Unverhofft kommt oft - dbb beamtenbund und tarifunion

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Unverhofft kommt oft - dbb beamtenbund und tarifunion
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dbb magazin
Juli/August 2009 – 60. Jahrgang
Finanzkontrolle Schwarzarbeit:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Unverhofft
kommt oft
Seite 4 >
Interview
Peter Schaar,
Bundesbeauftragter
für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit
Seite 6 >
dbb Bundeshauptvorstand
Timmendorfer
Beschlüsse
dbb > aktuell
Ein zentraler Teil der Dienstrechtsreform – die Weiterentwicklung
des Besoldungs- und Versorgungsrechtes – ist am 1. Juli 2009 in
Kraft getreten. Bei den langwierigen Verhandlungen über die Neuordnung der Besoldung und Versorgung ist es dem dbb durch intensives und beharrliches Einwirken gelungen, nachteilige Veränderungen des Besoldungs- und Versorgungsniveaus zu Lasten der
Beamten, Soldaten und Richter des Bundes zu vermeiden.
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Schwerpunkt: Steuerhinterziehung – Schwarzarbeit
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So ist trotz anfänglicher Erwägungen weder eine Absenkung des
Eingangsamtes noch des Endamtes erfolgt. Die Sonderzahlung
konnte nicht nur dauerhaft gesichert und in ihrem Bestand vollständig in die Grundbezahlung integriert werden, sondern sie wird
auch zum 1. Januar 2011 wieder auf das Niveau von 60 Prozent
(Versorgungsempfänger 50 Prozent) eines Monatsgehaltes angehoben. So ist bereits heute das Wiederaufleben des bis 2010 abgesenkten Teils gesetzlich gewährleistet. Im Versorgungsrecht konnte
der dbb den zunächst verfolgten Ansatz abwehren, das Versorgungsniveau erneut zu Lasten aller vorhandenen und zukünftigen
Beamten und Versorgungsempfänger abzusenken. Stattdessen ist
es uns gelungen, eine einheitliche Tabelle für Besoldungs- und Versorgungsempfänger zu erhalten.
Aufgrund der vielen Fragen zu diesem Thema hat der dbb eine
leicht verständliche und übersichtliche Zusammenstellung der besoldungs- und versorgungsrechtlichen Schwerpunkte in Form von
Faltblättern „Besoldung und Versorgung kompakt“ herausgegeben.
Betroffene und Interessierte finden diese ebenso auf der Homepage des dbb unter www.dbb.de wie die neuen Tabellen selbst. sm
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Impressum:
Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion –
Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, 030.4081-40, Fax 030.4081-5599.
Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected]
Chefredakteur:Dr. Walter Schmitz (sm); Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br). Mitarbeiter
dieser Ausgabe: Alexander Schrader (as), Cornelia Krüger (coc). Redaktionsschluss am 10. jeden Monats. Namensbeiträge stellen in jedem Falle nur die Meinung des Verfassers dar.
Gestaltung: Marian-A. Neugebauer. Fotos: dbb, MEV, Project Photos, www.fotolia.de: Simone van den
Berg, Qiun, Yvonne Prancl, bilderbox, jaddingt, Alex Hinds, Aleksandar Videnovic, Pixel. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift für Beamte, Angestellte und Arbeiter erscheint zehnmal im Jahr. Für Mitglieder ist der Verkaufspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Der Abonnementpreis für Nichtmitglieder des dbb beträgt jährlich 32,90 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Der Bezugspreis für das
Einzelheft 3,90 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Bezug durch die Post. Einzelstücke durch den Verlag.
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Nr. 50 (dbb magazin), gültig ab 1. 10. 2008. Druckauflage: 768 550 Exemplare (IVW 1/2009). Vertrieb:
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Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
ISSN 0941-8156
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aktuell
Interview mit Peter Schaar,
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
dbb Bundeshauptvorstand:
Timmendorfer Beschlüsse
Personalentwicklung:
Krise für Neueinstellungen nutzen
KV-Urteil des BVG
Beamtenstatus und Dienstrecht
Fortentwicklung des öffentlichen
Dienstes
Tarifverhandlungen Sozial- und
Erziehungsdienst
Häusliches Arbeitszimmer
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fokus
reportage:
Finanzkontrolle Schwarzarbeit –
Unverhofft kommt oft
standpunkt:
Schuldenbremse – und was dann?
9. Deutscher Seniorentag
meinung: Schwarzarbeit – Kein
Kavaliersdelikt
nachgefrag bei Ulrich Müting:
Steuerhinterziehung
dbb akademie
mitgliederservice
Internationaler Tag des öffentlichen
Dienstes
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spezial
frauen:
7. Frauenpolitische Fachtagung –
Sind Männer und Frauen gleich?
senioren:
Auswandern und Sozialleistungen
jugend:
Jugendpolitische Veranstaltung
t@cker
europa:
Europawahlen 2009
glosse: Geheimtipp
Leserbriefe
freizeit:
Deutsches Zollmuseum Hamburg
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finale
dbb online:
Neue Medien – Die Welt spricht
Twitter
mitgliedsgewerkschaften
kulisse:
Geschmackssachen
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> dbb magazin | Juli/August 2009
editorial
Neues Besoldungsrecht
dbb > aktuell
dbb magazin
1977 wurde das erste Datenschutzgesetz verabschiedet. Eine Reform ist dringend erforderlich. Warum tut sich der
Deutsche Bundestag so
schwer, das Notwendige auf
den Weg zu bringen?
>
interview
4
Schaar
Richtig ist, dass die Grundfiguren des heutigen Datenschutzes aus dem letzten Jahrhundert stammen und dringend
modernisierungsbedürftig
sind, obwohl das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) seit 1977
einige Änderungen erfahren
hat, zuletzt im Zuge der Anpassung an europarechtliche Vorgaben im Jahr 2001. Dabei sind
auch einige Neuerungen in das
Gesetz eingefügt worden, etwa das Gebot der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, die Regelung zur Videoüberwachung öffentlicher Räume und Vorgaben zum Umgang mit Chipkarten. Allerdings war allen Beteiligten seinerzeit durchaus bewusst, dass
eine viel weitergehende Modernisierung notwendig ist,
damit das Datenschutzrecht
mit den technologisch bedingten Herausforderungen Schritt
halten kann. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 standen die Zeichen
dann aber auf Sicherheit, der
Datenschutz geriet leider ins
Hintertreffen und die Modernisierungspläne verschwanden
in den Schubladen. Es ist aber
unübersehbar, dass in den letzten Jahren, insbesondere seit
den Datenschutzskandalen in
der Privatwirtschaft, wieder
Bewegung in die Datenschutzdebatte gekommen ist. Daher
begrüße ich die jetzt vom
Bundestag beschlossenen Änderungen zur Stärkung des Datenschutzes ausdrücklich, sie
sind – trotz aller Kritikpunkte
im Detail – ein Schritt in die
richtige Richtung. Ich hoffe jedoch sehr, dass in der nächsten
Legislaturperiode die überfälli-
> dbb magazin | Juli/August 2009
Peter Schaar,
Bundesbeauftragter für
den Datenschutz und
die Informationsfreiheit
ge umfassende Modernisierung
endlich angegangen wird.
>
dbb magazin
Die Liste der Datenskandale –
von der Deutschen Bahn über
Handelsunternehmen bis zur
Telekom – wird immer länger.
Trotz aller Gegenmaßnahmen
kennt der Datenmissbrauch offenbar kaum noch Grenzen.
Kämpfen Sie gegen Windmühlenflügel, Herr Schaar?
>
Schaar
Dass es sich beim Datenmissbrauch um mehr handelt als
um einen Ritter, der irrtümlich
Windmühlenflügel als Bedrohung wahrnimmt, dürfte angesichts der Datenschutzskandale
inzwischen wohl jeder verstanden haben. Hier rächt sich die
gröbliche Vernachlässigung des
Datenschutzes in den vergangenen Jahren. Viele Politiker gewichteten Sicherheit vor Datenschutz, in der Wirtschaft waren
unternehmerische Interessen
wichtiger. Aber auch viele Bürgerinnen und Bürger hielten
Datenschutz eher für ein Thema aus der Mottenkiste. Außerdem dachten viele, mich betrifft dieses Thema nicht, „ich
habe ja nichts zu verbergen“.
Diese Einstellungen haben sich
jetzt – glücklicherweise – geändert, sodass wir die Chance zu
einem echten Richtungswechsel haben. Richtig ist aber auch,
dass sich viele Unternehmen
über Jahre an einen ungezügelten Umgang mit persönlichen
Daten gewöhnt haben und nun
gegen jede Einschränkung
Sturm laufen. Ich begreife mich
daher keineswegs als Don Qui-
Foto: Eduard N. Fiegel
>
Datenschutz
ist Bürgerrecht
jote mit seinem erfolglosen
Kampf gegen die Windmühlenflügel. Er lehnte sich gegen die
fortschreitende Technik auf. Ich
kämpfe nicht gegen die Informationstechnik an sich, sondern trete für den Erhalt und
den Ausbau der informationellen Selbstbestimmung ein. Es
geht doch nicht darum, einer
verlorenen Vergangenheit
nachzutrauern, sondern die Zukunft so zu gestalten, dass sie
auch unter sich verändernden
technologischen Bedingungen
lebenswert und demokratisch
bleibt.
>
dbb magazin
Ihr letztes Interview mit dem
dbb magazin liegt weit über ein
Jahr zurück. Sie forderten damals Verbesserungen beim Arbeitnehmerdatenschutz. Was
hat sich in diesem Bereich inzwischen getan?
>
Schaar
Durch die Datenschutzskandale
des letzten Jahres wurde der
Missbrauch von sensiblen Beschäftigtendaten endlich zum
Thema der Medienberichterstattung. Das hat auch in der
Politik Wirkung gezeigt. Ich sehe es deshalb positiv, dass inzwischen weitgehende Übereinstimmung darüber zu bestehen scheint, den Datenschutz
im Arbeitsverhältnis gesetzlich
zu verbessern. Jetzt kommt es
darauf an, dass der gemeinsame Wille zügig umgesetzt wird.
Mit der Einfügung einer Regelung über den Umgang mit Daten in Beschäftigungsverhältnissen ins BDSG wird als erster
Schritt eine verbesserte Zweckbindung des Umgangs mit Beschäftigtendaten festgelegt
werden. Darüber hinaus befasst
sich eine interministerielle Arbeitsgruppe mit der Erarbei-
dbb > aktuell
dbb magazin
>
Die Kreditwirtschaft setzt zur
Überprüfung der Zahlungsmoral von Kunden nach wie vor
auf das so genannte Scoringverfahren. Wie wollen Sie die
Bürger vor diesem „unüberprüfbaren Schubladenverhalten“ – so die Meinung vieler
Kritiker – schützen, und was
können die Betroffenen selber
dagegen tun?
Schaar
>
Am Beispiel der Scoringverfahren erkennt man die Gefahren
der langen Passivität im Datenschutzrecht. Seit Jahren warnen Daten- und Verbraucherschützer vor den Konsequenzen sozialer Diskriminierung,
die mit diesen Verfahren einhergehen können. Ich halte es
für eine deutliche Verbesserung der Rechtslage, dass der
Bundestag mit seiner am 29.
Mai 2009 getroffenen Ent-
>
scheidung über Änderungen im
Bundesdatenschutzgesetz endlich für mehr Transparenz gesorgt hat. Allerdings ist die Novelle doch recht zaghaft, etwa,
wenn es um das Verbot der
Nutzung von Informationen
über die Wohngegend zur Ermittlung eines Scorewertes
geht. Immerhin kann jeder aber
jetzt erfahren, welche Angaben
in den Scorewert eingeflossen
sind. Dies muss ihm dann erklärt werden; entweder vom
Vertragspartner, der den Scorewert einsetzt, oder von demjenigen, häufig einer Auskunftei,
von der der Vertragspartner
den Scorewert eingekauft hat.
Außerdem soll jeder die Gelegenheit bekommen, zu erfahren, weshalb sein Scorewert
nicht so gut wie erwartet ausgefallen ist. Darüber hinaus
kann man einmal im Jahr kostenlos bei den Auskunfteien eine Auskunft über seine dort gespeicherten Daten erhalten –
bisher musste man dafür zahlen. Ich kann nur jedem empfehlen, von diesem Recht Gebrauch zu machen, denn bisweilen stellt sich heraus, dass
die Bonitätsbewertungen auf
Irrtümern oder falschen Angaben beruhen.
Info
Foto: Bundestag
Peter Schaar ...
... geboren 1954 in Berlin, ist seit 2003
Bundesbeauftragter für den Datenschutz, seit Januar 2006 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Nach Stationen in
der Hamburger Senatsverwaltung und
nach seiner Tätigkeit als Mitglied in der
Begleitkommission zur Modernisierung des Datenschutzrechts gründete der diplomierte Volkswirt ein Datenschutzberatungsunternehmen, das er bis Oktober 2003 als
Geschäftsführer leitete. Sein weiteres Engagement gilt der
Gesellschaft für Informatik, der International Working
Group on Data Protection in Telecommunications
(IWGDPT), der Hamburger Datenschutzgesellschaft (HDG)
sowie der Humanistischen Union. Schaar wurde vom Deutschen Bundestag am 26. November 2008 für weitere fünf
Jahre in seinem Amt bestätigt.
>
dbb magazin
2011 steht die nächste Volkszählung an, auf deren datenschutzrechtliche Problematik
Sie in Ihrem 22. Tätigkeitsbericht hingewiesen haben. Was
haben Sie erreicht, und was
bleibt noch zu tun, um sensible
Personendaten einerseits korrekt zu erfassen, andererseits
aber auch vor Missbrauch zu
schützen?
>
Schaar
Das für die Volkszählung vorgesehene Verfahren besteht aus
einer Kombination von Registerzusammenführungen und
Befragungen. Der überwiegende Teil der Bevölkerung wird
durch die Erhebungen nicht direkt in Anspruch genommen,
da ein Großteil der Daten aus
staatlichen Registern übernommen wird. Das vom Bundestag
beschlossene Zensusgesetz
sieht eine strikte Trennung von
Statistik und Verwaltung vor;
ein Rückfluss in der Statistik
korrigierter Verwaltungsdaten
in die Ursprungsregister wäre
demnach unzulässig. Im Gesetzgebungsverfahren konnte
ich auch erreichen, dass die
adressscharfe Zuordnung der
Zensusdaten mithilfe der im
Anschriften- und Gebäuderegister enthaltenen geografischen Koordinaten unterbleibt.
Als nach wie vor datenschutzrechtlich problematisch sehe
ich allerdings die vorgesehene
Datenerhebung in sensiblen
Sonderbereichen, wie zum Beispiel Haftanstalten und Krankenhäusern. Zur Verminderung
der Gefahr einer sozialen Abstempelung wäre es datenschutzfreundlicher gewesen, in
diesen Bereichen die Erhebungen in anonymer Form durchzuführen. Die Begleitung der
Volkszählung und die Prüfung,
ob dabei die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten
werden, wird selbstverständlich
einen Schwerpunkt meiner zukünftigen Arbeit bilden.
>
dbb magazin
Wie kann/muss Datenschutz gewährleistet bleiben, wenn das
staatliche Sicherheitsinteresse
im Widerstreit zur Privatsphäre
des Bürgers steht – oder fragen
wir Sie nach der Quadratur des
Kreises?
>
Schaar
Datenschutz und Sicherheit bilden keinen unauflösbaren Widerspruch. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist
eine besondere Ausprägung des
grundgesetzlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts
und damit ein zentraler Bestandteil der verfassungsrechtlichen
Freiheitsgewährung. Dies hat das
Bundesverfassungsgericht – beginnend mit dem sog. Volkszählungsurteil im Jahr 1983 – in vielen weiteren – auch aktuellen –
Entscheidungen stets betont.
Das Recht, selbst über die Preisgabe seiner Daten bestimmen zu
können, ist angesichts der rasanten technischen Entwicklung
und des grundlegend gewandelten gesellschaftlichen Kommunikations- und Informationsverhaltens wichtiger denn je. Technisch
ist es heute schon möglich, durch
Zusammenführung vorhandener
Daten der Sicherheitsbehörden
(und auch privater Stellen) weit
reichende Persönlichkeitsprofile
von Bürgerinnen und Bürgern zu
erstellen. Eine derartige Profilbildung hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr
1983 als unzulässig erachtet. Es
ist die Aufgabe des Staates, dieser verfassungsgerichtlichen Vorgabe zu entsprechen. Dies bedeutet auch, dass Datenschutz
und Sicherheit wechselseitig so
ausgestaltet werden müssen,
dass sie den demokratischen
Rechtsstaat als gleichrangige
Säulen tragen. Hier ist leider das
ein oder andere Mal die Säule
Datenschutz ins Wanken geraten, wir müssen sie stabilisieren
und Übertreibungen bei der
Überwachung rückgängig machen. Das sehe ich als eine meiner wichtigsten Aufgaben an. > dbb magazin | Juli/August 2009
5
interview
tung eines Gesetzentwurfs
zum Arbeitnehmerdatenschutz. Ich hoffe, dass diese Aktivitäten nach den Bundestagswahlen fortgeführt und zu einem guten Ende gebracht werden.
dbb > aktuell
dbb Bundeshauptvorstand:
Timmendorfer Beschlüsse
Der dbb Bundeshauptvorstand hat vom 15. bis 17. Juni 2009 in Timmendorfer Strand getagt. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die
Verabschiedung eines „Lehrerleitbilds“ sowie die jüngsten Entwicklungen in der Gesundheits- und Sozialpolitik wie das Urteil des BVerfG zur
privaten Krankenversicherung.
berufspolitik
6
>
dbb Chef Peter Heesen (links) begrüßte gemeinsam mit seinen Stellvertretern Dieter Ondracek (2. von links)
und Heinz Ossenkamp (rechts) den schleswig-holsteinischen Finanzminister Rainer Wiegard als Vertreter der
Landesregierung beim dbb Bundeshauptvorstand in Timmendorfer Strand.
In seinem Lagebericht vor den
rund 120 Delegierten hat dbb
Chef Peter Heesen noch einmal die Festschreibung der
Schuldenbremse im Grundgesetz kritisiert und Gegner in
den Ländern dazu ermutigt,
vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Nicht zuletzt,
>
weil die Parteienlandschaft in
Deutschland künftig Zwei-Drittel-Mehrheiten kaum noch erwarten lasse, seien spätere
Korrekturmöglichkeiten an den
jetzt getroffenen Festlegungen
fast ausgeschlossen, gab er zu
bedenken. „Und wir dürfen
nicht vergessen: Sparmaßnah-
men werden immer auch und
vor allem auf dem Rücken der
Beschäftigten ausgetragen.“
Der Bundeshauptvorstand diskutierte und verabschiedete
unter anderem eine aktualisierte Beitrags- und Rechtsschutzordnung sowie ein Lehrerleitbild. Es soll als Grundla-
ge für die Positionierung des
dbb in der öffentlichen Debatte zu diesem brisanten
Thema dienen und auch im
Mittelpunkt eines Bildungskongresses stehen, den der
dbb im Sommer ausrichten
will.
Der schleswig-holsteinische
Finanzminister Rainer Wiegard (CDU), der am Auftakttag Gast der Tagung war, lobte in seinem Vortrag „Kompetenz, Einsatz und Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes
– auch im internationalen
Vergleich“. Dadurch erhöhe
sich die Attraktivität des
Standortes Deutschland, daraus erwachse aber auch eine
besondere Fürsorgepflicht der
Politiker für den öffentlichen
Dienst. Mit Blick auf die Föderalismusreform I machte Wiegard klar: „Schleswig-Holstein wollte die Bürde der
Dienstrechtskompetenz
nicht“, nun müsse man aber
damit leben. Angesichts des
demographischen Wandels,
so der Finanzminister, sei eine
Anhebung der Regelaltersgrenze alternativlos. Darüber
hinaus müsse es mehr Flexibilität bei der Wochenarbeitszeit geben – so könnten etwa
jüngere Lehrer mehr Wochenstunden arbeiten als ältere.
Das vom Bundeshauptvorstand verabschiedete Lehrerleitbild wird der dbb im Herbst
2009 auf einer bildungspolitischen Großveranstaltung im
dbb forum berlin der Öffentlichkeit vorstellen.
Info
Neue Besoldungstabellen
Ab 1. Juli 2009 gelten für Beamte und Versorgungsempfänger des
Bundes neue Besoldungstabellen, die sich zwar im Einstiegs- und
Endamt an den bisherigen Tabellenwerten orientieren, ansonsten
aber eine völlig neue Struktur aufweisen. Die Neuordnung ist Bestandteil des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes (DNeuG). Für alle am
30. Juni 2009 beim Bund vorhandenen Beamten, Richter und Versorgungsempfänger mit aufsteigenden Gehältern gilt vom Stichtag an
> dbb magazin | Juli/August 2009
die Besoldungsüberleitungstabelle 2009, für nach dem Stichtag ernannte Beamte gilt die Besoldungstabelle (Neuverbeamtung) 2009.
Bei der Überleitung werden vorhandenes Grundgehalt und allgemeine Stellenzulage, soweit gewährt, durch den Einbau der anteiligen
monatlichen Sonderzuwendung um 2,5 Prozent erhöht. Auf dieser
Basis erfolgt die Zuordnung zu einer Stufe oder Überleitungsstufe der
Überleitungstabelle.
dbb weblink: www.dbb.de
dbb > aktuell
Personalentwicklung:
Krise für
Neueinstellungen
nutzen
Der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen hat die
öffentlichen Arbeitgeber aufgefordert, die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise für Neueinstellungen im öffentlichen Dienst zu nutzen.
Der Stellenabbau der vergangenen Jahre – seit der deutschen
Wiedervereinigung wurde die
Zahl der Stellen um jährlich etwa 1,5 Prozent reduziert – habe
dazu geführt, dass die Personaldecke „zu dünn“ geworden sei,
sagte Heesen der „Frankfurter
Allgemeinen Zeitung“ (Ausgabe
vom 26. Mai 2009). Diese Auffassung teile inzwischen selbst
len Schulformen würden benötigt, etwa 10000 Polizisten, aber
auch 1200 bis 1500 Lebensmittelkontrolleure und 5000 Ingenieure, die beispielsweise bei
der Bundeswehr gesucht würden. Heesen schlug vor, die Arbeitgeber sollten deshalb von
dem Grundsatz ausgehen: „Wir
wollen jetzt mehr einstellen, als
wir nach dem gegenwärtigen
der Finanzminister. Hinzu komme, dass in den kommenden
Jahren größere Jahrgänge in den
Ruhestand gehen und dies zusammentrifft mit dem demographisch begründeten Rückgang von Berufseinsteigern.
Stellenschlüssel unbedingt
bräuchten, weil wir damit auf
die kommenden Jahre mit den
großen Pensionierungsjahrgängen vorgreifen möchten und
der Arbeitsmarkt heute mehr
Chancen für die Nachwuchsgewinnung bietet als dies 2014,
2015 der Fall sein wird.“
Er werbe nicht für ein „Konjunkturprogramm Personal“, das erfahrungsgemäß keine Chance
auf politische Zustimmung habe, machte der dbb Chef klar.
Vielmehr müsse nach Segmenten argumentiert und auf die jeweiligen Arbeitgeber eingewirkt
werden. So fehlten allein bei der
Steuerverwaltung etwa 10000
Mitarbeiter, 20000 Lehrer in al-
Der Staat müsse, das habe die
Krise gezeigt, „in bestimmten
schlechten Zeiten Dinge tun,
die er in guten Zeiten nicht tun
darf“, zeigte sich Heesen überzeugt. Dazu gehöre auch die
Aufnahme von Schulden, die
nötig wäre, um mehr Personal
einzustellen.
