Editorial für den Monat Juli 2004

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Editorial für den Monat Juli 2004
Editorial für den Monat Juli 2004
Die Aufstellung des Haushalts 2005 stellt unseren Bundesfinanzminister unter
ordnungspolitischen Gesichtspunkten vor schier unlösbare Probleme. Neu auftretenden
Finanzlücken im laufenden Haushalt werden durch riskante und nicht nachhaltig unterlegte
Verkaufserlöse („Russlandschulden“) versucht zu decken. Unter Beachtung dieser
Finanzpolitik ist jederzeit mit steuerpolitischen Überraschungen zu rechnen.
In diesem Editorial möchte ich diesmal ganz bewusst darauf verzichten, aktuelle
Gesetzesänderungen bzw. –vorhaben darzustellen. Statt dessen möchte ich Ihnen ein
Thema aus der Rechnungslegung nahe bringen, das immer wieder zu Unsicherheiten und
bei unsachgemäßer Behandlung zu Nachforderungen bei Betriebsprüfungen führt.
Grundsätzliches aus der Rechnungslegung:
Bewirtungskosten
Begriffsdefinition der Bewirtungskosten im Steuerrecht:
Bewirtungskosten sind die Aufwendungen für Speisen, Getränke und Tabakwaren,
Garderobegebühren, Trinkgelder sowie Unterhaltungskosten, die zwangsläufig mit der
Bewirtung anfallen. Betrieblich veranlasste Bewirtungskosten können als Betriebsausgaben
abgezogen werden, wenn Sie die betriebliche Veranlassung nachweisen können. Ihr
Abzug ist eingeschränkt, wenn die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass erfolgt ist. Privat
veranlasste Bewirtungskosten sind nicht abziehbar.
Beschränkte Abzugsfähigkeit
Eine wesentliche Unterscheidung die Abzugsfähigkeit betreffend, ist die Unterscheidung
zwischen "geschäftlichem" und "betrieblichem Anlass".
Die aus geschäftlichem Anlass veranlassten Bewirtungskosten sind nur in Höhe von 70 %
der Aufwendungen als Betriebsausgaben abziehbar. Erfolgt die Bewirtung jedoch aus
"betrieblichem Anlass", ist keine Einschränkung der Bewirtungskosten als
Betriebsausgaben anzunehmen.
Praxishinweis:
Aufwendungen für Speisen und Getränke anlässlich von Produkt- oder Warenverkostungen
gehören nicht zu den Bewirtungskosten. Dies ist dadurch begründet, dass bei diesen
Vorgängen ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verkauf der Produkte und Waren
unterstellt wird. Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie Kaffee, Tee, Gebäck) anlässlich
betrieblicher Besprechungen stellen ebenfalls keine Bewirtungskosten dar.
Um Bewirtungskosten richtig zu verbuchen, ist es wichtig zu wissen, wann ein
"geschäftlicher" und wann ein " betrieblicher Anlass" vorliegt.
Ein geschäftlicher Anlass besteht insbesondere bei der Bewirtung von Personen, mit denen
Geschäfte gemacht werden, Handelsbeziehungen unterhalten, Verträge abgeschlossen
und Geschäftsbeziehungen gepflegt werden. Inwieweit schon Geschäftsbeziehungen mit
dem bewirteten Geschäftsfreund bestehen bzw. erst angebahnt werden spielt keine Rolle.
Praxishinweis:
Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn Bewirtungskosten für freie Mitarbeiter, z. B. freie
Handelsvertreter (und nur solche, d. h. keine Kunden sind auf dem Vertriebstag anwesend), die
bei rein betriebsinternen Veranstaltungen geschult werden, sind allgemein betrieblich veranlasst
und damit voll abzugsfähig.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das rechtskräftige Urteil vom FG Düsseldorf vom
29.09.1999 (2-K-8431/97), das die volle Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen an
freie Mitarbeiter anlässlich von Verkaufsschulungen zulässt.
