zürich waren 72 beziehungsweise 98 Prozent aller Stellen dieser Versicherungszweige in der Schweiz angesiedelt. 2.1.3Sonstige Finanzdienstleistungen Da über die sonstigen Finanzdienstleistungen keine Informationen wie Bilanzsumme oder verwaltete Vermögen vorhanden sind, sollen hier lediglich die Anzahl der Arbeitsstätten ausgewiesen werden. In Tabelle 2-3 macht das Fondsmanagement mit 40.8 Prozent den weitaus grössten Anteil der sonstigen Finanzdienstleistungen aus. Auch die Sonstigen mit Finanzdienstleistungen verbundenen Tätigkeiten bildeten mit einem Anteil von rund 31.2 Prozent eine gewichtige Gruppe. 14 Finanzplatz Zürich 2014/2015 FINMA-Kategorie Effekten- und Warenbörsen Effekten- und Warenhandel Sonstige mit Finanzdienstleistungen verbundene Tätigkeiten Risiko- und Schadensbewertung Tätigkeit von Versicherungsmakler Ausgleichskassen Sonstige mit Versicherungsdienstleistungen und Pensionskassen verbundene Tätigkeiten Fondsleitungen Fondsmanagement Total Anzahl Arbeitsstätten Wert Anteil 10 0.3% 63 2.0% 964 31.2% 33 1.1% 638 20.6% 14 0.5% 83 2.7% 26 1263 3094 Tab. 2-3 Sonstige Finanzdienstleistungen, Region Zürich, 2011 (Quelle: BFS-STATENT) 0.8% 40.8% 100.0% Im Bereich der sonstigen Finanzdienstleistungen war schweizweit und auch in der Region Zürich ein Grossteil der Arbeitnehmer als Versicherungsmakler oder aber im Fondsmanagement tätig. Wie in Abbildung 2-3 ersichtlich ist, waren auch die sonstigen bankennahen Tätigkeiten äusserst stark vertreten. Diese beschäftigten im Jahr 2011 in der Region Zürich rund 5’013 Personen (in Vollzeitäquivalenten). Der damit verbundene Anteil von 25 Prozent liegt klar über dem schweizerischen Mittel von 18 Prozent. Im Fondsmanagement waren in der Region Zürich 5’985 Personen tätig, was einem Anteil der gesamten regionalen Erwerbstätigen der Sonstigen Finanzdienstleistungen von rund 30 Prozent (CH: 25%) entspricht. Als Versicherungsmakler waren im Jahre 2011 4’395 Personen tätig, was mit 22 Prozent deutlich unter dem gesamtschweizerischen Wert von 36 Prozent liegt. Effekten- und Warenbörsen 2% Schweiz 4% 25% 30% 2% 3% 9% 5% 4% Effekten- und Warenhandel 22% 36% Sonstige bankennahe Tätigkeiten 18% Region 25% 2%Zürich 4% 2% 6% Abb. 2-3 Sonstige Finanzdienstleistungen, Anteil am Total der Beschäftigten, 2011 Beschäftigte gemessen in Vollzeitäquivalenten (Quelle: BFS-STATENT) Risiko- und Schadensbewertung 1% Versicherungsmaklerinnen und -makler Ausgleichskassen Sonstige versicherungsnahe Tätigkeiten Fondsleitungen Fondsmanagement Im schweizerischen Vergleich wurden auch die beiden Kantone Schwyz und Zug vom Fondsmanagement (30% respektive 37%) und bankennahen Tätigkeiten (21% respektive 37%) dominiert. Summa summarum widerspiegeln die Erläuterungen in diesem Kapitel, dass die Grossbanken die wichtigsten Arbeitgeber auf dem Finanzplatz Zürich sind. Mit grossem Abstand folgen die ausländisch beherrschten Banken. Auch bei der Bilanzsumme ist der Finanzplatz Zürich durch eine ausgeprägte Dominanz der Grossbanken charakterisiert. Diese halten im Aggregat etwas mehr als die Hälfte der gesamten regionalen Bilanzsumme. Die Resultate illustrieren des Weiteren, dass in der Region Zürich die Rück-, Lebens- sowie Unfall- und Schadenversicherer als Arbeitgeber im schweizerischen Vergleich überdurchschnittlich stark vertreten sind. Zudem spielen auf dem Finanzplatz Zürich sowohl das Fondsmanagement, bankennahe Tätigkeiten als auch Versicherungsmakler eine essentielle Rolle. 15 Finanzplatz Zürich 2014/2015 2.2 Struktur In diesem Kapitel soll die relative Bedeutung einzelner Teilbranchen und -regionen für den Schweizer und den Zürcher Finanzplatz aufgezeigt werden. 2.2.1 Regionale Struktur des Schweizer Finanzsektors Der Finanzplatz Zürich erwirtschaftete 2013 rund 45 Prozent der gesamten nominalen Bruttowertschöpfung im schweizerischen Finanzsektor (28.0 Mia. von 62.2 Mia. CHF) (vgl. Abb. 2-4). Anschliessend folgte Genf mit einem Anteil von 18 Prozent (11 Mia. CHF), Basel mit 7 Prozent (4.2 Mia. CHF) und das Tessin mit 3 Prozent (2.1 Mia. CHF). Obwohl der Anteil der Region Zürich am schweizerischen Finanzsektor mit 45 Prozent hoch erscheinen mag, weisen beispielsweise die Finanzsektoren in Schweden mit Stockholm (68%) oder Irland mit Dublin (68%) eine höhere Konzentration auf. Bei den Erwerbstätigen war der Anteil des Finanzplatzes Zürich im Jahr 2013 mit 40 Prozent am nationalen Total weniger dominant (97’472 von insgesamt 246’236 Erwerbstätigen). Wiederum folgen Genf mit 19 Prozent (47’189), Basel mit 7 Prozent (16’710) und das Tessin mit 5 Prozent (12’237). Abb. 2-4 100% Finanzsektor Schweiz: Regionale Struktur, 2013 90% Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in % (Quelle: BAKBASEL) 80% 70% Übrige Schweiz 60% Tessin 50% Bas el 40% Genf 30% Zürich 20% 10% 0% Wertschöpfung Erwerbs tä tige 2.2.2Regionale Struktur des Zürcher Finanzsektors Wie Abbildung 2-5 zu entnehmen ist, erwirtschafteten die Banken im Jahr 2013 einen Anteil von rund 45 Prozent (12.5 Mrd. CHF) an der Wertschöpfung des Finanzsektors der Region Zürich, gefolgt von den Versicherungen mit 43 Prozent (12.1 Mrd. CHF) und den sonstigen Finanzdienstleistungen mit 12 Prozent (3.3 Mrd. CHF). Dabei lagen sowohl der Bankensektor als auch die sonstigen Finanzdienstleistungen leicht unter dem schweizerischen Durchschnitt (46.3% respektive 13.9%), während die Versicherungen deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt (39.8%) lagen. Das liegt unter anderem darin begründet, dass die Versicherungen äusserst stark in der Region Zürich konzentriert sind. Verglichen mit der Gesamtschweiz fällt deren Anteil somit besonders hoch aus. Weil der Kanton Zürich ein extrem starkes Gewicht an der Region hat, widerspiegelt sich für diesen Kanton dasselbe Bild. In Schwyz und Zug hingegen stellten die sonstigen Finanzdienstleistungen die dominante Teilbranche dar (45.2% respektive 42.9%). Abb. 2-5 100% Struktur im Finanzsektor, 2013 90% Anteil an der regionalen Bruttowertschöpfung im Finanzsektor in % 80% (Quelle: BAKBASEL) 70% Sonstige Fina nzdiens tleistungen 60% Versicherungen 50% 40% 30% Ba nken 20% 10% 0% Region Zürich K anton Zürich K anton Schwyz K anton Zug Schweiz 16 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Absolut gesehen ist die Wertschöpfung der im Kanton Zürich weniger wichtigen sonstigen Finanzdienstleistungen im Vergleich zu den Kantonen Schwyz und Zug trotzdem rund zehn Mal grösser. Die in Abbildung 2-6 dargestellten Anteile der einzelnen Kantone an den totalen Branchenwertschöpfungen verdeutlichen die Dominanz des Kantons Zürich im Finanzsektor und seinen Unterbranchen. Mit einem Anteil von rund 95 Prozent an der Wertschöpfung des Finanzsektors generierte dieser den Löwenanteil. Vergleicht man diesen mit dem Anteil an der Wirtschaftsleistung der Region von 85 Prozent, sieht man, dass der Kanton Zürich im Finanzsektor sogar überdurchschnittlich stark an die Bruttowertschöpfung beitrug. Schwyz und Zug trugen schliesslich je rund 2 Prozent an die Wertschöpfung des Finanzsektors bei. Mit 98.3 Prozent ist die Dominanz des Kantons Zürich bei den Versicherungen noch höher, während Schwyz (8.4%) und Zug (9.8%) bei den sonstigen Finanzdienstleistungen einen deutlich wahrnehmbaren Beitrag leisteten. In dieser Branche gelang es den beiden Kantonen, ihre Anteile an der Gesamtwirtschaft der Region (Schwyz: 6%, Zug: 9.5%) zu übertreffen. Die sonstigen Finanzdienstleistungen waren in Schwyz und Zug demnach produktiver als der Durchschnitt der Branchen. Abb. 2-6 Bedeutung der Regionen für die Branchen des Finanzsektors, 2013 Anteil der Region an der Bruttowertschöpfung der Branchen im Finanzsektor in % (Quelle: BAKBASEL) Abbildung 2-7 zeigt die Struktur des Finanzsektors in den Bezirken. Der Finanzsektor war 2013 äusserst ungleichmässig auf die Bezirke verteilt. Dies zeigt sich einerseits am Anteil, den der Finanzsektor an die Gesamtwirtschaft der Bezirke beiträgt. Die Stadt Zürich wies beispielsweise eine hohe Konzentration auf (29%), die auf die angrenzenden Bezirke Bülach (18%), Uster (18%) und Dietikon (12%) ausstrahlte. Weitere Finanz-Hotspots befanden sich in Winterthur (21%) sowie am südöstlichen und südlichen Zürichseeufer in den Bezirken Horgen (33%) und Höfe SZ (12%). Andererseits ist die Heterogenität auch in der Zusammensetzung der Finanzsektoren ersichtlich. In der Stadt Zürich dominierten die Banken (58%). Die Bezirke Pfäffikon (69%), Andelfingen (67%), Küssnacht (58%) und Schwyz (54%) waren ebenfalls stark auf die Banken ausgelegt. Winterthur ist fast ein reiner Versicherungsstandort. Die Versicherungen machten hier 91 Prozent des lokalen Finanzsektors aus. Ein weiteres Extrem findet sich im Bezirk Höfe (SZ), wo die sonstigen Finanzdienstleistungen 64 Prozent des Finanzsektors erreichten. Im Kanton Zug hielten sich die Banken (46%) und die sonstigen Finanzdienstleistungen (43%) fast die Waage. Es lassen sich mehrere Schlussfolgerungen aus der Strukturanalyse ziehen. Die wichtigste Teilbranche auf dem Finanzplatz Zürich sind die Banken, die wichtigste Teilregion ist der Kanton Zürich. In diesem dominieren vor allem Banken und Versicherungen die Wirtschaftsleistung, während in den steuergünstigen Kantonen Schwyz und Zug die sonstigen Finanzdienstleistungen die wichtigste Branche stellen. Der Kanton Zürich weist die höchste Konzentration der Gesamtwirtschaft auf den Finanzsektor auf. 17 Finanzplatz Zürich 2014/2015 S onstige Versicherungen Banken Abb. 2-7 Subregionale Verteilung des Finanzsektors, 2013 Die Einfärbung der Bezirke bildet den Anteil des Finanzsektors am regionalen BIP ab. Die Kuchendiagramme illustrieren die Anteile der Teilbranchen am Finanzsektor (Quelle: BAKBASEL) 18 Finanzplatz Zürich 2014/2015 2.3 Bedeutung für die regionale Volkswirtschaft Im folgenden Kapitel werden die Eckwerte des Finanzplatzes Zürich zu Wertschöpfung, Erwerbstätigen und Produktivität präsentiert. Dabei wird der Finanzsektor mit weiteren wichtigen Branchenaggregaten verglichen, und die Werte werden in einen nationalen und internationalen Kontext gestellt. 2.3.1Branchenstruktur der Region Zürich Wie Abbildung 2-8 illustriert, erwirtschaftete der Finanzsektor der Region Zürich im Jahr 2013 mit einer nominalen Bruttowertschöpfung von gut 28 Milliarden Franken einen Anteil von rund 19 Prozent an der regionalen Gesamtwertschöpfung von 145.8 Milliarden Franken. Das machte den Finanzsektor zum wertschöpfungsstärksten Branchenaggregat der Region Zürich. In derselben Grössenordnung waren lediglich der gesamte sekundäre Sektor (25.2 Mia. CHF, 17%) sowie der Handel (25.7 Mia. CHF, 18%). Damit ist die Region Zürich bezüglich Wertschöpfung stark vom Dienstleistungs- und insbesondere vom Finanzsektor abhängig. 100% Abb. 2-8 Region Zürich: Branchenstruktur, 2013 Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in % (Quelle: BAKBASEL) Übrige DL 90% Öffentliche DL 80% Unternehmens bez. DL 70% Fina nzs ektor 60% Information, Kommunikation 50% Gas tgewerbe 40% Verkehr, La gerei 30% Handel 20% Sekundärer Sektor 10% Primä rer Sektor 0% Wertschöpfung Erwerbs tä tige Der Finanzsektor der Region Zürich beschäftigte im Jahr 2013 97’472 Personen, was rund 9 Prozent aller Erwerbstätigen der Region entspricht. An der Spitze der Branchenaggregate standen mit 235’710 Personen und einem Anteil von 21 Prozent am Total aller Erwerbstätigen die öffentlichen Dienstleistungen. Der wichtigste Arbeitgeber im Finanzsektor waren wiederum die Banken mit 56’636 Erwerbstätigen, was einem Anteil von 5.2 Prozent am Total aller Erwerbstätigen der Region entsprach. Es folgten die Versicherungen mit 2.1 Prozent (22’922 Erwerbstätige) und die sonstigen Finanzdienstleistungen mit 1.6 Prozent (17’914 Erwerbstätige). 2.3.2Wertschöpfung und Erwerbstätige im Finanzsektor Zürich Im Jahr 2013 wurden im Finanzsektor der Region Zürich Dienstleistungswerte von rund 28 Milliarden Schweizer Franken geschaffen (vgl. Tab. 2-4). Damit war Zürich der drittgrösste Finanzplatz Europas. Weiter vorne platziert waren lediglich London mit rund 84 Milliarden und Paris mit knapp 54 Milliarden Franken.3 Das ist umso bedeutender, als das gesamte regionale Bruttoinlandsprodukt (BIP) Zürichs lediglich das achtgrösste unter den fünfzehn nationalen und europäischen Vergleichsregionen stellte.4 Die Wertschöpfung des Finanzplatzes Zürich ist auch aus regionaler und nationaler Sicht von essentieller Bedeutung. Sie machte 19.2 Prozent der regionalen Wirtschaftsleistung aus. Einzig in Luxemburg (22.6%) und London (20.6%) waren die Anteile des Finanzsektors an der regionalen Gesamtwirtschaft noch höher. 3 Während sich die Zahlen der Region Zürich auf das Jahr 2013 beziehen, sind diejenigen der übrigen Vergleichsregionen aus dem Jahre 2012. 4 Die Vergleichsregionen sind: Region Genf, Region Basel, Region Tessin, Region Frankfurt, Region Paris, Region Mailand, Region Wien, Region London, Luxemburg, Region Brüssel, Region Amsterdam, Region Madrid, Region Dublin, Region Stockholm. 19 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Banken Anteil an der Region Zürich Versicherungen Anteil an der Region Zürich Sonstige Finanzdienstleistungen Anteil an der Region Zürich Finanzsektor Anteil an der Region Zürich Gesamtwirtschaft Anteil an der Region Zürich Zürich 11’981 95% 11’936 98% 2’721 82% 26’638 95% 124’076 85% Schwyz 222 2% 117 1% 279 8% 618 2% 7’862 5% Zug 348 3% 85 1% 326 10% 760 3% 13’845 9% Region Zürich 12’551 Schweiz 28’852 12’139 24’783 3’326 8’634 28’015 62’269 145’782 570’020 Tab. 2-4 Nominale Bruttowertschöpfung nach Branchen und Regionen, 2013 In Mio. CHF, zu laufenden Preisen (Quelle: BAKBASEL) Die Wertschöpfung des Finanzsektors Zürich trug rund 45 Prozent zur Wertschöpfung des gesamtschweizerischen Finanzsektors bei. Der Schweizer Finanzsektor ist somit stark auf die Region Zürich konzentriert. Im internationalen Vergleich lag die Konzentration Zürichs eher im Mittelfeld. An der Spitze standen Luxemburg (100%), Stockholm (68%) und Dublin (68%). Luxemburg bildet hier eine Ausnahme, da die Region gleichzeitig das Land ist und der «lokale» Finanzsektor dadurch mit demjenigen des Landes übereinstimmt. Der Finanzsektor Zürich machte rund 4.9 Prozent der Wirtschaftsleistung der Schweiz aus. Höhere Anteile verzeichneten lediglich Luxemburg (22.6%), Dublin (6%) und Amsterdam (5.2%). Banken Versicherungen Sonstige Finanzdienstleistungen Finanzsektor Gesamtwirtschaft Zürich 8’419 8’388 1’912 18’718 87’188 Schwyz 1’470 776 1’849 4’095 52’129 Zug 2’959 725 2’774 6’459 117’701 Region Zürich 7’420 7’176 1’966 16’562 86’184 Schweiz 3’550 3’049 1’062 7’661 70’127 Tab. 2-5 Nominale Bruttowertschöpfung pro Kopf nach Branchen und Regionen, 2013 In CHF pro Person, zu laufenden Preisen (Quelle: BAKBASEL) Damit die kleinen Kantone Schwyz und Zug nicht von der schieren Grösse des Kantons Zürich überschattet werden, wird die Wertschöpfung in Tabelle 2-5 pro Kopf ausgewiesen. Die Bevölkerungszahl des Kantons Zürich war rund 9 Mal grösser als diejenige des Kantons Schwyz, respektive 12 Mal grösser als diejenige Zugs. Durch eine Pro-Kopf-Betrachtung kann, im Vergleich zu den absoluten Werten, ein erster Eindruck der Effizienz der kantonalen Finanzsektoren gewonnen werden. War die absolute Wertschöpfung der Banken im Kanton Zürich rund 54 Mal grösser als diejenige der Schwyzer Banken und 34 Mal grösser als diejenige der Zuger Institute, betrugen die Faktoren in der Pro-Kopf-Betrachtung rund 6 (Schwyz) und 3 (Zug). Bei den Banken war die Wertschöpfung Zürichs also nicht nur absolut, sondern auch pro Kopf grösser als diejenige der beiden Innerschweizer Kantone. Diese Beobachtung gilt für den gesamten Finanzsektor sowie für die Teilbranchen Banken und Versicherungen, nicht jedoch für die sonstigen Finanzdienstleistungen. Hier generierten Schwyz und Zug relativ zu ihrer Grösse etwa gleichviel (Schwyz) respektive mehr Wertschöpfung (Zug: 1.5 Mal mehr). Banken Anteil an der Region Zürich Versicherungen Anteil an der Region Zürich Sonstige Finanzdienstleistungen Anteil an der Region Zürich Finanzsektor Anteil an der Region Zürich Gesamtwirtschaft Anteil an der Region Zürich Zürich 53’485 94% 22’331 97% 13’954 78% 89’770 92% 931’390 85% Schwyz 1’398 2% 314 1% 1’314 7% 3’026 3% 72’052 7% Zug 1’753 3% 277 1% 2’646 15% 4’676 5% 93’108 8% Region Zürich 56’636 Schweiz 141’796 22’922 57’695 17’914 46’745 97’472 246’236 1’096’551 4’836’705 Tab. 2-6 Erwerbstätige nach Branchen und Regionen, 2013 In Personen (Quelle: BAKBASEL) 20 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Im Jahr 2013 arbeiteten 97’472 Personen im Finanzsektor der Region Zürich (vgl. Tab 2-6). Im internationalen Vergleich lag die Region Zürich hiermit auf dem sechsten Rang. Am meisten Personen beschäftigten Paris mit 325’751 und London mit 298’599 Erwerbstätigen. Hinter Zürich lagen Mailand (82’565 Erwerbstätige) und Wien (74’869 Erwerbstätige). Interessant ist, dass Frankfurt (4. Rang) und Madrid (5. Rang) punkto Erwerbstätige vor Zürich, in Bezug auf die Wertschöpfung jedoch hinter Zürich lagen. Dies gibt einen ersten Hinweis auf Produktivitätsunterschiede der verschiedenen Finanzplätze. Die 97’472 Erwerbstätigen im Finanzsektor Zürich machten 9 Prozent aller Erwerbstätigen der Region aus. Der Anteil des nationalen Finanzsektors betrug rund 5 Prozent des nationalen Erwerbstätigentotals. Wie bei der Wertschöpfung weist dies auf eine überdurchschnittliche Fokussierung und somit auf eine starke Abhängigkeit der Region vom Finanzsektor hin. In der Region Zürich arbeiteten rund 40 Prozent der Erwerbstätigen des gesamten Schweizer Finanzsektors. Im Vergleich dazu arbeiteten rund 23 Prozent aller Schweizer Erwerbstätigen in der Region Zürich. Auch in Bezug auf die Erwerbstätigen ist der Finanzsektor Schweiz demnach sehr stark in der Region Zürich konzentriert. Die Limmatstadt lag im nationalen Vergleich an erster Stelle und international im Mittelfeld. Den Spitzenplatz erreichte Luxemburg mit 100 Prozent. Es folgten Amsterdam und Dublin mit je etwas über 60 Prozent. Die Erwerbstätigen im Finanzsektor der Region Zürich machten rund 2.2 Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz aus. Zürich lagt im europäischen Vergleich damit an dritter Stelle hinter Luxemburg (11.5%) und Dublin (3.0%). Direkt nach Zürich folgten Amsterdam (1.9%) und Wien (1.8%). 2.3.3Bedeutung des Finanzsektors für das regionale BIP-Wachstum Nachfolgend werden die Beobachtungen bezüglich Anteil an der nominalen Bruttowertschöpfung und dem realen Wertschöpfungswachstum anhand der sogenannten Wachstumsbeiträge an das regionale Wirtschaftswachstum zusammengeführt. Die dargestellten Wachstumsbeiträge (die Grösse der Blasen) geben an, wie viele Prozentpunkte der Wachstumsrate der Gesamtwirtschaft der jeweiligen Branche zuzuschreiben sind. 6% Versicherungen Wachstum reale Wertschöpfung 5% 4% 3% 2% Finanzsektor Unternehmens-bez. DL Banken 1% 2. Sektor Übrige DL Wachstumsbeitrag Handel Verkehr, Lagerei 0% -1% Öffentliche DL Sonstige Finanz-DL Information Kommunikat. Abb. 2-9 Region Zürich: Wachstumsbeitrag an die regionale Gesamtwirtschaft, 2013 Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in %, Wachstumsraten in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten (Quelle: BAKBASEL) 0.5 0.3 0.1 Gastgewerbe 0% 5% 10% 15% 20% Nominaler Anteil an der Gesamtwirtschaft 25% 30% Der Finanzsektor trug im Jahr 2013 mit 0.51 Prozentpunkten erheblich zum Wachstum der Gesamtwirtschaft von rund 2 Prozent bei (vgl. Abb. 2-9). Er leistete damit den stärksten Wachstumsbeitrag der betrachteten Aggregate. Knapp dahinter lagen die Beiträge der öffentlichen Dienstleistungen (0.50%-Punkte), des sekundären Sektors (0.25%-Punkte) und des Handels (0.21%-Punkte). Den grössten Anteil am Wachstumsbeitrag des Finanzsektors trugen die Versicherungen bei (0.33%-Punkte). Obschon die sonstigen Finanzdienstleistungen zwar stark gewachsen sind (4%), entspricht deren Wachstumsbeitrag genau jenem der Banken (0.1%-Punkte), welche im selben Zeitraum jedoch ein deutlich geringeres Wachstum aufwiesen (1%). Für die Höhe des Wachstumsbeitrags ist neben der Wachstumsdynamik auch die Grösse der Branche (i.e. deren Anteil) ausschlaggebend. 2.3.4Branchenproduktivität in der Region Zürich Der Zürcher Finanzsektor erwirtschaftete mit 9 Prozent der regionalen Erwerbstätigen 19 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung in der Region Zürich. Der Faktor Arbeit wurde damit im Finanzsektor produktiver eingesetzt als im Durchschnitt der Branchen der Region. Auch im Vergleich zum schweizerischen Finanzsektor wurde der Faktor Arbeit im Zürcher Finanzsektor produktiver eingesetzt. Der Finanzsektor der Region Zürich generierte mit 40 Prozent der Erwerbstätigen des totalen Finanzsektors 45 Prozent der Wertschöpfung im Schweizer Finanzsektor. Der Finanzplatz Zürich war zudem produktiver als die schweizerische Gesamtwirtschaft. Der Anteil von 4.9 Prozent am schweizerischen BIP wurde mit «nur» 2.2 Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz erwirtschaftet. 21 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Abb. 2-10 Versicherungen Region Zürich: Stundenproduktivität Fina nzs ektor nach Branchen, 2013 Ba nken In CHF pro Stunde (Quelle: BAKBASEL) Sonstige Finanzdiens tleis tungen Handel Information, Kommunikation Ges amtwirtscha ft Sekundärer Sektor Öffentliche DL Verkehr, La gerei Unternehmens bez. DL Gas tgewerbe Primä rer Sektor 0 50 100 150 200 250 300 Im Jahr 2013 lag die Stundenproduktivität im Finanzsektor der Region Zürich bei rund 161 Franken (vgl. Abb. 2-10.) Damit war er fast doppelt so produktiv wie diejenigen Branchen, die einen leicht geringeren Wachstumsbeitrag lieferten (z.B. sekundärer Sektor [82 CHF] und Handel [95 CHF]). Gleichzeitig war der Finanzsektor der Region auch 2.5 Mal so produktiv wie die öffentlichen Dienstleistungen (66 CHF). Im europäischen Vergleich wurde Zürich nur von London mit 180 Franken pro Stunde übertroffen. Direkt hinter Zürich folgte Stockholm mit 141 Franken pro Stunde. Das Schlusslicht bildeten Wien und Mailand mit 61 respektive 87 Schweizer Franken. Obschon die oben aufgezeigten Resultate erhebliche regionale Unterschiede suggerieren, müssen diese Erkenntnisse mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden. Wie sich in noch folgenden Abschnitten zeigen wird, sind zum Beispiel gerade Wien und Mailand durch ein negatives Wachstum im nominalen BIP charakterisiert, während Regionen wie Zürich und London stark wachsen. Unter der plausiblen Annahme, dass die Anpassung der Beschäftigten eher ein mittelfristiges Phänomen ist, liegt die Begründung für die erheblichen Produktivitätsunterschiede wohl gerade in den unterschiedlichen Wachstumsentwicklungen. Der Kanton Zürich konnte im Jahr 2013 den Produktivitätsvorsprung bei den Banken (leicht produktiver) und Versicherungen (stark produktiver) gegenüber Schwyz und Zug halten (vgl. Abb. 2-11). Zürich verdankt diesen Vorsprung den Grossbanken wie der UBS und der Credit Suisse sowie den grossen Versicherern wie Zurich und Swiss Re, die von Skaleneffekten profitieren können. Bei den sonstigen Finanzdienstleistungen hatte jedoch der Kanton Schwyz die Nase vorn. Die Versicherungen waren in allen drei Kantonen die produktivste Branche. In den Kantonen Zürich und Zug folgten an zweiter Stelle die Banken, in Schwyz die sonstigen Finanzdienstleistungen. Abb. 2-11 Nominale Stundenproduktivität nach Branchen und Regionen, 2013 300 In CHF pro Stunde, zu laufenden Preisen (Quelle: BAKBASEL) 250 Ba nken Versicherungen Sonstige Finanz-DL Fina nzs ektor Ges amtwirtscha ft 200 150 100 50 0 K anton Zürich K anton Schwyz K anton Zug Region Zürich Schweiz Die hohe Produktivität des Finanzplatzes Zürich kommt insbesondere dadurch zustande, dass kapitalintensive Dienstleistungen primär im Zentrum des Finanzplatzes getätigt werden. In den ländlichen Gebieten jedoch liegt der Schwerpunkt eher bei den distributiven Funktionen (Retail Banking). Dies widerspiegelt sich implizit auch in der Qualifikationsstruktur der Erwerbstätigen wieder. 