Nr. 6 (Frühjahr 2009)

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Nr. 6 (Frühjahr 2009)
mi–di 24 a n k ü n d i g u n g e n
dokumentiert: Erkenntnisse aus Pattaya
Mission und
Diakonie
Buchankündigung
Das missionarische
Mandat der Diakonie
Michael Herbst, Ulrich Laepple
Neukirchener Verlagsgesellschaft
(erscheint im Frühjahr 2009)
Impulse Johann Hinrich Wicherns
für eine evangelisch profilierte
­Diakonie im 21. Jahrhundert
Dieses Buch ist aus Vorträgen und
Publikationen entstanden, die sich
einer „missionarischen Diako­
nie“ und einer „diakonischen Mis­
sion“ verpflichtet wissen. Sie wer­
ben für ein integrales Verständnis
des christlichen Auftrags, bei der
sich Evangelisation und Diakonie
gegenseitig unterstützen. Die Ver­
fasser sehen dabei vielfältigen An­
lass, an J. H. Wichern anzuknüpfen
und sein Erbe unter den Gegeben­
heiten der heutigen Zeit neu zu
buchstabieren. Sie sehen Wichern
nicht nur als Sozialreformer, son­
dern auch als großen Inspirator für
Evangelisation. Eine missionarische
Profilierung der Diakonie wird sinn­
vollerweise ansetzen bei den Füh­
rungskräften. Darum richtet sich
das Buch an Verantwortungsträger
in der Diakonie (nicht nur an die
theologisch, sondern auch betriebs­
wirtschaftlich Verantwortlichen),
ebenso an Pfarrerinnen und Pfarrer,
die nach Diakonie in der Gemein­
de fragen. Aber auch alle anderen
mit ­Diakonie befassten Mitarbeite­
rinnen und Mitarbeiter der Kirche
können sich in den hier zur Debatte
stehenden Fragen des Zusammen­
hangs von Diakonie und Mission
kaum entziehen. ul.
Tagungsankündigung
Weitergabe
des Glaubens in
der Diakonie
Die 5. Tagung der Arbeitsgemeinschaft
Missionarische Dienste (AMD) unter
diesem Thema findet im Jahr 2009 vom
9. bis 11. Juni 2009 statt. Tagungsort
ist das Ev. Bildungszentrum Schwanen­
werder (Wannsee) in Berlin. Themen
und Referenten werden ab Januar be­
kannt sein und können dann auf der
AMD-Homepage abgerufen werden. ul.
Eine Informationsschrift der AMD
missionarisch,
wachsend,
ganzheitlich,
profiliert
mi––di 6 | Winter 2008
Ein Leib, ein Herr, eine Stimme
Im Oktober 2008 fand in Pattaya (Thailand) die Generalversammlung der Weltweiten
Evangelischen Allianz statt. Diese Versammlung von nationalen evangelikalen Verbänden aus der ganzen Welt versteht sich primär als evangelistische Bewegung. Sie betont
jedoch zugleich, dass das evangelistische Zeugnis durch das Zeugnis tätiger sozialer
Hilfe ergänzt werden muss und unterstreicht die Verantwortung für eine Weltgestaltung,
die Unrecht und Armut aktiv bekämpft. Hier ein persönlicher Bericht von Hartmut Steeb.
Die nur etwa alle sechs Jahre stattfin­
dende Generalversammlung der Weltwei­
ten Evan­gelischen Allianz verschafft ei­
nen Blickwechsel, bei dem Europa nicht
im Zentrum der Welt, sondern am Rande
liegt. Das ist gut so. Sie gibt nicht nur
eine neue, sondern eine klare Sicht, die
im Alltag zu Hause oft zu kurz kommt.
Mir ist klar geworden:
1. Wir sind der gemeinsame Leib des Je­
sus Christus. Es ist weder gut noch richtig,
von uns „hier“ und den anderen Christen
„dort“ zu reden. Nein, wir sind ein Leib.
Wir haben einen Herrn. Wir gehören un­
trennbar in Jesus Christus zusammen.
2. Wir sind die wachsende Gemeinde.
Nicht wir stagnieren und anderswo wächst
die Gemeinde. Nein, wir sind als Ganzes
nur die eine Gemeinde Jesu, die wächst.
Und wir dürfen dieser wachsenden Bewe­
gung angehören.
3. Wir sind die leidende Gemeinde Jesu.
Nicht irgendwelche andere Christen lei­
den. Sondern wir leiden mit unseren
Schwestern und Brüdern in der Verfol­
gung und in der Bedrängnis. Und wir
merken auf: Verfolgung ist kein Betriebs­
unfall, sondern Realität eines Lebens in
der Nachfolge von Jesus Christus. Und da­
bei wird deutlich: „Das Blut der Märtyrer
ist der Same der Kirche.“ Ja. Aber die Ge­
meinde Jesus wächst nicht nur einfach,
weil sie verfolgt wird, sondern sie wird ver­
folgt, weil sie wächst.
4. Gottes Uhren ticken anders. Es bewegt
mich, als vietnamesische Brüder berichten,
dass in Nordvietnam heute jene beson­
ders zur Stabilität der Gemeinde beitragen,
die in kommunistischen Zeiten in kom­
munistische Staaten „ausgesandt“ worden
waren (z. B. in die DDR), zum Glauben
kamen und nach der Zeit des Kommunis­
mus dorthin als Christen zurückgekehrt
sind und jetzt Gemeinde bauen.
5. Evangelisation hat Priorität – aber soziale Verantwortung ist unverzichtbar. Man
verliert nicht viel Zeit, die Statistiken hin
und her zu wälzen und scharfsinnige Ana­
lysen zu diskutieren. Denn die Fakten lie­
gen längst auf dem Tisch. Es ist in der
Weltweiten Evangelischen Allianz völlig
klar: Evangelisation hat oberste Priorität,
auch, trotz und wegen der unendlichen
Weltnöte: Hunger, Armut, Naturkatastro­
phen, Sklaverei, Sex- und Menschenhan­
del. Aber diese Priorität befreit nicht da­
von, auch die menschliche Sorge nach
allen Kräften und allem Vermögen anzu­
packen.
6. Ohne Gebet sind wir machtlos. Darum
wird die Generalversammlung mit einem
Gebetstag eröffnet. Das Gebet steht nicht
nur am Ende, dass Gott doch nun segnen
möge, was wir beschlossen haben, son­
dern am Anfang, weil wir wissen, dass
ohne Gebet alles vergeblich ist. Es wäre ja
auch töricht, nicht ganz bewusst das An­
gesicht Jesu zu suchen und in der Einheit
mit ihm die Evangelische Allianzgemein­
schaft zu gestalten.
7. Wir sind das Licht der Welt und das
Salz der Erde. Die Evangelische Allianz
nimmt diese Beauftragung und Sendung
an. Und darum setzt sie sich ein für die
Verfolgten, die Entrechteten, die Verar­
mten, auch gegen die Tötung der Unge­
borenen. Darum hilft sie Aidskranken
und vielen anderen. Darum gehört zur
Weltgestaltung eben auch das Mandat,
sich politisch zu engagieren und gegen­
über Politikern gegebenenfalls Flagge zu
zeigen. Wenn ich das umfassende mis­
sionarische Programm und den aufopfe­
rungsvollen Einsatz armer nationaler Al­
lianzen betrachte, dann freilich wird mir
auch das zur Anfrage, warum wir nicht
gemeinsam alles tun, was wir gemeinsam
tun könnten, das Zeugnis in Wort und
Tat. Hartmut Steeb ist
­G eneralsekretär
der Deutschen
­Evangelischen Allianz
(www.ead.de)
Stützpunkte
der
Llebe
Gottes
angestoßen
Stützpunkte der Liebe Gottes
1
Netzwerk „Diakonie in der
­missionarischen Gemeinde“ gegründet
Coole Idee: „endlich leben“-Gruppen 6
Pfarrer Helge Seekamp über Lebens-,
Glaubens- und Selbsthilfe
Charakteristika diakonischer Kultur 22
zur Stärkung des diakonischen Profils
dokumentiert
Hoffnung und neues Leben geben
3
Karl-Heinz Zimmer über Gemeinde­
diakonie bei Willow Creek
zuhören – zupacken
9
Angela Glaser begleitet einen Tag lang
eine Parish Nurse in England
DiakoNIE ALLEIN
20
Matthias Krause zeigt, wie die Diakonie
auf neue Mitarbeitende reagiert
Ein Leib, ein Herr, eine Stimme
24
Hartmut Steebs Erkenntnisse aus Pattaya
24 Personen, deren Herz für
solche „Stützpunkte“ schlägt,
diskutiert
trafen sich am 10. November 2008
Kerze anzünden – ist das diakonisch?11
Aus einem kritischen Brief
in der Berliner Stadtmission
Liebe im Spannungsfeld
14
widerstreitender Interessen
Frieder Grau beleuchtet die Sicht der
Unternehmensführung
und gründeten bundesweit das
„Netzwerk Diakonie in der
inspiriert
missionarischen G
­ emeinde“.
hilfegruppe für angeschlagene Menschen
Sie kamen als Pastoren und Pastorinnen
mit Abbrucherlebnissen, hier eine als
aus Kirchengemeinden oder als Vertreter
„Wellness-Wochenende“ ausgeschriebene
von diakonischen und missionarischen
Gemeindefreizeit, bei der der Zusam­
Ämtern, auch aus freien Werken oder als
menhang von Körper, Seele und Geist
Repräsentanten von Zusammenschlüs­
thematisiert wird, dort eine Arbeitslo­
sen wie Willow Creek Deutschland und
seninitiative im Stil eines monatlichen
der Evangelischen Allianz.
Hauskreistreffens mit seelsorgerlicher
An vielen Orten sind unsere Gemein­
Stabilisierung, Schulung und konkreter
den reich an diakonisch-missionarischer
Arbeitsvermittlung – alles Beispiele für
Arbeit: hier eine Hausaufgabenhilfe für
Kinder in Verbindung mit einem liebevoll Arbeitsformen, die Gemeinden ersinnen,
zubereiteten Essen, dort christliche Cafés um in Not geratenes, gefährdetes oder
beschädigtes Menschenleben aufzufan­
als Kommunikationsort und Anlauf­
gen und zu begleiten. Und das alles im
stelle für Menschen mit Fragen oder
Nöten, hier ein Patientengottesdienst mit Kraftfeld einer fürsorgenden, betenden
und glaubenden Gemeinde.
Segnung und Salbung, dort eine Selbst­
Lesen Sie bitte weiter auf Seite 2
Gesundheit, Heilung & Spiritualität 13
Ein Grundsatzpapier
Spirituelles Diakoniemanagement 17
Drei Statements zu „geistlich führen“
Wer … Ich? Eine Aufforderung 23
lesen
Krank sein mitten im Leben
11
Das missionarische Mandat der Diakonie Eine Vorankündigung
24
Aus der AMD
Termine und Tagungen
Impressum
12, 24
23
mi–di 2 e d i t o r i a l
angestoßen
Fortsetzung
Liebe
Leserin,
lieber
Leser,
„Das ganze Evangelium für den
ganzen Menschen“ – dieses
­Motto beschreibt den Auftrag
für die Gemeindediakonie ge­
nauso wie für die Einrichtungs­
diakonie. Zwar haben beide ganz
unterschiedliche Rahmenbedin­
gungen und folgen darum in
­ihrer Arbeit verschiedenen Lo­
giken. Aber beide kommen von
einem Auftraggeber und stehen
unter einem Auftrag. Den gilt es
für die eigene Situation zu erfas­
sen – im theologischen Diskurs
wie in praktischer Selbstprüfung.
Die Prüffrage wird sein, ob wir
„das ganze Evangelium für den
ganzen Menschen“ auch wirklich
zur Geltung bringen. Im leben­
digen Dialog mit den Herausfor­
derungen der Zeit ergeben sich
ständig neue Gelegenheiten, die
ergriffen werden wollen. Aber
jede Zeit hat auch ihre spezi­
fischen Versuchlichkeiten, den
„ganzen“ Auftrag abzuschneiden
oder zurechtzubiegen, nach der
einen wie nach der anderen Seite.
Darum ist es das Anliegen von
mi-di, den Bindestrich zwi­
schen „Mission“ und „Diakonie“
mit ­Leben zu füllen. Auch die­
se Ausgabe will an gelungenen
Beispielen zeigen, wie sich die
­Liebe Gottes Wege sucht, fach­
liche Lebens­hilfe und Hilfe zum
Glauben mit Phantasie und Freu­
de zu einem Ganzen zusammen­
zuführen – in der Einrichtungs­
diakonie genauso wie auf dem
Feld der Gemeinde.
Ein inspiriertes Lesen wünscht
Ihnen
Ihr
Ulrich Laepple ist Fachbereichsleiter für
missionarisch­-­diakonischen G
­ emeindeaufbau
bei der A
­ rbeitsgemeinschaft Missionarische
Dienste im ­Diakonischen Werk der EKD und
mi-di-Schrift­leiter.
„Stützpunkte der Liebe Gottes“
Die Vernetzung von Erfahrungen
und Ideen ist nötig
Die in Berlin zusammengekommene
­bunte Gruppe war sich darin einig,
dass – angesichts der immer sichtbarer
aufbrechen­den Nöte in der Gesellschaft
und dem gleichzeitigen Rückzug des
Staats aus manchen sozialen Verpflich­
tungen – die Gemeinden als „Stütz­
punkte der ­Liebe Gottes“ und „Hoff­
nungsorte für Menschen“ immer
wichtiger werden. An vielen Orten ge­
schieht Beeindruckendes, ja Modellhaftes.
Aber es fehlt oft das Wissen von einan­
der, auch ermutigende und ansteckende
Phantasie – eben eine Vernetzung, die
ein Klima der Inspiration und der Multi­
plikation erzeugen würde. Das „Netzwerk
Diakonie in der missionarischen Gemeinde“
will hier Abhilfe schaffen und mit Hilfe
dieses Netzwerks ein vielfältiges Instru­
mentarium anbieten.
Hilfe zum Leben,
Hilfe zum Glauben
Darüber hinaus wollen wir für ein Ge­
meindeverständnis werben, das von An­
fang an auch Grundlage dieser Informa­
tionsschrift mi-di war. Diese Grundlage
besteht in der Überzeugung, dass in der
Gemeinde Lebenshilfe und Glaubenshilfe
zusammengehören. Menschen sollen in
diakonischer Hilfe „zum Leben“ das fin­
den können, was dem Leben am meisten
dient: die Hinführung „zum Glauben“.
