Wahrnehmung und mediale Darstellung eines vermeintlichen

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Wahrnehmung und mediale Darstellung eines vermeintlichen
Technische Universität Berlin
Fakultät VI – Planen Bauen Umwelt
Institut für Soziologie
Fachgebiet: Stadt- und Regionalsoziologie
__________________________________________________
Wahrnehmung und mediale Darstellung eines
vermeintlichen „Problemviertels“
–
Das Berliner Brunnenviertel aus Sicht der Presse und der
Anwohner_innen
__________________________________________________
Bachelorarbeit
Zur Erlangung des akademischen Grades
Bachelor of Arts (B.A.)
Im Fach Soziologie technikwissenschaftlicher Richtung
Berlin, den 10. Juli 2015
Eingereicht von:
Jonas Kertscher
Matrikel-Nr.: 335367
[email protected]
Erstgutachterin:
Prof. Dr. Sybille Frank
Technische Universität Berlin
Institut für Soziologie
Zweitgutachterin:
Sandra Bernien
Technische Universität Berlin
Institut für Soziologie
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig sowie ohne unerlaubte
fremde Hilfe und ausschließlich unter Verwendung der aufgeführten Quellen und Hilfsmittel
angefertigt habe.
Berlin, den 10. Juli 2015
Jonas Kertscher
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
2. Das Untersuchungsgebiet
3
2.1.
Warum das Brunnenviertel?
3
2.2.
Das Berliner Brunnenviertel
4
3. Methodisches Vorgehen
6
4. Darstellung des Gebiets in der Presse
8
4.1.
Medienanalyse
8
4.2.
Vergangenheit des Gebiets
9
4.3.
Sozialstrukturelle Merkmale der Anwohner_innen
10
4.4.
Architektur
11
4.5.
Positive Aspekte und Vorteile
11
4.6.
Negative Aspekte und Probleme
12
4.7.
Segregation
13
4.8.
Sozialer Brennpunkt
15
4.9.
Strategien zur Verbesserung der Situation
15
4.10.
Schulen
16
4.11.
Mauerpark
17
4.12.
Veränderungsprozesse
18
5. Veränderung der Darstellung zwischen 2000 und 2015
19
6. Wahrnehmung des Gebiets aus Sicht der Anwohner_innen
21
7. Auswertung der Darstellung und Wahrnehmung
29
7.1.
Auswertung und theoretische Einordnung
29
7.2.
Segregationsprozess
30
7.3.
Gentrifizierungsprozess
35
7.4.
Parallelität der Raumbilder
38
8. Reflektion und Methodenkritik
39
9. Fazit
40
10. Quellenverzeichnis
41
10.1. Literaturverzeichnis
41
10.2. Zeitungsartikel
42
10.3. Internetquellen
46
11. Anhangsverzeichnis
11.1. Karte des Berliner Brunnenviertels mit Wohnort der Befragten
48
48
1. Einleitung
Bestimmten Gebieten oder Stadtvierteln haftet ein schlechter Ruf an. Sie werden als Problemviertel oder Ähnliches gelabelt und stigmatisiert. Häufig handelt es sich dabei sowohl in
sozialer als auch ethnischer Hinsicht um stark segregierte Viertel. Unter Segregation wird hier
die Konzentration bestimmter sozialer Gruppen, z.B. sozial Schwache oder Menschen mit
einem Migrationshintergrund, auf bestimmte Teilräume einer Stadt oder Stadtregion verstanden, (vgl. Häußermann & Siebel 2004 S. 140) also die Widerspiegelung sozialer Ungleichheiten in der räumlichen Struktur einer Stadt. (Vgl. Farwick 2007 S. 112) Menschen haben nun
Vorstellungen von Räumen in Form von Raumbildern. „Raumbilder sind auf einen Raum
projizierte, in der Regel materialisierte Zeichenkomplexe, die in ihrer latenten Sinnhaftigkeit
stets Bezug zu einem Entwicklungsmodell haben.“ (Ipsen 1987 S. 146) Dementsprechend
werden sie mit Werten überzogen. Laut Detlef Ipsen werden Räume also stets in Verbindung
mit ihrer wirtschaftlichen Situation wahrgenommen.1 (Vgl. Ipsen 1994 S. 238) Der Bewertung dieser ökonomischen Entwicklung entsprechend fällt die Beurteilung und Reputation des
Raums aus. (Vgl. Lang 1998 S. 54) So können z.B. wirtschaftlich prosperierende Gebiete
positiv und wirtschaftsschwache Gebiete negativ bewertet werden. Menschen, die keinen direkten Bezug zu diesen Gebieten haben, sei es durch Ansässigkeit oder regelmäßigem Aufenthalt (z.B. Arbeitsplatz) dort, haben meist dennoch ein Bild dieser Gebiete, denn imaginäre
Raumbilder gehen der eigenen Erfahrung voraus, bzw. sind Grundlage für die eigene Erfahrung. (Vgl. Vöckler 2012 S. 8) Mitunter kann ein Viertel von einer Art Mythos umgeben sein,
wie ihn Barbara Lang in ihrer ethnographischen Studie „Mythos Kreuzberg – Ethnographie
eines Stadtteils 1961-1995“ für den Berliner Bezirk Kreuzberg beschreibt.2 Teilweise kann
dieses Bild jedoch auch stigmatisierend sein und es werden drastische Urteile über das soziale
Milieu dieser Gebiete gefällt. (Vgl. Häußermann & Siebel 2004 S. 169) Es stellt sich die Frage, woher solche Eindrücke stammen. Eine Vermutung wäre z.B., dass sie von der massenmedialen Darstellung dieser Gebiete kommen. Denn „Medien setzen Themen und Fakten in
einer ganz bestimmten Weise auf die Tagesordnung, bringen sie in Umlauf – und konstruieren
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1
Ipsens theoretische Grundannahme, dass Räume immer in Bezug zu ihrer ökonomischen Entwicklung bewertet
werden, lässt sich hinterfragen. So ist durchaus denkbar, dass ganz andere Kriterien wie Ästhetik oder kulturelle
Bedeutung für die Beurteilung eines Raums relevant sind.
2
Barbara Lang folgt darin Roland Barthes Theorie der „Mythen des Alltags“. Dabei handelt es sich um „Assoziations- und Bedeutungsbündel, die sich mehr unbewusst als bewusst mit den Gegenständen verbinden […].“
(Lang 1998 S. 26) Ein Mythos ist demnach eine „Botschaft, die über die reine Materialität der Gegenstände
hinausweist.“ (ebd.) Dabei bleibt die Struktur, die Botschaft des Mythos immer gleich, obwohl die Botschaft in
unterschiedlichsten Versionen des Mythos neu erzählt wird. Im Falle Kreuzbergs sei dies der immer wieder in
unterschiedlichen Formen erzählte Mythos der Opposition Kreuzbergs gegenüber dem bundesrepublikanischen
Mainstream (gewesen), denn Kreuzberg sei (bzw. war) anders als der Rest Berlins und Deutschlands. Solche
Gegensatzpaare sind ein typisches Merkmal eines Mythos. So bringt ein Mythos möglichst viele Sinnelemente
unter die Leitfigur eines oppositionellen Codes. (Vgl. ebd.)
!
1!
dadurch Wirklichkeit.“ (Lang 1998 S. 52) So entscheiden sie zum einen mit, welche Themen
zu einem bestimmten Zeitpunkt als bedeutsam und diskussionswürdig angesehen werden und
zum anderen die Art, wie über sie gesprochen und gedacht wird. (Vgl. ebd. S. 53)
Wie werden bestimmte, vermeintlich stark segregierte Viertel nun z.B. im Zeitungsdiskurs
dargestellt? Eine Hypothese könnte nun sein, dass in Zeitungen bestimmte Gebiete schlechter
und einseitiger darstellt werden, als sie es aus Sicht der Anwohner_innen oder aber auch empirischer Untersuchungen sind, also ein Raumbild gezeichnet wird, das stigmatisierend ist.
Die Vermutung stammt hier unter anderem von der Berichterstattung über bestimmte Viertel
Berlins wie Neukölln und Kreuzberg im frühen 21. Jahrhundert und der Diskrepanz zu eigenen Erfahrungen in eben jenen Gebieten. Zudem ist die Sichtweise der Bewohner_innen von
„innen“ häufig eine andere als die Sichtweise von "außen", beispielsweise von Stadtplaner_innen und Lokalpolitiker_innen. So wird das Quartier von den Bewohner_innen oft aufgrund der sozialen Beziehungen als lebenswert und angenehm beschrieben, wohingegen es
von außen als Elendsgebiet oder Schandfleck bewertet wird. (Vgl. Häußermann & Siebel
2004 S. 164) Auch wenn nicht abgestritten werden kann, dass es meist schwerwiegende soziale Probleme in ebendiesen Gebieten gibt, wird vermutet, dass bestimmte Aspekte übermäßig hervorgehoben werden und es so zu einem verzerrten Bild kommen kann, da „[f]ür den
Zeitungsdiskurs […] typisch [ist], daß [sic!] darin nur das Auffällige, Außergewöhnliche und
Aktuelle Eingang findet – während Alltag und Normalität bei der Berichterstattung außen vor
bleiben.“ (Lang 1998 S. 82)
Deshalb wird nun in dieser Arbeit untersucht, wie in Zeitungen ein Gebiet, in diesem Falle
das Brunnenviertel in Berlin, dargestellt wird und wie im Kontrast dazu die Wahrnehmungen
des Viertels der Anwohner_innen sind. Dazu wird zunächst kurz das untersuchte Gebiet vorgestellt und das methodische Vorgehen erläutert. Anschließend werden Zeitungsartikel seit
dem Jahr 2000 analysiert und betrachtet, wie das Brunnenviertel in der Presse dargestellt
wurde und wird. Dieser Darstellung sollen dann die (Eigen-)Wahrnehmung der Anwohner_innen, die über selbsterhobene, qualitative Interviews erfasst wurden, sowie die Ergebnisse einer 2005 durchgeführten Befragung gegenübergestellt werden. Zum Schluss wird analysiert, wie sich die Ergebnisse der Gegenüberstellung theoretisch erklären lassen.
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2!
2. Das Untersuchungsgebiet
2.1. Warum das Brunnenviertel?
Die Stadt Berlin gehört nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) zu den am stärksten segregierten Großstädten Deutschlands. (Vgl. Vom Berge et. al.
2014 S. 1) Das bedeutet in diesem Fall zum einen, dass hier der Anteil an Niedriglohnbezieher_innen3 im nationalen Vergleich besonders hoch ist. Zum anderen weist Berlin bei der
Verteilung der Niedriglohnbezieher_innen ausgeprägte und großflächige Muster auf. (Vgl.
ebd.) Es gibt also bestimmte Viertel, in denen sich viele Niedriglohnbezieher_innen konzentrieren.4 Dem entsprechend bietet es sich an, ein Gebiet im Berliner Stadtraum zu untersuchen.
Bei einer ersten oberflächlichen Presse-Recherche mit den Suchbegriffen "Berlin" sowie entweder "Segregation", "Sozialer Brennpunkt" oder "Problemviertel" wurden nun bestimmte
Gebiete besonders häufig genannt, beispielsweise Kreuzberg und Neukölln. Da es sich dabei
jedoch um in der Regel nicht weiter eingegrenzte Gebiete handelte und die Bezirke deutlich
zu groß sind, um einigermaßen aussagekräftige Untersuchungen vornehmen zu können, bieten
sie sich als Untersuchungsgebiete nicht an.5 Das Brunnenviertel zählt zu den Gebieten, die
ebenfalls öfter genannt werden, und weist neben einer akzeptablen Größe als Untersuchungsgebiet auch eine interessante Lage auf: Das Gebiet grenzte früher direkt an die Berliner Mauer
an. Außerdem wurde ein Großteil des Gebiets im Zuge der sog. Kahlschlagsanierung neu bebaut. Auch weist es eine deutlich andere Sozialstruktur als die angrenzenden ehemaligen Ostberliner Viertel auf. Zu guter Letzt wird das Gebiet von zwei Quartiersmanagements betreut.
Das zeigt zum einen, dass es sich um ein Gebiet handelt, das anscheinend Förderbedarf hat.
(Vgl. Homepage Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße) Zum anderen ist es so
möglich, an aktuelle und valide Statistiken zu kommen, da das Gebiet so auch im Rahmen des
„Monitoring soziale Stadtentwicklung“ (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt Berlin 2009 S. 19) untersucht wurde und wird.
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3
Als Niedriglohn wird hier ein Bruttomonatslohn von weniger als 2/3 des nationalen Medianbruttomonatslohn
einer regulären Vollzeitbeschäftigung verstanden. (Vom Berge et. al. 2014 S. 2) Das Beziehen eines Niedriglohns geht nicht zwangsläufig mit Armut einher. Jedoch besteht ein erhöhtes Armutsrisiko, da für viele Beschäftigte ihr Erwerbseinkommen den größten Teil ihres Gesamteinkommens ausmacht. (Vgl. ebd.)
4
Um Segregation innerhalb der untersuchten Städte sichtbar zu machen, wurde der Anteil von Niedriglohnbezieher_innen innerhalb von Rasterzellen, die kleine Stadtgebiete abgrenzen, berechnet. Im Gegensatz zum nationalen Vergleich wurde hier jedoch ein stadtspezifischer Medianlohn, der die Differenzen im lokalen Preisniveau
und der entsprechenden unterschiedlichen Kaufkraft berücksichtigt, errechnet, um die Niedriglohnschwelle zu
messen.
5
Je größer ein Teilgebiet ist, desto inhomogener stellt es sich in Bezug auf die räumliche Verteilung einzelner
sozialer Gruppen im Vergleich zur Gesamtstadt dar. (Vgl. Farwick 2007 S. 117)
!
3!
2.2. Das Berliner Brunnenviertel
Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um das sog. Brunnenviertel in Berlin. Das Brunnenviertel ist ein Quartier im Ortsteil Gesundbrunnen des Bezirks Mitte rund um den nördlichen Teil der Brunnenstraße. Bis zur Gebietsreform im Jahr 2001 gehörte das Gebiet zum
ehemaligen Westberliner Bezirk Wedding. Das Gebiet grenzt im Süden und Westen an den
ehemaligen Ostberliner Bezirk Mitte (heute der Ortsteil Mitte des Bezirks Mitte; im Folgendem Alt-Mitte genannt, um ihn vom Großbezirk zu unterscheiden) und im Osten an den ehemaligen Ostberliner Bezirk Prenzlauer Berg (heute Ortsteil Prenzlauer Berg des Bezirks Pankow). Im Norden wird das Gebiet durch die Bahntrasse der Ringbahn vom restlichen Ortsteil
Gesundbrunnen getrennt. Bis zum Fall der Mauer 1989 war das Gebiet also von allen Seiten
durch bauliche Hindernisse (die Berliner Mauer auf drei Seiten und die Bahngleise auf einer
Seite) vom Rest der Stadt getrennt, weshalb es eine Art Insellage aufwies. Heute wird das
Gebiet begrenzt durch die Bernauer Straße im Süden, dem Park am Nordbahnhof im Westen,
dem Mauerpark im Osten sowie den Ringbahngleisen im Norden. Die stark befahrene Brunnenstraße zerschneidet das Gebiet von Nord nach Süd. (siehe Karte 11.1. im Anhang)
Das Gebiet wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Ansiedlung des AEG-Werkes
Voltastraße als geschlossenes städtisches Gebiet entwickelt. Die ehemals dichte Gründerzeitstruktur wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört und das Gebiet blieb einige Zeit vernachlässigt, weshalb viele Bewohner_innen das Gebiet verließen. Zwischen den 60er und den frühen 80er Jahren wurde das Gebiet zum größten Sanierungsgebiet Deutschlands erklärt, ein
Großteil der Häuser im Zuge der sog. ‘Kahlschlagsanierung’ abgerissen und durch Neubauten
im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus ersetzt. Deshalb weist das Gebiet eine sehr heterogene Bebauung auf - sozialer Wohnungsbau aus verschiedenen Jahrzehnten wechselt sich mit
einzeln übriggebliebenen Gründerzeit-Bauten ab. (Vgl. empirica 2005 S. 2)
Seit den 60er Jahren wuchs im Brunnenviertel wie im ganzen Wedding der Anteil von Bewohner_innen mit Migrationshintergrund im Zuge der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte. Nach der Wiedervereinigung kam es zu einem starken Bevölkerungsaustausch, da sich der
Wohnungsmarkt in den 90er Jahren stark entspannte. Aufgrund der größeren Wahlfreiheit
durch Berlinweit sinkende Miet- und Kaufpreise für Wohnungen und eines sich wandelnden
Images der Sozialwohnungsbaubestände, die im Vergleich zur Umgebung zu hohe Mietkosten hatten, verließen viele Bewohner_innen das Brunnenviertel. So kam es zu einer Konzentration von Menschen, die durch ihre soziale und wirtschaftliche Lage an das Gebiet gebunden waren. (Vgl. empirica 2005 S. 2)
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4!