22 Finanzplatz Zürich 2014/2015 2.3.5Steueraufkommen Das der Region Zürich zukommende Steueraufkommen des Finanzsektors ist aufgrund fehlender Statistiken schwierig zu beziffern. Eine Näherung kann lediglich für die ganze Schweiz gefunden werden. Da der Finanzplatz Zürich jedoch einen bedeutenden Teil des Schweizer Finanzsektors ausmacht, kann über die nationalen Zahlen ein erster Eindruck gewonnen werden.5 Die fiskalische Bedeutung von Finanzsektor und Finanzmarkt ergibt sich zum einen daraus, dass die Einkommen und Gewinne der direkten Besteuerung von Bund, Kantonen und Gemeinden unterliegen. Zum anderen erhebt der Bund indirekte Steuern auf Finanzmarkttransaktionen und den Bezug von Finanzdienstleistungen. Mit der Besteuerung der Gewinne und Einkommen, welche unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Finanzinstitutionen verbunden sind, erzielten Bund, Kantone und Gemeinden im Jahr 2013 geschätzte Steuererträge in Höhe von 7.2 Mia. CHF. Aus indirekter Besteuerung von Finanzdienstleistungen resultierte im Jahr 2013 ein geschätzter Steuerertrag von 8.8 Mia. CHF. Die Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen betrug 3.8 Mia. CHF und bezieht sich fast ausschliesslich auf Bank- oder bankennahe Dienstleistungen (3.6 Mia. CHF). Versicherungsdienstleistungen werden allerdings in erheblichem Masse durch die sogenannte Taxe occulte6 belastet, die in der vorliegenden Analyse nicht erfasst wird. Zudem werden Versicherungsdienstleistungen mit einer Stempelabgabe belastet. Im Jahr 2013 betrugen die Fiskaleinnahmen mit dem Versicherungsstempel 691 Mio. CHF. Auf Bankgeschäfte sowie Geschäfte, welche die Kunden über eine Bank abwickelten, entfielen 2013 gemäss Angaben der SBVg Stempelabgaben (Emissions- und Umsatzabgaben) in Höhe von 1.1 Mia. CHF. Schliesslich fliessen dem Fiskus Erträge aus der Verrechnungssteuer zu. Gemäss Berechnungen der SBVg betrug die nicht zurückgeforderte Verrechnungssteuer auf Geschäfte, welche die Kunden über eine Bank abwickelten, im Jahr 2013 geschätzte 3.1 Mia. CHF. Der gesamte mit Finanzdienstleistungen und -transaktionen verbundene Fiskaleffekt belief sich damit 2013 auf geschätzte 18.3 Mia. CHF. Dies entspricht rund 14 Prozent der gesamten Fiskalerträge von Bund, Kantonen und Gemeinden. 2.4 Fazit Im vergangenen Jahr generierte der Finanzsektor die höchste Wertschöpfung aller Branchen in der Region Zürich, gefolgt vom sekundären Sektor und dem Handel. Die Dynamik ging dabei insbesondere von den Versicherungen und den sonstigen Finanzdienstleistungen aus. Die Bedeutung des Finanzplatzes Zürich fällt bezüglich der Zahl der Erwerbstätigen geringer aus als bei der Wertschöpfung. Als Arbeitgeber war er mit 9 Prozent der Erwerbstätigen der Region weniger bedeutend als zum Beispiel der öffentliche Sektor. Dies impliziert, dass der Finanzsektor von einer im Vergleich zu anderen Branchen relativ hohen Produktivität gekennzeichnet ist. Im europäischen Vergleich wies der Finanzplatz Zürich nicht nur eine überdurchschnittliche Grösse, sondern auch eine überdurchschnittliche Produktivität auf. Auch gegenüber der regionalen Gesamtwirtschaft und dem Schweizer Finanzsektor wurde der Faktor Arbeit produktiver eingesetzt. Die überdurchschnittliche Qualifikationsstruktur der Erwerbstätigen des Finanzsektors Zürich dürfte dazu führen, dass Dienstleistungen mit höherem Geldwert erbracht werden können. Der Finanzsektor ist ein bedeutender Steuerzahler der Region Zürich, nicht nur bezüglich der Unternehmenssteuern, sondern auch bezüglich der Einkommenssteuer der Beschäftigten. Im intraregionalen Vergleich dominieren im Kanton Zürich vor allem Banken und Versicherungen, während in Schwyz und Zug sonstige Finanzdienstleistungen einen signifikanten Beitrag an die Finanzsektorwertschöpfung beitragen. 5 Die folgende Schätzung basiert auf Angaben der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) sowie auf eigenen Berechnungen. 6 Die Taxe occulte (auch Schattensteuer genannt) entsteht vor allem bei den von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Umsätzen. Da bei diesen Umsätzen die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann, lastet auf dem für die Erbringung solcher Umsätze nötigen Sachaufwand eine Schattensteuer. 23 Finanzplatz Zürich 2014/2015 3Performance des Finanzplatzes Zürich 3.1 Aktuelle Entwicklung Im Jahr 2011 wuchs die reale Bruttowertschöpfung des Finanzplatzes Zürich mit einer Rate von 0.6 Prozent. Seither nahm die Wachstumsrate jährlich um approximativ einen Prozentpunkt zu und betrug 2013 rund 2.7 Prozent. Für die Zeitperiode 2011–2013 ergibt sich somit eine durchschnittliche Wachstumsrate von 1.6 Prozent p.a. Dabei sind es im Besonderen die Versicherungen und die sonstigen Finanzdienstleistungen, welche in den vergangenen zwei Jahren erheblich zulegen konnten (+3.6% und +4.1% p.a.). Im Vergleich zur vergangenen Dekade war die Leistung des Finanzsektors der Region Zürich klar überdurchschnittlich (2000 bis 2010: +0.3% p.a.). Verglichen mit den 1980er und 1990er Jahren jedoch, wuchs die reale Bruttowertschöpfung klar unterdurchschnittlich (1980–1990: +5.4% p.a., 1990–2000: +7.0% p.a.). Zwar vermochte die reale Bruttowertschöpfung des Finanzplatzes Zürich in den vergangenen drei Jahren wieder etwas an Fahrt zu gewinnen. Bezogen auf die Zeitperiode 2000-2013 als Ganzes jedoch wies das Wachstum mit rund 1.1 Prozent per annum eher unterdurchschnittliche Werte auf (vgl. Tab. 3-1). Tab. 3-1 Region Zürich: Reale Bruttowertschöpfung, 1980-2013 In Prozent pro Jahr 1980 – 1990 (Quelle: BFS-STATENT) 1990 – 2000 2000 – 2010 2010 – 2013 2008 2009 2010 2011 2012 2013 3.2 Finanzsektor Banken Versicherungen 5.4% 7.0% 0.3% 1.6% -7.9% -5.2% -3.0% 0.6% 1.6% 2.7% 5.6% 5.7% -1.8% 0.5% -14.7% -13.4% -2.7% 0.6% -0.1% 1.2% 4.9% 8.8% 1.9% 3.0% 6.4% 7.9% -3.6% 1.7% 3.2% 4.0% Sonstige Finanzdienstleistungen 5.3% 15.7% 8.0% 1.6% -10.9% -6.4% -1.8% -3.4% 4.0% 4.3% Der Finanzplatz Zürich im Schweizer Vergleich Mit seinem enormen Gewicht an der schweizerischen Finanzbranche von 45 Prozent leistete der Finanzplatz Zürich mit einer anziehenden realen Bruttowertschöpfung (+2.7%) den grössten Wachstumsbeitrag von gut 1.2 Prozentpunkten (vgl. Abb. 3-1). Damit erklärt der Finanzsektor Zürich rund einen Drittel der Wertschöpfungsentwicklung der Schweizer Finanzbranche. Mit einer Rate von 2.7 Prozent wies Basel dieselbe Wachstumsrate wie Zürich auf. Der entsprechende Wachstumsbeitrag lag jedoch mit 0.18 Prozentpunkten nur auf dem zweitletzten Rang der berücksichtigten Vergleichsregionen. Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in %, Wachstumsraten in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten (Quelle: BAKBASEL) 4% Zürich Reales Wachstum Abb. 3-1 Finanzsektor Schweiz: Wachstumsbeitrag an den nationalen Finanzsektor, 2013 Basel 3% Genf 2% Wachstumsbeitrag 1% Tessin 0% 3.3 0% Übrige Schweiz 1.0 0.5 0.1 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% Nominaler Anteil am Finanzsektor Schweiz 40% 45% 50% Der Finanzplatz Zürich im internationalen Vergleich Wie bereits erwähnt, wies Zürich über die gesamte Periode 2000–2013 eine eher unterdurchschnittliche Performance im Finanzsektor auf (+1.1% p.a.). Wesentlich stärker gewachsen in diesem Zeitraum sind die Finanzplätze von Wien (3.5% p.a.), Madrid (3.4% p.a.), Luxemburg (1.7% p.a.) und London (1.8% p.a.). Das Schlusslicht bildete der Finanzplatz Dublin, welcher in diesem Zeitraum stagnierte. Die Wachstumsbeitrags- und Performance-Betrachtungen über die Periode 2000–2013 dürfen allerdings nur mit Vorsicht interpretiert werden. So wiesen 24 Finanzplatz Zürich 2014/2015 zum Beispiel Finanzplätze wie Madrid, Dublin und London in der ersten Hälfte der Dekade (2001–2006) ein durch Immobilienblasen getriebenes Wachstum aus. Dies widerspiegelt sich auch in Abbildung 3-2. Dublin hat zwischen 2007 und 2012 50 Prozent seiner Wertschöpfung im Finanzsektor eingebüsst. In London lag der Einbruch über die Jahre 2007 bis 2012 bei rund 35 Prozent, wobei insbesondere das Jahr 2009 sehr negativ zu Buche schlug. Madrid büsste zwischen 2007 und 2012 rund einen Drittel ein. 300 Zürich 250 Genf London Luxemburg Dublin Frankfurt 200 150 100 Abb. 3-2 Reale Bruttowertschöpfung im Finanzsektor nach Regionen, 1992-2012 indexiert 1992 = 100 (Quelle: BAKBASEL) 50 0 300 Paris Mailand Wien 250 Ams terdam Madrid Stockholm Brüss el 200 150 100 50 0 Reales Wachstum Laut dem aktuellsten Global Financial Centres Index (GFCI 15) gehört Zürich nach wie vor zur Gruppe der sogenannten «Global Leaders». Diese Gruppe zeichnet sich durch die global starke Vernetzung mit anderen Finanzplätzen aus. Zudem verfügen diese Finanzplätze sowohl über ein breites als auch tiefes Angebot an Finanzdienstleistungen. Ersteres bedeutet, dass der Finanzplatz Zürich hinsichtlich der angebotenen Finanzdienstleistungen stark diversifiziert ist. Letzteres zeigt auf, dass Zürich auch eine starke Spezialisierung in den einzelnen Geschäftsfeldern aufweisen kann. 15% Wachstumsbeitrag 10% 1.5 0.7 0.2 5% Stockholm Mailand 0% Basel Tessin Wien Amsterdam -10% 0% 5% Zürich Genf Luxemburg Madrid Paris -5% -15% Abb. 3-3 Wachstumsbeitrag des regionalen Finanzsektors an das regionale BIP, 2013 Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in %, Wachstumsraten in %, Wachstumsbeiträge in Prozent punkten (Quelle: BAKBASEL) London Frankfurt 10% Brüssel Dublin 15% Anteil am nominalen BIP 20% 25% Der Finanzplatz Zürich wies 2013 im Regionenvergleich sowohl ein überdurchschnittliches Gewicht als auch ein überdurchschnittliches Wachstum aus. Wie in Abbildung 3-3 illustriert wird, leistete der Finanzplatz Zürich einen im internationalen Vergleich doch eher grossen Wachstumsbeitrag an das regionale BIP im Jahr 2013 (0.5%-Punkte). Damit lag Zürich zwar hinter London (1.56%-Punkte), aber deutlich vor Stockholm (0.32%-Punkte), Genf (0.29%Punkte) und Basel (0.24%-Punkte). Das Schlusslicht bildeten Dublin und Luxemburg, welche beide durch stark negative Wachstumsbeiträge charakterisiert sind (–1.25 und –0.94%Punkte). 25 Finanzplatz Zürich 2014/2015 15% Wachstumsbeitrag 7.0 3.5 1.0 London 10% Reales Wachstum Abb. 3-4 Wachstumsbeitrag des regionalen Finanzsektors an die Bruttowertschöpfung des nationalen Finanzsektors, 2013 Anteile am gesamtwirtschaftlichen Total in %, Wachstumsraten in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten (Quelle: BAKBASEL) 5% Basel 0% Tessin Genf Frankfurt Mailand -5% Zürich Madrid Wien Stockholm Brüssel -10% -15% 3.4 Luxemburg Amsterdam Paris Dublin 0% 20% 40% 60% 80% Nominaler Anteil am nationalen Finanzsektor Fazit 100% 120% Obschon die Periode 2000–2013 für den Finanzsektor durch eher unterdurchschnittliches Wachstum charakterisiert ist, machte der Finanzplatz Zürich zum gegebenen Zeitpunkt fast die Hälfte des schweizerischen Finanzsektors aus. Mit einer bemerkenswerten Wachstumsrate von 2.7 Prozent trug die Finanzbranche der Region Zürich wesentlich zum Wachstum des Schweizer Finanzsektors bei. Nur die beiden Regionen London und Stockholm wiesen mit 7.6 und 3.5 Prozent eine grössere Wachstumsrate aus. 26 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Teil II Prognosen Die Auswirkungen der globalen makroökonomischen Unwägbarkeiten drücken 2014 auf die Wertschöpfungsentwicklung der Gesamtwirtschaft und im Finanzsektor. Die erwartete anziehende Konjunktur ab 2015 dürfte die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen erhöhen und dem Finanzsektor Wachstumsimpulse liefern. Insbesondere die Vermögen dürften leicht rascher zunehmen als das Wirtschaftswachstum, welches selber eine Beschleunigung erfährt. Während die Volumen im Finanzsektor damit tendenziell steigen, bleibt der Druck auf die Preise und damit die Margen weiterhin hoch. Zudem ist auf der Kostenseite kurzfristig nur mit wenig Entlastung zu rechnen. Die Implementierung der neuen Regulierungen und die Investitionen in den Wandel treiben aktuell die Kosten in die Höhe. Gerade dieser Wandel dürfte längerfristig zusätzliches Wachstumspotential bieten. Insgesamt rechnet BAKBASEL für den Schweizer Finanzsektor in den Jahren 2014 bis 2016 mit gegenüber der Gesamtwirtschaft marginal überdurchschnittlichen Wachstumsraten. Zusammen mit dem konjunkturellen Aufschwung erreicht das reale Wachstum des Finanzsektors im Jahr 2016 seinen Höhepunkt (+2.5%; Gesamtwirtschaft +2.1%), bevor es auf die langfristigen Trendraten einschwenkt. Die Umstrukturierungsmassnahmen und der Umbau von Geschäftseinheiten bei den Banken führten 2013 zu einer Reduktion der Zahl der Erwerbstätigen um 1.7 Prozent. Zwar hält diese Entwicklung bei den Banken auch im Jahr 2014 an (–1.0%). Über den gesamten Finanzsektor gesehen dürfte die Umstrukturierung jedoch lediglich zu einer verlangsamten Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen führen. Der gegenüber der Gesamtwirtschaft marginal schwächere Stellenaufbau im Finanzsektor in den kommenden Jahren spiegelt, bei gleichzeitig überdurchschnittlicher Expansion der realen Wertschöpfung, die zu erwartenden Produktivitätsgewinne des Strukturwandels der Bankenbranche. Der Finanzplatz Zürich dürfte aufgrund seiner Zentrumsfunktion von den beschriebenen Bewegungen überdurchschnittlich stark betroffen sein respektive profitieren. BAKBASEL erwartet für die reale Wertschöpfung des Finanzsektors der Region Zürich Wachstumsraten von 2.4 (2015) und 2.7 Prozent (2016). Für die Zahl der Erwerbstätigen betragen die Raten in beiden Jahren 0.9 Prozent. 27 Finanzplatz Zürich 2014/2015 4Ausblick Vor der Präsentation der Aussichten für den Zürcher Finanzsektor wird die Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der wichtigsten finanzmarktspezifischen Indikatoren aufgezeigt. Damit werden die Faktoren beschrieben, die den kurzfristig zu erwartenden Bewegungen im Finanzsektor zugrunde liegen. Um den Ausblick für den Finanzsektor Zürich in einen Kontext zu stellen und das Bild abzurunden, wird zudem auf die gesamtschweizerische Entwicklung im Finanzsektor eingegangen. 4.1 Überblick 4.1.1 Wirtschaftliches Umfeld Die Erholung der Weltwirtschaft fiel im Jahr 2014 schwächer aus als erwartet. Hierzu haben nicht zuletzt die gestiegenen geopolitischen Unsicherheiten beigetragen, welche auch weiterhin die Entwicklung der Weltwirtschaft hemmen dürften. Dennoch ist grundsätzlich von einer Beschleunigung der globalen Konjunktur auszugehen. Insbesondere von den USA sind positive Impulse zu erwarten. Auch in der Eurozone wird eine allmählich zunehmende Dynamik erwartet, allerdings werden strukturelle Schwächen sowie die anhaltenden Entschuldungsprozesse weiterhin das Wachstumstempo limitieren. In den Schwellenländern dürfte die Wachstumsdynamik in den nächsten Quartalen uneinheitlich ausfallen, zahlreiche Länder werden von Reformdefiziten sowie den gestiegenen geopolitischen Unsicherheiten ausgebremst. In China hat sich die Konjunktur zwar gefestigt, das Wirtschaftswachstum wird in den kommenden Jahren jedoch deutlich niedriger ausfallen als im vergangenen Jahrzehnt. Insgesamt prognostiziert BAKBASEL für 2014 ein globales Wirtschaftswachstum von 2.6 Prozent. In den Jahren 2015 und 2016 ist mit einer Beschleunigung des Wachstums auf 3.0 bzw. 3.3 Prozent zu rechnen. In der Schweiz trüben 2014 die vielfältigen Unsicherheiten die Stimmung und verleiten zahlreiche Wirtschaftsakteure zu einem zögerlichen Verhalten. Das spiegelt sich insbesondere in der nach wie vor verhaltenen Investitionstätigkeit. BAKBASEL erwartet für das Jahr 2014 lediglich ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1.4 Prozent. Die erhöhte Unsicherheit wird auch in den kommenden Quartalen zu spüren sein. Dennoch ist mit einer allmählichen Konjunkturbelebung zu rechnen. Vor allem bei den privaten Konsumausgaben ist dank dem stetigen Beschäftigungsaufbau und der positiven Einkommensentwicklung bald wieder mit höheren Wachstumsraten zu rechnen. Zudem sind vom Aussenhandel sowie von den Ausrüstungsinvestitionen zunehmend stärkere Impulse zu erwarten. Insgesamt dürfte das Schweizer Bruttoinlandsprodukt 2015 um 1.9 Prozent expandieren, 2016 ist mit einer leichten Beschleunigung auf 2.1 Prozent zu rechnen. 4.1.2Aktuelle Entwicklung der Finanzmarktindikatoren Die äusserst expansive Geldpolitik der Zentralbank seit der Finanzkrise hat die Zinssätze auf rekordtiefe Niveaus gesenkt (vgl. Abb. 4-1). Seit dem August 2011 liegt das Zielband der SNB für den 3-Monats-Libor zwischen 0 und 0.25 Prozent. Die langfristigen Zinsen, gemessen anhand der Kassazinssätze von zehnjährigen Schweizer Staatsanleihen («Eidgenossen»), sanken in der Folge ebenfalls. Der Vertrauensverlust in den Euro im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise wertete den Schweizer Franken massiv auf und verschärfte die Abnahme der langfristigen Schweizer Zinsen zusätzlich. Der Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro, den die SNB im September 2011 einführte, stabilisierte die zuvor explodierende Frankenstärke und wurde seither erfolgreich gehalten. Die Zinsen sind jedoch weiterhin auf extrem tiefem Niveau. Die leichte Erholung der langfristigen Zinsen im Jahr 2013 war aufgrund der weiterhin ungelösten strukturellen Probleme einiger europäischer Länder nicht nachhaltig und wurde in der ersten Jahreshälfte 2014 (Januar bis August) korrigiert. Im August 2014 notierten die Zinsen für Obligationen der Eidgenossenschaft mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf einem neuen historischen Tiefstand. 28 Finanzplatz Zürich 2014/2015 1.0 Abb. 4-1 160 Zinsen und Wechselkurs CHF Libor 3M: CH-Libor, 3 Monate 150 Laufzeit (linke Skala), Eidgenossen 10J: Eidgenössische Obligationen, 140 10 Jahre Laufzeit (linke Skala), Wechselkurs: Exportgewichteter Wechselkursindex gegenüber 40 130 Handelspartnern, nominal, Januar 1999 = 100 (rechte Skala) 120 Jan 2007 – Aug 2014 (Quelle: SNB) 110 0.5 100 CHF Libor 3 Monate 3.5 Eidgenossen 10 Jahre Wechselkurs (rechte Skala) 3.0 2.5 2.0 1.5 0.0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 90 Das Tiefzinsumfeld belastet die Zinsmargen der Banken und das Anlageergebnis der Versicherungen, insbesondere der Lebensversicherungen und Pensionskassen. Diese legen gut die Hälfte der verwalteten Gelder in festverzinslichen Anlagen an. In der Vergangenheit festgelegte Verzinsungen gefährden damit den Geschäftserfolg und die Wertschöpfung. Die typischerweise langen Laufzeiten der festverzinslichen Anlagen werden zudem noch längere Zeit in den Büchern der Versicherungen mitgetragen. Aufgrund der tiefen Zinsen ist die Investition in Anlagen mit geringem Risiko weniger attraktiv. Dadurch sind die Kurse an den Börsen deutlich gestiegen. Der MSCI World Index lag im August 2014 beispielsweise bereits wieder 4 Prozent über dem Höchststand vor der jüngsten Finanzkrise (vgl. Abb. 4-2). Damit hat der Index seit dem Tiefststand im Februar 2009 um 133 Prozent zugelegt. Die expansive Geldpolitik schürt folglich eine Inflation der Preise an den Anlagemärkten. Die Aktivität an der Börse, gemessen am Transaktionsvolumen, hat sich vom Einbruch nach der Finanzkrise jedoch noch nicht erholt und bewegt sich weiterhin auf tiefem Niveau. 160 Abb. 4-2 Börsenentwicklung und Wertschriftenumsätze Indexiert Jan 2007 = 100; Jan 2007 – Aug 2014 (Quelle: SIX) Börs enums ätze 140 MSCI World Index 120 100 80 60 40 20 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Die Banken profitieren von steigenden Anlagekursen durch höhere Kommissionseinnahmen über die zunehmenden Vermögen in ihren Kundendepots. Einen Grossteil der Kommissionseinnahmen generieren die Banken jedoch auch mittels der Transaktionen von Wertschriften. Abbildung 4-3 zeigt das Volumen der Wertschriften in Kundendepots bei Schweizer Banken. Die Wertschriftenbestände sind zwischen Januar und August 2014 um 4 Prozent gewachsen. Das Niveau liegt nur noch marginal unter dem Höchststand von 2007. 29 Finanzplatz Zürich 2014/2015 40% 30% 20% 10% 0% -10% -20% -30% -40% 2014 2013 2012 2011 2009 2008 2007 Total Bankexporte K omis sionseinnahmen 2010 Abb. 4-3 6000 Wertschriftenbestände in Kundendepots 5500 In Mia. CHF, Jan 2007 – Aug 2014 5000 (Quelle: SNB) 4500 Abb. 4-4 4000 Bankdienstleistungsexporte Wachstumsraten gegenüber 3500 Vorjahresmonat, Q1 2007 – Q2 2014 3000 (Quelle: SNB) Die Kommissionseinnahmen aus dem Ausland haben, nach einer längeren Periode des Wachstums (Mitte 2012 bis Anfang 2014), im zweiten Quartal 2014 stagniert (vgl. Abb. 4-4). Die ausländische Nachfrage nach Bankdienstleistungen aus der Schweiz ist insgesamt im ersten Quartal 2014 gesunken, liegt jedoch weiterhin über dem Ergebnis des ersten Halbjahres 2013. Im weiteren Jahresverlauf dürfte die Nachfrage leicht positiv ausfallen und sich weiter erholen. Insgesamt dürfte die Vermögensverwaltung in der ersten Jahreshälfte 2014 marginal positiv zur Wertschöpfungsentwicklung der Banken beigetragen haben. Der konjunkturelle Aufschwung im In- und Ausland 2015 und 2016 dürfte sich über die steigenden Vermögen positiv auf die Kommissionseinnahmen auswirken. Abb. 4-5 30% Kredite Wachstumsraten gegenüber Vorjahresmonat 20% Jan 2009 – Aug 2014 (Quelle: SNB) 10% 30% K redite Inla nd K redite Ausland Total Kredite 20% 10% Abb. 4-6 0% Spareinlagen Wachstumsraten gegenüber Vorjahresmonat, Jan 2009 – Aug 2014, ab Juni 2013 -10% inklusive PostFinance AG (Quelle: SNB) -20% -30% 2009 Spa reinlagen Inland Spa reinlagen Ausland Total Spareinlagen 0% -10% 2010 2011 2012 2013 2014 -20% 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Mit stärkeren Impulsen für die Wertschöpfungsentwicklung der Banken ist weiterhin von Seiten des Retail Banking zu rechnen. Das Tiefzinsumfeld drückt zwar auf die Zinsmarge, das Volumen der Kredite ist jedoch weiter gewachsen (vgl. Abb. 4-5). Während die inländischen Kredite stabil pro Monat um rund 5 Prozent zulegten, wurden auch die Kredite an ausländische Kunden im ersten Halbjahr deutlich ausgeweitet (Januar bis Juli 2014: +9.3%). Die Sprünge in der Wachstumsrate der Spareinlagen der inländischen Kunden im Juni 2013 und im Mai 2014 sind auf einen statistischen Sondereffekt zurückzuführen (vgl. Abb. 4-6). Im Juni 2013 wurde die PostFinance AG in den Bankenstatus aufgenommen. Damit wurde sie erstmals in den Statistiken der SNB erfasst, wodurch die Kundeneinlagen um 103.7 Mrd. CHF anstiegen. Gegenüber dem Vorjahresmonat gerechnet fallen die Wachstumsraten in dieser Periode daher auffällig hoch aus. Im Juli 2014 lag die Zunahme der Spareinlagen inländischer Kunden bei 4 Prozent. Die Einlagen ausländischer Kunden sind im ersten Halbjahr 2014 gesunken. Dies dürfte auch mit der Erhöhung der Kontogebühren und teilweisen Kündigung von Lohnkonten der Grenzgänger zusammenhängen. 30 Finanzplatz Zürich 2014/2015 4.2 Finanzsektor Schweiz Die reale Wertschöpfung des Finanzsektors dürfte in der kurzen Frist leicht über dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft wachsen (vgl. Abb. 4-7). Die anziehende Dynamik in der Schweizer Konjunktur erhöht die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen. BAKBASEL erwartet für den Schweizer Finanzsektor Wachstumsraten der realen Bruttowertschöpfung in der Höhe von 1.6 (2014), 2.1 (2015) und 2.5 Prozent (2016). Die Gesamtwirtschaft zum Vergleich wächst voraussichtlich mit 1.4, 1.9 und 2.1 Prozent. 