Manche Teilnehmerinnen und Teil­
nehmer sprachen eindrücklich von der
Erfahrung, dass diakonische Arbeitsfelder
für Kirchendistanzierte und Konfessi­
onslose oft Brücken zum Glauben seien;
aber es ergebe sich nicht wie von selbst,
vielmehr müssten diese Brücken in der
Gemeinde bewusst gewollt und gebaut
werden. Dabei steht missionarische
Diakonie vor einer doppelten Herausfor­
derung: Sie kann einerseits nicht stumm
bleiben und ist tendenziell immer auch
seelsorgerlich, glaubenweckend und ver­
kündigend. Aber sie darf andererseits nie
zu einer nur taktischen Aktion werden,
die zur Glaubensweitergabe verzweckt
wird.
Eine Antwort auf das Wichernjahr
Das Wichernjahr 2008 ist bei der Dia­
konischen Konferenz des Diakonischen
Werks der EKD in Hamburg mit einem
dokumentiert
Hoffnungsorte
für ­beschädigtes
Leben
Vortrag von Bundespräsident Horst Köh­
ler zu Ende gegangen. Es hat eine Fül­
le von Veranstaltungen und vielfältige Li­
teratur über Wichern und seine Innere
Mission hervorgebracht. Es ist klar, dass
sein Leitbild „Mission“, das im Namen
des heutigen Diakonischen Werks 1975
endgültig durch das Leitbild „Diakonie“
ersetzt worden ist, für die kirchliche So­
zialarbeit nicht wieder zurückgeholt wer­
den kann und soll. Aber es muss daran
erinnert werden, dass in der gemeind­
lichen oder unternehmerischen Diakonie
die missionarische Kraft und die spiritu­
elle Ausstrahlung weithin verloren gegan­
gen sind.
Sich an Wichern erinnern führt zual­
lererst zu der Erkenntnis, dass Diakonie
missionarisch ist, also in der Sendung
Jesu Christi steht und an der Aufgabe
Anteil hat, dass das ganze Evangelium
dem ganzen Menschen zugutekommt.
Hier liegt der Herzschlag des Wirkens
von Johann Hinrich Wichern. Diesen
Herzschlag nimmt das gegründete Netz­
werk auf und will ihn in der Gemeinde
wirksam werden lassen – in anderer
kirchlicher und gesellschaftlicher Lage als
in der Wichernzeit.
Weiterarbeit
Eine Steuerungsgruppe, die bei dieser
Gründung eingesetzt wurde, erarbeitet
als nächsten Schritt ein Instrumentarium
der Vernetzung. Es ist an den Austausch
von aussagefähigen Projekten und Ideen
auf einer Internet-Plattform gedacht, aber
auch an Fachtagungen, an Gemeindeer­
kundungen und ggf. an Beratung von Ge­
meindeprojekten vor Ort.
Das Netzwerk ist selbstverständlich
offen für weitere Teilnehmerinnen und
Teilnehmer. Informationen dazu werden
auf die Homepage der AMD gestellt und
über mi-di kommuniziert.
Für Anfragen steht der Fachbereich
„Diakonisch-missionarischer Gemeinde­
aufbau“ der AMD gerne zur Verfügung.
Ulrich Laepple
Gemeindediakonie heißt:
Hoffnung und
neues Leben geben
„Community Care“ – ein Beispiel
Das wissen wir längst, dass nicht alles, was aus den USA kommt,
gut ist. Was wir lernen könnten ist, dass nicht alles schlecht ist. Eine
Gruppe von Christen reiste unter der Leitung von Karl-Heinz Zimmer
(Willow Creek Deutschland) und Ulrich Laepple (AMD) im Mai 2008 in
die Mega-Church Willow Creek bei Chicago und machte sich ein Bild
von „Community Care“, was gut mit „Gemeindediakonie“ übersetzt
werden kann. Trotz der großen kirchlichen und kulturellen Unterschiede
war für die Besucher das, was sie gesehen und studiert haben, nachhaltig inspirierend und stärkte das Engagement hier in Deutschland.
„Du kannst ein ganz neues Leben haben. Ich habe
ein völlig neues Leben bekommen und ich will, dass
das jeder da draußen weiß. Ich denke immer, dass
da Leute sitzen, die nicht glauben können, dass man
ihnen helfen kann, so wie ich damals. Diesen Men­
schen will ich sagen: Dein Leben kann sich komplett
verändern.“
Mit diesen Worten von Debbie Krich beginnt ein
Film über „Community Care“, einem Bereich der
sozial-diakonischen Arbeit der Willow Creek Com­
munity Church in South Barrington/ Chicago.
Aus der Bahn geworfen
Debbie weiß, wovon sie spricht. Von ihrem Ehe­
mann misshandelt, geschieden, muss sie als allein
erziehende Mutter das Leben bewältigen. Seelisch
und körperlich verletzt, alleine gelassen in ihrer Sor­
ge um den Lebensunterhalt, in ihrem Hunger nach
Würde und liebevoller Beziehung und mit Erzie­
hungsaufgaben an heranwachsenden Jugendlichen,
steht sie als ein Beispiel für ungezählte, bittere
Schicksale, die Menschen aus der Bahn werfen: Be­
ziehungskrisen und Zerbruch von Partnerschaften,
Kinder, die sich zwischen den liebsten Menschen auf
der Welt entscheiden müssen, unbewältigte Trauer,
häusliche Gewalt, Überschuldung, Arbeitslosigkeit,
Verzweiflung durch die Diagnose lebensbedrohlicher
Krankheit, Spiel- und Drogensucht …
»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»
3 mi–di
mi–di 4
5 mi–di
„Du kannst ein ganz neues
Leben haben …“
» » » » » » » » » » » » » » » Wie gesagt, Debbie weiß, wovon sie spricht. In der
Tiefe ihrer Not kam sie zur Willow Creek Gemein­
de und wurde aufgefangen in einer Gemeinschaft
von Menschen, die ähnliche Schicksale teilen. In
„Monday Night Life“, dem Seminar- und Kleingrup­
penprogramm der Gemeinde für Menschen in un­
terschiedlichsten Notlagen, begegnete ihr die Hoff­
nung, dass das Leben sich zum Guten wenden kann.
Sie lernte, ihre Probleme mit anderen zu teilen, sie
zu bearbeiten und zu verarbeiten. Und sie lernte,
dass trotz Zerbruch (oder vielleicht gerade deswe­
gen) ihr das Potenzial zuwächst, anderen auf eine
­besondere Weise dienen zu können.
Gemeinden als Hoffnungsorte
Heute ist sie ehrenamtliche Mitarbeiterin in Com­
munity Care. Unter anderem lehrt sie in Seminaren
und hilft Ratsuchenden, ihre Probleme anzupacken.
Und auch hier steht sie als ein Beispiel für viele hun­
dert andere, die in „Monday Night Life“, „­Pastoral
Care“ oder „Support Groups“ mitarbeiten, damit
Menschen „den Grund der Hoffnung“ kennen ler­
nen und dabei im Leben wieder auf die Füße kom­
men.
Nach Aussagen von Verantwortlichen bildet
die Arbeit von „Community Care“ heute einen der
Hauptzugänge für Menschen in die Gemeinde und
zum Glauben. „Community Care“ ist ein beeindru­
ckendes Beispiel dafür, wie sich missionarischer und
diakonischer Gemeindebau miteinander zu einer
untrennbaren, kraftvollen Einheit verbinden, wie
Mission diakonisch ist und Diakonie missionarisch.
„Du kannst ein ganz neues Leben haben …“ Worte
reichen nicht aus, um zu beschreiben, was das für
einen Menschen bedeuten kann, ebenso wenig, wie
die Zeilen in diesem Artikel, um einen Dienstbe­
reich von Willow Creek zu beschreiben, in dem
sich Herzenswärme und Professionalität sinnvoll
verbinden und eine Wirklichkeit geschaffen haben,
in der Hoffnung, Hilfe und Glauben in ein neues
Leben münden.
Sie möchten mehr darüber erfahren? Den Film
können Sie als DVD über Willow Creek Deutschland
beziehen: [email protected] oder Tel.: (06 41)
98 43 70 (s. auch www.willowcreek.de)
Karl-Heinz Zimmer ist Geschäftsführer
von ­W illow Creek Deutschland
Community Care –
vier persönliche Statements aus Willow Creek
Gemeindediakonie und Geld
„Diakonische Dienstbereiche sind teu­
er! Das ist auch der Grund, warum
viele Gemeinden sich in dieser Rich­
tung nicht engagieren. Sie sagen sich:
‚Das lohnt sich doch gar nicht. Diese
Investitionen bringen keinen Gewinn.
Sie helfen uns auch nicht, Gemein­
de zu bauen. So kommen wir nicht zu
einem neuen Gebäude, unsere Kinderund Jugendarbeit profitiert auch nicht
davon und es verhilft uns auch nicht
zu einem neuen Seelsorger, der sich
um die Senioren kümmert.‘
Man sitzt in Sitzungen und fragt
sich: ‚Welchen Anteil vom vorhan­
denen Kuchen sollte eine Kirche für
die ausgeben, die weniger haben und
sehr schwierige Zeiten durchmachen?‘
Das ist eine komplizierte Frage, und
wir besprechen diese Dinge in Willow
sehr ausführlich.
Erst in den letzten drei bis vier
Jahren habe ich die Frage, wie wir als
Ortsgemeinde unsere Mittel inve­
stieren sollen, mehr theologisch statt
pragmatisch betrachtet. Je älter ich
werde, und je näher mein eigenes
Ende rückt, desto mehr sage ich mir:
‚Ich möchte, dass in Zukunft Ressour­
cen so aufgeteilt werden, wie Christus
es möchte. Ich möchte das weniger
pragmatisch und mehr im Licht der
Verheißung sehen.‘ Ich glaube, dass
Gott eine solche Haltung segnet.
Anders ausgedrückt: Ich habe kein
Problem damit zu glauben, dass er die
nötigen Mittel zur Verfügung stellen
wird. Mein Problem liegt vielmehr in
der Frage: Wie gewichten wir unser
Budget so neu, dass Komplikationen
oder mögliche Komplikationen für
Mitarbeiter und liebgewonnene, aber
uneffektive Gemeindetraditionen und
Dienstbereiche usw. gering bleiben?
Das sind komplexe Fragen, auf die es
keine einfachen Antworten gibt. Ich
bin allerdings fest davon überzeugt,
dass Gott solche Veränderungen
segnet.“
Bill Hybels (Leitender Pastor von Willow Creek)
Diakonie und
Gemeindewachstum
„Ich glaube, es war sehr klug von der
Gemeindeleitung in Willow Creek, be­
sonders diejenigen diakonischen Be­
reiche stärker zu unterstützen, in
denen ein entsprechendes Engage­
ment vorhanden war. Es gab in die­
sen Bereichen eine Not in den eige­
nen Reihen. Das hat Gemeindeglieder
motiviert, sich hier zu engagieren – fi­
nanziell, aber auch mit ihrer Zeit und
Energie. Das hat sich bezahlt gemacht:
Menschen, denen geholfen wurde, ha­
ben selber mitgearbeitet oder gespen­
det. Und die Gemeinde hat den Erfolg
ihrer Investitionen hautnah miterle­
ben können. Damit dies immer wie­
der passiert, laden wir Menschen, die
in Willow seelische, körperliche oder
praktische Hilfe erfahren haben, im­
mer wieder ein, im Gottesdienst davon
zu erzählen. Insofern sind diakonische
Dienstbereiche ein großer Wachstums­
faktor in Gemeinden – nach innen und
außen.“
Tom Jenson (Leiter von Community Care)
Hilfe, Selbsthilfe und
Glaubenshilfe
„Wenn Menschen ganzheitlich ge­
dient und praktische Hoffnung ver­
mittelt wird, ist das Hilfe zur Selbsthil­
fe. Wenn sie etwa lernen, worauf es bei
der Jobsuche ankommt, wenn sie mer­
ken, wie richtige Kommunikation ih­
rer Ehe gut tut oder wenn sie erfahren,
dass sie trotz eigener Trauer andere trö­
sten können, die selbst einen lieben
Menschen verloren haben – dann hel­
fen sie sich selbst. Aber der letzte Bei­
stand ist Christus. Die letzte Hoffnung
liegt in der persönlichen Entscheidung
für ihn und für die Auswirkungen, die
solch eine Entscheidung über dieses
Leben hinaus hat. Uns ist klar, dass das
auf jeden Fall auch eine Rolle spielen
muss, das haben wir in der Vergangen­
heit leider immer wieder vernachläs­
sigt. Wir haben aber auch immer wie­
der erlebt, dass allein der Glaube trägt,
wenn es hart auf hart kommt. Als mei­
ne Tochter in diesem Jahr an Leukämie
erkrankt ist, habe ich das selbst haut­
nah erlebt.“
Tom Jenson
Diakonie und Evangelisation
„Die Verbindung von Diakonie und
Evangelisation besitzt eine große Dy­
namik. Mich überrascht es überhaupt
nicht, dass in den letzten 20 Jahren di­
ese beiden Seiten oft unausgeglichen
waren. Mal spielte die Betreuung die
größere Rolle, dann wieder die Evan­
gelisation. Mit dieser Spannung lebe
ich schon seit vielen Jahren. Auf der
einen Seite sagt Jesus: Gib dem Dur­
stigen einen Becher Wasser, ohne ir­
gendwelche Bedingungen daran zu
knüpfen. Gib ihm einfach zu trinken.
Einem Hungrigen gibt man zu essen.
Punkt. Man setzt ihn nicht in ein Se­
minar, man bietet ihm einfach eine
Mahlzeit an. Aber irgendwann denkt
man: ‚Wenn wir ihm immer nur zu es­
sen geben, ihn aber nicht auf das Brot
des Lebens hinweisen – was machen
wir dann überhaupt? Wenn wir ihm
nur zu essen geben, ihm aber nicht
beibringen, wie er selbst für Essen sor­
gen kann – was soll das dann?‘ Die­
se Spannung spielt in jedem Dienst
eine Rolle, in dem es um praktische
Hilfe oder Betreuung geht. Es gibt Ge­
meinden, die dienen nach dem Motto:
‚Wenn du nicht in unsere Bibelstunde
kommst, geben wir dir auch kein Es­
sen.‘ Das ist einfach lächerlich. Andere
wiederum sagen: ‚Wir wollen die prak­
tische Versorgung nicht zwangsläufig
mit dem Evangelium vermischen, da­
mit würden wir anderen möglicherwei­
se zu Nahe treten.‘ Das ist kurzsichtig.