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > aktuell
KV-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts:
Basistarif – „unter
Beobachtung“
Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. Juni 2009 Verfassungsbeschwerden von fünf
Krankenversicherungsunternehmen und drei
privat krankenversicherten Beschwerdeführern zurückgewiesen und dabei alle angefochtenen Neuregelungen der Gesundheitsreform
von 2007 im Einklang mit dem Grundgesetz
gesehen.
sozialpolitik
8
Das Gemeinwohl erlaube solche Eingriffe wie die Einführung eines bei Beiträgen wie
Leistungen an der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) orientierten Basistarifs,
die teilweise Mitnahme der Altersrückstellungen beim
Wechsel des Versicherers oder
die Ausdehnung der zwingenden Verweildauer in der GKV
vor einem Wechsel in die Privatversicherung auf drei Jahre.
Damit würden weder die
Grundrechte auf Eigentum,
Berufs- oder Vereinigungsfreiheit der Unternehmen ver-
>
„Karlsruhe hat den Kurs fortgesetzt,
dem Gesetzgeber bei der Ausführung
des Sozialstaatsgebots einen weiten
Handlungsspielraum zu lassen“, sagte
der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt.
Info
letzt, noch die Versicherten
unzumutbar belastet.
Allerdings habe der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts gleichzeitig Grenzen gezogen und das Parlament verpflichtet, die Entwicklung auf
dem Versicherungsmarkt aufmerksam zu verfolgen und bei
Veränderungen, die nicht seinen Prognosen entsprächen,
sondern systemzerstörende
Auswirkungen für die PKV entfalten, Korrekturen herbeizuführen.
„Wir teilen die Einschätzung
der Verfassungshüter, dass der
>
Basistarif kein attraktives
Modell ist und damit keine
akute Gefährdung für das
PKV-Geschäftsmodell darstellt“, kommentierte Dauderstädt die Urteile. Entscheidend seien vielmehr die
Bejahung der Zweigleisigkeit
des deutschen Krankenversicherungsmarktes und die
Verpflichtung des Gesetzgebers, die Funktionsfähigkeit
der privaten Versicherungsunternehmen zu sichern.
Dies setze auch Plänen für
eine Bürgerversicherung
deutliche Grenzen.
Info
Krankenversicherungspflicht für Beamte
Schwerbehinderten-AG der Länder
Das Bundesministerium des Innern hat durch Rundschreiben Hinweise zur Beihilfegewährung im Hinblick auf den Nachweis einer
beihilfeergänzenden Versicherung gegeben. Seit dem 1. Januar
2009 besteht auch für Beamtinnen und Beamte – wie für jede
Person mit Wohnsitz im Inland – eine Krankenversicherungspflicht. Mit Rundschreiben vom 24. April 2009 (Az.: D 6 – 213
100-69/2) hat das BMI für die Fälle, die bereits einen ergänzenden Versicherungsschutz vor dem 1. April 2007 abgeschlossen
haben, dahingehend ergänzt, dass nunmehr entweder ein Vertrag über ambulante oder stationäre Leistungen in einer privaten
Krankenversicherung als ausreichend angesehen wird. Die bisherigen Verwaltungsvorschriften sahen für diese Fälle den Nachweis eines Versicherungsnachweises für ambulante und stationäre Leistungen vor.
Unter der Schirmherrschaft des dbb mecklenburg-vorpommern hat
vom 22. bis 26. Juni 2009 bei Schwerin die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen der Länder
stattgefunden. Nach einem Grußwort des Vorsitzenden der dbb AG
Behindertenpolitik, Heinz Pütz, wurden aktuelle behindertenpolitische Themen diskutiert. So lag ein Schwerpunkt der erstmals in
Mecklenburg-Vorpommern stattfindenden Versammlung in den
Komplexen barrierefreies Bauen und barrierefreie Kommunikation.
Daneben wurde über neue landesspezifische Regelungen im Beamtenrecht, Fragen des SGB IX, EU-Recht, leistungsorientierte Bezahlung und Beurteilungswesen diskutiert. Auch die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement wurden beraten, die in der Arbeit der dbb AG
Behindertenpolitik eine zentrale Rolle spielen.
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > aktuell
Beamtenstatus und Dienstrecht:
Der Staat muss
handlungsfähig sein
Der Ruf nach seiner Abschaffung ist wahrscheinlich so alt wie das Berufsbeamtentum
selbst. Immer wieder wird er laut, mit Argumenten wie zu teuer, zu unflexibel, zu unzeitgemäß. Und immer wieder erweist er sich als
falsch. Schlicht, weil das Beamtentum größtmögliche Sicherheit bei der Wahrnehmung
hoheitlicher Aufgaben garantiert und weil
Leistung nicht vom Status der Beschäftigten
abhängt. Das ist im Sinne der Bürger und in
Krisenzeiten gefragt wie nie.
hintergrund
10
Jüngst hat der ehemalige Ministerpräsident NordrheinWestfalens und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement in diese Kerbe geschlagen
und die fast zehn Jahre alten
Vorschläge der „Bull Kommission“ als Argumente gegen das
Berufsbeamtentum ins Feld geführt. „Stellt bloß keine Beamten mehr ein“, hieß es in einem
Kommentar für die „Welt am
Sonntag“ vom 5. Juli 2009.
Dass es Clement dabei wohl
nicht um vordergründige Beamtenschelte gehen kann, liegt
auf der Hand. Schließlich hat er
sich als Spitzenpolitiker lange
Jahre auf die hohe Qualität und
Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und seiner Beschäftigten verlassen können.
pertenkommission“ unter dem
Vorsitz von Professor Hans Peter Bull für einen NordrheinWestfalen einen umfassenden
Reformvorschlag vorgelegt und
ein völlig neues Dienstrecht für
den öffentlichen Dienst gefordert, das für bisherige Beamte,
Angestellte und Arbeiter gleichermaßen gelten sollte und den
Beamtenstatus abschafft.
Bull begründete diesen Vorstoß
damals damit, dass Leistungen
nicht in der notwendigen Qualität erbracht würden. Es gebe
aufgrund fehlenden Wettbe-
werbs keine Leistungssteigerungen. Es mangele an Bürgerund Kundenorientierung. Führungskompetenzen seien
unterentwickelt. Das Bezahlungssystem sei falsch, und die
Beamtenversorgung stelle den
deutschen Staat vor massive Finanzprobleme.
dbb Chef Peter Heesen hält dagegen. Es sei unbestreitbar,
schreibt Heesen in einem offenen Brief an Clement, dass Post,
Telekom und Postbank ihre aktuellen Personalprobleme nicht
allein mit Hilfe modernen Personalmanagements, sondern
partiell auch auf Kosten der
Steuerzahler lösten. Verantwortlich dafür seien neben den
handelnden Managern allerdings auch die Politiker in Bund
und Ländern, die bei der Privatisierung der Post 1994 den gesetzlichen Rahmen hierfür geschaffen hätten. Mit dem Stellenwert und der Zukunft des
Beamtenstatus habe das aber
nichts zu tun. Die Thesen seien
2009 immer noch genau so
falsch wie 2001: „Sie können
nicht einfach per Gesetz ein
einheitliches Dienstrecht für
den öffentlichen Dienst schaffen und dann einzelnen Beschäftigtengruppen – die
weiterhin für die hoheitlichen
Kernaufgaben zuständig sein
sollen – wichtige Grundrechte
wie die Koalitionsfreiheit oder
das Streikrecht einschränken.
Das wäre heute genauso verfassungswidrig wie 2001. Auch
deshalb ist das Bull-Konzept gescheitert“, schreibt Heesen.
Zudem sei die Annahme, durch
die Geltung eines allgemeinen
Arbeits- und Tarifrechts ergäben sich automatisch Leistungssteigerungen im öffentlichen Dienst, Bürger- und Kundenorientierung, Mobilität der
Beschäftigten, Führungskompetenz oder ein leistungsgerechtes Bezahlungssystem, geradezu abwegig: „Leistungssteigerung erreichen Sie beispielsweise durch effektive Anreiz- und Sanktionssysteme;
Bürger- und Kundenorientierung mit Hilfe veränderter Arbeitsabläufe, längerer Öffnungszeiten und Mitarbeiterschulungen; Führungskompetenz schafft man über Fortbildung und die Zuweisung neuer
Verantwortung in flacheren
Entscheidungsstrukturen, und
Mobilität erhöhen Sie etwa
durch eine flexiblere Laufbahngestaltung oder die Mitnahmefähigkeit von Versorgungsansprüchen über die Trennung der
Systeme.“
Warum muss aber dann tief in
die argumentatorische Mottenkiste gegriffen werden, um ausgehend von aktuellen Frühpensionierungswellen bei den Postnachfolgeunternehmen den
Bogen zurück zur Staatsrückbaudiskussion der 90er-Jahre zu
schlagen.
Bei all diesen schnell realisierbaren Maßnahmen spielt der
Status der Beschäftigten gar
keine Rolle, betont Heesen und
erinnert daran, dass Clement
selbst dem Kabinett angehört
habe, das diese Vorschläge des
dbb im Einklang mit dem damaligen Bundesinnenminister
Otto Schily bereits 2004 in einen Gesetzentwurf zur Dienstrechtsreform gegossen hatte.
Clement bezieht sich auf das
Jahr 2001. Damals hat eine „Ex-
„Das Beamtensystem passt
hervorragend in die Zeit, ist fle-
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > aktuell
daraus resultierende Wettbewerb mit der Privatwirtschaft
um die ,besten Köpfe‘ wird
schwer genug.“
Dass im Sinne der dringend
notwendigen Nachwuchsgewinnung in vielen Bundesländern auch die Altersgrenzen für
Verbeamtungen nach oben korrigiert werden, macht durchaus
Sinn, denn gerade bei Mangelberufen, etwa bei Technikern
und im IT- oder Bildungsbereich
fördert das den Quereinstieg
dringend benötigter Fachkräfte.
Das sieht auch Peter Heesen so,
denn „mit viel Geld wird der öffentliche Dienst dabei auch in
Zukunft nicht locken können,
wohl aber mit sicheren Arbeitsverhältnissen.“
Diese Argumente zeigen deutlich: Die Vorschläge der BullKommission gingen schon vor
zehn Jahren am eigentlichen
Problem vorbei. Wer einen leistungsstarken, modernen, flexiblen und kostengünstigen öffentlichen Dienst mit motivierten und kundenorientierten
Mitarbeitern will, muss keine
Statusdiskussion führen, weil
diese Fragen nicht vom Status
der Beschäftigten abhängen,
sondern von den Arbeitsbedingungen und der Verwaltungsorganisation. Hier müssen die Debatten ansetzen, nicht bei einer
überflüssigen Verfassungsdiskussion. Der besondere Status
ist allein der staatlichen Handlungsfähigkeit geschuldet. Und
die ist angesichts der Finanzund Wirtschaftskrise mehr gefragt denn je.
br
Am 22. Juni 2009 hat im Willy-Brandt-Haus in
Berlin ein Meinungsaustausch zwischen der
dbb Bundesleitung und dem Vorstand der SPD
stattgefunden. Erörtert wurden insbesondere
die den öffentlichen Dienst betreffenden Themen, die im SPD-Regierungsprogramm für die
Bundestagswahlen 2009 enthalten sind. Neben
weitgehenden Übereinstimmungen, etwa im
Hinblick auf Vorschläge zur Tarifautonomie, Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik sowie zur Mitbestimmung, vertrat die Bundesleitung eine konträre Position zu der von der SPD favorisierten
Bürgerversicherung. Diese sei mit den eigenständigen Versorgungs- und Beihilfesystemen
der Beamten unvereinbar. Geleitet wurden die
Delegationen von Franz Müntefering (zweiter
von links) und Peter Heesen (dritter von rechts).
>
Foto: Jan Brenner
11
Info
>
Erholungsurlaubsverordnung
Der dbb hat am 18. Juni 2009 im Bundesinnenministerium in Berlin
am Beteiligungsgespräch zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Erholungsurlaubsverordnung teilgenommen und den Entwurf grundsätzlich begrüßt. Die dbb Delegation kritisierte jedoch,
dass die zugrunde liegende EuGH-Entscheidung vom 20. Januar 2009
nicht komplett umgesetzt wird. Falls Beamtinnen und Beamte nach
der Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden,
fehle eine Regelung. Der dbb hat vorgeschlagen, in diesen Fällen den
Eintritt in den Ruhestand um die Urlaubstage hinauszuschieben. Bezüglich des Zusatzurlaubes für Wechselschichtdienstleistende hat der
dbb die Maßnahme begrüßt, dass Zusagen der Politik bezüglich der
Erhöhung des Ruhestandseintrittsalters zeitnah umgesetzt würden.
Scharf kritisiert wurde jedoch, dass die Schichtdienstleistenden von
der Erhöhung der Zusatzurlaubstage ausgenommen werden.
>
Leistungsbesoldung
Die Bundesregierung hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der
die mit dem Dienstrechtsreformgesetz eingeführten Leistungsbezahlungselemente der Leistungsprämie, Leistungszulage und Leistungsstufe, die bisher nur beim Bund vollständig umgesetzt und in drei verschiedenen Verordnungen geregelt waren, in einer Verordnung zusammengefasst und einheitliche Verfahrensregelungen geschaffen
hat. Bei einem Beteiligungsgespräch am 19. Juni 2009 im BMI hat der
dbb betont, die Einführung von Leistungselementen sei erfolgreich
verlaufen und treffe auf hohe Akzeptanz. Hinsichtlich der Weiterentwicklung kritisierte der dbb die Vergabequote von 15 Prozent, die fehlende Transparenz im Vergabeverfahren sowie Probleme im Zusammenhang mit der Gewährung von Teamprämien. Die im Entwurf enthaltenen Verbesserungen, insbesondere die vorgesehene Anhebung
der Höchstgrenzen für Leistungsprämien und -zulagen an Teams von
150 auf 250 Prozent, hat der dbb ausdrücklich begrüßt.
>
Erörterungsgespräch
In einem Erörterungsgespräch zur Übergangsregelung des § 147 BBG
am 19. Juni 2009 im BMI hat der dbb erhebliche Nachteile angeführt.
Betroffene, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes ihre Probezeit absolvieren, können erst mit Vollendung des 27. Lebensjahres auf Lebenszeit ernannt werden. Beamtinnen und Beamte, die noch nicht in ein Probe-Beamtenverhältnis ernannt wurden, können schon nach Absolvierung der Probezeit auf Lebenszeit berufen werden und damit teilweise weit vor dem 27. Lebensjahr. Nachteile können eintreten, wenn nach der Probezeit eine
Dienstunfähigkeit eintritt, die nicht auf einem Dienstunfall beruht.
Beamtinnen und Beamten zur Anstellung würden dann mangels gesundheitlicher Eignung entlassen. Ein Lebenszeitbeamter bleibe im
aktiven Dienst, sofern er nicht dauerhaft dienstunfähig ist. Dies wirke
sich besonders bei der Bundespolizei aus, die in ihren Einsätzen mit einem hohen Verletzungsrisiko konfrontiert ist.
> dbb magazin | Juli/August 2009
hintergrund
xibel, mobil, wettbewerbsfähig
und sichert zugleich durch
Streikfreiheit die dauerhafte
Handlungsfähigkeit des Staates, wenn es entsprechend justiert wird“, bekräftigt Heesen.
Wettbewerbsuntauglich dagegen seien die Einkommen im
öffentlichen Dienst. „Hier liegt
eine zentrale Herausforderung
für die Nachwuchsgewinnung.
Während der öffentliche Dienst
überaltert, trocknet gleichzeitig
die demographische Entwicklung den Arbeitsmarkt aus. Der
dbb > aktuell
Fortentwicklung des öffentlichen Dienstes:
Effizient und kostengünstig
Eine höhere Wertschätzung des öffentlichen
Dienstes seitens der Politik hat der dbb
Bundesvorsitzende Peter Heesen unter anderem auf dem Gewerkschaftstag des dbb
brandenburg am 26. Juni 2009 in Potsdam
eingefordert. Statt weiterer Kürzungen und
>
Haushaltsanteil
festschreiben
>
Damit nicht von Haushalt zu
Haushalt erneut die Frage
nach Einsparmöglichkeiten
gestellt wird, schlug Heesen
vor, einen festen Anteil der
Haushalte von vornherein für
den öffentlichen Dienst einzuplanen und festzuschreiben: „Das würde den Staat
nicht nur weniger anfällig für
Krisen machen, sondern seine
Beschäftigten auch besser vor
finanziellen Eingriffen schützen.“
Heesen begründete seinen
Vorschlag unter anderem mit
der nicht zuletzt im Zuge der
Krise zu beobachtenden
Rückbesinnung der Politik auf
die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, indem
Privatisierungen zunehmend
zurückgenommen würden,
weil der Staat in vielen Bereichen eben doch verlässlicher
und kostengünstiger arbeiten
könne als private Anbieter.
Darüber hinaus forderte Heesen, Kosten für Einsätze bei
kommerziellen Veranstaltungen nicht der Allgemeinheit
aufzubürden. „Es kann nicht
sein, dass zum Beispiel der öffentlich rechtliche Rundfunk
die Summen für Übertragungsrechte der Bundesliga
nicht mehr aufbringen kann,
während die Sportwirtschaft
immer mehr Geld scheffelt.
Man sollte ernsthaft darüber
nachdenken, den Vereinen
> dbb magazin | Juli/August 2009
Leistungen angemessen bezahlen
„Was der Staat bedingt durch
Fehlleistungen einiger Manager jetzt auf den Tisch legen
muss, steht in keinem Verhältnis dazu, was der Staat für die
guten Leistungen seiner Beschäftigten zahlt.“ Das sagte
dbb Chef Peter Heesen am 19.
Juni 2009 auf dem Gewerkschaftstag des dbb nrw in Bochum.
Die gegenwärtige Finanz- und
Wirtschaftskrise zeige, dass die
These ,Privat sei besser als
Staat‘, getrogen hat. Angesichts dieser Krise seien 70 Prozent der Bevölkerung nicht
mehr überzeugt, dass Private
alles besser machen.
Foto: Marco Urban
perspektiven
12
Einsparungen brauche der öffentliche Dienst
mehr Verlässlichkeit von der Politik. Weitere
Herausforderungen und Perspektiven für den
öffentlichen Dienst zeigte der dbb Chef auf
den Gewerkschaftstagen in Nordrhein-Westfalen und Hessen auf.
>
„Ich halte die These ,Privat ist besser als Staat‘ für höchst bedenklich“,
erklärte dbb Chef Peter Heesen auf dem Gewerkschaftstag des dbb
hessen in Friedberg.
die Kosten für Polizeieinsätze
bei Fußballspielen in Rechnung
zu stellen.“
>
Weitere Privatisierungen verhindern
Auf der Eröffnungsveranstaltung des Gewerkschaftstages
des dbb hessen am 29. Juni
2009 in Friedberg hat dbb Chef
Peter Heesen sich kritisch mit
der Privatisierung der Leistungen des öffentlichen Dienstes
auseinandergesetzt und auf
deren Nachteile für Bürger und
Beschäftigte hingewiesen. „Ich
halte die These ,Privat ist besser als Staat‘ für höchst bedenklich“, erklärte Heesen.
Der öffentliche Dienst laufe
Gefahr, nur noch für den
„Schrott“ zuständig zu sein.
Die privaten Bewerber seien
nur daran interessiert, die Teile
der öffentlichen Verwaltung zu
übernehmen, die sich finanziell lohnen. „Das muss verhindert werden.“
„Wir sind stolz darauf, dass es
uns immer gelungen ist, trotz
des dramatischen Personalabbaues seit 1993 immer gute
Arbeit abzuliefern. Der öffentliche Dienst ist effizient und
kostengünstig“, so Heesen
weiter.
Außerdem forderte der dbb
Chef „ein bisschen mehr Gerechtigkeit“ ein: Es sei kaum
nachvollziehbar, dass die Polizei die Sicherung von Bundesligafußballspielen kostenlos gewährleistet, die hochbezahlten Fußballer aber im
steuergünstigen Ausland lebten und dennoch die gute Infrastruktur Deutschlands in
Anspruch nähmen.
dbb > aktuell
Tarifverhandlungen Sozial- und
Erziehungsdienst:
Arbeitgeber
machen Rückzieher
Mit deutlicher Kritik hat die dbb tarifunion auf
die Kehrtwende der kommunalen Arbeitgeber
in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten
im Sozial- und Erziehungsdienst reagiert.
und Bildung. Dementsprechend müssen auch Arbeitsbedingungen für das Personal geschaffen werden, die dieser
Qualitätserwartung angemessen Rechnung tragen. Ich erinnere daran, dass wir uns tarifpolitisch gemeinsam bereits
2003 auf den Weg einer Tarifreform gemacht haben, von der
wesentliche Bausteine – nämlich die der Bezahlung zugrunde liegenden Eingruppierungsregelungen – nach wie vor fehlen.“ Insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen, die an
der Verwirklichung gesell-
Häusliches Arbeitszimmer:
Absetzbar
Im Streit über die steuerliche Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers in den eigenen vier Wänden hat sich erneut ein Finanzgericht auf die
Seite der Steuerzahler gestellt. Das niedersächsische Finanzgericht verurteilte das Finanzamt,
die von einem Lehrerehepaar beantragten Freibeträge für ihre Arbeitszimmer auf den Lohnsteuerkarten für 2009 einzutragen.
Das Niedersächsische Finanzgericht erklärte mit Beschluss
vom 2. Juni 2009 (Az.: 7 V
76/09), dass es erhebliche
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der durch das Steuer-
änderungsgesetz 2007 eingeführten Einschränkung der Abziehbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers habe. Damit
stellten die Richter in Hannover die seit 2007 geltende
>
Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske und dbb Verhandlungsführerin
Sieglinde Hasse auf der Pressekonferenz.
schaftlicher Ziele wie Chancengerechtigkeit, Integration und
Schutz des Kindeswohls arbeiteten, gebe es bei der Honorierung dringenden Weiterentwicklungsbedarf.
Die Tarifgespräche über die
Entgeltordnung und den betrieblichen Gesundheitsschutz
waren am 15. Juni 2009 in Fulda weitergeführt und nach einer zweitägigen Runde nach
Berlin verlagert worden. Eine
Annäherung zwischen Gewerk-
schafts- und Arbeitgebervertretern schien zunächst nicht ausgeschlossen. Die Arbeitgeber
sprachen sich für eine Aufwertung der sozialen und erzieherischen Berufe aus. „In die Verhandlungsrunden ist viel Kraft
investiert worden. Umso enttäuschter sind wir von der Mitteilung der VKA. Sie wirft die
Kolleginnen zurück, die ja den
Großteil der Beschäftigten im
Sozial- und Erziehungsdienst
ausmachen“, so Hasse.
Neuregelung in Frage – wie zuvor schon das Finanzgericht
Münster Anfang Mai 2009. Auf
Grund der erreichten Vorläufigkeit der Steuerbescheide
hinsichtlich der Abziehbarkeit
des häuslichen Arbeitszimmers sieht der dbb für die Eintragung eines Freibetrags auf
der Lohnsteuerkarte nach der
Einzelfallentscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts
keine Notwendigkeit. Durch die
Vorläufigkeit der Steuerbescheide bleiben die Rechte des Steuerpflichtigen auch ohne Eintragung eines Freibetrages bis zur
abschließenden Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts
gewahrt.