10% Abb. 4-7 Schweiz: Wachstumsraten der realen Bruttowertschöpfung (Quelle: BAKBASEL) 5% 0% -5 % Banken Vers icherungen S onstige Finanzdienstleistungen Finanzsektor Gesamtwirtschaft -1 0 % -1 5 % 2 0 08 2 0 09 2 0 10 2 0 11 2 0 12 2 0 13 2 0 14 2 0 15 2 0 16 Die Banken vermögen die Erholung voranzutreiben und das Wachstum der realen Bruttowertschöpfung zu beschleunigen (2014: +1.5%, 2015: 2.0%, 2016: 2.3%). Eine stärkere Aufholbewegung – wie sie nach starken Einbrüchen oft beobachtbar ist – wird nicht erwartet. Die erhöhten Transparenzansprüche der Kunden, die neuen regulatorischen Anforderungen sowie der steigende Wettbewerbsdruck lassen nur geringen Spielraum für Margenerhöhungen zu. Die Volumen werden jedoch weiter steigen und die Kosten durch die stärkere Industrialisierung sinken. Auch die Versicherungen profitieren von der robusten Schweizer Konjunkturlage. Insbesondere für die Schaden- und Unfallversicherungen ist von einer steigenden Nachfrage auszugehen. Im gesättigten Schweizer Markt bleibt das Potential für steigende Prämien jedoch begrenzt. Im globalen Rückversicherungsgeschäft zeigen sich sinkende Preise durch steigende Konkurrenz (etwa durch Cat-Bonds7) und ausbleibende Grossschäden. Ebenso ist in der kurzen Frist keine Zinswende zu erwarten, womit die Situation für die Assekuranz (insbesondere die Lebensversicherungen und Pensionskassen) hier aktuell schwierig bleibt. Positiven Einfluss auf das Anlageergebnis der Versicherungen dürften hingegen die weiterhin steigenden Aktienkurse ausüben. Alles in allem wächst die Bruttowertschöpfung der Versicherungen voraussichtlich mit 1.4 Prozent im Jahr 2014, 2.2 Prozent in 2015 und 2.3 Prozent in 2016. Das herausragende Ergebnis der letzten 2 Jahre mit Wachstumsraten über 3 Prozent kann voraussichtlich nicht repliziert werden. Das stärkste Wachstum wird in der kurzen Frist von der kleinsten Branche des Finanzsektors, den sonstigen Finanzdienstleistungen, erwartet (2014: +2.5%, 2015: +2.4%, 2016: +3.5%). Mit den tiefen Zinsen sind risikoarme Alternativen zu Anleihen gesucht. Das erhöht die Nachfrage nach den Dienstleistungen dieser Branche gegenüber dem gesamten Finanzsektor überdurchschnittlich. Auf der anderen Seite spüren auch die sonstigen Finanzdienstleister die steigenden Transparenzanforderungen und Kostenaffinität der Kunden. Beispielsweise sind eher kostengünstige passive als teurere aktiv verwaltete Produkte gefragt. Insgesamt wird der Finanzsektor voraussichtlich erst im Jahr 2017 bei der preisbereinigten Wertschöpfung das Niveau vor der Krise (2007) erreichen. Bei den Banken dürfte der Gleichstand erst in rund 10 Jahren erfolgen. 7 Cat-Bonds, auch Katastrophenanleihen genannt, sind Schuldtitel, die an (Natur-)Katastrophenereignisse geknüpft sind. Im Schadensfall kompensieren sie den finanziellen Schaden. Sofern die definierte Katastrophe nicht eintritt, wird der Investor mit einem Zins inklusive Risikoprämie entschädigt. 31 Finanzplatz Zürich 2014/2015 4.2.1Erwerbstätige Der Strukturwandel bei den Banken führte 2013 zu einem Stellenabbau, der auch 2014 anhält (–1.0%) (vgl. Abb. 4-8). Die Erholung der Wertschöpfung dürfte allerdings bereits 2015 wieder zu einer steigenden Zahl der Erwerbstätigen bei den Banken führen. Die Versicherungen und die sonstigen Finanzdienstleistungen hingegen verzeichnen in der kurzen Frist weiterhin steigende Erwerbstätigenzahlen. Insgesamt dürfte das Stellenwachstum im Finanzsektor mit Raten von 0.3 (2014), 1.0 (2015) und 0.9 Prozent (2016) unter dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft liegen. Abb. 4-8 1 0 % Schweiz: Wachstumsraten der Zahl der Erwerbstätigen (Quelle: BAKBASEL) 8 % Banken Vers icherungen S onstige Finanzdienstleistungen Finanzsektor Gesamtwirtschaft 6% 4% 2% 0% -2 % -4 % 2 0 08 4.3 2 0 09 2 0 10 2 0 11 2 0 12 2 0 13 2 0 14 2 0 15 2 0 16 Finanzsektor Region Zürich Der Finanzsektor der Region Zürich dürfte von der geschilderten kurzfristigen Entwicklung in der Vermögensverwaltung und der (Rück-)Versicherungen überdurchschnittlich betroffen sein. Diese Geschäftsfelder sind in der Limmatstadt dominant vertreten. Die Schweiz, insbesondere die übrige Schweiz, profitiert dagegen vom hohen Gewicht des Retail-Sektors. Neben Zürich sind auch Genf und Lugano bevorzugte Standorte für die Vermögensverwaltung. Lugano ist stark von der Unsicherheit in den politischen und regulatorischen Beziehungen zu Italien betroffen. Hier sind die Aussichten für die Vermögensverwaltung und damit den Bankenplatz insgesamt sehr bescheiden. Am Finanzplatz Genf ist das Vermögensverwaltungsgeschäft stärker auf die Regionen Frankreich, Mittlerer Osten, Lateinamerika und asiatische Länder ausgerichtet, während in Zürich Kunden aus EU-Ländern und den USA dominieren. In den Heimatregionen der Genfer Kunden ist – abgesehen von Frankreich – in der kurzen Frist kaum mit strikten Steuervorschriften und starken Geldabflüssen zu rechnen. Zudem ist das Genfer Investment Banking stark auf die (Rohstoff-)Handelsfinanzierung spezialisiert. Die Handelsfinanzierung dürfte zu den Gewinnern der Umstrukturierung des Investment Banking gehören, da sie zum kundennäheren Teil des Investment Banking gehört. Der kurz- und mittelfristig erwartete konjunkturelle Aufwärtstrend dürfte mit dem damit verbundenen Rohstoffhunger das Geschäft weiter florieren lassen. 4.3.1Wertschöpfung Der Finanzsektor Zürich wächst sowohl gegenüber der Gesamtwirtschaft der Region als auch gegenüber dem Finanzsektor Schweiz überdurchschnittlich. Nach dem herausragenden Ergebnis des Jahres 2013 (+2.7%) wird der Finanzsektor Zürich voraussichtlich vom breiten Konjunkturaufschwung profitieren und ab 2014 die Wachstumsgeschwindigkeit erhöhen (2014: +2.0%, 2015: +2.4%, 2016: +2.7%) (vgl. Abb. 4-9). Abb. 4-9 Region Zürich: Wachstumsraten der realen Bruttowertschöpfung (Quelle: BAKBASEL) 10% 5% 0% -5 % Banken Vers icherungen S onstige Finanzdienstleistungen Finanzsektor Gesamtwirtschaft -1 0 % -1 5 % -2 0 % 2 0 08 2 0 09 2 0 10 2 0 11 2 0 12 2 0 13 2 0 14 32 2 0 15 2 0 16 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Die Banken der Region Zürich waren bisher überdurchschnittlich von den Folgen der Finanzkrise betroffen und wuchsen weniger stark als in der Gesamtschweiz. Die anziehende Konjunktur, insbesondere die stärkere Vermögenszunahme, begünstigt die Banken der Region nun überdurchschnittlich. Es ist zudem damit zu rechnen, dass die Früchte des Strukturwandels hauptsächlich im Finanzcluster Zürich anfallen. In Zürich ist mit überdurchschnittlichen Produktivitätsgewinnen zu rechnen. BAKBASEL rechnet mit Wachstumsraten von 1.6 (2014), 2.3 (2015) und 2.5 Prozent (2016). Im Jahr 2013 trieben insbesondere die Rückversicherungen das Wachstum des Finanzsektors Zürich voran (Versicherungen: +4.0%). Zwar profitieren auch die Versicherungen von der erwarteten Beschleunigung der Wirtschaftsentwicklung (2014: +2.2%, 2015: +2.4%, 2016: +2.6%), die Banken dürften jedoch ab 2014 wieder den grössten Beitrag zum Wachstum des Finanzsektors leisten. Die höchsten Wachstumsraten erreicht voraussichtlich die kleinste Teilbranche des Finanzsektors, die sonstigen Finanzdienstleistungen. BAKBASEL erwartet für diese eine Zunahme der realen Wertschöpfung in der Region Zürich um 2.8 (2014), 2.7 (2015), 3.7 Prozent (2016). Sie wachsen damit deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft der Region. 4.3.2Erwerbstätige Der Finanzplatz Zürich ist als grösstes Finanzzentrum der Schweiz vom Strukturwandel bei den Banken besonders betroffen. Der Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen bei den Banken fiel im Jahr 2013 hier daher deutlich überdurchschnittlich aus (–5.2%) (vgl. Abb. 4-10). Auch 2014 dürfte die Entwicklung der Zahl der Stellen bei Banken in Zürich ein grösseres Minus aufweisen als in der Gesamtschweiz (–1.8%). Der deutliche Stellenaufbau bei den Versicherungen (+2.2%) und den sonstigen Finanzdienstleistungen (+3.1%) vermag den Rückgang bei den Banken voraussichtlich jedoch zu kompensieren. Insgesamt rechnet BAKBASEL im Finanzsektor Zürich mit einer Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2014 (+0.0%). Die Umstrukturierung der Banken dürfte zu beachtlichen Produktivitätsgewinnen am Bankenplatz Zürich führen. Damit ist ein gegenüber der Wertschöpfung geringeres Wachstum der Zahl der Erwerbstätigen bei den Banken zu erwarten. Die deutlich anziehende Wertschöpfungsentwicklung dürfte dennoch zu einem Wachstum der Zahl der Stellen führen. Insgesamt erwartet BAKBASEL für 2015 und 2016 eine Ausweitung der Zahl der Erwerbstätigen im Finanzsektor von jeweils 0.9 Prozent. Diese Wachstumsraten sind geringer als diejenigen der Gesamtwirtschaft der Region (2015 und 2016 jeweils +1.3%). 14% Abb. 4-10 Region Zürich: Wachstumsraten der Zahl der Erwerbstätigen (Quelle: BAKBASEL) Banken Vers icherungen S onstige Finanzdienstleistungen Finanzsektor Gesamtwirtschaft 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2 % -4 % -6 % -8 % 2 0 08 2 0 09 2 0 10 2 0 11 2 0 12 2 0 13 2 0 14 2 0 15 2 0 16 33 Finanzplatz Zürich 2014/2015 4.4 Fazit Die Entwicklung des Finanzplatzes Zürich ist von einer Konsolidierung und Produktivitätssteigerung des Bankensektors geprägt. Da die Geschäftsfelder, die am stärksten umstrukturiert werden, in Zürich überdurchschnittlich stark vertreten sind, war bisher in Zürich ein unterdurchschnittliches Wachstum von Wertschöpfung und Erwerbstätigkeit zu beobachten. Mit dem anstehenden breiten konjunkturellen Aufschwung und den ersten Resultaten aus der Umstrukturierung dürfte die Region Zürich ab 2015 wieder grössere Wachstumsimpulse erfahren als der Rest der Schweiz. Die Umstrukturierung der Banken dürfte zu beachtlichen Produktivitätsgewinnen am Bankenplatz Zürich führen. Auch die Versicherungen profitieren von der robusten Konjunkturlage. Insbesondere für die Schaden- und Unfallversicherungen ist von einer steigenden Nachfrage auszugehen. Das in Zürich gewichtige Rückversicherungsgeschäft kämpft aktuell mit sinkenden Preisen durch steigende Konkurrenz und ausbleibende Grossschadenereignisse. Das tiefe Zinsniveau schmälert zudem das Anlageergebnis der Lebensversicherungen. Die anziehende Konjunktur dürfte den Versicherungen in Zürich eine steigende Nachfrage bescheren, wodurch für die Wertschöpfung mit stabilen Wachstumsraten zu rechnen ist. 34 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Teil III Der Strukturwandel am Bankenplatz Zürich Die Finanzkrise hat den Schweizer Bankenplatz tief erschüttert. Zahlreiche Beobachter prophezeiten der Branche einen schmerzhaften Strukturbruch. Mittlerweile hat sich die Situation stabilisiert, auch wenn die Branche noch eine Dekade brauchen wird, um in der Wertschöpfung wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen. Aus zahlreichen Expertengesprächen im Rahmen des vorliegenden Projekts und der analysierten Daten wurde deutlich, dass die Bankenbranche einem starken Wandel ausgesetzt ist, dass dieser Prozess schon vor der Finanzkrise eingeläutet wurde und sich über einen längeren Zeitraum abspielt. Auslöser des längerfristigen Strukturwandels sind der technologische Fortschritt und die Digitalisierung, die den Banken neue Möglichkeiten und Effizienzsteigerungen eröffnen. Die schwierige konjunkturelle Lage der Banken dürfte den Leidensdruck erhöht und den Strukturwandel beschleunigt haben. Als Lösung der verschlechterten Wirtschaftlichkeit wird eine stärkere Industrialisierung angestrebt. Die Strategie, Kunden aus allen Ländern und Segmenten bedienen zu wollen, ist aufgrund der gestiegenen Anforderungen nicht mehr nachhaltig. Daher fokussieren sich die Banken verstärkt auf ihre jeweiligen Stärken und ihre Kerngeschäfte. Als Folge wird auch eine Beschleunigung der Konsolidierung erwartet. Die Attraktivität des Bankenplatzes Zürich ist nach wie vor intakt. Das Niveau der Vermögensverwaltung ist im weltweiten Vergleich auffallend hoch, und Zürich spielt immer noch unter den Top 5 der Welt mit. Die Schweiz konnte zudem ihre Position als weltweit grösstes Zentrum für die Verwaltung grenzüberschreitender Vermögen halten. Der Zufluss an Vermögen in die Schweiz ist weiterhin grösser als der Abfluss von (unversteuerten) Geldern. Die Branche selbst sieht die zukünftige Attraktivität des Finanzplatzes Zürich und der Schweiz jedoch als gefährdet. Ausschlaggebend sind zum einen die bankenspezifische Regulierung und zum anderen eine Verschlechterung der allgemeinen Rahmenbedingungen. Die Banken nehmen ein grosses Misstrauen in der breiten Bevölkerung und der Politik wahr. Sie wünschen sich, dass die Bedeutung des Schweizer Finanzplatzes für die Wirtschaft besser aufgezeigt und anerkannt würde. Dazu sei jedoch ein besseres Zusammenspiel von Politik und Banken notwendig. 5Ausgangslage Der Finance Cluster-Dialog der Standortförderung des Kantons Zürich vom 30. Mai 2013 widmete sich dem Thema «Der Bankenplatz Zürich im Umbruch». Die Tagung und die dazu erschienene Broschüre geben einen Einblick in den Strukturwandel des Finanzplatzes Zürich. Sie beschäftigten sich jedoch nur punktuell mit dem Wandel. Ein Strukturwandel betrifft zahlreiche Facetten einer Branche und kann in seiner Gesamtheit (an einer Tagung) kaum erfasst werden. Teil III der Studie Finanzplatz Zürich 2014/2015 knüpft an diesen Punkt an. Insgesamt soll ein umfassendes Bild zum andauernden Strukturwandel auf dem Bankenplatz Zürich gezeichnet und sollen die Auswirkungen auf die regionale Volkswirtschaft beleuchtet werden. Neben den Erkenntnissen aus vorhandenen Statistiken tragen auch Gespräche mit unterschiedlichen Vertretern aus der Branche und der Verbände sowie mit Experten, die sich mit den Banken beschäftigen, massgeblich zum im Folgenden gezeichneten Bild des Strukturwandels bei. Insgesamt wurden 14 Befragungen durchgeführt. In einigen Bereichen kann der Strukturwandel des Bankenplatzes Zürich nicht von demjenigen der Gesamtschweiz unterschieden werden. Bestimmte Thematiken (z.B. die Regulierung) werden auf nationaler Ebene vorgegeben. Die für den Strukturwandel massgebenden Strategieänderungen werden bei überregionalen oder internationalen Banken nicht alleine auf den Zürcher Standort abgestimmt. In andern Bereichen existieren keine regionalspezifischen 35 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Daten. Daher kann in der folgenden Analyse nicht alleine auf den Bankenplatz Zürich eingegangen werden. Oftmals betreffen die Aussagen den ganzen Bankenplatz Schweiz. Das Vorgehen und der Aufbau der Analyse des Strukturwandels am Bankenplatz Zürich wird in der untenstehenden schematischen Darstellung erläutert. Treiber und Schocks Langfristige Treiber und schockartige Ereignisse als Auslöser des Wandels werden identifiziert Umweltveränderungen Die Treiber und Schocks verändern die Umwelt der Banken in verschiedener Hinsicht. Dabei können Treiber und Schocks auch bei anderen Akteuren einen Strategiewandel auslösen (z.B. Politik), und erst dadurch in einem zweiten Effekt auf die Umwelt der Banken einwirken (z.B. Regulierung). Konkrete Herausforderungen Aus jeder einzelnen Umweltveränderung ergeben sich eine oder mehrere konkrete Herausforderungen für die Banken. Die meisten Herausforderungen werden dabei von mehreren Umweltveränderungen beeinflusst, wobei die Einflussstärke und die Wirkungsrichtung variieren. Strategiewandel der Banken Im Strategiewandel zeigen sich die Reaktionen der Banken auf die konkreten Herausforderungen. Wandel am Bankenplatz Zürich Die nachfolgende Umsetzung der neuen Strategien wird von aussen als eigentlicher Strukturwandel wahrgenommen. Zusammengenommen führen die Entscheidungen der einzelnen Banken zu branchenweiten Veränderungen, die auch die regionale Volkswirtschaft mitprägen. 36 Finanzplatz Zürich 2014/2015 6Ursachen und Treiber des Strukturwandels In den letzten Jahren, insbesondere seit der Finanzkrise, treiben diverse Schocks und Trends einen Strukturwandel auf dem Bankenplatz Zürich voran. Das können langfristige Trends sein, die zu einem langsamen Wandel führen, Schocks mit permanentem unumkehrbarem Einfluss oder Schocks transitorischer Natur, die jedoch den Strukturwandel als Katalysator beschleunigen. Was die Ursachen und Treiber sind und wie sich die Umwelt für die Banken dadurch verändert, wird in diesem Kapitel erläutert. Schliesslich wird aufgezeigt, was die resultierenden Herausforderungen für die Banken sind. 6.1 Trends und Schocks Technologischer Fortschritt Der technologische Fortschritt, insbesondere die Digitalisierung, beschert den Banken und der Wirtschaft im Allgemeinen vielerlei neue Möglichkeiten und Effizienzsteigerungen. Beispielsweise war die Swiss Exchange (SIX) weltweit die erste vollelektronische Börse. Der technologische Fortschritt ermöglichte die Automatisierung vieler Prozesse und dürfte einer der wichtigsten Gründe für das herausragende Wachstum der Banken in den 1990er Jahren sein (1990–2000: Banken Ø +5.7% p.a.; Gesamtwirtschaft Ø +1.2% p.a.). Damals installierten die Banken aus heutiger Sicht schwerfällige Mainframegrossrechner und schrieben zahlreiche Eigenprogrammierungen. Auf dieser Basis wurde lange weiter aufgebaut, obwohl die zugrunde liegende Technologie teilweise bereits überholt war. Der Eigenbau erschwert heute die Einbindung von günstiger standardisierter Software. Die digitale Durchdringung hat auch in der Gesellschaft, insbesondere mit den mobilen Geräten (Smartphones, Tablets), stark zugenommen. War in den Anfängen des Internets vor allem die junge Generation an Online-Angeboten interessiert, besorgt sich mittlerweile fast jedermann wenn nicht Güter und Dienstleistungen, dann zumindest Informationen im Netz. Damit ist auch die ältere Generation, die meist vermögender ist, online aktiv. Smarte Geräte sind keine Generationenfrage mehr und haben die Ansprüche der Kunden stark verändert. Geopolitische Verschiebungen Ein gänzlich anders gelagerter Trend ist die globale Verschiebung der wirtschaftlichen und politischen Gewichte zu einer multipolaren Welt. Der wirtschaftliche Aufstieg der Schwellenländer fördert das Selbstbewusstsein und das Vermögenswachstum in diesen Ländern. Zwar wachsen die Vermögen und damit die Nachfrage nach Bankdienstleistungen auch in den Industrieländern, die Wachstumsraten sind jedoch deutlich geringer. In den Wachstumsmärkten entsteht eine neue Kundschaft, die andere Anforderungen an Bankdienstleistungen stellt. Die Risikobereitschaft ist grösser und der Wunsch nach Selbstbestimmung stärker. Finanzkrise Durch das Platzen der US-Immobilienblase 2007 mussten viele Banken substanzielle Abschreibungen auf ihren Beständen an Hypotheken und verbrieften Krediten hinnehmen. Dadurch wurden die Eigenkapitalquoten und Liquiditätsmasse empfindlich geschwächt. Über den Interbankenmarkt und die globale Vernetzung der Branche breitete sich die Krise aus. Der breite Kurssturz an den Kapitalmärkten zog immer weitere Kreise und erfasste mehr Institute. Um diesen Dominoeffekt zu unterbrechen, mussten mehrere Banken von staatlicher Seite gestützt werden. Wirtschaftskrise Die illiquiden Banken in Amerika und Europa schränkten ihre Kreditvergabe ein, was die Investitionstätigkeit abwürgte. Die enorme Wertvernichtung durch die Korrektur an den Finanzmärkten liess zudem die Konsumentenstimmung ab Mitte 2008 in den Keller rauschen. Damit weitete sich die Finanzkrise zu einer weltweiten Wirtschaftskrise aus. Das Ausmass des Wirtschaftseinbruchs im ersten Jahr nach der Krise wird als vergleichbar mit demjenigen während der Grossen Depression gesehen. Um die Wirtschaft zu stützen, fluteten die Zentralbanken die Märkte mit Liquidität und senkten die Zinsen auf nahe Null. Zudem schnürten viele Staaten Konjunkturpakete in noch nie gesehenen Ausmassen. Staatsschuldenkrise Die immensen Konjunkturpakete, kombiniert mit den durch die lahmende Wirtschaft wegbrechenden Steuereinnahmen, warfen die Frage nach der Tragfähigkeit der seit längerem ange37 Finanzplatz Zürich 2014/2015 schwollenen Staatsschulden einiger Ländern auf. Einige von ihnen beanspruchten externe Hilfe. Die Notenbanken berücksichtigten zunehmend auch die Schuldensituation der Staaten in ihren geldpolitischen Entscheidungen. Plötzlich zählten auch Staatsobligationen zu den Ramschpapieren und bedrohten die Stabilität des Bankensystems zusätzlich. 6.2 Umweltveränderungen Auswirkungen auf die Nachfrage und Kundenbedürfnisse Der technologische Fortschritt, insbesondere das Internet und die sozialen Medien, haben das Verhalten und die Ansprüche der Kunden grundlegend verändert. Sie sind besser informiert und können sich einfacher organisieren. Verfügbarkeit, Kostentransparenz und Preis (insbesondere im Tiefzinsumfeld), Geschwindigkeit sowie Qualität der eigentlichen Dienstleistung haben an Bedeutung gewonnen. Der persönliche Kontakt mit den Bankangestellten ist dagegen in den Hintergrund getreten und die Loyalität der Kunden gesunken. Gemäss Reto Siegrist, Leiter Finanzberatung und Stellvertreter Leiter Private Banking der Zürcher Kantonalbank (ZKB), nutzten die Kunden im Jahr 2013 nur noch für 5 Prozent aller Zahlungstransaktionen (Zahlungen, Bargeldbezüge) einen Schalter. 2003 lag der Anteil der Schaltertransaktionen noch bei 15 Prozent. Online-Angebote sind gegenüber physischen Standorten kostengünstiger. Die Banken verlieren jedoch den persönlichen Berührungspunkt mit den Kunden. Die Verbindung zum Retail-Kunden ist keine hinreichende Grundlage mehr für weitere wertschöpfungsintensive Aufträge. Um die Kunden zu halten, muss ein zusätzlicher Mehrwert geschaffen werden. In der Vermögensverwaltung ist im Zeitalter des gut informierten Kunden eine andersartige Beratung nötig und versteckte Kosten sind tabu. Das spiegelt sich beispielsweise im Bundesgerichtsentscheid zum Verbot der Vergütung von Vertriebsleistungen (Einbehalt von Retrozessionen), ohne den Kunden zu informieren. Auswirkungen auf die Produktion Das Internet, das Web 2.0 und Big Data haben das Potential, die bisherigen Geschäftsmodelle der Banken umzukrempeln. Ähnlich wie das in anderen Branchen bereits geschehen ist, etwa in der Musikbranche und im Buchhandel oder aktuell im Taximarkt geschieht. Der technologische Fortschritt vereinfacht und fördert die Industrialisierung der Branche. Er eröffnet zugleich neue Geschäftsfelder und hebt die Qualität und Effizienz von bestehenden Prozessen. Naheliegende Schritte sind etwa, durch Automatisierung Zeit und Kosten zu sparen oder die Kommunikation auf digitale Kanäle zu erweitern. Ebenso bieten sich geeignete Instrumente und digitale Lösungen an, welche die Servicequalität der Berater unterstützen und einen Mindeststandard garantieren. Neue Möglichkeiten eröffnen sich aber auch in weniger offensichtlichen Bereichen, beispielsweise in einer vollautomatischen Portfolioverwaltung mittels Big Data und cleveren Algorithmen. Auswirkungen auf das Marktumfeld und den Wettbewerb Um das Potential des technologischen Fortschrittes zu nutzen, sind grosses technologisches Know-how sowie geeignete digitale Schnittstellen zum Kunden unerlässlich. Hier haben Informationstechnologieunternehmen (IT-Unternehmen) einen Vorsprung gegenüber den Banken. Es sind in erster Linie auch IT- und Internet-Unternehmen, die als branchenfremde Konkurrenz in den Markt für Bankendienstleistungen vordringen. Bisher beschränken sie sich hauptsächlich auf Produkte und Dienstleistungen, die (noch) keiner regulatorischen Aufsicht unterliegen. Dazu gehören (mobile) bargeldlose Bezahldienste8, alternative Formen des Kredits, wie direct lending, peer to peer lending (P2P-Kredit) und crowdfunding, oder Beratungsdienste im Hypothekargeschäft. Damit entstehen neue Formen der Finanzintermediation, die eine klassische Bank obsolet machen könnten. Facebook, Google und die Ebay-Tochter PayPal besitzen bereits eine Banklizenz in Europa. Apple schaltet sich mit ihrem Bezahl-Dienst (Apple Pay) zwischen Kreditkartenbank und Kunde. In der Schweiz haben sich unter anderen Cashare als crowdfunding Platform sowie Moneypark und Hypoplus im Hypothekargeschäft etabliert. Aber auch die Banken selbst verändern den Wettbewerb untereinander durch die Umsetzung der Digitalisierungsstrategien. Beispielsweise können Regional- und Kantonalbanken online den gesamten Schweizer Markt ansprechen.9 Eine transitorische Auswirkung der Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise ist das tiefe Zinsniveau. Die tiefen Zinsen drücken die Passivmarge der Banken und erhöhen das Risiko von Blasenbildung am Immobilien- und Aktienmarkt. Um die sinkende Zinsmarge zu kompen Für die Banken spielen die Lohn- und Zahlungskonten neben dem Erstkontakt zum Kunden vor allem für das Passivgeschäft eine Rolle. Im Passivgeschäft investiert eine Bank Gelder, die nicht als Kredite ausgeliehen werden. Für die Banken ist also wichtig, wie hoch die kumulierte Summe der Gelder auf den Konten ist und wie volatil diese Gelder sind. 8 Einige Beispiele hierfür sind der Hypomat der Glarner Kantonalbank sowie weitere Angebote derselben Bank, wie der Risikomat (Lebensversicherungen) und der Investomat (Vermögensverwaltung). 