Und falsch, denn aus eben dieser Mo­
tivation heraus, aus unserer Liebe zu
Christus und der Gewissheit, selbst er­
rettet worden zu sein, dienen wir ande­
ren Menschen ja überhaupt!“
Bill
Hybels
mi–di 6 a n g e s t o ß e n
7 mi–di
Coole Idee!
Lebenshilfe, Glaubenshilfe, Selbsthilfe
in „endlich-leben“-Gruppen
Helge Seekamp, der Öffentlichkeitsbeauftragte
des „endlich-leben“-Netzwerks, beschreibt in
diesem Artikel die Arbeit dieser mittlerweile
weit verbreiteten Selbsthilfe-Initiative. Sie
interessiert uns, weil in vielen Gemeinden die
Erfahrung gemacht wird, dass Menschen, die
„Du bist doch in der „endlich-leben“-Grup­
pe für Männer“, sagt die ältere Dame mit
dem markanten Kurzhaarschnitt nach
dem Sonntagsgottesdienst. In ihrer Stim­
me liegt etwas Vibrierendes: „Hast Du
das denn überhaupt nötig?“ Der verdutze
Angesprochene antwortet freundlich –
und ausweichend. So wird die Nachfrage
bei anderer Gelegenheit bohrender: „Nun
sag doch mal, welche Themen besprecht
Ihr gerade in der Gruppe?“ – „Das ist kei­
ne Diskussionsrunde“, sagt der Ange­
sprochene spitz und erläutert das Anlie­
gen der „endlich-leben“-Gruppen, die in
Gemeinden wachsenden Zuspruch fin­
den. Die Antworten befriedigen nicht.
Ein gewittriger Blick oder ein leises Ach­
selzucken sind unübersehbar, auch ge­
hört nicht viel dazu, einen Gedanken von
der Stirn zu lesen: „Ein komischer Hei­
liger! Der muss es nötig haben. Und ge­
heimniskrämerisch ist er wie die anderen
Männer der Gruppe auch“.
mit Brüchen und Verletzungen leben m
­ üssen,
in den Gemeinden entweder damit allein
gelassen werden oder aber, wenn sie sich zu
einem Hauskreis halten, diesen nicht selten
überfordern. Das Angebot der Selbsthilfe­Gruppenarbeit des ­„endlich-leben-Netzwerks“
richtet sich an Menschen in solcher S
­ ituation.
Es verbindet Professionalität und Ehrenamtlichkeit, Glaubenshilfe und Lebenshilfe, Beratung
und Seelsorge und ­erweist sich als ein wesentlicher Baustein der Gemeindeentwicklung.
Hilfe für „normale“ Menschen
Doch mit Geheimniskrämerei oder eitler
Wichtigtuerei hat dies wenig, mit einem
Prinzip dieser Selbsthilfegruppe viel zu
tun: Vertraulichkeit, Diskretion und An­
onymität zu wahren ist unverzichtbar
für jeden Einzelnen und für die Grup­
pe. „endlich-leben“-Gruppen, getrennt für
Frauen und für Männer angeboten, bie­
ten einen geschützten Raum für Men­
schen mit Nöten, Verstrickungen und
Problemen, die nicht mehr überleben,
sondern „endlich leben“ wollen. Bei der
ersten Männergruppe in Bonn – Frauen
fühlen sich von dem Angebot weitaus
häufiger angesprochen – steht immer ein
Papierkegel auf dem Tisch. „Was Du hier
hörst – bitte lass’ es hier!“ Sieben Män­
ner sind es, die sich im Oktober 2004 in
Bonn erstmals um einen Tisch im Ge­
meindehaus versammeln – alle „mitten
im Leben stehend“, durchschnittlich 45
Jahre alt, Familienväter, Ehemänner und
ein Single. Von Beruf sind sie Program­
mierer oder EDV-Spezialist, Polizeibeam­
ter oder Gewerbetreibender in der Druck­
branche, Fotograf oder Redakteur – von
außen betrachtet eine ideale Mannschaft
für die Öffentlichkeitsarbeit. Alle blei­
ben „dran“ – zwei Jahre lang, obwohl die
Gruppe eigentlich für ein Jahr konzipiert
ist.
Auf dem Weg zur Ganzheit
So unterschiedlich die persönlichen Hin­
tergründe sind, so sehr verbindet sie eine
Erkenntnis: „So kann es mit meinem Le­
ben nicht weitergehen!“ Unterstützt von
einer Selbsthilfegruppe, die nach dem
„12-Schritte-Prinzip“ arbeitet, wollen sie
aufbrechen, sich verändern und neue
Schritte wagen.
Das 12-Schritte-Programm diente
zwar anfänglich dazu, abhängigen
Menschen zu helfen. 1938 hat der Ame­
rikaner Bill Wilson das Programm der
„Anonymen Alkoholiker“ (AA) formu­
liert, das weltweit Schule gemacht hat.
In Deutschland arbeiten AA-Gruppen
seit 1953. Weniger bekannt ist, dass
die „Anonymen Alkoholiker“ ursprüng­
lich christliche Wurzeln hatten. Seit
Mitte der 1990er Jahre wurden diese
in Deutschland in der ev. reformierten
Kirchengemeinde St. Pauli in Lemgo
und in der Vineyard-Gemeinde in Bern
zeitgleich wiederentdeckt, was eine neue,
„re-christianisierte“„endlich-leben“-Bewe­
gung in Deutschland, Österreich und der
Schweiz angestoßen hat. Sie richtet sich
nicht nur an Menschen mit Abhängig­
keiten, sondern an Frauen und Männer
mit ganz unterschiedlichen Lebenspro­
blemen und Belastungen.
Verbreitung und Wirkung
Unter dem Titel „Endlich leben! Hei­
lung. Veränderung. Gelassenheit. Das
12-Schritt-Programm – ein Arbeitsbuch
für Kleingruppen“ veröffentlichten Gero
Herrendorff, Regula-Specht-Gloor und
Helge Seekamp als Herausgeber ein Ar­
beitsbuch für die Gemeinde. Im Herbst
1994 hatten sie mit einem Pilotpro­
jekt in ihren Heimatgemeinden Bern
(Schweiz) und in Lemgo (NordrheinWestfalen, Deutschland) sogenannte
„endlich-leben“-Gruppen gegründet. Bis­
lang haben mindestens 50 christliche Ge­
meinden im deutschen Sprachraum sol­
che 12-Schritte-Gruppen angeboten. Und
die ­Erfahrung zeigt: Ist das Angebot erst
einmal bekannt, ist die Nachfrage groß.
Dieses Seelsorgeangebot zog Jahr für Jahr
durchschnittlich 50 Personen in Klein­
gruppen mit je 7 bis 10 Personen. Allein
in Lemgo sind in den letzten 14 Jahren 56
Gruppen mit ca. 500 Personen durchge­
führt worden. Die Erfahrung dort zeigt:
Durch „endlich-leben“-Gruppen werden
Menschen aufgrund der heilenden Bezie­
hung zu Jesus Christus so verändert, dass
sie einen entscheidenden Einfluss auf ihr
Umfeld gewinnen.
Christliche Spiritualität für
Suchende
Die Gruppen stehen auch glaubens- und
gemeindefernen Menschen offen. Sie
verstehen sich nicht als umetikettiertes
Bibel-Lernprogramm oder verkappter
Glaubensgrundkurs, sondern als Lebens­
schule, getragen von einer christlichen
Spiritualität. Von deren Strahlkraft ist der
Koordinator des bundesweiten „endlichleben“-Netzwerks überzeugt: „Gemeinde
kann ihre Ghetto-Enge überwinden, eine
offene Tür für Suchende und mit Pro­
blemen beladene Menschen bieten“, sagt
Seekamp und fügt hinzu. „So machen wir
die liebevolle Barmherzigkeit Jesu sozial
erfahrbar.“
Fachlich theologischer
Hintergrund
Die „endlich-leben“-Gruppenarbeit ge­
hört nach diesen Beschreibungen zur Ka­
tegorie der Begegnungsgruppen (En­
countergroups), die seit den 70er Jahren
in den Kirchen Deutschlands (aus USamerikanischen Einflüssen inspiriert)
durch Theologen wie D. Stollberg und
J. W. Knowles reflektiert für die Seelsorge­
bewegung entdeckt wurden. Außerhalb
der Kirchen hat der damalige Impuls u.a.
zur Entstehung vielfältiger psychosozialer
Selbsthilfegruppen geführt. Der entschei­
dende Unterschied im 21. Jahrhundert:
Gruppenarbeit ist für Gemeinden heute
nichts Neues mehr. Und doch unterschei­
den sich diese Gruppen von klassischen
Hauskreisen oder Bibelgruppen. Sie ma­
chen den einzelnen Menschen mit sei­
nen Nöten zum Zentrum des Gesprächs.
Zugleich wird die heilsame Beziehung
zu Gott bei fast jedem zweiten Schritt der
zwölf Schritte zum Thema.
Ziel: eine neue Gottesbeziehung
Darum sind diese Begegnungsgruppen
zwar orientiert an einem Lernerfolg hin­
sichtlich der Selbsterfahrung jedes ein­
zelnen Gruppenmitglieds. Aber die Got­
teserfahrung wird zur entscheidenden
Beziehungserfahrung, die weit über die
Gruppe und die dort wirkende Gruppen­
dynamik hinausgeht, die zu Hause und
in einsamen Stunden weiterträgt, die
zum konkreten Fundament und zur Kraft
für die Auseinandersetzung mit lange
eingeschliffenen Problemmustern wird.
Ganz aus dem Geist der AA-Tradition
wird der Glaube nicht vorschnell dogma­
tisch festgelegt, sondern im Gegenteil:
Durch das Programm angeregt werden
besonders Menschen, die jahrelang über
eine Engführung im Glauben gestöhnt
haben, Gott neu als einen Gott entdecken,
der ihnen konkret hilft, ohne zu verdam­
men oder in zwanghafte Lebensmuster
zu pressen.
Das Programm schenkt so eine neue Per­
spektive auf den dreieinigen Gott:
z der die Leiblichkeit wie auch die see­
lischen Wunden ernst nimmt
z der für jeden Veränderungsschritt in
der Kraft seines heiligen Geistes einen
Weg bereitet
z der durch Jesus ein barmherziger, ver­
gebender und heilender Gott gewor­
den ist.
(Vgl. das Leiterhandbuch Grundkurs
Barmherzigkeit, z. Zt. vergriffen,
aber in Auszügen kostenlos unter
www.downloads.endlich-leben.net
zu finden).
mi–di 8
9 mi–di
dokumentiert
So machen wir die
­liebevolle B
­ armherzigkeit
Jesu sozial erfahrbar
Drei Gemeindepraktiker können
fast direkt loslegen
Am besten ist es, wenn seelsorgerliche
Menschen auf gleicher Augenhöhe mit
anderen suchenden, verletzten und pro­
blembeladenen aus ihrer Gemeinde oder
Nachbarschaft starten. Durch eine Pilot­
phase vorbereitet laden sie in Räume der
Gemeinde ein, stellen das Modell vor und
starten dann in Kleingruppen.
Weitere Hilfen für den Start finden
sich auf der Homepage des Netzwerks:
www.endlich-leben.net
GruppenleiterInnen reden, leben und
arbeiten zusammen mit den beladenen
Menschen, die mit einer unspezifischen
Symptom- oder Problemlage eine Verbes­
serung seelischer Gesundheit im Umfeld
christlicher Gemeinden suchen.
Wichtige Defintionen:
z Da sie zu einer Form der Begegnungsgruppe zu rechnen sind, hat das Auswirkungen
auf die Gruppenleiter-Rolle, auf das Setting
und auf Regeln.
Wichtig sind die bekannten Grundhal­
tungen von Rogers: Einfühlsamkeit, Ak­
zeptanz, Echtheit. Dabei geht es vorran­
gig um die Aktivierung jedes einzelnen
in der Gruppe, der sich selbst am besten
hilft, indem er seine Schwächen ehrlich
eingesteht oder auch Beispiele von gelun­
genen Veränderungsschritten aus dem
eigenen Leben erzählt.
Die Atmosphäre wird bald von einer im­
mensen Hoffnung auf Veränderung und
Wärme und Herzlichkeit durch die Nähe
der Teilnehmenden zueinander geprägt.
z „endlich-leben“-Gruppen stehen einem verhaltenstherapeutischen Ansatz nahe, indem
sie auf Hausarbeit, Übungen und M
­ odelle
bauen.
Eigentlich ist das ganze Leben eine
Übung, das Leben zu lernen. Doch unter
Anleitung und intensivem Gruppenaus­
tausch gelingt es besser. Dabei spielt die
Gruppe als Übungsraum für Handlungsund Denkalternativen zur Verfügung.
Aber auch Hausaufgaben, zu denen man
sich selbst verpflichtet, sind ein guter
Weg. Solche Gruppen sind eigentlich wie
„gesunde Familien“, in denen Menschen
„funktionale“ (gesunde) Verhaltensmuster
statt „dys-funktionale“ (schlecht ange­
passte oder unangemessene) einüben.
Auf dem Dienstplan von Schwester Sue
Evans ist der Dienstag immer frei. Da
hat die Krankenschwester, die für den
NHS (Nationalen Gesundheitsdienst in
Großbritannien) im ambulanten Bereich
arbeitet, ihren freien Tag. Aber die 59-Jährige nutzt den Tag nicht zur Erholung,
sondern schenkt ihn den kranken und
hilfsbedürftigen Mitgliedern ihrer anglikanischen Ortskirchengemeinde St. Mary‘s
in Burwell. Auch die Bewohner von Burwell, einem Ort mit 6.000 Einwohnern in
der Nähe von Cambridge, profitieren von
ihrem ehrenamtlichen Engagement.
„endlich-leben“-Gruppen befähigt, ihre
Berufung aus dem Glauben an Jesus
Christus zu entdecken und zu leben, weil
sie ihre schlecht angepassten ­Beziehungsund Lebensmuster verlernen, zu ihren
Potentialen zurück finden und zum
Dienst in der Welt befreit werden.