>
Info
Neuer Personalratsbrief
Der vierte Personalratsbrief liegt als PDF-Datei auf der Homepage
des dbb vor. Er widmet sich dem Thema „Arbeit der Schwerbehindertenvertretung- Beteiligungsrechte“ und gibt Antworten auf
die Fragen, welche Aufgaben hat die SchwbV, wie ist sie zu unterrichten, welche Folgen hat es, wenn die Beteiligung der SchwbV
unterlassen wird? Der Personalratsbrief kann in Einzelstücken
auch bei der dbb Bundesgeschäftsstelle als Druckversion bestellt
werden.
> dbb magazin | Juli/August 2009
13
tarifpolitik
„Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
(VKA) hat ein Angebot vorgelegt, das de facto den Stand
von 1990 wiedergibt und das
keinerlei Aufwertung beinhaltet. Auch beim Thema betrieblicher Gesundheitsschutz haben die Arbeitgeber einen
Rückzieher gemacht“, sagte
Siglinde Hasse, stellvertretende
Vorsitzende und Verhandlungsführerin der dbb tarifunion, am
19. Juni 2009 auf einer Pressekonferenz in Berlin.
„Die Gesellschaft will das Beste
für die frühkindliche Betreuung
dbb > fokus
Finanzkontrolle Schwarzarbeit:
Unverhofft kommt oft
Sie tauchen unangemeldet überall dort auf, wo
gearbeitet wird. Sie besuchen Firmen, Baustellen oder landwirtschaftliche Betriebe. Sie stellen Fragen – höflich aber bestimmt. Sie sind bewaffnet und tragen im Einsatz Schutzwesten.
Auf ihren Fahrzeugen prangt ihr Arbeitsziel:
www.zoll-stoppt-schwarzarbeit.de. Das dbb
magazin hat Fahnder der Finanzkontrolle
reportage
14
Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamtes Potsdam einen Tag lang begleitet und bei ihrem Job
zur Aufdeckung illegaler Beschäftigung und
Schwarzarbeit über die Schultern geschaut. –
Unser Eindruck: Unverhofft kommt oft, und ein
bisschen schlechtes Gewissen spielt offenbar
immer mit, auch dann, wenn niemand etwas zu
verbergen hat
Pünktlich um 7.30 Uhr finden
wir uns zum Einführungsgespräch bei Detlef R. Szesny,
dem Pressesprecher des
Hauptzollamtes Potsdam ein.
Viel Zeit bleibt uns dafür nicht,
denn bereits um 8.00 Uhr ist
Abrücken „unserer“ Kontrollgruppe angesagt. Das Ziel: Reiterhöfe im Großraum Potsdam. 212 Kilometer Fahrstrecke liegen heute noch vor uns,
sechs Höfe stehen auf dem
Programm. Gestern waren es
acht. Aber das erfahren wir
erst später. Learning by doing
ist für uns angesagt. „Kommen
Sie einfach mit …“.
Szesny erzählt von den spektakulären Fällen, die durch die
Medien gehen und die Arbeit
der FKS bekannt machen: von
40, 80 oder noch mehr ermittelten Schwarzarbeitern auf
Großbaustellen; von Unternehmern, die jahrelang Dutzende von Schwarzarbeitern
beschäftigt haben und bei unangemeldeten Kontrollen aufgeflogen sind; vom Taxigewerbe, das einen traurigen Spitzenplatz in der Beschäftigung
illegaler Arbeitnehmer einnimmt. Es gibt nahezu keine
Branche, in der nicht am Fiskus
vorbei gearbeitet wird. Jede
vierte Handwerkerleistung
wird inzwischen „ohne Rechnung“ erbracht. Die Steuerverluste summieren sich auf Milliarden. Allein im vergangenen
> dbb magazin | Juli/August 2009
>
Die Schutzwesten werden angelegt. Wer sichert? Wer fragt? Das weitere Vorgehen wird in einer kurzen Einsatzbesprechung vor dem ersten Reiterhof geklärt.
Jahr belief sich die Schadenssumme nur im Rahmen der
straf- und bußgeldrechtlichen
Ermittlungen auf knapp 550
Millionen Euro, 11,6 Millionen
Euro fielen davon im Bereich
des Hauptzollamtes Potsdam
an.
„Aber“, so erklärt Szesny weiter, „die großen Erfolge bestimmen nicht unser Tagesgeschäft. Wir gehen überall hin,
wo gearbeitet wird. Jeder, der
irgendwo arbeitet, ob als Tannenbaumverkäufer oder Autohändler, muss damit rechnen,
vom Zoll kontrolliert zu werden.“ Im vergangenen Jahr waren das bundesweit immerhin
488 996 Arbeitnehmer und
46 058 Arbeitgeber, denen unverhofft der Zoll auf den Füßen
stand.
Beim Hauptzollamt Potsdam
sind für die Kontrollen vor Ort
zwölf Kolleginnen und Kollegen der „Prävention“ aus dem
Sachgebiet C (Kontrollen) zuständig, die den 60 Beamten
des Sachgebiets E (Prüfungen
und Ermittlungen) zuarbeiten.
Deren Ergebnisse werden
schließlich von den 25 Beamten des Sachgebiets F (Ahndung) abschließend ausgewertet und führen gegebenenfalls
zu Strafanzeigen oder Bußgeldbescheiden. Doch bevor es
soweit ist, müssen zuerst einmal Kontrollen vor Ort durch-
geführt werden, auf deren
Grundlage die Schwarzen
Schafe ermittelt werden können.
„Was zu prüfen ist, wird nicht
im Detail vorgegeben“, erläutert Zolloberinspektor Peter
Franz, den wir mit seinem
Team begleiten werden, „lediglich die zu kontrollierende
Branche wird festgelegt. Die
Wochen- und Tagesspläne und
die Routen stellen wir selbst
zusammen.“
Wir treffen Franz und sein
Team vor dem Haupteingang,
machen uns mit Zollhauptsekretärin Angela Große und den
beiden Zollbetriebsinspekto-
dbb > fokus
Niemand zuhause: Die verdachtsunabhängige Kontrolle wird nicht wiederholt.
ren Lutz Lenk und Michael Lossau bekannt. Mit dabei sind
auch die beiden Zollsekretärsanwärterinnen Kristin Teuber
und Dayjana Henke, die seit
knapp einem Jahr dabei sind
und ihre Entscheidung, zum
Zoll zu gehen, bislang nicht bereut haben. Im Gegenteil: Der
Dienst sei interessant und die
Ausbildung mit ihren Praxisteilen sehr abwechslungsreich.
>
Man weiß nie,
was passiert …
Die Zusammensetzung der
heutigen Einsatzgruppe ist
allerdings nicht ganz nach
Franz‘ Geschmack. Zum einen
müssen die erfahrenen Zollbeamten die beiden „Zivilisten“
unter ihre Fittiche nehmen
und zum anderen auch auf die
beiden Anwärterinnen achten.
Sie verstärken zwar das Team,
tragen aber keine Waffen und
benötigen – schließlich sollen
sie etwas lernen – zusätzliche
Anweisungen und Hilfestellungen, die sie im Laufe des Tages
bereitwillig und geduldig von
allen Kolleginnen und Kollegen
auch bekommen.
Die Einsatzbesprechung vor
dem Abrücken dauert kaum
fünf Minuten. Franz wird mit
einem VW-Bus, ausgestattet
mit PC, Fax, Funk und Telefon,
die Führung übernehmen, die
übrigen Kollegen mit zwei
Kombis folgen. Alle wissen,
was sie zu tun haben, Fragen
sind unnötig, und einige Be-
merkungen nur für die Anwärterinnen (und uns) gedacht.
Das erste Ziel liegt in der Nähe
von Jüterbog. – Wir fahren los,
sitzen auf der „Armesünderbank“ im Bus und wecken,
wenn wir die Blicke von Passanten richtig deuten, offenbar
deren Neugier: „Was die beiden wohl ausgefressen haben?“ Der kleine Konvoi ist
schließlich kein alltäglicher Anblick in den zum Teil idyllischen Dörfern, die wir durchqueren. Die drei Fahrzeuge in
grün-weiß tragen die Aufschrift www.zoll-stopptschwarzarbeit.de „Die Leute
sollen ruhig sehen, warum wir
unterwegs sind“, meint Franz.
„Auch Präsenz zeigen gehört
zum Geschäft“, fügt er lächelnd hinzu.
Drei Kilometer vor dem ersten
Objekt erfolgt nochmals ein
kurzer Stopp. Die Beamten
streifen ihre Schutzwesten
über und legen fest, wer vorangeht und fragt, wer sichert
und welche der Anwärterinnen
wen begleitet. Dann geht es
weiter. Doch vor dem Ziel finden wir eine kleine „Schikane“,
die Zufahrtstraße zum ausgewählten Reiterhof ist komplett
gesperrt. Es geht zurück, um
den zweiten Hof auf der Liste
zuerst zu besuchen. Hof 1 soll
danach über eine Nebenstrecke angesteuert werden. Nach
weiterer kurzer Fahrt parken
wir auf dem Gästeparkplatz
vor dem Restaurant des Erleb-
nishofes in Jüterbog-Werder.
Der Besitzer hat uns – wie alle
anderen im Nachhinein auch –
die Erlaubnis erteilt, „Ross und
Reiter“ zu nennen und auch zu
fotografieren: „Wir haben
schließlich nichts zu verbergen.“ Aber unser lockeres Gespräch findet erst am Ende des
Besuches statt. Zu Beginn herrschen Ratlosigkeit und auch
ein wenig Furcht und Sorge
vor. „Man kriegt schon eine
Gänsehaut, wenn so eine bewaffnete Armada reinkommt“,
erklärt uns der Geschäftsführer. „Schreiben Sie das ruhig.
Aber als ich hörte, dass Sie
Schwarzarbeiter suchen, ging
es mir sofort wieder besser.“ Er
lacht, wünscht uns – ironisch
oder ernst gemeint? – einen
erfolgreichen Tag.
>
Pressesprecher Detlef R. Szesny: „Jeder, der arbeitet, muss
damit rechnen, vom Zoll kontrolliert zu werden.“
>
Das war
eine Premiere …
Das Team trennt sich: Die eine
Gruppe kontrolliert die Beschäftigten in den Stallungen,
die andere die Geschäftsführung, den Reitlehrer und die
Kellnerinnen im Restaurant.
Wir sind bei der Gruppe um
Teamleiter Peter Franz geblieben, weil wir auf die Reaktion
des Reiterhofchefs gespannt
sind. Diese Arbeitsteilung wird
auch bei den später kontrollierten Höfen von den Zollbeamten eingehalten.
Nochmals informiert über den
Grund des Besuches, entspannt sich der zurückhaltendkonsternierte Gesichtsausdruck des Hofbesitzers deutlich, und auch seine beiden Begleiter, Geschäftsführer und
Reitlehrer, atmen sichtbar auf.
„Schwarzarbeiter? Da sind Sie
bei uns falsch. Wir beschäftigen nur angemeldete Kräfte.“
Bereitwillig werden Ausweispapiere herbeigeholt, die Erfassungsbögen ausgefüllt, gestempelt und unterschrieben.
Alles in Ordnung. Unter den
21 Beschäftigten und den drei
Azubis des Erlebnishofes findet sich kein Schwarzarbeiter.
Die ausgefüllten Erfassungsbögen werden im Hauptzoll-
> dbb magazin | Juli/August 2009
15
reportage
>
Doch soweit sind wir – wie gesagt – noch nicht. Franz stellt
sich vor, erläutert hier wie später auf den anderen Höfen
auch, dass es sich um eine
Kontrolle nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz handelt und fragt nach dem Chef
oder dem Geschäftsführer. Die
angesprochene Mitarbeiterin,
die sich mit dem Abbau des
Frühstücksbuffets beschäftigt
hat, bietet sofort an, beide zu
holen und macht sich – froh
der geballten Staatsmacht zu
entgehen – sofort auf dem
Weg ins Büro. „Bitte kommen
Sie gleich wieder“, ruft Franz
ihr nach. „Wir haben noch ein
paar Fragen an Sie, und bringen Sie Ihren Ausweis mit.“
dbb > fokus
lich informiert. Die Gerüchteküche in Grüna wird brodeln …
>
reportage
16
Auf dem Pferdehof Neubeeren beantwortet Karin Größler für die Geschäftsführung die Fragen der Zollbeamten.
amt allerdings nachgearbeitet.
Wenn sich dabei herausstellt,
dass der Arbeitnehmer angemeldet ist und sich auch sonst
keine Auffälligkeit ergibt, wird
„abgeheftet“, im Zweifel jedoch weiter ermittelt – bis
zum Bußgeldbescheid oder
zum Strafverfahren.
Wir fahren zurück zu Hof 1,
den wir dank Einsatz des privaten Navis von Peter Franz über
Umwegen problemlos erreichen. Zwischen dem Erlebnishof in Werder und dem Reiterhof in Grüna liegen Welten.
Dort eine gepflegte, weiträumige Anlage mit Hotelbetrieb,
Restaurant und mehreren Reitplätzen und Stallungen, hier
ein kleiner Familienbetrieb, in
>
dessen offenem Stall nur vier
magere Pferde und ein einsamer Ziegenbock stehen. Es ist
offenbar niemand zuhause.
Das Haus ist verschlossen.
„Was nun?“ wollen wir wissen,
„kommen Sie heute oder morgen nochmal wieder?“ „Nein“,
stellt Franz fest, „wenn wir bei
einer verdachtsunabhängigen
Kontrolle niemanden antreffen, wird die Prüfung nicht
wiederholt. Das würden wir
nur tun, wenn Hinweise vorliegen.“ Anzeigen oder anonyme
Hinweise auf Schwarzarbeit
gibt es übrigens nur sehr selten. Aber eines ist sicher: Der
Hofbesitzer wird von seinen
Nachbarn, die uns ohne Unterlass beobachtet haben, über
den Besuch des Zolls ausführ-
Bei Marén Frychel vom Reit- und Fahrstall Großbeeren ist alles im grünen Bereich.
> dbb magazin | Juli/August 2009
Die Fahrt geht weiter. Das Ziel:
Gestüt und Reiterhof Brennabor in Reinsdorf. Das idyllisch
gelegene Gehöft ist ebenfalls
im Vergleich zum Erlebnishof
in Werder nur klein und wird
von den „Bereiterinnen“ Kerstin Dötschel und Britta Krohn
in Eigenregie betrieben. „Mitarbeiter?“ lacht Frau Dötschel,
die wir allein antreffen, „haben
wir nicht. Wir sind selbstständig und arbeiten deshalb
>
>
Die Ergebnisse
sind gut …
Das nächste Ziel liegt fast an
der Berliner Stadtgrenze, eine
gute Stunde dauert die Fahrt
durch die Dörfer und über die
Autobahn. Wir steuern nach
einer kurzen Toilettenpause
den Pferdehof Neubeeren an,
eine 56 Hektar große Hoffläche, auf der insgesamt 160
Pferde stehen – das Sahnestück (von der Größenordnung
betrachtet) der heutigen Kontrollen. Der Hof wird von der
„Schwarzarbeiter? Nicht bei uns!“ Karin Dötschel betreibt ihr Gestüt in
Reinsdorf mit einer Geschäftspartnerin in Eigenregie.
selbst und ständig.“ Die Zollbeamten sehen sich dennoch
auf dem Hof um. Es ist niemand zu finden, der Hofhund
lässt uns gewähren.
Kerstin Dötschel steht derweil
bereitwillig Rede und Antwort,
der Erfassungsbogen füllt sich
schnell. Die junge Frau überspielt ihre Unsicherheit mit Lachen und scherzhaften Zwischenbemerkungen. Nach gut
zehn Minuten ist sie den unangemeldeten Besuch wieder los.
„Das war eine Premiere für
mich“, stellt sie am Schluss erleichtert fest. „So was hatten
wir noch nie.“ Fast hören wir
die unausgesprochene Zusatzbemerkung: „Muss aber nicht
nochmal sein.“
Otto Pohl GmbH betrieben
und ist zum Teil unterverpachtet. Einer der beiden Geschäftsführer ist der Bundestagsabgeordnete Dr. Peter
Danckert, der zugleich Vorsitzender des BT-Sportausschusses ist. Danckert befindet sich
in Berlin, aber sein Mitgeschäftsführer Dr. Rainer Raack
erlaubt unsere Berichterstattung gern und stellt den Zollbeamten für Auskünfte und als
Führerin durch das weitläufige
Anwesen seine Büroleiterin
Karin Größler zur Verfügung.
„Mehrere Hallen sind unterverpachtet“, erklärt sie. „Über das
Personal dort sind wir nicht informiert, aber alle Beschäftigten, die zur Otto Pohl GmbH
dbb > fokus
Auf dem Hof sind zwölf Mitarbeiter und einige Teilzeitkräfte
beschäftigt. Bei den Befragten
ist wohl alles in Ordnung. Eine
junge Frau erhält allerdings Sozialleistungen, hat ihren Job
auf dem Pferdehof aber (noch
nicht) angegeben. Ein Bußgeld
könnte ihr ins Haus stehen.
Inzwischen ist die Gruppe um
Franz zum Reit- und Fahrstall
Großbeeren geschlendert, wo
wir von Pächterin Marén Frychel neugierig begrüßt wer-
den. Die junge Pferdewirtschaftsmeisterin beschäftigt
einen Facharbeiter, vier Lehrlinge und zwei so genannte
„EQJ-ler“, die ein Langzeitpraktikum absolvieren als Einstiegsqualifizierung in den
späteren Beruf. Alle, auch die
Inhaberin, werden befragt.
Auch hier ist offenbar alles in
Ordnung.
Das gilt auch für Mitarbeiter
des Dressurstalls Vetters, der
die Dressurausbildung auf
dem Hof bis zur höchsten Klasse durchführt. Eine Mitarbeiterin der GmbH steigt grußlos in
ihren Pkw und will das Gelände verlassen. Sie wird von den
Beamten angehalten und
überprüft. Auch hier findet
sich nichts Offensichtliches zu
beanstanden. Sie hat schlicht
Feierabend und nicht die Absicht, sich einer Kontrolle zu
entziehen. Aber wie sagte
Franz zu Beginn unserer Tour:
Schließlich weiß man nie genau, was passieren wird.
Wir fahren zurück zum Hauptzollamt Potsdam. Gut sechs
Stunden haben wir das Kontrollteam begleitet. Mit Vorund Nachbereitungszeit geht
eine Achtstundenschicht ohne
besondere Vorkommnisse zu
Ende. Die Zollbeamten um Peter Franz sind mit dem Nega-
>
Abmarsch: Auf dem Erlebnishof in Werder ist ebenfalls alles in Ordnung.
tivergebnis ihrer Kontrollen
aber durchaus zufrieden. „Keine Schwarzarbeiter zu finden
ist für den Fiskus ein gutes Resultat“, bringt Pressesprecher
Detlef Szesny das Ergebnis auf
den Punkt. „Und abschreckende Wirkung für die Zukunft
hatten unsere Besuche bei den
Leuten allemal.“
Mittwoch bis Freitag stehen
weitere Kontrollen auf Reiter>
höfen kreuz und quer durch
den Zuständigkeitsbereich des
Hauptzollamtes Potsdam an.
In der kommenden Woche
wechselt dann die Branche, die
unangekündigt und verdachtsunabhängig kontrolliert wird.
– Wie schon gesagt: Unverhofft kommt oft …
Text: Dr. Walter Schmitz
Fotos: Jan Brenner
Info
Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)
Seit 1991 leistet die Zollverwaltung einen wichtigen Beitrag zur
Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit.
Die Beschäftigten der FKS, die den Hauptzollämtern angehören,
führen verdachtsunabhängige Prüfungen durch und kontrollieren, ob Sozialleistungen nach dem SGB II und dem SGB III zu
Unrecht bezogen werden oder wurden, bei ausländischen Arbeitnehmern die erforderlichen Arbeitsgenehmigungen vorliegen, Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als
vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden, Arbeitgeber ihren Meldepflichten nachkommen und die Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz eingehalten werden. Diese Prüfungen erfolgen sowohl stichprobenweise, als auch aufgrund risikoorientierter Analysen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gesetzlich verpflichtet, bei diesen
Prüfungen mitzuwirken. Sie müssen die erforderlichen Auskünfte erteilen, Unterlagen vorlegen und das Betreten der Grundstücke und der Geschäftsräume dulden. Seit 1998 sind die Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Ebenso wurden ihnen Polizeibefugnisse übertragen. Sie müssen alle Maßnahmen treffen, um
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aufzuklären: Identitätsfeststellungen, erste Vernehmungen, Sicherstellungen oder Beschlagnahmen von Beweismitteln, Durchsuchungen, Anordnungen von Sicherheitsleistungen, Aufforderung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten und vorläufige Festnahmen bei Straftaten (Quelle: www.zoll.de).
dbb web links: www.zoll-stoppt-schwarzarbeit.de
>
Kontrolle auf der Koppel: „Können Sie sich ausweisen?“
> dbb magazin | Juli/August 2009
17
reportage
gehören, zeige ich Ihnen gerne.“ Die beiden Kontrollteams
machen sich an die Arbeit, erfassen Stallpersonal und
Handwerker, und auch Karin
Größler wird gebeten, sich auszuweisen und einen Erfassungsbogen auszufüllen. Auch
auf dem Pferdehof Neubeeren
handelt es sich um eine Premiere. „Kontrolliert worden
sind wir hier noch nie“ stellt
Frau Größler fest und versteht
es, dass Unangenehme mit
dem Nützlichen zu verbinden
und die Werbetrommel zu rühren. „Schreiben Sie bitte auch,
dass wir Ende Juni hier das
„Young-Neighbours-Meeting
2009“ ausrichten und internationale Gäste erwarten.“ Leider
wird das Reitturnier vorbei
sein, bevor unser Magazin erscheint …
dbb > fokus
Schuldenbremse – und
was dann?
Noch befinden wir uns in der
schwersten Wirtschaftskrise
der Nachkriegszeit. Bei allen ihren negativen Folgen ermöglicht
die Krise einen wertvollen Erkenntnisgewinn. Sie macht deutlich, welche selbstzerstörerischen Kräfte einem ungezügelten
Markt innewohnen, und wie wichtig es ist, einen leistungsfähigen und mit ausreichenden Ressourcen ausgestatteten Staat zu haben.
standpunkt
18
Nur Dank des raschen Eingreifens von Regierungen und Notenbanken konnte verhindert
werden, dass das globale Finanzsystem im September
2008 ähnlich spektakulär in
sich zusammengebrochen ist
wie sieben Jahre zuvor das
World Trade Center. Nur Dank
der umfangreichen Konjunkturprogramme ist uns eine
Wiederholung der schrecklichen Entwicklungen erspart
geblieben, wie sie die Welt Anfang der dreißiger Jahre erfasst
hatten.
Wenn man ideologisch nicht
völlig verblendet ist, kann man
aus der Krise zudem die Einsicht ableiten, wie unzutreffend der oft zu hörende Vorwurf ist, der Staat könne nicht
mit Geld umgehen. Auch wenn
die Landesbanken in der Krise
keine gute Figur machten, besteht kein Zweifel, dass es vor
allem der Markt war, der für
die Billionenbeträge fauler Kredite verantwortlich ist. Wie unspektakulär sind im Vergleich
dazu die in den Berichten der
Rechnungshöfe ermittelten
Summen öffentlicher Verschwendung.