9 38 Finanzplatz Zürich 2014/2015 sieren, weiteten viele Banken ihre Kreditvolumen aus, zumal auch die Nachfrage nach Hypothekarkrediten in der Schweiz stark anstieg. Um die Auswirkungen einer potentiellen Immobilienblase zu mildern, wurden makroprudenzielle Instrumente, wie der antizyklische Kapitalpuffer und verschärfte Abschreibungspraktiken, eingeführt. Auswirkungen auf die Regulierung Die globale Dimension der jüngsten Krisen und die weit fortgeschrittene Globalisierung an den Finanzmärkten hat die Tendenz zu supranationalen Regeln verstärkt. Dabei erarbeiten internationale Gremien und Organisationen, etwa die G20 oder die OECD, eine «best practice», die in den nationalen Gesetzen umgesetzt werden soll. Die Banken sehen in der Anpassung der internationalen Standards an die schweizerischen Gegebenheiten, dem sogenannten «Swiss Finish», oft eine Verschärfung der Regeln und damit Wettbewerbsnachteile gegenüber der internationalen Konkurrenz. Laut Johannes Barth, CEO der Sallfort Privatbank, wolle die Schweiz eine Musterschülerin sein und setze die neuen Standards vorbildhaft um. «Es stellt sich nur die Frage, ob die Schweiz als Musterschülerin auf dem Pausenplatz zum Prügelknaben und Pausenclown wird oder zu einem Vorbild, zu dem man hochschaut.» Die verstärkten Eigenkapitalvorschriften durch Basel III und die Regeln im Zusammenhang mit der «Too-big-to-fail»-(TBTF-)-Problematik betreffen insbesondere die Grossbanken und das Investment Banking. Die Eigenkapitalvorschriften werden von den Banken oft als Hindernis und Kostentreiber bezeichnet. Es wird argumentiert, dass der geringere Return on Equity (ROE)10 die Attraktivität der Banken für Investoren senkt. Tiefere Risiken werden jedoch gemäss der Logik der Kapitalmärkte geringer entlohnt und sollten auch die Refinanzierungskosten der Bank senken. Einzig bei Banken, die eine Staatsgarantie geniessen, hat sich das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko verschlechtert. Aus volkswirtschaftlicher Sicht handelt es sich dabei jedoch um eine sinnvolle Korrektur, die eine effizientere Kapitalallokation fördert. Die verschärften Liquiditätsvorschriften können insbesondere für Retail-Banken zur Herausforderung werden. Zu den Kernaufgaben der Banken gehört die Fristentransformation. Fristenkongruente11 Liquiditätsvorschriften, wie sie bei Versicherungen sinnvollerweise angewandt werden, beschneiden jedoch das Fristentransformationsgeschäft und können zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen. Internationale Standards und die Suche einiger schwer verschuldeter Staaten nach neuen Einnahmequellen führten zu einer restriktiven grenzüberschreitenden Steuerpolitik und der schrittweisen Aufweichung des Schweizer Bankkundengeheimnisses. Dabei ist eine Vielzahl neuer Abkommen und Regeln entstanden: Der internationale Standard der OECD zur grenzüberschreitenden Zinsbesteuerung, der Gesetzesexport der USA durch FATCA, die Abgeltungssteuer der Schweiz mit Grossbritannien und Österreich, der automatische Informationsaustausch (AIA) innerhalb der EU12 und schliesslich der internationale Standard der OECD für einen AIA, der ab 2017 umgesetzt sein könnte. All diese unterschiedlichen Systeme mussten und müssen von den Schweizer Banken umgesetzt werden. Zudem entspricht der Wandel einem Paradigmenwechsel bei der Priorisierung ausländischen Rechts gegenüber Schweizer Recht für ausländische Kunden. Viele Banken glaubten (zu) lange an den Bestand des «alten» Systems und fühlten sich durch das Schweizer Bankkundengeheimnis geschützt. Der Übergang zu Steuerkonformität erfordert auch Lösungen für bestehende Konten und Gelder von Kunden aus dem Ausland.13 Solche Lösungen bestehen noch nicht mit allen Ländern. Das Programm der USA zur Beilegung der Steuerstreitigkeiten kommt die Schweizer Banken teuer zu stehen. Die anfallenden Kosten äussern sich einerseits in hohen Bussen. Andererseits sind mit der Überführung unversteuerter Gelder in die Steuerehrlichkeit Vermögen abgeflossen. Wohl noch teurer sind die Ressourcen, die zur Aufarbeitung der Vergangenheit eingesetzt werden müssen. Zahlreiche Banken meldeten sich im Programm der USA in Kategorie 214 an, da sie 10 Der ROE (deutsch: Eigenkapitalrentabilität) dokumentiert, wie sich das Eigenkapital eines Unternehmens innerhalb einer Rechnungsperiode verzinst hat. Er wird als Gewinn geteilt durch den Eigenkapitaleinsatz berechnet. Fristenkongruenz ist die Übereinstimmung der Fristen und Laufzeiten von Kapitalbindung und Kapitalüberlassung. Eine komplette Übereinstimmung eliminiert die Liquiditätsrisiken. 11 Seit 2005 kennen 22 EU-Staaten den AIA. 12 Je nach Schätzungen und Institut waren 30–70% der Gelder von ausländischen Kunden nicht versteuert. Um diese Summe vollkommen in die Steuerehrlichkeit zu führen, ist neben begünstigenden Rahmenbedingungen viel Zeit und Aufwand notwendig. 13 Für Kategorie 2 haben sich Banken angemeldet, gegen die nicht bereits ein Verfahren eröffnet wurde (Kategorie 1, individuelle Busse), die aber US-Recht gebrochen haben (Busse auf pauschaler Basis). Für Kategorie 3 ist ein Unschuldsbeweis notwendig (keine Bussen), und Kategorie 4 ist für reine Regionalbanken vorgesehen. 14 39 Finanzplatz Zürich 2014/2015 nicht ausschliessen konnten, gegen US-Recht verstossen zu haben. Mittlerweile vermochten einige Banken ihre Situation zu klären und haben Kategorie 2 verlassen. Entgegen der Tendenz zu supranationalen Standards sind in der Regulierung auch renationalisierungs- und protektionistische Bestrebungen beobachtbar. Ein Beispiel dafür sind die nationalen Lösungen der TBTF-Problematik, mit denen oft dem inländischen Bankkunden international tätiger Banken ein grösserer Schutz gewährt wird als den ausländischen Kunden derselben Bank. Deutlicher äussert sich die Renationalisierungstendenz im Kundenschutz in der EU. Solche protektionistischen Massnahmen erschweren den Banken den Marktzutritt in andere Länder. Die Idee eines verschärften Kundenschutzes ist nicht neu und wird beispielsweise in der EU seit den 1990er Jahren diskutiert. Die Finanzkrise hat lediglich die Problematik wieder in den Fokus gerückt. Im Umfeld der Finanzkrise hat das politische Klima eine Verschärfung der Regeln begünstigt. In der Schweiz sind daraus das Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg), das Finanzinfrastrukturgesetz (Finfrag) und das Finanzinstitutsgesetz (Finig) entstanden. Mit dieser Neuordnung der Gesetze versucht die Schweiz auch eine gewisse Vergleichbarkeit zur Regulierung der anderen Staaten (insbesondere der EU) zu erreichen, um die Voraussetzungen für den Marktzugang zu erleichtern. Das Fidleg verlangt von Banken voraussichtlich eine höhere Sorgfaltsplicht bei ihren Anlageempfehlungen und zusätzliche Dokumentations- und Informationspflichten gegenüber ihren Kunden. Weitere Neuerungen sind die Beweislastumkehr punkto Informationspflichten, sowie verschiedene Rechtsdurchsetzungsinstrumente (etwa ein Fonds zur Prozessfinanzierung oder Sammel- und Verbandsklagen). «Wir unterstützen eine einheitliche, produktneutrale Regulierung des Vertriebs genauso wie einheitliche Informations-, Dokumentations- und Rechenschaftspflichten für Finanzdienstleister», sagt Thomas Ulrich, Regionaldirektor UBS Zürich und Präsident des Zürcher Bankenverbandes. «Allerdings enthält das Fidleg Punkte, die wir sehr klar ablehnen», stellt er klar. «Hierzu gehören die Beweislastumkehr, Prozessvorfinanzierung, strafrechtliche Implikationen für Bankmitarbeitende oder jeglicher Swiss Finish, der über aktuelle europäische Rechtsnormen hinausgeht.» Das Finig wird die Aufsicht über die Finanzdienstleister in einem Erlass regeln. Damit werden auch unabhängige Vermögensverwalter einer Bewilligungspflicht unterstellt. Deren Aufsicht übernimmt die Finma oder ein anderes Aufsichtsorgan. Zudem wird die Steuerkonformität der Vermögenswerte (Weissgeldstrategie) festgeschrieben. Das Finfrag soll die bisherigen Börsen-, Bank- und Nationalbankgesetze in einem einzigen Gesetz zusammenfassen. Handlungsbedarf für die Marktteilnehmer entsteht vor allem durch die neuen Regeln im Derivatemarkt. Dazu gehören die Pflicht eines zentralen Clearings (eine zentrale Gegenpartei) und verschärfte Meldepflichten. Damit ist eine starke Nähe zu den vergleichbaren Vorgaben der EU (EMIR, MiFID II / MiFIR) und der USA (Dodd-Frank Act) beabsichtigt. Die Globalisierung der Finanzmärkte wird gefördert und der Handel stärker zentralisiert. Zudem können künftig auch sogenannte Dark Pools15 reguliert werden. Als Dark Pool wird eine bank- oder börseninterne Handelsplattform für den anonymen Handel mit Finanzprodukten bezeichnet, der außerhalb des offenen Wertpapierhandels der Börsen abgeschlossen wird. Die genaue Ausgestaltung der Handelsmöglichkeiten unterscheidet sich von Dark Pool zu Dark Pool. 15 40 Finanzplatz Zürich 2014/2015 7Konkrete Herausforderungen Die meisten Umweltveränderungen sind Entwicklungen, mit denen sich alle Branchen immer wieder auseinandersetzen müssen. Speziell an der Situation, in der sich die Banken befinden, ist die Häufung unterschiedlichster Veränderungen. Die konkreten Herausforderungen für die Banken betreffen im Endeffekt alle Wertschöpfungsketten der Banken. Als erstes soll in diesem Kapitel auf den Wettbewerbsdruck eingegangen werden, da er in die verschiedensten Bereiche hineinspielt und die weiteren konkreten Herausforderungen beeinflusst. 7.1 Wettbewerb 7.2 Margen Der Wettbewerb in der Bankenbranche hat in verschiedener Hinsicht und in allen Geschäftsbereichen zugenommen. Die Digitalisierung hat die Vergleichsmöglichkeiten und damit die Transparenz erhöht. Aufgrund der sinkenden Loyalität der Kunden gegenüber den Banken zusammen mit der Digitalisierung verlieren die Banken den persönlichen Kundenkontakt. Die Industrialisierung zerschlägt Quasi-Monopole und stellt Unternehmen aus anderen Branchen oder Regionen in direkten Wettbewerb zueinander. Die Zinsbaisse hat den Kampf um die Kunden im Immobilienbereich verstärkt. Im internationalen Wettbewerb haben die Schweizer Banken den Vorteil des Bankkundengeheimnisses verloren. Im Bereich der Finanzmärkte verschwinden die nationalen Grenzen16 durch internationale Standards weiter. Im gestiegenen Wettbewerb können hohe Margen einzig mittels deutlichen Alleinstellungsmerkmalen gehalten werden. Bietet eine Bank dagegen Massenprodukte an, sind konkurrenzfähige Preise tief, wodurch auch die Margen abnehmen. Im internationalen Wettbewerb fungierte das Bankkundengeheimnis früher als bedeutendes Alleinstellungsmerkmal Schweizer Banken. Dieses schuf Vorteile gegenüber der internationalen Konkurrenz und generierte für die Banken Renten in der Vermögensverwaltung. Prof. Dr. Urs Müller, Präsident des Verbands Schweizer Kantonalbanken, meint: «Früher war die Vermögensverwaltung eine geschützte Werkstatt.» Seit dem Wegfall des Schutzwalls ist die Marge in der Vermögensverwaltung gefallen, und die Performance spielt eine bedeutendere Rolle. Es findet damit eine Annäherung an die Margen im Asset Management statt, die schon seit längerem tief sind. Abbildung 7-1 zeigt die Entwicklung der Kommissionseinnahmen im Verhältnis zu den Wertschriften in Kundendepots. Im Jahr 2013 betrugen die Kommissionseinnahmen der Banken in der Schweiz 5.8 Promille der Wertschriften in Kundendepots. Das heisst, pro 1’000 Franken Vermögen in den Depots verdienten die Banken CHF 5.80 an Kommissionen. Im Jahr 2000 lag das Verhältnis noch bei 9.3 Promille. Das Verhältnis ist im Zeitraum 2000 – 2013 insgesamt um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Das Kommissionsgeschäft schwankt allerdings im Börsenzyklus und hängt massgeblich vom Investitions- und Risikoverhalten der Kunden ab. 1.0% Abb. 7-1 Verhältnis der Kommissionseinnahmen zu den Wertschriften in Kundendepots (Quelle: SNB) 0.9% 0.8% 0.7% 0.6% 0.5% 0.4% 0.3% 0.2% 0.1% 0.0% 16 Bereits heute werden beispielsweise 70% des Börsenumsatzes mit Schweizer Blue-Chip-Aktien von Nicht-Schweizer Kunden generiert. Die Mehrheit dieses Handels kommt aus Grossbritannien. 41 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Im Zinsgeschäft sind die Margen ebenfalls stark gesunken. Die Zinsmarge setzt sich aus der Aktivmarge (Kreditzins – Refinanzierungssatz), der Passivmarge (Rendite der Anlage von überschüssigen Spareinlagen – Spareinlagenzins) und dem Strukturbeitrag (langfristiger Zins – kurzfristiger Zins) zusammen. Die Passivmarge ist durch die stark expansive Geldpolitik regelrecht weggebrochen (vgl. Abb. 7-2). Die Aktivmargen konnten stabilisiert oder gar erhöht werden. Hier helfen den Banken auch die höheren Anforderungen im Zusammenhang mit Hypothekarkrediten. Dennoch hat die sinkende Zinsmarge zu grossen Ertragsausfällen geführt. Abb. 7-2 Elemente der Zinsmarge In Prozentpunkten, Jan 1990 – Aug 2014 Als Strukturbeitrag ist hier die Differenz zwischen Obligationen der Schweizer Eidgenossenschaft mit einer Laufzeit von 10 Jahren zu einer Laufzeit von 2 Jahren dargestellt (Quelle: BAKBASEL, SNB) 3 Aktivmarge Pa ssivmarge S trukturbeitrag 2 1 0 2 0 14 2 0 13 2 0 12 2 0 11 2 0 10 2 0 09 2 0 08 2 0 07 2 0 06 2 0 05 2 0 04 2 0 03 2 0 02 2 0 01 2 0 00 1 9 99 1 9 98 1 9 97 1 9 96 1 9 95 1 9 94 1 9 93 -1 Die Auswirkungen der tiefen Zinsen sind jedoch konjunktureller und nicht struktureller Natur. So wie die Marge jetzt geschrumpft ist, kann sie auch wieder ansteigen, wenn sich die Zinsentwicklung moderat nach oben dreht. Ein rascher Anstieg der Zinsen würde dagegen die Zinsmarge weiter senken. Ein Grossteil des Hypothekarkreditvolumens besteht aus Festhypotheken. Während bei den Spareinlagen höhere Zinsen ausgezahlt werden müssten, liesse sich bei den Hypothekarkreditzinsen nur ein Teil nach oben anpassen. 7.3 Volumen Das Kreditvolumen wurde in den letzten Jahren stetig ausgeweitet. Dabei scheint sich das Wachstum der Kreditvolumina ab 2011 leicht beschleunigt zu haben (vgl. Abb. 7-3). Dies kann als Reaktion auf die gesunkene Zinsmarge gesehen werden. Bei den Retail-Banken macht der Zinserfolg im Durchschnitt über 70 Prozent des Gesamterfolges aus. Gemäss Fabio Perlini, Geschäftsleitungsmitglied der Clientis Zürcher Regionalbank, konnten auch Banken, die stark gewachsen sind und ihr Kreditvolumen ausgeweitet haben, den Ertragsrückgang bei den Zinsen nicht ganz kompensieren. Abb. 7-3 180 Kreditvolumen Limiten der Kredite und Hypotheken Schweizer Banken; ab Juni 2013 Daten inkl. PostFinance AG; 160 indexiert Jan 1993 = 100; Jan 2007 – Mai 2014. (Quelle: SNB) 140 120 100 80 Laut Andreas Blumer, Partner bei Ernst & Young (EY), haben die Banken in den letzten Jahren im Hypothekargeschäft allerdings wieder vermehrt auf ein Margen- statt ein Volumenziel gesetzt. Dass die Banken die Margen wieder erhöhen konnten, stellt die These des steigenden Wettbewerbsdrucks in Frage. 42 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Trotz Verlust des Bankkundengeheimnisses, der Überführung von ehemals unversteuerten Vermögen in die Steuerehrlichkeit und der höheren Mobilität versteuerter Gelder ist das Volumen der verwalteten Vermögen in der Schweiz nicht eingebrochen. Die Schweizer Banken verzeichnen weiterhin einen Nettozufluss an neuen Geldern.17 Der zwischenzeitliche Rückgang der Wertschriftenbestände in den Depots der Kunden bei Schweizer Banken liegt primär an den Kursstürzen an den Finanzmärkten. 6000 Abb. 7-4 Wertschriftenbestände in Kundendepots Wertschriftenbestände am Jahresende; 2014: 30.6.2014 (Quelle: SNB) Wertschriftenbestände in Depots inländischer Kunden Wertschriftenbestände in Depots ausländischer Kunden 5000 4000 3000 2000 1000 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Das grenzüberschreitende Geschäft ist für den Schweizer Bankenplatz von grosser Bedeutung. Über die Hälfte aller Wertschriftenbestände in Depots von Schweizer Banken gehören ausländischen Kunden (vgl. Abb. 7-4). Gemäss Schätzung der Boston Consulting Group wurden im Jahr 2013 in der Schweiz rund 26 Prozent des weltweiten grenzüberschreitenden Vermögens verwaltet. Geschätzte 44 Prozent davon stammen von Kunden aus westeuropäischen Ländern. Aktuell ist der Marktzugang zur EU nicht mehr gegeben. Das heisst, die Schweizer Banken dürfen keine aktive Suche und Akquise von Kunden betreiben. Zudem ist die aktive Beratung von bestehenden Kunden in vielen konkreten Themen nur sehr beschränkt erlaubt. Ausländische Banken (aus Deutschland und Österreich) geniessen dagegen weiterhin vollen Marktzugang im grenzüberschreitenden Geschäft in die Schweiz. Die Drittstaatenregelung der europäischen Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID 2) sieht bilaterale Marktzugangslösungen vor und kann zu einem Niederlassungszwang führen. Für kleinere Banken sind Niederlassungen in den Ländern, in denen sie tätig sein wollen, mit prohibitiv hohen Kosten verbunden. Die grösseren Banken müssten je nach Ausgestaltung der Abkommen einen grösseren Teil der Wertschöpfung in den Niederlassungen im Ausland erbringen, wodurch Wertschöpfung, Stellen und Steuersubstrat in der Schweiz verringert würden. Durch die Finanzkrise und das Auffliegen unlauterer Geschäftstätigkeiten (z.B. im Libor-Skandal) haben die Banken, insbesondere die Grossbanken und die Vermögensverwalter, auch einen Imageschaden erlitten. Die Kunden sind gegenüber den Instituten und ihren Produkten misstrauisch gestimmt. Die Bussen und Schuldeingeständnisse der Banken werden in der Öffentlichkeit emotionaler aufgenommen als in der Branche selbst.18 Auf der internationalen Ebene ist die Reputation der Banken hauptsächlich durch den Vertrauensbruch im Zusammenhang mit Lieferungen und Diebstahl von Kundendaten angekratzt. Reine Retail-Banken und regionale Banken dürften vom Imageschaden der bekannteren Namen profitiert haben. Gemäss Fabio Perlini sei ihre relative Glaubwürdigkeit gestiegen und die relative Attraktivität habe zugenommen. Der Imageschaden ist aber auch der branchenfremden Konkurrenz und anderen Finanzplätzen wie etwa Singapur zuträglich. Insgesamt droht den Banken der Verlust von Marktsegmenten durch den beschränkten Marktzugang, die branchenfremde Konkurrenz, die Aufweichung des Bankkundengeheimnisses und den Verlust der persönlichen Schnittstelle zum Kunden. 17 Gemäss Global Wealth Report 2011 und 2012 der Boston Consulting Group ist in der Schweiz einzig im Jahr 2009 weniger Nettoneugeld gebucht worden (–1%). Die Universität Zürich schätzt den Zufluss von Nettoneugeld zwischen 2003 und 2007 auf 3 bis 5% der gesamten verwalteten Vermögen. Zwischen 2008 und 2011 sehen die Autoren der Studie eine Stagnation und ab 2012 eine leichte Zunahme der Nettoneugelder. Zum selben Ergebnis kommt auch die Studie «Performance der Schweizer Privatbanken 2013» von KPMG und HSG. Das Geständnis der Credit Suisse in den USA wird in der Bankenbranche als logischer und notwendiger Akt ohne zwingenden Wahrheitsgehalt verstanden. 18 43 Finanzplatz Zürich 2014/2015 7.4 Kosten Neben den Investitionen in die Technologie sind die neuen Regulierungen ein aktueller Treiber der Kosten. Teilweise gehen diese beiden Kostenpunkte auch Hand in Hand. Die regulatorisch notwendigen Anpassungen lassen sich oft nur schwer in die in Eigenregie entwickelten Systeme integrieren. Beispiele für die durch Regulierungsanforderungen gestiegenen Kosten sind die Abgeltungssteuersysteme für zwei Länder, FATCA, der kommende AIA, der auf verschiedene Länder spezialisierte Rechtsdienst und Compliance, oder die zusätzlichen Dokumentations- und Informationspflichten im Kundenschutz. Besonders für kleine Banken in der Vermögensverwaltung erweisen sich diese Kosten als bedeutende Herausforderung. Obwohl sich die Banken um Sparprogramme bemühen, sind die Kosten über alle Banken gesehen erst wenig gesunken (vgl. Abb. 7-5). Insbesondere der Personalaufwand ist im langfristigen Vergleich deutlich gestiegen, während der Sachaufwand weniger Bewegung zeigt. Der Personalaufwand ist bei den Grossbanken und den Vermögensverwaltern seit der Krise gesunken. Die Retail-Banken zeigen erst 2013 rückläufige Personalkosten. 6 4 2 1 9 97 1 9 99 2 0 01 2 0 03 2 0 05 2 0 07 2 0 09 2 0 11 2 0 13 0 Vermögensverwaltung 30 25 20 15 10 5 0 15 10 5 0 1 9 97 1 9 99 2 0 01 2 0 03 2 0 05 2 0 07 2 0 09 2 0 11 2 0 13 8 Grossbanken 1 9 97 1 9 99 2 0 01 2 0 03 2 0 05 2 0 07 2 0 09 2 0 11 2 0 13 Retail-Banken Sachaufwand Personalaufwand Totalaufwand Abb. 7-5 Aufwand nach Bankengruppen In Mrd. CHF; Retail Banking: Kantonalbanken, Regionalbanken und Sparkassen, Raiffeisenbanken, Andere Banken, ohne PostFinance AG; Vermögensverwalter: Börsenbanken, ausländisch beherrschte Banken, Privatbankiers, Filialen ausländischer Banken (Quelle: SNB) 44 Finanzplatz Zürich 2014/2015 7.5 Wertschöpfung Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag hat sich bei den Banken deutlich verschlechtert (vgl. Abb. 7-6). Über alle Banken betrug das Verhältnis im Durchschnitt der Jahre 1990 bis 2006 rund 57 Prozent. Das heisst pro Franken Ertrag sind 57 Rappen an Aufwendungen angefallen. Im Jahr 2013 machte der Aufwand 68 Prozent des Ertrags aus. Das Aufwand-Ertrags-Verhältnis und dessen Entwicklung unterscheiden sich deutlich nach Bankengruppen. 140% Abb. 7-6 Aufwand-Ertrags-Verhältnis Retail-Banking: Kantonalbanken, Regionalbanken und Sparkassen, Raiffeisenbanken, andere Banken, ohne PostFinance AG; Vermögensverwaltung: Börsenbanken, ausländisch beherrschte Banken, Privatbankiers, Filialen ausländischer Banken (Quelle: SNB, BAKBASEL) Reta il Ba nking Gros sbanken Vermögens verwa ltung Alle Ba nken 130% 120% 110% 100% 90% 80% 70% 60% 50% 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 40% Die hohen Verluste der Grossbanken unmittelbar nach Beginn der Finanzkrise sowie der langsame, aber stetige Anstieg des Aufwand-Ertrags-Verhältnisses bei den auf Vermögensverwaltung ausgerichteten Banken fallen besonders auf. Aus einer Studie der Universität Zürich,19 die 66 Schweizer Privatbanken über die Zeit untersucht, geht hervor, dass die Banken die Margenerosion in der Vermögensverwaltung im Jahr 2012 zu stoppen vermochten, die Cost-Income-Ratio (CIR)20 jedoch vor allem bei den kleinen Banken weiterhin sehr hoch ist. Im Durchschnitt wird in der Studie eine CIR von 80 Prozent errechnet. Die Spannweite der CIR der untersuchten Banken ist weiterhin sehr gross und reicht von 40 bis 144 Prozent. Die KPMG und die Universität St. Gallen (HSG) untersuchten unlängst die Geschäftsberichte von 103 Privatbanken und kommen auf das gleiche Ergebnis.21 Gemäss ihrer Studie schrieben 23 Prozent der untersuchten Banken 2012 einen Verlust. Im Durchschnitt waren diese Banken sogar in den letzten drei bis vier Jahren unprofitabel. 