Im Gebiet leben ungefähr 20.000 Menschen, davon ca. 12.000 östlich und ca. 8.000 westlich
der Brunnenstraße. Über 65% der Bewohner_innen des östlichen Teils haben einen Migrationshintergrund, zum östlichen Teil liegen keine Daten vor. (Vgl. Homepage Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße - Das Quartier) Der Anteil ist jedoch vermutlich auch
dort ebenfalls sehr hoch. Eigentümerin eines Großteils der Wohnungen ist das gemeinnützige
Berliner Wohnungsunternehmen „Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaues“
(Degewo). (Vgl. empirica 2005 S. 2) Sie verwaltet knapp 5.100 Wohnungen im Brunnenviertel. (Vgl. Homepage Degewo – Brunnenviertel) Seit 2005 wird das Gebiet von zwei Quartiersmanagements6, dem „Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße“ (für den Teil
östlich der Brunnenstraße) und dem „Quartiersmanagement Brunnenviertel-Ackerstraße“ (für
den Teil westlich der Brunnenstraße) betreut, um Probleme zu beheben, vorhandenen Potenziale aufzuspüren und auszubauen. (Vgl. Homepage Brunnenviertel-Brunnenstraße – Aufgaben und Ziele) Beide Gebiete wurden mit der zweithöchsten Intensitätsstufe aufgenommen,
um dringliche Handlungsbedarfe anzugehen. (Vgl. empirica 2005 S. 3)
Das Gebiet wird und wurde außerdem seit dem „Monitoring Soziale Stadtentwicklung7 2007
– Fortschreibung für den Zeitraum 2005 – 2006“ empirisch bezüglich der sozialen Situation
untersucht.8 Wie auch bei der Betreuung durch die Quartiersmanagements wurde das Gebiet
dafür in zwei Bereiche geteilt. Der Bereich westlich der Brunnenstraße hat sich demnach von
einem Gebiet mit sehr niedrigem sozialen Status und negativer Entwicklungsdynamik (Vgl.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2007 S. 48) mit Interventionsbe!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
6
Seit Ende der 90er Jahre reagiert das Land Berlin auf eine sich zunehmend räumlich manifestierende soziale
Ungleichheit, also der Konzentration sozialer Probleme wie Arbeitslosigkeit, mangelhafte Integration und
schlechtere Bildungsergebnisse in bestimmten Stadtteilen. Das Bund-Länder-Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ soll ein Instrument zur Eindämmung räumlicher Benachteiligungen
und Ungleichheiten darstellen. Seit 1999 gibt es in Berlin das Programm „Quartiersmanagement“, welches solche integrierten Verfahren für Stadtteile initiieren und umsetzen soll, indem versucht wird, negative Entwicklungen durch Lösungsansätze für verschiedene Fachbereiche entgegenzutreten. (Vgl. empirica 2005 S. 3)
7
Das Monitoring Soziale Stadtentwicklung ist ein seit 1998 erhobenes Stadtbeobachtungssystem der sozialräumlichen Entwicklung auf Gebietsebene. Es wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erstellt. (Vgl. Homepage: Stadtentwicklung Berlin – Monitoring Soziale Stadtentwicklung) Das Monitoring
soll dazu dienen, Problemquartiere mit Handlungsbedarf zu identifizieren und Entwicklungen auszumachen, die
zu einem Anstieg von sozialen Problemlagen in einzelnen städtischen Räumen führen bzw. die dort vorhandenen
Probleme verschärfen. (Vgl. Häußermann et. al. 2007 S. 5) Grundlage dafür sind Daten über Arbeitslosigkeit,
Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug und Kinderarmut, deren relationaler Wert und Veränderung im Laufe
der Zeit. So lassen sich die Statusindex-Klassen hoch, mittel, niedrig und sehr niedrig, welche den Zustand des
Gebiets beschreiben, sowie die Dynamikindex-Klassen positiv, stabil und negativ, welche die Entwicklung des
Gebiets darstellen, bilden. (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2013 S. 20ff.) Datenquellen sind das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg sowie die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. (Vgl. Homepage: Stadtentwicklung Berlin – Monitoring Soziale Stadtentwicklung)
8
Ursprünglich wurden beide Bereiche nicht eigenständig, sondern im Rahmen größerer Gebiete (Verkehrszellen) untersucht. Der Teil östlich der Brunnenstraße war anfangs Teil der „Verkehrszelle Gesundbrunnen“ und
der Teil westlich der Brunnenstraße Teil der „Verkehrszelle Humboldthain“. Seit dem Bericht „Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2009 – Fortschreibung für den Zeitraum 2007 - 2008“ werden beide Bereiche als sog.
Lebensweltlich orientierten Räume (LOR) eigenständig untersucht. Der Bereich westlich der Brunnenstraße
heißt seitdem „Humboldthain Süd“ und der Bereich östlich der Brunnenstraße „Brunnenstraße“.
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5!
darf im Jahr 2005 (Vgl. ebd. S. 51) zu einem Gebiet mit niedrigem sozialen Status und stabiler Entwicklungsdynamik im Jahr 2013 (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt Berlin 2009 S. 19) entwickelt. Demnach handelt es sich im neuesten Bericht für das
Jahr 2013 nicht mehr um ein Gebiet mit besonderem Interventions- oder Aufmerksamkeitsbedarf. (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2013 S. 13)
Das Gebiet östlich der Brunnenstraße wird im neusten Bericht weiterhin als ein Gebiet mit
sehr niedrigem sozialen Status bezeichnet. (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt Berlin 2007 S. 47 & Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin
2013 S. 50) Die Entwicklungsdynamik hat sich jedoch zwischen 2007 und 2013 von einer
stabilen (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2007 S. 47) zu einer
positiven (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2013 S. 50) entwickelt. Es ist demnach kein Gebiet mit Interventionsbedarf (Vgl. Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2007 S. 51) mehr, aber nach wie vor ein Gebiet mit
besonderem Aufmerksamkeitsbedarf (Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2013 S. 14).
Das Brunnenviertel lässt sich also als ein Gebiet charakterisieren, das eine Zeit lang eine
schwierige soziale Lage mit Handlungsbedarf aufgewiesen hat, dessen Situation sich jedoch
in den letzten Jahren stabilisiert bzw. positiv entwickelt hat.
3. Methodisches Vorgehen
Um die Darstellung des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs zu untersuchen, wird im Folgendem untersucht, wie das Brunnnenviertel in Tages- und Wochenzeitungen portraitiert wird.
Dafür wurde zuerst anhand der internen Pressedatenbank der ARD ein Überblick über die
Thematiken erstellt, mit denen das Brunnenviertel in Verbindung gebracht wird. Es handelt
sich bei der Datenbank um ein Recherche-Tool für die Journalist_innen des Senders. Die
ARD hat hierfür seit dem Jahr 2000 systematisch alle relevanten Tages- und Wochenzeitungen eingescannt und in Textformat umgewandelt, sodass jeder Artikel nach beliebigen Begriffen durchsucht werden kann. So war es möglich, alle Artikel seit dem Jahr 2000 zu erfassen,
in denen das Brunnenviertel vorkommt. Die Artikel wurden anschließend nach Textpassagen,
die das Brunnenviertel darstellen, durchsucht und diese mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert.
Bei der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring handelt es sich um eine „Familie von Verfahren zur systematischen Textanalyse […], die regelgeleitet und nachvollziehbar Texte auf
eine Fragestellung hin interpretieren und auswerten.“ (Ramsenthaler 2013 S. 23) Das Grund!
6!
konzept ist dabei, die Texte systematisch zu analysieren mithilfe am Material entwickelter
Kategoriesysteme, also der Zusammenfassung des Sinns der Texte bzw. Textpassagen zu Kategorien. Im Anschluss werden diese Kategorien wiederum in einem System mit Kategorien,
Unterkategorien, Kategoriedefinitionen und Ankerbeispielen organisiert, das den Ausgangspunkt für die Interpretation des Textes bildet. (Vgl. ebd.) Das Ziel der Inhaltsanalyse ist „die
wesentlichen Inhalte [zu] erhalten […], durch Abstraktion ein überschaubares Korpus zu
schaffen, das immer noch ein Abbild des Grundmaterials ist […].“ In der Vorgehensweise
wird zwischen vier verschiedenen Formen unterschieden, die sich aber nicht gegenseitig ausschließen, sondern je nach Fragestellung kombinieren und mischen lassen. In der Zusammenfassung werden die Textinhalte komprimiert. Bei der induktiven Kategorienbildung werden
auf Grundlage des Textes relevante Kategorien erfasst. Häufig folgt sie der Zusammenfassung. Die Explikation dient dem Versuch, einzelne Elemente des Textes besser zu verstehen,
indem der Kontext der Stelle herangezogen oder weiteres Material, das nicht dem zu analysierenden Text entstammt, verwendet wird. Die Strukturierung dient schließlich dazu, entsprechend der Fragestellung den Text anhand von Kriterien zu untergliedern, um relevante Strukturen erkennen zu können. Die Kriterien können dabei formal oder inhaltlich sein oder aber
Kategorien mit dem Ziel der Typen- oder Skalenbildung. (Vgl. Baur et. al. 2010 S. 354f.)
Durch die qualitative Inhaltsanalyse war es möglich, die Darstellung des Brunnenviertels in
verschiedenen Formaten in einer bestimmten Zeitspanne in der Presse zu untersuchen und zu
analysieren, welche Eindrücke über das Brunnenviertel vorherrschen und wie sie sich im Laufe der Zeit verändert haben.
Den Darstellungen des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs sollen im Anschluss die Wahrnehmungen der Anwohner_innen des Brunnenviertels gegenübergestellt werden. Dafür wurden acht qualitative, leitfadengestützte, halb offene Interviews mit Anwohner_innen geführt.
Die Fragen des Leitfadens waren dabei an den Thematiken der Zeitungen orientiert. Dabei
wurde versucht darauf zu achten, einen möglichst großen Querschnitt durch die Anwohnerschaft zu interviewen, d.h. Personen beider Geschlechter, verschiedener Alterstufen und Bildungshintergründe. Die transkribierten und codierten Interviews wurden ebenfalls mithilfe der
Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert. Des Weiteren wurde eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts „empirica“ aus dem Jahr 2005 mit dem Titel „Ergebnisse der Aktivierenden Befragung im Brunnenviertel, Berlin Wedding“ hinzugezogen.
So sollte es möglich werden zu untersuchen, inwiefern sich die Darstellungen des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs mit der Wahrnehmungen der Anwohner_innen decken oder widersprechen. Selbstverständlich wurde dabei berücksichtigt, dass es sich bei den Aussagen der
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qualitativen Interviews um situative Perspektiven handelt, die sich dementsprechend nicht
verallgemeinern lassen. Das bedeutet, dass sich die Darstellungen in den Zeitungen so nicht
eindeutig widerlegen lassen. Es kann jedoch gezeigt werden, dass die dargestellten Thematiken nicht für alle Anwohner_innen gleichermaßen relevant und die Berichterstattungen überspitzt und dramatisiert sind.
4. Darstellung des Gebiets in der Presse
4.1. Medienanalyse
Für die Medienanalyse wurde zuerst analysiert, wie viele Artikel von welchen Zeitungen über
das Brunnenviertel existieren. Zum Recherchezeitpunkt (Anfang April 2015) gab es 157 Treffer für den Suchbegriff "Brunnenviertel" in der Pressedatenbank der ARD. Der älteste ist vom
13. April 2000, der bis zur Zeit der Recherche älteste vom 26. März 2015. Über zwei Drittel
der Artikel sind dabei von 2009 oder jünger. Die folgenden Tages- und Wochenzeitungen
sind vertreten:
Berliner Morgenpost (41)
Berliner Zeitung (35)
Der Tagesspiegel (30)
Die Tageszeitung (19)
Neues Deutschland (14)
Frankfurter Allgemeine Zeitung (5)
BILD (3)
Die Zeit (2)
Süddeutsche Zeitung (2)
Die Welt (1)
Der Freitag (1)
Die Welt am Sonntag (1)
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (1)
Wirtschaftswoche (1)
Handelsblatt (1)
Hier lässt sich erkennen, dass das Brunnenviertel vor allem in Berliner Regionalzeitungen wie
der Berliner Morgenpost (MoPo) oder der Berliner Zeitung (BerlZ) bzw. in Berlin ansässigen
überregionalen Zeitungen wie dem Tagesspiegel (TSP) und der Tageszeitung (taz) thematisiert wird. Das lässt vermuten, dass das Brunnenviertel überregional eher weniger bekannt
oder relevant ist. Häufig thematisieren die Artikel dabei auch nicht das Brunnenviertel an
sich, sondern benennen es nur als eine grobe Ortsangabe für anderen Thematiken. So z.B. in
einem Artikel im TSP über die Reinigung von Stolpersteinen zur Erinnerung an den 75. Jah!
8!
restag der Reichspogromnacht: „Später sollte es um die zur selben Gemeinde gehörende Zionskirche weitergehen, rund 180 Stolpersteine im Kiez zwischen Scheunen- und Brunnenviertel waren zu reinigen […].“ (Conrad 2013) Teilweise geht es in den Artikel auch um andere Gebiete, die ebenfalls Brunnenviertel genannt werden, wie z.B. ein Gebiet im Osten
Leipzigs, das von Immobilieninvestoren Brunnenviertel getauft wurde. (Vgl. Dvieriel 2013)
Solche Artikel blieben deshalb in der Analyse unberücksichtigt. Es blieben 82 von 157 Artikeln, die das Gebiet genauer charakterisieren und auf eine bestimmte Art und Weise darstellen. Die Beiträge variieren dabei von Beschreibungen in ein bis zwei Sätzen hin zu ganzen
Reportagen, die sich hauptsächlich mit dem Brunnenviertel auseinandersetzen. Von diesen
Artikeln wurden nun mithilfe des Codierprogramms MAXQDA9 die relevanten Textpassagen
ausgewählt, paraphrasiert und anschließend Kategorien zugeteilt, um einen Überblick über die
Darstellung des Gebiets zu erhalten. Anschließend wurden die vergebenen Kategorien in
Überkategorien zusammengefasst und überprüft, ob möglicherweise bestimmte Kategorien
eigentlich zur gleichen Kategorie gehören, aber einer anderen Namen zugewiesen bekommen
haben. Dadurch wurde es möglich, die verschiedenen Attribute, die dem Brunnenviertel zugeschrieben wurden, zu erkennen.
Im Folgenden werden nun zunächst die unterschiedlichen Thematiken, mit denen das Brunnenviertel in Verbindung gebracht wurde, vorgestellt.10 Anschließend wird untersucht, ob und
inwiefern sich die Berichterstattung im Laufe der Zeit verändert hat.
4.2. Vergangenheit des Gebiets
Ein Teil der Zeitungsartikel beschäftigt sich, wenn auch meist eher in Nebensätzen, mit der
Vergangenheit des Gebiets. Es wird sich z.B. auf die Zeit des Kaiserreichs bezogen, in der die
erste Bebauung des Viertels erfolgte. So schreibt z.B. der TSP: „Die Weddinger Ackerstraße
war zur Kaiserzeit wirklich ein Hinterhof-Slum, mit katastrophaler Enge, feuchten Kellerverschlägen, Lichtmangel und kranken Kindern.“ (Loy 2013 S. 12) Oder die Zeit: „Die Ackerstraße, Mitte des 18. Jahrhunders auf Befehl Friedrich II. angelegt und zunächst von Maurern
und Zimmerleuten aus dem Vogtland bevölkert, war immer eine arme Straße, seit den 1880er
Jahren geprägt von Überbevölkerung, Wohnungsnot und sozialem Elend.“ (von Uslar 2014 S.
45)
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Dabei handelt es sich um eine Computer-Software zum Codieren von Textdokumenten. Sie macht es möglich
verschiedenen Textpassagen Codes zuzuordnen und so einen Überblick über die vergebenen Kategorien zu erhalten. Rückwirkend lassen sich so alle einem Code zugeordneten Textpassagen anzeigen. Das ist vor allem bei
großen Mengen an Dokumenten wie in diesem Fall praktisch.
10
Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass sich die einzelnen Thematiken nur analytisch trennen lassen.
Meist hängen sie miteinander zusammen oder lassen sich zu mehreren Kategorien zuordnen.
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9!
In der Regel dienen die Rückgriffe auf die Vergangenheit des Viertel, um den Wandel des
Ortes darzustellen und die vergangene der heutigen Situation gegenüberzustellen. So z.B. in
der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS): “[H]at sich im Laufe der Geschichte
heftig gewandelt – vom beliebten Ausflugsziel […] zum mit Mietskasernen vollgepfropften
Arbeiterviertel und Kampfplatz zwischen Nazis und Kommunisten als Teil des »Roten Wedding«. Heute wird hier nicht mehr gekämpft, aber auch dramatisch weniger gearbeitet.“
(Thomann 2010 S. 55)
Ein großer Teil der Artikel beschäftigen sich auch mit der großen Flächensanierung der 60erbis 80er-Jahre. „Das Brunnenviertel war in den 60er- und 70er-Jahren Deutschlands größtes
Sanierungsgebiet. Viel Altbausubtanz wurde damals Opfer der Abrissbirne und durch Betonbauten ersetzt.“ (Marheinecke 2000 S. 32) Dadurch wird in der Regel versucht, die heutige
besondere Struktur und das jetzige Erscheinung des Viertels zu erklären. Häufig schließen
daran positive oder negative Aspekte sowie genauere Ausführung über die Architektur des
Viertels an.
4.3. Sozialstrukturelle Merkmale der Bewohner_innen
Neben der Vergangenheit des Viertels werden auch immer wieder sozialstrukturelle Merkmale der Bewohner_innen thematisiert, beispielsweise ihr Alter. Dabei wird das Gebiet zum einen als „eines der jüngsten Quartiere der Stadt“ (Apin 2010 S. 23) beschrieben. In anderen
Artikeln hingegen werden ältere Menschen als das Straßenbild prägend hervorgehoben. (Vgl.
von Uslar 2014 S. 45)
Besonders häufig wird die Multikulturalität des Viertels hervorgehoben. So beschreibt beispielsweise die BerlZ das Brunnenviertel als ein Gebiet, in dem „sechzig Prozent aus Migrantenfamilien kommen […].“ (Ahne 2011 S. M01) Meist wird der hohe Anteil an Menschen mit
Migrationshintergrund mit Problemen in Verbindung gebracht: „Das Viertel ist ein Schmelztiegel der unterschiedlichsten Nationalitäten. Dieses kulturelle Miteinander bringt trotz vieler
Vorteile auch spezifische Probleme […].“ (Fackelmann 2009 S. 21) So wird meist im gleichen Zusammenhang thematisiert, dass viele Bewohner_innen wenig oder kein Deutsch sprechen können, das Bildungsniveau sehr gering ist, es viele Empfänger_innen von Transferleistungen gibt, viele von Arbeitslosigkeit betroffen und von Armut bedroht sind.11 (Vgl. u.a.
Apin 2006 S. 23; Marheinecke 2000 S. 32; Otto, J. 2008 S. 75)
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Dazu ausführlicher im Unterkapitel 4.6. Negative Aspekte und Probleme.
10!
4.4. Architektur
Neben den Bewohner_innen wird auch die physische Umgebung des Viertels thematisiert.