Doch mitten in dieser Krise
entschließen sich die Mitglieder des Bundestags mit einer
verfassungsändernden Mehrheit dafür, dem Staat die Möglichkeit der Verschuldung weitgehend zu entziehen. Das mag
> dbb magazin | Juli/August 2009
auf den ersten Blick sinnvoll
erscheinen, da dadurch nach
dem krisenbedingten Anstieg
der Neuverschuldung ein starker Zwang zur Konsolidierung
ausgelöst wird. Aber es läuft
diametral der durch die Krise
eröffneten Einsicht zuwider,
dass es äußerst gefährlich ist,
die Gestaltung einer Gesellschaft weitgehend dem Markt
zu überlassen.
Die größte Gefahr der Schuldenbremse besteht darin, dass
sie alsbald den von 1999 bis
2008 zu beobachtenden Prozess der Entstaatlichung wieder in Gang setzen wird. Die
Staatsquote, das heißt die
Staatsausgaben relativ zur
Wirtschaftsleistung, lag im
Jahr 1999 bei 48,2 Prozent, im
Jahr 2008 betrug sie nur noch
43,9 Prozent. In Euro ausgedrückt bedeutet das, dass der
Staat im Jahr 2008 über rund
100 Milliarden Euro weniger
an Mitteln verfügte als bei einer konstanten Staatsquote. In
unserem Nachbarland Frankreich ist demgegenüber die
Staatsquote im gleichen Zeitraum bei unverändert 52,5
Prozent geblieben. Nebenbei
bemerkt, war das Wachstum
dort im gleichen Zeitraum
deutlich höher als bei uns.
Das Muster dieses Prozesses
ist einfach. Nachdem nun die
Betonmauer der Schuldenbremse etabliert worden ist,
muss man jetzt einfach die
Steuern weiter senken. Schon
jetzt kann man von Verfechtern der Schuldenbremse Forderungen nach weiteren Steuersenkungen vernehmen. Die
Konsequenz ist naheliegend.
Es muss dann eben bei den öffentlichen Ausgaben gespart
werden. Es lässt sich einfach
>
Info
Prof. Dr. Peter Bofinger, Jahrgang 1954, ist Ordentlicher
Professor für Volkswirtschaftslehre, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität
Würzburg. Seit März 2004 ist
er Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung.
prognostizieren, dass am ehesten dort gespart wird, wo es
keine Lobbies gibt. Es ist vor allem die Zukunft, die ihre Interessen nicht laut genug artikulieren kann. Die Abmagerungskur des deutschen Staates hat
dazu geführt, dass wir bei den
öffentlichen Investitonen auf
dem zweitletzten Platz der EU
liegen. Auch bei den Bildungsinvestitionen liegt Deutschland – allen Sonntagsreden
zum Trotz – unter dem OECDDurchschnitt und meilenweit
unter den Spitzenwerten. Um
das dänische Niveau zu erreichen, müssten wir jährlich rund
90 Milliarden Euro mehr für unsere Kinder ausgeben.
Es wird somit zur traurigen Ironie der Schuldenbremse gehören, dass ein Mechanismus, der
den nachfolgenden Generationen etwas Gutes tun wollte, die
Zukunftschancen des Landes
massiv gefährdet. Denn anders
als in der alten Fassung des
Grundgesetzes ist es für den
Staat in Zukunft nicht mehr
möglich, für Investitionen, die
nicht über Steuern finanziert
werden können, Kredite aufzunehmen.
Wenn man diesen gefährlichen
Tendenzen der Schuldenbremse
entgegenwirken will, bietet es
sich an, einen Zukunftsrat für
Deutschland zu schaffen. Seine
Aufgabe sollte darin bestehen,
fortlaufend die zukunftsrelevanten Ausgaben von Bund und
Ländern zu erfassen und dabei
ein Benchmarking mit anderen
Staaten durchzuführen. Vor jeder Steuersenkung wäre eine
Stellungnahme des Rates einzuholen, in der die Folgen für die
Zukunftsinvestitionen darzulegen wären. Nur wenn es gelingt,
dass die aktive Zukunftsvorsorge
in den Bereichen Bildung, Umwelt und Infrastruktur transparent und für jeden Bürger erfassbar wird, kann ein für Wirtschaft
und Gesellschaft gefährlicher
Marsch in den Minimalstaat
noch verhindert werden.
Peter Bofinger
dbb > fokus
9. Deutscher Seniorentag
Rund 15 000 Besucherinnen und Besucher des 9. Deutschen Seniorentages nutzten vom 8. bis 10. Juni 2009 im
Congress Center Leipzig die Gelegenheit, sich über eine
Vielzahl von seniorenspezifischen Angeboten zu informieren und aktuelle politische Themen zu diskutieren.
Unter dem Motto „Alter leben –
Verantwortung übernehmen“
luden über 100 Veranstaltungen zum Zuhören, Mitreden
und Mitmachen ein. Unter den
zahlreichen Gästen aus Politik,
Wissenschaft und Wirtschaft
war auch die Schirmherrin der
Veranstaltung, Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Heinz Ossenkamp stellte auf
einem Forum des Seniorentages klar, dass „Renten und Pensionen Entgelt für geleistete Arbeit und keine sozialen Wohltaten sind“. Da das Rentenniveau
in der Zukunft weiter absinken
wird, steigt das Risiko der Altersarmut auch nach langjähriger Erwerbstätigkeit. „Hier besteht eindeutig Handlungsbedarf“, sagte Ossenkamp. Um
geringverdienenden Menschen
mit langjähriger Erwerbsbiographie Rentenansprüche oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu sichern, sollte die
Weiterführung der Rente nach
Mindesteinkommen erwogen
werden.
Fast 20 Jahre nach dem Fall der
Mauer müsse endlich auch der
aktuelle Rentenwert, der in den
neuen Bundesländern noch immer zwölf Prozent niedriger als
>
Heinz Ossenkamp: Renten
und Pensionen sind keine
sozialen Wohltaten.
im Altbundesgebiet sei, angeglichen werden. Seit Jahren
stagniere der Anpassungsprozess, so der dbb Vize in Leipzig.
Zwar stieg in diesem Jahr die
Rente zum 1. Juli mit 3,38 Prozent in den neuen Ländern im
Vergleich zu 2,41 Prozent in
den alten Ländern erstmals
seit Langem wieder stärker an
und verringerte so die Lücke
zwischen Ost und West geringfügig. Dennoch sei mit einer
baldigen Angleichung nicht zu
rechnen.
Auf der in Verbindung mit dem
Seniorentag stattfindenden Seniorenmesse „SenNova“ präsentierten über 200 Aussteller
aus den Bereichen freiwilliges
Engagement, Reise und Bildung, Internet und Technik,
Wohnen, Gesundheit, Vorsorge
sowie Verbraucherschutz ihr
Angebot. Unter den Ausstellern
war erstmals auch der dbb mit
einem eigenen Stand vertreten.
Gemeinsam mit der komba gewerkschaft, BRH und BDZ wurde über die aktuelle gewerkschaftspolitische Arbeit informiert. Zahlreiche Menschen ergriffen die Gelegenheit, sich am
dbb Stand zu treffen und mit
den Gewerkschaftern auszutauschen.
19
kongress
Leipziger Allerlei
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > fokus
Schwarzarbeit:
Kein Kavaliersdelikt
Anfang Juni dieses Jahres druckte die FAZ eine bemerkenswerte Karikatur ab: Zu besichtigen waren
allerlei windige Zeitgenossen, die in grotesk überhöhten Sprechblasen ihr „Recht“ auf staatliche Rettung einforderten. Darunter fand sich auch der
Schwarzarbeiter als Prototyp desjenigen, der nicht
faul ist, aber auf Kosten der Allgemeinheit agiert
und folglich von Beginn an jeden Anspruch verwirkt hat, bemitleidet oder gar öffentlich honoriert
zu werden. Soviel karikierende Überhöhung, wie in
Form der Hohnsprechung auf Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft vorgeführt, darf in kritischen
Zeiten sein.
die andere meinung
20
Es gibt keinen Zweifel, der
Schwarzarbeiter und sein Förderer begleiten alle Phasen des
Wirtschaftszyklus. Sie suchen
ihr „Auskommen“ in Krise und
Hochkonjunktur gleichermaßen, sie sind in der selbstständigen wie der unselbstständigen
Arbeit anzutreffen, im Staub der
Baustellen ebenso wie im Reinraum von Rechenzentren, in
schmuddeligen Hinterhof-Werkstätten wie in steril anmutenden Chef-Büros. Wie groß der
Umfang der Schwarzarbeit hierzulande oder in der EU ist, lässt
sich allenfalls ahnen und schätzen. Denn das ist ja gerade das
Makabre an diesem Phänomen:
Weil „schwarz“ geleistete Erwerbsarbeit nicht ordnungsgemäß angezeigt wird, lässt sie
sich statistisch nicht erfassen.
Doch dass es um Milliardenbeträge geht, die dem Staat auf
diesem Wege vorenthalten werden, wissen alle, denen eine gerechte Funktionsweise unserer
Wirtschaftsordnung am Herzen
liegt.
Jeder kennt die Bilder aus den
Nachrichten – da tauchen auf
einer Baustelle von Amts wegen
urplötzlich Kontrolleure auf, die
nicht mehr sehen wollen als den
dokumentierten Nachweis legaler Arbeit, und eine Schar von
> dbb magazin | Juli/August 2009
Aufgescheuchten verlässt in
heilloser Flucht die Baustelle.
Diejenigen, die schamlos die
wirtschaftliche Not wirklich Bedürftiger ausnutzen, tauchen in
der Regel im Bild nicht auf. Dabei sind es meist diese „Cleveren“, die den Anstoß zur
Schwarzarbeit geben und
prächtig daran verdienen, wenn
der Staat um Steuern und Sozialabgaben geprellt wird.
Sobald die Kragen weißer und
manche Geschäfte schmutziger
werden, ist die Sache undurchsichtiger als auf dem Bau. Wer
weiß schon, für welche Arbeit
eine Rechnung gestellt und
welche Beschäftigung nach
Recht und Gesetz angezeigt
wurde? Dabei schaden diejenigen, die Schwarzarbeit organisieren, ebenso wie diejenigen,
die sie leisten, dem Gemeinwesen. Qualifikationen, die in öffentlich finanzierten Bildungseinrichtungen erworben wurden, oder eine auf Staatskosten
gut ausgebaute Infrastruktur
für den Weg zum Arbeitsort
verlangen nun einmal, dass diejenigen, die Nutznießer sind, je
nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit den Kreislauf
aus Einnahmen und Ausgaben
zum Nutzen der Allgemeinheit
weiterhin aufrecht erhalten.
In einer langen Entwicklungsgeschichte hochkomplexer
Marktwirtschaften hat sich ein
vielschichtiges System der Besteuerung herausgebildet, das
zu einem großen Teil auf geleisteter Arbeit beruht. Wie massiv
gelegentliche Verwerfungen
und vielerlei Ungereimtheiten
in diesem Mechanismus sind,
spürt jeder, oder man kann es
in mehr oder weniger skandalisierenden Berichten nachlesen.
Eines geht jedoch nicht – den
Makel mancher Regelung oder
die Höhe mancher Abgabe als
Rechtfertigung für trickreiche,
eigennützige Umgehungen des
vorgeschriebenen Regelwerks
zu benutzen. Konsequent zu
Ende gedacht liefe eine solche
Organisation der Arbeit dann
schnell auf eine Art Faustrecht
hinaus, bei dem die Rechts- und
>
Info
Der Autor (Jahrgang 1953)
studierte Anfang der 1970erJahre Wirtschaftswissenschaften in Moskau; anschließend Promotion und Habilitation in Leipzig; seit 1991
journalistisch tätig. Nach ausführlicher wissenschaftlicher
und publizistischer Beschäftigung mit Strategien internationaler Konzerne wandte
sich sein Interesse in letzter
Zeit vor allem der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen
und der Rolle von Großstädten im Prozess der Globalisierung der Wirtschaft zu.
Sozialordnung, eben das Soziale der Marktwirtschaft, die Bindekraft verlöre. Dass in diesem
Zusammenhang die Forderung
nach Beseitigung von Ungereimtheiten des Steuersystems
sich ständig Gehör verschaffen
muss, bleibt unbenommen und
ist Teil der Ordnung der Wirtschaft. Schwarzarbeit und ihre
negativen Folgen für das reibungslose Funktionieren unserer Wirtschaftsordnung und für
die Gesellschaft insgesamt sind
kein Kavaliersdelikt. Schwarzarbeit wird folglich auch als Ordnungswidrigkeit verfolgt und
geahndet. Oder um es plastisch
zu beschreiben: Wer schon einmal im Mittleren Westen der
USA unterwegs war, wird in vielen Geschäften einen Aufkleber
gesehen haben, der fordert:
„Trust in God, love your country,
pay taxes.“ Das mag ein bisschen spleenig daherkommen
und sogar fundamentalistisch
scheinen, aber es bringt einfache Wahrheiten auf den Punkt.
Nicht die Gesellschaft wirft einen Schatten auf jenen Teil der
Erwerbsarbeit, der im Verborgenen blüht, sondern die
Schwarzarbeit wirft einen hässlichen Schatten auf die Gesellschaft. Gegen diesen Missstand
und seine Ausbreitung vorzugehen, bleibt eine Daueraufgabe
aller, die es ehrlich meinen mit
der Sozialen Marktwirtschaft –
sozial groß geschrieben.
Dr. Helge-Heinz Heinker
dbb > fokus
Was hilft gegen Steuerhinterziehung?
Nachgefragt bei Ulrich Müting, Oberfinanzpräsident der
Oberfinanzdirektion Rheinland
?
Müting
Das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz mit seinem
stark vom Präventionsgedanken geprägten Charakter ist
ein richtiger Schritt zur Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit. Die Intention des
Gesetzes, die Umsetzung der
von der OECD (Organisation
für Zusammenarbeit und Entwicklung) entwickelten Standards zu fördern und die Ermittlungsmöglichkeiten der
Steuerbehörden bei Geschäftsbeziehungen zu unkooperativen Staaten zu verbessern, ist aus Sicht der Finanzverwaltung nicht hoch genug
einzuschätzen. Die Nachrichten der letzten Tage und Wochen zeigen, dass das Gesetz
schon vor seinem in Kraft treten Wirkung zeigt. Länder wie
die Schweiz, Luxemburg, Österreich, Belgien und andere
erklären sich erstmals dazu
bereit, die Standards der
OECD zu erfüllen. Es sind neben dem Steuerhinterzie-
hungsbekämpfungsgesetz
natürlich eine Vielzahl weiterer Gesetzesänderungen
denkbar, man sollte aber
nicht über das Ziel hinausschießen. Es ist bei allem
Interesse der Ermittlungsbehörden an Informationen, der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die vollständige Abschaffung des
Bankgeheimnisses wäre wohl
ein solcher Schritt zu weit. Im
Übrigen hat der Gesetzgeber
ja zum Beispiel bereits die
Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung im
Jahre 2008 auf die bandenmäßige Umsatzsteuer-Hinterziehung erweitert und so die
Arbeitsmöglichkeiten der
Fahndungen entscheidend
verbessert.
Seit Jahren erfolgt in den Landesfinanzbehörden ein erheblicher Personalabbau bei
gleichzeitigen organisatorischen Veränderungen und
wachsenden Aufgaben. Schadet das nicht dem Ziel, die
Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Deutschland zu verbessern? Welche Mittel sind darüber hinaus notwendig, um
grenzüberschreitende Steuerhinterziehung wirksamer zu
bekämpfen?
?
Müting
Für Nordrhein-Westfalen
kann ich einen Personalabbau
im Bereich der Steuerfahndung nicht bestätigen. Im
Gegenteil: Die Finanzämter
für Steuerstrafsachen und
Steuerfahndung sind zu 100
Prozent besetzt (Soll gleich
Ist). NRW stellt circa 25 Prozent der Fahnder in der
internationalen Ermittlungsbehörden. Ein schneller und
effizienter Informationsaustausch zwischen den Staaten
ist für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung sicherzustellen. Es wird eine wesentliche Aufgabe der kommenden Jahre sein, hieran
weiter und noch intensiver zu
arbeiten. Wobei ich betonen
möchte, dass die Kontakte zu
unseren europäischen Nachbarn bereits jetzt sehr gut
sind und in vielen Fällen zu erheblichen Fahndungserfolgen
geführt haben.
>
Ulrich Müting
Bundesrepublik. Wir haben in
NRW mit der Einrichtung der
Zentralstelle zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung (ZEUS)
sogar zusätzlich neue Wege
zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, beispielgebend für die anderen Länder,
beschritten. Wirtschaftskriminalität kennzeichnet sich seit
einigen Jahren vermehrt
durch kriminelle Organisationsstrukturen und internationale Verflechtungen. Steuerhinterziehung ist in diesen
Fällen vielfach nur eine von
vielen Straftaten (Menschenhandel, Drogenhandel, Geldwäsche, Terrorismus). Zur Bekämpfung dieser Form von
Verbrechen sind Kontakte zu
externen Ermittlungsbehörden von existenzieller Bedeutung. Zu nennen sind neben
den inländischen Polizeibehörden und dem Zoll auch die
Zahlreiche prominente Steuersünder wurden lediglich zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Wie bewerten Sie das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung, die solche Urteile als
Skandal und eher als Motivation empfindet, selbst Steuern
zu hinterziehen?
?
Müting
Die Verurteilung der Straftäter ist Aufgabe der Justiz. Natürlich könnten auch wir uns
zum Teil härtere Strafen vorstellen. Aber gerade die letzten Entscheidungen des BGH
zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung zeigen, dass
auch die Justiz die Zügel anzieht. Ich glaube, dass damit
auch in der Bevölkerung das
Bewusstsein geschärft wurde,
dass Steuerhinterziehung
eben kein Kavaliersdelikt ist.
Vielfach wird allerdings übersehen, dass eine empfindliche
Geldstrafe oder Auflage Steuerhinterzieher in aller Regel
mehr beeindruckt als eine
letztlich zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe.
> dbb magazin | Juli/August 2009
21
nachgefragt
Steuerhinterziehung ist vor allem seit dem Liechtensteinskandal und der Verurteilung
des ehemaligen Postchefs
Klaus Zumwinkel in den Fokus
der Öffentlichkeit gerückt. Der
Entwurf des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes
befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Lässt sich die
Steuerhinterziehung mit den
geplanten Maßnahmen wirksam genug bekämpfen oder
halten Sie weitere legislative
Schritte, wie die Abschaffung
des Bankgeheimnisses in
§ 30 a Abgabenordnung für
notwendig?
dbb > fokus
Symposium am 3. September 2009 in Köln:
Was ist Arbeit
heute noch wert?
„Was ist Arbeit heute noch
wert?“ Dieser Frage gehen dbb
akademie und dbb tarifunion
auf ihrem gemeinsamen Symposium am 3. September 2009
in Köln nach. Mit der eintägigen Veranstaltung im Hilton
Hotel in Köln setzen dbb
akademie und dbb tarifunion
damit ihre erfolgreiche Reihe
von Symposien fort.
akademie
22
„Mit unserer Fragestellung
nach dem Wert von Arbeit haben wir ein zentrales Thema
aus der Tarifpolitik in den Fokus gestellt, das auch im aktuellen Bundestagswahlkampf
auf Resonanz stoßen wird“, so
umreißt Willi Russ, Vorsitzender der dbb akademie und
2. Vorsitzender der dbb tarifunion die Zielsetzung der Veranstaltung. „Wir sind sicher,
dass dieses tarifpolitische Thema zahlreiche Teilnehmer aus
Politik, Wirtschaft und Verwaltung ansprechen wird.“ Die Suche nach einer modernen und
gerechten Bezahlung steht im
Mittelpunkt der Tarifverhandlungen zu einer neuen Entgeltordnung. Von daher wird dieses Thema, aber auch der Bereich Mindestlohn behandelt.
Weitere Schwerpunkte des
Symposiums betreffen u.a. die
Ausgründung von Unternehmensbereichen, die Zukunft
von leistungsorientierter Bezahlung und die Angemessenheit von Managergehältern.
Drittes Quartal 2009:
Neue Seminare
> ... aus dem Tarifrecht „Stufenzuordnung im TVöD und TV-L“ – die
größere Flexibilität richtig nutzen!
Q 165 EB Mainz (Stufenzuordnung Länder und VKA)
am 10. 9. 2009
Q 167 EB Berlin (Stufenzuordnung Bund)
am 12. 10. 2009
Q 166 EB Bonn (Stufenzuordnung Bund)
am 6. 10. 2009
Auch als Inhouseschulung möglich.
Teilnahmegebühr: 150,– € (inkl. Mittagessen).
dbb akademie unterstützt Deutsche Krebshilfe
Die alljährliche Tombola des 10. eGovernment-Kongresses neueVerwaltung erbrachte die stolze Summe von 11 000 Euro. In Anwesenheit von Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Schirmherrin der Tombola und Präsidentin der Deutschen
Krebshilfe, sammelten dbb akademie und dbb bereits zum neunten Mal für
die Deutsche KinderKrebshilfe. Am 8. Juli 2009 überreichten im Thüringer
Landtag dbb Chef Peter Heesen (links) und der Vorsitzender der dbb akademie
Willi Russ den Scheck an Prof. Dr. Dagmar Schipanski.
Zahlreiche renommierte Referenten werden die Veranstaltung mit ihrem Sachverstand
bereichern und sich dem Thema
aus verschiedenen Blickwinkeln
nähern. Dr. Thomas Böhle (Präsident der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände),
Thomas Sattelberger (Personalvorstand Deutsche Telekom)
und Gisbert Schlotzhauer (Vorstand Personal Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG)
sowie zwei Bundestagsabgeordnete jeweils von CDU und SPD
blicken auf den Problemkreis,
was in der heutigen Zeit Arbeit
wert ist. In den Vorträgen wie
auch in der Podiumsdiskussion
wird über Möglichkeiten diskutiert, was in der heutigen Zeit
ein auskömmliches Entgelt darstellt und wie die Abwärtsspirale
der Einkommen aufzuhalten ist.
Die eintägige Veranstaltung
(10.00 Uhr bis 16.30 Uhr) findet
am 3. September 2009 im Hilton
Hotel Köln statt. Die Teilnehmerkosten betragen 75,– Euro (inkl.
Kaffeepause, Mittagessen und
Tagungsgetränken).
Wenn Sie sich weiter informieren möchten, steht Ihnen auf
unserer Homepage
www.dbbakademie.de das komplette Veranstaltungsprogramm
zur Verfügung.