2010 Reta il Ba nking Alle Ba nken Gros sbanken Vermögens verwa ltung Chemie/ Pharma Unternehmens bez. DL Inves titions güterindus trie Nahrungsmittel/Geträ nke Privatvers icherungen Informationstechnologie Ges amtwirtscha ft Ba ugewerbe Energie-/ Wa ss erversorgung Ges undheit/ Sozialwesen Gas tgewerbe 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 2011 90% 100% Im Vergleich zu anderen Branchen ist das durchschnittliche Aufwand-Ertrags-Verhältnis der Banken immer noch sehr tief (vgl. Abb. 7-7). In der Gesamtwirtschaft, dem Durchschnitt aller Branchen, betrug das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag im Jahr 2013 96 Prozent. 19 The International Private Banking Study 2013 (http://www.bf.uzh.ch/cms/de/publikationen/studien/ private-banking-study-2013.html) 20 Zur Berechnung der CIR wird für das jeweilige Geschäftsjahr der Verwaltungsaufwand in Relation zu den Erträgen (Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss bzw. Handelsergebnis abzüglich Zuführungen zur Risikovorsorge) einer Bank gesetzt. 21 Performance der Schweizer Privatbanken 2013 (https://www.alexandria.unisg.ch/Publikationen/ 225290) 45 Abb. 7-7 Aufwand-Ertrags-Verhältnis im Branchenvergleich (Quelle: BAKBASEL) Finanzplatz Zürich 2014/2015 Abb. 7-8 1000 Entwicklung der Wertschöpfung nach Bankengruppen 900 Indexiert 1980 = 100 800 Retail Banking: Kantonalbanken, Regionalbanken und Sparkassen, 700 Raiffeisenbanken, Andere Banken, ohne PostFinance AG; 600 Vermögensverwaltung: Börsenbanken, ausländisch beherrschte 500 Banken, Privatbankiers, Filialen 400 ausländischer Banken (Quelle: BAKBASEL) 300 Reta il Ba nking Vermögens verwa ltung Gros sbanken 200 100 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 0 Die Wertschöpfung hat in den einzelnen Bankengruppen einen sehr unterschiedlichen Verlauf genommen (vgl. Abb. 7–8). Die stabilste Entwicklung zeigen die Retail-Banken. In den Jahren 2008 und 2009 ist ihre Wertschöpfung gesamthaft um schätzungsweise 4 Prozent zurückgegangen und hat sich seither wieder auf dem Vorkrisenniveau stabilisiert. Dass die Wertschöpfung beim starken Wachstum am Immobilienmarkt nicht deutlich ausgeweitet wurde, liegt hauptsächlich an der tiefen Zinsmarge. Den grössten Wertschöpfungseinbruch verzeichneten die Grossbanken mit einem Minus von schätzungsweise 45 Prozent (2007–2009). Das deutliche Wachstum im Jahr 2013 stimmt vorsichtig optimistisch und dürfte ein erstes Resultat der Umwälzungen sein, welche die Grossbanken intern vollziehen. Äusserst volatil zeigt sich die Wertschöpfung der Banken, die sich auf die Vermögensverwaltung spezialisiert haben. Grundsätzlich folgt ihre Wertschöpfung einem sehr ähnlichen Pfad wie die globalen Börsenkurse. Anders als diese hat sich die Wertschöpfung der Vermögensverwalter seit der jüngsten Finanzkrise nicht erholt, sondern ist sogar noch weiter gesunken. Gegenüber 2007 ist die Wertschöpfung der Vermögensverwalter um schätzungsweise 39 Prozent geschrumpft. Die gewichtigste Bankengruppe unter den Vermögensverwaltern sind die ausländisch beherrschten Banken. Diese Gruppe hat sich in den letzten Jahren vermehrt aus der Schweiz zurückgezogen (vgl. auch Kapitel 9.1.3). 46 Finanzplatz Zürich 2014/2015 8Strategiewandel der Banken Im folgenden Kapitel werden die Reaktionen der Banken auf die beschriebenen Einflüsse erläutert und damit der eigentliche Strukturwandel beleuchtet. Da sich die Veränderungen des Umfeldes unterschiedlich auf die Geschäftsfelder auswirken, divergieren auch die resultierenden Strategien. Nach einem generellen Überblick der Reaktion der Banken soll daher auf die Strategieänderungen in den wichtigsten Geschäftsfeldern eingegangen werden. 8.1 Allgemein Der aktuelle Strategiewandel lässt sich als eine verstärkte Fokussierung auf die Kernbereiche beschreiben. Der Kernbereich kann sowohl geografisch als auch funktional ausgerichtet sein. Das heisst, die Strategie einer Bank konzentriert sich auf einzelne Geschäftsbereiche, einzelne Zielmärkte oder eine Kombination dieser beiden. Es geht folglich nicht nur um die Konzentration auf das eigentliche Bankengeschäft und das Abstossen aller nicht bankenspezifischen (Vor-)Leistungen22, sondern zusätzlich um eine Konzentration auf bestimmte Bereiche im Bankengeschäft. Die Fokussierung bedeutet, dass die Wertschöpfungskette des Bankengeschäfts aufgebrochen wird, und ist Ausdruck der Industrialisierung der Branche. Bisher ist dieser Prozess in den verschiedenen Institutionen und Geschäftsfeldern unterschiedlich weit fortgeschritten. Die meisten Banken weisen noch eine sehr breite Dienstleistungspalette und eine grosse Fertigungstiefe auf. Gemäss Martin Hess, Chefökonom und Direktionsmitglied der Schweizerischen Bankiervereinigung, seien die Banken im Vergleich zu anderen Branchen in vielen Bereichen immer noch Manufakturen. Die Spezialisierung ist eine naheliegende Lösung, um die in Kapitel 3 beschriebenen Herausforderungen zu meistern. Jede Bank sollte ihre relative Stärke definieren und aufbauen. Insbesondere die kleinen Banken sind durch den Kostendruck gefordert, eine Nische zu finden, die von den grossen Konkurrenten nicht bedient wird, aber ihre Daseinsberechtigung hat. Die relative Stärke kann jeden Teil der Wertschöpfungskette des Bankengeschäfts betreffen. Viele Banken sehen ihre Stärke in der personenbezogenen Beratung. Hier können sie sich von der Konkurrenz abgrenzen und hervorheben. Andere spezialisieren sich auf die Prozesse und Abläufe, die im Hintergrund laufen. Durch den Fokus auf diesen «Finanzmarkthintergrund» steigt die Effizienz im Unternehmen. Werden die effizienten Prozesse auch anderen Instituten angeboten lassen, sich Skalenerträge erzielen und somit Kosten senken. Vor dem Hintergrund der steigenden Fokussierung stellt sich die Frage, ob für die angestrebte Spezialisierung noch eine Banklizenz notwendig ist. Beispielsweise könnte ein Unternehmen, das sich auf Kundenberatung spezialisiert, als unabhängiger Vermögensberater dieselben Dienstleistungen erbringen. Eine Bankenlizenz ist mit höheren regulatorischen Anforderungen verbunden. Sie steht aber auch für einen gewissen Standard und Kundenschutz. Sie wirkt wie eine ISO-Zertifizierung, die sich vermarkten lässt. Die Bankenlizenz abzugeben könnte einem Gesichtsverlust ähneln und die Kunden abschrecken. Bezüglich Regulierungsveränderung ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht klar, auf welche Seite das Pendel ausschlagen wird. Einerseits wird durch die neue Finanzmarktregulierung (insbesondere Fidleg und Finig) die Aufsicht potentiell vereinheitlicht. Auch unabhängige Vermögensverwalter – um beim Beispiel zu bleiben – hätten damit ein ähnliches Gütesiegel wie die Banken. Die gestellten Anforderungen an unabhängige Vermögensverwalter steigen jedoch ebenfalls deutlich an. Die Fokussierung auf das erkorene Kerngeschäft und die Auslagerung der anderen Geschäftszweige gibt Ressourcen in der Bank frei, die neues Wachstum generieren können. Fast jede Bank – egal welcher Grösse – verfolgt eine aktive Wachstumsstrategie. Auch Banken, die sich (noch) nicht für einen starken Fokus entschieden haben und weiterhin eine grosse Palette an Dienstleistungen selber fertigen wollen, versuchen Skalenerträge zu erzielen, indem sie ein Expansionsziel verfolgen. 22 Ein Beispiel für die Auslagerung nicht bankenspezifischer Vorleistungen liefert die UBS, die ihren Einkauf in die neugegründete und unabhängige Einkaufsgesellschaft Chain IQ überführt hat. 47 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Durch die technologischen Möglichkeiten lassen sich Prozesse auslagern oder digital effizienter abwickeln. Die notwendigen Skaleneffekte erzielt der Outsourcingpartner. Damit spielen sie für die Bank keine Rolle mehr. Viele kleine Institute sehen ihre Zukunft autonom und positiv. Auslagerungen sind jedoch immer mit Investitionen verbunden. Es gilt zwischen Individualität, Qualität und Kosten abzuwägen und zu entscheiden, ob die Bank strategisch noch 10–20 Jahre Zukunft hat. Erst dann kann sich eine solche Investition lohnen. Trotz allem kann eine zu geringe Grösse ein Grund zur Geschäftsaufgabe darstellen.23 In gewissen Fällen rührt die Strategie zur Fokussierung von den neuen Regulierungen her. Beispielsweise um risikosensitive, kapitalintensive oder bei Banken stärker regulierte Dienstleistungen auszulagern. Bei den Grossbanken sind die Organisation und die Struktur direkt von den TBTF-Regeln betroffen. Neben der Holdingstruktur, welche die USA von Grossbanken fordert, müssen interne Strukturen aufgebrochen werden, um Teile autonom führen oder auslagern zu können. Diese organisatorischen Veränderungen wurden bisher lediglich verfolgt, um dem Regulator und der Aufsicht zu genügen. Sie könnten jedoch auch zur Industrialisierung genutzt werden. Neben der Fokussierung und dem Aufbrechen der Wertschöpfungskette versuchen die Banken mit der Digitalisierung bestehende Geschäftsfelder zu erweitern und neue zu erschliessen. Beispiele dafür sind Anwendungen zur Ausgabenübersicht und Budgetplanung oder ein Schnäppchenladen24, wie ihn die PostFinance AG plant. Weitere Beispiele sind standardisierte, massentaugliche Produkte in der Vermögensverwaltung, die E-Private-Bank mit Analyse- und Informationstools die BIG-Data mit massgeschneidertem Research verbinden, oder der Kartenleser, der sich an Smartphones andocken lässt und damit die etablierten, jedoch nicht mobilen Terminals der SIX konkurriert. Das aufkommende Mobile Banking wird die Kommunikation zwischen Bank und Kunde vom Multichannel- zu einem Omnichannel-Modell umbauen. Grössere Veränderungen werden in der Branche aber erst in den nächsten 5 bis 10 Jahren erwartet. Bisher sind grosse strategische Würfe noch ausgeblieben, was teilweise den Eindruck hinterlässt, die Banken hätten kaum Antworten auf den Strukturwandel. Ein möglicher Grund dafür ist die anhaltende Vergangenheitsbewältigung und Anpassung an die veränderte Regulierung, die viele Ressourcen bindet. Zudem besteht weiterhin Unsicherheit darüber, wie die Regulierung im Endeffekt ausgestaltet sein wird. Die Unsicherheit wird weiter durch die negativbehaftete Aussenwahrnehmung und die teilweise stark emotional geführten öffentlichen Diskussionen erhöht. Im Bereich der Infrastruktur haben viele Banken in der Vergangenheit grosse Investitionen getätigt und in Eigenregie aufgebaut. Diese sind noch nicht gänzlich abgeschrieben und müssten zumindest teilweise ersetzt werden. 8.2 Investment Banking Das Investment Banking ist – regulatorisch gewollt – am stärksten durch die Eigenkapitalvorschriften betroffen. Die gestiegenen Opportunitätskosten des Kapitals begünstigen eine Neuverteilung innerhalb einer Bank. Die Verknappung des Eigenkapitals im Investment Banking führt aus volkswirtschaftlicher Optik zu einer effizienteren Allokation. In der Schweiz gibt es jedoch nur wenige Investment-Banking-Aktivitäten, welche durch die Eigenkapitalanforderungen stark eingeschränkt würden. Das hohe Risiko, das sich in den volatilen Erträgen des Investment Banking niederschlägt, ist ein weiterer Grund, weshalb die Banken diesen Bereich, insbesondere den Eigenhandel, verkleinert haben. Zudem findet eine konsequente Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse und Dienstleitungen im Auftrag von Kunden statt (z.B. Börsengänge oder Mergers & Acquisitions). Allerdings ist eine gewisse Grösse im Investment Banking gerade auch für die kundenbezogenen Dienstleistungen notwendig. Transaktionen, bei denen grosse Summen bewegt werden, erfordern eine angemessene Grösse der begleitenden Investment-Bank. Das Investment Banking ist zudem ein weitgehend globales Geschäftsfeld, in dem sich in vielen Bereichen ein Oligopol gebildet hat. Skalen- und Spezialisierungserträge kommen besonders zum Tragen. Für ein entsprechend grosses Investment Banking weist die Schweiz mit ihren grossen global tätigen Firmen ein beachtliches Marktpotential auf. Beispielsweise gibt die Vadian Bank als Grund für die Aufgabe der Eigenständigkeit an, dass sie mit ihren 21 vollzeitäquivalenten Stellen die regulatorischen Anforderungen nicht mehr bewältigen könne. Sie wird von der St. Galler Kantonalbank übernommen. 23 Anhand der Informationen aus den Kontobewegungen der Online-Kunden wird ein Kundenprofil erstellt. Angebote von Drittanbietern werden, über diese Profile personalisiert, den Kunden als Werbung zugeschickt. PostFinance erhält vom Drittanbieter eine Provision dafür. Aus Datenschutzgründen und um die Schnittstelle zum Kunden nicht zu verlieren, schaltet sich die PostFinance als Vermittler zwischen Anbieter und Kunde. Das Projekt ist eine Premiere auf dem Schweizer Finanzplatz, dürfte aber nicht das einzige bleiben. Neben der neuen Einnahmequelle versucht die PostFinance damit die Kunden an ihren Transaktionskanal zu binden. 24 48 Finanzplatz Zürich 2014/2015 8.3 Vermögensverwaltung Der Wandel in der Vermögensverwaltung ist für den Zürcher und den Schweizer Finanzplatz von besonderer Bedeutung. Im Jahr 2013 wurden schätzungsweise 45 Prozent der Wertschöpfung der Banken in der Verwaltung von Vermögen generiert. Fast 80 Prozent der Institute mit Hauptsitz in der Region Zürich haben sich auf die Vermögensverwaltung spezialisiert. Zudem ist die Vermögensverwaltung weiterhin das grösste Aushängeschild des Finanzplatzes Schweiz. In der Vermögensverwaltung ist es heute im grenzüberschreitenden Geschäft für die Schweizer Banken unerlässlich, die Rechtssysteme der anderen Staaten zu kennen und zu befolgen. Strategien, Kunden aus allen Ländern und Regionen bedienen zu wollen, sind aufgrund der gestiegenen Anforderungen nicht mehr nachhaltig. Die Banken fokussieren sich daher auf einzelne geografische Märkte und/oder Kundensegmente. Im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus den nicht-strategischen Märkten wird oft von «Weissgeldstrategie» gesprochen. Der Strategiewandel in der Vermögensverwaltung geht jedoch über die Kontrolle der Steuerehrlichkeit der Kunden hinaus.25 Johannes Barth, CEO der Sallfort Privat Bank, meint dazu: «Schwarzgeld oder Weissgeld ist und war nie die Hauptstrategie.» Das traditionelle Schweizer Private Banking bemühte sich darum, mit Hilfe des Bankkundengeheimnisses die finanzielle Privatsphäre der Kunden vor dem unberechtigten Zugriff Dritter sowie Staaten zu schützen. «Dieses traditionelle Private Banking ist in der Schweiz (vom Regulator) nicht mehr erwünscht.» Der Verlust des Wettbewerbsvorteils Bankkundengeheimnis hat die Performance der Vermögensverwaltung in den Fokus gerückt. Performance bedeutet nicht nur, eine hohe Rendite für die Kunden zu erwirtschaften. Die veränderten Kundenbedürfnisse und die Digitalisierung miteinzubeziehen gehört ebenso dazu. Der Mehrwert der Vermögensverwaltung wird in der perfekten Abstimmung des Portfolios auf den Kunden und dessen aktuelle Lebenssituation gesehen. Solche massgeschneiderte Beratung ist durch die technologischen Möglichkeiten bedeutend einfacher geworden. Gleichzeitig ist sie aber auch notwendig, um sich als Vermögensverwalter von den neuen digitalen Gratis- oder Billigangeboten abzuheben. Um die Margen zu stabilisieren oder zu erhöhen, prüfen die Banken in der Vermögensverwaltung neue Preismodelle, zumal auch die Subvention der Beratung durch Retrozessionen wegfällt. Ziel ist stetige, planbare Einkünfte zu generieren. Mögliche Lösungen sind höhere Gebühren, Paketlösungen oder bezahlte Beratung. Leistungen, die in einem Paket gebündelt sind, werden von den meisten Kunden weniger stark ausgeschöpft, als für die Berechnung des Preises angenommen wird. Modelle für bezahlte Beratung existieren in einigen Bereichen oder anderen Branchen (z.B. bei Anwälten) bereits heute. Eine Ausweitung auf andere Beratungsdienste ist denkbar. Aufgrund von juristischen Risiken und höheren Kosten im Kundenschutz überlegen sich die Banken, Beratungsdienstleistungen nur noch für Kunden mit grösseren Vermögen (vollumfänglich) zur Verfügung zu stellen.26 Ein Beratungsabbau kann auch durch negative Selektion erfolgen, falls die bezahlte Beratung eingeführt wird. Den weniger vermögenden Kunden werden digitale Private-Banking-Angebote zur Verfügung gestellt, die im Sinne eines Selbstbedienungsladens vollautomatisierte Anlageprozesse anbieten. Selbstversorgende Kunden sind günstig zu bedienen und bergen für die Bank ein geringeres Risiko, da sie ihre Entscheidungen ohne Zutun der Bank treffen und selber umsetzen. Im Asset Management hat der Wegfall von Retrozessionen den Wettbewerb zwischen Produktion und Vertrieb verändert. Beispielsweise hat BlackRock in der Schweiz einen eigenen Vertrieb aufgebaut, da die Banken weniger Interesse am Vertrieb ihrer Produkte zeigen. Bei den Banken auf der anderen Seite entsteht ein Anreiz, eigene Fonds zu kreieren und zu vertreiben. Dies, obwohl in der Eigenproduktion die Skalenerträge möglicherweise auf lange Sicht nicht erreicht werden. Die Selbstständigkeit hat in diesem Bereich entgegen der allgemeinen Tendenz zugenommen.27 Die Unsicherheit bezüglich Marktzugang und Vergangenheitslösung bremst die strategische Neuausrichtung in der Vermögensverwaltung. Prinzipiell möchten die Banken ausländische Kunden auch in Zukunft von der Schweiz aus bedienen. So könnten sie die bestehenden Strukturen und in der Vergangenheit getätigten Investitionen weiterhin nutzen. Zudem lässt sich das Image der Schweiz als sicherer Hafen vermarkten. Dennoch bereiten sich viele Banken auf den Fall vor, dass in Zukunft eine Niederlassung oder eine Bankenlizenz im Ausland notwendig wird. 25 Die meisten Banken, unter ihnen die ZKB, haben viele ausländische Kunden abgestossen. Neben Konten, deren Steuersituation nicht geklärt ist, haben sich die Banken vor allem von unrentablen Kunden mit Wohnsitz im Ausland getrennt. Prominentes Beispiel sind die Lohnkonten von Grenzgängern. In Grossbritannien und in Deutschland hat ein solcher Beratungsabbau für weniger vermögende Kunden bereits stattgefunden. 26 Einige Kantonalbanken konkurrieren damit sogar ihr eigenes Konstrukt Swisscanto, das sie zur günstigen Produktion von Fonds gründeten. 27 49 Finanzplatz Zürich 2014/2015 8.4 Retail Banking Die Digitalisierung hat das gewöhnliche Transaktionsgeschäft, insbesondere den Zahlungsverkehr, ins Internet verlagert. Bankschalter werden immer weniger nachgefragt. Reine RetailKunden werden zunehmend online und per Call-Center betreut. Der Kostendruck ist im Massengeschäft besonders hoch, da sich nur wenig Geld abschöpfen lässt. Erst bei komplexeren Problemen und Transaktionen bleibt ein persönlicher Ansprechpartner erwünscht und rentabel. Insgesamt werden die Filialnetze der Banken ausgedünnt und die Schalteröffnungszeiten verkürzt. Die Beratungszeiten werden dagegen tendenziell verlängert. Die branchenfremde Konkurrenz betrifft aktuell hauptsächlich die Retail-Banken. Diese sehen erst wenig konkreten Handlungsbedarf, da die branchenfremde Konkurrenz gewisse Hürden überwinden muss. Sie glauben, beizeiten (gegebenenfalls durch neue Kooperationen) auf die neue Konkurrenz reagieren zu können. Die Markteintrittsschranken bestehen in Form von Investitionskosten und dem mangelnden Vertrauen der Kunden in die neuen Geschäftsformen. Zudem sind die branchenfremden Konkurrenten bisher jeweils auf einen eng definierten Geschäftsbereich fokussiert. PayPal bietet beispielsweise nur Zahlungsmechanismen an. Um den Banken die wichtige Kundenschnittstelle breitflächig streitig zu machen, müssten weitere Dienstleitungen mit Mehrwert für den Kunden angeboten werden, etwa Budgetplanung oder automatisches Bezahlen. Die branchenfremde Konkurrenz verfügt meist über eine sehr gute Schnittstelle zum Kunden und einen Vorsprung gegenüber Banken bei einigen Prozessen, insbesondere im Datenmanagement. In ihrem Kerngeschäft sind die Banken jedoch nicht derart ineffizient, dass ein Markteintritt hier wirklich lohnenswert wäre. Gerade die Retail-Banken sind in der Digitalisierung tendenziell weiter fortgeschritten als etwa die auf Vermögensverwaltung spezialisierten Banken. Dies könnte ein Grund sein, weshalb sich in der Schweiz keine Direktbanken28 wie in Grossbritannien oder Deutschland gebildet haben. Die branchenfremde Konkurrenz darf jedoch nicht unterschätzt werden. Insbesondere auch, da die ITFirmen eine Trial-&-Error-Kultur pflegen, was sie deutlich innovativer und agiler macht. Direktbanken sind Institute, die kein eigenes Filialnetz besitzen. Um ihre Dienstleistungen zu vertreiben, nutzen sie meist das Internet. 28 50 Finanzplatz Zürich 2014/2015 9Auswirkungen auf den Bankenplatz Zürich Im Endeffekt wird unter Strukturwandel die Auswirkungen der veränderten strategischen Ausrichtungen der Unternehmen verstanden. Vieles, was im vorherigen Kapitel beschrieben wurde, wird im Folgenden erneut aufgegriffen und aus einer volkswirtschaftlichen Vogelperspektive beleuchtet. Damit wird versucht, die konkreten Veränderungen für den gesamten Bankenplatz aufzuzeigen. 9.1 Industrialisierung Die Industrialisierung der Bankenbranche setzte nicht erst mit der Finanzkrise ein. Sie äussert sich in einer längeren, weniger tiefen Wertschöpfungskette, stärkerer Spezialisierung und Auslagerung. Tendenziell führt die Industrialisierung zu einer Aufspaltung der Branche in einen «Finanzmarkthintergrund» und die individualisierte Beratung. Es zeichnet sich bisher noch nicht ab, ob die Industrialisierung im Endeffekt zu vollkommen spezialisierten Unternehmen oder vermehrt zu Gemeinschaftsprojekten zwischen Banken (und/oder Drittfirmen) führt. Allgemein wird jedoch erwartet, dass der Prozess in den nächsten Jahren an Dynamik gewinnen wird. Abgespalten und ausgelagert werden vor allem Bereiche, die grosses Potential für Skalenerträge bieten. Servicegesellschaften können diese besser abschöpfen als breit aufgestellte Banken. Bereiche mit grossem Potential für Skaleneffekte sind der Zahlungsverkehr, Fonds, Hypothekar-Monitoring, Kreditbearbeitung sowie die IT-, die HR-Dienstleistungen, Buchhaltung und Controlling, der Rechtsdienst und die Compliance, aber auch Steuerauszüge und SNB-Meldungen. Auslagerungsbeispiel Zahlungsverkehr Der Zahlungsverkehr war früher ein ergänzendes Geschäft für die Banken. Er wurde vor 10 Jahren als zu wichtig angesehen, um ausgelagert zu werden. Zwischenzeitlich hat ein Wertewandel stattgefunden. Einerseits ist das Vertrauen in andere Unternehmen gewachsen, andererseits ist das grosse Kosteneinsparungspotential durch die Auslagerung erkannt worden. Der Zahlungsverkehr ist ein Massengeschäft mit beachtlichen Netzwerkeffekten, das von einem Standard dominiert werden muss, und stellt einen «the winner takes it all»-Markt dar. Die Banken haben zunehmend Mühe, hier mit der Entwicklung der Technologie mitzuhalten, um einen solchen Standard zu setzen. Aktuelles Beispiel ist der Kampf um die Mobile Payment Solutions. Eine vollkommene Harmonisierung des Zahlungsverkehrs in der Schweiz, analog zur harmonisierten Wertschriftenabwicklung durch SegaInterSettle (SIS) liegt im Bereich des Möglichen. Der Zahlungs- und Wertschriftenverkehr könnte nicht nur für die Schweiz sondern sogar global harmonisiert und gecleart werden. Die Standardisierung der internationalen Regulierung bewegt sich in eine Richtung, die einen globalen Zahlungs- und Wertschriftenverkehr29 in Zukunft zulassen würde. Die Schweiz mit ihrer herausragenden Finanzmarktinfrastruktur30 und ihrer Stabilität dürfte in diesem Bereich ein Wort mitzureden haben. Die SIX Swiss Exchange profitiert im Ausland bereits jetzt vom Ausstieg vieler Banken aus dem Zahlungsverkehr. Bei der Kernbanken-Software haben sich wenige starke Player durchgesetzt (Avaloq, Finnova, Temenos). Fast sämtliche Banken (die beiden Grossbanken ausgenommen) sind auf eine standardisierte Kernbankenlösung umgestiegen. Solche Software vereinfacht und vergünstigt die Auslagerung der standardisierten Prozesse zu Drittanbietern. Insbesondere kleine Banken profitieren davon. Die vereinfachten Auslagerungsmöglichkeiten sind einer der Hauptgründe, dass sie selbstständig bleiben. Bezüglich Querschnittfunktionen und des Aufbrechens der Wertschöpfungskette scheint die Schweiz noch nicht so weit fortgeschritten zu sein wie das Ausland. Ein Grund dafür wird in den vergleichsweise wenigen unabhängigen Anbietern von Outsourcing-Prozessen gesehen. Es existieren verschiedene Startups oder Initiativen als unabhängige Anbieter. Damit solche Erfolg haben, sind jedoch erhebliche Vorinvestitionen notwendig, was den Markteintritt erschwert. Bisher sind es hauptsächlich die Banken selbst, die sich in einem Teil des Finanz29 Wie zum Beispiel das Projekt TARGET2-Securities: Eines der grössten Infrastrukturprojekte der EU soll eine Paneuropäische Plattform für das Settlement in Zentralbankgeld (CeBM) bieten und die Abwicklungsprozesse in der Eurozone harmonisieren. Die Schweiz war Vorreiterin bei der digitalen Abwicklung von Zahlungen und weist hier weiterhin einen Vorsprung – wenn auch einen schrumpfenden – gegenüber anderen Finanzplätzen auf. 30 51 Finanzplatz Zürich 2014/2015 hintergrunds spezialisieren und diese Dienstleistung auch anderen Banken anbieten, um die notwendigen Skalenerträge zu erzielen. Allerdings bietet man der Konkurrenz ungern alles an oder lagert ungern Prozesse an die Konkurrenz aus. Die Spezialisierung an der Schnittstelle zum Kunden ist ebenfalls erst im Aufbau. Ein Beispiel für spezialisierte Kundenberatung ist eine zentrale Anlaufstelle für Kredite. Eine solche «Kreditzentrale» übernimmt die Beratung und Auswahl aus dem Angebot aller Banken, während die Banken selbst den Kredit nur noch bearbeiten. Als Schweizer Beispiele sind hier Moneypark oder Hypoplus zu nennen. Um die Auslagerung und Spezialisierung zu beschleunigen, ist der Kostendruck noch zu klein und das Eigenkapital (gerade bei den Regionalbanken und Sparkassen) hoch. Zudem ist laut den Stimmen aus der Branche ein stärkerer Wertewandel bei den Banken nötig. Die Banken sind noch zu stolz auf die eigenen Prozesse und haben einen zu hohen Unabhängigkeitswillen. Qualitäts- und Kontrollverlust werden befürchtet. Bei den Kantonalbanken müssen Auslagerungen zusätzlich politisch erklärt werden können.31 Der Markt wird jedoch den Leidensdruck vermutlich so stark erhöhen, dass die Industrialisierung deutlich an Fahrt aufnimmt. Insbesondere angelsächsisch geleitete Banken mit internationalem Aktionariat dürften vermehrt unter dem Druck der Kostenminimierung auf Auslagerung setzen. 