Aufgrund der flächendeckenden Neubebauung im Rahmen der sog. Kahlschlagsanierung wird
teilweise auch die Architektur des Viertels thematisiert. Es wird öfter hervorgehoben, dass es
nur noch sehr wenige Altbauten im Gebiet gibt, (Vgl. Otto, S. 2008 S. 3) und dass es sich
überwiegend um sozialen Wohnungsbau der 70er- und 80er-Jahre handelt. (Vgl. Vorbringer
2012 S. 23) Dabei wird unter anderem der utopische Anspruch des sozialen Wohnungsbaus
der BRD sowie dessen Scheitern betont. „In Beton gegossen. Als die Architekten das Viertel
an der Brunnenstraße und Bernauer Straße planten, wollten sie mehr Luft und Licht für die
Bewohner – zum Preis der Verödung.“ (Loy 2013 S. 13) „Es lässt sich im abgeblätterten Beton der Neubauten eben genau beides besichtigen, das Beflügelnde und gleichzeitig das Bedrückende, weil doch kläglich Gescheiterte einer sozialen Utopie. […] Als Architekturmodelle, als Skulptur, müssen die Neubauten allesamt gut ausgesehen haben. Die Häuser aus den
sechziger Jahren haben noch eine Würde […], während den Gebäuden aus den siebziger und
achtziger Jahren die Visionen und das Geld für bessere Baumaterialien fehlen.“ (von Uslar
2014 S. 47) Allgemein kommt die Architektur des Viertels nicht sonderlich gut weg. So ist
die Rede von „wenig attraktiven 70er-Jahre-Bauten“ (Schmid 2008a S. 25), „architektonischen Horrorgebäude[n]“ (Rinke 2010 S. 23), „tristen Zehngeschossern“ (Messmer 2012 S.
43) und Sechziger-Jahre-Sozialbauten, die „echt übel“ (von Uslar 2014 S. 46) aussehen. Jedoch wird teilweise auch die architektonische Vielfalt gelobt. So schreibt der TSP: „Es gibt
durchaus eine architektonische Vielfalt und interessante Blickwinkel […].“ (Loy 2013 S. 12)
Kritisiert wird aber im Anschluss auch eine fehlende Erdgeschossnutzung, die das Viertel
beleben könnte.
Auch das Innere der Wohnungen wird sehr unterschiedlich dargestellt. Auf der einen Seite
werden niedrige Decken, dunkle Balkone und lange Flure kritisiert. (Vgl. Loy 2008 S. 10)
Auf der anderen Seite werden gute Wohnungsgrößen und große, grüne und ruhige Innenhöfe
gelobt (Vgl. Fülling 2006 S. 15) und die Wohnungen als geräumig, luftig, hell und ideal für
Familien mit Kindern dargestellt. (Vgl. Apin 2010 S. 23) Außerdem sei ein Großteil der Mieter_innen mit ihren Wohnungen zufrieden. (Vgl. van Lessen 2004 S. 10)
4.5. Positive Aspekte und Vorteile
Auch wenn die Architektur des Gebiets im Zeitungsdiskurs im Allgemeinen nicht so gut weg
kommt, wird das Gebiet nicht nur negativ dargestellt. Einige Aspekte werden auch als explizite Vorzüge des Gebiets gelobt. So wird wiederholt die zentrale Lage des Gebiets betont. Die
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BerlZ schreibt z.B.: „Das Brunnenviertel hat eine tolle Lage, ist mitten in der Stadt und gut
angebunden […].“ (Schmid 2008b S. 19) Auch die geringe Entfernung zu den angrenzenden
Vierteln Alt-Mitte und Prenzlauer Berg wird gerne als Vorteil des Gebiets dargestellt. (Vgl.
u.a. Schmid 2008a S. 25; Vorbringer 2012 S. 23) Im gleichen Zusammenhang wird meist
auch die gute Anbindung an den ÖPNV sowie die relativ kurze Fahrtdauer zu zentralen Orten
wie dem Alexanderplatz in Mitte hervorgehoben. (Vgl. Nikolow 2008 S. 10) Trotz der zentralen Lage sei das Viertel aber schön grün und ruhig. (Vgl. Schmid 2008a S. 25) Die MoPo
schreibt z.B.: „Die Vorzüge des Viertels sind vielen nicht bewusst […]. Die Nähe zu Prenzlauer Berg und Mitte, die guten Wohnungen, die fast flächendeckende Verkehrsberuhigung,
das viele Grün in den weiten Innenhöfen.“ (Fahrun 2006 S. 13)
Ein weitere Punkt, der mehrfach benannt wird, sind die vergleichsweise niedrigen Mieten
sowohl für Wohnraum als auch für Gewerbe (Vgl. Schmid 2008a S. 25; Loy 2008 S. 10) und
die guten Konditionen (z.B. Mietfreiheit für begrenzte Zeit) für Geschäfte, welche die Degewo potenziellen Mieter_innen anbietet, um das Gebiet zu beleben. (Vgl. Schmid 2008a S.
168) Auch die guten nachbarschaftlichen Kontakte, der starke soziale Zusammenhalt (Vgl.
Loy 2013 S.12) sowie der multikulturelle Austausch (Vgl. Weingärtner 2010 S. 6) werden als
Stärken des Viertels gesehen. Das Gebiet habe einen rauen, aber sympathischen Charme und
sei ein Ort, wo Berlin noch authentisch wäre. (Vgl. Anders 2008a S. 14) Allgemein handele
es sich um eine Gegend, die viel Potenzial habe. (Vgl. Goldstein & Dolif 2008 S. B1)
4.6. Negative Aspekte und Probleme
Neben den einzelnen positiven Aspekten des Viertels werden in vielen Artikeln mehrfach
auch Probleme und negative Aspekte des Gebiets thematisiert. Ein Teil hängt dabei direkt
oder indirekt damit zusammen, dass das Brunnenviertel eine sozialschwache Gegend ist. So
wird wiederholt hervorgehoben, dass es im Brunnenviertel besonders viele Sozialhilfeempfänger_innen gibt, die Arbeitslosenquote besonders hoch ist und allgemein viele Menschen
auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Außerdem sei die Kinderarmut äußerst
hoch. So schreibt z.B. die Zeit:
„[D]as Brunnenviertel […] gehört zu den Gebieten im westlichen Berlin mit »sehr niedrige[m] sozialen Status«, »negativer Entwicklung« und »erhöhtem Investitionsbedarf«, schneidet also bei Indikatoren wie Arbeitslosigkeit, Kinderarmut und Fluktuation der Bevölkerung
besonders schlecht ab.“ (Otto, J. 2008 S. 76)
Allgemein gebe es eine „schwierige Sozialstruktur“ (Marheinicke 2000 S. 32) im Brunnenviertel. Im gleichen Zusammenhang wird auch öfters der große Anteil an Bewohner_innen
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mit Migrationshintergrund12 hervorgehoben. So z.B. in der MoPo: „Die Probleme im Brunnenviertel sind kaum weniger brisant als im Soldiner Kiez oder in Neukölln-Nord: hohe Arbeitslosigkeit (die Quote liegt bei über 21 Prozent), beschmierte Häuserwände, leer stehende
Wohnungen und Ladenlokale. Viele alteingesessene Bewohner haben das Viertel in den vergangenen Jahren verlassen. Dafür bezogen seit den 60er-Jahren immer mehr Bewohner nichtdeutscher Herkunft im Viertel eine Wohnung (Anteil fast 40 Prozent). Wirtschaftlicher Niedergang und soziale Konflikte folgten.“ (Fülling 2006 S. 15)
Weitere Problematiken, die mehrfach im Zusammenhang mit den sozialen Problemen und der
geringen Kaufkraft der Bewohner_innen genannt werden, sind die geringe Anzahl an Läden
bzw. Ladenleerstand, fehlendes bzw. einseitiges Angebot, fehlende Kundschaft für neue Läden und Wohnungsleerstand. (Vgl. u. a. Van Lessen 2004 S. 10)
Des Weiteren werden v.a. in älteren Artikeln auch Problematiken mit Vandalismus, Drogen,
Gewalt und Kriminalität thematisiert. (Vgl. Van Lessen 2004 S. 10)
Mitunter werden dem Brunnenviertel Attribute wie „verschlafen“ (von Uslar 2014 S. 45),
„unbelebt“ (Vgl. Schmid 2008a S. 25), „trostlos“ (von Uslar 2014 S. 46), „trist und grau“
(Rinke 2010 S. 24), „ungemütlich“ (Messmer 2012 S. 43) und „hässlich“ (ebd.) zugeordnet.
Außerdem gebe es Probleme mit Lärm und Schmutz. (Vgl. Van Lessen 2004 S. 10) Allgemein handele es sich um einen vergessenen Stadtteil (Vgl. Treichel 2015 S. 2), der „gewöhnungsbedürftig“ (Bock 2012 S. 11) sei.
4.7. Segregation
In einigen Artikeln wird darüber hinaus auch von einem räumlich separierten und sozial bzw.
ethnisch segregierten Gebiet gesprochen. Zwar wird der Begriff Segregation selbst eher selten
verwendet. Es werden jedoch Phänomene beschrieben, die typisch für segregierte Gebiete
sind (dazu mehr in Kapitel 7.2. „Segregationsprozess“). Wiederholt wird z.B. hervorgehoben,
dass das Brunnenviertel in vielerlei Hinsicht anders ist als die angrenzenden ehemaligen Ostberliner Viertel. Dabei wird der Unterschied sowohl in architektonischer als auch in sozialstruktureller Hinsicht gegenüber Mitte und Prenzlauer Berg hervorgehoben, die Bernauer
Straße bzw. der Mauerpark teils sogar als fortbestehende (soziale) Grenze bzw. Mauer stilisiert. Zwischen den Stadtteilen herrsche keinerlei Austausch und die sehr unterschiedlichen
Bewohner_innen des einen gingen selten bis nie in die benachbarten. So schreibt z.B. der
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Ein großer Anteil an Bewohner_innen mit Migrationshintergrund wird hier nicht als ein negativer Aspekt oder
als ein Problem des Gebiets verstanden. Jedoch kann vermutet werden, dass die gleichzeitige Thematisierung
von sozialen Problemen und einem großen Anteil an Migrant_innen zu problematischen kausalen Verknüpfungen der beiden Aspekte durch die Autor_innen der Artikel bzw. der Leser_innen führen kann.
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TSP: „Die Bernauer Straße trennt heute keine Systeme mehr, sondern Sozialstrukturen. Oben
in Wedding wohnen die gering verdienenden Einwanderer aus der Türkei, Russland und Palästina, unten in Mitte die gut ausgebildeten Ärzte, Anwälte und Schauspieler aus dem Westen
Deutschlands und EU-Europa. Oben sinkt das Durchschnittseinkommen seit Jahren, unten
steigt es. […] Oben ist hartkantiger Sozialwohnungsbau, unten warm ausgeleuchtete Gründerzeitnostalgie.“(Loy 2008 S. 10) Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt:
„Wo einst die Mauer die Stadt durchschnitt, trennt heute der Mauerpark das junge, bunte,
schicke, gebildete Berlin von jenem anderen, das nur arm und nicht sexy ist.“ (Küpper 2010
S. 3) In der BerlZ schreibt man von einer „einzigartige[n] soziokulturelle[n] Grenze“, (Ahne
& Klesmann 2010 S. 19) welche eine der ärmsten Regionen Berlin mit vornehmlich türkischund arabischstämmigen Bewohnern vom wohlhabenden Bürgertum trennt. Auch wird die
Bernauer Straße mitunter als Schneise bezeichnet, die einst zwei Weltordnungen und mittlerweile Milieus voneinander trennt. (Vgl. Güngör 2002 S. 24) Es herrsche eine „spürbare Grenze“ (Vorbringer 2012) vor.
Teilweise wird dem Brunnenviertel zusätzlich eine Art Insellage attestiert, die von der Lage
an der ehemaligen Berliner Mauer herstamme. So gebe es zu der sozialen auch eine physische
Isolation durch die vielbefahrene Bernauer Straße und den vom Brunnenvierteln schwer zu
betretenden Mauerpark. So z.B. in der taz: „Zur sozialen und ethnischen Entmischung kommt
die städtebauliche Isolation. »Das Brunnenviertel war von drei Seiten von der Mauer umgeben« sagt Lochner. »An den Folgen leidet die Gegend noch heute.«“ (Apin 2010 S. 23) Und
die MoPo schreibt: „Allerdings sei das Viertel – wie zu Mauerzeiten – von den Nachbarbezirken abgeschnitten. Bessere Wege etwa durch den Mauerpark seien erforderlich.“ (Fülling
2006 S. 15)
Selten wird jedoch der Begriff Segregation direkt verwendet wie in der Zeit:
„Genau dort, wo die Ostberliner früher den verheißungsvollen Westen vermuteten, beginnt
das Brunnenviertel. Gleich hinter dem Mauerstreifen, der noch immer wie eine aufgeplatzte
Narbe zwischen Wedding und Prenzlauer Berg liegt und die beiden Stadteile voneinander
fernhält. Verheißungsvoll ist im Brunneviertel nichts mehr. Leere, verwahrloste Geschäfte
neben Billigramsch und Secondhand. Dazwischen viel Nichts, Armut und Depression. Segregationen nennen Soziologen und Stadtplaner [sic] das, was dem Brunneviertel in den vergangenen Jahren passiert ist. Das Gebiet entmischt sich. Die bürgerliche Mitte ist ausgezogen.
Was zurückbleibt, sind Hartz-IV-Empfänger[…].“ (Otto, J. 2008 S. 75)
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14!
4.8. Sozialer Brennpunkt
Neben der Darstellung als segregiertes Gebiet, das sich sehr von den angrenzenden Bezirken
unterscheidet, wird das Brunnenviertel auch explizit als sozialer Brennpunkt bzw. Problemviertel oder Problemkiez bezeichnet. So schreibt z.B. der Freitag: „Das Brunnenviertel ist,
was gern als sozialer Brennpunkt bezeichnet wird. Früher traf sich hier die eine offene Drogenszene, mittlerweile ist sie vertrieben. Geblieben sind Arbeitslosigkeit und Armut.“ (Becker
2006 S. 4) Und der TSP schreibt: „Das Brunnenviertel in Wedding gilt als Problemkiez.“ (Nikolow 2008 S. 10) Im Zusammenhang mit der Beschreibung des Brunnenviertels als Problemviertel werden teilweise auch bestimmte Phänomene benannt. So werden häusliche Probleme (Vgl. Ahne 2011 S. M02), „alltägliche[r] Alkoholismus“ (von Uslar 2014 S. 46) und
eine hohe Anzahl an Spielkasinos und Wettbüros (Vgl. Messmer 2012 S. 43) benannt. Allgemein würden die Menschen dort eine harte Existenz führen. (Vgl. Küpper 2007 S. 3)
Jedoch gibt es auch gegenteilige Ansichten bezüglich der Darstellung als Problemviertel. So
schreibt das Neue Deutschland (ND): „Die sozialen Brennpunkte in Wedding [sind] anderswo
[…]. Im Soldiner Kiez [hat] die Straßengewalt eine andere Qualität.“ (Otto, S. 2008 S. 3)
4.9. Strategien zur Verbesserung der Situation
Im Zusammenhang mit den Problemen des Gebiets werden auch verschiedene Initiativen sowohl des Quartiersmanagements, der Degewo, der Schulen, des Bezirks und privater Träger
portraitiert, die auf die Besserung der Situation abzielen. So schreibt z.B. die MoPo: „Doch
Senat und Bezirk, aber auch der größte Wohnungsvermieter, die Degewo, versuchen gegenzusteuern. Ein wichtiger Ansatz: alte Bewohnerstrukturen aufbrechen, das Viertel attraktiv für
Zuzügler aus den Nachbarbezirken gestalten.“ (Fülling 2006 S. 15) So werden z.B. Festivals
veranstaltet, um die Gegend attraktiver zu machen (Vgl. Schmid 2008a S. 25), ein Bildungsverbund der Schulen durch die Initiative der Degewo gegründet (Vgl. Dolif & Köhler 2008 S.
15), günstige Konditionen für potenzielle Ladenmieter_innen angeboten, um den Ladenleerstand entgegenzuwirken (Vgl. Molin 2008 S. 25), Modellklassen an den Schulen eingeführt,
um die Schulen auch für Schüler_innen (bzw. für deren Eltern) aus angrenzenden Gebieten
attraktiver zu machen (Vgl. Anders & Lange 2009 S. 13) und zwei Quartiersmanagements für
eine soziale und stadträumliche Aufwertung eingerichtet. (Vgl. Apin 2010 S. 23)
Dennoch wird teilweise kritisiert, dass nicht genug getan wird und die Initiativen nicht ausreichen, um die Situation zu ändern. (Vgl. Apin 2010 S. 23)
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15!
4.10. Schulen
Wiederholt werden auch die verschiedenen Schulen des Gebiets und deren Probleme thematisiert. Hier würden sich die sozialen Probleme besonders zeigen und die Schulen einen
schlechten Ruf haben. (Vgl. Küpper 2010 S. 3) So würden überwiegend die „Kinder aus bildungsfernen Schichten“ (Anders 2008b S. 11) die Schulen besuchen und die bildungsorientierten Eltern ihre Kinder in benachbarten Bezirken (z.B. in Alt-Mitte) auf die Schule oder auf
Privatschulen schicken. (Vgl. Anders & Lange 2009 S. 13) Allgemein hätten die Schulen über
die Zeit immer mehr ihrer Schüler_innen verloren und zurückgeblieben seien vor allem Schüler_innen mit Migrationshintergrund, deren Sprachschwierigkeiten und Kulturunterschiede
die Lehrer_innen überfordern würden. (Vgl. Anders 2008b S. 11)
Eltern ohne Migrationshintergrund würden ihre Kinder nicht mehr dort anmelden. Das Leistungsniveau sei schlecht, viele würden sitzen bleiben oder die Schule ganz ohne Abschluss
verlassen. Das führe dazu, dass selbst einige Eltern, die selbst einen Migrationshintergrund
haben, ihre Kinder dort nicht mehr zur Schule schicken wollen. (Vgl. Otto, J. 2008 S. 75)
Auch die Eltern aus Alt-Mitte, die ebenfalls im Einzugsgebiet leben, täten alles, um ihre Kinder nicht im Brunnenviertel auf die Schule schicken zu müssen. (Vgl. Keller 2009 S. 14) So
beschreibt z.B. die MoPo die Situation der Gustav-Falke-Schule im Brunnenviertel so: „Nördlich der Bernauer Straße liegt auch die Gustav-Falke-Schule. In der Grundschule gibt es in
manchen Klassen kein einziges deutsches Kind mehr. Kein Wunder, dass die Eltern auf der
südlichen Seite der Straße die Schule gar nicht erst für ihren Nachwuchs in Betracht ziehen.