Für weitere Informationen und
die Anmeldung wenden Sie sich
bitte an:
[email protected]
Teilnahmegebühr: 300,– € (inkl. Mittagessen)
Ansprechpartnerin: Elke Bamberg, Tel.: 02244.882201,
E-Mail: [email protected]
Unsere detaillierten Programme finden Sie auf unserer Homepage:
www.dbbakademie.de
> … aus Beamtenrecht und rechtliche Spezialthemen
Q 026 MH Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen
Verwaltung (Grundlagenseminar)
im dbb forum siebengebirge,
255,– € dbb Mitglieder, 450,– € Nichtmitglieder
Q 030 MH Vergaberecht – Vergabe von Leistungen
im dbb forum siebengebirge, 255,– €
dbb Mitglieder, 450,– € Nichtmitglieder
8. bis 10. 9. 2009
15. bis 17. 9. 2009
Ihre Ansprechpartnerin: Elke Bamberg, Tel.: 02244.882201,
E-Mail: [email protected]
Q 028 MH Europarecht im deutschen
Verwaltungshandeln
21. bis 23. 9. 2009,
dbb forum siebengebirge, 255,– € dbb Mitglieder, 450,– € Nichtmitglieder
> Vertiefungsveranstaltungen „Stellenbeschreibungen“ –
Fallstudien, praktische Beispiele und Übungen
Q 030 MH Vertragsrecht
10. bis 12. 11. 2009
dbb forum siebengebirge, 255,– € dbb Mitglieder, 450,– € Nichtmitglieder
Q 168 EB Bonn
Q 169 EB Berlin
Ansprechpartnerin: Maria Herkenhöner, Tel.: 0228.8193171,
E-Mail: [email protected]
> dbb magazin | Juli/August 2009
am 21. bis 22. 9. 2009
am 28. bis 29. 9. 2009
dbb > fokus
Q 170 AB Köln
am 26. 8. 2009
Q 171 AB Frankfurt/Main
am 27. 8. 2009
Q 172 AB Berlin
am 2. 9. 2009
Teilnahmegebühr: 200,– € (inkl. Mittagessen)
Ihre Ansprechpartnerin: Angela Borrmeister-Berger,
Tel.: 030.40816545, E-Mail: [email protected]
… aus der Informations- und Kommunikationstechnik
Q 117 MH Linux als Server
1. bis 2. 9. 2009
Q 118 MH Internetseiten erstellen mit HTML
10. bis 11. 9. 2009
Q 119 MH Erfolgreich präsentieren mit MS
mit MS PowerPoint
16. bis 17. 9. 2009
Q 120 MH Digitale Fotografie erfolgreich
einsetzen
26. bis 27. 9. 2009
Q 121 MH Design von WEB-Seiten
mit Adobe Dreamweaver
30. 9. bis 1. 10. 2009
Q 122 MH Umstieg auf MS Vista und
MS Office 2007
7. bis 8. 10. 2009
Q 124 MH Bildbearbeitung mit Adobe
Photoshop
2. bis 3. 11. 2009
Q 125 MH Digitale Bildbearbeitung
effektiv nutzen
Q 126 MH Digitale Fotografie und
Bildbearbeitung
14. bis 15. 11. 2009
30. 11. bis 1. 12. 2009
Die Seminare finden im dbb forum siebengebirge statt.
Die Teilnahmegebühr beträgt 170,– € für dbb Mitglieder, 300,– €
für Nichtmitglieder.
Ansprechpartnerin: Maria Herkenhöner, Tel.: 0228.8193171,
E-Mail: [email protected]
> … aus der politischen Bildung
Q 007 MO Islam und westliche Welt
im dbb forum siebengebirge, 120,– € dbb Mitglieder,
150,– € Nichtmitglieder
Q 008 MO Quo vadis – USA und Russland
nach den Präsidentschaftswahlen
im dbb forum siebengebirge, 160,– € dbb Mitglieder,
200,– € Nichtmitglieder
Q 009 MO Zwischen Umweltkrise und Verdrängung –
Klimawandel und seine Folgen
im dbb forum siebengebirge, 160,– € dbb Mitglieder,
200,– € Nichtmitglieder
7. bis 9. 9. 2009
14. bis 17. 9. 2009
22. bis 25. 9. 2009
Q 010 MO „Multikulti“ – aber wie? Migration und
Integration in Deutschland
5. 10. bis 8. 10. 2009
in Herrsching, 200,— € dbb Mitglieder, 260,– € Nichtmitglieder
Q011 MO Praxis Bürgerbeteiligung – Neuanfang am Ende des
Arbeitslebens
26. bis 30. 10. 2009
im dbb forum siebengebirge, 200,– € dbb Mitglieder,
250,– € Nichtmitglieder
Ansprechpartnerin: Margret Odijk, Tel.: 0228.8193136,
E-Mail: [email protected]
23
akademie
> Info-Veranstaltungen: Konjunkturpaket II – Jetzt besonderen
Korruptionsgefahren vorbeugen
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > fokus
Rechtsschutzversicherung:
>
Recht? – Aber sicher …
Nicht ohne Grund heißt es im Volksmund: Auf hoher See und vor dem Gesetz
ist man in Gottes Hand. So scheuen viele, ihr gutes Recht einzufordern oder
gar einzuklagen, denn ein Prozess kann auch verloren gehen. Und wer trägt
dann die Anwalts-, wer die Gerichtskosten? Für dbb Mitglieder und deren
Angehörige gibt es darauf eine klare Antwort: ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG mit seiner Konzerntochter Jurpartner, die in Kooperation mit
dem dbb vorsorgewerk eine hochwertige rechtliche Absicherung bietet.
mitgliederservice
24
Streitigkeiten gibt es überall,
ob über den Gartenzaun hinweg, bei Unstimmigkeiten von
Kaufverträgen oder bei Unzufriedenheit mit einer Handwerkerleistung, die trotz wiederholter Aufforderung nicht
nachgebessert wird. Allein eine
anwaltliche Grundberatung
und ein einfacher Schriftwechsel bis zu einer (hoffentlich)
gütlichen Einigung ohne Gerichtsverfahren können locker
mit bereits mit mehreren Hundert Euro zu Buche schlagen.
Ein Beispiel: Karl-Heinz und Petra Berger (Namen geändert)
stellen fest, dass sich in ihrem
Badezimmer ein Schimmelfleck
gebildet hat. Der Vermieter behauptet, es sei nicht ausreichend gelüftet worden und verweigert eine Schadensbehebung. Das wollen die Bergers
nicht auf sich sitzen lassen und
nehmen die Beratung eines Anwalts in Anspruch. Schließlich
wird zur Klärung des Sachverhalts vom Gericht ein Sachverständiger beauftragt. Die entstandenen Kosten für Anwalt,
Gericht und das Gutachten belaufen sich schließlich auf
5 400 Euro.
Ganz andere Summen kommen
zustande, wenn der Rechtsstreit durch mehrere Instanzen
geht und zu den Anwalts- und
Gerichtskosten noch Zeugengebühren und weitere Sachverständigenhonorare hinzukommen. Nicht selten wachsen die
> dbb magazin | Juli/August 2009
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beim Service-Team des dbb
vorsorgewerk. Sie erreichen
es Montag bis Freitag zwischen 8.00 und 18.00 Uhr
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0180-52 22-170 (14 Cent/
Minute aus dem deutschen
Festnetz). Oder fordern Sie
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ein kostenloses HalbjahresAbonnement der hochwertigen Zeitschrift BÜCHER.
dann entstehenden Kosten
derart an, dass ein Betroffener
ohne finanziellen Rückhalt die
Belastung gar nicht tragen
kann.
Recht mit Sicherheit gewährt
nun eine Rechtsschutzversicherung, die für dbb Mitglieder und deren Angehörige erfreulich wenig kostet trotz der
immensen Summen, die ein
langwieriger und komplizierter
Rechtsstreit verschlingen kann
– vom Ärger und dem Zehren
an der Nervensubstanz ganz
zu schweigen. Das dbb vorsorgewerk bietet ab sofort über
seinen neuen Kooperationspartner eine Rechtsschutzversicherung für den Ernstfall zu
besonders günstigen Konditionen an:
Jurpartner bietet hohe Versicherungssummen und eine geringe Selbstbeteiligung, übernimmt Kosten, Gebühren und
Honorare je Rechtsschutzfall
bis zu 500 000 Euro und stellt
zusätzlich zur Versicherungssumme eine Strafkaution,
etwa zur Verhinderung von
Untersuchungshaft, bis zu
100 000 Euro als Darlehen zur
Verfügung. Und da ein Risiko
nicht doppelt abgesichert sein
muss, wird für dbb Mitglieder
der Arbeitsrechtsschutz im
Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz ausgeklammert.
Dafür sind die Mitglieder der
dbb Fachgewerkschaften bereits über ihren Mitgliedsbeitrag abgesichert und bei den
Juristen der dbb Dienstleistungszentren in besten Hän>
den. Für Familienangehörige
kann der Arbeitsrechtsschutz
selbstverständlich zusätzlich
abgedeckt werden. Und auch
der günstige Abschluss einer
separaten Verkehrsrechtsschutz-Versicherung für ein
Fahrzeug oder die Familie
befindet sich im Angebot.
Weitere Informationen und
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profitieren auch die Kunden der Tochtergesellschaft Jurpartner.
Jurpartner ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der ROLAND
Rechtsschutz-Versicherungs-AG, die zum ROLAND-Konzern mit Sitz
in Köln gehört. Der Konzern ist ein europaweit agierenden Spezialistenverbund mit zwei Geschäftsfeldern: dem Service rund ums
Recht mit den Gesellschaften ROLAND Rechtsschutz, Jurpartner
Rechtsschutz und ROLAND ProzessFinanz sowie dem Service
rund um Mobilität und Dienstleistungen mit den Gesellschaften
ROLAND Schutzbrief und ROLAND Assistance.
dbb > fokus
Internationaler Tag des öffentlichen Dienstes:
Personalabbau stoppen
Vor einer sinkenden Konkurrenzfähigkeit des
Staatsdienstes auf dem deutschen Arbeitsmarkt
hat der dbb am Internationalen Tag des öffentlichen Dienstes (23. Juni 2009) gewarnt. BundesHinzu komme, dass auch aus
Gründen der Altersstruktur in
den nächsten Jahren eine große Zahl frei werdender Stellen
besetzt werden müssten, während gleichzeitig das Angebot
auf dem Arbeitsmarkt sinkt.
„Der öffentliche Dienst gerät
also zwangsläufig in verschärfte Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Darauf muss man sich
einstellen. Bislang wird aber
dieses Problem von der Politik
weitgehend ignoriert.“
Heesen erneuerte in diesem
Zusammenhang seinen Vorschlag, gerade in Zeiten der
Krise Neueinstellungen über
Bedarf vorzunehmen, damit
der öffentliche Dienst für die
kommenden Jahre mit den
großen Pensionierungsjahrgängen gerüstet sei. Verbessert werden müssten auch die
Bezahlung für Berufseinsteiger, die Aufstiegschancen und
die Fortbildungsmöglichkeiten.
„Der Staatsdienst muss für die
besten Leute wieder eine lohnende Alternative zur Wirtschaft sein – etwa für Steuerfachleute, IT-Experten, Techniker, Lehrer und Polizisten.
Sonst bleibt die Gestaltung der
Zukunft im staatlichen Sektor
auf der Strecke.“
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25
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> dbb magazin | Juli/August 2009
mitgliederservice/kompakt
Nur noch 4,5 Millionen Menschen arbeiteten Mitte 2008
im öffentlichen Dienst. Zehn
Jahre zuvor waren es noch fast
5,1 Millionen. Weiteren Stellenstreichungen müsse sofort
ein Riegel vorgeschoben werden, sonst könne der öffentliche Dienst nicht länger für die
zuverlässige Erfüllung seiner
vielfältigen Aufgaben garantieren, erklärte Heesen.
vorsitzender Peter Heesen verwies auf die jüngsten Zahlen, die das Statistische Bundesamt aus
diesem Anlass vorgelegt hatte und forderte einen
sofortigen Stopp des Personalabbaus.
dbb > spezial
7. Frauenpolitische Fachtagung:
„Männer und Frauen sind zwar verschieden,
aber gleich viel wert. Man darf deshalb nicht
mit Einheitsmaßstäben messen, sondern muss
jeden für sich betrachten.“ Dieses Resümee zog
die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, im Rahmen der 7. Frauenpolitischen Fachtagung am 25. Juni 2009 in
Berlin. Auch dieses Jahr wurden den rund 200
Teilnehmerinnen und Teilnehmern wieder interessante Vorträge und eine Podiumsdiskussion
geboten, die sich rund um das Thema „Sind
Männer und Frauen gleich?“ drehten.
frauen
26
Wie wirkt sich der Unterschied
der Geschlechter auf die Gesellschaft aus? Und wie beeinflusst
das Geschlecht unser Streben
nach Familie, Karriere, Geld und
Macht? Wildfeuer stellte zu Beginn der Tagung fest, dass Männer und Frauen vor dem Gesetz
durchaus gleich seien, die Praxis aber vielfach ein anderes
Bild zeichne. So würden Frauen
im Berufsleben schlechter entlohnt als Männer und in den
Führungsetagen seien sie immer noch unterrepräsentiert.
Im öffentlichen Dienst lägen
die Ursachen dafür bereits in
der Beurteilung. Statistiken
würden deutlich machen, dass
Frauen und Teilzeitkräfte im
Durchschnitt schlechter beurteilt würden. „Arbeitszeit ist
kein Maßstab für Leistung“,
stellte die Vorsitzende der dbb
bundesfrauenvertretrung fest
und forderte umfassende Auswertungen der Beurteilungen
im öffentlichen Dienst.
Die Bundesvorsitzende kritisierte außerdem, dass die Politik
nicht bereit sei, die eigenen Gesetze in Sachen Gleichstellung
einzuhalten. „Man lässt sich
erst einmal verklagen und ändert nur das, was man muss.“
Gerade was die Auswirkung
von Kindererziehungszeiten auf
> dbb magazin | Juli/August 2009
das berufliche Fortkommen, die
gesundheitliche Versorgung
und die Absicherung im Alter
anbelange, müssten Frauen oft
in langjährigen Verfahren vor
Gericht um ihre Rechte kämpfen. Dies sei nicht richtig.
>
Gleichbehandlung in
der DDR – Anspruch
und Wirklichkeit
Zum Thema Gleichstellung der
Geschlechter in der DDR erläuterte die Präsidentin des Thüringer Landtags, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, das politische
und ideologische Ziel der DDR,
Frauen in den Erwerbssektor
einzubinden. Die flächendeckende Kinderbetreuung sei zur
Umsetzung ein entscheidender
Faktor gewesen.
Die Berufstätigkeit der Frauen
sei aber nicht nur hehres Ziel,
sondern wirtschaftlich unerlässlich gewesen. Ohne die
Frauen wäre der Wiederaufbau
in der DDR in Anbetracht der
Bevölkerungsverluste durch
Krieg und Abwanderung nicht
möglich gewesen. Andererseits
hätte das Lohnniveau in der
DDR das Ein-Ernährer-Modell in
aller Regel gar nicht zugelassen.
Auch das durchaus gute Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten habe den fahlen Bei-
Fotos: Friedhelm Windmüller
Sind Männer und Frauen gleich?
>
Lebhafte Diskussion: Beate Lohmann (BMI), Barbara Steffner (EU-Kommission), Moderator Andreas Ulrich (rbb), Samiha Shafy (Der Spiegel)
und Maik Wagner (dbb sachsen-anhalt).
geschmack gehabt, dass der
Staat so Einfluss auf die ideologische Erziehung der Kinder
nehmen konnte.
Doch trotz der staatlich verordneten Gleichberechtigung und
einer Frauenerwerbsquote von
über 90 Prozent blieben auch in
der DDR Führungspositionen
eher Männern vorbehalten. Die
Doppelbelastung mit Familie
und Beruf habe auch im Osten
den Alltag der Frauen geprägt.
Abschließend appellierte Schipanski dafür, nicht so sehr die
Geschlechterverteilung, sondern die Familie in den Vordergrund zu rücken. Wenn Politik,
Arbeitswelt und Gesellschaft
>
familienfreundlicher würden,
wäre auch viel für die Emanzipation der Frauen getan.
>
Wege zur
Entgeltgleichheit
Es ist eine Tatsache, dass das
Lohnniveau bei Frauen geringer
ist als bei Männern. Mit Hintergründen und Lösungsansätzen
befasste sich die Leiterin der
Antidiskriminierungsstelle des
Bundes, Dr. Martina Köppen.
Die Entgeltgleichheit sei ein
wichtiger Schritt auf dem Weg
zur tatsächlichen Gleichstellung, da es hier nicht nur um
den Lohn an sich, sondern
ebenso um die Fragen der wirt-
Im Gespräch: Helene Wildfeuer und Dagmar Schipanski.
dbb > spezial
schaftlichen Unabhängigkeit
von Frauen, des Armutsrisikos
Alleinerziehender und der Altersarmut gehe. Die Gesetzeslage verpflichte Arbeitgeber bereits seit langem zur Entgeltgleichheit, trotzdem betrage
der EU-weite Entgeltunterschied zwischen Mann und
Frau 15 Prozent, in Deutschland
sogar 22 Prozent.
Die klassischen Rollenbilder
hielten sich immer noch in den
Köpfen beider Geschlechter.
Frauen seien vermehrt in Berufen tätig, die gesellschaftlich
nicht so hoch angesehen und
damit auch nicht so hoch entlohnt würden wie klassische
Männerberufe. Auch sei zeitli-
>
>
Meinungsaustausch
über Männer und
Frauen
Abschluss der Frauenpolitischen Fachtagung war die Podiumsdiskussion am Nachmittag.
Wie schon im Vorjahr moderierte Andreas Ulrich vom rbb
unterhaltsam und hintergründig. Teilnehmer waren die ständige Vertreterin der Abteilung Z
im Bundesministerium des Innern, Beate Lohmann, die Abteilungsleiterin der EU-Kommission in Deutschland, Barbara Steffner, die Journalistin
beim Magazin „Der Spiegel“,
Samiha Shafy, und der Vorsitzende des dbb sachsen-anhalt,
Maik Wagner.
Aufmerksame Zuhörerinnen: die stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden Kirsten Lühmann und Astrid Hollmann.
che und räumliche Flexibilität
ein Faktor, den Arbeitgeber
lohnsteigernd bewerten würden. Frauen könnten aufgrund
der Doppelbelastung mit Familie und Beruf aber oftmals nicht
flexibel sein.
Die Diskussion erwies sich trotz
unterschiedlichster thematischer Ansätze als „runde Sache“. Es wurde über Unterschiede in den Genen von Mann und
Frau sowie eventuelle Folgen
und Folgerungen geredet.
Die Politik sei gefordert, die
Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen gleichberechtigt am Arbeitsmarkt teilnehmen könnten. Interessant sei,
dass in Ländern mit überdurchschnittlicher Frauenerwerbsquote nicht nur das Lohngefälle
niedriger sei, sondern bemerkenswerterweise auch die Geburtenrate höher.
Aber auch die Gläserne Decke,
an die Frauen oftmals auf dem
Weg in die Führungsebenen
stoßen, wurde analysiert, auch
unter dem Aspekt, ob Führungspositionen teilzeitfähig
seien. Diskussionspunkt war
natürlich auch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Nicole Kittlaus
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > spezial
Auswandern und Sozialleistungen:
Für immer Sommer
Das Arbeitsleben ist passé, Rente oder Pension sind erreicht: Viele Senioren zieht es zum Lebensabend ins
Ausland. Wärmeres Klima, geringere Lebenshaltungskosten, Steuervorteile und lockere staatliche Auflagen
sind oft schlagende Argumente für das späte Auswandern. Zumindest, wenn die Altersresidenz im europäischen Ausland liegen soll, vollzieht sich der Wechsel relativ unproblematisch. Auf einige Besonderheiten sollten Pensionäre und Rentner aber trotzdem achten.
senioren
28
Vor dem ruhigen Lebensabend im
Ausland steht der Papierkrieg,
denn nicht nur Haus oder Wohnung müssen gefunden, gemietet
oder gekauft werden. Daneben
wollen die Meldebehörden in
Deutschland und im Auswanderungsland Bescheid wissen, Verträge über Strom, Gas und Wasser
müssen gekündigt und neu beauftragt, Fahrzeuge um- oder abgemeldet und Bankkonten geändert werden.
Eine Checkliste mit den wichtigsten Punkten, die auf keinen Fall
vergessen werden dürfen, findet
sich in unseren Webtipps.
>
Pension
Beamtenpensionen werden von
der Pensionskasse anstandslos
auf ein Konto im EU-Ausland
überwiesen. Steuerpflichtig bleibt
der Pensionär aber in der Regel in
Deutschland, weil die Leistung
aus inländischen öffentlichen
Kassen bezogen wird. Zwischen
Deutschland und vielen anderen
Staaten bestehen jeweils Doppelbesteuerungsabkommen (DBA),
die allerdings differieren können.
Beispiel Spanien: Dort unterliegen deutsche Beamtenpensionen
nicht den spanischen Steuergesetzen, sondern werden in
Deutschland besteuert. Auswanderungswillige sollten in jedem
Fall einen Steuerfachmann zu Rate zu ziehen, um steuerliche Fragen für diesen und andere Aspekte der Auswanderung prüfen zu
lassen. Mögliche Nachteile können so bereits im Vorfeld erkannt
und vermieden werden.
> dbb magazin | Juli/August 2009
>
Ob spanischer Strand …
>
… oder Südtirol: Wer mit Pension oder Rente auswandert,
muss vieles bedenken.
Rente
Auch die Rente können sich deutsche Senioren grundsätzlich von
der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) ins Ausland
überweisen lassen. Dazu wird weder ein deutsches Konto noch ein
Zweitwohnsitz in Deutschland
benötigt. Weil es aber sein kann,
dass bei einem Auslandskonto
möglicherweise Buchungsgebühren oder Verluste wegen Währungsschwankungen entstehen,
kann es sich lohnen, weiter ein
deutsches Konto zu führen. Darüber hinaus sollten Auswanderer
die BfA rund vier Monate vor der
Ausreise in Kenntnis setzen.
Eine Ausnahme gilt für die Riester-Rente: Wer dauerhaft aussiedelt, kann die Riester-Rente nicht
mehr in Anspruch nehmen, weil
die Leistung zwingend nach deutschem Recht besteuert werden
muss. Wer sich die eingezahlten
Beiträge auszahlen lassen will,
muss zunächst die staatlichen Zuschüsse zurückzahlen.
Steuerlich gilt für die Rente: Wer
nur bis zu sechs Monate pro Jahr
im Ausland verbringt, wird nach
deutschem Steuerrecht veranlagt.
„Echte“ Auswanderer dagegen
unterliegen dem Steuerrecht des
Auswanderungslandes. Auch hier
ist also der Rat von Steuerprofis
gefragt.
>
>
Beihilfe
Beamte und Versorgungsempfänger sind im Ausland grundsätzlich
beihilfeberechtigt. Als Auswirkung des EU-Binnenmarktes werden dabei Aufwendungen für
Leistungen in einem Mitgliedsstaat der EU wie im Inland entstandene Aufwendungen behandelt. Bei innerhalb der EU entstandenen – grundsätzlich beihilfefähigen – Aufwendungen einschließlich stationärer Leistungen
in öffentlichen Krankenhäusern
wird dazu kein Kostenvergleich
durchgeführt, beihilfefähige
Höchstbeträge, Ausschlüsse und
Eigenbeteiligungen sind dabei
ebenfalls zu beachten. Eine Vergleichsberechnung wird nur bei
der Behandlung in privaten Krankenhäusern durchgeführt.
Um mögliche Probleme zu vermeiden und Unsicherheiten auszuräumen empfiehlt es sich,
Zweifelsfälle möglichst vor Beginn der Behandlung mit der Beihilfestelle abzuklären.
>
Krankenversicherung
Aufgrund zwischen- und überstaatlichen Rechts bleibt der
deutsche Krankenversicherungsschutz freiwillig versicherter Rentnerinnen und Rentner bei Verlegung des Wohnortes in einen
Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) bestehen.
>
dbb weblinks
Raphaelswerk:
http://www.raphaels-werk.de
Informationen für Auswanderer vom Bundesverwaltungsamt: http://bit.ly/AyLaS
Informationen der deutschen
Sozialversicherung zur auslandsrente (PDF):
http://bit.ly/16GeCV
Eine von vielen Checklisten für
Auswanderer:
http://bit.ly/opFPn
Am neuen Wohnort muss also in
der Regel keine zusätzliche Krankenversicherung abgeschlossen
werden. Voraussetzung dafür ist,
dass die Betroffenen keine zusätzliche Rente im Ausland erhalten
oder dort sozialversicherungspflichtig arbeiten, sondern lediglich die Rente aus der deutschen
Rentenversicherung beziehen. Die
Beiträge werden weiterhin an die
Krankenversicherung in Deutschland entrichtet. Zum Europäischen
Wirtschaftsraum gehören alle Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union sowie Island, Lichtenstein
und Norwegen.