9.1.1 Verflechtung der Banken mit der übrigen Wirtschaft Für den Finanzplatz Schweiz führt die Industrialisierung durch die Spezialisierung der Unternehmen insgesamt zu Effizienzgewinnen und damit Produktivitätswachstum. Die Auslagerung kann aber auch eine Verschiebung von Tätigkeiten und damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze in andere Branchen oder ins Ausland bedeuten. Der Anteil der Banken am Finanzplatz könnte durch die Industrialisierung sinken. Allerdings verschwimmen auch die Grenzen, was als Bank gezählt wird und welche Unternehmen zum Finanzplatz gehören. IT-Firmen, die sich auf Kernbankensysteme spezialisieren, sind zwar keine Finanzinstitute, sie gehören jedoch praktisch zur Finanzmarktinfrastruktur. Noch schwieriger wird es bei Instituten, die Prozessdienstleistungen (Business Process Outsourcing, BPO) erbringen. Die Entris Banking AG ein solches BPO-Unternehmen für kleinere und mittlere Finanzinstitute, besitzt selber eine Banklizenz, wurde aber unlängst von der Swisscom übernommen. Avaloq und Raiffeisen haben gemeinsam ein Technologieunternehmen gegründet, das künftig ähnliche Dienstleistungen erbringen soll. Insgesamt dürfte durch die Industrialisierung die Verflechtung der Banken mit der übrigen Wirtschaft steigen. Wirtschaftliche Verflechtung der Banken (Strukturbruchtest) Ob sich die Verflechtung der Banken mit den anderen Branchen verändert hat, lässt sich mittels Strukturbruchtests (Chow-Test) evaluieren. Als zugrunde liegende Struktur der Wirtschaft wurde folgende Gleichung angenommen: (Beispiel IT Branche) IT = β0 + β1 Banken + βδBIP + ... Mit βδBIP ist ohne bereits im Modell enthaltenen Branchen und mit «...» die weiteren relevanten Branchen gemeint, das Modell wurde in diversen Spezifikationen getestet. Die Strukturgleichungen der anderen Branchen sind äquivalent zum obigen Modell. Als Datengrundlage wurden die realen Wertschöpfungsquartalsdaten von BAKBASEL verwendet. In einem zweiten Schritt wurde der Strukturbruch mittels eines VAR-Modells untersucht. Die im Modell enthaltenen Branchen und Variablen sind: Banken, Finanzsektor ohne Banken, Versicherungen, IT, Immobilien (NOGA 68), Beratung (NOGA 69) und das BIP. Es konnte bei keiner Branche, weder beim univariaten Ansatz noch im Vektorautoregressiven (VAR) Modell, ein Strukturbruch nachgewiesen werden. Die Parameter der Schätzungen haben sich somit durch den Ausbruch der Finanzkrise nicht signifikant verändert. Die Finanzkrise hatte sicherlich Auswirkungen auf die Bankenbranche, jedoch hat sich dies nicht in einer geänderten Struktur der Wirtschaft ausgewirkt. Banken beziehen beispielsweise weiterhin Informatikdienstleistungen und lagern Prozesse aus, ohne dass sich dies durch die Krise signifikant verändert hätte. Die Treiber, die eine veränderte wirtschaftliche Struktur in der Schweiz auslösen könnten, sind tendenziell bei den Trends (Digitalisierung, Konsolidierung, Spezialisierung) und nicht bei den Schocks zu suchen und wirken sich somit nicht bruchartig aus. Weiter brauchen die Anpassungen an das neue Umfeld eine gewisse Vorbereitungs- und Anlaufzeit, was verzögernd wirkt. Durch diese Faktoren konnte, trotz den grossen Verwerfungen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, kein Strukturbruch erwartet werden. Bisher zeigt sich in den Daten keine signifikant verstärkte Verflechtung mit anderen Branchen (vgl. oben stehenden Kasten). Die Verschiebungen durch die Spezialisierung und Industrialisierung bleiben grossmehrheitlich innerhalb der Bankenbranche. Die Glarner Kantonalbank wollte ihren Zahlungsverkehr zur Swisscom auslagern. Damit wäre eine Verschiebung von 10 Stellen aus dem Kanton Glarus in den Kanton Zürich verbunden gewesen. Die Politik hat diese Auslagerung untersagt. 31 52 Finanzplatz Zürich 2014/2015 9.1.2 Geografische Aspekte der Industrialisierung In der Schweiz haben sich bereits einige Outsourcing-Anbieter etabliert. Das Vertrauen der Banken zu lokalen Unternehmen ist tendenziell stärker als zu Firmen im Ausland. Umgekehrt ist für die Auslagerungsunternehmen die Nähe zum Kunden von grosser Bedeutung. Weitere Argumente für die Schweiz sind die Datensicherheit und die Glaubwürdigkeit. Sensible Daten werden nur ungern ins Ausland ausgelagert, wo der Datenschutz weiterhin tiefer ist. Auch die physischen Server und Datenspeicher werden aus diesem Grund in der Schweiz bleiben. Die Standortgebundenheit nimmt mit der Industrialisierung zwar ab, im Finanzplatz Zürich bestehen jedoch Clustereffekte und Netzwerkeffekte mit dem IT-Sektor. Daraus erwachsen Vorteile, wie tiefere Transaktionskosten oder ein grosser Pool an spezialisierten Fachkräften. Ein Auslagerungsunternehmen muss eine beachtliche Bekanntheit geniessen, um ohne die Netzwerkeffekte erfolgreich aus dem Ausland seine Dienste in der Schweiz anbieten zu können. Eine Auslagerung ins Ausland wird hauptsächlich für einfache repetitive Tätigkeiten in Betracht gezogen. Insgesamt bleiben die ausgelagerten Prozesse mehrheitlich in der Schweiz. Die meisten Outsourcing-Unternehmen sind in Zürich angesiedelt. Daher rechnet sich auch eine Auslagerung aus dem Raum Zürich in kostengünstigere Kantone meistens nicht. In gewissen Bereichen dürften Zürich und die Schweiz sogar einige Attraktivität als Outsourcing-Standort für Nicht-Schweizer Institute aufweisen. Damit die Schweiz aber zu einem Hub für Bankendienstleistungen auf globaler Ebene werden könnte, müsste sie sich politisch öffnen und überzeugen, dass sie punkto Sicherheit sehr hohe Standards erfüllt. Verschiebungen ins Ausland sind eher bei den Grossbanken oder anderen international tätigen Instituten beobachtbar. Meistens handelt es sich dabei nicht um Auslagerungen zu externen Unternehmen, sondern um Verschiebungen bankinterner Abteilungen in ausländische Standorte. Das geschieht entweder, um Lohnkosten zu sparen, oder, weil grössere Wachstumschancen im Ausland gesehen werden. In den aufstrebenden Schwellenländern, insbesondere in Asien, werden von vielen Banken grössere Front-Office-Abteilungen aufgebaut. Je nach weiterer Entwicklung könnte es sich auch lohnen, das Backoffice nachzuziehen. Dies gilt ebenso vor dem Hintergrund der Marktzugangsproblematik und anderen, protektionistischer Massnahmen. Verlagern die Schweizer Banken ihr Geschäft ins Ausland, gehen dem Bankenplatz Zürich Wertschöpfung, Stellen und Steuersubstrat verloren. Geografische Verlagerung und Büromieten Eher als eine Verlagerung aus Zürich in kostengünstigere Kantone rechnet sich eine Verlagerung innerhalb Zürichs. Die Clustereffekte von Zürich bleiben so erhalten. Zusätzlich lassen sich durch Synergieeffekte aus grösseren Bürokomplexen und tieferen Mieten Kostenreduktionen realisieren. Die relative Preisentwicklung der Büromieten im Stadtzürcher Central Business District (CBD) im Vergleich zu denjenigen der gesamten Stadt liefert ein Indiz dafür, dass eine solche Entwicklung stattfindet. Die Preise für die gesamte Stadt Zürich stiegen stärker als die Mieten des CBD, obwohl grosse Bauten am Stadtrand, insbesondere in Zürich West (Prime Tower mit Citibank und ZKB) und Zürich Nord (Quadro, 2. Etappe), im betrachteten Zeitraum auf den Markt kamen und das Angebot vergrösserten. Dieses zusätzliche Angebot wurde durch die stärkere Nachfrage mehr als kompensiert. Ein weiteres Indiz ist die Entwicklung der relativen Angebotsquote, also des Anteils, der in den nächsten 6 Monaten zu vermietenden Büroräume im Verhältnis zur gesamten Bürofläche. Die relative Angebotsquote stieg im CBD stärker als in der gesamten Stadt. Dies deutet auf Wegzüge von Firmen aus dem CBD und Zuzüge in anderen Quartieren hin. Ob es sich hierbei um Banken handelt, kann nur exemplarisch gestützt werden. So hat zum Beispiel die Credit Suisse 2010 den ehemaligen Sunrise Tower gemietet und die UBS 1400 Arbeitsplätze von der Innenstadt nach Altstetten bzw. Opfikon verlagert und die Mietverträge für über 30 Gebäude nicht verlängert. 140 120 130 100 120 80 110 60 100 40 90 20 80 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 City (CBD) Stadt Zürich Abb. 9-1 Relative Mieten nach Marktgebiet Abb. 9-2 Relative Angebotsquote nach Marktgebiet (Quelle: Colliers International Schweiz AG, BAKBASEL) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Wirtschaftsraum 53 Finanzplatz Zürich 2014/2015 9.2 Konsolidierung in der Bankenbranche Die Bankenbranche in der Schweiz befindet sich seit über 20 Jahren in einer Konsolidierungsphase. Bereits damals wurde von einer Mindestgrösse – meist gemessen am Volumen der verwalteten Vermögen – gesprochen, die erreicht werden muss, um überlebensfähig zu sein. Abb. 9-3 5 0 0 Zahl der Banken in der Schweiz (Quelle: EBK, SNB) 400 300 200 100 0 Dass die jüngste Finanzkrise nicht die primäre Ursache der Konsolidierung ist, zeigen auch die Daten der SNB und der Eidgenössischen Bankenkommission32. Bis in die 90er Jahre stieg die Zahl der Banken auf über 500 Institute an. Die Schweizer Immobilienkrise läutete sodann die Konsolidierung ein. Allein damals reduzierte sich die Zahl der Banken um einen Viertel (vgl. Abb. 9-3). In der Summe ist die Zahl der Banken in der Schweiz von 372 im Jahr 199933 auf 283 im Jahr 2013 gesunken. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang der Zahl der Banken um 1.9 Prozent oder rund 7 Banken. Die Entwicklung folgte dabei einem relativ konstanten Pfad. Eine Beschleunigung der Abnahme der Zahl der Banken ist lediglich marginal nach den beiden Finanzkrisen – die Dotcom-Blase (2000–2002) und die Finanz- und Schuldenkrise (ab 2008) – zu sehen. Wie Abbildung 9-4 verdeutlicht, fand der Rückgang der Zahl der Banken nicht in denselben Bankengruppen statt. Während nach der Finanzkrise zu Beginn des neuen Jahrtausends vor allem Retail-Banken – Regionalbanken und Sparkassen sowie «Andere Banken»34 – aus der Statistik verschwanden, sind die Abgänge nach der jüngsten Krise hauptsächlich bei ausländisch beherrschten Banken und die Filialen ausländischer Banken zu verzeichnen. Abb. 9-4 Zahl der Banken in ausgewählten Bankengruppen (Quelle: SNB) 140 Regionalbanken & Sparkassen Ausländisch beherrschte Banken Privatbankiers Andere Banken Filialen ausländischer Banken 120 100 80 60 40 20 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Die Zahl der ausländisch beherrschten Banken weist eine hohe Volatilität aus. Oftmals ist die Entwicklung und Strategieausrichtung der Muttergesellschaft ausschlaggebend für einen Rückzug aus der Schweiz und nicht per se die Situation am hiesigen Finanzplatz.35 Bereits in den Jahren 1997 bis 1999 ist die Zahl der ausländisch beherrschten Banken in der Schweiz 2009 wurde die Bankenkommission in die Finma überführt. 32 Beginn der Zeitreihe der SNB-Daten. 33 Zu dieser Gruppe zählen etwa Migros Bank, Bank Coop, WIR Bank Genossenschaft, Cornèr Banca SA oder neu auch die PostFinance AG. 34 Ein Beispiel dafür ist Coutts, die Schweizer Privatbanken-Tochter der britischen Royal Bank of Scotland (RBS). 35 54 Finanzplatz Zürich 2014/2015 um 33 Institute gesunken. Zahlreiche Tochtergesellschaften asiatischer Banken zogen sich damals aufgrund der Asienkrise, die hauptsächlich ihre Mutterkonzerne betraf, aus der Schweiz zurück. Der damalige Rückgang entspricht etwa der Situation am aktuellen Rand. Im Jahr 2013 ist die Zahl der ausländisch beherrschten Banken um 29 Institute geringer als noch im Jahr 2010. In den Medien ist oft von den steigenden (Regulierungs-)Kosten als Grund für die Konsolidierung zu lesen. Banken mit kleinen Volumen an verwalteten Vermögen36 sollen nicht mehr profitabel operieren können. Die Industrialisierung der Branche, insbesondere die Standardisierung der Backoffice-Prozesse, vereinfacht kleinen Instituten jedoch die Auslagerung der Regulierungs- und IT-Kosten oder den Anschluss an eine Kooperationsplattform.37 Gerade im Retail Banking scheint es daher keinen verstärkten Konsolidierungsdruck zu geben. Dafür spricht auch die Entwicklung der Zahl der Regionalbanken und Sparkassen. Im Verlauf in Abbildung 9-4 ist kein beschleunigter Rückgang seit der Finanzkrise und der damit gestiegenen Regulierungskosten ersichtlich. Regionalbanken und Sparkassen Abb. 9-5 Gründe für die Entlassung aus dem Bankenstatus Anzahl der Banken nach Bankengruppen, Total 1997–2013 (Quelle: SNB) 1 12 Ausländisch beherrschte Banken und Zweigniederlassungen 5 8 Übrige Banken 35 69 50 6 20 Liquidation Fusion Übernahme 36 Zweckänderung 9 Der Rückgang der Zahl der Banken geht nicht per se mit einer Verkleinerung des Bankenplatzes einher. Abbildung 9-5 zeigt, dass die Mehrheit der aus der Statistik verschwundenen Banken weiterhin auf die eine oder andere Weise existiert. Über den Zeitraum 1997–2013 sind 251 Banken verschwunden.38 Davon wurden 58 Institute oder 23 Prozent liquidiert. Die übrigen Banken gingen durch Fusionen oder Übernahmen in anderen Instituten auf oder haben ihre Bankenlizenz zurückgegeben und sind weiterhin am Finanzsektor tätig, zum Beispiel als Effektenhändler (Zweckänderung). Bei den Regionalbanken und Sparkassen gab es keinerlei Liquidationen. Auffällig ist dagegen die hohe Zahl der Fusionen in dieser Bankengruppe. 120 100 Übernahme 80 Liquidation 60 40 20 0 Abb. 9-6 Gründe für die Entlassung aus dem Bankenstatus im Zeitverlauf, 1997–2013 Anzahl der Banken (Quelle: SNB, BAKBASEL) Zweckänderung 6 Fusion 1 26 67 47 16 26 1997–2000 11 17 2 14 18 2001–2007 2008–2013 Seit der jüngsten Finanzkrise (2008–2013) sind weniger Banken verschwunden als in den Jahren 2001–2007 (vgl. Abb. 9-6).39 Deutlich gestiegen ist dagegen der Anteil der Banken, die aufgrund von Liquidationen oder Zweckänderungen aus der Statistik verschwinden. Damit liefern die Daten Indizien für mehrere Trends in der Bankenkonsolidierung seit der jüngsten Finanzkrise. 36 Als Grössenordnung werden weniger als 1, 3 oder 10 Mrd. CHF an verwalteten Vermögen genannt. 37 Beispiele hierfür könnten vermehrte Kooperation der Raiffeisenbanken oder Konstrukte wie Clientis sein, die für den Kunden zu keinen oder kaum spürbaren Veränderungen führen. Im gleichen Zeitraum wurden insgesamt 126 Institute in die Statistik aufgenommen. 38 Der Zeitraum ist allerdings um 1 Jahr kürzer. Zwischen 2001 und 2007 sind im Durchschnitt pro Jahr rund 17 Banken verschwunden. Im Zeitraum 2008–2013 waren es pro Jahr rund 15 Banken. Der Rückgang ist damit auch relativ gesehen noch geringer. 39 55 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Aktuell läuft die Konsolidierung nicht nach dem klassischen horizontalen Schema ab, das zu einer deutlich geringeren Anzahl Banken führt. Es verschwinden nicht primär ganze Banken, sondern einzelne Teile werden abgespalten, gekauft oder über den Arbeitsmarkt durch die Abwerbung ganzer Teams übernommen. Das sind meistens Bereiche mit Potential für Skalenerträge, die in eigenständige Unternehmen überführt werden, oder geografische Kundenportfolios, respektive geografisch spezialisierte Vermögensverwalterteams. Solche Abspaltungen und Portfolioverschiebungen sind in der Statistik nicht ersichtlich. Übernahmen ganzer Banken sind zurzeit mit hoher Unsicherheit verbunden. Eine bedeutende Quelle für diese Unsicherheit ist die Regelung der Vergangenheit. Bei der Übernahme einer ganzen Bank wird auch deren Vergangenheit übernommen, die problematisch sein kann. Die Käuferin geht das Risiko ein, später verklagt zu werden oder hohe Bussen bezahlen zu müssen.40 Dass nicht eine ganze Bank übernommen wird, hängt meist auch damit zusammen, dass die Käuferin in ihrer Strategie eine Fokussierung auf gewisse geografische Märkte beschlossen hat, die zum Verkauf stehende Bank jedoch Kunden aus aller Welt betreute. Die Veräusserungen von Kundengruppen oder Abspaltungen von Geschäftsbereichen führen zu der beobachteten erhöhten Tendenz, die Bankenlizenz zurückzugeben. Entweder ist das übrigbleibende Geschäftsmodell nach der Veräusserung von geografisch gruppierten Kundenportfolien nicht mehr überlebensfähig und die Bank geht in Liquidation, oder für die angestrebte Tätigkeit ist keine Banklizenz mehr nötig, was die gestiegene Zahl von Zweckänderungen anzeigt. Für den Finanzplatz stellt die Konsolidierung, insbesondere die sinkende Zahl der Banken, nicht zwingend einen Bedeutungsverlust dar. Bisher werden die verwalteten Vermögen grössten Teils weiterhin in der Schweiz verwaltet, auch wenn es sich bei der «verschwindenden» Bank um eine ausländische Tochtergesellschaft handelt. Die Übernahme einer Schweizer Bank durch eine Nicht-Schweizer Käuferin (oder umgekehrt) und damit eine Konsolidierung und Verschiebung von Geldern über die Landesgrenze ist problematisch. Die unterschiedlichen lokalen Regulierungen verhindern meist eine umfassende Zusammenführung.41 Auch die Abspaltung von Geschäftsbereichen muss nicht mit einer Schrumpfung des Zürcher Finanzplatzes einhergehen (vgl. Kapitel 5.1.2). Die Konsolidierung kommt damit eher einer Umverteilung oder Neuorganisation als einer Verkleinerung gleich. Die Konsolidierung führt insgesamt zu stärker spezialisierten Unternehmen. Das sollte Skalenerträge generieren und die Effizienz auf dem Bankenplatz erhöhen. Die Konsolidierung ist damit durchaus in einem positiven Licht für den Finanzplatz zu sehen. Langfristig dürften dadurch die Wertschöpfung und auch das Image des Finanzplatzes Schweiz im Ausland steigen. Von spezialisierten Instituten wird gegenüber Banken, die von allem etwas anbieten, eine verbesserte Qualität erwartet. Für die Zukunft wird in der Branche eine Zunahme der Konsolidierung erwartet. Insbesondere bei den Auslandbanken und Vermögensverwaltern (Banken sowie unabhängige Vermögensverwalter) mit 60–70 Prozent (unversteuertem) Auslandvermögen wird eine stärker rückläufige Anzahl Institute erwartet. Weiter wird ein grosses Risiko im Programm zur Vergangenheitsbereinigung der USA gesehen. Wie viele Banken tatsächlich verschwinden werden, lässt sich kaum abschätzen. Ein Rückgang wie in den 1990er Jahren, als 200 Banken verschwanden, wird nicht erwartet. In den 5 Jahren seit der Krise ist die Zahl der Banken «lediglich» um 47 Institute geschrumpft. 9.3 Auswirkungen auf das Personal 9.3.1Personalbestand Die Zahl der Erwerbstätigen in der Bankenbranche42 der Region Zürich ist im Jahr 2013 erstmals seit 2005 deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2012 arbeiteten noch 59’700 Personen bei den Banken. 2013 waren es rund 3’000 Personen oder 5.2 Prozent weniger. Angesichts der zahlreichen Meldungen über Entlassungswellen bei den Banken seit der Krise erstaunt, dass die Branche in Zürich zwischen 2005 und 2012 im Durchschnitt pro Jahr 1.1 Prozent mehr Erwerbstätige zählte. Die gleiche Bewegung ist für die gesamte Schweiz beobachtbar. Aber auch gemäss den Zahlen der SNB, die nur lizenzierte Banken umfasst, ist die Zahl der vollzei Bei den jüngsten Übernahmen von Banken (BSI und Leumi) wurde explizit Vorsorge getroffen, dass die ursprünglichen Bankinhaber und nicht die Käufer die Bussen im Zusammenhang mit unversteuerten Geldern von US-Kunden übernehmen müssen. 40 Beispiele dafür sind die Probleme von Euornex und Nasdaq. 41 Für die Bankenbranche wird hier die Definition gemäss allgemeiner Systematik der Wirtschaftszweige NOGA 08 verwendet. Neben den klassischen Banken (Kreditinstitute) werden auch die Nationalbank sowie Beteiligungsgesellschaften (ohne operative Führungsaufgaben) und Treuhand-, sonstige Fonds und ähnliche Finanzinstitutionen zur Branche gezählt. 42 56 Finanzplatz Zürich 2014/2015 täquivalent Beschäftigten43 im Jahr 2013 rund 7 Prozent höher als 2004. Der Personalbestand der Banken wurde einzig im Jahr 2009 verringert und stagnierte dann bis ins Jahr 2012. Abbildung 9-7 zeigt diese Entwicklung für die einzelnen Bankengruppen. Die grösste Volatilität weist der Personalbestand der Grossbanken auf. Gegenüber dem Jahr 2007 haben die Grossbanken in der Schweiz rund 12’000 Vollzeitstellen abgebaut. Auf der anderen Seite wurden im gleichen Zeitraum bei den Retail-Banken 1’600 und bei Vermögensverwaltern knapp 2’000 Vollzeitstellen aufgebaut. Bei letzteren zeigt der Trend, wie bei den Grossbanken auch, seit 2011 deutlich nach unten. 