»Ich schicke mein Kind doch nicht auf so eine Problemschule mit so vielen Ausländern«,
bekam Schulleiterin Karin immer wieder zu hören […].“ (Anders & Lange 2009 S. 13)
Die Zeit fasst zusammen: „Für die Schulen im Brunnenviertel zeigen sich die Auswirkungen
der sozialen Abwärtsspirale […].“ (Otto, J. 2008 S. 76)
Im Zusammenhang mit den Problemen der Schulen sei auch die Initiative der Degewo, mit
allen Schulen im Gebiet einen Bildungsverbund zu gründen, in dem die Schulen gemeinsam
an Strategien zur Verbesserung der Situation arbeiten, zu sehen. (Nikolow 2008 S. 10) Die
Degewo habe für sich erkannt, dass der Wohnungsleerstand auch stark mit dem schlechten
Ruf der Schulen zusammenhänge. Um wieder mehr solventere Familien ins Gebiet zu locken,
sei eine Verbesserung der Schulen nötig. (Vgl. Dolif & Köhler 2008 S. 15)
Auch die Einführung einer Modellklasse an der Gustav-Falke-Grundschule ließe sich in diesem Kontext einordnen. So wurde eine naturwissenschaftliche Schwerpunkt-Klasse (ab 1.
Klasse) geschaffen, deren Zugangsvoraussetzung das Bestehen eines Deutschsprachtests beinhaltet, mit dem Ziel mehr Kinder aus Alt-Mitte auf die Schulen zu locken. (Vgl. Klöpper
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16!
2011 S. 23) Das „Experiment“ (Ahne 2011 S. M01) sei nicht unumstritten. So fragt die FAS:
„Vorbildliche Integration – oder Elitenbildung?“ (Thomann 2010 S. 55) Es wird in Frage gestellt, ob die Klasse mit dem Schulgesetz vereinbar sei, da so eine Art Elitenbildung gefördert
würde. Die restlichen Schüler_innen hätten davon nichts bzw. würden zusätzlich benachteiligt, da sie von den deutschen Muttersprachler_innen getrennt wären. Dem entgegengehalten
wird, dass auch die anderen davon profitieren würden, da es dennoch zu einem Austausch und
einer Bereicherung auch für die anderen Kinder käme. (Vgl. ebd.)
Nichtsdestotrotz sei der Versuch ein Erfolg. So erreiche das Modellprojekt die „bildungsnahen Elternhäuser im benachbarten Prenzlauer Berg und Alt-Mitte“ (Weingärtner 2010 S. 6)
und es gebe mehr Anmeldungen als Plätze. Außerdem werde überlegt, das Projekt auszuweiten. (Vgl. ebd.)
4.11. Mauerpark
Ein weiteres Thema, in dessen Zusammenhang das Brunnenviertel thematisiert wird, ist die
geplante Bebauung eines Teils des Mauerparks sowie einer Erweiterung des Parkgeländes an
das Brunnenviertel und einen direkten Zugang zum Park.13 Auch dieses Vorhaben ist nicht
unumstritten. So gäbe es Angst vor Verdrängung als Resultat der städtebaulichen Aufwertung. Verschiedene Initiativen mobilisieren gegen die geplante Bebauung. (Vgl. Küpper 2010
S. 3) Dabei ist die Haltung der Bewohner_innen des Brunnenviertels zur geplanten Bebauung
ebenfalls umstritten. So wird der Widerstand als vor allem von Bewohner_innen des Prenzlauer Bergs initiierter dargestellt. Die Bewohner_innen des Brunnenviertels hätten kein Problem mit der Bebauung. Sie würden sich in erster Linie nicht dafür interessieren und hätten
„andere Sorgen“ (Klinger 2011 S. 4) existenzieller Natur. Man verstehe nicht, worüber sich
die Prenzlauer Berger echauffieren würden. Außerdem bräuchten die Bewohner_innen des
Brunnenviertels den Mauerpark ja gar nicht, da sie den Humboldthain hätten. Mitunter würde
die potentielle Aufwertung und Veränderung der sozialen Verhältnisse sogar explizit begrüßt.
(Vgl. ebd.)
Andererseits gebe es doch Sorgen vor Veränderung und die Befürchtung, dass dann „das neue
Berlin über sie herfällt.“ (Klinger 2011 S. 4)
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13
Lange Zeit war der Park nur über den Umweg durch den Gleimtunnel verbunden. Seit Juli 2013 ist der Park
auch direkt vom Brunnenviertel durch einen Weg begehbar. (Vgl. Birnbach 2013 S. 9)
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17!
4.12. Veränderungsprozesse
Neben Zuständen und Problematiken werden in der Presse auch Veränderungsprozesse im
Brunnenviertel beschrieben. Es lassen sich dabei grob drei, mitunter auch sich widersprechende14 Prozesse erkennen.
Einerseits wird das Brunnenviertel als ein Gebiet mit einer negativen Entwicklung dargestellt,
das zu „kippen“ (Vgl. Otto, J. 2008 S. 75) drohe. Das Wohnumfeld werde schlechter und viele Alteingesessene ziehen weg. (Vgl. Güngör 2000 S. 32) Insgesamt nehmen die Bewohner
eine negative Entwicklung des Viertels wahr. (Vgl. Fahrun 2006 S. 13) Es zögen Leute zu,
mit denen man nicht mehr zurecht komme. (Vgl. Van Lessen 2004 S. 10) So schreibt z.B. die
MoPo: „Die sozialen Probleme im Viertel haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen […].“ (Dolif & Köhler 2008, S15) Die Zeit spricht von einer „sozialen Abwärtsspirale“
(Otto, J. 2008 S. 75). Sobald sich die eigene soziale Lage bessere, würden die Leute wegziehen. (Vgl. Nikolow 2008 S. 10) Der TSP schreibt rückblickend dazu: „Mit dem Niedergang
des Viertels in den 90er Jahren stiegen Kriminalität und Verwahrlosung. Das Brunnenviertel
verlor im Wettbewerb der Innenstadtquartiere Einwohner und Kaufkraft. An der Bernauer
Straße wuchs eine soziale Mauer zwischen den sanierten Altbauten in Mitte und dem abgehängten »Migrantenviertel« in Wedding.“ (Loy 2013 S. 12) Und die MoPo schreibt ebenfalls
rückblickend dazu: „[S]päter wurde aus dem einstigen Arbeiterviertel ein Arbeitslosenviertel,
das immer wieder durch Kriminalität und Armut für Schlagzeilen sorgte.“ (Anders 2008a S.
14)
Andere Artikel stellen hingegen keinerlei Veränderung fest. So würde es nicht besser werden,
das Viertel bleibe bestehend auf einem (niedrigen) Niveau und die Zahlen würden sich nicht
ändern. (Vgl. Treichel 2015 S.2) Teilweise werde aber auch begrüßt, dass sich nicht viel geändert habe. (Vgl. von Uslar 2014 S. 45)
In anderen Artikel hingegen werden Entwicklungen mit Aufwärtstendenzen beschrieben. Es
habe sich viel getan im Brunnenviertel. (Vgl. Treichel 2015 S. 2) So stellt z.B. die taz fest,
dass sich das Gebiet seit 2005 langsam stabilisiert habe. (Vgl. Reinhäckel 2011 s. 32) Man
könne wieder von einer sozialen Mischung sprechen. (Vgl. Rada 2012 S. 23) Das DegewoVorstandsmitglied Frank Bielka hebt in einem Interview hervor: „Das Viertel ist längst kein
sozialer Brennpunkt mehr.“ (Berliner Morgenpost 2011, S. 15) So gebe es eine steigende
Nachfrage nach Wohnungen und quasi keinen Wohnungsleerstand mehr. (Vgl. Rada 2012 S.
23) Neue Läden würden aufmachen (Vgl. Anders 2008 S. 14) und wohlhabendere Leute zu!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
14
Was sich aber zumindest teilweise auch durch den langen Zeitraum der Medienanalyse erklären lässt. Dazu
mehr im nächsten Kapitel 5. „Veränderung der Darstellung zwischen 2000 und 2015“.
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18!
ziehen. (Vgl. Bock 2012 S. 11) Es gebe einen „Imagewandel“ (Rada 2012 S. 23) und auch die
Hemmnisse gegenüber der Architektur würden schwinden. (Vgl. Loy 2013 S. 12) Allgemein
sei das Gebiet „im Kommen“. (Vgl. Anders 2008 S. 14)
Auch wenn die Degewo die Aufwertung des Gebiets nun begrüßt und maßgeblich forciert
(Vgl. Zylka 2008), werde die Aufwertung nicht von allen uneingeschränkt befürwortet. (Vgl.
Ehrmann 2013 S. 17) Die Bewohner_innen würden teilweise Sorge vor Veränderungen haben
und Verdrängungsängste äußern. (Vgl. Loy 2013 S. 12) So würden die Mieten bereits steigen,
junge Leute in die Gegend ziehen und die Verdrängung alteingesessener Mieter_innen beginnen. (Vgl. Treichel 2015, S. 2) Die BerlZ prognostiziert: „Vielleicht zähl das Brunnenviertel
bald schon nicht mehr zu den ärmsten Gegenden Berlins.“ (ebd.) Teilweise wird auch von
anfangender Gentrifizierung gesprochen. Der TSP befürchtet: „Wenn die Gentrifizierungswelle weiter in das Brunnenviertel schwappt, hat das mit sozialer Mischung nichts zu tun.“
(Ehrmann 2013 S. 17)
5. Veränderung der Darstellung zwischen 2000 und 2015
Da die Darstellung des Brunnenviertels relativ heterogen ist und sich die Zuschreibungen
mitunter widersprechen, ist es interessant zu schauen, ob sich die Darstellungen des Viertels
im Laufe der Zeit geändert haben und sich möglicherweise die, im Rahmen des Monitoring
Soziale Stadtentwicklung festgestellte, positive Dynamik auch in den Darstellungen der untersuchten Zeitungen widerspiegelt.15 Dafür wurde der sog. Code-Matrix-Browser in
MAXQDA verwendet. Dieser macht es möglich zu analysieren, wie oft und wann bestimmte
Codes in den Artikeln vergeben wurden. Da die Artikel im Programm chronologisch nach
dem Datum sortiert sind, kann man so erkennen, ob bestimmte Codes in neueren Artikeln
nicht mehr vorkommen oder Codes erst ab einem bestimmten Zeitpunkt auftauchen. Hier sind
zwei Vermutung möglich: Der Aufwärtstrend, der sich in den statistischen Daten des Monitoring für Soziale Stadtentwicklung zeigt, spiegelt sich auch im Zeitungsdiskurs wider oder aber
der Aufwärtstrend wird nicht wahrgenommen und das Gebiet aufgrund von vorherrschenden
Meinungsbildern nach wie vor negativ dargestellt.
Bei den drei Kategorien Vergangenheit des Gebiets, sozialstrukturelle Merkmale und Architektur lassen sich keine Besonderheiten erkennen; die vergebenen Kategorien treten relativ
gleichmäßig bzw. nur so sporadisch auf, dass kein Muster erkennbar ist. Auch bei der Katego!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
15
Zwar muss jede einzelne Zuschreibung des Viertels gleich bewertet werden, da es sich um eine qualitative
Methode handelt. Das heißt, dass alle Daten unabhängig von der Häufigkeit und der Stärke der Zuschreibung
gleich behandelt werden müssen. Dennoch kann es aufschlussreich sein zu schauen, ob sich die Darstellung im
Laufe der Zeit verändert hat, da etwaige Verbesserungen oder Verschlechterungen der Situation auch in der
Presse widergespiegelt werden können.
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19!
rie Positive Aspekte und Vorteile lässt sich kein bestimmtes Muster erkennen. Die Codes sind
relativ gleichmäßig über den gesamten Berichterstattungszeitraum verteilt mit einzelnen Häufungen zu bestimmten Zeiten.
Bei der Kategorie Negative Aspekte und Probleme hingegen lässt sich ein Trend erkennen. So
nimmt die generelle Häufigkeit im Laufe des Untersuchungszeitraums im Schnitt deutlich ab.
Nur bei einem neueren Artikel in der Zeit gibt es wieder eine verstärkte Häufung der Unterkategorie sozialschwache/prekäre Gegend.
Ähnliches lässt sich auch bei der Kategorie Segregation erkennen. Hier gibt es ebenfalls einen
Trend zur Abnahme und eine Häufung im Zeitartikel. In diesem wird die Andersartigkeit gegenüber den angrenzenden Bezirken wieder verstärkt thematisiert und die Bernauer Straße
erneut als Grenze dargestellt.
Die Darstellung als sozialer Brennpunkt nimmt am Anfang des beobachteten Zeitraums erst
zu, dann ab 2011 wieder stetig ab. Seit Ende 2012 wird das Gebiet fast gar nicht mehr mit der
Thematik in Verbindung gebracht.
Die Kategorie Strategien zur Verbesserung der Situation wiederum ist anfangs relativ stark
vertreten und nimmt im Laufe der Zeit ab. Ab November 2010 werden nur noch sehr vereinzelt Strategien vorgestellt.
Bei der Thematisierung der Schulen im Gebiet lässt sich anfangs eine Zunahme der Unterkategorie Problemschulen und zeitversetzt auch der Unterkategorie Modellschulen beobachten.
Nach Mitte 2011 werden die Schulen des Gebiets gar nicht mehr beschrieben.
Die Thematisierung des Brunnenviertels im Zusammenhang mit dem Mauerpark nimmt im
Laufe der Zeit eher zu, wobei sich hier kein klarer Trend beobachten lässt.
Veränderungen des Gebiets lassen sich relativ gleichmäßig im Rahmen der Berichterstattung
beobachten, wobei sich hier zwei gegenläufige Tendenzen erkennen lassen: So nimmt die
Darstellung des Brunnenviertels als ein Gebiet, das eine negative Entwicklung aufweist und
zu kippen droht, ab und die Darstellung des Brunnenviertel als ein Gebiet, das sich stabilisiert
bzw. im Kommen ist, zu.
Es lässt sich also erkennen, dass die Presse den Aufwärtstrend, der sich auch in den Statistiken abzeichnet, ebenfalls wahrnimmt und sich die Darstellung des Gebiets mit einigen Ausnahmen erkennbar wandelt, von einem Gebiet mit vielen Problemen und negativer Tendenz
hin zu einem Gebiet mit weniger Problemen und positiver Entwicklung.
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6. Wahrnehmung des Gebiets aus Sicht der Anwohner_innen
Im Folgenden wird nun untersucht, wie die Anwohner_innen das Viertel wahrnehmen und ob/
inwiefern sich ihre Wahrnehmung vom Zeitungsdiskurs unterscheidet.
Dafür wurden von Mitte Februar 2015 bis Anfang März 2015 acht qualitative, Leitfadengestützte Interviews geführt. Um möglichst unterschiedliche Perspektiven zu erhalten, wurde
versucht, einen großen Querschnitt in Bezug auf Geschlecht, Bildungsgrad, Alter, Migrationshintergrund und Wohndauer im Gebiet der Bewohnerschaft abzudecken. Dementsprechend wurden sowohl Frauen (5) als auch Männer (3) sowie Akademiker_innen (5) und
Nicht-Akademiker_innen (3) interviewt. Außerdem wurden ältere (zwei über 70, zwei über
40 Jahren alt) und jüngere (zwei unter 40, zwei unter 30 Jahren alt) Menschen sowie Personen
mit und ohne Migrationshintergrund (jeweils zwei und fünf) befragt. Überdies wurde auch
darauf geachtet, lange im Gebiet Wohnende (eine seit 27 Jahren, eine seit 10 Jahren, eine seit
9 Jahren, eine seit 7 Jahren) und noch nicht so lange im Gebiet Wohnende (zwei seit 5 Jahren,
zwei seit 3 Jahren) zu befragen. Zudem sind die Wohnorte der Befragten relativ breit über das
Untersuchungsgebiet verstreut. (siehe Karte 11.1. im Anhang)
Ein Teil der Interview-Partner_innen wurde über die Kontaktanzeige der Weddinger InternetZeitung „Weddingweiser“ bzw. der Internetpräsenz des Quartiersmanagements Brunnenviertel-Ackerstraße rekrutiert. Der andere Teil wurde durch Empfehlung der InterviewPartner_innen bereits geführter Interviews gewonnen. Den Interview-Teilnehmer_innen wurden Fragen bezüglich ihrer Zufriedenheit mit ihrem Wohnumfeld16, ihrem Sicherheitsempfinden, Zukunftswünschen für die Entwicklung des Gebiets, Erfahrungen mit den Schulen im
Gebiet, Freizeitverhalten, Veränderungen des Viertels in den letzten Jahren sowie der Außenwirkung und der wahrgenommenen medialen Darstellung des Brunnenviertels gestellt.
Den Aussagen, die aus den selbsterhobenen Interviews gewonnen wurden, werden dann, sofern vorhanden17, die Ergebnisse einer 2005 vom wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen
Beratungsunternehmen empirica im Auftrag des „Stadtteilmanagement Brunnenviertel“ erhobenen repräsentativen, quantitativen, teils auch offenen, qualitativen Befragung zur Entwicklung eines gemeinsamen Handlungskonzepts für das Brunnenviertel gegenübergestellt.18 Die
Gegenüberstellung dient hier vor allem dazu zu zeigen, wie die Wahrnehmung des Gebiets
durch die Anwohner_innen vor zehn Jahren war.