„endlich-leben“-Gruppen bieten die
Chance, dass Menschen in Krisen langfri­
stig, prozesshaft mit vertrauenswürdigen
Partnern an ihren speziellen (Lebens-)
Problemen arbeiten können.
Sie bleiben nicht allein. Das schon be­
deutet für viele ein gewaltiger Fortschritt.
Durch diesen Prozess von einem
Jahr wird wie nebenbei der notwendige
Beziehungsaufbau zu anderen er­
möglicht, so dass tiefgreifende Ver­
änderungen für viele oft erst dadurch
möglich werden.
z „endlich-leben“-Gruppen können den Blick
auf die Gottesbeziehung und damit auch die
klassische Definition „Begegnungs­gruppe“
um die Beziehungsdimension zu Gott erweitern.
Eine der tiefgehendsten Erfahrungen
sind gemeinsame Erfahrungen mit Gott,
auch die Suche nach einem helfenden
Gott. Die Klage oder konkrete Fürbitte
öffnet ganz neue Dimensionen für Glau­
ben, Hoffen und Leben. Jede oder jeder
in der Gruppe ist zugleich Gebende und
Nehmende. Die urevangelische Zeugen­
gemeinschaft wird eingeübt, der Trost
durch die Brüder und Schwestern wird
Und wie steht es mit der Qualität?
erfahren. Die „endlich-leben“-Gruppen
führen zur Einübung in eine geschwister­ „endlich-leben“-Gruppen nennen sich di­
liche Gemeinschaft, die sich weit über
ese christlich geprägten 12-Schritte-Grup­
diese Gruppen hinaus auswirken kann.
pen im deutschsprachigen Raum (Ös­
terreich, Schweiz, Deutschland). Ein
z Wenn Seelsorge als Arbeit an der BezieNetzwerk unter dem Namen „endlichhung zu Gott, anderen und sich selbst defileben“-Netzwerk sorgt für die Qualitäts­
niert wird, geschieht in diesen Treffen klassicherung. Gemeinden machen sich ver­
sische Seelsorge, die zugleich Lebenshilfe
bindlich mit einem Vertrag, indem sie
darstellt. Eine neue, gemeindenahe Diako­ sich auf die Werte, Ziele und Arbeits­
nie kann sich entfalten.
form der Gruppenarbeit verpflichten. In
Zukunft sind Qualitätssicherungs-Hil­
fen wie Fragebögen, Telefonkonferenzen
für Gruppenleiterinnen und weitere Ma­
Nicht Nabelschau, sondern
terialien und Schulungen angeboten. Nur
neue Beziehungsfähigkeit
solche zertifizierten Gemeinden dürfen
ihre Gruppen „endlich-leben“-Gruppen
Doch durch das Selbsthilfe-Setting blei­
nennen. Damit wird der Name langfristig
ben die Teilnehmenden immer in einer
durch ein ökumenisches Qualitätsnetz­
Doppelrolle: Gebende und Nehmende
werk geschützt. zugleich. Das übliche Gefälle einer klas­
sischen Einzelseelsorge-Beziehung kann
hier vermieden werden.
Pfarrer Helge Seekamp,
Menschen mit besonders gravierenden
Lemgo, 50 Jahre
Beziehungsstörungen, die in anderen
Weitere Informationen
Räumen (Hauskreisen, ­Einzelseelsorge)
im internet:
nur mit Mühe aufgefangen werden
www.endlich-leben.net
können, erhalten hier einen geordneten
Rahmen für ihre seelische Heilung, das
heißt für ihren „ganzheitlichen Bezie­
hungsaufbau“. Menschen werden in
Von der Betreuung zur Beteiligung
suehören –
suepacken!
Unterwegs mit Schwester Sue –
„Parish Nurse“ in Burwell/England
An jedem Dienstag ist Sr. Sue Parish
Nurse, zu deutsch: Gemeindepflegerin.
Wir starten um 9 Uhr, um eine allein­
erziehende Mutter zu besuchen. Frau N.
wird seit 2 Jahren von Sr. Sue betreut. Sie
ist durch sexuellen Missbrauch und eine
sehr schwierige Vergangenheit in soziale
Schwierigkeiten gelangt. Durch die re­
gelmäßige Begleitung von Sr. Sue gelang
ein Nikotinentzug (Alkoholprobleme
bestehen weiterhin). Frau N. arbeitet in­
zwischen ehrenamtlich im Altenheim mit
und organisiert dort Bingonachmittage.
Vor einem Jahr hat sie sich nach der
Teilnahme an einem Glaubenskurs
konfirmieren lassen und den Schritt in
die Gemeinde gewagt. Allerdings war
es schwierig, Kontakte mit den anderen
Gottesdienstbesuchern zu bekommen.
Seit der Gemeindefreizeit, die sie in
diesem Jahr gemeinsam mit ihrem Sohn
(16 Jahre) besucht hat, haben sich jedoch
erfreulicherweise intensivere Kontakte
entwickelt. Es ist gelungen, für ihren
Sohn einen Platz an einer weiterführen­
den Schule zu bekommen, obwohl er nur
sehr unregelmäßig den Unterricht der
Hauptschule besucht hat.
Nachdem Sr. Sue sich anfänglich
wöchentlich mit Frau N. getroffen hat, ist
die Betreuung jetzt seltener geworden,
aber es ist eine Freundschaft gewachsen.
Sozialer Treffpunkt für jedermann
Anschließend ist Sprechstunde der Pa­
rish Nurse im Centre Peace. Centre Peace
ist ein kleiner Laden, den die Kirchenge­
meinde mitten im Ort betreibt. Er ist täg­
lich von 10 bis 16 Uhr geöffnet. 50 eh­
renamtliche Mitarbeiter beteiligen sich.
Verkauft werden gebrauchte Bücher und
Artikel aus Dritte-Welt-Ländern. Der ei­ » » »
mi–di 10
diskutiert
11 mi–di
lesen
e
Diakonie & Liturgi
Krank sein mitten
im Leben
ung mit
ngen für die Begegn
Liturgische Anregu
Einrichtungen
en in diakonischen
erkrankten Mensch
Mir erschien es fast als ein Stück Himmel
» » » gentliche Zweck des Ladens ist es, eine
ben sind, kamen keine Gespräche zu­
Anlaufstelle und Kontaktmöglichkeit für
stande. Auch wurde der Bewohner, den
Menschen aus der Kirchen- und Ortsge­
wir gezielt besuchen wollten, gerade in
meinde zu sein. Dienstags ist Sue zwi­
das Krankenhaus eingeliefert. Sr. Sue
schen 10 und 11.30 Uhr hier anzutreffen.
hat mich stattdessen durch das Heim
Heute kommen viele in den kleinen La­
geführt.
den.
Nachmittags übernahm Sr. Sue noch
z Da ist Jonathan, ein 16jähriger, durch
die Betreuung eines an Parkinson er­
Kinderlähmung stark behinderter Jun­
krankten Mannes, um der Angehörigen
ge, der im Rahmen eines Integrations­
einen Einkauf zu ermöglichen. Diese
projekts an einem Tag in der Woche im
Tätigkeit ist eher eine Ausnahme, nor­
Centre Peace mithilft. Er hilft beim Kaf­
malerweise stehen hier die ehrenamt­
feekochen, bedienen und Geschirrspülen. lichen Helfer des Besuchsdienstes zur
Es war ihm deutlich anzumerken, wie
Verfügung.
gut ihm die Anerkennung in dieser Tätig­
Außer dem wöchentlichen Einsatz
keit tut.
hat Sr. Sue eine Gebetskette mit 16
z Marc, ca. 40 Jahre, Epileptiker, der für
Mitgliedern in der Gemeinde organi­
den nächsten Tag eine Ausstellung sei­
siert. Sie berät von Zeit zu Zeit Gemein­
nes Elektrorollstuhlherstellers im und ne­ deglieder, misst nach dem Gottesdienst
ben Centre Peace plant und dazu einla­
den Blutdruck, arbeitet an dem viermal
den wollte.
im Jahr stattfindenden Gottesdienst für
z Don, ca. 45 Jahre, erkrankt an Multip­
Kranke mit, ebenso am jährlichen „Tag
ler Sklerose, der für die Werbung und die der Pflege“ und am „Welt Aids Tag“.
kleine Webseite zuständig ist.
Sie hat im Rahmen der Ortsgemeinde
z Ein Ruhestandsgeistlicher, der seine an
einen Besuchsdienstkreis aufgebaut,
Alzheimer erkrankte Frau betreut, und
deren Mitarbeiter fortlaufend geschult
einfach nur mal kurz auftanken wollte
werden.
und um Unterstützung im Gebet bat.
z Eine neu zugezogene alte Dame, die
Parish Nursing in England
eine Ansprechpartnerin gesucht hat und
Rat wollte.
Sr. Sue hat vor 5 Jahren ihre Arbeit als
z Zwei alte Damen, die eine Pause wäh­
Parish Nurse begonnen. Damals wurde
rend des Einkaufs machten und erzählten. in England zum ersten Mal ein Training
für Parish Nursing durchgeführt. Nach
Die anderthalb Stunden im Centre
einem Konzept, das sich in den USA
Peace gingen schnell vorbei, und mir er­
schon seit 1985 bewährt hat, wurde in
schien es fast als ein Stück Himmel. Es
England eine überkonfessionelle Arbeit
herrschte eine so frohe und freundliche
gestartet. Seitdem arbeiten ca. 40 Pflege­
Atmosphäre, in die ich gleich mit hinein
kräfte ehrenamtlich oder auf Basis der ge­
genommen wurde. Ein fröhliches Mit­
ringfügigen Beschäftigung in englischen
einander von Gesunden und Kranken,
Freikirchen oder innerhalb der anglika­
­geprägt von christlicher Annahme und
nischen Kirche.
Liebe.
Um als Parish Nurse zu arbeiten, muss
man eine ausgebildete Pflegefachkraft
sein und an einer einwöchigen Schulung
teilnehmen. Hier wird vor allem theolo­
Blutdruckmessen,
gisch an der Grundthematik des Parish
Beten und Besuchen
Nursing gearbeitet und für die seelsor­
gerliche Tätigkeit geschult (Konzept ei­
11.30–12.30. Seit Kurzem hat Sr. Sue
ner „ganzheitlichen Gesundheit für Kör­
eine Sprechstunde einmal im Monat
per, Seele und Geist“).
in einem privaten Alten- und Pflege­
Begleitung und Beratung geschieht
heim eingerichtet. Da an diesem Tag
durch einen theologischen und einen me­
das Altenheim einen Ausflug durchge­
dizinischen Mentor aus der Gemeinde.
führt hat, und nur wenige dort geblie­
Reflexion des Gemeindepfarrers von Burwell
Stephen Earl, Gemeindepfarrer von Bur­
well, äußert sich sehr positiv über die Ent­
wicklungen in seiner Gemeinde seit der
Einführung von Parish Nursing: „Die Vor­
teile von Sues Arbeit nehmen ständig
zu. Ihre Arbeit etabliert sich zunehmend,
ist vielseitig und bekannt. Sie hilft nicht
nur Einzelnen in unterschiedlichen Nö­
ten, sondern erzeugt auch ein allgemeines
Bewusstsein in der Kirchen- und Ortsge­
meinde für den Zusammenhang von phy­
sischem und spirituellem Wohlbefinden.
Ein weiterer wichtiger Vorzug der
Rolle der Parish Nursing ist das klare
Zeichen an Gemeindemitglieder, unsere
Berufung zu leben, nämlich zu dienen,
und zwar nicht nur denen gegenüber, die
zur Gemeinde kommen oder den glei­
chen Hintergrund haben, sondern auch
darüber hinaus. Es ist ein praktischer
Ausdruck unseres Glaubens, ein Zeichen
dafür, dass die Kirche ihren Auftrag, dem
Beispiel Christi zu folgen und unseren
Nächsten zu lieben, ernst nimmt.“
Resümee
Ganz begeistert bin ich von dem Besuch
in England zurückgekommen. Eine Ge­
meinde zu erleben, die soviel Raum für
Kranke und Hilfsbedürftige bietet, hat
mich sehr froh gemacht und den Impuls
verstärkt, nach solchen Möglichkeiten
auch im deutschen Kontext zu suchen. In
einer Zeit, in der es immer weniger Dia­
konissen oder Ordensschwestern gibt, die
den vor allem seelsorgerlichen Dienst in
den Gemeinden an den Kranken über­
nehmen können, sind wir aufgefordert,
nach neuen Möglichkeiten zu fragen. Pa­
rish Nursing gibt eine interessante und
herausfordernde Antwort.
Angela Glaser ist
­A ltenpflegerin bei
einer ökumenischen
Sozialstation in
­S chifferstadt.
Krank sein
mitten
im Leben
Liturgische Anregungen für die Begegnung mit erkrankten
­ enschen in diakonischen Einrichtungen
M
„Kerze anzünden
– ist das schon
­diakonisch?“
Aus einem Brief
Die Leitungen mehrerer Sozialstationen einer Dia­
konischen Einrichtung hatten zur eigenen Weiter­
bildung einen Experten aus dem Diakonischen Werk
der Landeskirche eingeladen. Thema: „Das diakonische
Profil“. Hier ein kritischer Bericht in einem Brief eines
Teilnehmers mit der Nachfrage nach theologisch­geistlicher Substanz.
„Dieses Seminar hat mich sehr durcheinander ge­
bracht. Das ‚diakonische Profil‘ sei vor allem beim
Durchführen von diakonischem Pflegen, beim Vertei­
len von so genannten ‚give aways‘, aber auch bei der
Einhaltung der ‚Corporate Identity“ (Vereinbarungen
über Verhalten, Kommunikation und Erscheinungs­
bild nach innen und außen) erkennbar. Auch das Ker­
ze anzünden könne eine diakonische Aufgabe sein,
usw.
Auf die Frage, was Diakonie denn sonst noch
sei, kam keine Antwort! Auf die Frage nach dem
Motor, dem Antrieb der Diakonie, kam ebenfalls
keine befriedigende Antwort. Es sei das christliche
Menschenbild – aber was das genau sei, konnte uns
nicht vermittelt werden. Schade und enttäuschend
zugleich! Was bleibt von Diakonie, wenn man sie nur
als Hülle betrachtet, die aber innen hohl und leer ist?
Mit meinen Worten: die leibliche Hülle ohne Leben
nennt man: tot.