Art und Umfang der Leistungen in
Staaten des EWR richten sich allerdings nach den Bestimmungen
des neuen Wohnstaates, ebenso
wie die Antwort auf die Frage, ob
eine mitziehende Person familienversichert ist. Daher kann ein in
Deutschland anspruchsberechtigtes Familienmitglied möglicherweise im Ausland nicht als familienversichert gelten.
Zur Behandlung genügt es, den
Leistungserbringern im Ausland
im Bedarfsfall die Europäische
Krankenversicherungskarte vorzulegen. In einigen Staaten ist die
Vorlage eines Auslandskrankenscheins notwendig. In den meisten
Ländern ist die ärztliche Behandlung dann kostenlos, in einigen
muss sie zunächst vorfinanziert
werden. Dennoch müssen Versicherte sich eingehend informieren,
denn in Spanien übernimmt die
Sozialversicherung zum Beispiel
nicht jeden Arzt oder jedes Krankenhaus. Eine private Zusatzversicherung kann also sinnvoll sein.
Mit welchen Ländern außerhalb
der EU bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen
wurden, sollte vor der endgültigen
Ausreise unbedingt mit der Krankenkasse geklärt werden.
Bei Mitgliedern der privaten Krankenversicherung (PKV) dagegen
gilt der Versicherungsschutz in der
Regel auch im Ausland, egal, wie
lange man dort lebt. Trotzdem
schadet es nicht, Art und Umfang
des Versicherungsschutzes vor der
Ausreise mit der PKV abzuklären
und ihn gegebenenfalls anzupassen oder über eine zusätzliche Versicherung nachzudenken.
br
dbb > spezial
Jugendpolitische Veranstaltung:
Es wird nichts Gutes, außer man tut es – Diese Anleihe
an Erich Kästner trifft den Kern der Großveranstaltung,
die die dbb jugend am 6. Juli 2009 im dbb forum berlin
durchgeführt hat. Kompetente Referenten sowie betroffene Schülerinnen und Schüler befassten sich mit
den Möglichkeiten und Erfordernissen, Chancenlosigkeit bei Jugendlichen und Kindern abzubauen, um dadurch Extremismus zu verhindern.
Nach einer Begrüßung durch
den Vorsitzenden der dbb jugend Michael Westphal führte
die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Astrid Hollmann in
ihrem Grußwort in die Problematik ein.
>
jugend/tacker
30
Die neue Gesellschaft
Sie verwies auf die zentrale Bedeutung der frühkindlichen Bildung für die erfolgreiche Integration von Kindern mit Migrationshintergrund: „In dieser Gesellschaft kommt nur der zurecht, der gut deutsch spricht.
Schulen und Kitas haben also eine elementar wichtige Integrationsaufgabe.“ Hollmann wies
zudem darauf hin, dass eine erfolgreiche Integration nicht nur
eine Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft sein kann, sondern immer auch die Schaffung
einer neuen gemeinsamen Gesellschaft bedeuten müsse. „Bei
gelungener Integration ist der
Migrationshintergrund kein Makel mehr, sondern eine Zusatz-
qualifikation“, so Hollmann. Der
öffentliche Dienst könne Vorbildfunktion übernehmen und
sich bei der Nachwuchsgewinnung mehr Bewerbern mit Migrationshintergrund öffnen. „Ein
integrierter öffentlicher Dienst
spiegelt auch beim eigenen Personal die gesamte Gesellschaft
wieder.
>
Engagement
mit Geduld
Mit dem Bekenntnis „Ich mag
das Wort Migrationshintergrund
nicht“ referierte Wolfgang Thierse zum Thema „Die Bedeutung
der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund für eine gelungene Integration“. Der Bundestagsvizepräsident erinnerte daran, dass
seit dem Zuzug der ersten Gastarbeiter Deutschland ein Einwanderungsland, ein Schmelztiegel von Menschen und Kulturen geworden sei. Der Integrationsprozess erfordere von den
Zuwanderern, die Landesprache
t@cker
Wo soll die Reise hingehen? Die dbb jugend hat
den Sprung in den Nahen Osten gewagt und mit
einer israelischen Jugendorganisation ein Austauschprogramm auf die Beine gestellt. Was die
Reisegruppe auf der Kick-Off-Tour rund um den
Gaza-Streifen und die Mittelmeermetropole Tel
Aviv erlebt hat, erzählt die t@cker story: Grenzerfahrungen. „Getwittert“ wurde dabei allerdings nicht, aber überall sonst. t@cker hat den
Nachrichtendienst Twitter unter die Lupe ge-
> dbb magazin | Juli/August 2009
Fotos: Jan Brenner
Chancenlosigkeit abbauen
– Extremismus verhindern!
>
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (Mitte) mit Mitgliedern der
dbb Bundesjugendleitung, dem Bundesvorsitzenden der Türkischen
Gemeinde in Deutschland Kenan Kolat (links) und der stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden Astrid Hollmann (zweite von links).
zu erlernen, um Zugang zu Politik, Arbeit und Bildung zu erhalten. Die Deutschen müssten die
Integration durch Aufgeschlossenheit fördern. Thierse sprach
sich dafür aus, mehr Lehrer mit
Migrationshintergrund einzustellen. Der öffentliche Dienst
sei in der Pflicht, Migrantenkindern eine Ausbildung zu ermöglichen. „Tun Sie mit!“ appellierte
der Bundestagsvizepräsident an
die ausländischen Eltern: Niemand kann Ihre Kinder besser
vertreten als Sie selbst.“ Thierse
verwies darauf, dass aus Unwissenheit und Angst Extremismus
gestärkt werde. Ungeduld schadet der Integration“, warnte er.
„Wir brauchen Engagement mit
Geduld.“
>
Schattenseiten
Die Pressesprecherin des
Bundesamtes für Verfassungsschutz Tania Puschnerat erläuterte anschließend, was extremistische Positionen attraktiv
macht und bewertete Extre-
mismus als die „Schattenseite
mangelnder Integration“. Extremistische Organisation suggerierten Jugendlichen klare Ziele,
Gemeinschaft und Anerkennung.
Gelungene Integration sei das
wichtigste Element gegen politischen Extremismus und Terrorismus.
>
Gemeinsam engagieren
Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland
Kenan Kolat beschäftigte sich
mit der Integrationsfähigkeit des
deutschen Schulsystems. Er forderte eine Verbesserung der Lehrerausbildung im Hinblick auf die
Integrationsproblematik und die
Einführung des Faches Deutsch
als Zweitsprache. Ferner müssten
Wertschätzung, Kooperation,
Motivation und Förderung einschließlich der Sprachkompetenz
vor der Einschulung beachtet
werden. „Es ist gut, wenn alle
mitmachen. Es ist gut, wenn alle
sich gemeinsam engagieren. Es
ist gut für Deutschland.“
nommen. Wie und ob das virtuelle Gezwitscher unsere Kommunikationsgewohnheiten verändern wird, klären die
t@cker-tipps. Bildung als Schlüssel zur Integration ist beinahe schon zu einem geflügelten Wort geworden. Am 6. Juli 2009
hat die dbb jugend Experten aus Politik
und Bildung sowie Schüler und Schülerinnen eingeladen zum Thema Integration an
Schulen zu diskutieren. Den ausführlichen
Bericht zur Veranstaltung gibt es im
t@cker-special. Und natürlich wie immer
das Neueste aus der Berufs- und Jugendpolitik. Mehr: www.tacker-online.de
dbb > spezial
>
Gewinn für alle
Der Berliner Migrationsbeauftragte Günter Piening fragte
schließlich nach der Rolle des
öffentlichen Dienstes. Durch die
migrationsbedingten Veränderungsprozesse in der Gesellschaft gebe es auch dort großen
Handlungsbedarf. Die Vermittlung interkultureller Kompetenz
für alle Mitarbeiter sei notwendig. Ferner müssten mehr Beamte, zum Beispiel bei der Polizei oder in den Kommunen, mit
Migrationshintergrund eingestellt werden, damit Migranten
den öffentlichen Dienst nicht
>
Darüber hinaus fordern die
Schülerinnen und Schüler mehr
Engagement der Lehrer. An den
beiden Schulen funktioniere dieses „Geben und Nehmen“ gut.
Anderswo sieht es mitunter aber
ganz anders aus: „Solange selbst
Lehrer nicht an uns glauben und
die Gesellschaft uns als Auslän-
Schülerinnen und Schüler diskutierten im dbb forum berlin.
überwiegend als etwas Fremdes
wahrnehmen und die Verwaltung zudem ihre Zukunftsfähigkeit sicher stelle. Das neue Gesicht des Amtes müsse „bunt
sein und könne auch das ein
oder andere Kopftuch zeigen“,
sagte Piening. „Wenn wir gemeinsam daran arbeiten, gewinnen wir letztlich alle.“
>
Leben begegnen. Aber trotz
unterschiedlicher persönlicher
Erfahrungen sind sie der Auffassung, dass Migranten sich anpassen sollten, ohne dabei aber
ihre Wurzeln zu verleugnen:
„Wer sich nicht anpasst, kommt
in der Gesellschaft nicht weiter“.
Lehrer gefordert
Zum Abschluss der Veranstaltung diskutierten arabisch- und
türkischstämmige Schülerinnen
und Schüler von der Herbert-Hover-Oberschule und des privaten
Tüdesb Gymnasiums Berlin über
ihre Erfahrungen. Sie fühlen sich
im Großen und Ganzen gut integriert. Dennoch bemerken sie
immer wieder die leisen Ressentiments, die ihnen im täglichen
der betrachtet, fällt die Integration schwer“, brachte die Schülerin Fatma es auf den Punkt.
>
Schlüssel zur Zukunft
In seinem Schlusswort betonte
der stellvertretende Jugendvorsitzende Thomas Löwe nochmals, dass der Weg zur Integration über die Bildung gehe. „Die
Themen Bildung und Integration sind Zukunftsfragen, die in
den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gehören.“ Politik, Eltern und Schüler dürften
nicht nachlassen, positive Akzente zu setzen, damit der pädagogische Anspruch von Schulen
wie des Tüdesb Gymnasiums
und der Herbert-Hover-Oberschule nicht Sonderfall bleiben,
sondern zum Regelfall werden.
br/sm
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > spezial
Europawahlen 2009:
Neues Parlament,
alte Konstellationen
Die siebten Wahlen zum Europäischen Parlament waren Wahlen der Superlative: Bei der
größten länderübergreifenden demokratischen
Wahl aller Zeiten stimmten erstmals Bürger aus
27 Staaten über ein gemeinsames Parlament
ab. Zur Wahl aufgerufen waren etwa 375 Millionen Menschen. Ein – allerdings negativer – Rekord wurde auch bei der Wahlbeteiligung erreicht: Nur noch knapp 43 Prozent der Wahlberechtigten hatten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht.
europa
32
Abgesehen von wenigen Ausnahmen verloren bei den Wahlen vor allem die Regierungsparteien massiv an Zustimmung. Bestätigt wurde neben
dem Trend zur Protestwahl bei
Europawahlen aber auch eine
andere Tendenz, die seit einigen
Jahren in der europäischen Politik auf der Ebene der Mitgliedsstaaten zu beobachten ist: Das
politische Spektrum wird breiter, und die Parteienlandschaft
zersplittert mehr und mehr. Die
einzelnen Gruppierungen werden noch deutlich vielschichtiger.
In Deutschland verloren die
Unionsparteien CDU und CSU
über sechs Prozent der Stimmen, werden aber mit knapp
38 Prozent und 42 Abgeordneten noch klar die stärkste deutsche Gruppe im Europaparlament stellen. Die SPD verlor auf
bereits niedrigem Niveau noch
einmal 0,7 Prozent, konnte aber
die Anzahl von 23 Abgeordneten halten. Gewinner waren in
Deutschland klar die kleineren
im Bundestag vertretenen Oppositionsparteien: Die FDP gewann knapp fünf Prozent auf
nun elf Prozent (12 Sitze), die
Grünen verbesserten ihr Ergebnis leicht auf 12,1 Prozent (14
> dbb magazin | Juli/August 2009
Sitze) und die Linkspartei stieg
auf 7,5 Prozent (acht Sitze). Die
sonstigen Parteien waren mit
knapp elf Prozent verhältnismäßig stark, aber dennoch
schaffte keine Gruppierung den
Sprung über die Fünf-ProzentHürde, wobei die Freien Wähler
mit 1,7 Prozent noch das stärkste Einzelergebnis erreichten.
Auch wenn sich die Sitzverteilung im neuen Europaparlament deutlich verändert hat,
die politischen Kräfteverhältnisse werden annähernd gleich
bleiben: Die EVP-Fraktion stellt
zukünftig vermutlich 264 Abgeordnete (bislang 285), die SPEFraktion wird 161 Mitglieder
haben (215), die Liberalen 80
(102), die Vereinte Europäische
Linke/Nordische Grüne Linke
wird 32 Abgeordnete stellen
(41), die „Union für das Europa
der Nationen“ erreicht etwa 35
Mitglieder (44) und die Fraktion
Unabhängigkeit/ Demokratie
wird voraussichtlich 18 Mitglieder (24) haben. Die Grünen sind
voraussichtlich die einzige der
etablierten Fraktionen, die gestärkt aus den Wahlen hervorgeht und mit 53 Abgeordneten
nun zehn mehr stellen kann, als
zuvor. Zusätzlich haben die britischen Tories angekündigt, mit
der polnischen PiS und anderen
Gruppierungen zusammen eine
weitere und in der Grundausrichtung europaskeptische
Fraktion zu gründen.
Im Einzelnen betrachtet, lässt
sich europaweit eine deutliche
Stärkung der europaskeptischen und radikalen Parteien
feststellen. Dies kann aufgrund
der Ausbreitung solcher Parteien in nahezu allen EU-Ländern nicht ausschließlich als
Protest gegen die etablierten
Parteien verstanden werden,
sondern muss als politische
Strömung ernstgenommen
werden.
Am ehesten wird die Mischung
aus Protest und Europaskepsis
in Großbritannien deutlich. Vor
den Europawahlen erschütterte
ein massiver Spesenskandal das
Land, der fast alle etablierten
Parteien betraf. Die regierenden
Sozialdemokraten unter Labour-Premierminister Gordon
Brown wurden nur noch drittstärkste Kraft hinter der zweitplatzierten United Kingdom Independent Party (UKIP), die
Großbritannien langfristig aus
der Europäischen Union herausführen will, und den erstplatzierten konservativen Tories
unter Oppositionsführer David
Cameron. Auch wenn der unmittelbare Sturz der nationalen
Regierung von Premierminister
Gordon Brown abgewendet
wurde, ist eine vorgezogene
Neuwahl des britischen Unterhauses noch in diesem Jahr
nicht völlig auszuschließen und
würde nach jetzigem Stand vermutlich zu gänzlich anderen
Mehrheiten führen, die sich
auch auf die Europapolitik des
Landes auswirken würden. So
hat der Torie-Vorsitzende David
Cameron für den Fall eines
Wahlsieges angekündigt, eine
Volksabstimmung über den bereits ratifizierten Vertrag von
Lissabon abzuhalten. Die Tories
lehnen den Vertrag ab und wollen eine Mehrheit gegen eine
endgültige Ratifizierung auf europäischer Ebene erreichen.
In den Niederlanden wurde die
rechtspopulistische „Partei für
die Freiheit“ von Geert Wilders
zweitstärkste politische Kraft,
knapp hinter den niederländischen Christdemokraten von
Ministerpräsident Jan Peter Balkenende. Wilders´ Partei ist klar
gegen eine weitere europäische
Integration und will die Niederlande wieder stärker national
ausrichten. Dass dies mehr als
ein reines Protestergebnis ist,
dbb > spezial
Eine klare Ausnahme von diesem europäischen Trend des
„Abstrafens“ der Regierungen
stellt in diesem Zusammenhang Frankreich dar. Die regierende UMP von Präsident Nicolas Sarkozy konnte ihr Ergebnis
von 16,6 Prozent im Jahr 2004
auf nun 27,8 Prozent verbessern und erreicht somit 29 Sitze. Die Sozialisten verloren etwa 12 Prozent und liegen mit
nun noch etwa 16,5 Prozent
und 14 Sitzen gleichauf mit
den Grünen. Somit ist hier eine
Umkehr der politischen Verhältnisse von 2004 festzustellen, die auf Grund der allgemeinen politischen Stimmung
so nicht erwartet wurden.
Einen noch größeren Zustimmungsanstieg konnte die
christlich-liberale „Bürgerplattform“ (PO) des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk
verzeichnen, die ihr Wahlergebnis von 2004 mit jetzt 44
Prozent beinahe verdoppelte.
Ein gutes Beispiel für die stärker werdende Differenzierung
ist der Einzug der schwedischen Internetpartei der „Piraten“ in das Europäische Parlament. Die Partei hatte es
hauptsächlich mit der Forderung nach weniger Beschränkungen im Internet und weniger staatlichem Eingriff in die
Online-Welt geschafft, junge
Wähler anzusprechen und somit auf Anhieb über sieben
Prozent, bei den unter 30-Jährigen sogar fast 20 Prozent, zu
erreichen.
Die größere Zersplitterung des
europäischen Parteienspektrums und das im Vergleich zu
nationalen Wahlen unterschiedliche Wahlverhalten der Bürger
können aber trotz Allem positive
Ergebnisse hervorbringen. Durch
den Vertrag von Lissabon wäre
die Aufteilung der Legislative
zwischen EU-Rat und Parlament
der Normalfall. Unterschiedliche
politische Ausrichtungen dieser
beiden Organe würden langfristig durchaus zu einer Belebung
der politischen Kultur führen, da
weniger nationale Belange, sondern politische Interessen in den
Vordergrund gestellt werden
müssten. Das Parlament ist hier
politisch in der Verantwortung,
die Chance auf inhaltliche Profilierung noch stärker zu nutzen.
Interessant wird diese neue
Konstellation erstmalig bei der
Wahl beziehungsweise Bestätigung der neuen Kommission in
diesem Herbst. Kommissionspräsident José Manuel Barroso
hat bereits angekündigt, für eine zweite Wahlperiode zur Verfügung zu stehen und kann sich
dabei auch auf die Unterstützung der EVP-Fraktion verlassen.
Zusätzlich haben einige Regierungschefs wie zum Beispiel
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Rückhalt signalisiert. Allerdings
formiert sich gegen eine
Wiederwahl auch Protest im
Parlament. Dieser wird vor allem
durch die Grünen repräsentiert,
die angekündigt haben, eine
Mehrheit gegen Barroso organisieren zu wollen. Auch Teile der
Liberalen haben Skepsis gegenüber dem jetzigen Kommissionspräsidenten angemeldet
und werden vermutlich klare Bedingungen formulieren. Selbst
wenn Barrosos Wiederwahl
letztlich gelingen sollte, wird
das Parlament wahrscheinlich
deutlich stärker als 2004 sein
Recht auf Befragung der neuen
Kommissare in Anspruch nehmen.
Perspektivisch werden die Arbeitsfähigkeit des neuen Parlaments und der neuen Kommission aber auch vom Resultat
der voraussichtlich im Herbst
2009 stattfindenden, erneuten
Volksabstimmung über den
Vertrag von Lissabon in Irland
abhängen. Das Wahlergebnis
der Europawahlen in Irland, das
vor allem durch nationale Befindlichkeiten bestimmt war,
lässt wenige Rückschlüsse auf
ein mögliches Abstimmungsergebnis im Herbst zu. Allerdings
musste die europaskeptische
Partei Libertas von Declan Ganley eine starke Niederlage einstecken und zieht nicht ins Europaparlament ein. Ganley,
einer der bislang einflussreichsten Gegner des Lissabon-Vertrages, kündigte nach der Wahl
seinen Rückzug aus der Politik
an und gestand seine Niederlage klar ein: Somit fehlt der Protestbewegung für das Referendum, der wichtigste Fürsprecher. Zugleich mehren sich die
Anzeichen, dass die Zustimmung der Iren zum LissabonVertrag, auch angesichts der
weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise höher ausfallen
könnte.
Wie die nächste Europawahl
2014 verlaufen wird, ist bislang
völlig offen. Vermutlich werden
dann mindestens 28 Staaten
abstimmen, da eine Erweiterung der Union um Kroatien
noch in dieser Legislaturperiode
sehr wahrscheinlich ist. Darüber hinaus hat das neue Parla-
ment nun wieder die Chance,
über einen Vorstoß zu länderübergreifenden Kandidaturen
für die Europawahl 2014 zu
entscheiden. Allerdings fand
der Vorschlag, zehn Prozent der
Sitze über transnationale Listen
zu vergeben, bislang außerhalb
des Parlaments keine politische
Mehrheit. Die Zukunft wichtiger Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene wie zum Beispiel der im Frühjahr vorerst gescheiterten Arbeitszeitrichtlinie
wird hauptsächlich von der
Ausrichtung der nächsten Kommission abhängen. Da sich die
politischen Mehrheitsverhältnisse sowohl im Rat als auch im
Parlament aber nicht grundlegend geändert haben, ist keine
absolute Kehrtwende zu erwarten.
Die neue Ratspräsidentschaft,
die am 1. Juli von den Schweden übernommen wurde, steht
dennoch vor großen Herausforderungen: Das Europaparlament wird so viele Gruppierungen und Fraktionen haben wie
nie zuvor, das Gerangel um die
Kommissionsposten hat gerade
erst begonnen, und ein Scheitern des Lissabon-Vertrages, der
verhindern soll, dass die alten
politischen Strukturen Entscheidungsfindungsprozesse
behindern und erschweren,
könnte unberechenbare Konsequenzen haben. Das Parlament
muss seine Legitimation, die
durch eine geringe Wahlbeteiligung immer wieder in Zweifel
gezogen wird, in dieser Konstellation immer wieder neu beweisen. Somit können die kommenden Monate entscheidende Impulse für die zukünftige
Politikgestaltung geben.
Thomas Bemmann
> dbb magazin | Juli/August 2009
33
europa
legen Umfragen für die nationalen Wahlen im nächsten Jahr
nah. Eine Koalition zwischen
den Christdemokraten und der
Freiheitspartei wird nicht mehr
gänzlich ausgeschlossen.
dbb > spezial
Geheimtipp
glosse/leserbriefe
34
In Berlin gibt es nichts, was es
nicht gibt. Das gilt auch für die
kulinarische Vielfalt der Hauptstadt. Ob ein verwöhnter Gourmet nun original Berliner Currywurst (ohne Darm) an Schrippe
mit Champagner genießen
oder doch lieber frittierte Maden möchte, jeder wird fündig
und kann nach seiner Façon
satt und selig werden. Mag es
am verwöhnten Schickeria-Publikum liegen, das immer neue
Gaumenfreuden und schrille
Lokale sucht oder schlicht an
der Findigkeit der Berliner Köche, die nicht müde werden, ultimative Eventgastronomie zu
kreieren: Es gibt stets etwas
Neues. Allerdings tut die Mundzu-Mund-Propaganda schnell
ein Übriges, und ruckzuck wartet das neue Glanzstück der
hauptstädtischen Gastronomie
mit Wartezeiten auf, länger als
beim Coiffeur – leider ausgebucht. Aber keine Sorge, der ultimative Insidertipp für ein et-
>
was anderes Szenerestaurant
bietet ungeahnte Möglichkeiten und Plätze ohne Ende.