Orientierungssatz:
Die Bewirtung von freien Handelsvertretern anlässlich von Verkaufsschulungen ist keine
"Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass", die nur in Höhe von 80% (ab 2004: 70%)
als Betriebsausgabe abzugsfähig wäre.
Weitere Sachverhalte führen immer wieder zu Streitereien bei Betriebsprüfungen.
Die gleichzeitige Bewirtung von Geschäftsfreunden und Arbeitnehmern.
Anfallende Bewirtungskosten sind auch dann nur in Höhe von 70 % der
Bewirtungsaufwendungen
abziehbar,
wenn
neben
dem
Unternehmer
und
Geschäftspartnern auch eigene Arbeitnehmer an der Bewirtung teilnehmen.
Geschäftspartner sind alle Personen, die den aus der geschäftlichen Veranlassung
bewirteten Gast begleiten (z. B. Angestellter, Berater, Sekretärin oder Ehefrau des
Geschäftspartners).
Wann sind Bewirtungskosten angemessen?
Hier ist mangels eindeutiger Vorgaben keine allgemeine Grenze festzulegen.
Aufwendungen sind nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessen hoch, wenn
ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der zu erwartenden Vorteile
die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte. Bei der Prüfung der
Angemessenheit ist die Größe des Unternehmens, die Höhe des Umsatzes und des
Gewinns sowie der Umfang und die Bedeutung des Bewirtungskostenaufwandes für den
Geschäftserfolg zu beachten.
Aufzeichnungs- und Nachweispflichten
Um betrieblich veranlasste Bewirtungskosten steuerlich geltend machen zu können,
müssen diese nachgewiesen werden.
Zum Nachweis gehören:
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ƒ
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der Ort der Bewirtung
der Tag der Bewirtung
die Teilnehmer
der Anlass der Bewirtung (konkreten Anlass angegeben!)
die Höhe der Aufwendungen
Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, ist zusätzlich die Rechnung
beizufügen, aus der sich:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
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Name und Anschrift der Gaststätte
Name des bewirtenden Unternehmers
(jedoch nur, wenn Gesamtbetrag der Rg. über 100,00 €)
Art und Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen
(darauf achten, dass die einzelnen Speisen und Getränke
aus der Rechnung erkennbar sind.)
das Entgelt, der Steuerbetrag und der Steuersatz
ergibt.
Praxishinweis:
Die schriftlichen Angaben können auf der Rechnung oder getrennt gemacht werden.
Erfolgen die Angaben getrennt von der Rechnung, müssen das Schriftstück und die Rechnung
grundsätzlich zusammengefügt werden. Sind die Angaben lückenhaft, können die
Aufwendungen auch dann nicht abgezogen werden, wenn die Höhe und die betriebliche
Veranlassung in anderer Weise nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden können. Die
Namensangabe darf vom Rechnungsaussteller (Gastwirt) auf der Rechnung oder durch eine
sich ergänzende Urkunde nachgeholt werden.
Für die Bewirtung von Geschäftsfreunden in der Kantine oder in anderen Geschäftsräumen
gelten die gleichen Grundsätze wie oben aufgeführt! Gleiches gilt ebenfalls bei
Bewirtungen im Ausland. Wird jedoch glaubhaft gemacht, dass eine detaillierte, maschinell
erstellte und registrierte Rechnung nicht zu erhalten war, genügt in Ausnahmefällen die
ausländische Rechnung, auch wenn sie den strengen deutschen Anforderungen nicht
entspricht.
Getrennte Buchung erfüllt Nachweispflicht
Die angemessenen Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden sind nur dann
in Höhe von 70 % abziehbar, wenn sie einzeln und getrennt von den sonstigen
Betriebsausgaben aufgezeichnet werden. Die Finanzverwaltung verlangt, dass die
Aufwendungen besonders leicht und sicher nachprüfbar sein müssen. Wenn Sie diese
Aufzeichnungspflicht verletzen, ist der Betriebsausgabenabzug zu versagen.