Die vier Stunden waren so enttäuschend, dass ich
mich gar nicht beruhigen konnte. Glücklicherweise
erleben wir im Alltag etwas anderes. Aber damit wird
auch ein Konflikt mit anderen Sozialstationen beste­
hen bleiben. Wir sollten ja näher zusammenrücken.
Nur wenn uns trennt, was uns eigentlich einen sollte?
Wie könnte die Lösung aussehen?
Hast Du eine Idee? Vielleicht sehe ich das ja auch
zu verbissen. Kennst Du Gemeinden, die das auch
anders leben? Wie machen die das?“ N.N.
Was hat Diakonie mit Liturgie zu tun? Vieles – wenn man bei
„Liturgie“ nicht nur an den Sonntagsgottesdienst denkt, sondern
auch an eine kleinteilige Gebrauchsliturgie, die eine Pflegestati­
on zu einer diakonischen macht, die mitten im Alltag den Alltag
öffnet für Gott und seine Gegenwart.
Wenn ein Krankenpfleger am Bett der Patientin steht, die
sich Sorgen um den Ausgang ihrer bevorstehenden Operation
macht; wenn eine Altenpflegerin nach Anregungen sucht, wie
sie an die Bewohnerinnen und Bewohner ihrer Einrichtung
eine geistliche Nahrung weitergeben kann. Oder die Stations­
schwester selbst: Wie kann sie spirituelle Angebote im Stations­
alltag zur diakonischen Kultur werden lassen, wo doch niemand
die Zeit hat, sich gründlich vorzubereiten? Das Pflegepersonal
ist es in der Regel nicht gewohnt, fromme, gute fromme Worte
zu finden.
Karl. H. Behle, Vorstand im Diakoniewerk Bethel in Berlin,
schreibt zu dem neu erschienenen Büchlein „Krank sein mitten
im Leben“: „In unserer Einrichtung sollen alle Mitarbeitenden in
der Lage sein, seelsorgerlich zu handeln. Wir unterstützen sie dabei,
indem wir das Heft ,Kranksein mitten im Leben‘ jedem in unserer
Einrichtung Tätigen zur Verfügung stellen. Auch Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die es nicht gewohnt sind, über Glaubensdinge zu
reden, können so Impulse weitergeben, die zum unverwechselbaren
Profil der Diakonie gehören.“
Das Heft orientiert sich an Situationen des Krankseins (z.B.
kranke Kinder, unerwartete schwere Erkrankung, Krankheit
im Alter, Demenzerkrankung) und bietet unterschiedliche
liturgische Formen wie Krankensalbung oder Abendmahl an.
Interessant ist ein Nebenaspekt: Angesichts der multikultu­
rellen Herkunft von Patienten in diakonischen Einrichtungen
sind in dem Heft auch Bibeltexte in verschiedenen Sprachen
aufgenommen.
ul.
„Krank sein mitten im Leben“ (Diakonie und Liturgie III) ist eine
82 Seiten starke Broschüre im Taschenbuchformat, im Jahr
2008 vom Diakonischen Werk der EKD e.V. herausgegeben. Sie
kann über den Zentralen Vertrieb des Diakonischen Werks der
EKD bestellt werden ([email protected], www.diakonie.de/
shop). Sie kostet pro Heft 6.90 Eur (ab 50 Stück 5.90 Eur, ab
100 Stück 4.90 Eur).
Weiter sind erschienen:
„Mitten im Tod das Leben“ (Diakonie und Liturgie I), 2004. Hier
handelt es sich um liturgische Texte und Zusammenstellungen
von Text- oder Liedteilen angesichts der Begegnung mit dem
Tod – sowohl für Sterbende als auch für die Hinterbliebenen
und das Pflegepersonal.
„Miteinander – Füreinander“ (Diakonie und Liturgie II), 2006.
Hier handelt es sich um Entwürfe zur Feier von Begrüßungen,
Geburtstagen, Jubiläen und Verabschiedungen in diakonischen
Einrichtungen.
mi–di 12 i n s p i r i e r t
Zukunft: pflegen
Spiritualität
und Pflege
Symposion Spiritualität in der
Pflege. Berlin 16./17. Juni 2009
Mitarbeitende im Gesundheitswe­
sen erleben es immer wieder, dass sie
mit Sinnfragen konfrontiert werden
und mit der Bitte, doch ein tröstendes
Wort, ein Gebet oder einen Segen zu
sprechen. Ihrer Erfahrung entspricht,
was weithin bekannt ist: Menschen
verarbeiten Krankheit, Gebrechen,
Leid oder Krisen besser, wenn sie in
religiösen Bezügen leben. Der Glaube
an Gott gibt offensichtlich in akuten
oder lang anhaltenden Belastungspha­
sen Halt, stützt Patienten in ihrer psy­
chischen und physischen Verfassung
und vermindert existentielle Äng­
ste. Doch in der Alltagsroutine auf der
Station oder in der häuslichen Pfle­
ge – unter den Bedingungen von nor­
mierten Zeittakten und zunehmender
Arbeitsverdichtung – ist es oft schwie­
rig, aus dem Stegreif heraus passende
Worte zu finden. Wie können Pfle­
gende ihrem eigenen Anspruch, ganz­
heitlich pflegen zu wollen, gerecht
werden?
Das Diakonische Werk der EKD
und die Evangelische Kirche in
Deutschland laden Pflegende zum
Symposion „Spiritualität in der Pflege“
ein, solche Pflegende, die nicht nur
fachlich, sondern auch geistlich
begleiten möchten und selbst nach
eigenen spirituellen Kraftquellen und
geistlichen Wurzeln im christlichen
Glauben suchen.
Das Symposion ist in den dreitä­
gigen Diakonie-Kongress „Zukunft:
pflegen“ eingebettet. Der Kongress
findet vom 15.– 17. Juni 2009 im
Internationalen Congress Centrum
(ICC) Berlin statt, speziell das Sym­
posion am 16. und 17. Juni 2009.
Nähere Informationen über das
­reichhaltige Programm von Referaten,
Seminaren und Rahmenveranstal­
tungen finden Sie im Internet unter
www.dekv-kongress.de. ul.
13 mi–di
Gesundheit,
Heilung &
Spiritualität
Ein Grundsatzpapier aus ökumenischer,
diakonischer und missionstheologischer
Perspektive. Verfasst von Peter Bartmann,
Beate Jakob, Ulrich Laepple, Dietrich
Werner; herausgegeben vom Deutschen
Institut für Ärztliche Mission (Difäm).
Zur Zukunft des heilenden Dienstes in Kirche und Diakonie
Wenn Jesus zu seinen Jüngern sagt:
­„Predigt und heilt“ (Matth. 10,7f), dann
haben wir für das erste Wort, für „predi­
gen“, eine Fülle von Beispielen für tradi­
tionelle und zeitgemäße Verkündigung
parat – von der „normalen“ Predigt im
Gottesdienst über Glaubenskurse, Kinderund Jugendgottesdienste bis zu verschie­
denen Formen der Evangelisation.
Wie aber steht es mit dem zweiten
Wort, mit „heilen“? Hier sind wir weni­
ger geübt, sowohl in der theologischen
Darstellung wie in der Praxis, weil dieser
Begriff in unserer westlichen Welt aus
der Theologie und dem Glauben in die
säkulare Medizin ausgewandert ist. Auch
die Diakonie hat sich weitgehend prägen
lassen von diesem säkularen Heilungs­
begriff.
Anders sind die Erfahrungen der
Kirchen in der sog. Dritten Welt, von
denen wir über die Weltmission und die
Ökumene hören. Nicht nur, dass dort
traditionell Kirche und Krankenhaus in
enger Beziehung miteinander stehen
und sich beide Seiten gegenseitig z.B. so
durchdringen, dass Gebet, die Gottes­
dienst feiernde und besuchende Ge­
meinde und die ärztliche Kunst in enger
Verbindung miteinander stehen. Damit
bilden sie eine vielfältige geistliche und
medizinische Ressource für die Gesund­
heitsversorgung.
In diesem Zusammenspiel wächst in
diesen Kulturen zugleich – etwa durch
die Pfingstkirchen – die Überzeugung,
dass Christen die Möglichkeiten von
Heilung durch Gebet (vgl. Jak. 5,13ff) in
Anspruch nehmen dürften.
Auch in der westlichen Welt mehren
sich im Raum der Kirchen – also nicht
nur in Gestalt der Esoterik – die Stim­
men, die sich von einem säkularen Men­
schenbild und einer technokratischen
Medizin abkehren und neu nach den
Bezügen von Spiritualität, Medizin und
Gesundheit fragen. Auch die Diakonie
thematisiert heute wieder vermehrt sol­
che Fragestellungen auf breiterer Ebene.
Ebenso ist der Christliche Gesundheits­
kongress, der das erste Mal 2008 statt­
fand und 2010 das zweite Mal stattfinden
wird, ein deutliches Zeichen für eine
Offensive auf diesem Gebiet.
Nicht zuletzt die Gemeinden holen das
Thema Gesundheit und Krankheit heute
bewusster in ihren eigenen geistlichen
Bereich herein und gestalten es auf vieler­
lei Weise: in der Fürbitte, in Patientengot­
tesdiensten, in Segnung und Salbung, in
der geistlichen Arbeit der Einkehrhäuser,
in Trauerseminaren, in Formen des
Taizé­singens und auf viele andere Weise.
Das Buch, das auf 147 Seiten einen
weiten thematischen Horizont abschrei­
tet, ist ein Versuch, das Heilungsthema
begrifflich, phänomenologisch, gesund­
heitspolitisch und theologisch zu „ord­
nen“. Es will aber mehr, nämlich Mut
machen, die Ressourcen für Gesundheit,
wie sie in der christlichen Tradition lie­
gen, entschlossen zu heben, zu gestalten
und dabei auch neue Wege (die sich
oft an alte, verdrängte und vergessene
anschließen) zu wagen.
Die folgende Übersicht erlaubt einen
exemplarischen Blick auf den Inhalt des
Buches durch die Auflistung der Haupt­
kapitel (bei Kapitel 7 auch die Unterkapi­
tel).
1. Heilungssehnsucht und Gesundheits­
boom – für einen neuen Diskurs über
Gesundheit, Heilung, Spiritualität in
Deutschland
2. Was ist Heilung? Was ist Gesundheit?
– Grundlagen für ein christliches Ver­
ständnis von Heilung und Gesundheit
3. Gesundheit im weltweiten Kontext –
Konzepte der Weltgesundheitsorgani­
sation und Zugänge zur Gesundheits­
versorgung
4. Gesundheit in Deutschland – Besonde­
re Herausforderungen für Kirche und
Diakonie
5. Das Christentum als therapeutische
Religion – seit seinen Anfängen und
heute
6. Kirche als heilende Gemeinschaft – Bi­
blisch-theologische Grundlegung und
Impulse aus anderen Ländern
7. Christliche Gemeinden, Netzwerke
und diakonische Dienste – Orte der
Heilung und Gestalten des heilenden
Dienstes
zDer Gottesdienst als Ort der Heilung
zSeelsorge als heilender Dienst
zGemeindliche Besuchsdienste und
ihre Funktion im heilenden Dienst der
Gemeinde
zMedizinische und diakonische Dienste
im Horizont der Gemeinde
zEinkehrhäuser als Orte der Heilung
zGesundheitliche Ressourcen der Ge­
meinde
zKonsequenzen: Heilende Dienste in
ihrer Vielfalt erkennen und gestalten.
Bestellungen: [email protected] ul.
www.difaem.de
mi–di 14 d i s k u t i e r t
15 mi–di
Liebe im Spannungsfeld widerstreitender Interessen
Thesen aus der Sicht der Unternehmensführung
Der folgende Beitrag war als Impulsreferat
Bestandteil der AMD- Tagung „Weitergabe
des Glaubens“, die am 17./18. September
2008 in Wittenberg stattfand. Ihr Hauptthema war „Liebe als gestaltende Kraft dia­
konischer Arbeit“. Frieder Grau, Vorstand
und theologischer Leiter der „Karlshöhe
Ludwigsburg“, einer traditionsreichen
württembergischen diakonischen Einrichtung, legte Thesen zum Spannungsfeld
„Liebe“ und „diakonisches Unternehmertum“ vor, die reflektierte Erfahrungen
eines diakonischen Unternehmers und
Theologen präsentieren.
Liebe und Diakonie –
Impulse aus der Geschichte
z „Die Liebe ist langmütig und freundlich,
… sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet
das Böse nicht zu, sie verträgt alles, sie
glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles“
(1. Korinther 13, 4ff).
Lässt sich mit dieser Vorstellung von
Liebe ein diakonisches Unternehmen lei­
ten? „Liebe“, wie sie im neuen Testament
beschrieben wird, eignet sich nicht als
Legitimation oder als Wertelieferant für
ein Handbuch diakonischer Unterneh­
mensführung. Aber sie ist eine herausfor­
dernde, motivierende und beunruhigende
Kraft für diakonische Praxis.
z Kaiser Julian (362 n. Chr.) wollte das
Christentum (nach Konstantin) wieder
abschaffen. Aber er scheiterte an der Be­
völkerung. Auch sein Vorschlag, statt des
Christentums eine „Ethik der Menschen­
freundlichkeit“ zur Staatsgrundlage zu
machen, fand keine Akzeptanz. Die Men­
schen hatten gemerkt, dass mit der christ­
lichen(!) Liebe etwas Neues in die Welt
gekommen war, das sie nicht mehr mis­
sen wollten.
Auch heute gilt: Diakonie wird ihre
Privilegien verlieren. Sie kann nur aus
sich selbst so überzeugen, dass die Men­
schen die christliche Diakonie in unserer
Gesellschaft nicht missen wollen.
z Martin Luther und die Reformatoren
waren skeptisch gegenüber einer orga­
nisierten diakonischen Nächstenliebe.