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16
Unter Wohnumfeld wird hier sowohl das soziale Wohnumfeld in Bezug auf Nachbar_innen und Mitmenschen
als auch in architektonischer und infrastruktureller Hinsicht verstanden.
17
Nicht alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Thematiken wurden auch von empirica erforscht.
18
Empirica hat vom 27. August bis zum 13. September 582 Bewohner_innen befragt wobei mit 200 Befragten
intensivere Gespräche geführt wurden. (Vgl. empirica 2005 S. 9)
!
21!
Ähnlich wie auch die mediale Darstellung sind auch die Wahrnehmungen der Anwohner_innen divers. Dennoch gibt es einige Gemeinsamkeiten in ihren Antworten. So sagen alle
Anwohner_innen, dass sie gerne im Gebiet wohnen. Wobei hier unterschieden werden muss
zwischen einem langwierigen Gewöhnungsprozess an das Gebiet, das anfangs wie ein „Alptraum“ (Befragte 8) wahrgenommen wurde und der raschen Feststellung, dass es sich um „'ne
schöne Gegend“ (Befragter 1) handelt. Viele der Befragten würden, auch wenn es ihnen finanziell möglich wäre, nicht mehr woanders wohnen wollen.
Das Forschungsinstitut empirica kommt bei seiner Umfrage zu einem ähnlichen Ergebnis. So
wären über 80% der Befragten zumindest einigermaßen zufrieden mit ihrer Lebenssituation
im Viertel und davon würde es sogar über 50% eigentlich sehr gut gefallen. Lediglich 17%
wären unzufrieden. Jedoch hätten 53% schon mal über einen Wegzug aus dem Gebiet nachgedacht. (Vgl. empirica 2005 S. 13f.)
Obwohl alle der im Rahmen dieser Arbeit Befragten gerne im Gebiet wohnen, waren die ursprünglichen Beweggründe, in das Gebiet zu ziehen, sehr unterschiedlich. Zwar werden hier
wiederholt die verhältnismäßig günstigen Mieten sowie die zentrale Lage des Gebiets genannt. Eine Befragte antwortet hingegen: „Ich bin hergezogen, weil ich mich verliebt habe
und der Mann, der wohnte hier im Viertel.“ (Befragte 3) Wiederum ein anderer Befragter sagt
dazu: „Bin damals aus dem Prenzlauer Berg verdrängt worden. […] Dann hab ich mir halt ne
Wohnung hier im Wedding gesucht.“ (Befragter 1)
Allgemein wird das Wohnumfeld eher positiv bewertet. Die zentrale Lage, das viele Grün
sowie der nahe Humboldthain werden als vorteilhaft betrachtet. Die Architektur des Gebiets
wird hingegen eher ambivalent bewertet. Ein Teil findet die Gebäude interessant und verweist
auf die großen, grünen Hinterhöfe sowie auf die vielen Freiflächen. Außerdem seien die
Wohnungen groß und gut geschnitten. Einige der Befragten verweisen auch auf die architektonische Vielfalt des Gebiets.
Eine Befragte dagegen findet das Viertel architektonisch eher mittelmässig und eine andere
im Großen und Ganzen nicht so schön. Wiederum eine andere Anwohnerin stellt fest: „Also
ich find sie [die Häuser] nicht schön. Die sind praktisch von Innen, aber von Außen hässlich“
was aber praktischerweise vor Zuzug „schützen“ würde (Befragte 3).
Ein Befragter thematisiert auch die fehlende Möglichkeit einer Erdgeschossnutzung des Großteils der Gebäude, was „schade“ (Befragter 2) sei. Auch sei, so gibt ein anderer Befragter an,
die Architektur teilweise unsozial, da sie durch Größe und Aufbau unpersönlich ist. Man kenne die Nachbar_innen nicht und alles ist einfach „zusammengepackt“ (Befragter 1).
!
22!
Am Straßenbild wiederum wird wiederholt die mangelnde Sauberkeit kritisiert. So gebe es
teilweise große Probleme mit Müll auf der Straße. Eine Befragte beschreibt es sogar als „vernachlässigt und heruntergekommen“. Eine andere Befragte bezeichnet die Situation als „bipolar“ (Befragte 4). So sagt sie: „Es ist so, so zwiegespalten. Auf der einen Seite gibt’s halt die
Gleimoase, die ich total schön finde, und die Swinemünder Straße, die halt verkehrsberuhigt
ist, die auch total schön blüht. Auf der anderen Seite ist halt einfach Hundescheiße überall
und es liegt da ne Couch und da nen Fernseher [...].“ (Befragte 4)
Auch in der Umfrage von empirica 2005 wird fehlende Sauberkeit und Müll als Problem gesehen, das die Qualität und Nutzbarkeit des Viertels einschränke. (Vgl. empirica 2005 S. 21)
Dabei werde sich sowohl auf das eigene Haus und hausnahe Bereiche bezogen als auch auf
den öffentlichen Raum, der oft verwahrlost sei. Häufig seien die Beschwerden über Verschmutzung auch „Ausdruck von Ärger und Unverständnis gegenüber Menschen in der
Nachbarschaft bzw. deren Verhalten […].“ (empirica 2005 S. 23)
Das soziale Umfeld wird im Großen und Ganzen als relativ gut bewertet. Ein Teil gibt an,
dass die Nachbarschaft gut ist und die meisten Menschen sehr freundlich wären. So sagt z.B.
ein Befragter: „Ich mein, ich fühl mich wohl in dem Haus und ich hab, wie gesagt, super
Nachbarn.“ (Befragter 1) Ein anderer Befragter weist darauf hin, dass trotz der hohen Multikulturalität des Viertels alle prima miteinander auskämen. Man gebe aufeinander Acht.
Eine andere Befragte beschreibt das soziale Umfeld zumindest als unproblematisch, wenn
auch distanziert. Sie habe eher weniger Kontakt zu ihren Nachbar_innen, was sie aber nicht
problematisch findet. Drei der Befragten haben zwar Beschwerden über einzelne Nachbar_innen, die sie aber selbst nicht als gebietsspezifisch bezeichnen würden. Insgesamt wird
nur von kleineren Problemen bzw. Ausnahmen berichtet, aber „Querschläger“ gebe es immer.
Das Ergebnis des Beratungsinstituts empirica fällt 2005 hier hingegen eher ambivalent aus.
So äußern sich einige Befragte, dass sie sehr gute Kontakte in ihrem näheren Umfeld haben,
sie sich rundum wohlfühlen und keine Probleme haben. Empirica zitiert hier: „Wir haben sehr
gute Kontakte zu unseren Nachbarn, falls man sie braucht, sind sie da.“ (empirica 2005 S. 17)
Andere stellen eine unproblematische Anonymität fest: „Es ist recht anonym und entspannt
hier. Man redet nicht viel miteinander und lässt sich in Ruhe.“ (empirica 2005 S. 17) Wiederum andere der Befragten beschweren sich über die fehlende Hilfsbereitschaft ihrer Umgebung. Die Leute seien unhöflich und es sei schwer, eine gute Nachbarschaft zu pflegen. (Vgl.
empirica 2005 17f.) Jede_r fünfte Befragte gibt an, dass sie die Bevölkerungsstruktur ihres
Wohnortes stört. Dabei werde sich nicht auf Einzelpersonen, sondern Bewohnergruppen bezogen. In diesem Zusammenhang würden Ausländer_innen und eine „falsche“ Mischung ge!
23!
nannt (auch von Personen mit Migrationshintergrund). Außerdem würde sich über sozial
Schwache (teilweise als Asoziale oder Drogenabhängige bezeichnet) wie auch Kinder und
Jugendliche beschwert. Das von ihnen ausgehende Verhalten werde als Belastung empfunden.
(Vgl. empirica 2005 S. 25)
Bei der Bewertung der Infrastruktur muss man unterscheiden zwischen der Anbindung an den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die von allen Befragten als hervorragend gelobt
wird, und der Ausstattung an Geschäften und Einkaufsmöglichkeiten, die unterschiedlich ausfällt. So sagt ein Befragter: „Einkaufsmöglichkeiten so für’n täglichen Bedarf ist ja top. Also
verglichen mit allem, wo ich gewohnt habe, ist es eigentlich besser Ausstattung gibt’s fast gar
nicht.“ (Befragter 2) Ein anderer Befragter fühlt sich eigentlich gut versorgt. Es gäbe zwar
keine aufregenden Geschäfte aufgrund der mangelnden Kaufkraft im Gebiet. Da müsse man
dann woanders hin, das würde ihn aber nicht weiter stören. Andere Befragte hingegen kritisieren, dass bestimmte Läden, die sie gerne im Gebiet hätten, fehlen würden. Die Nennungen
variieren hier von Einkaufmöglichkeiten wie Bioladen, Drogeriemarkt, Bücherladen und
Bäckereien über gastronomische Einrichtungen wie Cafés, Kneipen und „[w]as, wo man mittags mal essen gehen kann“ (Befragte 8) hin zu Freizeit-Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Auch wird wiederholt bedauert, dass bestimmte Geschäfte schließen mussten. Lediglich die hohe Anzahl an Spielkasinos und Wettbüros wird von zwei Befragten als problematisch wahrgenommen. Für eine Befragte sind sie ein störendes Zeichen für eine sozialschwache Gegend.
Das Beratungsinstitut empirica erkennt 2005 eine „in erster Linie […] gut[e] Bewertung
wichtiger Alltagsfunktionen, die der Stadtteil aus Sicht der Befragten erfüllt.“ (empirica 2005
S. 15) Häufig würden hier durch die Anwohner_innen die guten Einkaufsmöglichkeiten, die
Aufenthaltsqualität hinsichtlich der Grün- und Freiflächen und die zentrale Lage und gute
Erreichbarkeit genannt. (Vgl. ebd.)
Andererseits werde vor allem ein Mangel an Einrichtungen für Kinder und Jugendliche konstatiert, der zu Lärmbelastungen führe, da die Jugendlichen deshalb im öffentlichen Raum
verweilen. Außerdem gebe es qualitative Mängel in der Angebotstiefe des Einzelhandels, des
gastronomischen Angebots und den Zuständen der Grünanlagen sowie der Sport- und Spielplätze. Die schlechten Zustände letzterer stammten vor allem aus der Drogenproblematik.
(Vgl. empirica 2005 S. 23)
In Sicherheitsbelangen sehen die meisten Anwohner_innen keine Probleme. So gebe es keine
Gebiete, die aufgrund von Unsicherheitsempfinden gemieden werden. Drei Befragte gaben
zwar an, dass sie nachts dunkle Orte bzw. Parks meiden würden, das gelte aber für ganz Ber!
24!
lin und nicht speziell nur für das Brunnenviertel. Eine Befragte ist der Meinung, dass das
Brunnenviertel nicht das sicherste Viertel sei. So werde relativ viel geklaut, beispielsweise
Autos und Fahrräder.
Empirica kommt 2005 zu einem anderen Ergebnis. So wäre ein allgemeines Unsicherheitsgefühl weit verbreitet. Das habe vor allem mit dem ausgeprägten und sichtbaren Drogenhandel
und den damit verbundenen Problemen zu tun. Dem entsprechend würden auch 35% der Befragten bestimmte Orte im Viertel meiden, vor allem die, wo der Drogenhandel stattfinde.
Das Bild der Anwohner_innen über die Schulen im Gebiet hängt unter anderen davon ab, ob
sie bereits Kinder im schulpflichtigen (oder bald schulpflichtigen) Alter haben. Die Befragten
ohne Kinder geben entweder an, sich nicht mit den Schulen auseinandergesetzt zu haben und
sich deshalb kein Urteil über sie erlauben zu wollen, oder aber, dass sie glauben, dass sich die
Schulen in den letzten Jahren positiv entwickelt hätten. Auch würden sie sich die Schulen im
konkreten Fall angucken, um sich über das Angebot zu informieren, und außerdem würde
nichts dagegen sprechen solange sich das Kind dort wohl fühle.
Alle Befragten mit Kindern geben hingegen an, dass ihre Kinder in Alt-Mittel zur Schule gehen. Alle, u.a. eine Befragte mit türkischen Migrationshintergrund, stellen dabei fest, dass
ihnen der Anteil an „Ausländer_innen“ zu hoch sei. So sagt ein Befragter: „Man wünscht sich
immer, dass man ein offener Mensch ist, aber letztendlich hat man dann doch Vorbehalte und
hat dann doch Berührungsängste. Und hab halt irgendwie gedacht, dass es für meine Kinder
nicht gut ist, auf ne Schule zu gehen, wo ebend fast nur Ausländer sind und... Ja, ist ne traurige Wahrheit, ja?! Aber letztendlich ist es so.“ (Befragter 2) Zwar seien die Schulen im Gebiet
sehr engagiert und die Spezialklassen interessant, dennoch reiche das Angebot nicht aus, um
die Kinder dort anzumelden. Eine Befragte gibt zudem an, dass sie bei Hospitationen den
Eindruck gewonnen hätte, dass die Lehrer überfordert und unengagiert wären und nur stur den
Rahmenplan vermitteln würden. Kämen die Schüler nicht mit, wäre das ihr Problem. „Sie [die
Lehrerin] geht das durch und das ist ihr dann relativ egal, ob das eine oder das andere Kind
das verstanden hat.“ (Befragte 8) Eine andere Befragte hat das Gefühl, dass zumindest manche Schulen alleingelassen werden und nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen.19
Die Wohnungsmarktsituation wird ebenfalls sehr unterschiedlich bewertet. So gibt ein Befragter an, keine Angst vor Verdrängung zu haben, man verstehe sich gut mit dem Vermieter
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19
Zur Thematik Schulen hat empirica leider keine konkreteren Untersuchungen im Rahmen ihrer Umfrage ge-
macht.
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25!
und die Mietsteigerungen seien bisher auch nur mäßig gewesen. Auch sei viel in Besitz der
Degewo, die eine eher gemäßigte Mietenpolitik durchführen würden. Eine andere Befragte
begrüßt, dass es noch keinen Eigentumswohnungsmarkt im Viertel gibt. Andere Befragte hingegen geben an, dies nicht beurteilen zu können, wobei eine Person vermutet, dass es wahrscheinlich „wie überall Wohnungsmangel“ (Befragte 5) gebe. Und wiederum andere geben
an, dass sich die Situation im Gebiet angeglichen habe an andere Viertel. So seien mittlerweile alle Wohnungen vergeben, immer mehr würden gerne hinziehen und die Mieten seien
hochgeschossen. Mittlerweile wäre der Markt „angespannt“ (Befragte 1, 2 und 7). Ein Befragter sagt dazu: „Wenn ich jetzt hier umziehen wollen würde, könnt ich mir hier keine Wohnung mehr leisten. Das kann ich definitiv sagen.“ Eine andere beschreibt die Situation einfach
nur als „schrecklich“ (Befragte 8). Ständig kämen Mieterhöhungen ohne Rücksicht auf die
Mieter_innen.
Die Frage, ob viel Freizeit im Viertel verbracht wird, verneinen viele der Befragten. Es gebe
nicht sonderlich viel dafür. So sagt ein Befragter: „Aber im Brunnenviertel selber kann man
auch nicht viel Freizeit verbringen. Es gibt nicht viel Möglichkeiten. Also es gibt nicht viel,
wo man hingehen könnte.“ (Befragter 2) Diejenigen, die viel Zeit im Viertel verbringen, benennen als Grund vor allem die vielen Spielplätze, die mit dem eigenen Kind aufgesucht werden. Außerdem werden Engagements in verschiedenen Vereinen und Projekten genannt.
Die Frage, ob sie ihre Freizeit auch teilweise in den angrenzenden ehemaligen Ostberliner
Vierteln verbringen, beantwortet ein Großteil der Befragten mit ja. Die Gründe dafür sind
unterschiedliche. Einerseits werden bestimmte Einrichtungen wie Geschäfte oder Sportvereine genutzt. Andererseits werden Freund_innen, die dort wohnen, oder aber ein bestimmtes
Flair, das dort vorherrsche, genannt. Ein anderer Teil der Befragten geht bewusst nicht in diese Viertel, sondern orientiert sich mehr in Richtung restlicher Wedding, um diesen zu erkunden. Wiederum ein anderer Teil verbringt seine Freizeit eher in ganz anderen Stadtteilen.
Auf die Frage, wie sich das Viertel in den letzten Jahren entwickelt hat, erkennen die meisten
Anwohner_innen, ähnlich wie in den neueren Zeitungsartikeln über das Viertel, einen Aufwärtstrend und eine Entwicklung zum Positiven. So sagt ein Befragter dazu: „Ich würde eigentlich eher positiv sehen, weil ich schon auch denke, nen Viertel, was so komplett abgestürzt ist, wo ebend nur noch Sozialhilfeempfänger wohnen, ist auch nicht gut. Insofern find
ich’s schon gut, wenn es nen bisschen aufwärts geht mit so nem Kiez. Ja!“ (Befragter 2) Die
Entwicklung wird an Neuzuziehenden (hier werden z.B. junge Familien und Studenten genannt) sowie neuen Läden (z.B. Cafés) festgemacht. Eine Befragte prognostiziert: „Also un-
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26!
gefähr in fünf Jahren werden wir genauso sein wie hier am Hackeschen Markt.“ (Befragte 8)
Was sie durchaus begrüßen würde.
Auch wenn die Entwicklung von einigen als positiv bewertet wird, werden jedoch nicht alle
Aspekte der Entwicklung von allen Befragten begrüßt. So werde das Viertel immer teurer, der
Wohnungsmarkt habe sich angespannt und ein Befragter habe sogar Angst, sich in Zukunft
keine Wohnung im Viertel mehr leisten zu können.
Außerdem würden auch nach wie vor Läden schließen, dafür aber die Anzahl der Spielkasinos und Wettbüros zunehmen, was nicht begrüßenswert wäre.
Einige Befragte nehmen auch Bezug auf die Situation des Viertel, bevor sie dorthin gezogen
sind. So stellt einer fest: „Denk mal vor zwanzig Jahren, was ich zum Anfang vorhin meinte,
dass das halt nen... Das war ja nen sozialer Brennpunkt hier. Da hätte man sicherlich hier aufpassen müssen. Aber mittlerweile ist das einfach nicht mehr so.“ (Befragter 1) Auch habe es
wohl früher Drogenprobleme gegeben, weiß eine andere Befragte. Dies sei jedoch kein Problem mehr. Eine Anwohnerin hat jedoch auch das Gefühl, dass die Kriminalität steige, da
mehr geklaut werde.