80 Reta il Ba nking Gros sbanken Vermögens verwa ltung Ba nkenbra nche (rechte Skala) 70 60 50 40 Abb. 9-7 1 3 0 Personalbestand in der Banken branche und nach Bankengruppen In 1’000 Personen (Vollzeitäquivalente); Bankenbranche gemäss NOGA 08; Retail Banking: Kantonalbanken, 1 2 0 Regionalbanken und Sparkassen, Raiffeisenbanken, Andere Banken, ohne PostFinance AG; Vermögensverwaltung: Börsen banken, ausländisch beherrschte Banken, Privatbankiers, Filialen 1 1 0 ausländischer Banken (Quelle: SNB, BFS) 30 20 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 100 Dass der Personalbestand, um bei allen Massnahmen die Kosten zu senken, keinen deutlicheren Rückgang aufweist, wird auf die gestiegenen Anforderungen im Rechtsdienst und im Bereich Compliance zurückgeführt. In diesen Bereichen wurde Personal aufgebaut, wegen neuer Regulierungen, länderspezifischen Gesetzen, aber auch Forderungen der Aufsicht nach strikter Aufgabentrennung und Kontrolle. Inwieweit die Industrialisierung zu einem Stellenabbau führt, ist schwer eruierbar. Bereiche mit grossem Potential für Skaleneffekte dürften eher Personalabbau verzeichnen. Durch die Effizienzsteigerung können Institute jedoch wachsen und Stellen verlagern. Ein Abbau würde vor allem bei stagnierenden Banken erwartet. Die Auslagerung selber kommt einer Verschiebung der Stellen zu anderen Unternehmen gleich. Dabei ist unklar, ob diese Unternehmen weiterhin der Bankenbranche angehören oder eher bei den sonstigen Finanzdienstleistern oder der Informationstechnik zu finden sind. Wie in Kapitel 9.1.2 erläutert verbleibt die Mehrheit der ausgelagerten Stellen voraussichtlich in der Region Zürich. Für die Gesamtwirtschaft wird daher ein Nullsummenspiel erwartet. Als matchentscheidend wird auch hier der Marktzugang genannt, also wie viele Dienstleistungen in Zukunft noch aus der Schweiz heraus erbracht werden können. Zudem wird Personal hauptsächlich in den Wachstumsmärkten in Asien aufgebaut. Je nach weiterer Entwicklung in der Schweiz kann dieser Aufbau auch andere Teile der Bank mit sich ziehen. Eine weitere Unbekannte ist der Umbau der beiden Grossbanken in eigenständige Einheiten. Ob dieser zu einer Verschiebung von Teilen der Wertschöpfungskette ins Ausland und damit auch zu einem Stellenabbau in der Schweiz führt, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.44 43 Nur Personal in der Schweiz; ohne PostFinance AG. 44 Die UBS wird zur UBS Group als Holdinggesellschaft und drei Tochtergesellschaften umgebaut. Die UBS AG wird in der Schweiz domiziliert, die UBS Limited in London und die UBS in New York. Aktuell sind rund 22’000 Personen in der Schweiz bei der UBS angestellt. Ungefähr die Hälfte davon arbeitet für UBS Schweiz, die andere Hälfte für den Konzern. Ob und wie viele Stellen davon durch den Umbau der Konzernstruktur verschoben werden, ist offen. 57 Finanzplatz Zürich 2014/2015 9.3.2Entlohnung 2013 2011 2009 2007 2005 2003 2001 1997 1999 Stundenproduktivität Stundenlohn 1995 2013 2011 2009 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 2007 2005 2003 2001 1999 1997 1995 1993 Reta il Ba nking Gros sbanken Vermögens verwa ltung 1993 Abb. 9-8 Personalaufwand 20 In Mrd. CHF 18 (Quelle: SNB) 16 Abb. 9-9 14 Produktivität und Löhne 12 Indexiert 1993 = 100; Bankenbranche gemäss NOGA 08 10 (Quelle: BAKBASEL) 8 6 4 2 0 Mit dem sinkenden Personalbestand sind auch die Ausgaben für Löhne gesunken (vgl. Abb. 9-8). Bei den Stundenlöhnen der Bankenbranche ist allerdings noch kein Rückgang zu beobachten. Damit verdeutlicht Abbildung 9-9 auch ein zentrales Dilemma der Banken. Die Stundenproduktivität ist mit dem Einbruch der Wertschöpfung stark geschrumpft. Theoretisch müsste sich das in den Stundenlöhnen widerspiegeln. In der Vermögensverwaltung ist die Beratungsqualität noch stark vom Betreuungsverhältnis (Anzahl Kunden pro Berater) abhängig. Es erscheint daher plausibler, die Löhne der Berater zu senken als diese zu entlassen. Gerade in der Vermögensverwaltung hat sich jedoch weder im Personalbestand noch bei der Entlohnung viel Bewegung gezeigt. Als Grund dafür wird der Mangel an Kundenberatern angegeben. Der Wettbewerb um die besten Talente in der Beratung ist weiterhin gross.45 Ganze Beraterteams werden abgeworben in der Hoffnung, sie bringen ihren Kundenstamm mit. Gelingt dies, können sich auch die höheren Lohnkosten für die Bank lohnen. Grösseres Potential für geringere Lohnkosten sind im Backoffice zu verzeichnen. Insbesondere die Grossbanken haben hier bereits Lohnkürzungen vorgenommen. Die Anpassung der Löhne ist jedoch ein langsamer Prozess, da die individuellen Löhne sehr rigide sind. Die Banken versuchen hauptsächlich bei Neueinstellungen die Löhne tiefer anzusetzen und das teure ältere Personal in die Frühpensionierung zu entlassen. Der Trend zur Frühpensionierung ist in der Bankenwelt allerdings keine Neuerung. Eine weitere Schwierigkeit, die Löhne zu senken, besteht in der Tatsache, dass vermehrt hochqualifiziertes Personal und Spezialisten gesucht sind. 9.4 Anforderungsprofil eines Bankers Um die im Schweizer Banking charakteristische Beratungsqualität zu halten, muss die Beratung stärker individualisiert und auf die spezifischen Bedürfnisse des Kunden in seinem aktuellen Lebensabschnitt zugeschnitten sein. Beispielsweise wird stärker auf Erbbetreuung oder Ausbildungsfinanzierung eingegangen. Dafür braucht es Spezialisten mit ganzheitlicher Sichtweise. Produktverkäufer sind vom gut informierten Kunden nicht mehr gefragt. Neben der ganzheitlichen Beratung sind auch die kommunikativen Fähigkeiten und die Teamfähigkeit wichtiger geworden. Weiter wird für die Berater auch vom Regulator (Fidleg) eine spezifische Ausbildung gefragt. Sie benötigen mehr regulatorisches und segmentspezifisches Wissen und werden auf diesen Themen zertifiziert. Letzteres dürfte vor allem für ältere Berater eine Herausforderung darstellen. Insgesamt wandelt sich das Profil eines Beraters vom Generalisten zum Spezialisten. Die Generalistenfunktionen werden durch technologische Entwicklungen abgelöst. Die Technologie ist bedeutender geworden, und Kenntnisse und Verständnisse in diesem Bereich sind auch im Kader gefordert. In den Führungsetagen werden vermehrt Personen mit hoher IT-Affinität eingestellt, und bestehendes Personal muss sich in diese Richtung weiterbilden.46 Auch die Auslagerung verändert potentiell das Anforderungsprofil der Bankangestellten. Sowohl bei der Bank als auch in einer Outsourcing-Firma. Wenn auch nicht so hoch wie in Asien, insbesondere in Singapur. Dort werden die Beraterteams alle 3 Jahre von einem anderen Unternehmen zu höheren Löhnen abgeworben. 45 Bei Blackrock besucht jedes Mitglied des höheren Kaders einen App-Programmierkurs. Bei der SIX arbeiten mehr Programmierer als anderes Personal. 46 58 Finanzplatz Zürich 2014/2015 9.5 Attraktivität des Finanzplatzes Zürich Es stellt sich die Frage, welchen Einfluss die grösseren Umwälzungen auf die Attraktivität des Bankenplatzes Zürich oder allgemeiner der Schweiz gegenüber der internationalen Konkurrenz ausüben. Prinzipiell sind andere Finanzplätze von ähnlichen Trends und Schocks betroffen wie die Schweiz. Unterschiede bestehen in den Veränderungen des Umfeldes und den konkreten Herausforderungen. So gab es in der Schweiz beispielsweise keine Kreditklemme oder keine Verstaatlichung von schwankenden Instituten, während in London oder New York die Marktzugangsproblematik geringer ist. Dementsprechend unterschiedlich ist die Reaktion der Finanzplätze und der Regulierung in andern Ländern. Insgesamt scheint die Attraktivität des Bankenplatzes Zürich nicht stark gesunken zu sein. Zu seinen Vorteilen gehören eine hohe (Beratungs- und Abwicklungs-)Qualität, grosses Knowhow, eine hervorragende Finanzinfrastruktur sowie allgemeine Standortfaktoren wie politische Stabilität und eine starke Währung. Kunden, die den Diversifikationseffekt suchen, werden auch in Zukunft Gelder in die Schweiz bringen. Ein Indiz, das für die hohe Attraktivität spricht, ist der relativ geringe Geldabfluss nach der Aufweichung des Bankkundengeheimnisses. Die unversteuerten Gelder sind nach der Überführung in die Steuerehrlichkeit nicht alle aus der Schweiz abgeflossen, sondern als versteuerte Vermögen geblieben oder einer anderen Schweizer Bank zugeflossen. Andere Finanzplätze kannten ebenfalls ein Bankkundengeheimnis, sind aber nicht so gross geworden wie die Schweiz. Das Bankkundengeheimnis war nicht der einzige Grund, um Geld in der Schweiz verwalten zu lassen. Das Niveau der Vermögensverwaltung in der Schweiz ist im weltweiten Vergleich enorm hoch. Raphael Vannoni, Geschäftsführer Basler Bankenvereinigung, meint: «Geld in der Schweiz zu haben ist wie eine Louis-Vuitton-Tasche. In einigen Ländern (insbesondere im Osten) gelten Schweizer Banken als Qualitätsgütesiegel und ein Schweizer Bankkonto als Statussymbol.» Der Zürcher Finanzplatz spielt immer noch unter den Top 5 der Welt mit.47 Zudem haben einige der weltweit grössten und besten Vermögensverwalter ihren Hauptsitz in Zürich.48 Dennoch hat das Renommee der Schweiz gelitten. Die Lieferung und der Diebstahl von Kundendaten wirken wie ein Bruch des impliziten Versprechens der finanziellen Privatsphäre. Die Medienpräsenz dieser Daten CDs war gemäss Andreas Blumer schlimmer als Initiativen wie die Masseneinwanderungsinitiative, die im Ausland wieder vergessen gehen. Zudem dürfte der Konkurrenzdruck unter den Finanzplätzen künftig eher zu- als abnehmen. Singapur treibt die Qualität der Bankdienstleistungen – ein wichtiges Merkmal des Schweizer Finanzplatzes – aktiv vorwärts. In New York, London und Hongkong sind Organisationen zur Förderung von Startups im Bereich Finanztechnologie entstanden.49 Zusätzliches Potential für den Zürcher Finanzplatz sieht die Branche im Asset Management, das noch untervertreten ist. Für ein stärkeres Asset Management spricht die Glaubwürdigkeit und Qualität der Schweizer Banken in der Vermögensverwaltung. Die Betreuung institutioneller Kunden wäre eine sinnvolle Ergänzung zur Vermögensverwaltung, so dass die gesamte Wertschöpfungskette abgedeckt wird. Mit den grossen Vermögen in den Pensionskassen bietet die Schweiz zudem einen beachtlichen lokalen Kundenstamm. Das Asset Management ist jedoch eine stark konzentrierte Branche mit klaren Skaleneffekten und tiefen Margen. Die Grösse von BlackRock und anderen Marktführern wird voraussichtlich keine Schweizer Bank erreichen. Für Schweizer Banken besteht eher in Nischen weiteres Potential, zum Beispiel im Bereich Private Equity und Hedge-Funds. Denkbar ist auch, den Private-Banking-Ansatz in das Asset Management zu übertragen. Den institutionellen Kunden würden spezifische Portfolien zusammengestellt, die auf die speziellen Anforderungen (z.B. Rentnerstrukturen der PK) eingehen. In einer solchen beratungsintensiven Art des Asset Management ist der Konsolidierungsdruck geringer und Skalenerträge sind weniger bedeutend. Die Initiative der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) zur Förderung des Asset Management in der Schweiz dürfte jedoch vorerst lediglich den internationalen Anschluss sicherstellen. Ein Hindernis für das Asset Management in der Schweiz liegt seit längerem in der Regulierung, insbesondere gegenüber Luxemburg, das sich zu einer Hochburg für Fonds entwickelt hat. Die Einführung der Stempelsteuer liess den Goldmarkt, das Fondsgeschäft 47 Global Financial Centres Index 2015; Stand: März 2014. 48 Gemäss Ranking des Marktforschungsunternehmens Scorpio Partnership in London ist die UBS die grösste Vermögensverwalterin der Welt. Auch die CS und Julius Bär liegen unter den ersten 20 Unternehmen. Aus der Schweiz sind weiter Pictet und Lombard Odier unter den ersten Rängen. Auch an den Global Private Banking Awards von PWN/The Banker räumten Schweizer Institute ab. Zu den Gewinnern gehören wiederum die UBS, Pictet, CS, Julius Bär und Union Bancaire Privée. FinTech Innovation Lab 49 59 Finanzplatz Zürich 2014/2015 sowie gewisse Emissionen aus der Schweiz abwandern. Auch ein Renminbi-Hub wird von der Branche als mögliche Erweiterung für den Finanzplatz Schweiz bezeichnet. Damit könnten die Banken neben dem zusätzlichen Geschäftspotential ein Erfolgserlebnis verbuchen und ihr Image aufbessern. Die Branche sieht die zukünftige Attraktivität des Finanzplatzes Zürich und der Schweiz durch zwei ähnlich gelagerte Einflüsse gefährdet. Zum einen ist das die bankenspezifische Regulierung und zum anderen sind es die allgemeinen Rahmenbedingungen. Da in sämtlichen Finanzplätzen die Regulierungsdichte zugenommen hat, sind die relative Dichte der bankenspezifischen Regulierung und die Strenge in der Umsetzung ausschlaggebend für die Attraktivität. Die Regulierung sollte daher so ausgestaltet werden, dass gleichlange Spiesse gegenüber den andern Finanzplätzen entstehen. Wahrscheinlich noch stärker wird die Attraktivität eines Finanzplatzes durch die allgemeinen Rahmenbedingungen bestimmt. Dazu gehören die Steuern, das Fachkräfteangebot sowie deren Ausbildung und Softskills wie Mehrsprachigkeit, das Branding, wirtschaftliche und politische Stabilität, Lebensqualität und viele mehr. Die Attraktivität der Standortfaktoren in Zürich ist zwar sehr hoch, doch gerade hier sehen die Banken sowie andere Akteure der Wirtschaft eine Verschlechterung. Laut Andreas Dietrich, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ), kann die oft gepriesene Rechtssicherheit der Schweiz durch verschiedene Gesetzesänderungen und -initiativen nicht mehr als Trumpf betrachtet werden. Die liberalen Werte gehen in der Gesellschaft verloren. Das fördert auch in der Schweiz Renationalisierungstendenzen und führt zu Gesetzen und Vorschriften, die der Wirtschaft Sorgen bereiten. Dazu gehören beispielsweise die Minder- und die Masseneinwanderungsinitiative, die Unternehmenssteuerreform III oder die Erbschaftssteuerreform mit rückwirkender Wirkung. 60 Finanzplatz Zürich 2014/2015 10Zusammenfassung und Schluss folgerungen Die Finanzkrise hat den Schweizer Bankenplatz tief erschüttert. Zwischen 2007 und 2011 büssten die Banken rund einen Viertel ihrer Bruttowertschöpfung ein. Zahlreiche Beobachter prophezeiten der Branche einen schmerzhaften Strukturbruch. Mittlerweile hat sich die Lage stabilisiert, auch wenn die Branche noch eine Dekade brauchen wird, um in der Wertschöpfung wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen. Aus zahlreichen Expertengesprächen im Rahmen des vorliegenden Projekts und der analysierten Daten wurde deutlich, dass die Bankenbranche einem starken Wandel ausgesetzt ist, dass dieser Prozess aber schon deutlich vor der Finanzkrise eingeläutet wurde und sich über einen längeren Zeitraum abspielt. Ursachen des Strukturwandels: Trends und Schocks Auslöser des längerfristigen Strukturwandels sind der technologische Fortschritt und die Digitalisierung, die den Banken und der Wirtschaft im Allgemeinen vielerlei neue Möglichkeiten und Effizienzsteigerungen eröffneten. Weiterhin bergen das Internet, das Web 2.0 und Big Data das Potential, die bisherigen Geschäftsmodelle der Bankenbranche umzukrempeln. Ähnlich wie das in anderen Branchen bereits geschehen ist, etwa in der Musikbranche, im Buchhandel oder aktuell im Taximarkt geschieht. Um das Potential des technologischen Fortschrittes nutzen zu können, sind grosses technologisches Know-how sowie geeignete digitale Schnittstellen zum Kunden unerlässlich. Hier haben Informationstechnologieunternehmen einen Vorsprung gegenüber Banken und machen ihnen zunehmend Kundensegmente streitig. Der technologische Fortschritt, insbesondere das Internet und die sozialen Medien haben aber auch das Verhalten und die Ansprüche der Kunden grundlegend verändert. Beispielsweise sind der persönliche Kontakt mit den Bankangestellten weniger wichtig und die Loyalität der Kunden ist gesunken. Die Retail-Banking-Verbindung zum Kunden ist keine hinreichende Grundlage mehr für weitere wertschöpfungsintensive Aufträge. Die schwierige konjunkturelle Lage der Banken durch die Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise sowie deren Folgen dürften den Leidensdruck erhöht und den Strukturwandel etwas beschleunigt haben. Die expansive Geldpolitik und das Tiefzinsniveau drücken etwa die Zinsmarge der Banken und erhöhen das Risiko von Blasen am Immobilien- und Aktienmarkt. Die Umsetzung der neuen Regulierung treibt tendenziell die Kosten in die Höhe. Aus volkswirtschaftlicher Sicht handelt es sich bei den verschärften Eigenkapitalvorschriften um eine sinnvolle Korrektur, die eine effizientere Kapitalallokation fördert (insbesondere im Investment Banking). Die neuen Regeln bezüglich Eigenkapitals sind ein Beispiel für die seit der Krise verstärkte Tendenz zu supranationalen Regeln. Bedeutender für die Banken sind die internationalen Standards zur Transparenz in Steuerfragen. Hier hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Lange glaubten die Schweizer Banken sich und ihre Kunden durch das Schweizer Recht geschützt. Heute wird bei Kunden aus dem Ausland das Recht ihres Landes gegenüber dem Schweizer Recht priorisiert. Entgegen den zunehmenden supranationalen Regeln sind in einzelnen Ländern insbesondere der EU auch protektionistische Tendenzen entstanden. Massnahmen zur Renationalisierung erschweren den Banken den Marktzutritt in diese Länder. In der Schweiz hat diese Entwicklung zu einer Neuordnung der Gesetze geführt, in der Hoffnung, mit einer äquivalenten Regulierung den Marktzugang leichter wieder herstellen zu können. 61 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Kontext Veränderung des Umfeldes Konkrete Herausforderung Schock Finanzkrise (Krise der globalen Finanzmarktstabilität) Umfangreiche Bankenregulierung (Finanzsystemschutz, TBTF) – Umsetzungskosten – Eigenmittelvorschriften (gewichtet und ungewichtet) – Liquiditätsvorschriften – Fidleg-Kosten (Ausbildung, Prospekte, Haftung usw.) – Tiefe Zinsen p tiefe Passivmarge p tiefe Zinsmarge Wirtschaftskrise Staatsschuldenkrise Renationalisierung Trend Technischer Fortschritt Kundenschutz Expansive Geldpolitik Risiko von Blasenbildung wie z.B. Überhitzung am Immobilienmarkt Restriktive grenzüberschreitende Steuerpolitik Protektionistische Tendenzen – Zusätzliche Eigenmittel – Weitere Massnahmen im Hypothekarbereich – Umsetzung AIA, FATCA, EU-Zins – Hohe Kosten besteuerung, Geldwäschereiregeln – Weniger Kunden usw. – Sinkende Margen, sinkende Erträge – Vergangenheitsregelung für Institute, Kunden, Mitarbeiter – Marktzutritt (v.a. EU) – Eingeschränkt – Kostenintensiv – Regulierungsanpassung im Inland – Fidleg, Finfrag, KAG usw. Steigende Bedeutung von Skalenerträgen – Konsolidierung (Grösse erreichen, Marktanteile steigern) – Industrialisierung der Nicht-Front-Prozesse Branchenfremde Konkurrenten (Startups, Technologiefirmen) – Schattenbanken Kundenansprüche, Kundenverhalten Transparenz im Vordergrund, inklusive Kosten- bzw. Preistransparenz Verschiebung geopolitischer Gewichte Steigende Bedeutung der Schwellenländer für das Vermögensverwaltungsgeschäft – «Direct lending»: Versicherungen als Kreditgeber – Steigende Bedeutung der Finanzmärkte zur Unternehmensfinanzierung – Peer to Peer lending – FinTech allgemein – Zahlungsverkehr, digitale Währung – Distribution – (Kosten-)Transparenz der Produkte – Geografische Mobilität (zunehmende Bankenwechsel) – Wandel der Dienstleistungsentlöhnung (bezahlte Beratung) – Wandel der Beraterprofile – Wachstum in Asien/Lateinamerika im Fokus Auswirkungen und Herausforderungen Insgesamt hat der Wettbewerb in der Bankenbranche durch die oben beschriebenen Einflüsse zugenommen. Die Digitalisierung hat die Vergleichsmöglichkeiten und damit die Transparenz erhöht. Die gesellschaftlichen Veränderungen haben die Loyalität der Kunden gesenkt und führen zusammen mit der Digitalisierung zum Verlust des persönlichen Kundenkontaktes. Die Kunden sind gut informiert und versteckte Kosten sind heute tabu. Die Industrialisierung zerschlägt Quasi-Monopole und stellt Unternehmen aus anderen Branchen oder Regionen in direkten Wettbewerb zueinander. Die Zinsbaisse hat das Ringen um die Kunden im Immobilienbereich verstärkt. Im internationalen Wettbewerb haben die Schweizer Banken den Vorteil des Bankkundengeheimnisses verloren. Im Bereich der Finanzmärkte verschwinden potentiell die nationalen Grenzen durch internationale Standards. Neben den tiefen Zinsen drückt auch der Wettbewerb auf die Margen der Banken. Die Volumen sind durch den beschränkten Marktzugang, die branchenfremde Konkurrenz, die Aufweichung des Bankkundengeheimnisses und den Verlust der persönlichen Kontaktstelle zum Kunden unter Druck geraten. Die notwendige Digitalisierung und die Regulierungsumsetzung sind mit Investitionen und steigendem Bedarf an spezialisiertem Personal verbunden. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag hat sich bei den Banken seit der jüngsten Finanzkrise deutlich verschlechtert. Im Vergleich zu anderen Branchen ist das durchschnittliche Aufwand-Ertrags-Verhältnis jedoch immer noch sehr tief. Chancen und Risiken führen zu Strategiewandel Als Lösung der verschlechterten Wirtschaftlichkeit der Banken wird eine stärkere Industrialisierung angestrebt. Die Banken fokussieren sich verstärkt auf ihre relativen Stärken und konzentrieren sich auf bestimmte Kerngeschäfte. Dieser Fokus bezieht sich auf einzelne Geschäftsbereiche, einzelne (geografische) Zielmärkte oder eine Kombination dieser beiden. Die stärkere Spezialisierung der Banken führt zu einer längeren, weniger tiefen Wertschöpfungskette. Tendenziell dürfte es zu einer Aufspaltung der Branche in einen «Finanzmarkthintergrund» mit grossem Potential für Skalenerträge und die individualisierte Beratung kommen. Bezüglich Finanzmarkthintergrunds scheint die Industrialisierung in der Schweiz jedoch noch nicht so weit fortgeschritten zu sein wie im Ausland. Ein Grund dafür wird in den vergleichsweise wenigen unabhängigen Anbietern von Outsourcing-Prozessen gesehen. Zudem ist der Kostendruck noch zu klein, das Eigenkapital (gerade bei den Regionalbanken und Sparkassen) zu hoch, und die Banken sind zu stolz auf die eigenen Prozesse und haben einen zu hohen Unabhängigkeitswillen. 62 Finanzplatz Zürich 2014/2015 An der Schnittstelle zum Kunden werden neu Geschäftsmodelle eingeführt und bestehende erweitert. Der Fokus liegt hier in einer stärkeren Segmentierung der Kunden. Im grenzüberschreitenden Geschäft konzentriert sich jede Bank auf ausgewählte geografische Märkte. Die Strategie, Kunden aus allen Ländern und Regionen bedienen zu wollen, ist aufgrund der gestiegenen Anforderungen nicht mehr nachhaltig. Im Schweizer Geschäft erfolgt die Segmentierung hauptsächlich nach Vermögen der Kunden. Für vermögende Kunden überlegen sich die Banken, neue Preismodelle einzuführen, etwa die bezahlte Beratung. Für weniger vermögende Kunden werden dagegen vermehrt Tools zur Selbstversorgung erarbeitet. Damit können juristische Risiken und höhere Kosten im Kundenschutz minimiert werden. Um von Skalenerträgen profitieren zu können, verfolgt aktuell jede Bank – egal welcher Grösse – eine aktive Wachstumsstrategie. Zusammen mit der Spezialisierung dürfte dies tendenziell die seit den 90er Jahren laufende Konsolidierung verstärken. Seit der jüngsten Finanzkrise sind bisher weniger Banken verschwunden als in den Jahren 2001–2007. Dass in den Statistiken kaum zusätzliche Bewegung zu sehen ist, hängt unter anderem mit der anhaltenden Unsicherheit bezüglich Vergangenheitslösungen zusammen. Noch sind nicht alle unversteuerten Gelder in die Steuerehrlichkeit überführt worden. Dazu sind neben Programmen zur Lösung der Vergangenheit mit allen Ländern viel Zeit und Aufwand notwendig. Solange insbesondere keine Programme zur Verfügung stehen oder ihre effektiven Kosten nicht klar sind, ist die Übernahme einer ganzen Bank mit grösseren Risiken verbunden und wenig attraktiv. Volkswirtschaftliche Ausprägungen des Strukturwandels Die Branche erwartet in den nächsten Jahren eine Beschleunigung der Konsolidierung und der Auslagerungstendenzen. Sofern die entsprechenden Aktivitäten in der Region Zürich bleiben, führen Konsolidierungs- oder Auslagerungsprozesse zu keinem effektiven Bedeutungsverlust des Finanzplatzes Zürich. Allerdings offenbart sich die volkswirtschaftliche Bedeutung des Bankensektors dann stärker als bislang erst bei einer integrierten Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette (direkte und indirekte Effekte).50 Es wird erwartet, dass die ausgelagerten Prozesse und die übernommenen Vermögen mehrheitlich in Zürich blieben. Hier kann von Datensicherheit, Glaubwürdigkeit sowie von Cluster- und Netzwerkeffekten mit dem Technologiesektor profitiert werden. Zudem sind auch die meisten Outsourcing-Unternehmen in Zürich angesiedelt. Verschiebungen ins Ausland sind eher bei den Grossbanken oder anderen international tätigen Instituten beobachtbar, wo bankinterne Abteilungen zu (bestehenden) ausländischen Standorten verschoben werden. Auch beim Personalbestand zeigt sich, trotz den Massnahmen, die Kosten zu senken, kein deutlicher Rückgang. Das wird hauptsächlich auf die gestiegenen Anforderungen im Rechtsdienst und im Bereich Compliance zurückgeführt. Ob die zunehmende Industrialisierung zu einem Stellenabbau führen wird, ist schwer zu eruieren. Bereiche mit grossem Potential für Skaleneffekte und einfacher, repetitiver Tätigkeit dürften eher Personalabbau verzeichnen. Dagegen besteht in der personenbezogenen Beratung Potential für zusätzliche Stellen. Die Auslagerung selbst kommt einer Verschiebung der Stellen zu anderen Unternehmen und/ oder Branchen gleich. Für die Gesamtwirtschaft sind solche Verlagerungen ein Nullsummenspiel. Insgesamt dürften sich hauptsächlich die Anforderungen an das Personal wandeln. Die Tendenz geht vom Generalisten zum Spezialisten. Für den Bankenzplatz Zürich ist der Wandel in der Vermögensverwaltung von besonderer Bedeutung. Im Jahr 2013 wurden schätzungsweise 45 Prozent der Wertschöpfung der Banken in der Verwaltung von Vermögen generiert. Fast 80 Prozent der Institute mit Hauptsitz in der Region Zürich haben sich auf die Vermögensverwaltung spezialisiert. Der Wettbewerbsdruck und der fehlende Marktzugang bergen das Risiko, Wertschöpfung, Stellenzahl und Steuersubstrat in der Region Zürich zu verringern. Die Attraktivität des Bankenplatzes Zürich scheint jedoch nicht (stark) gesunken zu sein. Zu seinen Vorteilen gehören eine hohe (Beratungs- und Abwicklungs-)Qualität, grosses Knowhow sowie eine hervorragende Finanzinfrastruktur. Das Niveau der Vermögensverwaltung in der Schweiz ist im weltweiten Vergleich auffällig hoch. Einige der weltweit grössten und besten Vermögensverwalter haben ihren Hauptsitz weiterhin in Zürich, und der Finanzplatz spielt immer noch unter den Top 5 der Welt mit. Die Schweiz konnte zudem ihre Position als weltweit grösstes Zentrum für die Verwaltung grenzüberschreitender Vermögen halten. Der Zufluss an neuen Vermögen in die Schweiz ist weiterhin grösser als der Abfluss von (unversteuerten) Geldern. 