Auf Grund ihrer mittelalterlichen Erfah­
rung fürchteten sie „Werkerei“, die durch
„Gutes tun“ den Glauben ersetzen will.
mich ebenso gegen die „Selbstverundeut­ Was für alle Mitarbeitenden gilt, fokus­
Auch heute steht Diakonie in Gefahr,
zum Ersatz für Glauben und zur „Werke­ lichung“ der Diakonie wie gegen eine
siert sich in der Unternehmensführung:
Diktatur der Nächstenliebe, die fordert
rei“ zu werden. Das Defizit, nicht mehr
Die Führungsverantwortung besteht
so recht glauben können, lässt sich nicht „Wo Diakonie drauf steht, muss auch
nicht darin, lieb und ein Gutmensch zu
Diakonie drin sein“.
durch Diakonie kompensieren. Diakonie
sein, sondern das diakonische Unterneh­
Liebe in der Diakonie ist nicht nur
ersetzt nicht, sondern gründet im Glau­
men im Spannungsfeld der Interessen
eine Frage der Praxis, sondern zuerst des
ben: „Der Glaube(!) gehört mir wie die
erfolgreich zu führen. Die Kategorie des
Bewusstseins und des Selbstbewusstseins. Erfolgs impliziert sowohl den wirtschaft­
Liebe“.
z Johann Hinrich Wichern sah in der dia­ Entscheidend ist, dass wir wissen, was wir lichen, fachlichen als auch – last but not
tun, wenn wir diakonisch handeln und
konischen Erneuerung der Kirche eine
least – den diakonischen Erfolg. Diese
dass wir dieses selbstbewusst öffentlich
zweite Reformation heraufziehen. „Die
Grundaufgabe der Unternehmensleitung
vertreten: Wir partizipieren am großen
Liebe gehört mir wie der Glaube… Wie
orientiert sich an der Kultur der Näch­
Liebeswerk Gottes.
der ganze Christus im lebendigen Got­
stenliebe, impliziert aber auch eine Kul­
Ebenso wenig darf Nächstenliebe funk­ tur der Entscheidungen (möglicherweise
tesworte sich offenbart, so predigt er sich
tionalisiert werden zum Baustein einer
selbst auch in den Gottesthaten, deren
auch harte) und des Managements.
erfolgreichen Unternehmensführung,
höchste, reinste und kirchlichste die ret­
Ein diakonisches Unternehmen kann
mit dem sich Diakonie einen Marktvorteil nur diakonisch führen, wer selbst von der
tende Liebe ist.“ (Wittenberg 1848)
sichern will.
Diese diakonische Reformation der
Liebe Gottes ergriffen ist, zumindest eine
Kirche ist noch nicht abgegolten! Sie geht
Ahnung davon hat.
weiter. Grundlage aller Diakonie sind
Nächstenliebe in der diakonischen Un­
nicht unsere Bemühungen als christlich
ternehmensverantwortung ist eine Frage
Liebe in der diakonischen
motivierte Gutmenschen, sondern ist die
des Charismas, aber auch von Strukturen.
Unternehmensführung
diakonische Leidenschaft Christi. Diako­
Zur Führungsaufgabe gehört eine
nie ist Christuspredigt.
(selbst)kritische Reflexion der eigenen
Führung in der Diakonie hat es mit ei­
z Ist Liebe in der Diakonie am Ende? Dia­ ner hybriden, d. h. unter widersprüch­
(eventuell narzisstischen, mehr oder
konie ist so lange nicht am Ende als sie
weniger entscheidungsfreudigen…) Per­
lichen Interessen und nach unterschied­
vom Auftrag zur Liebe lebt. „Gottes Zu­
sönlichkeit.
lichen Logiken arbeitenden Organisation
wendung zu uns macht uns stark für
Aufgabe der Führung im Kontext einer
zu tun (E. Hauschildt), kann also nur als
Menschen in Notlagen. Sein Geist gibt
Kultur der Nächstenliebe ist es, strate­
multiperspektivische Führungsaufga­
uns Hoffnung, die weiter reicht als unse­
gisch, gezielt und wirksam Signale für
be begriffen werden. Die gegenwärtigen
re Möglichkeiten“ (Leitbild der Karlshöhe Umbrüche und die veränderten Rahmen­ diese Kultur zu setzen.
Ludwigsburg 2004).
Die schwierigste Position hat die
bedingungen bedeuten den Ernstfall für
Auch wenn in der organisierten Dia­
zweite Führungsebene inne („Sandwich­
eine „Kultur der Liebe“ in der Diakonie.
konie nicht überall und immer diakonische
position“). Dort ballen sich die Auswir­
Die Frage nach der Kultur der Näch­
Liebe drin ist, so muss doch wenigstens
kungen der Arbeitsverdichtung. Die
stenliebe ist zu allererst eine Frage nach
diakonische Liebe draufstehen! Ich wehre den Mitarbeitenden: Alle Mitarbeitende
Verantwortlichen dieser Ebene brauchen » » »
in der Diakonie sind
zW
erkzeuge (Agenten) der zu den Men­
schen kommenden Liebe Gottes (sie
sind es, nicht sie sollen es sein!)
zD
ienstleister an Kunden
zA
rbeitnehmer eines Unternehmens am
Sozialmarkt, das möglichst effektiv und
effizient funktionieren muss
zF
unktionsträger unseres Sozialstaates
in seiner gegenwärtigen Ausprägung
zb
estimmten fachlichen und bürokra­
tischen Standards verpflichtet
zP
ersönlichkeiten, je individuell in be­
stimmter Art und Weise geprägt
Diakonie braucht Mitarbeitende („Über­
zeugungstäter“), die von der Wirklich­
keit der Liebe Gottes affiziert sind. Es tut
ihr aber auch gut, distanziertere und kri­
tische, unter Umständen auch musli­
mische Mitarbeitende zu beschäftigen.
mi–di 16
17 mi–di
inspiriert
Verachtet die kleinen Zeichen der Nächstenliebe nicht!
» » » daher besonders die Unterstützung der
Unternehmensführung.
Die Alternative zur „hybriden“ Füh­
rung (siehe oben) wäre eine vereindeu­
tigende Führung, die das betreffende
diakonische Unternehmen als „Vortrupp
des Reiches Gottes“ (Werteavantgarde/
Glaubenswerk) in einer Nische des Sozi­
alstaates ansiedeln will. Aber auch dann
kann man sich nicht den Marktgesetzen
entziehen.
„Liebe“ in der Führungspolitik
der Karlshöhe Ludwigsburg als
diakonisches Unternehmen
Die Karlshöhe hat als evangelisch-dia­
konisches Gemeinwesen drei Schwer­
punkte:
z das Diakoniewerk mit sechs Bereichen
(„diakonisch arbeiten“)
z die diakonische Bildung und Diakonen­
ausbildung („diakonisch lernen“)
z der Karlshöher Diakonieverband („dia­
konisch leben“)
Grundlage der Unternehmenspolitik
der Karlshöhe Ludwigsburg ist deren
dia­konischer Auftrag, unterstützungs­
bedürftige Menschen zu stärken (Sat­
zung/Leitbild/Strategische Rahmenziele
2014). Deshalb hat der laufende Organisa­
tionsentwicklungs-Prozess nicht nur eine
Effektivierung der Abläufe und Struk­
turen im Blick, sondern steht unter der
Leitfrage: Wie gestalten wir unsere Ab­
läufe und Strukturen so, dass wir unseren
Auftrag besser erfüllen können?
„Inneres Wachstum geht vor äußerer
Expansion“. Mit diesem Leitsatz aus den
strategischen Rahmenzielen 2014 hat die
Karlshöhe sich zu einer grundlegenden
Ausrichtung an fachlichem und dia­
konischem Wachstum und an wirtschaft­
licher Stabilität verpflichtet.
„Liebe“ in der Führung konkretisiert
sich auch in den Karlshöher Führungs­
grundsätzen: Führung durch Vertrauen,
Vorbild und Zielvereinbarungen (Ver­
bindlichkeit und Ergebnisorientierung).
In der Personalpolitik und – entwick­
lung wird Wert auf diakonische Aus­
richtung und auf diakonisches Lernen
gelegt. Führungspositionen werden – wo
möglich – bewusst mit Diakoninnen und
Diakonen besetzt.
Wir arbeiten daran, unsere diakonische
Unternehmenskultur konsequent zu
gestalten und weiter zu entwickeln (Sym­
bole, Räume, Riten, geistliche Angebote,
Sterbebegleitung….). Im Rahmen unserer
Möglichkeiten investieren wir auch in
Personalstellen (Projektstelle „Diako­
nische Gemeinde gestalten“ ab Oktober
2008). Die Seele, der Geist der Karlshöhe
ist etwas, was nur schwer zu fassen, aber
sehr wirksam ist. Die Menschen merken
etwas davon! Übrigens: Wie jede Kultur
beinhaltet auch die Kultur der Nächsten­
liebe ambivalente Bestandteile!
Unser Selbstverständnis als diako­
nisches Gemeinwesen macht uns zu
Befürwortern des Dritten Weges im
Dienstrecht. Wir verstehen uns als Dienstund Auftragsgemeinschaft.
Verachtet die kleinen Zeichen der
Nächstenliebe nicht! Im Gegenteil: Ein
freundliches Wort, ein freundlicher Blick,
ein Gruß, eine Nachfrage nach dem
Ergehen, eine Haltung der offenen Zu­
gewandtheit sind viel wert. „Liebe macht
einen Menschen schön“ (Martin Luther).
Diese Verpflichtung zu kleinen Zeichen
gilt auch für die Unternehmensführung.
Im Bereich einer „Kultur der Nächstenlie­
be“ brauchen Mitarbeitende klare Signale,
wo Verbindlichkeit erwartet wird (Diako­
nischer Gottesdienst der Abteilung), wo
zu Angeboten eingeladen wird (Andach­
ten) und wo Beliebigkeit möglich ist.
Eine Kultur der Nächstenliebe lässt
auch Subkulturen zu (z.B. informelle
Treffen, charismatische Gottesdienste,
Yoga usw.).
Konfliktfälle sind ein Prüfstein für
eine Kultur der Nächstenliebe. Beispiele:
Fehlverhalten von Mitarbeitenden oder
Betreuten darf nicht bagatellisiert oder
vertuscht werden. Aber Möglichkeiten für
einen Neuanfang werden gesucht.
Leistungsabfall von Mitarbeitenden
stellt eine schwere Belastung für das
Team dar. Kann die frühere DDR-Praxis,
auch für solche Mitarbeitende eine
Nische zu finden, Vorbild sein? Positive
Wertschätzung der früheren Leistungen
ohne Heuchelei sollte eine Selbstver­
ständlichkeit sein.
Nichtverlängerung einer Befristung
und Kündigungen von Arbeitsberhältnis­
sen nehmen auch in der Diakonie zu. Wir
versuchen, offen einzugestehen, dass es
nach Auffassung der Unternehmensfüh­
rung nicht anders geht, und uns vor dem
Kontakt mit dem Mitarbeitenden nicht zu
drücken. Ziel: Die Kündigung/Nichtver­
längerung läuft möglichst fair ab – ohne
Rechtfertigung oder Verbrämung.
Auch pädagogische oder therapeu­
tische Maßnahmen werden zuweilen im
Konflikt beendet. Wichern hatte zwar
„entlaufene“ Jugendliche immer wieder
aufgenommen („Liebe ist langmütig“).
Aber er musste – so wie wir – akzeptieren,
dass unsere Möglichkeit zur Nächsten­
liebe Grenzen hat und dass niemand
gezwungen werden kann, Unterstützung
anzunehmen.
Zum Schluss: Liebesgeschichten sind
immer auch Konfliktgeschichten!
Frieder Grau ist theo­
logischer Leiter und
Sprecher des Vorstands
der Stiftung ­K arlshöhe
Ludwigsburg
(zur ­E inrichtung vgl.
www.karlshoehe.de)
Spirituelles
Diakoniemanagement
Was heißt „geistlich führen“ praktisch, …
… Herr Fricke-Hein
in Neukirchen?
… Frau PfaffGronau in Berlin?
… Herr Süß
in Guben?
Im Juni 2008 fand in der Ev. Bildungsstätte Schwanenwerder unter dem Thema
­„Spirituelles Diakoniemanagement“ eine Tagung der AMD statt, auf der die Pro­fessoren
Michael Herbst (Praktische Theologie) und Steffen Fleßa (Betriebswirtschaft) die
Hauptvorträge hielten (siehe Buchankündigung S. 24). Daneben wurden auch Beispiele
vorgestellt, die zeigen sollten, wie „geistliches Führen“ in der Einrichtungsdiakonie
­aussehen kann, wie also „diakonische Kultur“ von der Leitung praktisch gefüllt wird.
Die hierzu vorgetragenen drei Statements werden im Folgenden in Auszügen wiedergegeben (Die vollständigen Texte, in denen u. a. auch die Arbeitszweige und die Struktur
der vorgestellten Einrichtungen beschrieben sind, finden Sie unter www.a-m-d.de)
mi–di 18
19 mi–di
Neukirchener
Erziehungsverein
Direktor Pfarrer
Hans-Wilhelm
Fricke-Hein
Diakoniestation
Berlin Steglitz
das Mitgefühl für die Angehörigen und
die Dankbarkeit für seinen Dienst aus,
sondern auch die christliche Hoffnung,
die uns trägt.
Pfarrerin Friederike
Pfaff-Gronau war zunächst als Seelsorgerin angestellt worden,
wurde dann aufgrund
Geistliche Grußworte
Kommunikation durch Besuche
Wie der Pastor oder die Pastorin in der
Gemeinde Besuche macht, so kann
ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbei­
ter an ihren Arbeitsplätzen (z.B. in den
stationären Einrichtungen, ihren Kon­
ferenzen, Klausuren o.ä.) „besuchen“.
Die Besuchsperspektive (ich gehe zu ih­
nen, nicht: sie kommen zu mir) mag
ungewöhnlich sein, aber sie kann et­
was deutlich machen: Die Mitarbeite­
rinnen und Mitarbeiter haben in ihrem
je eigenen Bereich die Arbeit nach den
Leitlinien und Zielen, die ihnen gege­
ben sind, zu tun. Es ist ihr Bereich. Sie
tragen Verantwortung für ihren Anteil
am Gesamtauftrag des Werkes. Aber
mein Interesse an ihrer Arbeit und ih­
rem Einsatz ist wichtig. Wichtig ist aber
auch, dass nicht Grenzen überschritten
oder etwa Zuständigkeiten und Hierar­
chien außer Kraft gesetzt werden.