Im Vergleich zu der eher als positiv wahrgenommenen Entwicklung des Gebiets meiner Befragung sieht über die Hälfte der Befragten bei empirica eine „Verschlechterung der Lebenssituation in den letzten beiden Jahren“ (empirica 2005 S. 14).
Im Zusammenhang mit der Bewertung der Veränderungen des Gebiets lassen sich auch die
Wünsche der Anwohner_innen für die Zukunft des Gebiets sehen. So wünscht sich ein Teil,
dass es (weiter) aufwärts geht, „dass mehr frischer Wind reinkommt“ (Befragte 8), mehr Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Cafés aufmachen und eine größere Diversität in diesen
Bereichen entsteht. Ein anderer Teil wünscht sich dagegen, dass das Viertel möglichst so
bleibt wie es jetzt ist und keine weitere Aufwertung geschieht. Denn die Mieten sollen stabil
bleiben und die Menschen, die dort wohnen, nicht durch Einkommensstärkere verdrängt werden. Auch sollten möglichst keine weiteren Häuser mehr privatisiert werden, da dies dazu
beitragen würde. Eine Befragte wünscht sich in diesem Zusammenhang zudem, dass die geplante Bebauung des Mauerparks so spät wie möglich oder am besten überhaupt nicht zustande kommt.
Empirica fragt 2005 nun nicht nach Zukunftswünschen, sondern danach, wo Handlungsbedarf
besteht. Dementsprechend sind die Antworten konkreter auf spezifische Problematiken bezogen. So werde am häufigsten die Schaffung neuer, bzw. die Verbesserung bestehender Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gefordert, um sie von der Straße zu holen und ihnen
eine Zukunftsperspektive zu bieten. Außerdem werde gefordert, etwas gegen die Drogenpro!
27!
blematik und das daraus entstehende Unsicherheitsempfinden zu tun. Die Forderungen blieben jedoch relativ allgemein und bieten wenig konkrete Lösungsvorschläge. Auch werden
Treffpunkte wie Stadtteil- oder Nachbarschaftscafés sowie Hof- und Straßenfeste gefordert,
um die verschiedenen Bewohnergruppen zusammenzubringen und einen kulturübergreifenden
Kontakt zu ermöglichen. Überdies sollten Strategien entwickelt werden, um die mangelnde
Sauberkeit und die Stadtteilqualität zu verbessern. (Vgl. empirica 2005 S. 31f.)
Was glauben die Anwohner_innen nun, wie das Viertel von Menschen, die nicht im Gebiet
wohnen, wahrgenommen wird? Auch hier gibt es keine einhellige Meinung. Zum einen glauben manche, dass das Brunnenviertel nicht als eigenständiges Viertel wahrgenommen, sondern in der Regel im Zusammenhang mit dem restlichen Wedding gesehen wird. Dem gegenüber habe sich die Meinung jedoch geändert und viele würden mittlerweile erkennen, dass
sich dieser positiv entwickeln würde. Außerdem würde das Brunnenviertel als günstiges
Wohngebiet, in dem man durchaus wohnen könne, wahrgenommen.
Andere hingegen denken, dass das Bild „nach wie vor negativ“ (Befragter 2) sei und manche
es für unangenehm, „assig“ (Befragte 7) und gefährlich halten würden. Auch würde der erste
Eindruck getrübt durch die Brunnenstraße, die aufgrund der vielen Spielkasinos ein bestimmtes Bild vermitteln und Menschen abschrecken würde.
Das Beratungsinstitut empirica kommt 2005 ebenfalls zu dem Schluss, dass kein einheitliches
Image bezüglich der durch die Bewohner vermuteten Außenwahrnehmung des Viertels existiert. Dennoch gebe es Trends, die sich aus der Vielzahl der Äußerungen erkennen ließen. So
hielten sich positive und negative Äußerungen in etwa die Waage und es gebe viele neutrale
Einschätzungen. Die meisten Äußerungen beziehen sich auf die Bevölkerungsstruktur. So
werde das Brunnenviertel häufig ethnisch konnotiert sowohl im negativen Sinne als „Auffanglager“ und „Ghetto“ als auch neutraler als „Klein-Istanbul“ und „Ausländerviertel“ bezeichnet. (Vgl. empirica 2005 S. 12)
Befragt nach Kenntnissen über mediale Berichterstattung über das Gebiet, geben viele der
Anwohner_innen an, dass ihnen darüber nichts bekannt wäre. Wenn dann werde über den
Wedding allgemein berichtet, aber nicht bzw. sehr wenig konkret über das Brunnenviertel
selbst. Es gebe keine Differenzierung zwischen dem Wedding und dem Brunnenviertel. Bei
denen, die über Kenntnisse verfügen, variiert die Meinung darüber, ob die Berichterstattung
den Tatsachen entspricht und fair ist oder nicht. So sagen die einen, die Berichterstattung
würde (leider) den Tatsachen entsprechen und wäre dementsprechend fair. So sagt eine Befragte dazu: „Das, was weiß ich, siebzig Prozent von Transferleistungen leben und sie.. über
siebzig Prozent Migrationshintergrund haben und sechzig Prozent der Kinder in Armut min!
28!
destens leben und so, das ist nun mal so, ne?! Das kann man nicht verschönern leider.“ (Befragte 7)
Eine andere Befragte hingegen findet, dass ein vorherrschendes Bild und Klischees gepflegt
werden, die schon länger nicht mehr den Tatsachen entsprächen. Die Reporter_innen würden
selten wirklich selbst recherchieren und sich das Gebiet persönlich anschauen, sondern nur
Vorurteile reproduzieren. So sagt sie: „Also es wird eher so in Stereotypen […] Also ich hab
auch das Gefühl, die kommen alle sehr selten wirklich hierher und gucken sich das an. Sondern... Ja... Ja, also die haben da so ihr Bild im Kopf und belegen das und dann ist fertig[…].“
(Befragte 3) Dementsprechend wäre die Berichterstattung häufig unfair und schlecht recherchiert.
Insgesamt lässt sich aus der Gegenüberstellung der Befragung von empirica und der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Interviews vermuten, dass gewisse Probleme vor allem im
Bereich der Sicherheit und im sozialen Umfeld, die 2005 für manche Anwohner_innen ein
Problem darstellten, heute nicht mehr so relevant sind.20
7. Auswertung der Darstellung und Wahrnehmung
7.1. Auswertung und theoretische Einordnung
Sowohl aus der Medienanalyse als auch aus den Interviews lässt sich erkennen, dass die Darstellung und Wahrnehmung des Brunnenviertels relativ divers ist. Es herrscht kein einzelnes
Raumbild der Entwicklung des Viertels vor. Zum einen gibt es die Darstellung des Viertels
als ein Gebiet mit sozialen Problemen und vielen negativen Aspekten. Zum anderen wird das
Viertel als ein Gebiet mit vielen Vorteilen dargestellt, dass sich nach einer problematischen
Zeit gefangen hat, langsam im Kommen ist und einen Prozess der Aufwertung durchläuft.
Dementsprechend lässt sich die Hypothese, dass die Darstellung des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs einseitig und ausschließlich schlecht ist und sich fundamental von der Wahrnehmung der Anwohner_innen drastisch unterscheidet, nicht bestätigen. Auch ein sich durch
die Darstellung in den Zeitungen und in den Wahrnehmungen der Anwohner_innen äußernder
Mythos, wie ihn Barbara Lang für Kreuzberg beschreibt, lässt sich nicht erkennen. Zwar wird
das Brunnenviertel in der Presse mitunter als andersartig im Vergleich zu den angrenzenden
Vierteln dargestellt und somit unter die Leitfigur eines oppositionellen Codes gestellt, wie er
für Mythen typisch ist. (Vgl. Lang 1998 S. 26) Jedoch wird die Andersartigkeit in der Regel
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
20
Das bedeutet keineswegs, dass diese Probleme zwangsläufig verschwunden sind. Nur für die befragten Anwohner_innen stellen sie keine mehr dar, aber für nicht befragte Anwohner_innen sind sie vielleicht immer noch
relevant.
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29!
wieder aufgelöst, indem das Brunnenviertel in den Kontext typischer von Problemen behafteter Viertel gestellt wird. Das Brunnenviertel ist zwar anders als Alt-Mitte oder Prenzlauer
Berg, aber vergleichbar mit anderen Gebieten in Berlin wie dem Neuköllner Rollbergviertel
oder ‘Problemvierteln’ anderer deutscher Großstädte. Auch die bereits benannte diverse Darstellung, aber auch die uneinheitlichen Vermutungen über die Außenwahrnehmung des Viertels sprechen gegen einen vorherrschenden Mythos. Hinzu kommt, dass das Brunnenviertel
möglicherweise zu unbekannt für einen Mythos ist. So wird es vor allem in lokalen Zeitungen
portraitiert, was für eine eher geringe überregionale Relevanz des Viertels spricht. (siehe Kapitel 4.1. Medienanalyse) Außerdem vermuten einige der Anwohner_innen, dass das Gebiet
in der Regel nicht eigenständig und unabhängig vom restlichen Bezirk Wedding bzw. Gesundbrunnen gesehen wird, was eher gegen einen eigenständigen Mythos bezüglich des Gebiets spricht.21
Wie lässt sich nun erklären, dass das Brunnenviertel widersprüchlich zum einen als ein Gebiet, das abstürzt und zum anderen als ein Gebiet, das sich im Aufwärtsprozess befindet, dargestellt wird?
Hier spielt vor allem die Komponente Zeit eine Rolle. So lassen sich Raumbilder von zwei
Prozessen erkennen, die im Brunnenviertel wirken bzw. gewirkt haben sollen. In einigen Artikeln (vor allem älteren) wird das Brunnenviertel als ein von sozialen Segregationsprozessen
bedrohtes und von ökonomischem und sozialem Niedergang betroffenes Viertel beschrieben.
In anderen Artikeln (ab 2012) wird ein gegenteiliger Prozess des wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs und teilweise die Aspekte einer Gentrifizierung beschrieben. Im Folgendem
werden nun kurz beide Prozesse theoretisch vorgestellt und anschließend erörtert, warum sich
das Bild des Viertels in der Zeit so wandeln kann, aber auch, warum gewisse Bilder und Vorurteile teilweise weiter existieren können.
7.2. Segregationsprozess
Eine Entwicklung, die bezüglich des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs, aber auch teilweise
in den Antworten der Empirica-Befragung beschrieben wird, ist ein Prozess zunehmender
sozialer aber auch ethnischer Segregation. Das bedeutet also in diesem Fall, dass sich sozial
Schwache (Niedriglohnbezieher_innen, von Arbeitslosigkeit Betroffene und Menschen, die
auf Transferleistungen angewiesen sind) und Menschen mit Migrationshintergrund im Brunnenviertel konzentrieren und andere sozio-ökonomische Gruppen (z.B. Besserverdienende
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21
Interessant wäre es zu schauen, ob es möglicherweise einen oder mehrere Mythen für den (ganzen) Wedding
gibt, z.B. in Anlehnung an den sog. „Roten Wedding“.
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und sog. „Biodeutsche“) das Gebiet zunehmend verlassen. Es wird beschrieben, dass sich das
Viertel zunehmend entmischt. Das wird vor allem in den Artikeln deutlich, in denen die hohe
Anzahl dieser sozialen Gruppen hervorgehoben wird, der Wegzug solventerer Mieter_innen
festgestellt wird und vor dem drohenden „Absturz“ des Viertels gewarnt wird. Auch aus der
Empirica-Befragung lassen sich die Merkmale eines Viertel, das droht abzustürzen, erkennen.
Zum einen in der Einschätzung eines Teils der Befragten, dass sich das Viertel negativ entwickelt und zum anderen in der Einschätzung, dass zunehmend eine Sozialstruktur entsteht,
die als problematisch empfunden wird.
Nach Häußermann und Siebel gibt es grundsätzlich zwei Ursachen für Segregation: das Angebot an Wohnraum und die Nachfrage nach diesem. (Vgl. Häußermann & Siebel 2004 S.
153f.) In der Regel kommen „Wohnstandortentscheidungen in einer Annäherung von Präferenzen und Restriktionen zustande, wobei mit abnehmender Bedeutung von Restriktionen die
persönliche Präferenz an Gewicht gewinnt.“ (ebd. S. 154) Hinzu kommt der Zustand des
Wohnungsmarkts abhängig von makroökonomischen Faktoren (Kapitalverfügbarkeit, Einkommensentwicklung, Baukonjunktur), makrosoziale Entwicklungen (Bevölkerungsentwicklung, Migration) und politischen Entscheidungen (staatliche Förderung des Wohnungsbaus,
Mietrecht). (Vgl. ebd. S. 155)
In Städten gibt es nun keinen einheitlichen Wohnungsmarkt, sondern ein Angebot aus verschiedenen Segmenten. Die qualitativ und quantitativ ungleiche Verteilung des Wohnungsangebots resultiert aus einer politischen Differenzierung von Räumen durch Stadtplanung, Infrastruktur- und Wohnungspolitik. So wird unterschiedliche Wohnqualität an unterschiedlichen
Standorten geschaffen. (Vgl. ebd. S. 157) Des Weiteren gibt es eine ökonomische Differenzierung durch Preisdifferenzen zwischen Wohnungsstandort und Ausstattungsniveaus sowie
eine symbolische Differenzierung von Räumen durch eine positive oder negative Etikettierung abhängig von der Architektur, städtebaulichen Gestaltung, Bebauungsdichte und der
landschaftlichen Qualitäten. (Vgl. ebd.) Hinzu kommt eine soziale Differenzierung von Räumen durch die Zusammensetzung der Bewohnerschaft. So kann durch gezielte Preisgestaltung
und selektive Wohnungsvergabe (Diskriminierung) ein hohes oder niedriges Sozialprestige
einer Gegend erschaffen oder verfestigt werden. (Vgl. ebd.) Anhand ihrer Verfügungsrechte
an Immobilien, Kapital und Boden können Bauträger und Wohnungsvermittler nun den Zugang zu Wohnraum regulieren und somit das Angebot beeinflussen. (Vgl. ebd.)
Die Nachfrage nach Wohnraum wird beeinflusst von individuellen ökonomischen, kognitiven, sozialen und politischen Ressourcen der Haushalte. „Aus dem Zusammenspiel von strukturiertem Angebot und unterschiedlicher Ausstattung mit ökonomischen, kulturellem und
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31!
politischem Kapital ergibt sich die Verteilung der sozialen Gruppen im Raum der Stadt.“
(ebd. S. 158) Hinzu kommen aber auch die Präferenzen der Haushalte. So unterscheiden sich
die bevorzugten Wohngegenden abhängig von den Wohnerfahrungen, aber auch dem Alter
sowie der Sozialisation. (Vgl. ebd. S. 158f.) „Das Zusammenspiel von Ressourcen und Präferenzen generiert [also] unterschiedliche Handlungsspielräume bei der Wohnstandortwahl.“
(ebd. S. 159) Sind vor allem Präferenzen für Segregation verantwortlich, handelt es sich um
freiwillige oder aktive Segregation. Sind hingegen vor allem Restriktionen aufgrund eines
Mangels an ökonomischen Ressourcen und aus sozialer Diskriminierung für die Wohnstandortwahl verantwortlich und führen zu einer Konzentration von Haushalten in einer ähnlich
marginalisierten Lage in bestimmten (meist benachteiligten) Quartieren, handelt es sich um
erzwungene oder passive Segregation. (Vgl. ebd.)
Inwiefern es sich bei der beschriebenen Konzentration von sozial Schwachen und Personen
mit Migrationshintergrund im Brunnenviertel um eine freiwillige oder eine erzwungene Segregation handelt, lässt sich hier nicht beurteilen. Anhand des immer wieder thematisierten
Wohnungsleerstands im Zeitungsdiskurs sowie aus den in der 2005 erhobenen Umfrage geäußerten Bekundungen über einen Wegzug nachzudenken, kann man jedoch vermuten, dass
das Viertel (zumindest 2005) nicht unbedingt eine präferierte Wohngegend war.22 Wobei hier
natürlich auch der Zustand des Berliner Wohnungsmarkts zu dieser Zeit berücksichtigt werden muss, der damals als größtenteils „entspannt“ galt. (Vgl. Engbers 2008 S. 41) Ein großes
Wohnungsangebot lässt sich auch aus den Antworten der Anwohner_innen heraushören, bei
denen die große Wahlfreiheit beim Zuzug in das Viertel hervorgehoben wird.
Häußermann und Siebel heben hervor, dass Segregation nicht per se problematisch sein muss
- vor allem, wenn sie freiwillig geschieht.23 So muss eine räumliche Trennung nicht zwangsläufig eine soziale bedeuten. Jedoch können soziale Ungleichheiten durch räumliche Segregation gefestigt oder sogar verschärft werden. (Vgl. Häußermann & Siebel 2004 S. 146) Sie
sprechen dann von Quartieren der Ausgrenzung, in denen die benachteiligten Viertel zusätzlich noch benachteiligende Effekte auf seine Bewohner_innen ausüben.24 (Vgl. ebd. S. 160)
Das sind meist Gebiete, die zuvor bereits stark segregiert waren und aufgrund eines Anstiegs
von Einkommensarmut (z.B. in Folge eines Strukturwandels) zu Armutsgebieten werden und
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22
Eine Übersichtskarte der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gibt für den Stichtag 01.01.2006
eine Leerstandquote für das Brunnenviertel von 5 - 7,5% an. Diese wurde anhand des Anteils der
Stromzähleranschlüsse für Wohnnutzung, die länger als 6 Monate ohne Vertrag waren, errechnet. (Vgl.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2006)
23
So kann freiwillige ethnische Segregation für neu in ein Land gekommene Migrant_innen zur Orientierungshilfe dienen. In so segregierten Vierteln finden sie Menschen, die ihre Sprache sprechen, und können so ihre
bedürfnis- und verhaltensadäquate Versorgung sicherstellen. (Vgl. Häußermann& Siebel 2004 S.174)
24
Teilweise werden diese Phänomene auch unter der Bezeichnung der Quartierseffekte untersucht. (Vgl. u.a.