50 Siehe auch «Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Schweizer Finanzsektors», BAKBASEL 2014, http://www.bakbasel.ch/downloads/services/reports_studies/2013/bakbasel_bedeutung_finanzsektor_ schweiz_2014.pdf 63 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Die Branche selbst sieht die zukünftige Attraktivität des Finanzplatzes Zürich und der Schweiz jedoch gefährdet. Ausschlaggebend sind zum einen die bankenspezifische Regulierung und zum anderen eine Verschlechterung der allgemeinen Rahmenbedingungen. Rückwirkende Gesetzgebung, die grosse Unsicherheit bezüglich Marktzugang und die allgemeinen Beziehungen zur EU (seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative) sowie weniger sichtbare Vorkommnisse förderen Rechtsunsicherheit für die Banken, aber auch die Wirtschaft im Allgemeinen. Die Banken nehmen ein grosses Misstrauen in der breiten Bevölkerung und der Politik gegenüber den Banken wahr. Sie fühlen sich missverstanden und wünschten sich, dass die Bedeutung des Schweizer Finanzplatzes für die Wirtschaft besser aufgezeigt und anerkannt würde. Dazu sei jedoch ein besseres Zusammenspiel von Politik und Banken notwendig. Die bisher unkoordinierten Aktionen waren auch einer der Gründe, weshalb die Schweiz mit dem Ausland schlecht verhandelt habe. Die Koordination müsste aber auch unter den Banken selbst verbessert werden. Schliesslich wirkt die Schweiz nach aussen als ein Brand. Ein geschlossenes Auftreten wäre notwendig, um die Früchte dieses Brands ernten zu können. 64 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Teil IV Anhang 11 Tabellen 11.1 Wirtschaft der Region Zürich Tab. 11-1 Region Zürich: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CH Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor Handel Verkehr, Lagerei Gastgewerbe Information, Kommunikation Finanzsektor Banken Versicherungen Sonstige Finanz-DL Unternehmensbez. DL Öffentliche DL Übrige DL Gesamtwirtschaft Bruttoinlandsprodukt 1980 583 13’167 31’600 10’447 2’768 778 1’821 3’354 1’835 1’415 104 1’589 6’373 4’471 45’350 46’754 1990 773 21’178 60’559 16’637 4’822 1’476 3’870 9’225 5’181 3’733 311 4’650 10’680 9’199 82’509 86’086 2000 472 19’212 85’163 17’880 4’283 2’203 5’674 23’136 16’254 5’455 1’427 6’271 13’952 11’765 104’847 111’685 2010 458 24’260 114’278 26’326 5’377 2’606 8’085 25’734 12’388 10’290 3’056 9’346 20’568 16’236 138’996 147’046 2011 473 25’245 116’351 25’604 5’548 2’630 8’195 26’920 12’362 11’463 3’095 9’413 21’297 16’744 142’069 150’257 2012 439 24’856 118’015 25’534 5’496 2’626 8’098 27’723 12’527 11’937 3’258 9’675 21’721 17’142 143’311 151’439 2013 477 25’205 120’101 25’753 5’532 2’629 8’260 28’015 12’551 12’139 3’326 9’888 22’490 17’533 145’782 154’136 2014 500 25’649 121’660 26’162 5’573 2’670 8’431 28’056 12’546 12’186 3’324 10’105 22’858 17’805 147’808 158’700 2015 509 26’148 124’910 26’831 5’699 2’745 8’774 28’738 12’845 12’493 3’400 10’441 23’528 18’153 151’566 164’161 2000 18.0 180.0 690.0 146.4 49.8 46.0 44.6 76.9 49.0 21.8 6.2 68.6 163.4 94.2 888.0 2010 21.8 174.2 846.1 160.6 48.5 51.7 51.5 97.6 59.1 22.2 16.4 98.0 215.4 122.7 1’042.1 2011 23.2 176.0 865.9 162.4 50.5 51.3 54.2 98.7 59.5 21.9 17.3 102.6 220.9 125.4 1’065.1 2012 23.7 173.3 886.5 163.5 50.5 51.0 55.2 100.3 59.7 22.7 17.9 107.1 229.6 129.4 1’083.5 2013 24.3 172.4 899.8 164.9 52.5 50.4 56.0 97.5 56.6 22.9 17.9 109.7 235.7 133.2 1’096.6 2014 24.8 173.4 911.9 165.6 53.3 50.5 57.8 97.5 55.6 23.4 18.5 111.7 240.1 135.4 1’110.2 2015 25.2 173.7 925.8 166.1 53.7 51.4 59.7 98.4 55.7 23.6 19.0 113.5 245.7 137.4 1’124.7 Tab. 11-2 Region Zürich: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor Handel Verkehr, Lagerei Gastgewerbe Information, Kommunikation Finanzsektor Banken Versicherungen Sonstige Finanz-DL Unternehmensbez. DL Öffentliche DL Übrige DL Gesamtwirtschaft 1980 26.8 241.3 444.7 162.2 37.1 40.3 17.4 43.2 27.5 13.6 2.2 27.1 70.6 46.8 712.9 1990 19.1 228.4 637.1 168.4 54.0 43.7 28.0 69.6 47.0 19.4 3.3 59.6 132.2 81.6 884.6 65 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Tab. 11-3 Region Zürich: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor Handel Verkehr, Lagerei Gastgewerbe Information, Kommunikation Finanzsektor Banken Versicherungen Sonstige Finanz-DL Unternehmensbez. DL Öffentliche DL Übrige DL Gesamtwirtschaft Bruttoinlandsprodukt 2011 9.8 4.5 0.5 -– 0.9 1.0 – 0.5 – 0.2 0.6 0.6 1.7 – 3.4 – 0.7 2.2 1.2 1.2 1.1 2012 – 3.8 – 0.9 0.9 0.8 –1.0 – 0.6 –1.0 1.6 – 0.1 3.2 4.0 1.5 1.6 0.9 0.6 0.5 2013 – 1.2 1.5 2.1 1.2 – 0.1 – 0.2 2.7 2.7 1.2 4.0 4.3 2.2 3.3 1.8 2.0 2.0 2014 0.2 1.4 1.5 2.1 – 0.3 0.8 1.9 2.0 1.6 2.2 2.8 1.5 1.0 1.2 1.5 2.4 2015 1.4 1.5 2.2 2.2 1.1 2.0 3.2 2.4 2.3 2.4 2.7 1.9 2.6 1.3 2.1 2.5 80 – 90 – 0.7 1.3 2.8 1.7 1.9 2.2 4.3 5.4 5.6 4.9 5.3 6.0 1.6 2.3 2.4 2.5 90 – 00 – 0.2 – 1.0 1.7 – 0.3 –1.7 0.8 3.0 7.0 5.7 8.8 15.7 0.5 0.9 0.8 1.2 1.3 00 – 10 0.5 1.4 1.8 3.1 1.0 0.1 3.5 0.3 –1.8 1.9 8.0 2.3 2.2 1.3 1.7 1.7 10 – 15 1.2 1.6 1.4 1.1 0.1 0.3 1.3 1.8 1.1 2.7 2.0 1.3 2.1 1.3 1.5 1.7 (Quelle: BAKBASEL) 66 Finanzplatz Zürich 2014/2015 11.2 Teilregionen des Finanzplatzes Zürich Tab. 11-4 Finanzsektor: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 3’354 3’217 37 100 9’163 1990 9’225 8’844 104 277 23’418 2000 23’136 22’255 270 610 51’890 2010 25’734 24’360 540 834 58’943 2011 26’920 25’642 562 715 59’958 2012 27’723 26’373 599 750 61’838 2013 28’015 26’638 618 760 62’269 2014 28’056 26’668 630 758 62’111 2015 28’738 27’311 654 773 63’447 2000 16’254 15’678 190 386 34’544 2010 12’388 11’842 205 340 28’940 2011 12’362 11’818 210 333 28’162 2012 12’527 11’960 220 347 28’765 2013 12’551 11’981 222 348 28’852 2014 12’546 11’975 224 347 28’818 2015 12’845 12’265 229 351 29’429 2010 10’290 10’088 106 96 22’057 2011 11’463 11’269 111 84 23’697 2012 11’937 11’736 116 86 24’585 2013 12’139 11’936 117 85 24’783 2014 12’186 11’985 117 84 24’693 2015 12’493 12’288 121 85 25’248 Tab. 11-5 Banken: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 1’835 1’747 15 73 4’584 1990 5’181 4’941 44 196 11’928 Tab. 11-6 Versicherungen: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 1’415 1’374 18 23 4’180 1990 3’733 3’622 47 63 10’382 2000 5’455 5’338 35 82 13’181 Tab. 11-7 Sonstige Finanzdienstleistungen: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 104 96 4 4 399 1990 311 280 13 19 1’108 2000 1’427 1’240 45 142 4’165 2010 3’056 2’429 229 398 7’946 2011 3’095 2’556 241 298 8’100 2012 3’258 2’677 263 318 8’488 2013 3’326 2’721 279 326 8’634 2014 3’324 2’708 288 328 8’601 2015 3’400 2’758 305 337 8’770 1990 69’599 65’160 1’541 2’898 209’279 2000 76’933 72’727 1’475 2’731 203’341 2010 97’605 90’616 2’758 4’232 240’837 2011 98’703 91’285 2’924 4’494 246’182 2012 100’309 92’626 3’015 4’668 250’579 2013 97’472 89’770 3’026 4’676 246’236 2014 97’500 89’643 3’090 4’767 247’049 2015 98’392 90’371 3’155 4’865 249’603 1990 46’952 43’864 923 2’164 136’079 2000 48’963 46’424 974 1’566 122’609 2010 59’060 56’135 1’284 1’641 142’064 2011 59’480 56’404 1’358 1’718 145’162 2012 59’718 56’573 1’392 1’753 146’248 2013 56’636 53’485 1’398 1’753 141’796 2014 55’611 52’442 1’413 1’756 140’373 2015 55’735 52’538 1’432 1’765 141’047 2000 21’803 21’001 272 529 62’233 2010 22’155 21’589 299 266 55’970 2011 21’899 21’327 302 269 55’668 2012 22’688 22’098 313 277 57’560 2013 22’922 22’331 314 277 57’695 2014 23’424 22’824 320 281 58’567 2015 23’621 23’017 322 282 59’019 Tab. 11-8 Finanzsektor: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 43’250 40’520 910 1’820 139’145 Tab. 11-9 Banken: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 27’522 25’644 505 1’373 86’788 Tab. 11-10 Versicherungen: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 13’551 12’887 303 362 46’009 1990 19’366 18’385 461 520 63’131 67 Finanzplatz Zürich 2014/2015 Tab. 11-11 Sonstige Finanzdienstleistungen: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 1980 2’177 1’989 103 84 6’347 1990 3’282 2’910 157 214 10’069 2000 6’166 5’302 229 636 18’498 2010 16’391 12’891 1’175 2’325 42’803 2011 17’324 13’554 1’263 2’507 45’352 2012 17’903 13’955 1’310 2’638 46’771 2013 17’914 13’954 1’314 2’646 46’745 2014 18’465 14’377 1’358 2’731 48’109 2015 19’036 14’815 1’402 2’819 49’537 2014 2.0 1.9 4.2 2.0 1.6 2015 2.4 2.4 4.0 2.0 2.1 80 – 90 5.4 5.4 5.9 5.0 4.7 90 – 00 7.0 7.1 6.9 3.8 6.0 00 – 10 0.3 0.2 6.5 2.0 0.2 10 – 15 1.8 1.9 5.4 – 1.1 1.6 2014 1.6 1.6 2.6 1.2 1.5 2015 2.3 2.3 2.0 1.2 2.0 80 – 90 5.6 5.7 6.4 4.8 4.9 90 – 00 5.7 5.8 8.2 0.4 4.7 00 – 10 – 1.8 – 1.9 1.4 – 1.1 – 1.1 10 – 15 1.1 1.0 4.2 1.4 1.2 2015 2.4 2.4 2.7 0.8 2.2 80 – 90 4.9 4.9 5.2 4.9 4.3 90 – 00 8.8 8.9 1.4 7.2 7.1 00 – 10 1.9 1.9 6.4 – 3.9 0.6 10 – 15 2.7 2.8 3.1 – 3.2 2.0 90 – 00 15.7 15.3 12.6 21.4 13.3 00 – 10 8.0 7.2 17.5 10.2 6.6 10 – 15 2.0 2.2 7.4 – 3.1 2.3 Tab. 11-12 Finanzsektor: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 2011 0.6 0.9 8.7 – 14.5 0.2 2012 1.6 1.5 5.2 3.5 1.8 2013 2.7 2.6 4.8 2.8 2.3 Tab. 11-13 Banken: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 2011 0.6 0.4 12.1 0.7 0.4 2012 – 0.1 – 0.3 3.0 2.5 0.7 2013 1.2 1.2 1.8 1.4 1.3 Tab. 11-14 Versicherungen: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 2011 1.7 1.9 3.6 – 18.6 0.4 2012 3.2 3.2 3.4 1.5 2.8 2013 4.0 4.0 3.7 1.9 3.1 2014 2.2 2.2 2.1 0.2 1.4 Tab. 11-15 Sonstige Finanzdienstleistungen: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Region Zürich Kanton Zürich Kanton Schwyz Kanton Zug Schweiz 2011 – 3.4 – 0.9 7.9 – 27.5 – 0.9 2012 4.0 3.5 8.2 5.3 3.5 2013 4.3 3.8 8.1 4.9 3.9 2014 2.8 2.4 6.5 3.3 2.5 2015 2.7 2.3 6.2 3.2 2.4 80 – 90 5.3 5.0 5.2 10.4 4.6 (Quelle: BAKBASEL) 68 Finanzplatz Zürich 2014/2015 11.3 Finanzplatz Zürich im Regionenvergleich Tab. 11-16 Finanzsektor: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Umgerechnet mit laufenden jährlichen Durchschnitts-Wechselkursen Zürich Genf Basel Tessin Frankfurt Paris Mailand Wien London Luxemburg Brüssel Amsterdam Madrid Dublin 1980 3’354 1’908 706 476 7’502 19’856 3’297 6’224 10’933 2’818 6’943 10’723 2’221 874 1985 6’677 3’691 1’357 903 10’334 30’697 4’950 6’440 18’753 2’655 8’739 11’954 3’462 1’344 1990 9’225 4’663 1’709 1’136 14’243 41’557 7’605 7’782 33’648 2’336 9’607 11’819 7’407 1’960 1995 13’196 6’113 2’172 1’506 16’569 34’607 7’829 7’814 29’706 4’705 9’609 15’644 8’380 4’205 2000 23’136 10’607 3’044 2’561 17’872 43’767 11’067 8’207 45’761 7’639 11’161 21’453 11’189 7’108 2005 24’360 10’632 2’986 2’337 23’497 50’527 15’704 8’975 80’008 10’720 13’475 33’444 15’162 14’732 2010 25’734 11’681 3’769 2’264 22’120 60’548 14’828 8’852 93’871 13’310 14’532 38’585 23’995 13’319 2011 26’920 10’941 4’007 2’191 20’007 54’030 13’554 8’160 83’748 11’243 13’393 33’948 22’839 11’645 2012 27’723 11’281 4’152 2’186 20’558 54’047 12’815 7’661 92’954 10’783 13’437 33’510 22’734 10’859 2013 28’015 11’390 4’191 2’176 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA 1990 70 41 19 13 127 305 87 64 270 18 68 135 74 20 1995 71 39 18 12 141 289 85 64 278 22 65 137 84 34 2000 77 37 16 12 155 278 83 60 264 30 66 172 109 45 2005 85 39 15 12 152 309 85 70 249 34 68 168 118 53 2010 98 46 16 12 152 329 84 74 276 41 62 171 125 58 2011 99 47 17 13 153 330 83 76 284 42 62 169 126 58 2012 100 48 17 12 156 326 83 75 299 43 60 170 121 57 2013 97 47 17 12 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA 2011 0.6 – 6.0 8.0 – 1.4 – 7.5 – 7.4 – 10.5 – 2.1 – 14.3 – 14.5 – 12.3 – 10.7 – 8.8 – 17.9 2012 1.6 1.8 2.4 – 1.6 – 1.9 – 2.7 – 2.1 – 1.1 7.6 – 4.2 – 2.7 – 4.3 – 3.6 – 10.4 80 – 90 5.4 4.3 4.2 4.3 0.3 0.0 – 0.2 1.8 1.2 5.4 4.0 – 0.3 1.8 – 1.1 90 – 00 7.0 5.5 4.3 4.9 0.7 – 0.4 0.8 – 0.5 3.7 4.0 4.1 2.4 – 1.7 6.9 00 – 10 0.3 0.0 0.2 – 1.8 – 1.1 2.4 1.8 3.4 1.7 3.0 1.9 2.8 4.5 1.6 Tab. 11-17 Finanzsektor: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Zürich Genf Basel Tessin Frankfurt Paris Mailand Wien London Luxemburg Brüssel Amsterdam Madrid Dublin 1980 43 28 13 9 95 289 71 38 167 8 62 124 76 15 1985 53 33 16 11 102 300 85 50 201 11 64 125 76 18 Tab. 11-18 Finanzsektor: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Zürich Genf Basel Tessin Frankfurt Paris Mailand Wien London Luxemburg Brüssel Amsterdam Madrid Dublin 2007 9.7 7.9 3.2 6.3 11.4 16.5 14.7 15.9 14.1 11.2 4.0 13.9 9.6 10.4 2008 – 7.9 – 10.6 – 3.2 – 11.5 0.9 – 4.1 – 1.7 5.3 – 12.4 0.5 – 4.1 5.2 9.3 – 10.8 2009 – 5.2 – 7.0 – 4.4 – 6.4 – 8.3 – 3.9 – 3.7 – 2.2 – 12.3 – 7.4 – 6.7 – 5.7 – 6.3 – 2.2 2010 – 3.0 1.3 3.7 – 2.4 – 8.0 – 1.7 – 7.1 4.4 – 7.7 – 7.1 – 4.4 – 7.9 – 19.3 – 22.1 2013 2.7 2.5 2.7 0.9 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA (Quelle: BAKBASEL) 69 Finanzplatz Zürich 2014/2015 11.4 Finanzplatz Schweiz im Ländervergleich Tab. 11-19 Finanzsektor: Nominale Bruttowertschöpfung – Niveau in Mio. CHF Umgerechnet mit laufenden jährlichen Durchschnitts-Wechselkursen Schweiz Deutschland Frankreich Italien Österreich Vereinigtes Königreich Luxemburg Belgien Niederlande Spanien Irland Schweden 1980 9’163 NA 41’589 25’237 10’348 30’863 2’818 10’804 18’594 9’467 1’318 7’501 1985 17’420 NA 67’896 38’491 10’835 49’660 2’655 14’769 19’757 15’016 1’970 11’162 1990 23’418 104’636 93’921 59’585 13’316 84’758 2’336 16’947 20’617 30’798 2’821 20’247 1995 31’490 120’225 80’706 62’519 14’028 75’095 4’705 18’809 27’077 31’391 6’001 11’597 2000 51’890 120’863 103’151 77’931 16’225 116’189 7’639 21’077 35’255 40’790 10’537 17’432 2005 52’811 146’909 115’160 95’641 18’000 183’170 10’720 24’485 53’959 57’873 22’272 18’605 2010 58’943 137’146 131’179 94’435 16’635 201’517 13’310 25’943 59’165 89’430 19’906 16’595 2011 59’958 122’358 116’385 86’056 15’020 175’602 11’243 23’745 51’661 85’035 17’272 15’882 2012 61’838 124’461 116’473 80’664 13’901 193’396 10’783 23’818 50’519 84’399 16’024 17’535 2013 62’269 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA 1990 209’279 1’161 788 595 107 1’258 18 147 227 323 31 80 1995 207’671 1’255 767 605 116 1’176 22 146 234 333 50 84 2000 203’341 1’277 766 592 123 1’224 30 147 288 411 69 95 2005 215’637 1’241 817 608 144 1’241 34 141 279 457 85 90 2010 240’837 1’188 847 623 147 1’193 41 132 273 463 93 95 2011 246’182 1’184 853 619 150 1’180 42 132 269 450 94 95 2012 250’579 1’204 849 620 147 1’214 43 128 269 424 92 94 2013 246’236 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA 2011 0.2 – 6.6 – 8.1 – 10.5 – 4.0 – 15.7 – 14.5 – 13.4 – 11.2 – 9.0 – 19.1 – 6.2 2012 1.8 – 0.6 – 2.7 – 2.4 – 2.0 6.8 – 4.2 – 3.1 – 4.8 – 4.2 – 11.3 2.5 2013 2.3 NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA NA 80 – 90 4.7 NA 0.7 – 0.8 1.6 – 0.4 5.4 5.5 – 0.7 1.4 – 1.7 – 3.1 90 – 00 6.0 – 0.5 – 0.1 0.4 0.8 3.9 4.0 4.5 1.4 – 3.2 7.0 0.3 00 – 10 0.2 – 0.8 1.5 1.5 3.0 – 0.4 3.0 1.0 2.3 4.9 1.3 – 0.2 Tab. 11-20 Finanzsektor: Erwerbstätige – Niveau in Tsd. Personen Schweiz Deutschland Frankreich Italien Österreich Vereinigtes Königreich Luxemburg Belgien Niederlande Spanien Irland Schweden 1980 139’145 NA 699 455 58 906 8 123 204 352 25 43 1985 162’879 NA 757 561 79 1’015 11 132 208 336 29 58 Tab. 11-21 Finanzsektor: Reale Bruttowertschöpfung – Wachstumsraten in Prozent pro Jahr Schweiz Deutschland Frankreich Italien Österreich Vereinigtes Königreich Luxemburg Belgien Niederlande Spanien Irland Schweden 2007 6.3 11.9 8.9 14.3 11.6 12.3 11.2 3.0 10.5 16.1 9.2 5.5 2008 – 7.6 – 2.7 – 2.6 – 2.6 2.6 – 11.9 0.5 – 5.4 5.6 – 3.0 – 10.9 – 8.0 2009 – 3.4 – 1.6 – 2.8 – 4.0 0.3 – 12.6 – 7.4 – 6.9 – 6.8 – 9.0 – 3.5 – 9.5 2010 – 0.1 – 7.2 – 3.9 – 7.4 – 1.4 – 10.1 – 7.1 – 5.0 – 8.8 – 8.8 – 23.5 0.7 (Quelle: BAKBASEL) 70 Finanzplatz Zürich 2014/2015 12 Methodik 12.1 Angaben zu den Vergleichsregionen Tab. 12-1 Definition der Vergleichsregionen NUTS, nomenclature d’unités territoriales statistiques, Systematik zur Gebietseinteilung des statistischen Amtes der europäischen Union (Eurostat) Region Teilregion NUTS-Code Zürich Kantone Zürich, Schwyz und Zug CH040, CH063, CH066 (NUTS3) Vergleichsregionen in der Schweiz Basel Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft CH031, CH032 (NUTS3) Genf Kantone Genf und Waadt CH013, CH011 (NUTS3) Tessin Kanton Tessin CH070 (NUTS3) Internationale Vergleichsregionen Genf Kantone Genf und Waadt CH013, CH011 (NUTS3) Frankfurt Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis (LK) Giessen, LK Limburg-Weilburg, LK Vogelsbergkreis, Kreisfreie Stadt (KS) Mainz, KS Worms, LK Alzey-Worms, LK Mainz-Bingen, KS Aschaffenburg, LK Aschaffenburg, LK Miltenberg DE71 (NUTS2), DE721, DE723, DE725, DEB35, DEB39, DEB3B, DEB3J, DE261, DE264, DE269 (NUTS3) Paris Ile de France (ZEAT) FK1 (NUTS1) Mailand Provincia di Milano IT205 (NUTS3) Wien Bundesländer Wien und Niederösterreich AT12, AT13 (NUTS3) London Greater London (Region of England) UKI (NUTS1) Luxemburg Luxemburg (Land) LUX (NUTS0) Brüssel Région Bruxelles/Brussels BEL1 (NUTS1) Amsterdam Provincies Noord-Holland, Utrecht, Zuid-Holland, Flevoland NL32, NL31, NL33, NL23 (NUTS2) Madrid Comunidad de Madrid ES3 (NUTS1) Dublin Dublin and Mid-East (Regions) IR21, IR22 (NUTS3) Stockholm Stockholm (Riksområden) SE01 (NUTS2) Vergleichsländer Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Vereinigtes Königreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande, Spanien, Irland, Schweden 71 Finanzplatz Zürich 2014/2015 12.2 Angaben zu den Vergleichsbranchen Tab. 12-2 Definition der Vergleichsbranchen Branchenaggregat Primärer Sektor Sekundärer Sektor Teilbranchen NOGA-08 -Code Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 01-03 Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, 05-09 Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren, 10-33 Energie- und Wasserversorgung, 35-39 Baugewerbe 41-43 Handel Handel, Instandhaltung und Reparaturen von Kraftfahrzeugen 45 Grosshandel 46 Detailhandel 47 Verkehr, Lagerei Verkehr 49-51 Lagerei und Kurierdienste 52-53 Gastgewerbe Beherbergung 55 Gastronomie 56 Information, Verlagswesen, audiovisuelle Medien und Rundfunk 58-60 Kommunikation Informationstechnologie und Informationsdienstleistungen 62-63 Finanzsektor Banken 64 Schweizerische Nationalbank 641100 Institute mit besonderem Geschäftskreis 641901 Kantonalbanken 641902 Grossbanken 641903 Regionalbanken und Sparkassen 641904 Raiffeisenbanken 641905 Handelsbanken 641906 Börsenbanken 641907 Ausländisch beherrschte Banken 641908 Filialen ausländischer Banken 641909 Privatbankiers 641910 Andere Banken 641911 Sonstige Kreditinstitute (ohne Spezialkreditinstitute) 641912 Finanzholdinggesellschaften 642001 Andere Holdinggesellschaften 642002 Treuhand- und sonstige Fonds und ähnliche Finanzinstitutionen 643000 Institutionen für Finanzierungsleasing 649100 Kleinkreditinstitute 649201 Sonstige Spezialkreditinstitute 649202 Investmentgesellschaften 649901 Tresorerie innerhalb einer Unternehmensgruppe 649902 Sonstige Finanzierungsinstitutionen a.n.g. 649903 Versicherungen 65 Lebensversicherungen 651100 Unfallversicherungen (Suva) 651201 Unfall- und Schadenversicherungen 651202 Krankenkassen 651203 Sonstige Versicherungen (ohne Sozialversicherungen) 651204 Rückversicherungen 652000 Pensionskassen und Pensionsfonds 653000 Sonstige Finanzdienstleistungen 66 Effekten- und Warenbörsen 661100 Effekten- und Warenhandel 661200 Sonstige mit Finanzdienstleistungen verbundene Tätigkeiten 661900 Risiko- und Schadensbewertung 662100 Tätigkeiten von Versicherungsmaklerinnen und -maklern 662200 Ausgleichskassen 662901 Sonstige mit Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten und mit 662902 Pensionskassen verbundene Tätigkeiten Fondsdienstleistungen 663001 Fondsmanagement 663002 Unternehmensbez. DL Rechts- und Steuerberatung, Unternehmensberatung, Architektur- und 69-71 Ingenieurbüro Forschung und Entwicklung 72 Werbung, Marktforschung, Veterinärwesen, sonstige freiberufliche, wissen73-75 schaftliche Tätigkeiten Öffentliche DL Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherungen 84 Erziehung und Unterricht 85 Gesundheits- und Sozialwesen 86-88 Übrige DL Grundstück- und Wohnungswesen 68 Vermietung von beweglichen Sachen, 77 Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften, 78 Reisebüros, Reiseveranstalter, 79 Wach- und Sicherheitsdienst, 80 Gebäudetechnik, Garten und Landschaftsbau, 81 Kultur, Unterhaltung und Erholung, 90-93 Interessenvertretungen, Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und 94-96 sonstigen Gebrauchsgütern, persönliche Dienstleistungen Private Haushalte 97-98 72 Standortförderung Kanton Zürich Die Standortförderung ist Ansprechpartner für ansässige und ansiedlungsinteressierte Unternehmen. Unsere Kernaufgaben Ansiedlungen Pflege ansässiger Unternehmen Management von Cluster-Initiativen Arbeitsbewilligungen Administrative Entlastung von Unternehmen Wir begleiten Ansiedlungsinteressierte vom Evaluationsprozess bis zum operativen Start am neuen Standort und helfen ihnen, im Wirtschaftsraum Zürich Fuss zu fassen; dies in Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern. Zwecks Stärkung zukunftsweisender Wirtschaftszweige, wie Cleantech, Finance, Life Sciences, Kreativwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologie, fördern wir die Vernetzung von Unternehmen und Institutionen entlang der Wertschöpfungskette im Raum Zürich. Das Team Arbeitsbewilligungen erteilt Bewilligungen für Bürger aus Nicht-EU und Nicht-EFTA-Staaten. Schliesslich bieten wir in- und ausländischen Unternehmen einen Lotsendienst durch die kantonale Verwaltung und sind für die administrative Entlastung der Unternehmen besorgt. Kurz: Wir informieren, begleiten, beschleunigen und vernetzen als Bindeglied zwischen Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Standortförderung Kanton Zürich Tel +41 (0)43 259 49 92 [email protected] Finanzplatz Zürich www.finanzplatz-zuerich.ch Standort Zürich www.standort.zh.ch www.stadt-zuerich.ch/wirtschaft