Seelsorge
Seelsorge für Mitarbeiterinnen und Mit­
arbeiter durch die Leitung gehört zu
den Angeboten. Für besonders bela­
stende Situationen in der Arbeit der Ju­
gendhilfe (etwa Tod eines Schutzbefoh­
lenen, Belastung von Mitarbeitern bei
ihrem Dienst in problembeladenen Fa­
milien der Jugendhilfe) besteht das An­
gebot einer „Seelsorge-Telefonnum­
mer“. Unsere Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, die im Dienst mit solchen
Situationen konfrontiert werden, sollen
die Gelegenheit haben, Seelsorge in An­
spruch zu nehmen, ohne dass sie dem
Seelsorger oder der Seelsorgerin zu­
nächst ihren Arbeitsalltag erklären müs­
sen. Hierbei ist natürlich die schwierige
Doppelrolle, einerseits Vorgesetzter und
andererseits Seelsorger zu sein, zu be­
achten. Zur Seelsorge gehört auch die
Wahrnehmung besonderer Ereignisse
in den Familien der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, z. B. Gruß des Vor­
stands zu Taufe und Konfirmation, zu
Trauungen und Beerdigungen in den
Familien der Mitarbeiterinnen und Mit­
arbeiter. Die Traueranzeigen in der Zei­
tung für Mitarbeitende drücken nicht
nur die Trauer um den Mitarbeitenden,
Von Zeit zu Zeit lädt der Erziehungs­
verein zu Fachtagen ein, zu denen auch
Vertreter von Fachämtern, Verbänden
und aus anderen Einrichtungen kom­
men. Die Begrüßung im Namen des
Vorstands wird als geistliches Wort ge­
staltet, das auch Menschen, die sol­
che Sprache und Inhalte nicht gewöhnt
sind, verstehen können. Sie erfahren
auf diese Weise etwas über die Basis
und die Bedeutung diakonischen Han­
delns.
Begegnungstage
Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Neukirchener Erziehungsvereins
und des Paul Gerhardt Werks werden
in Abständen von zwei bis drei Jah­
ren sog. Begegnungstage durchgeführt.
Man trifft sich, um gemeinsam an
einem Thema zu arbeiten, das nicht un­
mittelbar mit der Arbeit zu tun hat, und
um miteinander Gemeinschaft zu ha­
ben und zu entwickeln. Das diesjährige
Thema lautet „Heimat ist dort, wo ich
verstanden werde“. Themen der letz­
ten Begegnungstage waren „Hoffnung“
sowie „Abrahams Kinder“. Zu den Be­
gegnungstagen gehören Vorträge,
Workshops und ein schönes Unterhal­
tungsprogramm sowie Besichtigungen
etc. an Orten wie Schwerin, Eisenach,
Erfurt, Dassel.
Neukirchener Bruderschaft
Zur Neukirchener Bruderschaft gehö­
ren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die im Neukirchener Erziehungsver­
ein im diakonischen Dienst stehen, so­
wie Diakoninnen und Diakone, die zum
größten Teil ihre Ausbildung in Neu­
kirchen erhalten haben und dort einge­
segnet worden sind. Die Neukirchener
Bruderschaft hat verschiedene Dienst­
gruppen: den Redaktionskreis für das
interne Mitteilungsblatt „Ausblicke“, ei­
nen Vorbereitungskreis für die Begeg­
nungstage, eine Gruppe für die kleine
Diakoniestation einer baptistischen Ge­
meinde in Weißrussland, die von den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Neukirchener Erziehungsvereins unter­
stützt wird. Ebenso einen Fürbittekreis.
www.neukirchener.de
einer Notlage plötzlich in die Geschäftsführung berufen.
Paradigmenwechsel
„...In meinem Arbeitsvertrag steht
auf meinen Wunsch hin die Bezeich­
nung ‚Geschäftsführende Pfarrerin‘. In
der ­Arbeitsplatzbeschreibung heißt
es ‚nimmt im Rahmen ihrer Möglich­
keiten pastorale Aufgaben wahr‘. Was
hat sich seit meinem Funktionswech­
sel geändert? Alles und nichts. ‚Ich las­
se die Pfarrerin morgens nicht zu Hau­
se‘, habe ich in den ersten Wochen als
Geschäftsführerin gesagt. Vom Fachge­
biet her war es ein Paradigmenwechsel,
getragen aber von der festen Überzeu­
gung des eigenen Glaubens. Ange­
sichts der Notlage gab es keine Zeit,
schnell ein Betriebswirtschaftstudi­
um zu absolvieren oder einen Grund­
kurs Haushaltsplan. Aber der erste und
wichtigste Impuls war der des Teams,
das es zu gestalten und zu entwickeln
galt: Fachfrauen in dem Fall, die der
Pfarrerin von Haus aus die Geschäfts­
führung ermöglichen. Die wiederum
trägt – neben wachsender Kenntnis der
Materie und dem Umgang mit nie en­
den wollenden Umlaufmappen – ein,
was Theologinnen und Pfarrerinnen
qua Studium, Ausbildung und Amt ori­
ginär können sollten: Menschen zu­
sammenführen, Kommunikation ge­
stalten, Dissonanzen und Konflikte
aushalten und moderieren, Dinge zur
Sprache bringen, Unausgesprochenem
Ausdruck verleihen.
Erwartungen an die Leitung
Mein eigenes Menschenbild prägt sich
aus dem alttestamentlichen Bibelwort
„Gott schuf den Menschen zu seinem
Bilde“ (1. Mos. 1,27), und es stärkt mich
Naemi-Wilke-Stift
in Guben
an nicht wenigen Tagen die Zusage aus
dem Neuen Testament: „Gott hat uns
nicht den Geist der Furcht gegeben,
sondern den Geist der Kraft, und der
Liebe und der Besonnenheit“ (2.Tim.
1,7). Nur unter dieser Prämisse konnte
ich die Aufgabe annehmen.
Die Themen des Tages sind absolut
weltlich: Haushaltpläne, Gewinn und
Verlust, neues Arbeitsrecht, zu voll­
ziehende Kündigungen und entspre­
chende Neueinstellungen, Dienstbe­
sprechungen, Vorstandssitzungen und
viel Bürokratie und Verwaltung.
Nachdem ich zunächst die Aufgabe
von Führung und Leitung im direkten
Sinn nur sehr zögerlich annehmen
wollte, weiß ich jetzt, dass es zu den Er­
wartungen der Mitarbeitenden an mich
unbedingt dazugehört, dass ich auch
dies beherzt und mutig gestalte. Die Er­
wartungen der Kolleginnen sind hoch
(meine Vorgänger in der Geschäftsfüh­
rung waren Betriebswirte). Jetzt wollen
sie beides von mir: die Geschäftsführe­
rin und die Pfarrerin, und nicht selten
kommt es zu Rollenkonflikten.
Was und wer leitet mich?
Aber wer geistlich führen und leiten
will, muss zunächst deutlich machen,
wer ihn selber geistlich führt und lei­
tet. Als Leitungspersonen stehen wir
in jedem Organigramm ganz oben, als
Christen müssen wir aber nicht immer
oben sein. Und so gehen manchmal
beide gemeinsam, Geschäftführung
und Mitarbeitende, in die Oase einer
biblischen Geschichte oder trinken zu­
sammen den erfrischenden Schluck ei­
ner besonders zutreffenden Tageslo­
sung.
In der Diakonie-Station beschäftigen
wir uns in der Regel mehr mit den be­
lastenden Aspekten des Alters: Mit Ein­
samkeit, Pflegebedürftigkeit, Altersar­
mut, Demenz, mit Sterben und Tod.
Das kann in geistlicher Führung und
Leitung Gelassenheit und Freude aus
dem christlichen Glauben heraus ein
überaus wichtiger Beitrag sein – wie
bei Sarah im Alten Testament, erst
ganz ungläubig, dann aber ganz sicher:
„Gott hat mir ein Lachen zugerichtet…
Wer es hören wird, der wird mir zula­
chen“, und wie im Johannes-Evange­
lium: „Jesus Christus spricht: Ich bin
der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer
in mir bleibt und ich in ihm, der bringt
viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr
nichts tun“ (Joh. 15,5).“
www.diakonie-steglitz.de/diakoniestation
Rektor Pastor
Stefan Süß
Es zählt zur bewussten Entscheidung
des Vorstandes, dass er zur Wertschätzung der Beschäftigten folgende Dinge
eingeführt hat:
zW
ürdigung betrieblicher Jubiläen mit
einer Blume/Spruchkarte und einem
Besuch des Vorstandes
zW
ürdigung runder Geburtstage ab 50
mit Blume/Spruchkarte und Besuch
des Vorstandes
zB
egrüßung neuer Mitarbeiter in
einem öffentlichen Forum und Be­
gegnung mit dem Vorstand bei Ein­
führungsseminaren
zP
ersönliche Verabschiedung von Mit­
arbeitenden in den Ruhestand
zR
egelmäßige Abteilungsbesuche des
Vorstandes im Rahmen einer Früh­
stücksrunde
Mit dem Angebot betrieblicher Feiern
sollen besondere Formen der Begeg­
nung ermöglicht werden, die zugleich
das Wir-Gefühl festigen:
z Feier von Jahresfesten
z Jährliche Betriebsausflüge
zA
dventsfeiern mit einem Präsent­
beutel für jeden Mitarbeiter
Außerdem pflegen wir eine Erinnerungskultur mit entsprechenden Mar­
kierungen der Historie in unseren Ge­
bäuden bzw. mit Aktionen:
z Stolpersteine, die an das nationalsozi­
alistische Unrecht der Euthanasie er­
innern und zu einer Kultur der Ehr­
furcht vor dem Leben aufrufen
z Gedenken an die Deportation Behin­
derter jährlich am 30.05. zusammen
mit Schülern der Schule für Gesund­
heits- und Krankenpflegehilfe
z Erinnern an Geburtstag und Todestag
von Naemi Wilke an ihrem Grabstein
zusammen mit den Kindern des Kin­
dergartens.
Seit der Öffnung Osteuropas sind be­
wusst Kontakte zur Diakonie in Polen
und Tschechien gesucht und ausgebaut
worden, zunächst mit Hilfslieferungen,
später im Austausch von Gästen. Heu­
te geschieht regelmäßig Folgendes:
z Studienfahrten von Mitarbeitenden
alle zwei Jahre nach Polen und Tsche­
chien und – umgekehrt – von Mitar­
beitenden der Partnereinrichtungen
zu uns;
z Adventliche Paketaktion Mitarbei­
tender des NWS für Menschen, die
durch die Diakonie in Polen und
Tschechien betreut werden
Fazit: Der Wert der Mitarbeitenden
wird nicht nur am tariflichen Entgelt
festgemacht, sondern am alltäglichen
Umgang miteinander, insbesondere
durch Vorgesetzte. Welche Werte dem
Unternehmen wesentlich sind, muss
das Unternehmen auf unterschiedliche
Weise sichtbar machen. Gelebte Werte
überzeugen.
www.naemi-wilke-stift.de
mi–di 20 d o k u m e n t i e r t
21 mi–di
sehen. Können wir von ihnen verlangen,
dass sie ohne jede Grundausstattung und
Vorbildung ein christliches Leitbild um­
setzen, dessen Grundlage sie nicht ken­
nen? Hier christlichen Glauben einzu­
fordern, würde fatale Folgen haben. Zu
stark sind die Menschen im Osten sensi­
bilisiert für „weltanschauliche Vereinnah­
mung“, und als eine solche empfänden
sie ein derart erzwungenes Lippenbe­
kenntnis zwangsläufig.
Fragen stellen dürfen
Diakonie allein
Wie die mitteldeutsche Diakonie
auf neue Mitarbeitende reagiert
...nie allein – so sollten sich selbstverständlich unsere Klienten fühlen, wenn sie
unsere diakonischen Dienste und Einrichtungen nutzen. Aber wie geht es unseren Mitarbeitenden? Wenn sie bei uns
arbeiten und maßgeblich unser christlich­diakonisches Profil mittragen sollen, fühlen sie sich oft überfordert und allein gelassen, zumal bei uns im Osten. Um das
zu ändern, hat die Diakonie Mitteldeutschland ein Programm zur diakonischen und
geistlichen Identität aufgelegt, das der
besonderen Situation in den neuen Bundesländern Rechnung trägt. Dort wurden
bekanntermaßen überdurchschnittlich
viele Einrichtungen und Mitarbeitende
aus ehemals staatlicher Trägerschaft des
DDR- Gesundheitswesens übernommen.
Sie haben keine christlichen Hintergründe
und keine kirchliche Sozialisation (mehr).
Neu in der Diakonie
Damit geht es oft los. „Neu in der Diako­
nie“ ist ein Einführungstag, der Mitarbei­
tenden das Ankommen in der Diakonie
erleichtern soll. Es ist eben ein Unter­
schied, ob eine junge Krankenschwester
einer Diakonieklinik den direkten Weg
einer Pflegeausbildung in einer diako­
nischen Einrichtung gewählt hat, zu dem
sie sich vielleicht mit 15 Jahren anläss­
lich eines Schülerpraktikums in einer un­
serer Einrichtungen entschlossen hatte.
Oder ob eine gestandene und routinierte
Pflegefachkraft, die mitten im Berufsle­
ben steht und diesen Weg zur DDR Zeit
in einem staatlichen Kreiskrankenhaus
begann, sich nun plötzlich mit ihrer Ein­
richtung von der Diakonie übernommen
sieht, zu der sie nie einen Bezug hatte.
Und noch einmal etwas ganz anderes ist
es, wenn ein Elektriker, der in den 90ern
schon 20 Jahre Berufspraxis mitbrachte,
von denen er ebenfalls die Mehrzahl in
der DDR-Volkswirtschaft geleistet hat,
sich nach mehreren Jahren der Arbeitslo­
sigkeit nun als Hausmeister in einer dia­
konischen Einrichtung für Menschen mit
Behinderung wiederfindet. Diese unter­
schiedlichen Zugänge gilt es wahrzuneh­
men und zur Sprache zu bringen. Auch
dies leistet dieser Tag.
Grundkurs Diakonie
Grundfragen zum christlichen Glauben
und zur Diakonie, die vielleicht bei einem
Einführungstag auch schon auftauchen,
stehen im Mittelpunkt der Fortbildungs­
reihe „Grundkurs Diakonie“, die über
mehrere Monate hinweg als ein 25-Stun­
den-Programm „inhouse“ in der jewei­
ligen Einrichtung durchgeführt wird. Wir
müssen zur Kenntnis nehmen: mehr als
50 % der Mitarbeitenden in der Diako­
nie Mitteldeutschland bringen keinerlei
christliche Tradition mehr mit, haben oft
sogar noch nie eine Kirche von innen ge­
Mit dem „Grundkurs Diakonie“ sollen
den Mitarbeitenden Grundkenntnisse
vermittelt werden. Aber es dürfen selbst­
verständlich auch Fragen gestellt wer­
den, die sonst nie einen Platz haben: Was
ist eigentlich die Diakonie? Welche Wur­
zeln und Traditionen hat sie? Wozu brau­
chen wir ein Leitbild? Welche Grundla­
gen hat der christliche Glaube? Was ist
eigentlich die Bibel? Woran glauben an­
dere Religionen? Gibt es überhaupt einen
Unterschied zwischen sozialer Arbeit der
Diakonie und sozialer Arbeit anderer An­
bieter...?