Das Geheimnis dort liegt in der
Schlichtheit der Speisen und
Getränke sowie in der nahezu
spartanischen Art und Weise
der Restaurantausstattung.
Dennoch ist die Menüauswahl
so bunt gemischt wie die Gäste,
die ausnahmslos von Papptellern, -tabletts oder -schalen
speisen und ihre Getränke zumeist aus ebensolchen Bechern
oder Tassen genießen. Besonders gerne gegessen wird das
„deutsch-türkische Nationalgericht“ Döner in allen Variationen, Chinapfanne, Sushi sowie
Pizza, sorgfältig in mundgerechte Portionen zerteilt. Sehr
beliebt ist auch immer wieder
Currywurst mit Pommes in den
frühen Morgenstunden, dazu
ein lauwarmes Flaschenbier. Je
nach Tageszeit überwiegen
Laugenbrezeln, belegte Baguet-
tes, Kaffee und Kuchen oder
Obst. Das Gemisch der Gerüche
lässt so manchem Gast, der sich
nur seinem Kaffee und seiner
Zeitung widmet, das Wasser im
Mund zusammenlaufen. Und
zum guten Ton gehört es, nach
beendeter Mahlzeit Teller und
Becher neben sich zu stellen
oder unter seiner Sitzgelegenheit verschwinden zu lassen.
Emsiges Personal ist daran gewöhnt und fegt und wischt, bevor die neuen Gäste Platz neh-
men und ihrerseits lustvoll zu
speisen beginnen. Sind Sie
neugierig geworden und wollen sich auch einmal ein Plätzchen in diesem außergewöhnlichen Restaurant sichern?
Keine Sorge, Wartezeiten gibt
es hier so gut wie keine – außer durch höhere Gewalt, und
ausgebucht ist es nie. Ach ja,
das Restaurant heißt U-Bahn,
S-Bahn oder Tram. Sie finden
es überall in Berlin. Guten
Appetit.
sm
Leserbriefe
(Zum Bericht über das Beihilferecht, April-Ausgabe 2009)
Chip-Karte?
Das Beihilferecht der Beamten war
einst ein Privileg, heute wird es immer stärker ausgehöhlt. Durch die
Änderungen der Bundesbeihilfeverordnung wurde die Pflicht zur Restkostenversicherung eingeführt, ein
erheblicher Nachteil für Kinderreiche und Beamte, die hohe Risikozuschläge zahlen. Zentrale Forderung
sollte die Einführung einer Chipkarte sein, damit endlich Vorauszahlungen und Zwischenfinanzierung zumindest von hohen Krankenhausrechnungen künftig für
Beamte und Pensionäre entfallen.
Walter Bormann,
48565 Steinfurt
> dbb magazin | Juli/August 2009
Falsche Endungen?
Mit Interesse lese ich immer das dbb
magazin und freue mich in der Regel auch
über gute Sprache und Ausdrucksweise darin. Ein Lapsus war aber jetzt auffällig: der
falsche Gebrauch des Suffixes „-fähig“. In
Nr. 4 des Magazins las man auf Seite 12 und
13 von „berücksichtigungsfähigen Angehörigen“ und „beihilfefähigen Aufwendungen“.
Es geht aber gar nicht darum, wozu die Angehörigen oder Aufwendungen fähig sind, sondern was mit ihnen getan werden kann. Solche passiven Konstruktionen müssen das Suffix „-bar“ oder auch „-tauglich“ oder „-geeignet“ erhalten, auch wenn es sich vielleicht etwas „eckiger“ spricht.
Dr. Boris Lindenberg,
15344 Strausberg
Früher Getreidelager und Hauptzollamt,
heute Deutsches Zollmuseum in der Hamburger
Speicherstadt. Vor dem Museum liegt der Zollkreuzer „Oldenburg“ vor Anker.
Deutsches Zollmuseum in Hamburg:
freizeit
38
Geld stinkt – und wann wurde
die Maut erfunden?
Bringt man einen „Grünen Elefanten“ oder einen
„Wolf im Schafspelz“ in Verbindung mit dem Zoll?
Aber ja, jedenfalls nach einem Besuch des Deutschen Zollmuseums in seinem schönen Domizil in
Hamburgs historischer Speicherstadt. Mehr als
100 000 Besucher aus dem In- und Ausland lassen
sich hier alljährlich auf interessante und unterhaltsame Begegnungen mit Vergangenheit und
Gegenwart der Zollverwaltung ein.
Von der vergilbten Zollquittung aus dem Altertum bis
zur Prüfanlage von heute, die
in Minutenschnelle ganze
Containerladungen durchleuchtet, erzählen rund 1 000
Ausstellungsstücke Geschichten über den Zoll. Die Anfänge reichen ins Germanien der
vorchristlichen Zeit zurück,
als in den römischen Provinzen bereits Ein- und Ausfuhrzölle, aber auch Markt- und
Passierzölle erhoben wurden,
berichtet Zollbetriebsinspektor Dieter Schmidt, der dem
Zollmuseum seit seiner Gründung verbunden ist, an der
> dbb magazin | Juli/August 2009
gab es beispielsweise über 40
Stationen, an denen die
Schiffer zahlen mussten, darunter eine Insel mitten auf
dem Fluss. Verbreitet war die
„Torschlusspanik“: Es empfahl
sich, vor Einbruch der Dunkelheit innerhalb der Stadt zu
sein. Denn dann wurden die
Tore geschlossen, und wer
außerhalb übernachten mus-
ste, wurde nicht selten ausgeraubt.
Handels- und Zollhemmnissen,
wie sie zu Zeiten der deutschen Kleinstaaterei gang und
gäbe waren, wurde 1834 ein
Ende gesetzt: Mit dem Zusammenschluss zum Deutschen Zollverein war der Weg
frei für einen Wegfall der
Binnenzölle, zollfreien Waren-
Gestaltung mitgearbeitet hat
und sich dort unter anderem
um Führungen und Pressebetreuung kümmert. Kontrolle
des Warenverkehrs und der
Zollerhebung lagen in den
Händen verdienter Soldaten,
die Sklaven als Bedienstete
hatten.
>
Von Torschlusspanik
und Kolonialwaren
Im Mittelalter, als Zollstätten
an allen wichtigen Verkehrswegen eingerichtet wurden,
entwickelte sich der Zoll immer mehr zu einer begehrten
Einnahmequelle. Am Rhein
>
„Hätt‘ ich den Zoll am Rhein, so wär‘ Venedig mein“, lautete ein mittelalterliches deutsches Sprichwort. Für den Unterhalt der Verkehrswege
zu Wasser und zu Lande wurden Passierzölle erhoben, aber auch Geleit-, Wege-, Brücken-, Tor- und Marktzoll zählten zu den Pflichtabgaben.
dbb > finale
Im Kaiserreich von 1871 blieb
die Erhebung der Zölle und Verbrauchsteuern den Zollverwaltungen der Länder überlassen,
wurde aber von Kontrollbeamten des Reichs überwacht. Zöllner waren auch in ihrer Freizeit
strengen Regeln unterworfen,
etwa ihren Hausstand ordentlich zu führen und stets uniformiert zu sein. Im Zuge der imperialistischen Kolonialpolitik
waren Zöllner unter anderem in
Kamerun, Togo, im heutigen
Namibia, Tansania und einem
Teil Chinas eingesetzt, wo sie
Ein- und Ausfuhr kontrollierten. In den heimischen „Kolonialwarenläden“ hielten Kaffee
und exotische Gewürze Einzug
und Kaiser Wilhelm II. führte
die Sektsteuer ein – eine Verbrauchsteuer zur Finanzierung
der kaiserlichen Flotte.
In der Weimarer Republik wurden alle zollpflichtigen Waren
im so genannten Bülow-Tarif
erfasst - 946 Nummern, denen die Waren zugeordnet
wurden. Das düstere Kapitel
der Nazizeit, als Reichszollbeamte zur systematischen Ausplünderung jüdischer und anderer Emigranten, etwa durch
die Reichsfluchtsteuer, eingesetzt waren, wird im Zollmuseum anhand einer authentischen Familiengeschichte do-
>
Typischer Arbeitsplatz eines Zollvorstehers um die Jahrhundertwende.
Die Welt wurde durch schnellere Verkehrsmittel kleiner, und Waren
aus den Kolonien wie Kaffee und Gewürze machten die Zolltarife umfangreicher.
39
freizeit
verkehr zwischen den einzelnen
Staaten, gemeinsame Schmuggelabwehr – und nicht zuletzt
einheitliche Münz-, Maß- und
Gewichtssysteme. Vorbei die
Zeit also, als ein und derselbe
Mensch in Preußen, Bayern und
Sachsen unterschiedlich groß
und schwer war und man in
deutschen Landen mit 123 verschiedenen Währungen bezahlte.
> dbb magazin | Juli/August 2009
dbb > finale
le, Quizfragen in Ton und Bild –
die vor allem Kinder und Jugendliche unter den Museumsbesuchern begeistern.
Auch Tonnen von Rauschgift,
auf jede nur erdenkliche Weise
geschmuggelt, stellt die Zollfahndung alljährlich sicher.
Dass Spürhunde des Zolls, die
diese gefährliche Fracht erschnüffeln, dafür „süchtig“ gemacht werden, verbannt
Schmidt sofort in den Bereich
der Legenden. Genutzt werden
dafür vielmehr der enorme
Spieltrieb der Tiere und ihre
Hoffnung auf Belohnung in
Form von Leckerbissen und Lob
durch den Ausbilder. Zollhunde
finden mit ihrer feinen Nase
übrigens auch versteckte Geldscheine – von wegen „Geld
stinkt nicht“...
dem Jahr 1951. Das Motorrad
verdankt seinen Namen der Lackierung in „Zoll-Grün“ und der
Tatsache, dass die Maschine
stark genug war, die damals sagenhafte Geschwindigkeit von
140 Kilometern pro Stunde zu
erreichen – unschätzbarer Vorzug unter anderem für die Verfolgungsjagd von Zöllnern auf
Kaffeeschmuggler an der deutschen Westgrenze, denn in den
Nachkriegsjahren war Kaffee in
Deutschland hoch besteuert
und der Schmuggel über die
belgische Grenze deshalb ein
lukratives Geschäft. Neueren
Datums ist der „Wolf im Schafspelz“. Als solcher entpuppte
sich ein launiges Kinderbuch
über Rotkäppchen, in dessen
Innerem ein Absender aus Polen Schlaftabletten nach
Deutschland geschickt hatte,
obwohl die Einfuhr von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im
Postverkehr durch Privatpersonen verboten war und bis heute ist. Und die Maut ist keine
reine Erfindung von Bundesverkehrsministerium und Toll Collect. Schon 1555 wurde eine
handgeschriebene Mautordnung verfasst. Das Original
liegt im Deutschen Zollmuseum.
cok
Zurück zum Anfang: Der „Grüne Elefant“ ist eine Zündapp
KS 601 mit Seitenwagen aus
Mehr Infos, auch zum
Förderkreis des Museums, unter
www.museum.zoll.de
kumentiert. Weitgehend unbekannt ist auch, dass der damalige etwa 60 000 Mann starke
Zollgrenzschutz von 1944 bis
1945 dem Reichsführer SS,
Heinrich Himmler, unterstellt
war.
>
freizeit
40
Literaturkiste und
Kaffeetank
Wie sich die Zollverwaltungen
in der DDR und in der Bundesrepublik entwickelten, machen
zwei Ausstellungsabschnitte
mit außergewöhnlichen Exponaten deutlich. Zum einen etwa die „Literaturkiste“, ein großer briefkastenähnlicher Behälter, in den DDR-Zöllner an der
Grenze konfiszierte „West-Lektüre“ ungelesen einwerfen
mussten und die nur mit einem
Spezialschlüssel zu öffnen war.
Zum anderen ein BMW-Motorradtank aus den 1950er Jahren,
der für Kaffeeschmuggel genutzt wurde, während ein
zweiter kleinerer Tank nur so
viel Benzin aufnahm wie zum
Überqueren der Grenze notwendig war.
>
Viagra und
Elefantenfuß
Mit der Zollunion schuf die Europäische Gemeinschaft 1968
einen einheitlichen Handelsraum, in dem Waren frei verkehren. Grenzkontrollen zwi-
>
Verstoß gegen den Artenschutz
und makabres Touristensouvenir: Für den Hocker wurde ein
Elefantenfuß verarbeitet.
> dbb magazin | Juli/August 2009
>
Sportartikel, Hightech, Alkohol, Zigaretten und Medikamente – Fälschungen von Markenartikeln sind ein Riesengeschäft. Plagiate machen
heute acht Prozent des Welthandels aus.
schen den Staaten der EU
nimmt der Zoll seit 1993 nicht
mehr vor. Wie vielfältig seine
Aufgaben dennoch sind, macht
der Rundgang durchs Erdgeschoss des Zollmuseums klar.
Wichtigste Einnahmen des
Zolls und ein entscheidender
Beitrag zum Staatshaushalt,
aus dem damit zum Beispiel
Bildung, Verkehrswege und soziale Leistungen finanziert werden, sind die Verbrauchsteuern.
Jährlich kommen mehr als 60
Milliarden Euro
zusammen. Verbrauchsteuern
etwa auf Zigaretten, Sekt,
Branntwein oder Zwischenerzeugnisse werden vom Hersteller oder Händler bezahlt, aber
über den Verkaufspreis an den
Kunden weiter gegeben. Bis auf
die Biersteuer, die den Ländern
zusteht, fließen diese Einnahmen in den Bundeshaushalt.
Globalisierung und ständig
wachsender internationaler
Handel bringen schließlich
auch Schmuggel, Dumping und
Schwarzarbeit, Produktpiraterie
(Fälschungen machen inzwischen acht Prozent des Welthandels aus), Falschanmeldungen und Verstöße gegen die
Produktsicherheit mit sich. Gesundheitsriskante gefälschte
Viagra-Pillen oder ein Elefantenfuß-Hocker, trauriger Verstoß gegen das Washingtoner
Artenschutzabkommen von
1973, machen deutlich, welche
Bandbreite krimineller Machenschaften der Zoll im Auge haben muss. Gerade in diesem Bereich des Museums gibt es viele
Möglichkeiten interaktiver Information – Filme, Hörbeispie-
>
Info
Das waren noch Zeiten…
„Der Zolldienst ist ein Geschäft, womit große körperliche Anstrengungen verbunden sind. Der Körper der Zöllner muss gegen die
Einwirkung des Schweißes und der Witterung geschützt werden.
Um den Körper abzuhärten, ist das Waschen im kalten Brunnenwasser allmorgendlich sehr zu empfehlen. Bei feuchter oder rauer
Witterung und auf der Vigilanz in sumpfigen Gegenden ist der
mäßige Genuss von Branntwein unschädlich und trägt zur Abhärtung bei.
Durch die imponierende Uniform, durch seine Haltung, seinen
Gang, seinen freien und durchdringenden Blick sowie durch sein
determiniertes Auftreten kann der Zöllner den Leuten schon
Furcht vor ungesetzlichen Handlungen einflößen und in entscheidenden Augenblicken einem Widerstand vorbeugen. Die Uniform
muss so geschnitten sein, dass der Zöllner behufs Verfolgung oder
Anhaltung von Schmugglern einen sicheren Sprung tun und auf
einem Brett oder Stamm balancieren kann.
Er muss sich leichten Ganges befleißigen, sich geräuschlos bewegen können. ohne dass sich dabei die Rockschöße bewegen.“
Aus dem Leitfaden für den Grenzaufsichtsdienst
in Schleswig-Holstein von 1857.
dbb > finale
Neue Medien:
Die Welt spricht Twitter
Kaum ein Internet-Service hat seinen Bekanntheitsgrad in den vergangenen Monaten so sehr steigern können wie Twitter. Spätestens seit der Bundespräsidentenwahl 2009 hat fast jeder Bundesbürger den Begriff zumindest
schon einmal gehört: Twitter ist in
allen Zeitungen, im Radio, im
Fernsehen. Aber was ist das überhaupt, und wozu taugt es? Das
dbb magazin spürt einem Kommunikationsphänomen nach und
beleuchtet, ob Twitter sich auch
im gewerkschaftlichen Bereich
sinnvoll einsetzen lässt.
online
42
Nach der Präsidentschaftswahl im
Iran steht das Land am Rande eines Bürgerkrieges. Mögliche
Wahlfälschungen treiben Hunderttausende in Teheran auf die
Straßen, während das Regime den
Polizeistaat probt und die Medien
zensiert. Dass trotzdem im Stundentakt aktuelle Videos, Fotos und
unzensierte Informationen aus
dem Iran in die Welt dringen, ist
nicht zuletzt auf den Onlineservice „Twitter“ und seine Möglichkeiten zur Vernetzung mit anderen
Online-Diensten zurückzuführen.
Erfunden wurde Twitter ursprünglich, um die interne Kommunikation einer amerikanischen Internetfirma zu verbessern. Die Idee:
Mitarbeiter sollten über das Internet mit knappen 140 Zeichen
Textnachrichten versenden können, ohne den lästigen Umweg
über E-Mail oder SMS. Daraus
wurde zunächst ein für Jedermann zugänglicher Online Dienst
und dann in Rekordzeit ein regelrechter „World Wide Hype“. Nur
drei Jahre später „twittert“ (englisch für zwitschern) jeder, der etwas auf sich hält und glaubt, etwas zu sagen zu haben.
>
Schnell, schneller …
Wer sich auf der Internetseite
www.twitter.com kostenlos anmeldet, kann sofort loslegen und
seine Kurznachrichten versenden.
Das Besondere an Twitter ist, dass
dort alle Zwitschereien, die so genannten „Tweets“, öffentlich lesbar sind. Darüber hinaus können
> dbb magazin | Juli/August 2009
Nutzer die Tweets anderer Nutzer wie einen Newsletter abonnieren und verpassen so keine
Äußerung, denn was der eine
twittert, erscheint ohne zeitliche
Verzögerung beim Abonnenten.
Diese werden dadurch zu so genannten „Followers“ und verknüpfen den Dienst zum Beispiel
mit ihrem internetfähigen Handy, um die Twitter-Nachrichten
auch mobil zu empfangen und
darauf reagieren zu können.
Weil sich in die Kurzmeldungen
auch Links einbauen lassen, die
dann zum Beispiel auf Internetangebote wie den Videodienst
Youtube, den Fotodienst Flickr
oder auf die eigene Homepage
verweisen, erreicht Twitter einen
Grad an Vernetzbarkeit und Aktualität, der bisher so nicht möglich war: Twitter ist schneller als
die Nachrichtenticker der Agenturen. Viele Ereignisse auf der
ganzen Welt werden mittlerweile zuerst über Twitter bekannt.
Deswegen verfügt der große
Redaktionsraum der renommierten britischen Tageszeitung Daily
Telegraph bereits über eine Große Twitter-Wand, auf der die Redakteure Nachrichtentrends bereits erkennen können, bevor die
Agenturen sie melden. Kurz: Mit
Twitter ist eine neue digitale Revolution ins Rollen gekommen,
die nicht nur die Arbeitswelt der
Medienbranche verändern wird,
sondern auch die öffentliche
Wahrnehmung wichtiger Ereignisse. Selbstverständlich haben
auch Konzerne, Organisationen
und Parteien die neuen Möglichkeiten entdeckt und nutzen Twitter als kostenlose Werbeplattform oder als politisches Informationsmedium.
Was auf der einen Seite ein Segen für Meinungsfreiheit und
Kommunikation ist, wird auf der
anderen Seite natürlich auch
missbraucht, denn radikale Organisationen vernetzen sich ebenso
über Twitter wie Witzbolde Schabernack damit treiben. So gib es
zum Beispiel mehrere gefälschte
Angela-Merkel-Tweets.
>
Bundespräsidentenwahl 2009: Das Ergebnis wurde vorab in die Welt
„getwittert“.
Ganz zu schweigen davon, dass
Twitter auch zur Plage werden
kann, etwa, wenn technikbegeisterte Politiker Inhalte aus nicht öffentlichen Sitzungen des deutschen Bundestages zwitschern
oder bei der Bundespräsidentenwahl das Wahlergebnis 20 Minuten vor der offiziellen Bekanntgabe in die Welt gepustet wurde,
was vorzeitig eine Blaskapelle
samt Blumenmädchen für Horst
Köhler im Marsch setzte: „Nachzählung bestätigt: 613 Stimmen.
Köhler ist gewählt!“, sendete der
Abgeordnete Ulrich Kelber. Ein
paar Minuten später folgte seine
Fraktionskollegin Julia Klöckner
mit „Bundesversammlung Leute,
Ihr könnt in Ruhe Fußball gucken.
Wahlgang hat geklappt!“ Ein Fall,
der für politische Verwicklungen
und heftige Diskussionen gesorgt
hat. Im Bundestag wird es möglicherweise bald ein „Twitter-Verbot“ geben.
Ohnehin muss jeder Nutzer Wahrheitsgehalt und Herkunft der Informationen kritisch prüfen. Und
weil jeder Tweet weltweit öffentlich sichtbar ist, sollte Vorsicht
walten: So mancher Zeitgenosse
soll sich schon um Familie, Job,
Kopf und Kragen getwittert haben. Darüber hinaus wächst mit
der steigenden Beliebtheit von
Twitter auch die Virengefahr. Im-
mer öfter knacken Hacker die
Accounts prominenter Nutzer, um
von dort aus zum Beispiel auf virenverseuchte Internetseiten zu
verweisen.
>
Der dbb twittert
Seriöse Informationen aus Vertrauen erweckenden Quellen sind dagegen immer gefragt. So gibt es
gute Nachrichtentweets zum Beispiel von der Tagesschau, der Rheinischen Post oder freien Jornalisten. Und auch einzelne dbb Gewerkschaften nutzen die neuen
Möglichkeiten mittlerweile. Zum
Beispiel der dbb hessen und die
dbb jugend nrw, die Twitter für ihre Mitgliederkommunikation entdeckt haben. So informierte der
dbb hessen über die Vorbereitungen und Teilnahme am Hessentag
2009. Von der dbb jugend nrw erfährt der Nutzer, dass die dbb
Mannschaft vor 70 000 Zuschauern in Duisburg den zweiten Platz
bei der Drachenbootregatta gemacht hat, natürlich mit Link zum
Bericht auf der Homepage. Seit Januar 2009 twittert die dbb jugend
nrw und hat im Mai auf diesem
Wege live von ihrem Landesjugendtag berichtet. Auch das soziale Netzwerk Xing und der Fotodienst Flickr werden von der dbb
jugend nrw rege genutzt. Ein Podcast und eine nicht öffentliche
Newsgroup sollen folgen.
br
dbb > finale
>
dbb Hamburg
Auf seinem 28. Landesgewerkschaftstag hat der dbb hamburg am 14. Mai 2009 Rudolf
Klüver für weitere vier Jahre
zum Landesvorsitzenden gewählt. Bei der öffentlichen Veranstaltung des Gewerkschaftstages wies Klüver darauf hin,
dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der öffentliche
Dienst mehr denn je gefragt
sei. Mit Blick auf das Motto des
Gewerkschaftstages „Mit Sicherheit Leistung – der öffentliche Dienst in Hamburg“ sagte Klüver, Politik und Bürger
der Stadt „können sich auf ihren öffentlichen Dienst verlassen – er ist die Grundlage für
>
Rudolf Klüver, Vorsitzender
des dbb hamburg
ein gut funktionierendes
Staatswesen“. Seine Wertschätzung für die Beschäftigten machte auch der Erste
Bürgermeister der Freien und
Hansestadt Hamburg, Ole
von Beust, deutlich. Er versicherte, weitere Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst
werde es nicht geben. Am
Vortag hatte der Haushaltausschuss der Hamburger
Bürgerschaft das Besoldungsund Versorgungsgesetz
2009/2010 verabschiedet
und damit den Weg frei gemacht , das Tarifergebnis vom
März 2009 zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen
und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und
Versorgungsempfänger zu
übertragen.