Praxishinweis:
In der Praxis scheitert ein Betriebsausgabenabzug sehr oft daran, dass diese Vorschrift nicht ernst
genommen wird. Steuernachzahlungen aufgrund einer Außenprüfung müssen nicht sein, wenn die
Aufzeichnungs- und Nachweispflichten beachtet werden. Die besondere Pflicht zur Aufzeichnung ist erfüllt,
wenn:
ª
ª
Die Aufwendungen auf besonderen Konten im Rahmen der Buchführung verbucht sind.
Die Buchungen zeitnah erfolgen (die Umbuchung auf ein besonderes Konto nach Ablauf des
Geschäftsjahres reicht nicht aus!).
Generelle Aussage:
Eine Aufzeichnung auf besonderen Konten erkennt das Finanzamt dann nicht an, wenn auf diesen auch
solche Aufwendungen gebucht werden, die nicht unter das Abzugsverbot nach § 4 Abs.5 EStG fallen.
Umsatzsteuer - Rechtslage und Weiterentwicklung
Nicht abziehbar sind die Vorsteuerbeträge, die mit den nicht abziehbaren Bewirtungskosten
in Höhe von 30 % in Rechnung gestellt werden.
Des weiteren ist darauf zu achten, dass für gegebene Trinkgelder mangels Vorlage keine
Vorsteuer angerechnet werden kann.
Praxishinweis:
Nach Ansicht des Finanzgerichts München verstößt der 30 %ige Vorsteuerausschluss gegen
geltendes EU-Recht. Eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs für Bewirtungskosten wäre nur
zulässig, wenn dies bereits bei Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht - also schon
am 1. Januar 1979 - festgelegt worden wäre, so die Rechtsprechung (Beschluss v. 2.12. 2002,
14 V 3486/02). Nach dem Urteil des FG München hat ein Unternehmer nun Anspruch auf die
volle Vorsteuer aus Bewirtungskostenrechnungen.
Zur Wahrung Ihrer Interessen sollten Sie wie folgt vorgehen:
1. Beantragen Sie in Ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung und in den laufenden UmsatzsteuerVoranmeldungen den vollen Vorsteuerabzug aus den Bewirtungskosten.
2. Weisen Sie das Finanzamt explizit darauf hin, dass Sie von der Vorsteuerbeschränkung bei
den Bewirtungskosten abweichen und berufen Sie sich dabei auf den o. g. Beschluss des
FG München.
3. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zum Ausgang eines evtl.
Revisionsverfahrens vor dem BFH wird das Finanzamt Ihren Antrag auf vollen
Vorsteuererstattung vermutlich ablehnen. Um Ihre Chancen auf den vollen Vorsteuerabzug
zu wahren, müssen Sie gegen die Entscheidung des Finanzamts Einspruch einlegen und
das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Urteilsverkündung des BFH beantragen.
Wie aus obigen Ausführungen unschwer zu erkennen ist, macht das Steuerrecht selbst aus
vermeintlich einfachen Sachverhalten ein kompliziertes Geflecht, in dem man sich leicht
verheddert und bei Betriebsprüfungen schnell Belastungen ausgesetzt ist, die man nicht für
möglich hält.
Damit dies nicht geschieht, sollen diese Ausführungen Sie lediglich für dieses Thema
sensibilisieren. Sollten Sie spezielle Fragen haben, die Sie aus den obigen Ausführungen
nicht beantwortet bekommen, setzen Sie sich mit uns in Verbindung.
Wir sind stets bemüht, Ihnen mit fachkundigen und klaren Antworten behilflich zu sein. Sie
können mit uns über die zur Verfügung stehenden Kommunikationsmöglichkeiten jederzeit
Kontakt aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Weichselbaum
vereidigter Buchprüfer
Steuerberater