Nieszery 2008 S.107ff. & Farwick 2007 S. 111ff.)
!
32!
deshalb in der „Sozial- und Prestigeskala“ (ebd. S. 162) weiter absinken. Zusätzlich nehmen
in diesen „überforderten Nachbarschaften“ (ebd.) selektive Mobilitätsprozesse zu. Haushalte
mit höherem Einkommen, Mittelschicht-Lebensstil und höheren Ansprüchen an ihre Umgebung, z.B. im Bereich der Bildungsmöglichkeiten, verlassen aufgrund steigender Konflikte
zunehmend die Gegend. Stattdessen ziehen nun Bewohner_innen zu, die aufgrund ihres Einkommens oder sozialer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt anderswo nichts finden,
was zu einer weiteren Verschärfung der Situation führen kann.25 Hier wird dann mitunter von
Problemgebieten oder sozialen Brennpunkten, in denen vermehrt delinquentes Verhalten (Alkoholismus, aggressives Verhalten, Vandalismus, Vermüllung, etc.) auftritt, gesprochen.
(Vgl. ebd.)
Das Brunnenviertel wird in der Presse, aber auch in der Darstellung einiger Bewohner_innen
(in der Empirica-Befragung) nun teilweise als ein solcher sozialer Brennpunkt beschrieben
und benannt. So werden eben solche selektiven Mobilitätsprozesse in Form einer zunehmenden Konzentration von sozial Schwachen und einer Abwanderung der Mittelschicht beschrieben. In diesem Zusammenhang wird auch von einer zunehmend schwierigen Sozialstruktur
und einer Zunahme von Haushalten, die als störend empfunden werden, gesprochen und typische Symptome wie ein ausgeprägter Drogenhandel, Vandalismus und eine zunehmende
Vermüllung und Verwahrlosung des öffentlichen Raums sowie ein desolater Zustand der Bildungseinrichtungen im Gebiet beschrieben.
Häußermann und Siebel unterscheiden nun drei Dimensionen der Benachteiligung: eine materielle, eine soziale und eine symbolische Dimension.26 Unter der materiellen Dimension verstehen sie eine „im Vergleich zur Gesamtstadt schlechter[e], weil […] dünne Infrastruktur,
mangelhafte private und öffentliche Dienstleistungen, belastende physische Umweltqualitäten, eine schlechte Einbindung in das Verkehrsnetz und wenig Erwerbsmöglichkeiten […].“
(ebd. S. 165) Auch die gebaute Struktur des Viertels kann sich ebenfalls negativ auswirken:
„Die als besonders problematisch bezeichneten Quartiere sind häufig durch städtebauliche
Barrieren abgegrenzt, etwa durch Verkehrsanlagen oder Brachflächen.“ (ebd. S. 169) Das
führt dann dazu, dass die restlichen Stadtbewohner_innen diese Quartiere in der Regel weder
intentional noch zufällig aufsuchen. (Vgl. ebd.)
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25
Selektive Migration zeigt sich nach Farwick besonders in Städten mit entspannten Wohnungsmarkt, da so eine
zunehmende Zahl von Haushalten, die über genügen Einkommen verfügen, entsprechend ihrer Präferenzen zwischen verschiedenen Standorten wählen und deshalb die sozial benachteiligten Wohnquartieren verlassen können. (Vgl. Farwick 2007 S. 116)
26
Dabei handelt es sich jedoch nur um eine analytische Differenzierung. In der empirischen Realität treten die
Prozesse mit zahlreichen Wechselwirkungen und sich gegenseitig verstärkenden Effekten auf. (Vgl. Häußermann & Siebel 2004 S. 165f.)
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33!
In der Darstellung des Brunnenviertels zeigen sich nun nicht alle Aspekte der materiellen Dimension. So wird die Einbindung in das Verkehrsnetz immer wieder als Stärke hervorgehoben. Der diagnostizierte Mangel an bestimmten Einkaufsmöglichkeiten sowie bestimmter
Einrichtungen (z.B. Cafés oder Jugendzentren) sowohl in der Presse als auch in den Aussagen
der Anwohner_innen lässt sich hingegen als Aspekt der materiellen Dimension sehen.27 Auch
die wiederholte Darstellung des Brunnenviertel als Insel, die auf allen Seiten durch städtebaulich Barrieren von den Nachbarbezirken getrennt ist und von den Anwohner_innen der Nachbarbezirke Alt-Mitte und Prenzlauer Berg nicht aufgesucht wird, lässt sich hier einordnen.
Die soziale Dimension zeichnet sich durch „unzuverlässige und wenig leistungsfähige informelle soziale Netze“ (Häußermann & Siebel 2004 S. 165) und durch Konflikte aufgrund des
dichten Nebeneinanders unverträglicher Lebensweisen aus. So kann das soziale Milieu negative Lernprozesse (z.B. in Form von problematischen Rollenvorbildern wie ökonomisch erfolgreichen Drogendealern) fördern, welche die Mitglieder zusätzlich von den Normen und
Werten der „Mainstream-Gesellschaft“ (ebd.) wegführen, was wiederum zu Problemen auf
dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt führen kann. (Vgl. ebd.)
Solche Aspekte werden bezüglich des Brunnenviertels eher weniger beschrieben und zeigen
sich am ehesten in der Thematisierung vergleichsweise hoher Schulabbruch- und niedriger
Auszubildendenzahlen im Zeitungsdiskurs. Auch die durch einige Anwohner_innen in der
Empirica-Befragung als schwierig wahrgenommene Sozialstruktur, mit der man zunehmend
nicht mehr zurechtkommen würde, könnte als Nebeneinander unverträglicher Lebensweisen
gedeutet werden. Inwiefern sich nun die Ansässigkeit im Viertel auf die Normen der Bewohner_innen auswirkt, wird nicht konkreter thematisiert.
Ist laut Häußermann und Siebel nun zunächst „eine gewisse Stufe in der Abwärtsentwicklung
erreicht“ (Häußermann & Siebel 2004 S. 169), kann es zusätzlich noch zu symbolischer Benachteiligung in Form eines Stigmatisierungsprozesses kommen. Sowohl die Umwelt als auch
die Bewohner_innen selbst etikettieren das Gebiet als sozialen Brennpunkt und äußern drastische Urteile über das Viertel. Die bauliche Erscheinung, eine diskriminierte Bewohnerschaft,
aber auch eine bestimmte Lage in der Stadt (z.B. in der Nähe einer Mülldeponie) sowie die
Historie können zum Stigma werden. (Vgl. Häußermann & Siebel 2004 S. 169f.) Folgen davon können ein niedriges Selbstwertgefühl der unfreiwilligen Bewohner_innen, Benachteiligungen bei sozialen Teilhabechancen (z.B. Lehrstellen, Arbeitsplätze), Vermüllung und Verwahrlosung des öffentlichen Raums aufgrund abnehmender Verantwortung und Bindung an
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27
Die problematische Versorgung lässt sich teilweise auch auf die in großen Teilen des Viertels nicht vorgesehene und aufgrund der Bauweise nicht umsetzbare Erdgeschossnutzung zurückführen.
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34!
die Lebensumwelt, Zuweisung anderswo unerwünschter Funktionen (z.B. Recyclinganlagen)
sowie Desinvestitionen und Vernachlässigung der Bausubstanz sein. (Vgl. Häußermann &
Siebel 2004 S. 170)
Eine symbolische Benachteiligung des Brunnenviertel lässt sich in der Betitelung als sozialer
Brennpunkt bzw. als Problemviertel in einigen Zeitungsartikeln sowie der Selbstbezeichnung
als „Ghetto“ durch einige Anwohner_innen im Rahmen der Befragung durch empirica erkennen. Von den möglichen Folgen wird jedoch nur die zunehmende Vermüllung und Verwahrlosung beschrieben.
7.3. Gentrifizierungsprozess
Aus der Darstellung in der Presse und aus der Selbstwahrnehmung und Beschreibung der
Wohngegend durch ihre Anwohner_innen im Rahmen der Befragung durch empirica lassen
sich einige Aspekte zunehmender unfreiwilliger Segregation und den damit verbundenen Effekt zusätzlicher Benachteiligung erkennen. Vor allem in neueren Zeitungsartikeln, aber auch
in den Aussagen der befragten Anwohner_innen wird nun auch ein Bild des Brunnenviertels
gezeichnet als ein Viertel, das langsam im Kommen ist und nach und nach aufgewertet wird.
Diese Darstellungen und Wahrnehmungen lassen sich teilweise als Aspekte eines Raumbildes
eines sich in einem Gentrifizierungsprozess befindenden Viertels sehen.
Als Gentrifizierung wird meist der Prozess einer soziale und physische Aufwertung eines zuvor vernachlässigten Wohngebiets verstanden. (Vgl. Friedrichs 2000 S. 59) Dabei wird die
zuvor vorherrschende (statusniedrige) soziale Gruppe durch eine andere (statushöhere) soziale
Gruppe verdrängt.28 (Vgl. ebd. S. 59ff.) Für Peter Marcuse ist dabei der Verdrängungsaspekt
der Gentrifizierung immanent: „Verdrängung ist das Wesen der gentrification, ihr Ziel, nicht
ein unerwünschter Nebeneffekt.“ (Marcuse 1992 S. 80) Die physische Aufwertung hingegen
ist dabei Mittel zum Zweck. Andere Autor_innen sprechen hingegen neutraler vom Austausch
der Bevölkerung und der umfassenden Veränderung des Nachbarschaftscharakters (Vgl. Kennedy & Leonard 2001 S. 5)
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28
Grundlage des Konzepts ist dabei der Invasions-Sukzessions-Zyklus aus der Humanökologie der „Chicagoer
Schule“. Bevölkerungsgruppe I dringt dabei in ein Wohngebiet ein, das bislang vorwiegend oder ausschließlich
von Bevölkerungsgruppe A bewohnt wird (Invasion). Die frei werdenden Wohnungen werden nach und nach
durch Gruppe I gemietet bis sie die Mehrheit der Bewohner des Gebiets stellen, also die dominante Gruppe geworden ist. Verstärkt wird der Prozess dadurch, dass Haushalte der Gruppe A ungern mit Haushalten der Gruppe
I in einer Nachbarschaft leben wollen. (Vgl. Friedrichs 2000 S. 58)
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35!
Für den Prozess der Gentrifizierung werden für gewöhnlich verschiedene Phasen unterschieden. So ziehen anfangs sog. „Pioniere29“ (Friedrich 2000 S. 59) in ein Gebiet und „erschließen“ dieses. Nach und nach siedeln sich neue Geschäfte, Dienstleistungen und Betriebe für
diese neue Bewohnerschaft an und das Image des Viertels beginnt sich langsam zu wandeln,
was wiederum weitere Pionier_innen und auch sog. „Gentrifier30“ (ebd. S. 60) anlockt. Aufgrund der erhöhten Nachfrage spannt sich der Wohnungsmarkt zunehmend an und die Mieten
und Bodenpreise steigen. Alteingesessene Haushalte ziehen nun zunehmend weg, da sie im
Gebiet keine neue, bezahlbare Wohnung mehr finden falls sie umziehen müssen (z.B. aufgrund Mietpreissteigerungen nach einer Modernisierung). (Vgl. ebd.) Das Image des Viertels
ändert sich weiter, da immer mehr neue Läden eröffnet werden, die auch vermehrt Besucher_innen aus anderen Stadtteilen anziehen. (Vgl. ebd.) Nun ziehen vermehrt Gentrifier in
das Gebiet, der Wohnungsmarkt spannt sich weiter an und die Preise für Boden und Mieten
sowie auch Läden und Büros steigen deutlich und die Spekulation im Gebiet nimmt zu. Alteingesessenen Haushalte ziehen nun verstärkt aus, da sie sich entweder die Miete nicht mehr
leisten können (direkte Verdrängung) oder ihnen die Veränderungen im Gebiet missfallen
(indirekte Verdrängung). Auch einige Pionier_innen verlassen ebenfalls das Gebiet, da ihnen
die Veränderungen missfallen. (Vgl. ebd. S. 61) Die Preise steigen weiter und es werden immer mehr Mietwohnungen durch Investoren in Eigentumswohnung umgewandelt. Das Gebiet
wird zur sicheren Kapitalanlage. Nun ziehen fast ausschließlich Gentrifier mit deutlich höherem Einkommen zu. Die Geschäfte richten sich nun vor allem nach der Nachfrage der neuen
Bewohner_innen. Das Image des Gebiets hat sich komplett gewandelt und es gilt nun als ein
„gutes“ Wohngebiet. (Vgl. ebd.)
Aus der Darstellung einiger (vor allem neuerer) Zeitungsartikel, aber auch aus den Schilderungen einiger Anwohner_innen über das Brunnenviertel lassen sich nun Aspekte eines solchen Gentrifizierungsprozesses erkennen. Das wird vor allem in den Artikeln deutlich, in denen von einer positiven Aufwärtstendenz, einer sozialen Durchmischung und einem Imagewandel geschrieben wird. Auch aus den Aussagen einiger Anwohner_innen lässt sich eine
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29
Dabei handelt es sich meist um Haushalte, die keine Kinder haben, nur über niedriges Einkommen verfügen
und die Nähe zu öffentlichen und privaten Einrichtungen wie Gaststätten und kulturelle Einrichtungen suchen.
Meist sind es Studenten und Künstler, die trotz des schlechten Zustands der Wohnungen und des Rufs eines
Quartiers, der preiswerten Mieten wegen, dort wohnen. Sie sind in dem Sinne risikobereit und tolerieren nicht
nur eine „bunte Mischung“ (Friedrichs 2000 S. 59) sondern suchen sie explizit. (Vgl. ebd.)
30
Dabei handelt es sich um Haushalte mit höherer Schulbildung, höherem Einkommen und zumeist um Paare
mit oder ohne Kind(er). Sie ziehen meist erst zu, wenn absehbar ist, dass sich das Gebiet langsam in eine „gute“
Wohngegend wandelt und die mit dem Umzug anfallenden Investitionen lohnenswert sind. (Vgl. Friedrichs 2000
S. 60) Jedoch können auch ehemalige Pioniere zu Gentrifiern werden, sobald sich ihre Situation verändert z.B.
durch höheres Gehalt oder Kinder. (Vgl. ebd. S. 63)
!
36!
Veränderung der Sozialstruktur sowie eine Aufwärtstendenz heraushören. Ebenfalls die im
Monitoring soziale Stadtentwicklung beschriebene positive Entwicklungsdynamik deutet in
diese Richtung.31
Die in einigen Zeitungen beschriebenen und auch von einigen Anwohner_innen wahrgenommenen neuen Geschäfte und Cafés sowie der zunehmende Zuzug neuer Haushalte (Studenten,
junge Familien) passen ebenso in die Gentrifizierungsthese. Man könnte vermuten, dass es
sich dabei teilweise um die sog. Pionier_innen handelt, die das Gebiet „erschließen“ und nach
und nach aufwerten. Auch die wahrgenommene Anspannung des Wohnungsmarktes sowie
die von der Degewo bekundeten mittlerweile niedrigen Leerstandszahlen deuten in diese
Richtung. So wird das Brunnenviertel zwar nach wie vor als relativ günstiges Viertel gesehen,
aber ein Anstieg der Mieten sei bemerkbar.
Ob nun tatsächlich eine Gentrifizierung (also neben der bemerkbaren Aufwertung des Gebiets
auch eine Verdrängung einkommensschwacher Schichten) des Gebiets stattfindet, lässt sich
jedoch anhand der vorhandenen Daten nicht beurteilen. Dennoch lässt sich aus einigen der
Interviews und Zeitungsartikeln, in den Verdrängungsängste und eine zunehmende Anspannung des Wohnungsmarkts geäußert wurden, eine solche Entwicklung vermuten. Möglicherweise befindet sich das Brunnenviertel in einer frühen Phase des Gentrifizierungsprozesses,
wobei hier natürlich beachtet werden muss, dass ein großer Teil der Wohnungen im Besitz
der Degewo ist und als Sozialwohnungen vermietet werden. Dieser Zustand kann hemmend
auf Gentrifizierungsprozesse wirken, da solche Mietwohnungen nicht ohne Weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können. Außerdem sind die Mietpreise gebunden.
Auch wird in Frage gestellt, ob Gentrifizierung in Gebieten ohne eine flächendeckende Gründerzeitbebauung, sondern später errichteter Bausubstanz auftritt. (Vgl. Friedrich 2000 S. 64)
Ob bereits eine Verdrängung alteingesessener Mieter_innen stattfindet, kann hier also nicht
beurteilt werden. Eine solche Entwicklung wäre jedoch nicht unwahrscheinlich; die Äußerungen einiger Befragter, dass sie sich, falls sie aus ihren Wohnungen ausziehen müssten, keine
andere im Gebiet mehr leisten könnten, deuten in diese Richtung. Auch prognostizieren einige
Zeitungsartikel eine solche Entwicklung.
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31
Nicht ganz klar ist dabei jedoch, wodurch die dargestellten und wahrgenommenen Veränderungsprozesse in
Gang gesetzt wurden. Lassen sie sich auf den Zuzug neuer Bewohner_innen in den letzten Jahren, die möglicherweise vor allem aufgrund günstiger Mieten und großer Auswahl in das Gebiet gezogen sind oder aber auf
die Imagekampagnen der Degewo, die versucht den Ruf des Viertels zu verbessern und durch besonders gute
Konditionen neue Geschäfte wie Modeboutiquen zurückführen. Ersteres wird als Gentrifizierung und letzteres
als „incumbent upgrading“, also der Modernisierung durch Privateigentümer, bezeichnet. Wobei sich die beiden
Prozesse auch gegenseitig bedingen können und meist nicht ganz klar ist, welcher Prozess welchen ausgelöst
hat. (Vgl. Friedrichs 2000 S. 58)
!
37!