Um diese Fragen geht es im „Grund­
kurs Diakonie“. In einer festen Gruppe
mit etwa 15 Teilnehmern, die über den
gesamten Zeitraum des Grundkurses
konstant zusammen bleibt, nehmen
wir aber auch noch einmal den persön­
lichen Hintergrund der Mitarbeitenden
in den Blick. Hier gibt es eine ähnlich
vielschichtige Grundsituation wie bei den
Einführungstagen. Auch im „Grundkurs
Diakonie“ haben wir Mitarbeitende, die
vielleicht vor 20 Jahren einmal konfir­
miert wurden, aber dann aus der Kirche
ausgetreten sind. Wir haben diejenigen,
die einen Pfarrer nur aus dem Fernse­
hen kennen und wir haben engagierte
Christen, die das Leitbild ihrer Einrich­
tung bewusst mitgestalten und dann auch
umsetzen wollen.
Christen und Nichtchristen
lernen zusammen
Durch die feste Gruppensituation und
den Zeitraum von mehreren Monaten,
über die hinweg der Grundkurs läuft,
kommen Christen mit Nichtchristen,
Zweifler mit Überzeugten und Verunsi­
cherte mit Fragenden ins Gespräch. Das
ist spannend und herausfordernd, er­
nüchternd und erhellend, aber vor allem
authentisch, wenn sich alle aufeinander
ohne Vorurteile einlassen können. Auf­
grund des Kursmodells mag es sein, dass
Wie sollen Mitarbeitende ein
christliches Leitbild umsetzen, dessen
Grundlagen sie nicht kennen?
diese offene Arbeitsatmosphäre eine Zeit
des „Warmlaufens“ braucht, aber es ge­
lingt immer!
Am „Grundkurs Diakonie“ nehmen
die teilnehmenden Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter als Nichtchristen und
Christen, als junge und ältere, als ge­
standene und neue KollegInnen teil. Das
bildet die Einrichtungsrealität korrekt
ab, denn auch hier werden Teams nicht
nach biographischen Kriterien zusam­
mengestellt, sondern es sind gewachsene
Teams, die von Vielschichtigkeit in jeder
Hinsicht geprägt sind. Ganz nebenbei
erhalten die Mitarbeitenden oft noch
einmal einen völlig neuen Blick auf ihre
Einrichtung und sie lernen sich unterein­
ander noch einmal ganz anders kennen.
Das schafft große Identifikation mit der
eigenen Einrichtung.
Multiplikatorenkurs für den
Grundkurs Diakonie
Seit 2004 hat sich der „Grundkurs Dia­
konie“ in vielen Einrichtungen zwischen
Altmark und bayrischer Grenze bewährt
und so besteht die Frage, wie von die­
sem Kurs möglichst viele Mitarbeitende
profitieren können. Deshalb werden seit
2006 Multiplikatoren für den Grund­
kurs Diakonie ausgebildet, die den Kurs
übernehmen. Dies geschieht im „Multi­
plikatorenkurs für den Grundkurs Dia­
konie“. Dadurch ist es inzwischen gelun­
gen, dass in verschiedenen Regionen der
Diakonie Mitteldeutschland heute Mul­
tiplikatoren erfolgreich mit dem Grund­
kurs arbeiten und ihn in ihrer Region
anbieten können. Multiplikatoren sind
nicht nur TheologInnen, sondern auch
GemeindepädagogInnen und Sozialar­
beiterInnen, aber auch Pflegekräfte, die
sich die Kursleitung zutrauen bzw. eine
entsprechende andere pädagogische Vor­
bildung schon mitbringen. Gemeinsam
mit den bisher ausgebildeten Multiplika­
toren ist es uns gelungen, dass bis heu­
te mehrere hundert Mitarbeitende den
„Grundkurs Diakonie“ durchlaufen ha­
ben. Das Gesamtfeedback war durchweg
sehr positiv, denn die nach jedem Kurs
erfolgte Evaluation bescheinigt dem
Grundkurs Diakonie seitens der Teilneh­
mer insgesamt eine Durchschnittsnote
von 1,4.
Andachten gestalten und halten
Innerhalb dieser zweitägigen Veranstal­
tung erarbeiten sich Mitarbeitende diako­
nischer Einrichtungen Grundlagen, wie
Andachten konzipiert und kreativ aus­
gestaltet werden können und probieren
ihre Ideen auch gleich praktisch aus. Oft
haben die Teilnehmer dieser Veranstal­
tung vorher einen Einführungstag be­
sucht oder einen „Grundkurs Diakonie“
absolviert und sind dabei für die Wichtig­
keit des christlichen Profils ihrer Einrich­
tung wach geworden. Sie möchten sich
hier nun selbst in Form von gestalteten
Andachten einbringen. Anfänglich w
­ urde
­diese Veranstaltung nur zentral angebo­
ten, aber sie wird inzwischen vermehrt
von größeren Einrichtungen oder kreis­
diakonischen Werken angefragt, wird
also inzwischen ebenfalls in den Einrich­
tungen selber angeboten.
DiakoNIE ALLEIN
Diese etwas ungewöhnliche Wortwahl
soll deutlich machen, dass Mitarbeiten­
de gemeinsam und auch gemeinsam mit
uns vom Diakonischen Werk unterwegs
sein können mit der Frage, wie sie selbst
sich das Profil ihrer Einrichtung in einer
lebendigen Vielfalt erschließen können,
damit sie es authentisch miteinander und
mit den ihnen anvertrauten Menschen ih­
rer Einrichtung leben können. Matthias Krause ist
­P rovinzialpfarrer der
­D iakonie in Mitteldeutschland
(vgl. www.diakoniemitteldeutschland.de/
leistungen-diakonie-nieallein.html
mi–di 22 a n g e s t o ß e n
inspiriert
Charakteristika einer
­diakonischen Kultur
Eine Schrift des Diakonischen
Werks der EKD zur Stärkung des
diakonischen Profils
Diakonische Kultur ergibt sich nicht von selbst.
Aus dem Inhalt:
Vielmehr zeigt die Wirklichkeit, dass die Gestal1. Kulturbestimmende Aspekte
tung einer solchen Kultur eine Aufgabe ist, die
evangelischen Glaubens
mehr Aufmerksamkeit und Anstrengungen als
2. Handlungsvollzüge im
früher braucht. Man muss sie heute bewusst
­diakonischen Leben und
wollen und etwas dafür tun. Auch mit Geld.
­Arbeiten
Ein „Nachschubproblem“ an christlichen
zHelfen – sich Menschen in ihren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitenden hatten
­Lebenslagen zuwenden
die Väter und Mütter der Diakonie in ihrer Zeit zAchtsames Begegnen und Unterstützen
kaum – denken wir nur an Wichern und Flie­
zNot sehen und politisch intervenieren
zBetroffene einbeziehen
dner. Anders ist es heute. Zu den Schwierig­
keiten, diakonisches Profil zu gestalten, kommt zFachkonzeptionen diakonisch
­akzentuieren
erstens die starke (und notwendige) Orientie­
zMit ethischen Fragen sensibel umgehen
rung der Diakonie an der Ökonomie – und das
zDiakonisches Wissen vermitteln –
heißt vor allem: die Abhängigkeit von öffent­
verantwortliches Handeln erlernen
lichen Geldern; zweitens die Abhängigkeit vom
…
tariflichen Marktgeschehen, die in eine Kon­
kurrenz mit anderen Anbietern zwingt. Kämpft zGlauben wecken und weitergeben
zReligiöse Kommunikation im
heute nicht jede Einrichtung vor allem ums
­diakonischen Alltag
Überleben? Aber lässt sich diakonische Kultur
zGlauben stärken
unter solchen säkularen Rahmenbedingungen
zBibelkenntnis vermitteln
noch im Konsens beschreiben?
zLernen am Kirchenjahr –
Die Schrift „Charakteristika einer diako­
inszenierte Spiritualität
nischen Kultur“ versucht es – und ist dabei bei
zGlauben leben
diakonischen Trägern zu Recht auf erstaunlich
zGeistliche Impulse geben
viel Resonanz getroffen. Die Schrift darf nicht
zAbendmahl feiern
in den Schubladen verschwinden, sondern ge­
zSegnen
hört auf die Tagesordnung von Vorstandstref­
zBeten
fen, Ausschüssen, Mitarbeiterbesprechungen.
zDanken und Ermutigen
Sie kann auf Begegnungstagen und auf allen
zVergeben
anderen denkbaren Zusammenkünfte referiert
zMiteinander glauben, arbeiten und
und diskutiert werden, wo über den Weg der
leben
Diakonie entschieden und über die Gestaltung
zAls Gemeinschaft wirken
von diakonischer Arbeit nachgedacht wird.
zBei Übergängen begleiten
Denn diese Schrift enthält über grundsätzliche
zGemeinschaft leben und verbindlich
Reflexionen hinaus zahlreiche Beispiele zur
organisieren
konkreten Gestaltung diakonischer Praxis,
zMiteinander Kirche gestalten
hilfreiche Literaturangaben und Perspektiven
zÖkumene praktizieren
für die Weiterarbeit.
Im Folgenden können – aus Platzgründen – zHauptamtliche Mitarbeitende und
freiwillig Engagierte
nicht alle Themeneinheiten der Schrift aufge­
zInterreligiöse Öffnung und
führt werden. Aber schon ein Ausschnitt kann
­interkulturelle Zusammenarbeit
die Leserinnen und Leser auf den Geschmack
zDiakonie kommunizieren
bringen. Die Schrift mit ihren 70 Seiten ist
zLeitbilder kommunizieren
als „DiakonieTexte – Dokumentation“, 1.2008
zFeiern
beim Zentralen Vertrieb des Diakonischen
zFühren und Leiten
Werkes der EKD zu beziehen (vertrieb@
zWirtschaften und Haushalten
diakonie.de) oder unter www.diakonie.de
zQualität (zu-)sichern
herunterzuladen. Erstellt worden ist sie von
…
einer Arbeitsgruppe des Diakonischen Werks
der EKD unter Leitung von Dr. Ingolf Hübner.
3. Diakonische Kultur und die
­Hoffnung auf Gottes Wirken
ul.
Arbeitsgemeinschaft
Missionarische Dienste (AMD)
im Diakonischen Werk der EKD
Postfach 33 02 20
14172 Berlin
Reichensteiner Weg 24
14195 Berlin
Telefon (0 30) 8 30 01-3 05
Telefax (0 30) 8 30 01-3 33
[email protected]
www.a-m-d.de
Jesus Christus kennen zu lernen
und in seiner Gemeinde zu
leben, ist das Recht jedes Menschen. Darum gibt es die AMD.
Sie verbindet als Dachverband
die landes­kirchlichen Ämter für
missionarische Dienste in der
EKD, freikirchliche Einrichtungen und freie Werke.
Sie ist zugleich als Fachverband
Mitglied im Diakonischen Werk
der EKD und bildet in ihm
mit ihrer Geschäftsstelle den
Arbeitsbereich „Missionarische
Dienste“.
mi-di erscheint i. d. R. zweimal
im Jahr. Der Bezug ist kostenlos.
Bestellungen: [email protected]
Redaktion
Pfarrer Ulrich Laepple
Bildnachweis
Seite 1, 24: jungepartner; Seite
3 und 4: Siggi Schritt; Seite 5:
­Willow-Archiv; Seite 6: about­
pixel (der Fotograf war nicht
mehr zu recherchieren); Seiten
9,12,14,15,16,20: PeopleCollection; Seite 10: A. Glaser; Seite 11:
[email protected];
Seiten 17,18,19: ProjectPhotos.
Design jungepartner.de, Witten
Druckerei Domröse, Hagen
Besuchen
Sie auch die
Homepage
der AMD:
www.a-m-d.de
23 mi–di
Wer
...Ich?
Und der Herr sagte: Geh!
Und ich sagte: Wer … Ich?
Und Er sagte: ja, du.
Aber ich bin noch nicht fertig;
Und es kommt noch Besuch,
und ich kann die Kinder nicht allein lassen;
und du weißt, es gibt keinen, der mich vertreten könnte.
Und Er sagte: Du übertreibst.
Wieder sagte der Herr: Geh!
Das Zitat
Fulbert Steffensky
in: Mut zur Endlichkeit; S. 39
Und ich sagte Aber ich möchte auch nicht.
Und Er sagte: Ich habe dich nicht gefragt, ob du möchtest.
Und ich sagte: Nun höre mal,
ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich
in Auseinandersetzungen verwickeln lassen.
Im übrigen … meine Familie möchte es nicht.
»Wir leiden daran, dass so wenige
Und was werden die Nachbarn denken?
Gruppen leidenschaftliche Ideen vertreten. Wir leiden
Und Er sagte: Unsinn.
daran, dass niemand missioniert. Mission ist die gewaltfreie Selbstrepräsentation und Unverborgenheit der
Kirche. Religiöses Selbstbewußtsein und Mission sind
Und zum dritten Mal sagte der Herr: Geh!
Und ich sagte: Muss ich?
Und Er sagte: Liebst du mich?
Aber sieh doch, ich habe Angst.
nicht voneinander zu trennen. Wer von etwas überzeugt
ist, zeigt sich in seinen Überzeugungen. Der Geist stirbt,
wo er sich verbirgt. Christen werden zu Christen, wenn
Die Leute werden über mich herfallen,
und ich kann nicht alles allein tun.
Und Er sagt: Ja, was glaubst du denn,
wo ich sein werde?
sie sich als Christen zeigen. Evangelische Krankenhäuser werden zu evangelischen Krankenhäusern, wenn sie
Und der Herr sagte: Geh!
Und ich atmete tief:
als solche zu erkennen sind. Man wird der, als der man
sich zeigt. Was sich verbirgt, stirbt.«
Hier bin ich, sende mich.
Verfasser unbekannt