>
Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) hat am 3. Juni 2009 sein
60-jähriges Bestehen gefeiert. Heute verstehe sich der BDF – aufgrund der Diversifizierung des Berufsbildes – als Interessenvertreter aller Menschen mit forstlicher Ausbildung. Dies seien Förster,
Forstwissenschaftler, Forstwirte, Waldpädagogen, selbstständige
Dienstleister, Forstunternehmern, und Baumpfleger. BDF-Vorsitzender Hans Jacobs bekräftigte zum Jahrestag die Ablehnung einer rein wirtschaftlich orientierten Bewirtschaftung vor allem der
öffentlichen Wälder. Vielmehr müssten ökonomische und ökologische Anforderungen berücksichtigt werden.
dbb
rheinland-pfalz
Der Gewerkschaftstag des dbb
rheinland-pfalz hat am 27. Mai
2009 in Mainz Lilli Lenz zur
>
>
Info
Bis zu drei Millionen Rentnerinnen und Rentner müssen Anfang
nächsten Jahres Steuern nachzahlen. Das sagte der Vorsitzende
der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek, in
Berlin. Grund für die Nachforderungen sei, dass viele Rentner ihre
Steuererklärungen der vergangenen Jahre entweder falsch oder
gar nicht ausgefüllt hätten. Auf die Steuerbeamten komme deshalb viel Arbeit zu, verursacht durch die notwendig werdenden
Korrekturbescheide. „Die Beamten könnten dann nur noch oberflächlich prüfen“, so Ondracek. Er sprach sich für eine Bagatellgrenze von 500 Euro pro Jahr und Fall aus. Rentnerinnen und
Rentner, die darunterfallen, würden dann vom Finanzamt nicht
behelligt.
Lilli Lenz,
Vorsitzende des
dbb rheinland-pfalz
neuen Landesvorsitzenden
gewählt. Die 46-jährige Verwaltungsfachwirtin löst Brigitte Stopp ab, die nach 15
Jahren Landesvorsitz nicht
mehr kandidierte. Auf der öffentlichen Veranstaltung erteilte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt
Beck Besoldungswettläufen
zwischen den Dienstherren
um einzelne Bedienstetengruppen eine klare Absage.
dbb Chef Peter Heesen kritisierte mit Blick auf die Finanzkrise, dass der Steuerzahler für die „Honorierung“
von Fehlleistungen im privaten Bankensektor in viel höherem Maß aufkommen
müsse, als für die Bezahlung
qualitativ hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen.
Dabei sei ein gut funktionierender öffentlicher Dienst in
schweren Zeiten erst recht
wichtig. Die Delegierten beschlossen ein Leitbild zur
Dienstrechtsreform: Der
Standortfaktor öffentlicher
Dienst müsse durch möglichst einheitliche Rechtssetzungen im Bund und in den
Ländern sowie durch Schaffung eines modernen Dienstrechts mit funktions- und
leistungsgerechter Bezahlung
stabilisiert werden.
Info
>
Info
Enttäuscht haben sich die Vorsitzenden des DPhV, Heinz-Peter
Meidinger, und des VBE, Udo Beckmann, über die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs gezeigt, die Onlinebenotung von Lehrern
im Internet zuzulassen. Damit habe der BGH – so Meidinger – den
unhaltbaren Zustand akzeptiert, dass für Lehrer die Persönlichkeitsschutzrechte nicht im gleichen Umfang wie für Normalbürger gelten. Auf spickmich würden – so Beckmann – Aburteilungen
von Lehrerinnen und Lehrern ermöglicht, die allein auf Stimmungslagen und Meinungsmache basierten. Aus diesem Grund
habe der VBE der Internetplattform bereits im Februar 2009 seinen Negativpreis „Nasser Schwamm“ verliehen.
>
Info
Der Bundesvorsitzende des Verbandes der Beschäftigten der
obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB), Hans Ulrich Benra,
hat sich an Bundeskanzlerin Angela Merkel und den bayerischen
Ministerpräsidenten Horst Seehofer als Vorsitzende von CDU und
CSU gewandt und sich entschieden gegen eine Integration der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAfin) in die
Deutsche Bundesbank ausgesprochen. Die Diskussion über eine
teilweise Verlagerung der BAFin von Bonn nach Frankfurt sei für
den VBOB und die betroffenen Beschäftigten nicht nachvollziehbar. Der VBOB fordert, eine mögliche Zusammenführung der
Bankenaufsicht unter dem Dach einer Holding eingehend zu überdenken und auf mögliche Verlegungsentscheidungen der BAFin zu
verzichten.
> dbb magazin | Juli/August 2009
43
mitgliedsgewerkschaften
Gewerkschaftstage
>
dbb > finale
>
Chronische Überlastung vieler Polizisten in Nordrhein-Westfalen hat
die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisiert. Deshalb hätten
viele Polizisten mit gravierenden gesundheitlichen Problemen zu
kämpfen. Mindestens ein Fünftel der Beamten sei mehr als sechs
Wochen im Jahr dienstunfähig, erklärte DPolG-Chef Rainer Wendt. Gewerkschaftstage
>
dbb schleswigholstein
Auf dem 20. Landesgewerkschaftstag des dbb schleswigholstein ist Anke Schwitzer am
28. Mai 2009 erneut zur Landesvorsitzenden gewählt worden. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter
Harry Carstensen gratulierte
und zollte dem dbb Landesbund Respekt für die Arbeit
der zurückliegenden Jahre. Die
Delegierten verabschiedeten
eine Resolution unter dem
Motto „Mit uns ist Staat zu
machen“, in der sie sich für einen zukunftsfähigen öffentlichen Dienst einsetzen und
die politisch Verantwortlichen
auffordern, Lösungen zu den
Herausforderungen der nächs-
mitgliedsgewerkschaften
44
>
Anke Schwitzer,
Vorsitzende des
dbb schleswig-holstein
ten Jahre zu erarbeiten und
umzusetzen – etwa die Bereitstellung notwendiger Finanzmittel sowie die Reaktion auf
die demographische Entwicklung und die Nachwuchsgewinnung. Der Landesgewerkschafstag beriet 56 Anträge
und fasste Beschlüsse, die
Richtschnur für die politische
Tätigkeit in den kommenden
vier Jahren sein werden.
>
>
>
>
dbb nrw
Meinolf Guntermann ist auf
dem Gewerkschaftstag des dbb
Landesbundes am 19./20. Juni
2009 in Bochum zum neuen
Vorsitzenden gewählt worden.
Guntermann tritt die Nachfolge
von Ralf Eisenhöfer (63) an, der
Seniorenverband BRH
Der Bundesvertretertag des
BRH wählte am 4. Juni 2009 im
dbb forum berlin Dieter Berberich zum neuen Bundesvorsitzenden des Seniorenverbandes.
Der neue Vorsitzende forderte
> dbb magazin | Juli/August 2009
>
Meinolf Guntermann,
Vorsitzender des
dbb nordrhein-westfalen
Info
Im bundesweiten Vergleich verdienen Berliner Beamte am wenigsten. „Die Staatsdiener in der Hauptstadt erhalten gut ein Zehntel
weniger als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. Selbst ‚arme‘
Länder wie das Saarland und der ebenso wie Berlin überschuldete
Stadtstaat Hamburg zahlen ihren Beamten deutlich mehr“, zitiert
die Berliner Zeitung (Ausgabe vom 5. Juni 2009) Informationen aus
einer Studie des dbb berlin. Die Konsequenzen lägen auf der Hand:
Standortnachteil für Berlin und sinkende Attraktivität für qualifizierten Nachwuchs im öffentlichen Dienst, da auch die Anwärterbezüge deutlich geringer ausfallen als andernorts.
Dieter Berberich,
Bundesvorsitzender des BRH
ein angemessenes Alterseinkommen, Planungssicherheit
und mehr Achtung vor der Lebensleistung der älteren Generation. Gleichzeitig kündigte er
verstärkten Einsatz zur Wahrung erworbener Rechtsansprüche an. Bei der Abschlusskundgebung warnte Berberich vor
jeder weiteren Absenkung des
Renten- und Versorgungsniveaus. Rentner wie Ruhestandsbeamte hätten in einem langen
Arbeitsleben das Anrecht auf
eine angemessene Altersversorgung erworben, die man ihnen
nicht stückweise bis hin zur Armutsgrenze wegnehmen dürfe.
„Sozialwidrig und würdelos“
sei, dass 20 Jahre nach der
Wiedervereinigung noch immer
an einer Ost-West-Trennung
festgehalten werde.
Info
>
Info
Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) kritisiert Pläne
der Deutschen Post AG, die Zustellung an Montagen auf vollbezahlte
Briefe und Zeitungen beziehungsweise Zeitschriften zu beschränken.
Das Vorhaben sei „kunden- und mitarbeiterfeindlich“. Der stellvertretende DPVKOM-Bundesvorsitzende Karlheinz Vernet Kosik forderte die Arbeitgeber am 8. Juni 2009 auf, die Planungen aufzugeben. >
Info
Der BBW Beamtenbund und Tarifunion hat Ministerpräsident Günther Oettinger eindringlich davor gewarnt, das Pensionsalter bereits
bis 2020 auf 67 anzuheben. „Das ist ein heißes Eisen für den Ministerpräsidenten“, warnte Landesvorsitzender Volker Stich, damit gehe der Ministerpräsident ein großes Risiko ein. Bei der CDU und bei
der FDP gebe es Abgeordnete, die eine rasche Anhebung des Pensionsalters nicht mittragen wollen.
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Info
Die sächsische Staatsregierung plant, den gesundheitlichen, wirtschaftlichen und technischen Verbraucherschutz in einem Ministerium zusammen zu führen. Diese auf den ersten Blick verbraucherfreundlich erscheinende Strukturänderung bedeutet in der
Konsequenz jedoch nicht mehr, sondern weniger Verbraucherschutz, erklärte der sbb am 3. Juli 2009.
nicht mehr kandidierte. Die
Sonderopfer müssten ein Ende
haben, forderte der neue Landesvorsitzende auf der öffentlichen Veranstaltung. Die Beschäftigten dürften nicht länger als Personalkostenverursacher und als „Sparschweine“
betrachtet werden. Guntermann forderte die Landesregierung auf, durch Zuverlässigkeit
das verloren gegangene Vertrauen wieder herzustellen. Defizite in der Attraktivität des öffentlichen Dienstes räumte
Landesfinanzminister Helmut
Linssen ein. Dennoch machte er
den Delegierten auch für die
nächsten Jahre keine Hoffnung
auf „große Sprünge“. Mit Blick
auf die Wirtschafts- und Finanzkrise forderte der Finanzminister eine Kurskorrektur mit
Vernunft und Verantwortung. >
dbb brandenburg
Auf dem 4. Gewerkschaftstag
des dbb brandenburg am 26 Juni 2009 in Potsdam wurde der
bisherige Landesvorsitzende
Heinz-Egon Müller wurde
wiedergewählt. Thematisch
stand der Gewerkschaftstag
unter dem Leitmotiv „Öffentlicher Dienst ist was wert“. Damit wurde die Bedeutung des
öffentlichen Dienstes für die
dbb > finale
>
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mitgliedsgewerkschaften
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Heinz-Egon Müller,
Vorsitzender des
dbb brandenburg
Daseinsvorsorge und die Sicherung und Gewährleistung eines
funktionierenden Staatswesens
für die Umsetzung politischer
Ziele als auch der Wert seiner
Beschäftigten angesprochen.
Ministerpräsident Matthias
Platzeck würdigte in einem
Grußwort die konstruktive Auseinandersetzung mit dem dbb
brandenburg als Gewähr dafür,
dass neben den Herausforderungen vor denen das Land
Brandenburg steht, auch den
Interessen der Beschäftigten
des öffentlichen Dienstes das
nötige Gewicht verliehen und
durch vielfältige Vereinbarungen, wie auch dem Tarifvertrag
zur Begleitung des Verwaltungsumbaus in Brandenburg
Rechnung getragen wird.
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dbb hessen
Am 29. Juni 2009 hat in Friedberg der Gewerkschaftstag des
dbb hessen unter dem Motto
„Zukunft gestalten“ stattgefunden. Die Delegierten bestätigten den bisherigen Landesvorsitzenden Walter Spieß im Amt.
Zu Beginn der Tagung standen
Reden des stellvertretenden
hessischen Ministerpräsidenten
Jörg-Uwe Hahn und des dbb
Bundesvorsitzenden Peter Heesen. Hahn bekannte sich im Namen der Landesregierung zum
Wert des öffentlichen Dienstes:
„Gerade in Krisenzeiten hat sich
der öffentliche Dienst bewährt.“ Man benötige für die
Verwaltung auch in Zukunft geeignete, gut ausgebildete neue
Kräfte, und vorhandenes Personal müsse entsprechend weiter
fortgebildet werden, um die
> dbb magazin | Juli/August 2009
VBE
sich verändernden Bedingungen angehen zu können. Ziel
der Landesregierung sei es, für
die Bediensteten angemessene,
vernünftige Arbeitsbedingungen zu schaffen und eine ordentliche Bezahlung sicherzustellen. Im Mittelpunkt der Arbeitssitzung stand ein Leitantrag zur Dienstrechtsreform.
Spieß kündigte an, der dbb hes-
>
Walter Spieß,
Vorsitzender des dbb hessen
sen werde sich engagiert und
couragiert an der Diskussion
beteiligen und die Entwicklung
des Allgemeinen Dienstrechts,
des Laufbahnrechts und insbesondere des Besoldungs- und
Versorgungsrechts konstruktivkritisch begleiten.
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Auf einer Festveranstaltung zum Abschied von Dr. Ludwig Eckinger am
22. Mai 2009 im dbb forum berlin zum Thema „60 Jahre Grundgesetz“ würdigten VBE-Vorsitzender Udo Beckmann, KMK-Präsident Henry Tesch sowie
dbb Chef Peter Heesen die Verdienste Eckingers, dem der Titel „Ehrenvorsitzender des VBE“ verliehen worden ist. Ludwig Eckinger habe als Vorsitzender der dbb Fachkommission Schule, Bildung, Wissenschaft wesentlichen
Anteil daran, dass die Lehrerverbände und -gewerkschaften zu konstruktiver
Zusammenarbeit gefunden haben, sagte Heesen. Damit sei eine solide Basis
für das Finden eines gemeinsamen Weges und auch für die Zusammenarbeit mit der KMK geschaffen worden. Der dbb Chef zeichnete Eckinger für
seine Verdienste mit der Goldenen Ehrennadel des dbb aus. Den Festvortrag
zur Veranstaltung hielt der Berliner Erziehungswissenschaftler Heinz-Elmar
Tenorth zum Thema „Die pädagogische Dimension des Grundgesetzes“.
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Zu ihrer ersten Fachtagung Nahverkehr hatte die komba gewerkschaft am 30. Juni 2009 nach Frankfurt am Main eingeladen. Thematischer Schwerpunkt waren die Herausforderungen, denen sich
kommunale Unternehmen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr
(ÖPNV) künftig stellen müssen, teilte die komba am 3. Juli 2009 mit.
Unter anderem ging es darum, dass das Personenbeförderungsgesetz noch nicht an die neue EU-Verordnung zur Gewährleistung von
Dienstleistungen im ÖPNV angepasst ist, sodass hier in einigen Fragen keine eindeutige Rechtslage gegeben ist.
GDBA
Kein Aussetzen der
Tarifregelungen
Die Verkehrsgewerkschaft
GDBA hat Forderungen der
Deutschen Bahn AG, vereinbarte Tarifregelungen wegen der
Wirtschaftskrise auszusetzen,
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Klaus-Dieter Hommel,
Bundesvorsitzender der
Verkehrsgewerkschaft GDBA
eine klare Absage erteilt. „Die
Beschäftigten haben in der Vergangenheit genug Vorleistungen erbracht. Das Unternehmen wird auch in diesem Jahr
trotz Krise schwarze Zahlen
Info
>
Info
Der dbb nrw hat die Kabinettsentscheidung vom 30. Juni 2009 zur
Anhebung der Altersgrenze zur Verbeamtung von 35 auf 40 Jahre
ausdrücklich als ersten Schritt in die richtige Richtung begrüßt.
Damit habe die Landesregierung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Frühjahr reagiert, in dem das Höchstalter für
die Verbeamtung von Lehrern für unzulässig erklärt wurde. Demnach konnten nur Lehrer in Mangelfächern zehn Jahre länger, also
bis zum 45. Lebensjahr, verbeamtet werden. In allen anderen Bereichen galt weiterhin das Höchstalter von 35 Jahren.
schreiben. Zunächst muss ein
gemeinsames Verständnis erreicht werden, wohin die DB AG
steuert und welche Maßnahmen das Unternehmen selbst
ergreifen will“, hieß es nach der
Tagung der Verbandstarifkommission der Tarifgemeinschaft
Transnet/GDBA am 6. Juli 2009.
Derzeit würden Gegensteue-
rungsmaßnahmen zu Lasten
der Beschäftigten entschieden
abgelehnt. Beraten wurde ferner der Stand der Verhandlungen zur Neugestaltung der Tarifstruktur. Die Schaffung eines
Basistarifvertrages (BasisTV)
und funktionsspezifischer Tarifverträge „nehmen Formen an“,
hieß es.
dbb > finale
Geschmackssachen
Whisky trotzt Krise –
besonders der schottische. Das
harte Getränk ist im Ausland
so beliebt wie nie. Der Exportwert stieg 2008 auf 3,43 Millionen Euro und überschritt erstmals die Drei-Millionen-Marke.
Allein der Absatz nach Deutschland steigerte sich um 14 Prozent, wobei ein deutlicher
Trend zum teuren Produkt festgestellt werden konnte. Der Rekordumsatz zeige, so ein Sprecher der Scotch Whisky Association, dass sich der schottische
Whisky als krisenfest und sich
als wichtiger Industriezweig für
die britische Wirtschaft erweise. Kunststück – bei den
Prozenten …
Ein Bestseller in
Deutschland – ist etwas, was
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es gar nicht gibt: die russische
Zigarettenmarke Jin Ling. Sie
wird ausschließlich für den illegalen Export produziert und ist
nicht im Handel erhältlich. 2,5
Millionen Stück werden mittlerweile jährlich abgesetzt. Damit
hat sich die Phantommarke zur
achtgrößten in Deutschland
entwickelt und liegt noch vor
„Camel“ oder „HB“. Zigarettenschmuggel bringt dem organisierten Verbrechen allein in
Deutschland jährlich 500 Millionen Euro Gewinn ein – und
entzieht zugleich dem Fiskus
Steuereinnahmen in Höhe von
rund vier Milliarden Euro. Jede
fünfte in Deutschland gerauchte Zigarette löst sich „steuerfrei“ in blauen Dunst auf. Allein
in Berlin hat der Zoll im letzten
Jahr an die 1,5 Millionen illegaler Glimmstängel sichergestellt.
Kein Kröver Nacktarsch – aber Schleswig-Hol>
steiner Landwein soll es werden. Vor Kurzem sind in Keitum
auf Sylt, dem nördlichsten
Weinberg Europas, die ersten
Rebstöcke gepflanzt worden.
Den Weg dafür ebnete die Kieler Landesregierung dem Land
Rheinland-Pfalz, das die Anbaurechte für zehn Hektar Reben
erhielt. Der Wein soll „55° Nord
– Solaris/Rivaner“ heißen und
2012 erstmals zu haben sein.
Besonders in kühlen Regionen
habe die Solaris-Rebe schon
hervorragende Ergebnisse erzielt.
Jim Knopf und die Wilde 13 – waren nicht beteiligt,
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aber 13 Feuerwehrleute im Einsatz, um eine verunglückte Radfahrerin aus misslicher Lage zu
befreien. Eine 19-Jährige war
mit ihrem Fahrrad in Neuffen
(Baden-Württemberg) so unglücklich gestürzt, dass sie zwischen Lenker und Querstange
eingeklemmt blieb. Passanten
konnten ihr nicht helfen, sodass
die Feuerwehr herbeigerufen
werden musste. Zwei Wehren
rückten aus, um dem Fahrrad
mit einer Hydraulikschere zu
Leibe zu rücken. Die 13 Rettungskräfte leisteten ganze Arbeit und entwirrten Frau und
Fahrrad binnen Kurzem. Die
Radlerin blieb unverletzt und
kam mit dem Schrecken davon.
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Nie wieder ans Steuer
– darf ein russischer Verkehrsrowdy aus Sibirien. Der Mann
hatte immer wieder rote Am-
peln ignoriert, war unzählige
Male zu schnell gefahren und
meistens mit Alkohol im Blut
unterwegs. Die Stadt Barnaul
verhängte deshalb gegen ihn
ein Fahrverbot von insgesamt
158 Jahren. Unwahrscheinlich,
dass er seinen Führerschein im
Jahr 2167 wieder abholen wird.
Besonders viel zu tun –
hat zurzeit der Reptilien-Rettungsdienst in Johannisburg.
Die Tiere fliehen vor den Bauarbeiten zur Fußball-WM 2010
und verkriechen sich in Wohnhäusern, Schulen und anderen
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hatten 15 Mähtraktoren auf einen zuvor aus einem Lebensmittelmarkt nebenan gestohlen Transporter geladen. Von
dieser Anstrengung offenbar
hungrig geworden, schafften
sie Abhilfe, indem sie einen Imbiss auf dem Gelände knackten
und sich dort ungeniert ein
spätes Abendessen brutzelten.
Der Wert des Diebesgutes einschließlich Würsten und Pommes: etwa 70 000 Euro.
Ein Eldorado für Vegetarier – will die belgische
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Stadt Gent werden: Vor Kurzem
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Kulisse
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öffentlichen Gebäuden der
Millionenstadt. Sie mögen weder Baulärm noch Erderschütterungen, erläuterte ein Sprecher des Reptilien-Rettungsdienstes. In den letzten Wochen wurden bereits 18 zum
Teil höchst giftige Schlangen
eingefangen. WM-Besuchern
empfiehlt ein Experte allerdings, die Ruhe zu bewahren.
Schlangen seien wahrscheinlich die entspanntesten Tiere
der Welt.
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Arbeit macht hungrig
– bemerkten Langfinger im
fränkischen Ansbach nach
„schwerem“ Diebstahl. Unbekannte Täter waren in einen
Baumarkt eingebrochen und
erklärte sie sich zur Vegetarierhauptstadt Europas. Die
240 000 Einwohner sollen sich
schriftlich verpflichten, einmal
pro Woche kein Fleisch zu essen. Der Donnerstag wurde
zum „Veggie-Tag“ ausgerufen,
an dem es künftig in den städtischen Kantinen überwiegend
Fleischloses geben wird. Auch
in den Schulen soll ab September donnerstags nur noch Vegetarisches auf den Teller kommen. Gent bringt für die Idee,
sich zur europäischen Vegetarierhauptstadt zu erklären, gute Voraussetzungen mit: Es
gibt dort in Relation zur Einwohnerzahl mehr fleischlose
Restaurants als in Berlin oder
London.
> dbb magazin | Juli/August 2009