7.4. Parallelität der Raumbilder
Dass beide Raumbilder teilweise auch zeitlich parallel auftreten, könnte daran liegen, dass
trotz einer Aufwärtstendenz nicht sofort alle Segregationsproblematiken verschwinden. Gentrifizierung muss als Prozess verstanden werden, der unterschiedliche Phasen beinhaltet. So
kann es sein, dass sich das Brunnnenviertel noch in einer frühen Phase befindet und deshalb
Segregationsproblematiken neben einer beginnenden Gentrifizierung existieren. Außerdem
tritt Gentrifizierung vor allem in Gebieten auf, die vormals sozial segregiert waren, da diese
häufig durch günstig Mieten und hohem Leerstand gekennzeichnet sind. (Vgl. Friedrichs
2000 S. 59) Prozesse der Gentrifizierung können also durchaus auf Prozesse der zunehmenden Segregierung folgen. Laut Ipsen können mehrere Raumbilder parallel auftreten und sich
überlagern. Eine Zeit lang können die Raumbilder zueinander in Konkurrenz stehen, bis sich
eine Dominanz einstellt und ein einzelnes Raumbild vorherrscht. (Vgl. Ipsen 1987 S. 146) So
existieren möglicherweise momentan noch verschiedene Raumbilder nebeneinander, wobei
das Bild eines Gentrifizierungs- bzw. eines Aufwertungsprozess möglicherweise langsam
zum Dominanten wird.
Zusätzlich kommt es bei der Beschreibung in der Presse auch immer auf die subjektiven
Wahrnehmungen der Autor_innen an. So nimmt die_der eine vor allem einen Aspekt und
die_der andere einen anderen Aspekt wahr. Auch können vorherrschende Vorurteile und eigene Erfahrungen die Wahrnehmung der Autor_innen beeinflussen, oder aber sie reagieren
verspätet auf die Entwicklungen, da sich die Veränderungen nicht sofort allen zeigen. Raumbilder bedürfen nicht immer eine Realitätsverankerung, sondern können selbsttragend sein.
Unpassende Elemente werden dabei aus dem Bild entfernt. (Vgl. Ipsen 1987 S. 149) Sind nur
die alten Darstellungen eines Gebiets bekannt und die neueren nicht, kann es nun passieren,
dass ein negatives Image vorherrschend bleibt, obwohl die Situation in dem Gebiet diesem
möglicherweise nicht (mehr) entspricht.
Zudem wird ein größeres Untersuchungsgebiet meist nicht überall gleichermaßen aufgewertet. So kann es Ecken geben, die sich deutlich schneller entwickeln als andere. Dafür spricht
z.B. die unterschiedliche Bewertung der beiden LORs durch das Monitoring Soziale Stadtentwicklung sowohl in der Entwicklungsdynamik als auch beim Statusindex. Dementsprechend können Raumbilder der tatsächlichen Entwicklung hinterhinken oder aber voraneilen.
(Vgl. Ipsen 1987 S. 147)
Zudem kommen Raumbilder nicht aus dem Nichts, sondern sie sind sozial bestimmt. So sind
bestimmte soziale Gruppen zumindest zu Beginn Träger eines Raumbildes. (Vgl. Ipsen 1987
S. 148) Ringen nun verschiedene Raumbilder miteinander, ringen tatsächlich verschiedene
!
38!
soziale Gruppen um die Definition des Raumes. „Es geht also in der Regel darum, welche
Vorstellungen über einen Raum sich durchsetzen können, oder mehr auf den Prozeß [sic!]
bezogen, welche soziale Gruppe in der Lage ist, gegenüber anderen Gruppen ihre Werte und
Sicht der Dinge durchzusetzen.“ (Ipsen 1994 S. 248) Dementsprechend kämpfen möglicherweise momentan im Brunnenviertel bzw. bei der Darstellung des Brunnenviertels im Zeitungsdiskurs unterschiedliche soziale Gruppen um die Definition des Raumes.32
8. Reflektion und Methodenkritik
Ursprünglich sollte im Rahmen dieser Arbeit auch untersucht werden, inwiefern die Wahrnehmungen der Anwohner_innen durch die mediale Darstellung ihres eigenen Wohngebiets
beeinflusst werden. Es sollte also untersucht werden, ob möglicherweise Vorurteile bzw.
Meinungen über das Gebiet bzw. bestimmte Aspekte bezüglich des Gebiets vorherrschen,
obwohl keine eigenen Erfahrungen oder sogar gegenteilige Erfahrungen existieren oder gar
ein wie von Lang beschriebener Mythos über das Gebiet vorherrscht. Leider konnte diese
These nicht überprüft werden, da die meisten Anwohner_innen angaben, keine Kenntnisse
über eine mediale Darstellung ihres Gebiets zu besitzen. Möglicherweise wäre es deshalb
besser gewesen, zuerst besonders markante Aussagen aus den Zeitungen zu extrahieren und
dann zu prüfen, wie die konkreten Sichtweisen der Anwohner_innen dazu sind und wie sie
sich entwickelt haben. Dem entsprechend wäre es also eventuell besser gewesen, zuerst die
Medienanalyse und anschließend die Befragung durchzuführen.33 So hätten die Fragen noch
besser an der medialen Darstellung angepasst werden können. Auch hätten die Fragen stärker
mit der Befragung des Beratungsinstituts empirica abgestimmt werden können, um so eine
bessere Vergleichbarkeit der Antworten zu erhalten.
Problematisch ist es diesem Zusammenhang auch, dass es sich teilweise um verschieden erhobene Daten handelt, also teilweise quantitative und teilweise qualitative Daten. Diese lassen
sich nicht oder nur sehr schwer miteinander vergleichen, da ihr Anspruch an Aussagekraft
differiert. (Vgl. Baur et. al. 2010 S. 42ff.)
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32
Welche Gruppen das hier im konkreten Fall sein könnten, kann leider im Rahmen dieser Arbeit nicht geklärt
werden. Weitere Forschung in diesem Bereich wäre sehr spannend. Es wäre in diesem Zusammenhang auch
interessant zu untersuchen, welche Intentionen hinter der Definition eines Raums stecken können.
33
In der Datensammlung wurde so vorgegangen, dass zuerst nur ein grober Überblick über die Thematiken in
der Presse verschafft wurde, an denen dann die Fragen an die Anwohner_innen orientiert waren. Die eigentliche
Medienanalyse wurde erst nach den Interviews realisiert.
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39!
9. Fazit
Die These, das Brunnenviertel werde in den Medien schlechter dargestellt als in der Wahrnehmung der Anwohner_innen, lässt sich nicht bestätigen. So ist die Darstellung in der Presse
relativ divers - es werden sowohl positive als auch negative Aspekte des Viertels beleuchtet.
Auch die Wahrnehmungen der Anwohner_innen sind recht unterschiedlich. Dennoch lässt
sich erkennen, dass sich die Darstellung in den untersuchten Zeitungen im Laufe der Zeit ändert. Es lassen sich zwei gegenteilige Raumbilder erkennen. Zum einen wird vor allem in den
älteren Artikeln von einem problembehafteten Gebiet gesprochen, das droht abzustürzen. Es
werden Aspekte beschrieben, die sich in den Kontext zunehmender sozialer Segregation einordnen lassen. Auch die Äußerungen einiger Anwohner_innen im Rahmen einer Befragung
durch das Beratungsinstitut „empirica“ im Jahr 2005 deuten in eine ähnliche Richtung.
Zum anderen wird das Brunnenviertel vor allem in neueren Artikeln vermehrt als Gebiet mit
vielen Potenzialen dargestellt, das sich gefangen hat, bzw. sogar im Kommen ist. Hier werden
Aspekte beschrieben, die sich teilweise in den Kontext von Gentrifizierungsprozessen einordnen lassen. Diese Entwicklung wird teilweise auch in den Äußerungen einiger Anwohner_innen deutlich. Die Wahrnehmung des Brunnenviertels scheint sich also im Laufe der
letzten 10 Jahre geändert zu haben. Da beide Raumbilder der Segregation und der Gentrifizierung teilweise auch parallel auftreten, kann vermutet werden, dass hier ein Raumbild gerade
durch ein anderes ersetzt wird, bzw. eine soziale Gruppe versucht, ein neues Raumbild zum
Dominanten zu machen.
!
40!
10. Quellen
10.1. Literaturverzeichnis
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Gesundbrunnen sind als Brennpunktkieze verrufen. Doch gerade hier ist
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Anders, Florentine (2008b): Vermieter profitieren von guten Schulen. In Berliner
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Anders, Florentine; Katrin Lange (2009): Eine Klasse, die garantiert Deutsch spricht
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Frank Bielka warnt die Landesregierung vor Eingriffen in den Wohnungsmarkt. In:
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Wohnungsbaugesellschaften engagieren sich zunehmend im sozialen Bereich. Sie
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kleines Fleckchen Buntheit. Nun soll hier gebaut werden. Darüber empört sich nicht
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Auch im Weddinger Brunnenkiez beraten Frauen künftig ausländische Familien in
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Fahrun, Joachim (2006): Hoffnung im Brunnenviertel – Ein Kiez kämpft erfolgreich
um sein Ansehen. In: Berliner Morgenpost, Nr. 103, S. 13.
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Fülling, Thomas (2006): Familiencafé statt Spelunke – Wie sich Stadtteilmanager und
Vermieter um einen Problemkiez bemühen. In: Berliner Morgenpost, Nr. 271, S. 15.
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Kreative erschließen zumeist als Erste neue Quartiere. Etwa wie derzeit in Wedding
und Neukölln. In: Welt am Sonntag / Berlin, Nr. 15, S. B1.
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Güngör, Dilek (2002): Grenzland – Die Mauer ist weg. Aber die Bernauer Straße teilt
noch immer Ost und West. In: Berliner Zeitung, Sonntag der 21.04.2002, S. 24.
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für bildungsbewusste Eltern soll Mischung verändern: Klasse für Kinder mit gutem
Deutsch. Wowereit wirbt für Projekt. In: Der Tagesspiegel, Nr. 20389, S. 14.
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Klinger, Nadja (2011): Die Parkwächter – Bürgerbeteiligung hieß die Devise. Wir
machen das anders als bei Stuttgart 21! Deshalb dürfen in Berlin die Anwohner über
die Zukunft des Mauerparks mitreden. Und das wollten viele – allzu viel. In: Der
Tagesspiegel, Mittwoch, der 09. März 2011, S. 3.
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Küpper, Mechthild (2007): Die Leichtigkeit der Leselust. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung, Nr. 143, S. 3.
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Küpper, Mechthild (2010): Zwischen schäbig und schick. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung, Nr. 205, S. 3.
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Loy, Thomas (2008): Gelebte Grenze – Die Bernauer Straße trennt zwei
Lebenswelten. Im Süden wohnen die Aufsteiger, im Norden die Geringverdiener.
Zueinander finden sie selten. In: Der Tagesspiegel, Nr. 19779, S. 10.
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Loy, Thomas (2013): Klare Häuserkante. – Vor 50 Jahren gab Willy Brandt den
Startschuss zur “Berliner Stadterneuerung“. Der alte Wedding wurde abgerissen, in
den neuen kehrte nie so richtig Leben ein. In: Der Tagesspiegel, Nr. 21633, S. 12.
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Marheinecke, Thomas (2000): Lärm, Schmutz, Armut – und Hoffnug – Anwohner
helfen mit, das Gebiet an der Brunnenstraße wohnlicher zu machen. In: Berliner
Morgenpost, Nr., S. 32.
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Messmer, Susanne (2012): Komische Kollisionen. In: taz berlin, Nr. 9846, S. 43.
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Molin, Tina (2008): Die kleine Fashion Week in Wedding – Junge Designermoder und
Konzerte beim Mode-Festival “Wedding Dress“ an der Brunnenstraße. In: Berliner
Morgenpost, Nr. 194, S. 25.
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Nikolow, Rita (2008): Gute Schulen gegen schlechten Ruf – Das Brunnenviertel in
Wedding gilt als Problemkiez. Viele Familien ziehen weg. Mit einem Bildungsverbund
will die Wohnungsbaugesellschaft Degewo das ändern. In: Der Tagesspiegel, Nr.
20070, S. 10.
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Otto, Jeannette (2008): Die Migranten wandern aus – Im Berliner Brunnenviertel ist
der Ausländeranteil so hoch, dass selbst einige türkische Familien ihre Kinder dort
nicht mehr zur Schule schicken. Eine Initiative will nun das Quartier vor dem
Niedergang bewahren. In: Die Zeit, Nr. 18, S. 75.
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Otto, Stefan (2008): Cool Steps im Wedding – Mit den Streetworkern Mona Jahja und
Özgün Kurt unterwegs im Berliner Brunnenviertel. In: Neues Deutschland, Nr. 303, S.
3.
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Rada, Uwe (2012): “Hier gibt es keine Banlieu“ – Wohnen. Wenn es bezahlbare
Neubauwohnungen geben soll, braucht man ein neues Förderprogramm für den
sozialen Wohnungsbau, sagt Degewo-Chef Frank Bielka. Großsiedlungen wie die
Gropiusstadt und das Brunnenviertel trügen zur Stabilisierung Berlins bei. In: taz
berlin, Nr. 9931, S. 23.
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Reinhäckel, Heide (2011): Jenseits des Speckgürtels – Waldorfpädagogik. Der
Waldorfkindergarten Wedding e.V. stellt sich dem rauen Charme des Berliner
Brunnenviertel. Integration steht hier schon 1984 auf dem Programm. In: die
tageszeitung, Nr. 9473, S. 32.
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Rinke, Moritz (2010): Treffen sich Skatbruder und Knastbruder. In: Der Tagesspiegel,
Nr. 20814, S. 23.
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Schmid, Eva Dorothèe (2008a): Billige Mieten, aber keine Kunden. In: Berliner
Zeitung, Nr. 168, S. 25.
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Schmid,
Eva
Dorothèe
(2008b):
Mode
statt
Mischmasch
/
Die
Wohnungsbaugesellschaft Degewo will in der Brunnenstraße ein Outlet-Center
eröffnen. In: Berliner Zeitung, Nr. 19, S. 19.
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Thomann, Jörg (2010): Die bärenstarke Klasse. In: Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung, Nr. 36, S. 55.
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Treichel, Thorkit (2015): Vor dem Wandel – Brunnenviertel. In Berliner Zeitung,
Freitag, der 20. Februar 2015, S. 2.
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Vorbringer, Anne (2012): Wurst – Drei Kreative wollen dem Brunnenviertel zu Glanz
verhelfen. In Berliner Zeitung, Nr. 94, S. 23.
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Van Lessen, Christian (2004): Wo der Wedding kippt – Laut, schmutzig, unsicher:
Studie beschreibt den Abstieg des Brunnenviertels. In: Der Tagesspiegel, Nr. 18605,
S. 10.
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Von Uslar, Moritz (2014): Am westlichen Ende der Ackerstraße – Bis vor 25 Jahren
teilte die Mauer die Straße im Zentrum Berlins. Im Osten ist viel passiert, wie aber
geht es dem vergessenen Stück im alten Westen?. In: Die Zeit, Nr. 45, S. 45.
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Weingärtner, Claudia (2010): Gutes Deutsch macht jetzt Schule – Für Weddinger
Erstklässler ist unsere Muttersprache Pflicht. In: Bild Berlin, Nr. 203, S. 6.
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Zylka, Jenni (2008): Wedding ganz groß in Mode – Mit Mode, Kunst und Partys
versucht das Festival “Wedding Dress #2“, den Bezirk als kommendes
Überlaufbecken für Hipster zu positionieren, denen Mitte und Prenzlauer Berg zu
teuer geworden sind. In: taz berlin, Nr. 8495, S. 32.
10.3. Internetquellen
•
Empirica [Hg.] (2005): Ergebnisse der Aktivierenden Befragung im Brunnenviertel,
Berlin
Wedding.
http://www.quartiersmanagement-berlin.de/fileadmin/content-
media/Quartiersgebiete_alphab/brunnenstrasse/ergebnisse.pdf (letzter Zugriff 11. Juni
2015)
•
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (2006): Längerfristiger Leerstand Wohnen –
LL 6.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/atlas/down
load/Leerstand_Wohnen_0106.pdf (letzter Zugriff 11. Juni 2015)
•
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin [Hg.] (2007): Monitoring
Soziale Stadtentwicklung Berlin 2007 - Fortschreibung für den Zeitraum 2005 —
2006.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitorin
g/de/2007/index.shtml (letzter Zugriff 11. Juni 2015)
•
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin [Hg.] (2009): Monitoring
Soziale Stadtentwicklung Berlin 2009 – Fortschreibung für den Zeitraum 2007 –
2008.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitorin
g/de/2009/index.shtml (letzter Zugriff 11. Juni 2015)
•
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin [Hg.] (2013): Monitoring
Soziale Stadtentwicklung Berlin 2013.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitorin
g/de/2013/index.shtml (letzter Zugriff 11. Juni 2015)
•
Homepage Degewo – Brunnenviertel: http://www.Degewo.de/content/de/Wohnen/_26-Kiezportraits/Mitte/Brunnenviertel.html (letzter Zugriff 9. Juni 2015)
•
Homepage Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße - Das Quartier:
http://www.brunnenviertel-brunnenstrasse.de/Das-Quartier.17.0.html (letzter Zugriff
8. Juni 2015)
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Homepage Quartiersmanagement Brunnenviertel-Brunnenstraße – Aufgaben und
Ziele: http://www.brunnenviertel-brunnenstrasse.de/Aufgaben-Ziele.16.0.html (letzter
Zugriff 8. Juni 2015)
•
Homepage: Stadtentwicklung Berlin – Monitoring Soziale Stadtentwicklung:
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitorin
g/ (letzter Zugriff 8. Juni 2015)
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11. Anhang
11.1. Karte des Berliner Brunnenviertels mit Wohnort der Befragten
Anmerkung: Die Karte wurde auf Grundlage einer Googlemaps-Karte selbst erstellt und bearbeitet.
(https://www.google.de/maps/place/Brunnenviertel,+Berlin/@52.5410785,13.3917908,15z/da
ta=!3m1!4b1!4m2!3m1!1s0x47a851f434e9f19d:0x4e30c220cb0ad964 - letzter Zugriff 03.
Juli 2015)
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